Die Österreichische Nationale DNA-Datenbank. Vom Tatort zum nationalen und internationalen DNA-Datenabgleich

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Die Österreichische Nationale DNA-Datenbank. Vom Tatort zum nationalen und internationalen DNA-Datenabgleich
.SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft
und polizeiliche Praxis

                                  Schmid, Reinhard/Scheithauer,
                                  Richard (2010):
                                  Die Österreichische Nationale
                                  DNA-Datenbank. Vom Tatort
                                  zum nationalen und
                                  internationalen DNA-
                                  Datenabgleich
                                  SIAK-Journal − Zeitschrift für
                                  Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis
                                  (4), 21-31.
                                  doi: 10.7396/2010_4_C

Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen, verwenden Sie bitte folgende Angaben:

Schmid, Reinhard/Scheithauer, Richard (2010). Die Österreichische Nationale DNA-
Datenbank. Vom Tatort zum nationalen und internationalen DNA-Datenabgleich, SIAK-
Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (4), 21-31, Online:
http://dx.doi.org/10.7396/2010_4_C.

© Bundesministerium für Inneres – Sicherheitsakademie / Verlag NWV, 2010

Hinweis: Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im
Verlag NWV (http://nwv.at) erschienen.

Online publiziert: 3/2013
4/2010   . SIAK-JOURNAL

Die Österreichische Nationale
DNA-Datenbank
Vom Tatort zum nationalen und internationalen
DNA-Datenabgleich

Nach einem Delikt werden Tatortspuren gesichert. Es besteht kein konkreter Ermitt­
lungsansatz und so gehen die Ermittlungen zunächst ins Leere. Bald darauf erhalten die
Beamten eine Treffermitteilung von der Nationalen Datenbank des Bundeskriminalam­
tes. Die nun gezielt gegen eine Person geführten Erhebungen ermöglichen die Überfüh­
rung und Verurteilung des Täters. Inzwischen ein alltägliches Geschehen – und dennoch
nicht selbstverständlich! Die „Österreichische Nationale DNA-Datenbank“ wurde am
1. Oktober 1997 als damals dritte nationale Datenbank in Europa gegründet und ist vom
Datenbestand die drittgrößte DNA-Datenbank Europas. Sie startete zunächst als Pilot­
projekt ohne spezielle Gesetzgebung zu „DNA“. Inzwischen finden sich im Sicherheits­
polizeigesetz und in der Strafprozessordnung detaillierte Vorgaben. Als Gründungs­
mitglied des multilateralen „Prüm Vertrags“ konnte Österreich den Startvorteil nutzen
und Einfluss auf den späteren EU-Ratsbeschluss (Prümer Beschluss) nehmen, der ab
                                                                                              REINHARD SCHMID,
August 2011 nationale Datenbanken für alle Mitgliedstaaten und erstmals auch Details          Leiter des Zentralen Erkennungs­
zur DNA-Analyse vorschreibt. Im Inland wurden die Beschlussvorgaben bereits um­               dienstes im Bundeskriminalamt.

gesetzt. Die intensive Nutzung der Interpol DNA-Datenbank wird fortgeführt, da nur
dadurch ein Datenaustausch über die Grenzen der EU hinaus möglich ist.

KONZEPT UND RECHTLICHER                      über das die Proben eindeutig zuordenbar
HINTERGRUND                                  sind. Die Gerichtsmedizin liefert die Ana-
Die Österreichische Nationale DNA-Da-        lysedaten über eine gesicherte Daten­
tenbank wurde am 1. Oktober 1997 vom         leitung an das Innenministerium, wo sie
Innenministerium eingerichtet. Die Ge-       mit sämtlichen erkennungsdienstlichen In­
richtsmedizin Innsbruck war am Konzept       formationen zusammengeführt werden.
beratend beteiligt und war zunächst das      Untersucht wird nur im nicht codierenden
einzige Labor, das DNA-Profile lieferte.     Bereich der DNA, der keinerlei Informa-
Inzwischen tragen auch die Gerichtsmedi-     tionen zu dem äußeren Erscheinungsbild,
zinischen Institute in Salzburg und Wien     Krankheiten, Krankheitsdisposition oder
ihren Teil zum weiteren Aufbau der DNA-      Neigungen enthält. Damit bleiben große           RICHARD SCHEITHAUER,
                                                                                              Direktor des Gerichtsmedizinischen
Datenbank bei. In der Rückschau ist es er-   Problemfelder für Datenschutz und Per-           Instituts an der Medizinischen
freulich, dass sich das Konzept als außer-   sönlichkeitsrechte außen vor. Bereits vom        Universität Innsbruck.
ordentlich tragfähig erwiesen hat. Das       ersten Tag an könnte eine Person die
Grundprinzip besteht in einer syste-         Löschung ihrer gesamten erkennungs­
matischen Trennung von DNA-haltigem          dienstlichen Daten einschließlich des
Material (die Proben verbleiben in der Ge-   DNA-Profils herbeiführen, wenn sich bei
richtsmedizin) und Personaldaten (die der    der Überprüfung des Löschungsantrags
Gerichtsmedizin nicht bekannt sind). Die     ergibt, dass der Tatverdacht nicht mehr be-
Brücke besteht in einem Barcode-System,      steht.

