Sie führt die einzige Apotheke im Ort - ein Mentor ermunterte sie zu diesem Schritt - Vindonissa Rotpunkt Apotheke

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Sie führt die einzige Apotheke im Ort - ein Mentor ermunterte sie zu diesem Schritt - Vindonissa Rotpunkt Apotheke
WINDISCH

Sie führt die einzige Apotheke im Ort
– ein Mentor ermunterte sie zu
diesem Schritt
von Claudia Meier - CH Media • 25.1.2020 um 05:00 Uhr

Inhaberin und Apothekerin Sarah Ali liebt den direkten Kundenkontakt
in ihrem Geschäft.
© Severin Bigler

Sarah Ali ist in Bagdad geboren, mit zwölf Jahren in die Schweiz gekommen
und führt seit Anfang Jahr die einzige Apotheke in Windisch.

Als kleines Mädchen wollte Sarah Ali Astronautin werden. Sie liebte es, am
Himmel den Mond und die Sterne zu beobachten. Selbst die Challenger-
Katastrophe, als die US-Raumfähre am 28. Januar 1986 nur 73 Sekunden nach
dem Start explodierte, schreckte sie nicht von ihrem Traumberuf ab. Sarah Ali
war damals acht Jahre alt.

Aus der Frau mit den dunkelbraunen Augen wurde zwar keine Astronautin, ihre
Faszination für Naturwissenschaften ist aber bis heute geblieben. Seit Anfang
Jahr ist Sarah Ali Inhaberin und Geschäftsführerin der Vindonissa Rotpunkt
Apotheke in Windisch. Mit diesem mutigen Schritt, als Apothekerin ein
unabhängiges Unternehmen zu führen, hat sich die 41-Jährige zwar einen
anderen, aber mindestens so grossen Berufswunsch erfüllt.

Über das Mikroskop in eine neue Welt eingetaucht

Sarah Ali war zwölf Jahre alt, als sie mit ihren Eltern und den vier Brüdern von
Algerien in die Schweiz kam. «Mit dem US-amerikanischen Boxer Muhammad Ali
bin ich nicht verwandt», sagt die Apothekerin in Anspielung auf ihren
Migrationshintergrund. Geboren ist sie in der irakischen Hauptstadt Bagdad, wo
sie die ersten vier Lebensjahre verbrachte.

Es war während des ersten Golfkrieges, als die Familie den Irak verliess. «Wir
haben uns immer dort niedergelassen, wo mein Vater als Chemie-Ingenieur mit
Doktortitel eine Anstellung fand. Das war in der Forschung oft so. In der Schweiz
wurde er an der ETH Zürich fündig», so Ali.

Eine Szene aus ihrer Kindheit ist ihr noch besonders präsent: Ihr älterer Bruder
experimentierte mit dem Mikroskop, indem er das dünne Häutchen einer
Knoblauchzehe präparierte. Begeistert zeigte er seiner Schwester, was er
entdeckt hatte. Für Sarah Ali war es wie ein Eintauchen in eine neue Welt mit
dem Farbenspektrum eines Regenbogens.

Als wissbegierige Jugendliche mit einem ausgeprägten Sprachentalent besuchte
sie später die Bezirksschule in Klingnau. Während dieser Zeit schnupperte sie als
medizinische Laborantin und als Krankenschwester. Der direkte Kontakt zu den
Menschen gefiel ihr.

Sie wollte den Eltern nicht bis 30 auf der Tasche liegen

Um sich vorerst noch alle Optionen offen zu halten, besuchte sie die
Kantonsschule Baden. Dann stand sie vor dem Entscheid, Medizin oder
Pharmazie zu studieren. Mit einem Medizinstudium hätte sie erst mit etwa 30
Jahren ein vernünftiges Einkommen erzielt. So lange wollte sie ihren Eltern aber
nicht mehr auf der Tasche liegen. Sarah Ali entschied sich für ein Pharmazie-
Studium an der ETH Zürich.

Im dritten Jahr absolvierte sie ein Praktikum in einer Apotheke in Lausanne, wo
sie auch Stellvertretungen übernehmen konnte. Da sie in Algerien gelebt hatte,
war sie mit dem Französischen schon bestens vertraut. Neben ihrer
Muttersprache Arabisch spricht die 41-Jährige auch Englisch und Italienisch
sowie natürlich Deutsch und Schweizerdeutsch.

Nach ihrem ETH-Studienabschluss im Jahr 2004 kam Sarah Ali durch ihre
Anstellung in der Olympia Rotpunkt Apotheke am Stauffacher in Zürich zum
ersten Mal in Kontakt mit der Rotpunkt-Gruppierung. Das ist eine Gemeinschaft
unabhängiger Apotheken, die für das Marketing und die Rotpunkt-
Monatsaktionen zusammenspannt.

