Die Pandemie als Booster für Bäderbetriebe: Die Krise überwinden und aus ihr lernen - Dr. Klaus Batz, European Waterpark Association
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Die Pandemie als Booster für Bäderbetriebe: Die Krise überwinden und aus ihr lernen Dr. Klaus Batz, European Waterpark Association
Bewältigungsstrategien Wenn ich nur lange genug strample, wird aus der Milch Quark und ich kann nicht mehr ertrinken, sagte die Maus im 100-Liter-Fass
Vier Phasen Phase 0 Aktuelle Situation Phase I Wiederinbetriebnahme Phase II Betrieb unter Pandemiebedingungen Phase III Betrieb unter neuen „normalen Bedingungen“
Phase 0 Aktuelle Situation ▪ Derzeit unterschiedliche Einschätzungen des Risikos von wissenschaftlicher Seite ▪ Aktuelle Studie des Hermann Rietschel Institut der TU Berlin zur Ansteckung über Aerosolpartikel in Innenräumen geht von einem um 2,3 erhöhten Infektionsrisiko in Schwimmhallen aus (Referenzwert 1,0 = Supermarktbesuch mit Maske) ▪ Hohe Medienaufmerksamkeit für diese Studie, prägt ggf. auch Einschätzung der politischen Entscheidungsträger Hartmann, Anne und Kriegel, Martin: Covid-19 Ansteckung über Aerosolpartikel – vergleichende Bewertung von Innenräumen hinsichtlich des situationsbedingten R-Wertes. 02/2021. Quelle: https://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/12578
Phase 0 Aktuelle Situation ▪ Studie differenziert nicht hinsichtlich Besucherverhalten und Bädertypus, geht von aktivem, sportlichen Schwimmen der Kategorie „schwere körperliche Tätigkeit“ aus ▪ Zutreffend für Trainingszeiten in Sporthallenbädern, nicht aber für andere Bädertypen (Anteil der Besucher, die z. B. Freizeitbäder oder Thermen besuchen, liegt nach einer Studie der HTW Chur bei 4,9 bis 7,1% - je nach Altersgruppe) → Kritik an Methodik - bisher keine Antwort auf Schreiben an die Verfasser der Studie Hartmann, Anne und Kriegel, Martin: Covid-19 Ansteckung über Aerosolpartikel – vergleichende Bewertung von Innenräumen hinsichtlich des situationsbedingten R-Wertes. 02/2021. Quelle: https://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/12578
Phase 0 Aktuelle Situation ▪ Verbindlicher Fahrplan fehlt ▪ Bisher nur Einzelentwürfe, z. B. Stufenplan Schleswig-Holstein vom 26.01.2021: ▪ Stufe IV: Inzidenzwert > 100 (7 Tage) → Status quo ▪ Stufe III: Inzidenzwert < 100 (7 Tage) → z.B. Individualsport auf Außensportanlagen, Zoos ▪ Stufe II b: Inzidenzwert < 50 (7 Tage) → z.B. Gastronomie mit 50% Belegung ▪ Stufe II a: Inzidenzwert < 50 (21 Tage) → z.B. Fitnessstudios mit Kapazitätsbegrenzung, Sporthallen (Individualsport), Gastronomie mit Vollbelegung, aber Abstand ▪ Stufe I: Inzidenzwert < 35 (7 Tage) → z.B. Bars und Kneipen, Theater, Kinos etc. (Kapazitätsbegrenzung), Hallen- und Spaßbäder und Saunen mit Kapazitätsbegrenzung (nach weiteren 7 Tagen), Kontaktsport mit festen Gruppen (nach 21 Tagen) https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/I/_startseite/Artikel2021/I/210126_stufenplan.html focus online
Phase 0 Aktuelle Situation ▪ Wir brauchen eine Strategiewechsel: Weg vom permanenten Corona-Ping-Pong… focus online
Phase 0 Aktuelle Situation ▪ … langfristig hin zum Überwachen und Bekämpfen von Glutnestern
Phase I Wiederinbetriebnahme
Phase I Wiederinbetriebnahme Welche bisherigen Anforderungen/Reglementierungen sind bei einer Wiederinbetriebnahme erneut zu erwarten? 1. Hygienekonzept (ggf. Anpassungen) 2. Limitierung der Zahl der gleichzeitig anwesenden Gäste (gesamt/Becken/Saunakabinen – analog zu 2020) 3. Registrierung der Besucher 4. AHA-Regeln / partielle Maskenpflicht 5. Eingeschränktes Angebot (Dampfbäder, Duschen, Umkleideräume und Aufenthaltsbereiche, Gastronomie) → EWA Checkliste zur Wiederinbetriebnahme im Downloadbereich „myEWA“ für Mitgliedsunternehmen oder Mail an → batz@ewa.info
Phase I Wiederinbetriebnahme Welche neuen Anforderungen/Reglementierungen sind bei einer Wiederinbetriebnahme möglicherweise zu erwarten bzw. werden allgemein diskutiert? 1. Vorlage eines negativen Testergebnis bzw. Schnelltest vor Ort → weder für Gäste noch für Mitarbeiter*innen praktikabel; wer trägt Kosten? 2. Impfnachweis → rechtlich nicht durchsetzbar, bis nachgewiesenermaßen jeder Gast eine Chance auf Impfung hatte (Nachweispflicht?); zudem ggf. Verstoß gegen AGG, wenn Menschen ausgeschlossen werden, die aus Gesundheitsgründen nicht geimpft werden sollen. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit diesen Optionen ist eine Ausweitung der Registrierpflicht und Datenerfassung kritisch zu sehen; mit zunehmender Rückkehr zur Normalität werden auch die Richtlinien der Datenschutz-Grundverordnung sicher wieder strenger angewandt werden als aktuell.