                                                                                             21
. SIAK-JOURNAL   4/2010

                          Quelle: BM.I, Bundeskriminalamt, Zentraler Erkennungsdienst

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                                                                                        Übereinstimmung mit einer Referenzprobe
                                                                                        zu erwarten. Darüber hinaus fallen eine
                                                                                        Vielzahl von Spur-Spur-Treffern an, womit
                                                                                        Zusammenhänge zwischen Serienstraf­
                                                                                        taten offenkundig werden, woraus wiede­
                                                                                        rum neue Ermittlungsansätze resultieren.
                                                                                          Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt
                                                                                        eindeutig, dass zwei Umstände wesentlich
                                                                                        für den Erfolg der DNA-Datenbank waren
                                                                                        bzw. sind: die Einbeziehung von Tatver­
                   Trefferstatistik/Nationale DNA-Datenbank                             dächtigen (und nicht nur Verurteilten) und
                                                                                        die Einbeziehung von Massendelikten.
                     Das Konzept der Österreichischen Nati­                             Viele schwere Delikte konnten nur geklärt
                   onalen DNA-Datenbank zielt auf soge­                                 werden, da Referenzproben von Tatver­
                   nannte „Cold Hits“ ab, also auf unerwarte­                           dächtigen aus niedrigschwelligeren Delik­
                   te Treffer, indem Tatortspuren aus Fällen                            ten vorhanden waren. Ob eine DNA-Da­
                   ohne konkreten Tatverdächtigen mit dem                               tenbank letztlich erfolgreich ist, hängt
                   Bestand der Nationalen DNA-Datenbank                                 daher neben organisatorischen Fragen vor
                   abgeglichen werden. Wenn zu einem Kri­                               allem von den Rechtsgrundlagen zur Er­
                   minaldelikt ein Tatverdächtiger vorhanden                            fassung und Datenverarbeitung ab. Öster­
                   ist, so ist dieser Fall nicht Gegenstand der                         reich hat hier im internationalen Vergleich
                   Datenbank, sondern wird im Gerichtsauf­                              sehr gute und effiziente Rechtsgrund­
                   trag untersucht. Die erhaltenen Daten­                               lagen. Wie die Erfolge zeigen, sind diese
                   banktreffer haben einen besonders hohen                              sowohl im Umfang, der Zielrichtung und
                   Stellenwert, da die Referenzprobe von ei­                            der vorgesehenen Abläufe richtig positio­
                   nem Tatverdächtigen zu einem ganz ande­                              niert und gewährleisten auch höchste da­
                   ren Delikt stammt.                                                   tenschutzrechtliche Standards.
                     In der österreichischen Organisations­
                   und Rechtsumsetzung ist aber jedenfalls                              DER TÄTER HINTERLÄSST
                   immer gesichert, dass ausgewertete offene                            SPUREN – MAN MUSS SIE
                   Tatortspuren, unabhängig ob sie im Auf­                              NUR FINDEN
                   trag der Sicherheits- oder der Justizbe­                             Zu Beginn der DNA-Ära wurden nur als
                   hörden analysiert wurden, auch in der                                solche erkennbare Spuren untersucht:
                   DNA-Datenbank gespeichert werden. Das                                Blutspuren, Zigarettenkippen, Genitalab­
                   Gleiche gilt für DNA-Profile von Tatver­                             striche. Mit zunehmender Empfindlichkeit
                   dächtigen und Straftätern.                                           der Methodik sind die Erwartungen der
                                                                                        Ermittler gestiegen. Viele der heute einge­
                   DIE ÖSTERREICHISCHE                                                  lieferten Spuren sind nicht mehr ohne wei­
                   NATIONALE DNA-DATENBANK –                                            teres als solche erkennbar. Vielmehr si­
                   EINE ERFOLGSGESCHICHTE                                               chert der Erkennungsdienst heute Spuren
                   Wenn eine Spur in einem u.T.-Fall (unbe­                             an Stellen, an denen der Überlegung nach
                   kannter Täter-Fall) ein DNA-Profil ergibt,                           DNA-haltiges Material vom Täter haften
                   so können die Ermittler mit einer Treffer­                           könnte. Tatsächlich wurde damit eine neue
                   quote von 40 % rechnen. Das heißt, wenn                              Dimension an Spuren erschlossen, die sog.
                   ein DNA-Spurenprofil erstellt werden                                 Kontaktspuren. Der Preis dafür ist aller­

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4/2010   . SIAK-JOURNAL

                                              Quelle: GMI

dings, dass die prozentuelle Quote der er-
folgreich untersuchten Spuren deutlich zu-
rückgegangen ist; ein Trend, der in allen
vergleichbaren Datenbanken seinen Nie-
derschlag findet. Die Wissenschaft arbeitet
aber bereits mit Hochdruck an einer Stei-
gerung der Empfindlichkeit und an einer
Verbesserung der Auswertbarkeit von
Spuren mit geschädigter DNA. Jedenfalls
kann schon jetzt festgestellt werden: Die
erzielten Erfolge geben den Ermittlern
Recht.
  Durch die nunmehr in Innsbruck ange-
wandte Methode der „Realtime-PCR“ sind
verlässliche Aussagen darüber möglich, ab
welchem Zeitpunkt eine Weiterführung
                                              Erfolgreiche Auswertungswahrscheinlichkeit nach Art
des DNA-Analyseprozesses sinnlos ist, da      der Spuren
mit dem vorhandenen humanbiologischen
Material keine brauchbaren Ergebnisse         brachten es zu beachtlicher medialer Auf-
mehr möglich sind. Dadurch können             merksamkeit, wie etwa die Klärung und
laufende Analyseprozesse vorzeitig abge-      Verurteilung von zwei Mördern der soge-
brochen werden, was eine erhebliche Auf-      nannten Favoritener Mädchenmorde1. Eine
wandsreduktion ermöglicht. Dieser einge-      Klärung wurde zumeist möglich, nachdem
sparte Aufwand wird wiederum direkt           die Täter später wegen minderschwerer
dem Bundesministerium für Inneres (BM.I)      Delikte erkennungsdienstlich behandelt
finanziell gutgeschrieben und erhöht die      wurden und die Zuordnung der offenen
Kosteneffizienz. Gerade durch die starke      Mordspuren nach DNA-Datenbanktref-
Zunahme der Spurensicherungen im Be-          fern gelang.
reich der Kontaktspuren, bei welchen ja         Im Jahr 2005 wurde durch das Bundes-
nur eine latente Spurensetzung durch den      kriminalamt nochmals eine Intensivie-
Tatverdächtigen vermutet wird, ist dies       rung von Spurenuntersuchungen von al-
von enormer Bedeutung.                        ten ungeklärten Mordfällen durchgeführt.
                                              Neben der DNA-Analytik wurden bei die-
COLD CASE MANAGEMENT –                        ser Aktion auch alte daktyloskopische
RETROGRADE AUFARBEITUNG                       Spuren miteinbezogen, was sich als sehr
VON SCHWEREN STRAFTATEN                       erfolgreich erwiesen hat. Mit weiterent-
Im Jahre 1998 wurden 400 Altfälle, die        wickelten Untersuchungsmethoden und
nach einer Aktion des BM.I von den Kri-       nunmehr auch durch die zunehmende In-
minalabteilungen bundesweit ausgesucht        ternationalisierung der Abgleichungs-
worden sind, mit der neuen Technik            möglichkeiten konnten bereits drei seit
„DNA“ untersucht, zu einer Zeit also, als     langem ungeklärte Morde durch DNA-
der Begriff „Cold Case Management“            und Fingerabdrucktreffer geklärt und die
noch nicht in aller Munde war. Der Erfolg     Täter identifiziert werden. Bei weiteren
gab den Ermittlern Recht: In 80 % der         offenen Morden gibt es neue Ermittlungs-
ausgesuchten Altfälle konnten DNA-Pro-        ansätze und ist noch mit weiteren Strafta-
file erstellt werden. Einige dieser Fälle     tenklärungen zu rechnen.

