Die Schlossküche verzaubert - Schloss Wartegg
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22–2021 Reportage St.Galler Bauer Die englische Parkanlage des Schlosses Wartegg wurde 1860 gebaut. Im Garten des Schlosses Wartegg wachsen besondere Gemüse und Kräuter Die Schlossküche verzaubert Das Bio-Hotel Schloss Wartegg Rara-Garten wachsen noch weitere sein Chef und Schlossherr Christoph in Rorschacherberg führt einen Delikatessen, die fast vergessene Mijnssen anerkennend. Gemeint 2500 Quadratmeter grossen Kerbelrübe beispielsweise. In Frank- hat er damit wohl auch die Kunst, Pro-Specie-Rara-Garten. Die reich gilt sie als Gourmetgemüse; alte oder seltene Nutzpflanzen zum Speisekarte im Hotel wird im Mittelalter waren die Kerbel Blühen zu bringen und vor dem deshalb je nach Saison immer rüben dem Adel vorbehalten. Im Aussterben zu bewahren. angepasst. Schlossrestaurant bringen es die Köche allen Gästen auf die Teller, Absprachen mit Küchenteam Text: Rita Bolt, Gossau einen Adelstitel braucht es dafür Im inneren Teil des Bio-Nutzgartens nicht – ebenso wenig wie für Kardy, wachsen Kräuter. «Es sind Dutzen- Stachys, auch Chinesische Artischo- ein artischockenähnliches Gemüse, de verschiedene Kräuter», sagt der cke und Japanische Kartoffel ge- das grösstenteils in der West- Schlossherr nicht ohne Stolz. Im nannt, ist eine Rarität. In der schweiz angebaut wird. Gegessen äusseren Teil spriessen Blumen und Schweiz wird das Wintergemüse werden die Stiele. Seit 21 Jahren ist Gräser, mit denen Eingangshalle, kaum angepflanzt. Im Pro-Specie- Mathias Thalmann Gärtner auf Restaurant und Zimmer ge- Rara-Garten des Schlosses Wartegg Schloss Wartegg. «Um einen sol- schmückt werden. Die Gemüse- wächst die botanische Besonder- chen Garten anzubauen, braucht es und Salatbeete sind ausserhalb des heit. Das zarte und saftige Edelge- viel Geduld, bis alles im Fluss ist, Kreises angeordnet. Eisbergsalat, müse wird in einer Bouillon, allen- und viel Verständnis für die Natur», Lollo, Radieschen, Pastinaken, falls mit Zitronensaft, bissfest, aber sagt er. «Mathias ist nicht nur Gärt- Rüebli – die Liste der Bio-Gewächse nicht weich gegart. Im Pro-Specie- ner, sondern auch Künstler», sagt ist lang. «Es braucht jeweils gute 37
Absprachen mit dem Küchenchef», Reportage 22–2021 sagt Mathias Thalmann. Denn je nach Saison und Laune der Natur St.Galler Bauer wechseln die Gemüsearten, Kräuter und Beeren – und damit die Speise- karte. Auf der Menükarte steht bei- spielsweise der «Salat vierzehn». Er besteht aus 14 verschiedenen Kräu- tern. «Er ist sehr beliebt», weiss Christoph Mijnssen. Die Schlosskü- che, neu unter der Leitung von Si- mon Romer, ist derzeit mit 13 Gault- Millau-Punkten bewertet. «Alles wird frisch und saisonal in unserer Küche zubereitet. Wir verwenden keine Convenience-Produkte», sagt Schlossherr Christoph Mijnssen (links) und der leitende Gärtner Mathias Mijnssen. Die Gourmetküche ist seit Thalmann. Bild: Rita Bolt 2001 Bio-Knospen-zertifiziert und der Pro-Specie-Rara-Sortengarten ist Demeter-zertifiziert. Der Garten ist Teil des 13 Hektaren grossen Schlossparks. Mathias Thalmann und sein Team halten auch diesen in Schuss. Unterstüt- zung haben sie von zehn Bündner Oberländer Schafen; ihr Mist dient als Dünger für den Garten. Sie hau- sen in einem fahrbaren Unterstand auf einer kleinen Anhöhe. Oberlän- der Schafe sind eine Pro-Specie- Rara-Rasse. Die «Oberländer» sind bekannt für ihre Wachsamkeit. «Sie sind zutraulich», sagt Mathias Thalmann und nähert sich dem Un- Das Gemüse wird für die Schlossküche angebaut. Bilder: Schloss Wartegg terstand. Heute scheinen sie keine Streicheleinheiten zu wollen, denn sie springen munter den Hang hinunter. Die Schafe und die Bie- nen im Park, welche ihre Waben selber fertigen, geniessen die be- sondere Zuwendung der Gärtnerin Elwira Exer. Sträucher und Hecken bieten unterschiedliche Lebens- räume für Insekten und Vögel. Ein Bach sowie diverse Feuchtgebiete bilden weitere Lebensräume für Amphibien und andere Kleintiere. Parkanlage öffentlich zugänglich Der Park rund um das Schlosshotel entstand 1860, als Herzogin Louise Schloss: Das Schloss wurde 1557 durch die Familie Blarer von Wartensee 38 von Bourbon-Parma dem französi- erbaut.
