Die Verarbeitung emotionaler Gesichter bei der visuellen Suche. Eine besondere Rolle für Ekel im Vergleich zu Angst?

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Masterarbeit

 Zur Erlangung des akademischen Grades
 Master of Science
 Karl-Franzens-Universität Graz

Die Verarbeitung emotionaler Gesichter bei der visuellen
Suche. Eine besondere Rolle für Ekel im Vergleich zu Angst?

 Ilknur Özalp
 01331466

 Betreuung und Begutachtung:
 Univ.-Prof. Dipl.-Psych. Dr.rer.nat. Anja Ischebeck
 Institut für Psychologie
 Karl-Franzens-Universität Graz

 Februar 2022
2

Zusammenfassung
Gibt es einen Vorteil für Ekelgesichter bei der visuellen Suche? In dieser Arbeit soll untersucht
werden, ob es einen Pop-Out-Effekt für Ekel gibt und dadurch Ekelgesichter aus einer Menge
von neutralen Gesichtern herausspringen. Die Aufgabe der 52 Teilnehmenden der Online-
Studie war es, so zügig und fehlerfrei wie möglich anzugeben, ob die ihnen präsentierten
Gesichter ein emotionales Gesicht beinhalteten oder ob alle Gesichter neutral waren. Als
emotionale Zielreize wurden Ekel- und Angstgesichter präsentiert, während neutrale Gesichter
als Distraktoren dienten. Erhoben wurden Reaktionszeiten, Trefferquoten und die
Sucheffizienz. Außerdem wurden im Anschluss an die Verhaltensmessung die Trait-Angst,
Ekelempfindlichkeit und Ekelsensitivität der Teilnehmenden mittels
Selbsteinschätzungsfragebögen erhoben. Es zeigte sich, dass Ekelgesichter schneller und
genauer als emotionale Gesichter identifiziert wurden als Angstgesichter. Es konnte jedoch kein
Pop-Out-Effekt für Ekelgesichter nachgewiesen werden. Allerdings zeigte sich ein schwacher
Zusammenhang zwischen der Trait-Angst und der Suchrate für Ekelgesichter - je höher die
Trait-Angst einer Person, desto eher springen Ekelgesichter aus der Menge für sie hervor. Mit
der Studie konnte gezeigt werden, dass Ekel besonders schnell und genau als Emotion
identifiziert wird. Dabei hat die Trait-Ängstlichkeit einen noch weiter zu erforschenden
Einfluss auf die Erkennung von Ekel.
3

Abstract
Is there an advantage for disgust faces in visual search? The purpose of this paper is to
investigate whether there is a pop-out effect for disgust, causing disgust faces to pop out of a
set of neutral faces. The task of the 52 participants in the online study was to report as quickly
and accurate as possible whether one of the presented faces contained an emotional face or
whether all faces were neutral. Disgust and fear faces were presented as emotional target
stimuli, while neutral faces served as distractors. Average reaction times and hit rates were
calculated, as well as search efficiency. In addition, trait anxiety and two disgust sensitivity
scales were measured using self-assessment questionnaires after the behavioral task. Disgusted
faces were identified as emotional faces faster and more accurately than fearful faces. There
was no pop-out effect for disgusted faces found. However, a weak association was observed
between trait anxiety and search efficiency for disgusted faces - the higher the trait anxiety, the
higher the search efficiency for disgusted faces. The study demonstrated that disgust is
identified as an emotion particularly quickly and accurately. Furthermore, trait anxiety has an
impact on disgust recognition that needs further research.
4