                                                                                                      23
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                   NATIONALE DNA-DATENBANK                       faktisch nicht vermeidbar. Alle Personen,
                   VERSUS FALLARBEIT                             die potentiell eine solche Spur kontami­
                   Eine nationale Datenbank funktioniert am      nieren können – der Kreis ist erheblich
                   effektivsten, wenn von einer möglichst        größer als der Laie annehmen würde –,
                   großen Zahl an Fällen qualitativ gute Spu­    müssen daher gesichert als Kontamina­
                   ren eingestellt werden und den Spuren         tionsverursacher erkannt und die Spur
                   eine adäquate Zahl an Referenzproben          ausgeschieden werden.
                   von Tatverdächtigen gegenüber steht. Das        Durch einen Mangel im Herstellungs­
                   Ergebnis der DNA-Analyse muss über je­        prozess haftete die DNA einer Arbeiterin
                   den Zweifel erhaben sein. Schwache Sig­       an zahlreichen Chargen von Spurensiche­
                   nale in der Analyse können daher nicht        rungsstäbchen, die in mehreren Staaten
                   bewertet werden und führen zum Informa­       verwendet wurden. Die hohe Qualität der
                   tionsverlust. Demgegenüber steht die Fall­    Spurenanalytik führte in drei Staaten (län­
                   arbeit im Gerichtsauftrag, wo bei schwe­      derübergreifend) zu DNA-Treffern, die
                   ren Kriminaldelikten Ermittler und Labor      Taten miteinander verknüpften, darunter
                   die Fälle in mehreren Stufen aufarbeiten.     einen Polizistenmord. Dieser Fall einer
                   Am Ende kann die Zahl der untersuchten        vermeintlichen Serienmörderin (auch
                   Spuren durchaus im dreistelligen Bereich      „Phantomfall“ oder „UWP-Fall“ [Unbe­
                   liegen. Wenn in solchen Fällen die DNA-       kannte Weibliche Person] genannt) hatte in
                   Profile mit Tatverdächtigen abzugleichen      Deutschland tausende unnötige Ermitt­
                   sind, so können im direkten Vergleich         lungsstunden hunderter Beamten verur­
                   durchaus auch schwächere Signale der          sacht. Der Begriff Kontamination ist seit­
                   Rohdaten der DNA-Analyse genutzt wer­         her in aller Munde.
                   den, um entweder Tatverdächtige auszu­          Das Ersteinschreiten am Tatort, oftmals
                   schließen oder auch darauf hinzuweisen,       unter großer Hektik und unter prioritärer
                   dass „bei dem vorliegenden Teilprofil die     Beachtung von Rettungsmaßnahmen oder
                   vorgestellte Person durchaus in Frage         Eigensicherung sowie die nachfolgende
                   kommt, weil sich die schwachen Signale        Spurensicherung sind hinsichtlich einer
                   der Spur mit jenen der Person decken“.        Kontamination extrem risikobehaftet. Bei
                   Die Lösung des Dilemmas, große Fallzahl       einer pilotmäßigen freiwilligen Erfassung
                   versus Detailarbeit, besteht also darin,      von Beamten, die zu Tatorten Zutritt hat­
                   dass man sowohl die große Fallzahl für die    ten, wurden 202 Beamte mit DNA-Pro­
                   Datenbank nutzt, als auch die Detailarbeit    filen und Fingerabdrücken erfasst und in
                   in Einzelfällen – hier in der Regel im Jus­   einer eigenen Ausscheidungsdatenbank
                   tizauftrag.                                   gespeichert. Dies war der Grundstein zur
                                                                 „Police Elimination Datenbank“. Dabei
                   POLICE ELIMINATION                            stellte sich heraus, dass 55 Beamte an
                   DATENBANK                                     95 Tatorten 72-mal ihr eigenes DNA-Mate­
                   In guten Labors ist es seit vielen Jahren     rial und 26-mal ihre eigenen daktylosko­
                   Standard, sämtliche DNA-Analyseergeb­         pischen Spuren ungewollt hinterlassen
                   nisse mit Profilen eigener Mitarbeiter ab­    hatten, die danach als Spuren gesichert,
                   zugleichen, um Kontaminationen zu er­         gespeichert und national und international
                   kennen. Ebenso muss konsequenterweise         abgeglichen wurden. Durch Spur-Spur-
                   auch der Sicherungsprozess überwacht          Treffer gab es bereits vor dieser Feststellung
                   werden. Ungewollte Spurensetzungen sind       und der dadurch möglichen Löschung die­
                   bei heutiger Sensitivität der Auswertungen    ser vermeintlichen Tatortspuren zahlreiche