Phase I Wiederinbetriebnahme Welche Maßnahmen sind bei der Wiedereröffnung erforderlich? 1. Grundsatzentscheidung: Ökonomie vs. Kundenwunsch/politische Vorgabe 2. Überprüfung und erneute Umsetzung des Hygienekonzepts und ggf. Abstimmung mit den Gesundheitsämtern 3. Soweit noch nicht geschehen: Einführung bzw. Optimierung eines Reservierungssystems und Systems zur datenschutzkonformen Erfassung der Besucherdaten (so lange vorgeschrieben…) 4. Konzept zum Marketing und zur Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, bei den Gästen Vertrauen zu schaffen 5. Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: ▪ Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ▪ Maßnahmen zur Umsetzung des Hygienekonzepts ▪ Umgang mit Gästen ▪ Verhalten und Kommunikation im Krisenfall
Phase II Betrieb unter Pandemiebedingungen
Phase II Betrieb unter Pandemiebedingungen Welche Maßnahmen können eine Bäderbetrieb unter Pandemiebedingungen langfristig sicherer machen? 1. Steuerung der Besucherströme und des Besucherverhaltens 2. Hygienemaßnahmen 3. Technische und bauliche Maßnahmen
Phase II Betrieb unter Pandemiebedingungen Steuerung der Besucherströme und des Besucherverhaltens ▪ Einführung eines Online-Reservierungssystems und Ticket-Vorverkaufs mit definierten Zeitfenstern für den Besuch ▪ Auslastungsanzeige auf der Website (in Kombination mit Reservierungssystem) ▪ AHA-konformes Warteschlangenmanagement im Foyer ▪ Wenn möglich, automatisierte Einlasskontrolle (abhängig vom Kassensystem) ▪ „COVID-19-Leitsystem“ für die Gäste (Herausforderung: nicht den Eindruck einer Überreglementierung entstehen zu lassen) ▪ Überwachung des Gästeverhaltens (wichtig: Teamschulung und Verhaltensregeln/-hilfen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinsichtlich Kommunikation und Konfliktlösung) → Die meisten Maßnahmen kennen wir aus dem Sommer/Herbst 2020, nun gilt es aber, aus teils improvisierten Lösungen dauerhafte Lösungen zu machen
Phase II Betrieb unter Pandemiebedingungen Hygienemaßnahmen ▪ Anpassung des Reinigungsplans hinsichtlich Grundreinigung und Desinfektion ▪ Erhöhung der Frequenz in der Tagesreinigung ▪ Unterstützung der eigenverantwortlichen Hygienemaßnahmen der Gäste etwa durch Aufstellen von Desinfektionsmittel-Spendern → Tägliche Durchführung der (Hygiene-)Maßnahmen schriftlich dokumentieren!
Phase II Betrieb unter Pandemiebedingungen Technische und bauliche Maßnahmen ▪ Anpassung der Zuluftströme, so weit möglich (kritisch bei niedrigen Außentemperaturen) ▪ Überprüfen, ob in Raumlufttechnischen Anlagen eine zusätzliche UV-Stufe eingebaut werden kann ▪ ggf. Einsatz von CO2-Messgeräten ▪ ggf. Einsatz von Luftfiltern in kritischen Bereichen (Umkleiden etc.) ▪ evtl. unterstützender Einsatz von Beduftungsanlagen mit ätherischen Ölen ▪ Anpassung der Möblierung (einfach) und baulichen Gegebenheiten (schwer) an Vorgaben der Abstandsregel (EU-weit uneinheitlich) ▪ Sperrung bzw. Außerbetriebnahme kritischer Bereiche und Angebotselemente (z.B. Schneekabinen) → Aufwand/Nutzen von aufwändigeren technischen und baulichen Maßnahmen abwägen
Phase III Betrieb unter neuen „normalen“ Bedingungen
Phase III Betrieb unter neuen „normalen“ Bedingungen Wie stellen wir uns auf mögliche neue Bedrohungen und Betriebsrisiken ein? ▪ Erstellen bzw. Überprüfen der Gefahrenbewertung für das Unternehmen: Risiken erkennen und bewerten ▪ Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation: ▪ Verantwortlichkeiten festlegen ▪ Tätigkeit der Sicherheitsbeauftragten ernst nehmen ▪ Handlungsanweisungen schriftlich fixieren ▪ Strategie zur Krisenkommunikation erarbeiten ▪ regelmäßige Schulungen und Übungen für die Teams ▪ Dokumentationspflicht berücksichtigen ▪ Dabei nicht nur akute „Katastrophenszenarien“ betrachten, sondern auch langfristige, schleichende Prozesse (Klimawandel)
Phase III Betrieb unter neuen „normalen“ Bedingungen Wie stellen wir uns auf mögliche neue Bedrohungen und Betriebsrisiken ein? ▪ Szenarienbezogene alternative Betriebskonzepte vorbereiten (aufwändig!) ▪ Bestehende finanzielle Absicherung der Betriebsrisiken prüfen (Versicherungen etc.) ▪ Bei allen anstehenden Neubau- und Umbaumaßnahmen Erfahrungen aus der Pandemiebekämpfung berücksichtigen (Dimensionierung der Verkehrswege, Ausstattung der RLT- Anlagen etc.)