Inhaltsverzeichnis
Einleitung ........................................................................................................................... 5
 1 Der Emotionsbegriff .................................................................................................... 5
 2 Klassifikation von Emotionen....................................................................................... 6
 3 Gesichtsausdrücke ....................................................................................................... 7
 4 Basisemotion Ekel ....................................................................................................... 7
 4.1 Ekelreaktion auf Verhaltensebene ........................................................................ 8
 4.2 Physiologische Ekelreaktion .................................................................................. 8
 5 Ekel und Aufmerksamkeit ............................................................................................ 9
 6 Pop-Out-Effekt ............................................................................................................ 9
 7 Visuelle Suchaufgabe ................................................................................................. 11
 8 Fragestellung und Hypothesen .................................................................................. 13
Methode .......................................................................................................................... 16
 9 Vorstudie zur Itemauswahl ........................................................................................ 16
 9.1 Ergebnisse der Vorstudie .................................................................................... 18
 10 Hauptstudie ............................................................................................................. 20
 10.1 Stichprobe ........................................................................................................ 20
 10.2 Fragebögen und Material .................................................................................. 20
 10.3 Ablauf ............................................................................................................... 22
Ergebnisse ........................................................................................................................ 24
Diskussion ........................................................................................................................ 29
 12 Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................... 29
 13 Hohe Sucheffizienz wenn der Zielreiz ein Ekelgesicht ist .......................................... 30
 14 Kein Pop-Out-Effekt für Ekelgesichter ...................................................................... 31
 15 Die Suchrate für Ekelgesichter und Trait-Angst ........................................................ 34
 16 Allgemeine Diskussion ............................................................................................. 35
 17 Fazit......................................................................................................................... 36
Literatur ........................................................................................................................... 37
5

Einleitung
Unser emotionales Empfinden und die Emotionen unseres Gegenübers beeinflussen unser
Denken, Handeln, Entscheiden und unser Zusammenleben. Schon im Säuglingsalter präferieren
wir freudige Gesichter und schauen sie länger an als ängstliche Gesichter (Farroni et al., 2007).
Verspüren wir Angst, weil akute Gefahr droht, können Mitmenschen, die unseren ängstlichen
Gesichtsausdruck wahrnehmen, zur Hilfe eilen. Freuen wir uns, geben wir über unsere Mimik
anderen die Möglichkeit, die Freude mit uns zu teilen und unsere sozialen Beziehungen zu
stärken. Zahlreiche emotionale Reize umgeben uns, wenn wir z.B. durch die Innenstadt
schlendern. Dank filternder Aufmerksamkeitsprozesse, auf die in weiterer Folge genauer
eingegangen wird, erschlägt uns das Überangebot an emotionalen und neutralen Reizen nicht
und unsere Aufmerksamkeitsressourcen werden für besonders relevante Umweltreize
bereitgestellt (Johnston & Dark, 1986). Dabei passiert es nicht selten, dass ein ganz bestimmter
emotionaler Reiz besonders ins Auge springt, wie z.B. eine Person die angewidert auf den
Boden in Richtung eines Hundehaufens blickt, wodurch wir vor einer ekligen Situation gewarnt
sind.
 Da besonders die Wahrnehmung von ekelassoziierten Gesichtern in einer Menge von
neutralen Gesichtern unerforscht ist, wird im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit
untersucht, ob ekelausdrückende Gesichter unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen und welche
grundlegenden Suchprozesse hinter der Erkennung der Emotion Ekel liegen.

1 Der Emotionsbegriff
“Everybody knows what an emotion is, until asked to give a definition” (Fehr & Russell, 1984).
Dieses Zitat lässt erahnen, dass es nötig ist, den Emotionsbegriff zu definieren und
abzugrenzen, da dessen Alltagsverständnis breit gefasst ist. Noch immer, auch fast 40 Jahre
nach dem folgenden Zitat, lassen sich Definitionen und Konzepte von Emotionen als heterogen
beschreiben.
Nach Goschke und Dreisbach (2011) sind Emotionen
 „psychophysische Reaktionsmuster, die auf mehr oder weniger komplexen
 Bewertungen einer Reizsituation beruhen, die mit einer Reihe peripherer
 physiologischer Veränderungen sowie der Aktivierung bestimmter zentralnervöser
 Systeme einhergehen, zu bestimmten Klassen von Verhalten motivieren, sich in
 spezifischer Mimik und Körperhaltung ausdrücken können und häufig (aber nicht
 notwendig) mit einer subjektiven Erlebnisqualität verbunden sind.“
6