Eltern geerbt. «Sie waren begeis 22–2021 Reportage terte Bergtourengänger. Wir waren viel draussen», erinnert er sich. Sein St.Galler Bauer bester Freund in der Primarschule sei auf einem Landwirtschaftsbe trieb aufgewachsen; seine Freizeit hat Christoph Mijnssen oft bei ihm auf dem Hof verbracht und sich im Stall aufgehalten. Er habe es ge liebt, mit einem Löffel den Rahm auf der Milch abzuschöpfen. Stal lungen gibt es auf dem Schlossareal nicht, aber viel Natur. «Als ich den Park zum ersten Mal sah, berührte Im Park hausen zehn Oberländer Schafe – eine Pro-Specie-Rara-Rasse. Ihr mich dies tief. Und im Park ein ma Mist dient als Dünger für den Garten. Bild: Rita Bolt rodes Schloss ...», erinnert sich der 62-Jährige. Dennoch übte das schen Gartenarchitekten Paul de mal ist, dass kein Weg direkt zum Schloss auf ihn und Gattin Angelika Lavenne de Choulot den Auftrag Schloss führt», weiss Mijnssen. Die eine besondere Anziehungskraft für einen englischen Park erteilte. Parkanlage ist öffentlich zugäng aus. Ein Schloss, in dem Kaiserin Er hat in Europa etwa 300 Parks lich und viele Spaziergänger, nicht Zita und der letzte österreichisch- gestaltet, aber nur einen in der nur Hotelgäste, geniessen die grü ungarische Thronfolger nach Ende Schweiz – jenen beim Schloss ne Idylle und die lauschigen Plätz der Kaiserzeit 1919 Zuflucht fan Wartegg und zwei in Italien. «Wir chen. Sie bestaunen den 2500 den. Mijnssens kauften das Anwe hatten schon französische Gäste Quadratmeter grossen Bio-Gemü sen 1994, restaurierten das histori hier, die explizit wegen des Parks segarten, die vielen blühenden sche Gebäude und weckten es mit zu uns gekommen sind», erzählt Beete mit Blumen, Beeren, Gräsern ihren drei Kindern aus dem Dorn der Schlossherr. Englische Land und Kräutern, sind überrascht über röschenschlaf auf. Entstanden ist schaftsgärten sind durch natur die Artenvielfalt und freuen sich an ein Bio-Hotel, das heute beliebter nahe Elemente geprägt; die Wege den herrlichen Düften. «Wir be denn je ist und immer wieder aus sind in geschwungenen Linien kommen viele Komplimente», sagt gezeichnet wird. «Bei jedem Ent angelegt, Aussichtspunkte, Baum der leitende Gärtner Thalmann. scheid, den wir fällen, steht für gruppen, Alleen und Bäche sowie uns die Nachhaltigkeit im Vorder die landwirtschaftliche Nutzung Marodes Schloss restauriert grund», betont Mijnssen, «im stellen ein wichtiges Prinzip des Christoph Mijnssen hat die Verbun Schloss und draussen.» Gartens dar. «Ein anderes Merk denheit mit der Natur von seinen Neben dem 1557 durch die Familie Blarer von Wartensee erbauten Schloss am Bodensee sollte 2006 eine Grossüberbauung im Park realisiert werden. «Die Visiere sind schon gestanden», erinnert sich Mijnssen. Dazu kam es nicht: Auf grund der Anerkennung als natio nales Gartendenkmal wurde mit den Mitteln von Natur- und Land schaftsschutzorganisationen so wie privaten Sponsoren und Spen dern die Stiftung Landschaftspark Wartegg gegründet. Baupläne gibt es aber dennoch: Geplant ist ein Wirtschaftsgebäude für die Gärt Der Schlossgarten ist ein Pro-Specie-Rara-Garten. nerei. 39
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