Die Modernisierung von Heizung und Trinkwassererwärmung - ein Beitrag zum Energiesparen und zum Umweltschutz
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Die Modernisierung von Heizung und Trinkwassererwärmung - ein Beitrag zum Energiesparen und zum Umweltschutz Prof. Dr.-Ing. Martin Dehli Fachhochschule Esslingen (FHTE), Hochschule für Technik Fachbereich Versorgungstechnik und Umwelttechnik Informationsschrift der Stadtwerke Esslingen Stadtwerke Esslingen GmbH & Co. KG, Fleischmannstraße 50, 73728 Esslingen
Inhalt 1. Der Energieverbrauch für Heizen und Trinkwassererwärmung 3 1.1 Endenergieverbrauch 3 1.2 Wärmebedarf und Altersstruktur von Wohngebäuden 4 1.3 Für den Energieverbrauch mitentscheidend: Der Kesseltyp 7 2. Kennwerte von Heizungsanlagen 9 2.1 Kesselwirkungsgrad 9 2.2 Jahres-Nutzungsgrad 10 2.3 Jahres-Heizarbeit 11 2.4 Kesselauslastung 11 2.5 Norm-Nutzungsgrad 11 3. Merkmale älterer Heizkessel; Vorteile moderner Anlagen 13 3.1 Welche technischen Kennzeichen haben ältere Heizkessel? 13 3.2 Jahres-Nutzungsgrade älterer Heizkessel 13 3.3 Auslastung älterer Heizkessel 14 3.4 Alte Heizkessel in modernisierten Häusern 14 3.5 Niedertemperatur-Heizkessel 14 3.6 Brennwertkessel 15 3.6.1 Technische Merkmale 15 3.6.2 Heizwert- und Brennwertbezug 16 3.6.3 Energieträger für die Brennwertnutzung 16 4. Der Nutzen der Heizungsmodernisierung: Zwei Beispiele 16 5. Entscheidungshilfen für Zeitpunkt und Reihenfolge der Modernisierung 21 6. Quellenverzeichnis 22 2
1. Der Energieverbrauch für Heizen und Trinkwassererwärmung 1.1 Endenergieverbrauch Am Endenergieverbrauch in Deutschland hatte der Bereich der Haushalte im Jahr 2003 einen Anteil von 30,1 %; der als Gewerbe, Handel und Dienstleistungen bezeichnete Bereich kam auf einen Anteil von 16,6 % [1], [2]. Beide Bereiche benötigten also zusammengenom- men fast die Hälfte des Endenergieverbrauchs. Beim Energieverbrauch weisen Haushalte sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen ähnliche Merkmale auf: Der überwiegende Teil der benötigten Endenergie wird fürs Heizen und für die Trinkwassererwärmung eingesetzt. Bei den Haushalten sind dies zusammenge- nommen rund 90 %; der Rest entfällt auf die Bereitstellung von mechanischer Energie, von Licht sowie von Information und Kommunikation [1], [2]. Der Endenergieverbrauch für den Betrieb von Hausgeräten und für Licht hat also eine wesentlich geringere Bedeutung als häufig angenommen. Die genannten Zahlen verdeutlichen: Die Bereitstellung von Wärme fürs Heizen und für die Trinkwassererwärmung hat eine hohe energiewirtschaftliche Bedeutung (Bild 1). Bild 1: Endenergieverbrauch im Jahr 2003 in Deutschland: Aufteilung auf die vier Bereiche Industrie, Haushalte, GHD (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) und Verkehr sowie Zuordnung zu den An- wendungszwecken Raumheizwärme, IuK (Information und Kommunikation), Prozesswärme, Be- leuchtung und mechanische Energie Insgesamt wurden im Jahr 2003 in Deutschland mit 3914 Petajoule (837 Milliarden Kilowattstunden) rund 32,7 % der Endenergie für die Erzeugung von Raum- heizwärme eingesetzt; für die Trinkwassererwärmung waren es mit 830 Petajoule (230 Milliarden Kilowatt- stunden) etwa 9,0 %. Zusammengenommen waren also etwa 41,7 % der Endenergie für diese Anwen- dungen erforderlich (Bild 1) [1], [2]. Der Heizung und Trinkwassererwärmung kommt also beim Energiespa- ren und beim Umweltschutz ein hoher Stellenwert zu. Bild 2: Entwicklung des temperaturbereinigten Endenergieverbrauchs für die Raumheizung in den Haus- halten Deutschlands (in TWh = Mrd. kWh) sowie Entwicklung der Wohnfläche (Werte vor 1990: nur alte Bundesländer) 3
In den vergangenen drei Jahrzehnten ist der Bestand an Wohnflächen in Deutschland erheb- lich angestiegen; damit verbunden war eine deutliche Zunahme des temperaturbereinigten Endenergieverbrauchs für die Raumheizung (Bild 2). 2002 wurden in deutschen Haushalten insgesamt 25,1 Milliarden Liter Heizöl und 28,9 Milliarden Kubikmeter (m3) Gas für Heiz- zwecke verbrannt [2]. 1.2 Wärmebedarf und Altersstruktur von Wohngebäuden Bei Kraftfahrzeugen hat es sich bewährt, einen Norm-Kraftstoffverbrauch anzugeben. So wird heute unter reproduzierbaren Bedingungen ein EU-Normverbrauch in Litern je 100 km (l/100 km) ermittelt. Dabei werden Fahrzyklen simuliert, mit denen ein innerstädtischer sowie ein außerstädtischer Betrieb dargestellt wird, und dabei der Verbrauch gemessen; hieraus wird ein Gesamtverbrauch ermittelt; zusätzlich werden damit die zugehörigen Kohlendi- oxid(CO2)-Emissionen in Gramm je Kilometer (g/km) bestimmt. Ob ein Fahrer diesen Norm- verbrauch erreicht oder ihn unterschreitet bzw. überschreitet, hängt von seiner Fahrweise ab. Ebenfalls liegt es nahe, für Wohngebäude bzw. Wohnungen einen Primärenergiebedarf in Kilowattstunden je Quadratmeter Nutzfläche und Jahr (kWh/m2 a) unter Normbedingun- gen auszuweisen. Wie weit dieser Primärenergiebedarf erreicht oder unterschritten bzw. überschritten wird, wird in erheblichem Maße vom Verhalten der Benutzer bestimmt - und z.B. auch davon, welche klimatischen Außenbedingungen über das Jahr gesehen vorliegen. Allerdings ist die Ermittlung dieses Primärenergiebedarfs recht schwierig: Hier ist die Güte der Anlagentechnik für Heizung und Trinkwassererwärmung ausschlaggebend; daneben ist die Güte des Gebäudes hinsichtlich der Wärmedämmung von Außenwänden, Fenster, Dach und Keller sowie hinsichtlich der Gebäudedichtheit entscheidend - und auch z.B. das Vermögen des Gebäudes, Wärme zu speichern und seine Fähigkeit, mit den Fenstern über das Jahr hinweg kostenlose Sonnenenergie zu „ernten“ [3]. Außerdem gilt: Energie ist nicht gleich Energie: Denn es geht dabei nicht nur um die Wärme, die letztlich für die Trinkwassererwärmung und fürs Heizen benötigt wird, sondern auch darum, mit welchem Aufwand aus welcher Endenergie und mit welcher Anlagentechnik diese Wärme erzeugt wird. Es kommt also auf die eingesetzten Endenergien wie etwa Erdgas, leichtes Heizöl, Strom oder Kohle an - und vor allem auf den Zustand, die Auslegung und die Güte der eingesetzten Heizkessel. Weiter spielt dabei der technische Zustand von Heizverteilsystemen, Regelungstechniken sowie von Anlagen zur Trinkwasserer- wärmung eine Rolle. Allerdings: Mit der auf diese Weise ermittelten Endenergie ist es noch immer nicht getan: Denn die jeweils genutzte Endenergie muss zunächst aus der so genannten Primärenergie - also einem unveredelten Energieträger in seinem "Rohzustand" - erzeugt