Emotionen können auf Basis kognitiver Bewertungen von Umweltreizen oder internen Reizen
entspringen und stehen in einem wechselwirkenden Zusammenhang mit dem physiologischen
Zustand der erlebenden Person. Mit Mimik und Gestik können Emotionen ausgedrückt oder
Emotionen anderer wahrgenommen werden. Sowohl beim Gegenüber, als auch bei der
erlebenden Person beinhalten Emotionen einen motivationalen Aspekt, indem sie z.B. eine
Abwehrreaktion mitteilen oder auslösen (Goschke & Dreisbach, 2011).
 Während Stimmungen länger andauern und nicht auf eine Ursache zurückführbar sein
müssen, sind Emotionen kurzweiligere Reaktionen, welche aus Stimmungen entstehen können
(Birbaumer & Schmidt, 2003). Der Begriff Affekt im Deutschsprachigen wird als Synonym,
Ober- oder Unterkategorie für den Begriff Emotion verwendet, während affect im Englischen
auf die Valenz (Wertigkeit, positiv vs. negativ) der Emotion abzielt. So ist oft die Rede vom
positiven oder negativen Affekt (Bless, 1997; Meyer et al., 1993; Otto et al., 2000).

2 Klassifikation von Emotionen
Wie viele Emotionen es gibt und wie sie sich unterteilen lassen, fragten sich bereits die ersten
EmotionsforscherInnen. Im Wesentlichen haben sich zwei Ansätze herauskristallisiert: der
dimensionale und der kategoriale Ansatz. Den Grundbaustein des dimensionalen Ansatzes legte
Wilhelm Wundt (1874) auf Basis seiner introspektiven Beobachtungen. Emotionen ließen sich
nach Wundt anhand der drei Dimensionen Spannung - Lösung, Lust - Unlust und Erregung -
Beruhigung beschreiben. Neuere Untersuchungen haben auf Basis eines sprachanalytischen
Ansatzes, welcher Emotionswörter faktorenanalytisch nach Ähnlichkeit untersucht, die
Dimensionen Valenz (Wertigkeit) und Erregung/Arousal nachweisen können (Barrett &
Russell, 1998).
 Das kategoriale Verständnis von Emotionen geht davon aus, dass eine begrenzte Anzahl
evolutionär entstandener Basisemotionen angeboren sei. Paul Ekman, der bekannteste Vertreter
des kategorialen Ansatzes, ging ursprünglich davon aus, dass es sechs Basisemotionen gibt:
Ärger/Wut, Furcht/Angst, Freude, Überraschung, Trauer und Ekel. Später fügte er die Emotion
Verachtung hinzu. Er berichtete, dass die Basisemotionen kulturunabhängig sind (Ekman,
1992). Ekman stellte Thesen auf, die diese Basisemotionen differenzieren und von anderen
gefühlsassoziierten Zuständen, Persönlichkeitsmerkmalen und Stimmungen abgrenzen sollen.
Seinen Überlegungen nach entstehen Basisemotionen schnell und halten lediglich kurz an. Jede
Basisemotion drückt ein spezifisches Gefühl aus und geht mit einem für die Basisemotion
charakteristischen Gesichtsausdruck einher - kulturübergreifend und ebenso unter Primaten.
Typisch für Basisemotionen ist die automatische und zeitgleiche physiologische Veränderung.
7

Ausgelöst werden sie von universellen und emotionsspezifischen Ereignissen. Die Bewertung
von Basisemotionen geschieht unwillentlich (Ekman, 1992). Basierend auf den Grundsätzen
Charles Darwins entwickelten sich diese Basisemotionen als Ergebnis überlebenswichtiger
Anpassung des Verhaltens an Anforderungen und Gefahren der Umwelt (Darwin, 1872a).