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falsche Ermittlungsschritte. In Zukunft        likte verstanden, bei welchen in der Regel
werden solche Spuren gar nicht mehr in         aufgrund der alltäglichen Arbeitsbelastung
die Abgleichungsprozesse gelangen, da sie      und der Schadenssummen keine professio­
nach Vorabgleich gegen die gesondert ge­       nelle Spurensicherung durchgeführt wird.
speicherten Polizeidaten sofort als Trugspu­   Beispielhaft seien hier Einbruchsdieb­
ren erkannt und gelöscht werden können.        stähle mit geringen Schadenssummen,
  Die „Police Elimination Datenbank“ ist       versuchte Einbrüche, Sachbeschädigun­
aus Gründen der Qualitätssicherung und         gen, Körperverletzungen usw. erwähnt.
Datenrichtigkeit als Entscheidungsgrund­       Maßgeblich für die Sicherung und die
lage bei kriminalpolizeilichen Folge­          Weiterbearbeitung von Spuren sollte die
ermittlungen sowie zum Eigenschutz der         grundsätzliche Eignung und nicht die De­
betroffenen Exekutivorgane aus fachlicher      liktsschwere sein. Dabei wurden nicht nur
Sicht zwingend erforderlich. Die rechtli­      biologische Spuren, sondern alle Arten von
chen Rahmenbedingungen wurden bereits          kriminaltechnischen Spuren wie dakty­
mit der Sicherheitspolizeigesetznovelle        loskopische Spuren, Schuhspuren, Werk­
2003 geschaffen. Auch die technische           zeugspuren etc. miteinbezogen. Für die
Umsetzung inklusive datenschutzrechtli­        notwendigen DNA-Analysen wurden in
cher Prüfung ist bereits abgeschlossen.        erheblichem Umfang zweckgewidmete
Derzeit wird gerade unter Einbeziehung         zusätzliche DNA-Auswertungskontingente
der Personalvertretung ein Erlass des          bereitgestellt, wobei von der Gerichtsme­
BM.I vorbereitet, der unter anderem die        dizin Innsbruck deutlich reduzierte Kos­
genaue Zielgruppe definieren soll.             tensätze verrechnet wurden.
                                                 Unter den gleichen Rahmenbedingungen
INFORMATIONSGELEITETE                          wurde genau ein Jahr später in den Wiener
POLIZEIARBEIT – PROJEKTE                       Bezirken Floridsdorf (XXI.) und Donau­
„LED POLICING“ IN INNSBRUCK                    stadt (XXII.) das Projekt wiederholt. Der
UND WIEN                                       Unterschied zwischen Innsbruck und
Im Rahmen eines Projektes des Bundes­          Wien lag neben einigen unterschiedlichen
kriminalamtes in Zusammenarbeit mit der        organisatorischen Umständen vor allem
Gerichtsmedizin Innsbruck wurden im            darin, dass diese beiden Bezirke im Be­
Stadtpolizeikommando Innsbruck von             reich von Einbruchsdiebstählen zu den
Oktober 2008 bis März 2009 sämtliche           am höchsten belasteten österreichischen
Delikte, die aufgrund der geringen Schwere     Bezirken zählen.
normalerweise nicht näher spurenkundlich         Beide Projekte haben aber klar gezeigt,
untersucht worden wären, durch den Er­         dass auch bei niederschwelligen Delikten
kennungsdienst mit gleicher professioneller    durch eine systematische Spurensicherung
Spurenarbeit aufgearbeitet, als hätte es       eine erhebliche Steigerung der Aufklä­
sich um schwere Delikte gehandelt. Ziel        rungsquote möglich ist. Gerade im Be­
war es, herauszufinden, ob auch bei min-       reich der Eigentumskriminalität, insbe­
derschweren Delikten Zusammenhänge zu          sondere bei Einbruchsdiebstählen, sind
Straftätern der Schwerkriminalität beste­      Täterausforschungen fast nur über die Si­
hen und inwieweit die Aufklärungsquote         cherung und Auswertung von Tatortspuren
durch verbesserte Tatortarbeit und die         möglich. Es wurden zahlreiche Straftaten
Nutzung moderner kriminaltechnischer           durch direkte Täterzuordnungen sowohl in
Maßnahmen erhöht werden kann. Unter            Innsbruck als auch in Wien geklärt, wobei
niederschwelligeren Delikten wurden De­        die Tatverdächtigen teilweise sowohl zu­