werden: So müs- sen z.B. Erdgas und Heizöl erst einmal gefördert, veredelt und dann über bestimmte Trans- portentfernungen zum Verbraucher gebracht werden - dazu ist zusätzliche Energie notwen- dig. Und Strom - eine Endenergie, die praktisch überall gebraucht wird - muss erst einmal in Kraftwerken erzeugt und über Leitungsnetze zum Ort des Bedarfs transportiert werden, was ebenfalls nicht ohne Energieverluste abgeht. Der Fachmann spricht in diesem Zusammen- hang von Aufwandszahlen, die angeben, welcher energetische Aufwand letztlich vom Anfang bis zum Ende der jeweiligen Prozesskette erforderlich ist, um zu einem gewünschten ener- getischen Nutzen zu kommen. Die im Jahr 2002 in Kraft getretene Energieeinsparverordnung (EnEV) [4] schreibt zur Ermittlung des Primärenergiebedarfs genaue Vorgehensweisen vor, um zu möglichst objekti- ven Aussagen zu kommen ([6] - [8]). Ein solcher Vergleich lohnt sich - weil Energiesparen auf Dauer nicht nur Kosten spart, sondern zugleich auch die wertvollen Energievorräte. Darüber hinaus wird die Umwelt von einem unnötigen Ausstoß von Schadstoffen und klimawirksamen Gasen wie z.B. CO2 entlastet. Den Wärmebedarf von Wohngebäuden und Wohnungen kann man danach unterteilen, für welche Aufgabenbereiche die Wärme benötigt wird: 4
- den Wärmebedarf für die Trinkwassererwärmung - den Wärmebedarf, der die Wärmeverluste ausgleicht, die durch den Wärmeabfluss über Außenwände, Fenster, Dach und Keller auftreten (Transmissionswärmebedarf) - den Wärmebedarf der die Wärmeverluste ausgleicht, die durch den Wärmeabfluss beim Luftaustausch auftreten (Lüftungswärmebedarf) Untersucht man die zeitliche Entwicklung des Wärmebedarfs genauer, dann ist dabei der Gebäude- bzw. Wohnungstyp von wesentlicher Bedeutung. Vor dem Jahr 1984 gab es in Deutschland keine Rahmenbedingungen, mit denen der Gebäudewärmebedarf gezielt einge- schränkt worden wäre. 1984 hat der Gesetzgeber eine Wärmeschutzverordnung erlassen, mit welcher der Wärmebedarf für Neubauten begrenzt wurde; diese Wärmeschutzverord- nung wurde 1995 verschärft. Nunmehr (seit dem Jahr 2002) gilt die Energieeinsparverord- nung (EnEV), der entsprechend der Wärme- bedarf für Neubauten noch weiter verringert wird; darin wird zum ersten Mal nicht auf den Wärmebedarf selbst, sondern auf den dadurch ausgelösten Primärenergiebedarf abgehoben. Damit sind den Maßnahmen zum Wärme- schutz die Maßnahmen zur Nutzung ver- besserter Techniken der Wärmebereitstel- lung (z. B. energieeffiziente Brennwertkes- sel) gleichwertig an die Seite gestellt. Bild 3: Spezifischer jährlicher Wärmebedarf von Wohngebäuden für Heizung und Trinkwassererwär- mung in Abhängigkeit des Baujahrs In Bild 3 ist dargestellt, wie viel Kilowattstunden Wärmeenergie bei Gebäuden in Deutsch- land je nach Baujahr pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr (kWh/(m2 a)) im Durchschnitt erforderlich ist; dabei ist nicht nur der gesamte Wärmebedarf als Säule ausgewiesen, son- dern auch nach den folgenden Wärmebedarfsbereichen unterschieden: - Heizwärmebedarf (unterteilt in Transmissionswärmebedarf und Lüftungswärmebe- darf), - Wärmebedarf für Trinkwassererwärmung Für den Bestand aller Wohngebäude, die vor 1984 gebaut und nicht saniert wurden, ist ein mittlerer Wärmebedarf von zusammengenommen rund 225 kWh/(m2 a) ausgewiesen; der größte Teil der Wohngebäude in Deutschland gehört hierzu. Für Wohngebäude der Baujahre 1984 bis 1994 kann von einem durchschnittlichen Wert von zusammengenommen etwa 145 kWh/(m2 a) ausgegangen werden. Bei Wohngebäuden der Baujahre 1995 bis 2002 ist ein durchschnittlicher Wert von insgesamt etwa 105 - 90 kWh/(m2 a) realistisch. Seit 2002 ist entsprechend der Energieeinsparverordnung (EnEV) [4] bei neuen Wohnge- bäuden als Mindeststandard ein so genannter "Niedrigenergiehaus-Standard" einzuhalten, wobei - je nach Entscheidung des Bauherrn - entweder mehr Wert auf die Wärmedämmung oder mehr Augenmerk auf eine besonders effiziente Anlagentechnik gelegt werden kann. Im Mittel erscheint dabei ein Wärmebedarfswert von zusammengenommen rund 85 (kWh/m2 a) zutreffend. Schließlich ist noch - gewissermaßen als Bestmarke des heutigen bautechni- schen Standards - ein mittlerer Wärmebedarfswert für ein neues Passivhaus mit Wärme- rückgewinnung genannt: Mit insgesamt ungefähr 30 kWh/(m2 a) liegt er an der Untergrenze des bautechnisch praktisch sinnvoll Machbaren. Bild 3 zeigt, dass bei allen Gebäudetypen von einem gleich großen mittleren Trinkwasser- wärmebedarf ausgegangen wird; der genannte Wert von 15 kWh/(m2 a) ist übrigens in der 5
Energieeinspar-Verordnung 2002 mit 12,5 kWh/(m2 a) festgelegt worden. Große Unterschie- de gibt es jedoch beim durchschnittlichen Heizwärmebedarf, der je nach Gebäudetyp mit 210, 130, 90, 70 und 40 kWh/(m2 a) angegeben ist. Bild 4: Spezifischer jährlicher Heizwärmebedarf und spezifischer jährlicher Primärenergiebedarf ver- schiedener Gebäudetypen im Neubaubereich In Bild 4 sind für neue Wohngebäude die möglichen Bandbreiten des Heizwärmebedarfs und des Primärenergiebedarfs dargestellt. Auf der rechten Seite des Bildes ist das Niedrigener- giehaus aufgeführt; damit kann den Anforderungen der Energieeinsparverordnung des Jah- res 2002 Rechnung getragen werden. Beim Niedrigenergiehaus ist eine Warmwasser-Zen- tralheizung - etwa mit einem Erdgas-Brennwertkessel, einem Heizöl-Brennwertkessel oder einer elektrischen Wärmepumpe - weiterhin notwendig. Wird der Wärmeschutz gegenüber dem Niedrigenergiehaus weiter verbessert, so spricht man vom Energiesparhaus oder 3-Liter-Haus: Hier liegt der Jahresheizwärmebedarf bei 30 kWh/(m2 a) und weniger. Dies entspricht in erster Näherung einem Heizölbedarf von etwa 3 Litern je Quadratmeter und Jahr. Auch hier kann eine Warmwasser-Zentralheizung notwen- dig sein. Daneben ist man gut beraten, zusätzlich ein zentrales Zuluft/Abluftsystem mit Wärmerückgewinnung zu betreiben. In Bild 4 links ist das Passivhaus aufgeführt. Hier ist der Jahresheizwärmebedarf so gering, dass ohne Komfortverlust auf eine Warmwasser-Zentralheizung verzichtet werden kann. Stattdessen genügt ein zentrales Zuluft-/Abluftsystem mit Wärmerückgewinnung zum Hei- zen: Hier kommt zu den Vorzügen eines hygienischen Wohnens, der Vermeidung von Feuchteschäden und einer konsequenten Energieeinsparung hinzu, dass das Lüftungssy- stem nebenbei auch noch die Heizungsfunktion übernimmt. Wärmetechnisch sanierte Wohngebäude erreichen - je nach Aufwand bei der Sanierung - Wärmebedarfswerte, die z.B. zwischen 130 und 90 kWh/(m2 a) liegen können; damit werden Wärmedämm-Qualitäten erzielt, die ohne weiteres den Wärmebedarfswerten von in den Jahren 1984 bis 2002 errichteten Neubauten entsprechen können. Geht man von einem mittleren Wärmebedarfswert vor der Sanierung von ca. 210 kWh/(m2 a) aus, kann - bei ent- sprechend aufwendigen Sanierungsmaßnahmen - der Wärmebedarf auf ca. 105 kWh/(m2 a) halbiert werden. Bild 5 zeigt die Altersstruktur des Wohnungsbestands in Deutschland. Es wird sichtbar, dass 75 % des Wohnungsbestandes aus der Zeit vor 1979 stammt. In Bild 6 ist ein Mehrfamilien- Wohnhaus aus dem Jahr 1962 dargestellt. Bild 5: Altersstruktur des Wohnungsbestands Bild 6: Mehrfamilien-Wohnhaus Baujahr 1962 6