3 Gesichtsausdrücke
Gesichter spielen eine besondere Rolle in der Wahrnehmung und Verarbeitung von
emotionalen Reizen. Gesichtsausdrücke beinhalten Informationen, welche soziale
Interaktionen formen. Anhand von Gesichtsausdrücken versuchen wir den motivationalen
Status und das Vorhaben unseres Gegenübers zu prognostizieren und passen unser Handeln an
unsere bewussten und unbewussten Schlussfolgerungen an (Gerritsen et al., 2008). Ein
ängstlicher Blick in die Ferne zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters/der Betrachterin auf
sich und kann zum rechtzeitigen Fluchtverhalten führen, sofern Gefahr droht (Gerritsen et al.,
2008). Freude und Trauer ermöglichen Gruppenmitgliedern, empathisch aufeinander
einzugehen und das soziale Miteinander und die Kooperationsfähigkeit der Gruppe zu stärken.
Wut kann zur rechtzeitigen Abwehrreaktion führen und verhindern, vom Angreifer/von der
Angreiferin überwältigt zu werden. Das Erkennen einer Emotion hinter einem
Gesichtsausdruck wird somit als ein evolutionärer Vorteil verstanden (Limbrecht, 2012;
Öhman et al., o. J.).

4 Basisemotion Ekel
Wie bereits erwähnt, zählt die Emotion Ekel zu den Basisemotionen nach Ekman (Ekman,
1992). Darwin beschreibt Ekel als Emotion, welche eine Abwehrreaktion auslöst, die vor
Kontamination mit unhygienischen und krankheitserregenden Nahrungsmitteln schützt
(Darwin, 1872).
 Das heutige Verständnis von Ekel kommt den Überlegungen Darwins (1872) sehr nah.
Aus evolutionärer Perspektive ist Ekel eine Abwehrreaktion auf ein breites Spektrum von
Reizen, welche mit Krankheit und Verdorbenem assoziiert werden (Chapman & Anderson,
2012; Oaten et al., 2009). Die Abwehrreaktion verhindert somit Kontamination mit
ekelassoziierten Reizen (Jones, 2007). Zu den typischen ekelassoziierten Reizen zählen
bestimmte Sexualpraktiken, infektiöse Personen, Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen,
Tiere, unhygienische Orte und Nahrungsmittel. Das Kontaminationspotential muss allerdings
nicht zwangsläufig vom Ekelreiz ausgehen. Es konnte nachgewiesen werden, dass neutrale
Objekte, welche in Berührung mit ekelassoziierten Objekten kamen, ebenfalls Ekelreaktionen
8

auslösten. Dieses Phänomen wird als Gesetz der Übertragung bezeichnet. Neutrale Objekte,
welche Objekten mit Kontaminationspotential ähnelten, können ebenfalls Abwehrreaktionen
auslösen. ProbandInnen lehnten in einer Studie z.B. Schokolade in Hundehaufenform ab, in
Muffinform allerdings nicht (Rozin & Fallon, 1987).

4.1 Ekelreaktion auf Verhaltensebene
Die Emotion Ekel löst eine Abwehrreaktion aus, die sich durch Vermeidung, Wegdrehen und
Würgen äußert und einen typischen Gesichtsausdruck hervorrufen kann (Ekman, 1992). Wie
auf Abbildung 1 zu sehen ist, sind für ein ekelausdrückendes Gesichts eine gerümpfte Nase,
eine hochgezogene Oberlippe und nach unten gezogene Mundwinkel charakteristisch (Ekman
& Friesen, 1975; Rozin et al., 2009). Das Verziehen der Mundwinkel kann evolutionär gesehen
als Überbleibsel des Würgereflexes gesehen werden, während die gerümpfte Nase dazu dient,
die Luftzufuhr in die Nase zu minimieren und einen potentiell unangenehmen Geruch zu
vermeiden (Rozin & Fallon, 1987).

Abbildung 1
Typisches Ekelgesicht aus dem Karolinska Directed Emotional Faces (KDEF) von Lundqvist, Flykt und
Öhman (1998).

4.2 Physiologische Ekelreaktion
Das Empfinden von Ekel geht mit veränderter Aktivierung des autonomen Nervensystems
einher, welche sich durch die Senkung der Herzrate, Verminderung des Blutdrucks und den
Anstieg der Hautleitfähigkeit äußert (de Jong et al., 2011; Johnsen et al., 1995; Oaten et al.,
2009). Anhand funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) wurde gezeigt, dass das
Empfinden von Ekel und die Betrachtung von Ekelgesichtern zur erhöhter Aktivität im
9

anterioren Inselkortex und in der limbischen kortico-striatal-thalamischen Schleife führt
(Phillips et al., 1997; Wicker et al., 2003).