                                                                                              25
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                   vor als auch danach in der Regel wegen       derlich. Wie ausländische Beispiele zei­
                   wesentlich schwerwiegenderer Straftaten      gen, führen unkontrollierte Auswertungs­
                   bis hin zu Sexual- und Tötungsdelikten er­   aufträge mittelfristig zu einer massiven
                   fasst wurden.                                Steigerung nicht auswertbarer Ergebnisse
                     Große Bedeutung kommt den Schu­            und zu massiven Zeitverzögerungen bei
                   lungsmaßnahmen im Spurensicherungs­          den Analysen, die in weiterer Folge auch
                   bereich zu. Neben der notwendigen Ver­       wichtige Spuren betreffen. Die Projekte
                   mittlung von theoretischem Wissen müssen     zeigten – eine entsprechende Steuerung
                   die Schulungen unbedingt praxisorientiert    vorausgesetzt – aber auch den erheblichen
                   organisiert werden und praktische Übun­      Nutzen für die Kriminalitätsbekämpfung.
                   gen beinhalten. Im Projekt kam es neben      Daher wurden die Kontingente für DNA-
                   der Quantitätssteigerung in der Spuren­      Auswertungen durch die Ressortleitung
                   sicherung vor allem auch zu einer erheb­     nach Maßgabe des wirklichen Bedarfes
                   lichen Qualitätssteigerung der gesicherten   laufend erhöht.
                   Spuren. Dadurch stieg auch die Wahr­           Die meisten ausgeforschten Täter in
                   scheinlichkeit, später brauchbare DNA-       diesem niederschwelligen Bereich hatten
                   Profile oder für AFIS-Systeme (Automa­       zwar einen regionalen Bezug, es gab je­
                   tionsunterstützte Fingerabdrucksysteme)      doch auch zahlreiche Täteridentifizierun­
                   geeignete daktyloskopische Spuren zu er­     gen mit nationalem und internationalem
                   langen.                                      Bezug.
                     Gesicherte Spuren sind nur dann wert­
                   voll, wenn sie auch einer entsprechenden     DIE LOGISCHE WEITERENT­
                   Verwertung zugeführt werden. Im Bereich      WICKLUNG: INTERNATIONALE
                   der DNA-Analyse fallen – im Gegensatz        DNA-DATENBANKEN
                   zur Daktyloskopie – durch Laborprozesse      Wenn DNA-Profile für den nationalen Da­
                   externe Kosten an, die auch in einem wirt­   tenabgleich geeignet sind, so sind sie es
                   schaftlichen Verhältnis zur Straftat ge­     grundsätzlich auch für den internationalen
                   sehen werden müssen. Die Steuerung der       Datenabgleich. Eine der Voraussetzungen
                   Auswertungsmöglichkeiten über die Kon­       ist die Standardisierung in der Nomen­
                   tingentsaufteilung nach Maßgabe der vor­     klatur: Äpfel können nicht mit Birnen ver­
                   handenen finanziellen Mittel und der je­     glichen werden und ein DNA-Profil muss
                   weiligen Kriminalitätsbelastung sowie die    im Land A exakt mit derselben Zahlen­
                   Prüfung bzw. Entscheidung der tatsäch­       reihe benannt werden wie im Land B. Die
                   lichen Auswertung im Rahmen dieser           Nomenklatur und die Standardisierung
                   Kontingente durch die Experten der Lan­      wurden um die Jahrhundertwende auf
                   deskriminalämter hat sich als äußerst ge­    einem sehr hohen Niveau von European
                   eignet erwiesen. Diese Steuerungsnot­        Network of Forensic Science Institute
                   wendigkeit ergibt sich nicht nur aus         (ENFSI) und European DNA Profiling
                   finanziellen Gründen, sondern vor allem      Group (EDNAP) betrieben, wobei die
                   auch aus qualitativ fachlichen Gründen.      europäischen Länder dabei eine Vorreiter-
                   Eine unkontrollierte und fachlich unsinni­   rolle einnahmen. In gleicher Weise und in
                   ge Zuführung aller Spuren zu entspre­        enger Absprache mit den beiden genann­
                   chenden DNA-Analysen wäre kontrapro­         ten Gruppierungen wurde die Nomenkla­
                   duktiv. Es ist unbedingt eine Prüfung auf    tur auch außerhalb Europas entwickelt.
                   Tatrelevanz und auf biologische Eignung      Einen weiteren Schritt zur Standardisie­
                   der unterschiedlichen Spurenarten erfor­     rung setzte Interpol. Für die Labors wur­

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den weltweit Qualitätsstandards einge­        pol DNA-Datenbank im Interpol-General­
führt, die mit Ringversuchen regelmäßig       sekretariat in Lyon in Betrieb genommen
überprüft werden.                             werden.
  Bis vor ca. einem Jahrzehnt war die in­       In der Datenbank werden nationale
ternationale Zusammenarbeit im DNA-           DNA-Spuren und Täterprofile anonymi­
Datenaustauschbereich sehr bescheiden.        siert eingestellt, also ohne Personal- oder
Einerseits hatten nur wenige Staaten          Falldaten. Der einstellende Staat bestimmt
brauchbare nationale DNA-Datenbanken          selbstständig, mit welchen Staaten er einen
und andererseits waren die Möglichkeiten      Abgleich wünscht. Der Abgleich selbst
der internationalen Zusammenarbeit sehr       funktioniert vollautomatisiert; bei festge­
beschränkt. De facto wurden nur bei sehr      stellter Übereinstimmung eines Profils
spektakulären und Aufsehen erregenden         wird eine automatisierte Nachricht an die
Verbrechen im Wege des Interpol-Netz­         betroffenen Staaten gesandt. Diese können
werkes vorwiegend europäische Staaten         danach die tatsächliche biologische Über­
durch Übermittlung eines Spurenprofils        einstimmung prüfen und bilateral über
ersucht, die offenen Spuren in ihren natio­   klassische Amts- und Rechtshilfeverfah­
nalen Datenbanken einzustellen und abzu­      ren die weiteren Hintergrundinformatio­
gleichen. Dies bedeutete nicht nur einen      nen zu Tatverdächtigen und Straftaten aus­
enormen Arbeitsaufwand, sondern auch          tauschen.
erhebliche Zeitverzögerungen sowie die          Das System erfüllt höchste datenschutz­
Gefahr von Eingabe- und Übertragungs­         rechtliche Standards und war auch der
fehlern durch manuelle Datenübermittlun­      Auslöser für die Fixierung von internatio­
gen. Mit einigen Staaten, wie etwa den        nalen Mindestmatchstandards, ab welchen
Benelux-Staaten, gab es auch rechtliche       in automatisierten internationalen Ab­
Probleme, da diese aufgrund ihrer natio­      gleichungen Treffermeldungen ausgelöst
nalen Gesetzgebung nur in sehr einge­         werden.
schränktem Ausmaß in der Lage waren,            Österreich ist auch mit seiner nationalen
solche Abgleichungen auch durchzufüh­         Datenbank elektronisch über das sichere
ren. In der Praxis führte dies dazu, dass     Interpolkommunikationsnetz I 24/7 mit
diese Staaten vom internationalen Daten­      dieser Datenbank verbunden und kann
austausch ausgeschlossen wurden.              binnen weniger Minuten ohne Medien­
                                              brüche DNA-Profile in diese Datenbank
INTERPOL DNA-DATENBANK                        einstellen oder löschen. Das System ar­
Den Beginn einer verbesserten Zusam­          beitet aus technischer Sicht hervorragend,
menarbeit startete Interpol im Jahr 2003      hat aber einen entscheidenden Nachteil:
mit der Idee einer internationalen DNA-       DNA-Datenbanken können nur dann effi­
Datenbank, in welche alle Interpol-Staaten    zient arbeiten, wenn eine große Zahl von
der Welt (derzeit 188) DNA-Profile ein­       Referenzdaten (Straftäterdaten) bereit­
stellen können. Österreich, das bereits zu    steht, mit denen Spurendaten abgeglichen
diesem Zeitpunkt eine Führungsrolle in        werden können. In die Interpol DNA-Da­
der DNA-Datenbankentwicklung inne­            tenbank stellen aber derzeit die meisten
hatte, wurde vom Interpol-Generalsekreta­     Staaten nur Spurenprofile von sehr bedeu­
riat um Unterstützung beim Aufbau einer       tenden Straftaten ein. Ohne Referenzdaten
solchen Datenbank ersucht, die vom BM.I       gibt es aber keine Täteridentifizierungen.
auch geleistet wurde. Im Sommer 2005          Die systematische Einspeicherung von
konnte eine professionelle zentrale Inter­    offenen Spurendaten und auch Referenz­