Anteile von Wohnungen, die vor 1979 bzw. seit 1979 gebaut wurden, und deren Anteile am Heizwärmeverbrauch (Angaben in Prozent) 100 80 60 40 20 0 Vor 1979 Seit 1979 Wohnungen Heizwärmeverbrauch Bild 7: Anteile von Wohnungen in Deutschland, die vor 1978 bzw. seit 1979 gebaut wurden, und deren Anteile am Heizwärmeverbrauch (Angaben in Prozent) Von den etwa 31 Mio. beheizten Wohnungen in Deutschland sind rund 75 % älter als 25 Jahre. In diesen Wohnungen werden 95 % der Heizwärme verbraucht (Bild 7). Dies verdeutlicht: Bei den Anstrengungen für eine sparsamen Energieverwendung und für einen wirksamen Umweltschutz im Bereich der Haushalte steht vor allem der Gebäudebestand im Mittelpunkt. Denn ältere Gebäude weisen eine aus heutiger Sicht oft unzureichende Wär- medämmung und eine teilweise veraltete Heiztechnik auf. Da die Kosten für Wärmedämm- Maßnahmen bei älteren Wohngebäuden (Fenster, Außenwände, Dach, Keller) im Allgemei- nen sehr erheblich sind, stellt sich aus wirtschaftlicher Sicht häufiger die Aufgabe, zunächst mit einem begrenzten finanziellen Aufwand die bestehende ältere Heizungsanlage zu sanieren. 1.3 Für den Energieverbrauch mitentscheidend: Der Kesseltyp Die 1. Bundes-Immissionsschutz-Verordnung (BImSchV) [5] trägt dem hohen Energieein- sparpotenzial im Gebäudebestand Rechnung: Sie schreibt für alle Heizkessel bestimmte Grenzwerte für den Abgasverlust vor, die verbindlich spätestens seit 2004 eingehalten wer- den müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass insbesondere schlecht arbeitende ältere Heizkessel, die in älteren Gebäuden bzw. Wohnungen mit hohem spezifischem Wärmebe- darf eingesetzt werden, durch effiziente Heizkessel ersetzt werden. Heizkesselgröße [kW] Über 4 bis 25 Über 25 bis 50 Über 50 Abgasverlust [%] 11 10 9 Tafel 1: Maximal zulässige Abgasverluste von Öl- und Gasfeuerungsanlagen (Alt- und Neuanlagen) nach 1. BImSchV [5], gültig seit 1.11.2004 Die Energieeinsparverordnung (EnEV) sieht für diejenigen Heizungsanlagen, die vor dem 1.10.1978 in Betrieb genommen wurden, eine Umrüstung auf moderne Kessel (insbesondere Niedertemperatur- und Brennwertkessel) bis spätestens zum 31. De- zember 2006 vor. Allerdings gibt es dabei Ausnahmeregelungen: Zum Beispiel verlängert sich die Nachrüstfrist für Anlagen mit nachträglich (nach dem 1.11.1996) eingebauten Brennern bis zum 31.12.2008; für Anlagen in selbst genutzten Eigenheimen verlängert sich die Nachrüstfrist auf zwei Jahre nach dem Eigentümerwechsel (frühestens jedoch zum 31.12.2006 bis 2008). Diese Aussagen gelten mit Ausnahmen, z. B. sind Anlagen mit we- niger als 4 kW oder mehr als 400 kW Leistung von diesen Fristenregelungen nicht betroffen [8], [9]. Ältere Heizkessel sind häufig überdimensioniert. Eine solche Überdimensionierung war zu Zeiten geringer Energiekosten - also vor der 1. Ölpreiskrise 1973/74 und vor der 2. Ölpreis- krise 1980/81 –, aber zum Teil auch noch in den achtziger Jahren üblich. Bei alten Kesseln 7
führt sie zusammen mit einer konstant hohen Kesselwassertemperatur und der nach heuti- gen Maßstäben unzureichenden Wärmedämmung der Heizkessel zu sehr erheblichen Ver- lusten. Altersstruktur von Öl-Feuerungsanlagen und Gas-Feuerungsanlagen in Deutschland - ZIV-Erhebung im Jahr 2002 (Angaben in Millionen Anlagen) 8 6 4 2 0 Bis 1978 1979-1982 1983-1988 Ab 1989 Öl-Feuerungsanlagen Gas-Feuerungsanlagen Bild 8: Altersstruktur von Öl-Feuerungsanlagen und von Gas-Feuerungsanlagen in Deutschland (Anga- ben in Millionen Anlagen) In Bild 8 ist eine statistische Auswertung von Erhebungen der Schornsteinfeger wiederge- geben; diese zeigt, dass von den rund 15 Millionen Heizungsanlagen in Deutschland rund 4,4 Millionen - also fast 30 % aller Anlagen - älter als 15 Jahre sind; 2,4 Millionen hiervon (also mehr als 16 %) sind sogar älter als 19 Jahre [7]. Schätzungen (vgl. [10]) gehen davon aus, dass in Deutschland das Einsparpotenzial bei sofortiger Modernisierung aller Heizkes- sel, die die Grenzwerte nicht einhalten, bei insgesamt 1,6 Mrd. Litern Heizöl und 1 Mrd. m3 Erdgas je Jahr liegt. Damit kann nicht nur Energie eingespart, sondern es können auch Emissionen in erheblichem Umfang verringert und deshalb ein nennenswerter großer Beitrag zur Entlastung unserer Umwelt geleistet werden. Bei der technischen Beurteilung von Kesseln zur Erzeugung von Heizwärme und zur Trink- wassererwärmung ist es von besonderer Bedeutung, welchem Typ der jeweilige Kessel zu- zuordnen ist [9]: Standardkessel: Heizkessel, bei dem die durchschnittliche Betriebstemperatur durch seine Auslegung beschränkt sein kann bzw. konstant gehalten wird. Der Standardkessel ist so zu betreiben, dass entlang des Abgasweges keine Kondensation des Wasserdampfs auftritt, der in den Abgasen enthalten ist. Niedertemperatur-Heizkessel: Heizkessel, der bei Bedarf kontinuierlich auch mit niedrigen Vorlauf-Eintrittstemperaturen von bis herunter zu 35 bis 40 °C betrieben werden kann, und in dem es unter Umständen zur Kondensation begrenzter Teilmengen des in den Abgasen ent- haltenen Wasserdampfes kommen kann (Bild 9). Niedertemperatur-Heizkessel sind deshalb wesentlich energieeffizienter als Standardkessel. Für Heizkessel mit einer Nennwärmeleis- tung von mehr als 400 kW und für Heizkessel mit mehrstufiger oder stufenlos verstellbarer Feuerungsleistung gelten darüber hinausgehende Festlegungen. Brennwertkessel: Heizkessel, der auch für die Kondensation eines Großteils des in den Ab- gasen enthaltenen Wasserdampfes konstruiert ist (Bild 10); damit kann neben der so ge- nannten „fühlbaren“ Wärme (Enthalpie) der Abgase auch ein erheblicher Teil der so genannten „latenten“ Wärme (Kondensationsenthalpie) für die Wärmebereitstellung genutzt werden (Bild 11). Brennwertkessel haben damit wesentlich günstigere Wirkungsgrade und Nutzungsgrade als Standardkessel und Niedertemperatur-Heizkessel. 8