Phase III Betrieb unter neuen „normalen“ Bedingungen Welche Chancen können aus der (aktuellen) Krise erwachsen? Die Zeit nutzen! ▪ Wann, wenn nicht jetzt, haben Sie Zeit zur Überprüfung des eigenen Betriebskonzepts und Risikomanagements? ▪ Erfahrungen aus dem Betrieb 2020/2021 auswerten und in Optimierungsmaßnahmen umsetzen EWA-Onlinedialog der Badbetreiber am 01.03.2021 um 16.00 Uhr; Einwahldaten: tinyurl.com/ye432loh ▪ Gründliche Vorbereitung heute reduziert den Arbeitsaufwand morgen und vermeidet Stress bei künftigen Krisensituationen
Phase III Betrieb unter neuen „normalen“ Bedingungen Welche Chancen können aus der (aktuellen) Krise erwachsen? Digitalisierung vorantreiben! ▪ Online-Reservierungs- und Buchungssysteme können dazu beitragen, die Auslastung auch unter „normalen“ Betriebsbedingungen zu steuern ▪ Komfort für Gäste: Sicherer und schneller Zugang über „Fast Lane“-Lösungen ▪ Langfristig Reduzierung des Personalaufwands, Rezeptions-MA haben mehr Zeit für Beratungsleistungen und Upselling ▪ Automatisiertes Upselling auch bei Online-Buchungen möglich ▪ Option: Nach Vorbild von Hotels auslastungsabhängige Gestaltung der Eintrittstarife möglich (bei kommunalen Betrieben jedoch politisch schwer durchsetzbar) ▪ Digitalisierung ermöglicht belastbare Erkenntnisse über Konsumverhalten der Gäste
Phase III Betrieb unter neuen „normalen“ Bedingungen Welche Chancen können aus der (aktuellen) Krise erwachsen? Neue Nachfrage durch verändertes Freizeitverhalten unserer Gäste! ▪ Langfristig ist mindestens eine Rückkehr zu einer ähnlichen Nachfragesituation wie vor COVID-19 zu erwarten (die Menschen sind vergesslich: AIDS, Waldsterben, Tschernobyl, Vogelgrippe, Schweinepest, Finanzkrise; nicht umsonst hat sich die Bedeutung des Begriffs „Black Friday“ komplett gewandelt) ▪ Wachsendes Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung bietet neue Positionierungs- und Vermarktungsmöglichkeiten für die Bäder ▪ Wirtschaftliche Folgen der Krise können zu verändertem Urlaubs- und Freizeitverhalten führen: Wachsende Nachfrage nach innerdeutschen Destinationen und Erholungs- und Freizeitangeboten bieten vor allem für Resorts eine Chance → Herausforderungen: Rahmenbedingungen schaffen, die wieder vergleichbare Besucherströme ermöglichen
Was plant die EWA? ▪ Mailingaktion zum Thema Überbrückungshilfe III auch für kommunale Betriebe ▪ Ggf. Unterstützung einer Sammelklage der Betreiber, falls Bäder im Stufenplan zur Wiedereröffnung nicht in angemessener Weise berücksichtigt werden ▪ „Hygiene-Rahmenplan“: Wissenschaftsbasiertes Dokument zu den erforderlichen Maßnahmen einer langfristigen Präventionsstrategie in öffentlichen Bädern ▪ Imagevideo für Mitgliedsbäder als vertrauensbildende Maßnahmen für die Gäste ▪ Gemeinsame Aktion „Wir sagen Danke!“ in Kooperation mit den lokalen Medienpartner unserer Mitgliedsbäder ▪ … und wahrscheinlich noch so manches Schreiben an die Fachminister/innen, Ministerpräsident/innen und Abgeordneten, weil die Entscheidungen nach wie vor nicht auf Kenntnis(nahme) der branchenspezifischen Gegebenheiten beruhen…
Fazit Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! batz@ewa.info alle Fotos © adobe stock
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