Danach, als sie von einer halbjährigen Reise zurückkam, war sie während sieben
Jahren in der Dr. Andres Apotheke am Zürcher Stadelhofen angestellt. «Von
Ruedi Andres wurde ich gefordert und gefördert. Er ist ein sehr guter Mentor
und nahm mich in die Geschäftsleitung auf», erzählt Sarah Ali.

Abstecher ins Kantonsspital und in die Pharmaindustrie

Oft habe Ruedi Andres sie gefragt, wann sie eine Apotheke übernehmen werde.
Die junge Apothekerin entwickelte zwar Herzblut für ihren Beruf, fühlte sich
aber noch nicht bereit für einen eigenen Betrieb. Stattdessen entschied sie sich
für einen knapp zweijährigen Abstecher in die Pharmaindustrie, wo sie als
Medical Advisor in beratender Funktion zwischen Ärzten, Apothekern und
Product Managern vermittelte.

Als Leiterin Risikomanagement war sie anschliessend am Kantonsspital Baden
(KSB) tätig. Dort ging es darum, Prozesse so zu optimieren, damit sich die
Patientensicherheit verbesserte. Sarah Ali vermisste aber den direkten Kontakt
zu den Kunden immer mehr.

Im Jahr 2017 war die Zeit reif, zurück in eine Offizinapotheke zu gehen. Und in
der TopPharm Vindonissa Apotheke in Windisch zeichnete sich ein Wechsel in
der Geschäftsführung ab, weil Inhaberin Angelika Oleas kurz vor der
Pensionierung stand. Die gebürtige Irakerin lebte sich im Team schnell ein, traf
Abklärungen für die Geschäftsübernahme und deren Finanzierungen.

Wieder war Ruedi Andres von der Zürcher Apotheke ein ausgezeichneter Mentor.
Andres ist Mitgründer und massgeblich am Aufbau der Rotpunkt Gruppierung
beteiligt. Dank der Vitopha AG, einer Tochtergesellschaft der Rotpunkt Pharma
AG, die jungen Apothekern bei Geschäftsübernahmen hilft, hat sich für Sarah Ali
eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit ergeben.

So wurde in Windisch aus der TopPharm eine Rotpunkt Apotheke mit den
monatlich wechselnden Aktionen. «Die Kundschaft in unserer Apotheke schätzt
die Monatsaktionen», erzählt die frisch gebackene Geschäftsführerin, die von
ihrer Vorgängerin Angelika Oleas alle Angestellten übernommen hat.

Das vierzehnköpfige Team spricht – inklusive Arabisch, Persisch und
Schweizerdeutsch – elf Sprachen. Sarah Ali ist es ein Anliegen, ihre Angestellten,
darunter drei Lernende, ebenfalls so zu fördern, wie sie es bei Ruedi Andres
erlebt hat. Sei es über Weiterbildungen oder das verantwortungsvolle Einbinden
in organisatorische Prozesse. «Ich will das vorhandene Potenzial maximal aus
jeder einzelnen Angestellten herausholen», sagt die neue Chefin.

«Die Wünsche unserer Kunden sollen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen
werden.» Wenn die Leute online einkaufen, spüre man die Menschen nicht mehr.
Sarah Ali ist deshalb auch regelmässig an der Front anzutreffen, weil sie
mitbekommen will, wie es den Kunden geht. Die Geschäftsführerin ist
zuversichtlich, dass mit dem vollen Einsatz von Menschen für die Gesundheit der
Menschen, die Vindonissa Rotpunkt Apotheke, die es seit knapp 40 Jahren gibt,
auch in 20 Jahren noch erfolgreich bestehen wird.

Sie war während zehn Jahren in der Feuerwehr

Mit ihren Apotheker-Kollegen, die zusammen die Notfall-Apotheke Süssbach in
Brugg führen, steht Sarah Ali ebenfalls in Kontakt, um sich in geeigneter Form
am Notfalldienst zu beteiligen. Die zielstrebige Geschäftsfrau nimmt ausserdem
bei den Pharma-Betriebsassistentinnen Prüfungen ab. Von einer von diesen wird
Sarah Ali künftig bei der Ausbildung der Lernenden tatkräftig unterstützt.

Während zehn Jahren engagierte sich Sarah Ali in der Feuerwehr, zuerst in
Ennetbaden und nach der Fusion in Baden. Letztes Jahr hat sie damit aufgehört.
Ausgleich zu ihrer anspruchsvollen Arbeit findet sie derzeit beim Yoga,
Schneeschuhlaufen oder im Vereinsleben. In der 1916 gegründeten ETH Alumni
Ortsgruppe Baden ist sie im Vorstand für die Neumitglieder zuständig. Mit ihrer
offenen Art dürfte ihr auch diese Aufgabe bestens gelingen.

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