Bild 9: Niedertemperatur-Heizkessel Bild 10: Brennwertkessel Bild 11: Kondensation 2. Kennwerte von Heizungsanlagen 2.1. Kesselwirkungsgrad Wenn es um die Modernisierung von Anlagen zur Heizung und Trinkwassererwärmung geht, spielt die wirtschaftliche Bewertung der Alt- bzw. Neuanlage eine wesentliche Rolle. Eine wirtschaftliche Wärmeerzeugung sollte durch ein begrenztes Maß an Energieaufwand und eine im Vergleich hierzu optimale Wärmebereitstellung gekennzeichnet sein. In Bild 12 [10] sind die Wärmeströme beim Betrieb eines Heizkessels dargestellt. Die we- sentlichen Verluste bei der Energieumsetzung im Heizkessel entstehen durch - die im Abgas mitgeführte zeitbezogene Verlustenergie (Abgasverluste QA) - die zeitbezogenen Oberflächenverluste des Heizkessels während des Brennerbetriebes QS und bei Stillstand (Bereitschaftsverluste) QB . Eine Einstufungsmessung, die durch den Schornsteinfeger an allen Heizkesseln durchge- führt wird, ermöglicht nur eine bedingte Bewertung der Wirtschaftlichkeit, denn diese Mes- sung erfasst lediglich die Abgasverluste und berücksichtigt nicht die Oberflächenverluste. Zur sinnvollen Beurteilung eines Heizkessels dienen verschiedene Kennzahlen, die im fol- genden erläutert werden. Bild 12: Wärmeströme bei einem Heizkessel 9
Der Kesselwirkungsgrad ηK gibt das Verhältnis von abgegebener Nutzleistung QK (Kessel- Nennleistung) zum Aufwand an. Der Aufwand wird als Feuerungsleistung, Wärmebelastung oder Brennerleistung QF bezeichnet. Q K Q F - Q A - QS ηK = = QF QF Für die Ermittlung des Kesselwirkungsgrades wird gemäß EN 303 (früher: DIN 4702) die Vorlauftemperatur auf 80 °C gehalten; dabei beträgt die Differenz von Vorlauf- und Rück- lauftemperatur (Spreizung) des Heizungskreislaufs 20 °C. 2.2 Jahres-Nutzungsgrad Damit eine längere Betriebszeit - z. B. ein Jahr – betrachtet werden kann, muss der Jahres- Nutzungsgrad ηN nach VDI 2067 und VDI 3808 herangezogen werden. Der Jahres-Nut- zungsgrad bezieht auch die Stillstands- bzw. Bereitschaftsverluste mit ein. Diese Betrach- tung nach VDI 2067 kann jedoch nur für Heizkessel angewandt werden, die mit gleich bleibender Kesselwassertemperatur betrieben werden, da die Bereitschaftsverluste sowie der Kesselwirkungsgrad als konstant angenommen werden (z. B. ältere Standardkessel). Für die Berechnung werden Wärmemengen statt Wärmeströme herangezogen. Bei der Ermittlung der Nutzwärme sind die auftretenden Verluste über den gesamten Be- trachtungszeitraum zu berücksichtigen. Während bei der Ermittlung des Kesselwirkungsgra- des eine Augenblicksbetrachtung vorgenommen wird, werden bei der Ermittlung des Jahres- Nutzungsgrades auch die Bereitschaftsverluste QB beachtet, die während der Brennerstill- standszeiten auftreten. Im Vergleich mit der Beziehung für den Kesselwirkungsgrad ηK wird deutlich, dass für den Jahres-Nutzungsgrad die Bereitschaftsverluste QB deutlich an Bedeutung zunehmen, da sie zeitlich einen hohen Anteil ausmachen [10]. Die Nutzungsgradberechnung von Heizkesseln mit konstanter Kesselwassertemperatur wird entsprechend der folgenden Beziehung vorgenommen: ηK ηN = b ( − 1) qB + 1 bVK ηN: Jahres-Nutzungsgrad ηK: Kesselwirkungsgrad b: Betriebsbereitschaftszeit bVK: Jährliche Vollbenutzungsstunden des Heizkessels qB: Betriebsbereitschaftsverlustfaktor (0,4 bis 5,5 %; umso größer, je kleiner die Kessel- leistung und je älter der Kessel ist) 2.3 Jahres-Heizarbeit Für moderne Heizkessel wie Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel, bei denen die Heizwassertemperatur dem aktuellen Bedarf angepasst wird (gleitende Vorlauftempe- ratur), gilt die Berechnung des Jahres-Nutzungsgrades gemäß Abschnitt 2.2 nicht, da bei variabler Kesselwassertemperatur die Abgas-, Strahlungs- und Bereitschaftsverluste nicht mehr gleich bleiben. Der energie- und umwelttechnische Vorzug von Niedertemperatur- und Brennwertkesseln liegt in ihren geringeren Abgas-, Strahlungs- und Bereitschaftsverlusten bei abgesenkter Kesselwassertemperatur. 10
Ein Heizkessel wird daraufhin ausgelegt, dass bei der tiefsten auftretenden Außentemperatur der Wärmebedarf vollständig gedeckt werden kann. Die Auslegungstemperaturen liegen für Deutschland - je nach den vorgegebenen klimatischen Bedingungen - bei -12 °C bis -16 °C. Solch niedrige Temperaturen werden freilich nur sehr selten erreicht. Deshalb hat der Heiz- kessel nur an wenigen Tagen im Jahr seine volle Leistung - und damit hohe Vorlauftem- peraturen - bereitzustellen. In der übrigen Zeit werden nur geringere Anteile der maximalen Wärmeleistung benötigt [10]. Über das Jahr betrachtet werden rund 64 % der Heizarbeit bei Außentemperaturen oberhalb von 0 °C benötigt. Nur etwa 6 % der Heizarbeit entfallen auf Tage, an denen die Außentem- peraturen niedriger als -10°C sind (Bild 13). Bild 13: Anteile der Jahres-Heizarbeit, angegeben für unterschiedliche Außentemperaturbereiche: Nur etwa 6 % der Jahres-Heizarbeit sind in Deutschland an sehr kalten Tagen (Außentemperatur nie- driger als -10°C) erforderlich [10]. 2.4 Kesselauslastung Mit einer relativen Heizkessel-Auslastung von 0 bis 50 % werden insgesamt etwa 85 bis 90 % der Jahres-Heizarbeit erbracht. Dies ist hinsichtlich der Effizienz von Heizkesseln von großer Bedeutung: Während ältere Heizkessel auch bei geringerem Heizwärmebedarf ihre konstant hohe Kesselwassertemperatur halten müssen (Standardkessel) und damit gleichbleibend hohe Verluste verursachen, passen moderne Heizkessel (Nieder- temperatur-Heizkessel und Brennwertkessel) ihre Temperatur dem Bedarf an; damit erreichen sie wesentlich geringere Bereitschaftsverluste. Deshalb kann bei der Ermitt- lung des Jahres-Nutzungsgrades nicht mit gleichbleibenden Verlusten wie für Standardkes- sel gerechnet werden. 2.5 Norm-Nutzungsgrad Zur Ermittlung der Energieausnutzung von Niedertemperatur- und Brennwertkesseln wurde folglich ein erweiterter Nutzungsgrad - der Norm-Nutzungsgrad - nach DIN 4702 Teil 8 einge- führt. Der Norm-Nutzungsgrad berücksichtigt alle Verluste eines Heizkessels (Abgasverlust, Strahlungs- und Bereitschaftsverlust), die maßgeblich von der Kesselwassertemperatur und der Kesselauslastung bestimmt werden. Bei fünf verschiedenen Auslastungen wird jeweils ein Teillast-Nutzungsgrad gemessen. Für jede Auslastung sind die Vor- und Rücklauftemperaturen der Auslegungs-Temperaturpaare 75 °C / 60 °C und 40 °C / 30 °C des Heizungskreislaufs festgelegt. Aus den fünf Teillast- Nutzungsgraden wird dann der Norm-Nutzungsgrad ηN ermittelt. Die Norm-Nutzungsgrad- Prüfung entspricht somit dem typischen Betrieb einer Heizungsanlage über den Jahres- verlauf (Bild 14). 11