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                   daten internationaler Straftäter wird der­     Tatverdächtige konnte – nach Stellung
                   zeit nur von Österreich, Kroatien, Litauen     eines internationalen Auslieferungsan­
                   und Südafrika durchgeführt. Dessen unge­       trages durch die USA – in Salzburg ver­
                   achtet nutzt Österreich neben dem wesent­      haftet werden und befindet sich derzeit in
                   lich effizienteren Prümer Datenverbund         Auslieferungshaft.
                   auch die Interpol DNA-Datenbank syste­
                   matisch und konsequent. Letztlich sind         PRÜMER DATENVERBUND­
                   nur über Interpol Abgleiche außerhalb der      SYSTEM
                   EU-Staaten systematisch machbar und            Die effizienteste internationale Zusammen­
                   können durchaus zu sehr wichtigen Straf­       arbeit ermöglicht hingegen das Prümer
                   tatenklärungen führen.                         Datenverbundsystem. Als im Jahr 2003
                     Als Beispiel sei auf einen DNA-Treffer       der deutsche Innenminister Schily im Rah­
                   eines österreichischen Referenzprofils einer   men der Eröffnung eines gemeinsamen
                   DNA-Spur nach Serienvergewaltigungen           Grenzkooperationszentrums, bei welchem
                   in den USA verwiesen. Im Mai 2009 wur­         sich die Innenminister der ehemaligen
                   de in Österreich ein afghanischer Asyl­        Schengengründungsstaaten (Deutschland,
                   werber nach dem Verdacht der Vergewalti­       Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxem­
                   gung einer Studentin in Salzburg erfasst       burg) trafen, den Vorschlag einer verbes­
                   und in die nationale DNA-Datenbank so­         serten internationalen Zusammenarbeit
                   wie bei Interpol eingespeichert.               inklusive DNA- und Fingerabdruckdaten­
                     Die Abgleichungen verliefen vorläufig        austausch machte, waren die ersten dies­
                   negativ. Als im Dezember 2009 ein kali­        bezüglichen Überlegungen noch sehr
                   fornischer Sheriff über Interpol Washing­      vage. Unter dem Arbeitstitel „Schengen 3“
                   ton die Einstellung eines DNA-Spuren­          begannen aber bereits im Spätherbst 2003
                   profils eines unbekannten Straftäters, der     Expertengespräche, die konkrete Lösungs­
                   in den USA mehrere Vergewaltigungen            modelle entwarfen. Zu diesem Zeitpunkt
                   verübt und seine Opfer teilweise auch          war Österreich bereits an der Stelle Frank­
                   schwer verletzt hatte, veranlasste, kam es     reichs Teil dieser Verhandlungsgruppe. Als
                   zum Treffer mit dem österreichischen Re­       politische Vorgabe wurde, in Übereinstim­
                   ferenzprofil. Das Vergewaltigungsverfah­       mung mit dem zu dieser Zeit aktuellen
                   ren in Österreich war zu diesem Zeitpunkt      „Haager Programm“, fixiert, dass keine
                   mangels Sachbeweisen gerade im Einstel­        Errichtung einer EU-weiten zentralen
                   lungsstadium. Wie sich nach Prüfung der        Datenbank erfolgen sollte. Im Haager Pro­
                   Profile und des Sachverhaltes herausstell­     gramm, einem EU-Strategiepapier, wurde
                   te, hatte sich der afghanische Täter unter     u.a. der „Grundsatz der Verfügbarkeit“
                   verschiedenen Aliasnamen vor seiner ille­      definiert, nach welchem die Strafverfol­
                   galen Einreise in Österreich sowohl in         gungsbehörden jenen raschen Zugang zu
                   den USA als auch in Kanada aufgehalten         vorhandener Information zwecks Straf­
                   und dort zahlreiche Straftaten begangen.       tatenklärung und Verfolgung erhalten
                   Über Fingerabdrücke konnte er zweifels­        sollen, welche auch Nationalstaaten bei
                   frei identifiziert werden. Er war daher        gleichen Voraussetzungen bekommen wür­
                   nicht, wie in Österreich angegeben, in         den. Zentraldatenbanken sollten nur dann
                   Afghanistan durch die dortigen Behörden        errichtet werden, wenn keine andere
                   mit Repressalien bedroht, sondern er hielt     Lösung, insbesondere durch denkbare
                   sich zum fraglichen Zeitpunkt bereits seit     Direktzugriffe auf bestehende nationale
                   vielen Jahren in Nordamerika auf. Der          Datenbanken, möglich ist.