5 Ekel und Aufmerksamkeit
Im vorangegangenen Kapitel wurde beleuchtet, welche Rolle Emotionen allgemein und die
Emotion Ekel im Spezifischen evolutionär und individuell einnehmen. Um emotionale Reize
einzuordnen, müssen wir sie zunächst jedoch erkennen. Da Emotionen eine überlebenswichtige
Rolle in unserem Alltag spielen, ziehen emotionale Inhalte die Aufmerksamkeit automatisch
auf sich und springen aus einem größeren Reizangebot hervor (LeDoux, 1996). Zwar scheint
es individuelle Unterschiede darin zu geben, wie stark unsere Aufmerksamkeit von Emotionen
gelenkt wird und welche Emotionen anderen Emotionen gegenüber priorisiert werden
(Knowles et al., 2018), jedoch lässt sich eindeutig sagen, dass die automatische Lenkung der
Aufmerksamkeit auf emotionale Reize ein universelles Phänomen darstellt (Devue et al., 2011;
Öhman, Flykt, et al., 2001; Schmidt et al., 2012).
 Ekelassoziierte Reize ziehen im besonderen Maße die Aufmerksamkeit des
Betrachters/der Betrachterin auf sich. Konzentrieren wir uns bspw. auf eine Aufgabe, welche
unsere Aufmerksamkeit und schnelle Reaktionsfähigkeit beansprucht, können Ekel-Reize uns
von dieser Aufgabe ablenken, sodass wir länger für die Bearbeitung der Aufgabe benötigen, als
wenn neutrale oder angstassoziierte Reize uns von der Aufgabe ablenken (Carretié et al., 2011;
Charash & McKay, 2002; van Hooff et al., 2013). Dieser Effekt zeigt sich allerdings nur in
einem sehr kurzen Zeitfenster, denn die aufmerksamkeitslenkende Kraft von Ekelreizen ist
nicht von langer Dauer. Taucht der ablenkende Ekelreiz erst 500 ms nach dem präsentierten
Zielreiz auf, wurden keine Einbußen in der Reaktionsfähigkeit festgestellt. Auch auf neuronaler
Ebene lässt sich beobachten, dass ekelbezogene Ablenkungsreize zu stärkerer P2-Aktivierung
im sekundären visuellen Cortex führen als angstbezogene Reize (Carretié et al., 2011). Das
ereigniskorrelierte Potential P2, welches sich 150 - 250 ms nach der Reizdarbietung ereignet,
schließt auf automatische Aufmerksamkeitslenkung auf aversive Reize (Carretié et al., 2004;
Doallo et al., 2006; Huang & Luo, 2007).

6 Pop-Out-Effekt
Da unsere Umwelt aus einer Fülle von Reizen besteht, das menschliche Gehirn aber nur
begrenzte Verarbeitungsressourcen bereitstellen kann, muss unsere Wahrnehmung auf
relevante Informationen beschränkt werden. Dieser Prozess nennt sich selektive
Aufmerksamkeit - unwichtige Informationen werden rausgefiltert, während wichtige
10