Bild 14: Der Norm-Nutzungsgrad wird anhand von fünf Teillast-Nutzungsgraden bestimmt. Damit wird dem Sachverhalt Rechnung getragen, dass Kessel überwiegend im Teillastbetrieb eingesetzt werden [10]. Der effektive Kesselwirkungsgrad bei Teillast ηKTeil kann mit QK als der abgegebenen Nutz- leistung (Kessel-Nennleistung) bei Volllast und QKTeil als der abgegebenen Nutzleistung bei der betrachteten Teillast in der folgenden Weise angegeben werden [9]: 1 + qB η KTeil = η K QK 1 + qB Q KTeil Tafel 2: Teillast-Nutzungsgrade eines Niedertemperatur-Kessels zur Ermittlung des Norm-Nutzungsgra- des gemäß Bild 14 [10] Zur Beurteilung eines älteren Heizkessels ist es sinnvoll, dessen Auslastung zu bestimmen. Diese ist definiert als Verhältnis der jährlichen Vollbenutzungsstunden bVK des Heizkessels zur jährlichen Betriebsbereitschaftszeit b: bVK ϕ= b Die jährliche Betriebsbereitschaftszeit b kann bei integrierter Warmwasserbereitung (d. h. das System wird ganzjährig auf der erforderlichen Temperatur gehalten) maximal 8760 Stun- den (Jahresstundenzahl) betragen. Die jährliche Vollbenutzungsstunden bVK umfassen die Brennerlaufzeit, die zur Bereitstellung der Nutzwärmemenge erforderlich ist. Verglichen mit der gesamten Brennerlaufzeit bF ist bVK um diejenige Brennerlaufzeit geringer, die zur Deckung der Bereitschaftsverluste notwendig ist. Die jährlichen Vollbenutzungsstunden bVK lassen sich aus dem Jahres-Brennstoffverbrauch Ba, der Heizkessel-Nennleistung QK und dem Bereitschaftsverlust qB über die jährliche Feuerungszeit bF errechnen [10]: bF − bqB bVK = 1 − qB 12
Ba H iη K bF = QK Der jährliche Brennstoffverbrauch Ba ist im allgemeinen bekannt (z. B. über die Gasrech- nung); der zugehörige Heizwert des Brennstoffes Hi liegt ebenfalls fest (z. B. für Erdgas H: rund 10 kWh/m3; für Heizöl EL: 10 kWh/l). Die Heizkessel-Nennleistung QK ist auf dem Typenschild des Kessels angegeben, als Kesselwirkungsgrad ηK kann für Altanlagen 0,80 bis 0,85 angenommen werden [10]. Eine Auslastung von 100 % würde sich nur dann ergeben, wenn der Brenner des Kessels das ganze Jahr hindurch ohne Unterbrechung ar- beiten würde. Dies ist praktisch nie der Fall, weil der Auslegungszustand (entsprechend der tiefsten Außentemperatur) nur an wenigen Tagen im Jahr erreicht wird. Bei richtiger Dimen- sionierung des Heizkessels werden im Allgemeinen Auslastungen von rund 20 % erreicht. 3. Merkmale älterer Heizkessel; Vorteile moderner Anlagen 3.1 Welche technischen Kennzeichen haben ältere Heizkessel? Für ältere Heizkessel sind im Allgemeinen mehrere der folgenden Merkmale typisch [10]: - Es handelt sich um einen Wechsel- oder Umstellbrandkessel. Die Installation er- folgte zum Beispiel während der 1. Ölpreiskrise 1973/4 oder während der 2. Ölpreis- krise 1980/81, als - aus Unsicherheit über die künftige Energieversorgungssituation - eine Umstellmöglichkeit auf feste Brennstoffe erwünscht war. - Der Heizkessel wird mit gleich bleibender Kesselwassertemperatur von mehr als 70 °C betrieben. - Heizkessel, Warmwasserspeicher und Armaturen verfügen lediglich über eine unzu- längliche Wärmedämmung, die während des Betriebs zu vergleichsweise hohen Temperaturen im Kessel-Aufstellungsraum (Strahlungsverluste) führen. - Der Heizkessel weist darüber hinaus auch hohe Abgasverluste auf: Die Abgastem- peratur liegt oft über 200 °C. - Der Heizkessel ist deutlich zu groß ausgelegt (Überdimensionierung). Dies ist z. B. die Folge einer zu großzügigen Auslegung zum Zeitpunkt des Einbaus oder auch die Folge einer inzwischen vorgenommenen besseren Gebäude-Wärmedämmung (etwa der Einbau neuer Isolierglas-Fenster, Dach-Wärmedämmung; Außenwand-Wärme- dämmung). - Die Anlage weist nur eine einfache Steuerungstechnik auf; der witterungsgeführte, außentemperaturabhängige Betrieb einschließlich einer programmierbaren Nachtab- senkung und einer zeitweiligen Abschaltung der Heizungspumpen (Stromeinsparung) ist nicht möglich. 3.2 Jahres-Nutzungsgrade älterer Heizkessel Ältere Heizkessel mit diesen Kennzeichen kommen im allgemeinen nur auf mittlere Jahres- Nutzungsgrade zwischen 60 und 70 % [10]. Dies liegt neben den gleich bleibend hohen Vor- lauftemperaturen und den hohen Abgasverlusten vor allem an den hohen Bereitschafts- verlusten, die durch die Wärmeabstrahlung über die Kesseloberfläche entstehen. 3.3 Auslastung älterer Heizkessel Die Bereitschaftsverluste wirken sich umso stärker aus, je geringer die Jahres-Auslastung des Heizkessels ist. Eine solch geringe Auslastung liegt bei Altanlagen oft vor, da die Heiz- kessel nicht selten doppelt überdimensioniert sind und deshalb niedrige Brennerlaufzeiten 13
aufweisen. Typische Auslastungen sind für ältere Heizkessel 10 bis 15 %; dementsprechend hoch kann der Verlustanteil während der Bereitschaftszeiten sein. 3.4 Ältere Heizkessel in Gebäuden mit nachträglich verbesserter Wärmedämmung Werden am Gebäude nachträglich Wärmedämm-Maßnahmen durchgeführt, so wird der Wärmebedarf weiter gesenkt. Damit sinkt auch die Auslastung der Heizungsanlage. Bei alten Heizkesseln führt dies dazu, dass der dadurch ansteigende Anteil der Bereitschaftsverluste den Einspareffekt der Wärmedämmung teilweise wieder aufzehrt. Moderne Niedertemperatur- und Brennwertkessel zeigen im Gegensatz zu alten Heizkesseln einen völlig anderen Nutzungsgradverlauf. Sie werden mit gleitend abgesenkter Kesselwas- sertemperatur betrieben, die jeweils dem aktuellen Bedarf des Gebäudes angepasst wird. Der Entwicklung des Niedertemperatur-Heizkessels und des Brennwertkessels lag die Er- kenntnis zugrunde, dass Heizungsanlagen überwiegend im Teillastbereich, also mit Aus- lastungen von deutlich weniger als 50 %, betrieben werden (siehe Bild 14). 3.5 Niedertemperatur-Heizkessel Die guten Nutzungsgrade moderner Niedertemperatur-Heizkessel von etwa 92 % bis 96 % werden dadurch erzielt, dass die Oberflächenverluste auf jährlich 1 bis 3 % vermindert sind. Damit betragen sie nur noch etwa ein Zehntel der Oberflächenverluste alter Heizkessel mit gleich bleibender Kesselwassertemperatur. Ausschlaggebend für die geringeren Verluste ist das gleitend abgesenkte, an die Anforderungen des Teillastbetriebs angepasste Temperatur- niveau des Heizkessels; darüber hinaus wirkt sich auch die verbesserte Verbund-Wärme- dämmung moderner Heizkessel positiv aus. Um einen Heizkessel mit bedarfsgerecht abgesenkter Kesselwassertemperatur betreiben zu können, ist eine geeignete Regelung erforderlich. Diese muss die jeweilige Heizlast - z. B. abhängig von der Außentemperatur - ermitteln und als Führungsgröße für die Kesselwasser- temperatur einsetzen. Bild 15: Teillast-Nutzungsgrade eines modernen Brennwertkessels (oben), eines neuen Niedertemperatur- Kessels (Mitte) und eines älteren Standard-Kessels (unten) [11] Bild 15 zeigt den Verlauf des Teillast-Nutzungsgrads eines modernen Niedertemperatur- Heizkessels (Mitte) im Vergleich mit dem Verlauf des Teillast-Nutzungsgrades eines älteren Standardkessels. Es wird deutlich, dass gegenüber Altanlagen durch eine starke Verminde- rung von Abgasverlusten und Oberflächenverlusten der Teillast-Nutzungsgrad bis zu Auslas- tungen von weniger als 10 % jeweils immer bei über 90 % liegt. Demgegenüber fallen die 14