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  Bis Anfang 2005 wurde von den Ex­          gruppierungen mit dutzenden Mittätern,
perten aus Deutschland, Österreich und       die hunderte Einbrüche mit Millionen­
den Benelux-Staaten ein tragfähiges Kon­     schäden in faktisch allen bereits ange­
zept entworfen, welches einen solchen        schlossenen Prüm-Staaten verübt haben
Direktdatenzugriff in den Datenarten         oder etwa das Identifizieren und die Aus­
DNA-Profile, Fingerabdruckdaten und          lieferung von gesuchten Mördern ange­
Kfz-Zulassungsdaten ermöglichen sollte.      führt werden. Bereits eine Kurzdarstellung
Dieser Staatsvertragsentwurf wurde im        der faktisch täglichen Erfolge nach Prüm-
Mai 2005 von den Entwicklerstaaten sowie     Treffern würde den Rahmen dieses Beitra­
von Spanien und Frankreich unterzeichnet     ges sprengen.
und nachfolgend unter dem bekannten            Das Prümer Datenverbundsystem arbei­
Titel „Prümer Vertrag“ als multilateraler    tet als dezentrales Netzwerk mit anonymi­
Staatsvertrag unterzeichnet. Der Vertrag     sierten Suchanfragen in verschlüsselter
stand allen EU-Staaten zum Beitritt offen    Form über ein sicheres Datennetz ohne
und war als Pilotprojekt gedacht, welches    entsprechende Mehrfachspeicherungen in
bei Eignung in ein gesamteuropäisches        den angeschlossenen Datenbanken und
Rechtswerk übergeführt werden sollte.        ohne Übermittlung der Personal- oder
                                             Falldaten. Nur im tatsächlichen Trefferfall
  Die tatsächliche Praxiseignung wurde       und nach entsprechender biologischer, kri­
kurz danach festgestellt. Von Österreich,    minalistischer und rechtlicher Überprü­
Deutschland und den Niederlanden wurde       fung werden in einem zweiten Schritt im
ein DNA-Softwareprototyp entwickelt,         konventionellen Amts- und Rechtshilfe-
der im Dezember 2006 zwischen Öster­         verfahren die weiteren Personen und/oder
reich und Deutschland in den Echtbetrieb     Straftatendaten ausgetauscht, die den
übernommen wurde. Bereits nach dem           Sicherheits- und Justizbehörden die Straf­
ersten wechselseitigen Massenabgleich        verfolgung ermöglichen. Dieser Hinter­
aller offenen Spuren wurden über 2.000       grundinformationsaustausch nach Treffer­
DNA-Treffer erzielt. Unter den damit         verifizierung erfolgt in der Praxis ebenfalls
nachfolgend geklärten Straftaten befanden    über nationale Kontaktstellen. Für Öster­
sich nicht nur hunderte von Einbruchs­       reich wickelt der Zentrale Erkennungs­
diebstählen, welche die größte Masse der     dienst des Bundeskriminalamtes auch diese
Straftatenklärungen darstellen, sondern      Konsultationsverfahren nach entsprechen­
auch zahlreiche Delikte der Schwerstkri­     den Treffern ab.
minalität wie dutzende Raub- und Sexual­       Die Prüm-Suchanfragen in den jeweili­
delikte und sogar Mordfälle. Aus österrei­   gen Staaten werden wechselseitig syste­
chischer Sicht können neben der Klärung      matisch durchgeführt, sodass eine lücken­
von einem Mord und zwei Mordversuchen        lose Nutzung der vorhandenen EU-weiten
bislang beispielsweise die Klärung von       Datenbestände für Suchanfragen möglich
mehreren grenzüberschreitenden Serien­       ist. Österreich ist derzeit der weltweit am
bankraubdelikten, das Erkennen von Zu­       besten vernetzte Staat mit Anbindungen
sammenhängen Organisierter Kriminalität      im Prümer DNA- und AFIS-Datenverbund
(OK) mit Täterzusammensetzungen bei          sowie zusätzlich im Interpol-Datenver­
Erpressung, Entführung und Schutzgeld­       bund und hat darüber hinaus vielen ande­
erpressung im Bereich chinesischer OK,       ren operativen EU-Staaten technisch/or­
Erkennen, Identifizieren und nachfolgen­     ganisatorische Umsetzungsunterstützung
de Festnahmen von großen Einbruchs­          geleistet.

                                                                                               29
. SIAK-JOURNAL   4/2010

                          Quelle: BM.I, Bundeskriminalamt, Zentraler Erkennungsdienst

                                                                                        verfahren zwingend vorgesehen, welches
                                                                                        gewährleisten soll, dass die technischen,
                                                                                        organisatorischen und datenschutzrecht­
                                                                                        lichen Vorgaben durch den neuen Staat
                                                                                        richtig umgesetzt wurden. Durch den de­
                                                                                        zentralen Charakter des Verbundsystems
                                                                                        müssen die neuen Staaten nach ihrer tech­
                                                                                        nischen Umsetzung bilateral mit den be­
                                                                                        reits operativen Staaten die weiteren Echt­
                                                                                        betriebsaufnahmen vereinbaren.