Informationen priorisiert werden (Kahneman & Treisman, 1984). Allerdings kann es auch sein,
dass gewisse Reize automatisch aus einem großen Reizangebot hervorspringen und unsere
Aufmerksamkeit schlagartig auf sich lenken. Dieser Effekt nennt sich „Pop-Out-Effekt“. Zum
Beispiel passiert es nicht selten, dass wir in einer lauten Umgebung - auch wenn wir unsere
Aufmerksamkeit gerade auf ein anderes Objekt oder eine andere Aufgabe gelenkt haben -
plötzlich unseren Namen aus der Masse hören. Wäre ein unbekannter Name gerufen worden,
hätten wir ihn nicht wahrgenommen. Dies ist ein Beispiel für eine automatische (oder exogene)
Aufmerksamkeitslenkung durch einen Reiz, ohne gezielt nach ihm zu suchen. Reize, die
aufgrund ihrer Auffälligkeit automatisch Aufmerksamkeit auf sich ziehen, werden saliente
Reize genannt (Salienz = Auffälligkeit). Saliente Reize finden somit leichteren Zugang in unser
Bewusstsein als nicht-saliente Reize (Zhaoping & Dayan, 2006). Damit von einem Pop-Out-
Effekt eines salienten Reizes ausgegangen werden kann, muss eine unbewusste und parallele
Verarbeitung des gesamten Reizangebots stattgefunden haben (Zhaoping & Dayan, 2006).
Anders ist es bei der seriellen Suche, im Zuge dessen jeder Reiz einzeln verarbeitet wird und
somit kein Pop-Out-Effekt stattfinden kann. Die parallele Verarbeitung des Reizangebots,
wodurch es zu einem Pop-Out-Effekt für saliente Reize kommen kann, geschieht vor der
Lenkung der räumlichen Aufmerksamkeit auf diesen Reiz (Wolfe, 2003). Aufgrund der
wichtigen evolutionären und sozialen Funktion, welche mimische Gesichtsausdrücke in
unserem Alltag einnehmen, kann erwartet werden, dass diese eine saliente Rolle in der Lenkung
unserer Aufmerksamkeit einnehmen (Hansen & Hansen, 1988).
 Neben der Unterscheidung zwischen salienten- und nicht-salienten Reizen, sowie der
seriellen und parallelen Verarbeitung, wird auch zwischen präattentiver und attentiver
Wahrnehmung unterschieden. Diese Unterscheidung geht zurück auf die
Merkmalsintegrationstheorie von Treisman & Gelade (1980). Basis der Theorie ist die
Annahme, dass die Erkennung von einfachen Merkmalen von Objekten bzw. Reizen, wie zum
Beispiel die Farbe und Form, präattentiv, also unbewusst und aufmerksamkeitsunabhängig
(bottom-up) stattfindet (simple feature search). Objekte, welche durch eine Kombination von
Merkmalen identifiziert werden (feature conjunction search), werden hingegen zu einem
späteren Zeitpunkt mittels bewusster Aufmerksamkeitslenkung wahrgenommen (top-down).
 Es konnte gezeigt werden, dass das visuelle System in der Lage ist, die emotionale
Valenz eines Gesichts zu bestimmen, bevor das Gesicht in den Fokus der Aufmerksamkeit
gerät. Dies entspricht laut der Merkmalsintegrationstheorie einem präattentivem Erkennen.
Emotionale Gesichter mit negativer Valenz wurden zudem schneller erkannt als friedliche oder
neutrale Gesichter (Gerritsen et al., 2008).
11