Teillast-Nutzungsgrade älterer Standardkessel bei Auslastungen von weniger als 40 % drastisch ab. Das günstige Betriebsverhalten von Niedertemperatur-Heizkesseln führt dazu, dass der Ver- lauf des Teillast-Nutzungsgrades mit geringer werdender Auslastung sogar ansteigt. Erst bei Auslastungen von deutlich weniger als 10 % beginnt die Nutzungsgradkurve abzufallen. Nie- dertemperatur-Heizkessel zeichnen sich somit gegenüber älteren Standardkesseln durch einen äußerst stabilen Nutzungsgradverlauf über einen weiten Auslastungsbereich aus. 3.6 Brennwertkessel 3.6.1 Technische Merkmale Die Auskondensation des Wasserdampfes im Abgas ist bei Niedertemperatur-Heizkesseln unerwünscht, da Heizkessel und Abgasanlage konstruktiv nicht für eine Kondensation aus- gelegt sind. Deshalb wird bei Niedertemperatur-Heizkesseln eine Mindestabgastemperatur eingehalten. Demgegenüber ist bei Brennwertgeräten (Bild 16) die Kondensation des Wasserdampfes im Abgas konstruktiv ausdrücklich vorgesehen, um zusätzlich zur „fühlbaren“ Wärme (Enthal- pie) des Verbrennungsgases auch die „latente“ Wärme (Kondensationsenthalpie) nutzen zu können. Heizkessel und Abgasanlage (Bild 17) besitzen spezielle Konstruktionsmerkmale und sind werkstoffseitig angepasst, so dass das Kondenswasser keine Schäden durch Kor- rosion verursachen kann. Während bei älteren Standardkesseln und bei Niedertemperatur- HeizkesseIn die Kondensationsenthalpie ungenutzt über den Schornstein abgegeben wird, kann bei Brennwertkesseln der größte Teil hiervon genutzt werden; dies verbessert den Nutzungsgrad wesentlich. Bild 16: Aufbau eines Brennwertkessels [11] Bild 17: Korrosionsfestes Luft-Abgas-System Bild 15 zeigt, dass im wichtigen Teillastbereich der Nutzungsgradanstieg bei Brennwert- kesseln besonders ausgeprägt ist. Der Gewinn aus der Kondensationsenthalpie des Was- sers ist gerade bei geringer Auslastung - bedingt durch die dann niedrigen Rücklauftempera- turen des Heizungskreislaufs - besonders deutlich und bewirkt einen erheblichen Anstieg des Nutzungsgrades. Brennwertkessel sind sowohl für Radiatoren- als auch für Fußbodenheizungen geeignet. Da bei der Verbrennung von Erdgas H und von Erdgas L die Taupunkttemperatur für die Bildung von Kondenswasser - ein übliches Luftverhältnis von λ = 1,3 vorausgesetzt - bei etwa 56 bis 58 °C liegt, lässt sich auch für konventionelle Heizsysteme (Auslegung des Heizungskreis- 15
laufs auf 75 / 60 °C) selbst bei Außentemperaturen von deutlich unterhalb 0 °C noch ein erheblicher Brennwertnutzen erzielen. Inzwischen sind etwa die Hälfte aller in Deutschland neu gefertigten Kessel Brennwertkessel. Sie haben eine hohe technische Zuverlässigkeit und haben sich im Betrieb gut bewährt. Der weit überwiegende Anteil von Brennwertkesseln nutzt Erdgas als Energieträger. 3.6.1 Heizwert- und Brennwertbezug Die deutschen Kesselhersteller geben Kesselwirkungsgrad, Jahres-Nutzungsgrad, Teillast- nutzungsgrad und Norm-Nutzungsgrad auf den Heizwert (Hi, Hi,n) eines Energieträgers be- zogen an; dabei ist die Kondensationsenthalpie des Wassers im Abgas nicht mit einbezogen. Demgegenüber enthält der Brennwert eines Energieträgers (Hs, Hs,n) auch die Kondensa- tionsenthalpie des Wassers. Wird zur Anlagenerfassung der Heizwert (Hi, Hi,n) des einge- setzten Energieträgers als Bezugsgröße beibehalten, ergibt sich das Kuriosum, dass Brenn- wertkessel einen Nutzungsgrad von über 100 % erreichen können, da bei ihnen durch die Wasserdampf-Kondensation der Brennwert (Hs, Hs,n) genutzt werden kann. 3.6.2 Energieträger für die Brennwertnutzung Als Energieträger für die Brennwertnutzung hat sich insbesondere Erdgas bewährt. Auch Flüssiggas kann ohne Einschränkungen für einen Einsatz in Brennwertkesseln vorgesehen werden. Bei Erdgas beträgt der Unterschied zwischen Brennwert und Heizwert etwa 10 %, bei Flüssiggas etwa 8 %. Erdgas und Flüssiggas sind besonders schwefelarme Energieträ- ger; damit ist das Kondensat aus dem Abgas weniger sauer und kann gemäß dem Arbeits- blatt ATV-DVWK-A 251 [12] ohne Vorbehandlung ins öffentliche Abwassersystem eingeleitet werden. Bei leichtem Heizöl (Heizöl EL) macht die Differenz zwischen Brennwert und Heizwert rund 6,5 % aus; damit ist bei Ölkesseln der Zugewinn der Brennwertnutzung etwas geringer als bei Erdgas. Wegen des erhöhten Schwefelgehalts im handelsüblichen normalen Heizöl EL war die Brennwerttechnik für Heizöl bisher noch nicht zuverlässig einsetzbar. Mit der in- zwischen erfolgten flächendeckenden Einführung einer schwefelreduzierten Heizölqualität (Schwefelgehalt max. 500 mg/kg) bzw. einer schwefelarmen Heizölqualität (Schwefelgehalt < 50 mg/kg statt bis zu 2000 mg/kg bei normalem Heizöl EL) liegen inzwischen veränderte Voraussetzungen vor. Erst der Einsatz von schwefelreduziertem oder schwefelarmem Heizöl ermöglicht die Öl-Brennwerttechnik: Das Kondenswasser ist deutlich weniger sauer als beim Einsatz von normalem Heizöl EL, und die Verschmutzungen der Heizflächen werden erheb- lich verringert. Nur bei der Verbrennung von schwefelarmem Heizöl EL (< 50 mg/kg) entfällt entsprechend dem Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 251 die Neutralisationspflicht für das ent- standene Kondenswasser. 4. Der Nutzen der Heizungsmodernisierung: Zwei Beispiele Eine Heizungsmodernisierung führt zu einem wesentlich geringeren Energieverbrauch sowie zu erheblich niedrigeren Emissionen an Kohlendioxid sowie an gasförmigen Schadstoffen. Bereits ein Vergleich der Nutzungsgrade unterschiedlicher Kesseltypen verdeutlicht dies: Mit moderner Heizkesseltechnik kann bis zu ein Drittel Brennstoff eingespart werden. Deshalb bietet sich der Austausch des Heizkessels auch dann an, wenn erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen von Modernisierungsarbeiten am Gebäude mit einer Verringerung des Wärmebedarfes zu rechnen ist: Wegen des nahezu gleich bleibenden Nutzungsgradverlaufs moderner Heizkessel können Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel auch bei einer Verringerung des Wärmebedarfes durch Modernisierung besonders energieeffizient betrieben werden. Bei älteren Standardkesseln wird demgegenüber bei sinkendem Wärme- bedarf und weiter verringerter Auslastung der Nutzungsgrad deutlich schlechter 16