                                                                                        FAZIT
                                                                                        Nach Bekanntwerden der Prümer Treffer-
                                                                                        erfolge trat binnen kurzer Zeit eine Flut
                   DNA-Trefferstatistik Prümer Datenverbund Österreich
                                                                                        von Beitrittsersuchen anderer EU-Staaten
                                                                                        ein. Zehn weitere EU-Staaten stellten in
                     Das österreichische Bundeskriminalamt                              den folgenden Monaten politische Bei­
                   setzt derzeit ein Förderprojekt der Europäi­                         trittsgesuche. Dieser Umstand führte dazu,
                   schen Kommission um, das die technische                              dass Deutschland, welches im ersten Halb­
                   Weiterentwicklung der DNA-Datensyste­                                jahr 2007 die EU-Präsidentschaft inne hat­
                   me, die Entwicklung von Zertifizierungs­                             te, umgehend die Überführung des Prümer
                   methoden im AFIS-Testprozedere, die                                  Vertrages in verbindliches EU-Recht initi­
                   technischen Verbesserungsmöglichkeiten                               ierte. Bereits im Juni 2007 wurde vom Rat
                   in den Konsultationsverfahren nach Tref­                             der Innen- und Justizminister eine entspre­
                   fern und die Unterstützungsleistung für                              chende Überführung der wesentlichen Tei­
                   andere EU-Staaten bei der Implementie­                               le des Prümer Vertrages beschlossen. Nur
                   rung des Prümer-Datenverbundsystems                                  ein Jahr später, im August 2008, wurde der
                   vorsieht. Die Ergebnisse kommen faktisch                             „Prümer Beschluss“ schließlich formell
                   allen EU-Staaten zugute. Auch wird da­                               angenommen und im EU-Amtsblatt veröf­
                   durch eine Hilfestellung bei der Umset­                              fentlicht. Im Gegensatz zum Prümer Ver­
                   zung des Prümer Beschlusses für zahl­                                trag sieht der Beschluss auch eine rechts­
                   reiche weitere EU-Staaten ermöglicht. Als                            verbindliche Umsetzungsfrist für die
                   nationale österreichische Prüm-Kontakt-                              Echtbetriebsaufnahme vor. Binnen drei
                   stelle fungiert der Zentrale Erkennungs­                             Jahren müssen alle EU-Staaten den Echt­
                   dienst im Bundeskriminalamt.                                         betrieb aufgenommen haben, was für eini­
                     Derzeit befinden sich mit Österreich                               ge Staaten eine echte Herausforderung
                   folgende Staaten im Prümer DNA-Ver­                                  darstellt. Assoziierte Staaten wie Island
                   bund im Operativbetrieb: Deutschland,                                und Norwegen haben ebenfalls Beitritts­
                   Spanien, Luxemburg, Slowenien, Nieder­                               gesuche gestellt, die bereits angenommen
                   lande, Frankreich, Rumänien, Bulgarien                               wurden. Die Schweiz und Liechtenstein
                   und Finnland. Auch die Slowakei hat be­                              überlegen derzeit, ein solches Beitrittsge­
                   reits die technische Umsetzung durchge­                              such zu stellen.
                   führt und wurde noch im August 2010                                     Parallel zu diesem Rechtswerk wurden
                   durch österreichische Experten evaluiert.                            in zahlreichen EU-Staaten nationale
                   Vor einer sogenannten Echtbetriebsauf­                               Rechtsänderungen durchgeführt. Es kam
                   nahme ist ein entsprechendes Abnahme­                                und kommt zu Gründungen von zentralen

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4/2010   . SIAK-JOURNAL

nationalen DNA-Datenbanken, welche                   sichtlich. Die gefassten Straftäter werden
rechtsverbindlich vorgeschrieben sind.               nicht, wie in der Vergangenheit, mit falschen
Auf EU-Ebene kommt es am Rande dieses                Namen als Ersttäter verurteilt, sondern
Rechtswerkes laufend zu einer Forcierung             werden über die systematisch abgegliche­
der internationalen Standards. So wurden             nen DNA-Profile und Fingerabdrücke klar
etwa im November 2009 mit Übergangs-                 identifiziert und als Serientäter erkannt,
fristen versehene, einheitliche und ver­             unabhängig von Aliasnamen.
bindliche Qualitätsstandards (ISO 17025                 Aus verfahrensrechtlicher Sicht wird es
Akkreditierungen) für DNA- und Finger­               wohl zunehmend zur Internationalisierung
abdrucklabors beschlossen. Die zuvor er­             in den Strafprozessen und der Abhandlung
wähnten Qualitätsverbesserungs- und No­              der Prozesse mit Tatorten aus mehreren
menklaturvereinheitlichungen haben nach              Staaten in einem EU-Staat kommen. Ein­
den Erfahrungen der Prümabgleiche und                heitliche und standardisierte Qualitäts­
anderen Datenbeständen eine weitere Ent­             standards der Spurensicherung und Spu­
wicklung erfahren. Nach wissenschaft­                renbeurteilung sind daher die logische
licher Empfehlung der ENFSI wurde mit                Folge einer solchen Entwicklung.
Ratsentschließung vom 30. November 2009                 Man kann die derzeitige Phase durchaus
die verbindliche Erweiterung der beste­              als neuen Quantensprung in der Krimina­
henden ESS DNA Lociwerte2 auf zwölf                  litätsbekämpfung bezeichnen, der, ausge­
Werte Mindestempfehlung beschlossen. In              löst durch die nunmehr offenen Grenzen
Österreich werden daher in Kürze DNA-                innerhalb der EU, eine notwendige und ef­
Profile statt mit bisher elf Werten nun mit          fiziente Gegenmaßnahme durch raschen
insgesamt 17 Lociwerten analysiert wer­              Informationsaustausch darstellt. Der Aus­
den, wobei Österreich schon zuvor höhere             tausch dieser biometrischen Daten hat als
Standards als die alten sieben ESS Loci­             objektives Beweiskriterium einen sehr ho­
wertempfehlungen eingeführt hatte und                hen Stellenwert. Trotzdem darf nicht über­
auch in Zukunft wieder höhere Qualitäts­             sehen werden, dass ein Treffer inhaltlich
standards als empfohlen umsetzen möchte.             nichts anderes ist als ein Anfangsverdacht,
   Die nun erkennbaren internationalen               der sowohl biologischer/daktyloskopischer
Zusammenhänge sind nicht nur für die Po­             Bestätigung als auch kriminalpolizeilicher
lizei, sondern auch für die Justizbehörden           Überprüfung bedarf. Mit der Bestätigung
eine Herausforderung. Erstmals wird vor              eines solchen Treffers sind aber zielgerich­
allem im Bereich der Eigentumskrimina­               tete weiterführende Ermittlungen möglich,
lität die internationale Vernetzung und              die in der Regel zur Klärung der Straftat
Organisation krimineller Banden klar er­             und Verurteilung des Täters führen.

1
  In einem Favoritener Ballungsraum (Bereich         DNA-Treffer endgültig überführt werden konnten.
Oberlaa) wurden zwischen 1988 und 1990 hin­          2
                                                       European Standard Set of loci. Die Fixierung
tereinander zwei Mädchen und eine junge Frau         dieser loci als gemeinsamer Mindeststandard
nach Sexualdelikten ermordet. Die Taten führten      erfolgte immer mit Ratsentschließung und folgte
zu großer Verunsicherung in der Bevölkerung          den vorhergehenden Empfehlungen der DNA
und es wurden rund 3.000 Personen mit großem         Working group of the European network of
Ermittlungsaufwand überprüft, darunter auch          forensic science institutes.
die beiden Täter, die aber erst Jahre später durch

                                                                                                         31
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