Würde ein älterer Standardkessel lediglich durch den Einbau eines neuen Brenners aufge- wertet, wäre der Einspareffekt - verglichen mit einem vollständigen Kesselaustausch - nur begrenzt: Es könnte damit nur eine Anpassung der Feuerungsleistung an den realen Bedarf erreicht werden; gegebenenfalls würde dadurch die jährliche Auslastung ansteigen. Durch die Verminderung der Feuerungsleistung würde die Abgastemperatur und damit der Abgas- verlust sinken; die Bereitschaftsverluste würden sich jedoch wegen der weiterhin gleich blei- bend hohen Kesselwassertemperatur nicht wesentlich verringern. Um den Nutzen der Kesselmodernisierung sinnvoll erfassen zu können, ist in [10] eine Bei- spielrechnung durchgeführt worden. Auf ihr aufbauend, werden im Folgenden zwei Moder- nisierungsbeispiele erörtert. Grundsätzlich gilt: Jeder Einzelfall einer Modernisierung kann zu unterschiedlichen quantitativen Verbesserungen führen – je nach den vorliegenden Voraus- setzungen. Verallgemeinerungen sind deshalb nur mit Einschränkungen sinnvoll. Zur Abschätzung von Maßnahmen zur Kesselmodernisierung muss der Jahres-Heizwärme- bedarf bzw. die zu installierende Kesselleistung möglichst genau bestimmt werden. Zunächst lässt sich aus dem Baujahr des Gebäudes eine erste Einordnung vornehmen(Tafel 3). Tafel 3: Mittlerer Jahres-Heizwärmebedarf abhängig vom Baujahr des Gebäudes [10] Wird eine Auslastung von 20 % innerhalb einer Heizperiode angenommen, so ergeben sich (bei ganzjährigem Betrieb als Folge einer integrierten Trinkwassererwärmung mit Hilfe des Kessels) 1750 Vollbenutzungsstunden im Jahr. Damit folgen für die zu installierende Kessel- leistung (bezogen auf die zu beheizende Fläche) Anhaltswerte entsprechend Tafel 4. Tafel 4: Erfahrungswerte für den spezifischen Kessel-Leistungsbedarf je m2 Wohnfläche abhängig vom Baujahr des Gebäudes [10] Die Auslegung des Kessels, das damit nutzbare Energieeinsparpotenzial sowie die verwirk- lichbaren Emissionsminderungen werden im Folgenden ausgeführt: Ein Einfamilienhaus des Baujahres 1975 mit einer Wohnfläche von 140 m2 verbraucht bisher jährlich 4300 Liter leich- tes Heizöl. Für die Warmwasserbereitung sind weitere 600 Liter leichtes Heizöl erforderlich. Damit ergibt sich ein jährlicher Gesamt-Heizölverbrauch von 4900 Litern. Der spezifische Wärmeleistungsbedarf liegt aufgrund der Bauausführung bei 130 W/m2; damit errechnet sich ein Wärmeleistungsbedarf von insgesamt 18,2 kW. Der 1975 installierte Heizkessel (Stan- dardkessel) wurde mit 30 kW - wie seinerzeit üblich - wesentlich überdimensioniert. 17
Eine Berechnung der jährlichen Vollbenutzungsstunden bVK nach VDI 2067 (vgl. Abschnitt 2.5) ergibt 1164 h/a; damit beträgt - unter Berücksichtigung der Brennerlaufzeit bF - die Aus- lastung φ etwa 13,3%. Der heizwertbezogene Jahres-Nutzungsgrad gemäß Abschnitt 2.2 be- trägt etwa 67%. Brennwertbezogen folgt hieraus ein Jahres-Nutzungsgrad von rund 62,9 %. Wird ein neuer Erdgas-Brennwertkessel installiert, so steigt der heizwertbezogene Jahres- Nutzungsgrad auf rund 106 %, dies entspricht einem brennwertbezogenen Jahres-Nutzungs- grad von etwa 96,4 %. Brennwertbezogen ist damit eine Verminderung des Energiever- brauchs auf 62,9 / 96,4 = 0,652 (65,2 %) verbunden. Damit können jährlich 34,8 % Energie eingespart werden. Statt des jährlichen Gesamt-Heizölverbrauchs von 4900 l/a ergibt sich ein jährlicher Gesamt-Erdgasverbrauch von rund 3100 m3/a (Erdgas H). Die jährlichen Emissionen an Kohlendioxid (CO2) gehen nicht nur auf rund 65,2 % zurück, sondern auf etwa 20/26 x 65,2 % = 50,2 %, weil die auf die freigesetzte Energie bezogenen CO2-Emissionen (Emissionsfaktor) bei Erdgas niedriger sind als bei leichtem Heizöl (vgl. z. B. [10]). Interessant sind auch die Verringerungen bei den Schadstoffen Stickoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO2) und Kohlenmonoxid (CO): Hier ergeben sich Rückgänge bei NOx auf etwa 6,5 %, bei SO2 auf rund 1,9 % und bei CO auf etwa 13 %. ηN (Hi) ηN (Hs) Energie- Energie- CO2- NOx- SO2- CO- verbrauch verbrauch Emissionen Emissionen Emissionen Emissionen Öl-Standard- 67 % 62,9 4900 l/a 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % kessel % (Heizöl Baujahr 1975 EL) 3 Neuer 106 % 96,4 3100 m /a 65,2 % 50,2 % 6,5 % 1,9 % 13,0 % Erdgas- % (Erdgas H) Brennwert- kessel Tafel 4: Austausch eines älteren Öl-Standardkessels (Baujahr 1975) durch einen neuen Erdgas-Brenn- wertkessel in einem Einfamilienhaus: Auswirkung auf Energieverbrauch und Emissionen (Anga- ben in Prozent; Ölkessel: 100 %) In Bild 18 ist der genannte Energie- und Umweltvergleich graphisch dargestellt. Austausch eines älteren Öl-Standardkessels (Baujahr 1975) durch einen neuen Erdgas-Brennwertkessel: Auswirkung auf Energieverbrauch und Emissionen (Angaben in Prozent; Ölkessel: 100 %) 100 80 60 40 20 0 Energie C02 N0x S02 C0 Älterer Öl-Standardkessel (Baujahr 1975) Neuer Erdgas-Brennwertkessel Bild 18: Austausch eines älteren Öl-Standardkessels (Baujahr 1975) durch einen neuen Erdgas-Brenn- wertkessel in einem Einfamilienhaus: Auswirkung auf Energieverbrauch und Emissionen (Anga- ben in Prozent; Ölkessel: 100 %) 18
Den Rechnungen liegen die folgenden Annahmen zugrunde: - CO2-Emissionsfaktoren: Heizöl EL: 0,26 kg/kWh, Erdgas: 0,20 kg/kWh; - NOx-Emissionsfaktoren: älterer Öl-Standardkessel: 400 mg/kWh, Erdgas-Brennwertkes- sel 40 mg/kWh (vgl. z. B. [9]); - SO2-Emissionsfaktoren: gemäß S-Emissionsfaktoren bei normalem Heizöl EL von 113,9 mg/kWh (Hs) und bei Erdgas (Mittelwert) von 3,3 mg/kWh (Hs,n) (vgl. [12]); - CO-Emissionsfaktoren: älterer Öl-Standardkessel: 250 mg/kWh (geschätzt; unterer Wert), Erdgas-Brennwertkessel 50 mg/kWh (Maximalwert für das RAL-Gütezeichen (Blauer Engel) für Erdgas-Brennwertkessel). Für den Kesselaustausch und die Installation eines korrosionsbeständigen Luft-Abgas- Systems im bestehenden Schornstein sind Investitionskosten von etwa 6000 bis 7500,- € erforderlich. Weist das Einfamilienhaus bei gleicher Bauausführung einen älteren Öl-Niedertemperatur- kessel (z. B. mit Baujahr 1982) auf, so ergeben sich bei einem Austausch durch einen neuen Erdgas-Brennwertkessel die folgenden Verminderungen bei Energieverbrauch und Emissi- onen: Der heizwertbezogene Jahres-Nutzungsgrad beträgt etwa 85 %. Brennwertbezogen folgt hieraus ein Jahres-Nutzungsgrad von rund 79,8 %. Wird ein neuer Erdgas-Brennwertkessel installiert, so steigt der heizwertbezogene Jahres- Nutzungsgrad auf rund 106 %, dies entspricht einem brennwertbezogenen Jahres-Nutzungs- grad von etwa 96,4 %. Brennwertbezogen ist damit eine Verminderung des Energiever- brauchs auf 79,8 / 96,4 = 0,828 (82,8 %) verbunden. Damit können jährlich 17,2 % Energie eingespart werden. Statt des jährlichen Gesamt-Heizölverbrauchs von 3860 l/a ergibt sich ein jährlicher Gesamt-Erdgasverbrauch von rund 3100 m3/a (Erdgas H). Die jährlichen Emissionen an Kohlendioxid (CO2) gehen nicht nur auf rund 82,8 % zurück, sondern auf etwa 20/26 x 82,8 % = 63,7 %, weil die auf die freigesetzte Energie bezogenen CO2-Emissionen (Emissionsfaktor) bei Erdgas niedriger sind als bei leichtem Heizöl (vgl. z. B. [11]). Bei den Emissionen der Schadstoffe Stickoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO2) und Kohlenmonoxid (CO) zeigt sich das folgende Bild: Hier ergeben sich Rückgänge bei NOx auf etwa 16,6 %, bei SO2 auf rund 2,4 % und bei CO auf etwa 20,7 %. ηN (Hi) ηN (Hs) Energie- Energie- CO2- NOx- SO2- CO- verbrauch verbrauch Emissionen Emissionen Emissionen Emissionen Öl- 85 % 79,8 3860 l/a 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % Niedertempera- % (Heizöl turkessel EL) Baujahr 1982 3 Neuer Erdgas- 106 % 96,4 3100 m /a 82,8 % 63,7 % 16,6 % 2,4 % 20,7 % Brennwert- % (Erdgas H) kessel Tafel 5: Austausch eines älteren Öl-Niedertemperaturkessels (Baujahr 1982) durch einen neuen Erdgas- Brennwertkessel in einem Einfamilienhaus: Auswirkung auf Energieverbrauch und Emissionen (Angaben in Prozent; Ölkessel: 100 %) In Bild 19 ist der genannte Energie- und Umweltvergleich graphisch dargestellt. Den Rechnungen liegen die folgenden Annahmen zugrunde: - CO2-Emissionsfaktoren: Heizöl EL: 0,26 kg/kWh, Erdgas: 0,20 kg/kWh; - NOx-Emissionsfaktoren: älterer Öl-Niedertemperaturkessel: 200 mg/kWh, Erdgas-Brenn- wertkessel 40 mg/kWh (vgl. z. B. [9]); 19
- SO2-Emissionsfaktoren: gemäß S-Emissionsfaktoren bei normalem Heizöl EL von 113,9 mg/kWh (Hs) und bei Erdgas (Mittelwert) von 3,3 mg/kWh (Hs,n) (vgl. [12]); - CO-Emissionsfaktoren: älterer Öl-Niedertemperaturkessel: 200 mg/kWh (geschätzt; unte- rer Wert), Erdgas-Brennwertkessel 50 mg/kWh (Maximalwert für das RAL-Gütezeichen (Blauer Engel) für Erdgas-Brennwertkessel). Für den Kesselaustausch und die Installation eines korrosionsbeständigen Luft-Abgas- Systems im bestehenden Schornstein sind auch hier Investitionskosten von etwa 6000 bis 7500,- € erforderlich. Austausch eines älteren Öl-Niedertemperaturkessels (Baujahr 1982) durch einen neuen Erdgas-Brennwertkessel: Auswirkung auf Energieverbrauch und Emissionen (Angaben in Prozent; Ölkessel: 100 %) 100 80 60 40 20 0 Energie C02 N0x S02 C0 Älterer Öl-Niedertemperaturkessel (Baujahr 1982) Neuer Erdgas-Brennwertkessel Bild 19: Austausch eines älteren Öl-Niedertemperaturkessels (Baujahr 1982) durch einen neuen Erdgas- Brennwertkessel in einem Einfamilienhaus: Auswirkung auf Energieverbrauch und Emissionen (Angaben in Prozent; Ölkessel: 100 %) In [10] wird auf einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt bei der Modernisierung bestehender Wohngebäude aufmerksam gemacht: auf die sinnvolle Reihenfolge von Sanierungsmaßnah- men. Werden bei dem gewählten bestehenden Einfamilienhaus zunächst - vor einer Kesseler- neuerung - Verbesserungen an der Gebäude-Wärmedämmung (Außenwände, Dach) durch- geführt, so ergibt sich folgendes Bild: Der Wärmebedarf kann um etwa 35 % gesenkt wer- den; damit vermindert sich die Jahres-Auslastung des alten 30-kW-Öl-Standardkessels von 13,3 auf 8,6%. Die Nennleistung des Heizkessels ist damit etwa 2,5 Mal so groß wie eigent- lich erforderlich. Der alte Heizkessel erreicht somit lediglich einen Jahres-Nutzungsgrad von rund 60 %. Der Ölverbrauch liegt - trotz eines geschätzten Investitionsumfangs für die Ge- bäude-Wärmedämmung von Außenwänden und Dach von rund 15000 bis 16000 € - bei über 3700 Litern im Jahr. Erfolgt dagegen eine Verbesserung der Gebäudedämmung erst nach der Installation eines modernen Brennwertkessels, so führt die Verringerung der Auslastung von 13,3 auf 8,6 % trotz der dann ebenfalls eingetretenen Überdimensionierung des Heizkessels nicht zu einer Verschlechterung des Nutzungsgrades (vgl. Bild 15). Bei einer Heizungsmodernisierung sollte der neue Heizkessel so gewählt werden, dass er dem tatsächlichen Wärmebedarf entspricht; eine Überdimensionierung ist nicht sinnvoll. Im aufgezeigten Beispiel wären dies vor einer Durchführung von Wärmedämm-Maßnahmen etwa 20 kW. 20
5. Entscheidungshilfen für Zeitpunkt und Reihenfolge einer Modernisierung Die Frage, wann welche Modernisierungsmaßnahmen sinnvoll und wirtschaftlich sind, lässt sich nur nach einer genauen Analyse des jeweiligen Gebäudes beantworten. Grundsätzlich muss gelten: - Vorrang hat die wirtschaftlichste Maßnahme. - Zuerst sollte diejenige Maßnahme umgesetzt werden, deren Erfolg nicht von anderen Verbesserungen abhängt. - Es sollte immer geprüft werden, ob die Maßnahmen an fällige Renovierungsarbeiten gekoppelt werden können. In welcher Reihenfolge sollten Maßnahmen zur Heizungsmodernisierung und zur Wärme- dämmung des Gebäudes ergriffen werden, um einen optimalen Nutzen zu erzielen? Zweifel- los wird dann die größte Energieeinsparung erreicht, wenn gleichzeitig mit der Heizungs- modernisierung auch die Wärmedämmung verbessert wird. Kann aus finanziellen Gründen nur eine der Maßnahmen durchgeführt werden, so sollte zuerst der alte Heizkessel ausge- tauscht werden. Bei einer Modernisierung sollten abgestimmte Systemkomponenten verwendet werden, um einen problemlosen Austausch der alten Anlage sicherzustellen. Hierzu gehören die Rege- lungstechnik, ein geeigneter Speicher-Trinkwassererwärmer, Sonnenkollektoren zur ergän- zenden Trinkwassererwärmung und gegebenenfalls eine kombinierte Nebenluftvorrichtung. Bild 20: Bei der Modernisierung sollten abgestimmte Systemkomponenten verwendet werden - beispiels- weise eine geeignete Regelungstechnik 21
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