7 Visuelle Suchaufgabe
Ob bei der Wahrnehmung und Verarbeitung emotionaler Gesichter jedes einzelne Gesicht
angeschaut und verarbeitet wird, oder alle Gesichter parallel registriert werden und ein
abweichendes Gesicht auf Anhieb erkannt wird, also präattentiv und parallel verarbeitet wird,
kann mit dem Paradigma der visuellen Suchaufgabe untersucht werden. Es wird in einem Teil
der Durchgänge ein Zielreiz in einer variablen Menge von Distraktoren dargeboten, während
im anderen Teil der Durchgänge kein Zielreiz und nur Distraktoren präsentiert werden. Die
Displaygröße pro Durchgang gibt an, wie viele Reize insgesamt auf dem Suchdisplay
präsentiert wurden. Die Aufgabe der Testperson ist es, schnellstmöglich und möglichst
fehlerfrei anzugeben, ob ein Zielreiz vorhanden ist oder nicht. Aus den Antworten lassen sich
die durchschnittliche Fehlerrate - also ob die Anwesenheit/Abwesenheit des emotionalen
Zielreizes richtig erkannt wurde und die Reaktionszeit ermitteln.
 Anhand der Displaygröße und der Reaktionszeit lässt sich für die Bedingungen „Zielreiz
anwesend“ und „Zielreiz abwesend“ eine Suchfunktion errechnen, dessen Steigung die
Suchrate ergibt. Diese Suchrate stellt einen charakteristischen Wert dar, welcher angibt, wie
stark die durchschnittliche Reaktionszeit mit steigender Displaygröße ansteigt. Die Steigung
lässt sich durch die Wertepaare der Displaygröße als x-Wert und der Reaktionszeit als y-Wert
errechnen.
 Die Suchrate lässt darauf zurückschließen, ob der Zielreiz präattentiv wahrgenommen
wurde und eine parallele Suche stattgefunden hat oder ob der Zielreiz erst durch die serielle
Suche entdeckt wurde und somit kein Pop-Out-Effekt stattgefunden hat. Ist die Suchfunktion
flach und die Steigung nahezu 0, kann davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der
Distraktoren keinen Einfluss auf die Erkennungsleistung hat und es sich um eine parallele
Suche handelt. Ist die Suchrate der Suchfunktion, welche sich für die Bedingung ohne Zielreiz
ergibt, in etwa doppelt so groß wie die Suchrate der Bedingung, in der ein Zielreiz vorhanden
ist, kann davon ausgegangen werden, dass alle Reize einzeln abgesucht werden. Die doppelt so
große Suchrate ergibt sich dadurch, dass in den Durchgängen mit emotionalem Zielreiz im
Schnitt nach der Hälfte der abgesuchten Reize der Zielreiz entdeckt wurde. Man spricht hierbei
von einer „selbstabbrechenden Suche“, während die Suche in der Bedingung ohne Zielreiz als
„erschöpfende Suche“ bezeichnet wird. Der Quotient bzw. das Verhältnis zwischen der
Suchrate der erschöpfenden Bedingung und der Bedingung mit Zielreiz bezeichnet man als
Suchratenverhältnis. Ein Suchratenverhältnis von ca. 0,5 lässt also auf eine seriell-
selbstabbrechende Suche schließen (siehe Abbildung 2). Ist das Suchratenverhältnis deutlich
kleiner als 0,5, kann von einer parallelen Suche ausgegangen werden, in der der Zielreiz
12

 präattentiv aus dem Reizangebot hervorspringt und nicht erst alle Reize seriell verarbeitet
 werden müssen.
 Wie in Abbildung 2 beispielhaft dargestellt ist, ergibt sich aus den Kennwerten eine
 Funktionsgerade für die Reaktionszeit (y) in Abhängigkeit von der Displaygröße (x): y = a +
 bx, wobei b die Suchrate und a die Basisreaktionszeit angibt (Becker et al., 2011; Gerritsen et
 al., 2008; Müller & Krummenacher, 2012; Treisman & Gelade, 1980).

 Abbildung 2
 Funktionsgeraden für Reaktionszeit in Abhängigkeit von der Displaygröße für parallele, seriell-
 selbstabbrechende und seriell-erschöpfende Suche in der visuellen Suchaufgabe.
Reaktionszeit

 1 2 3
 Displaygröße

 parallele Suche

 seriell-selbstabbrechende Suche

 seriell- erschöpfende Suche (Zielreiz abwesend)

 Visuelle Suchaufgaben mit Gesichtern als Reize werden in der Literatur Face-in-the-Crowd-
 Paradigma bezeichnet. Der Frage, welche emotionalen Gesichtsausdrücke präattentiv und
 effizient verarbeitet werden und somit aus einer Menge anderer Gesichtsausdrücke
 herausspringen, gingen bereits viele ForscherInnen nach. Mit diesen Untersuchungen erhoffen
 sich EmotionsforscherInnen, Wissen über die Abläufe der kognitiven Prozesse zu erlangen, die
 für die schnelle Vermittlung von emotionalen Informationen zwischen Individuen entscheidend
 sind (Kühner, 2014).
 Einige Studien haben anhand des Face-in-the-Crowd-Paradigmas einen Anger-
13

Superiority-Effect (deutsch: Wut-Überlegenheits-Effekt) nachweisen können - also dass
wütende Gesichter in einer Menge von ablenkenden Gesichtsausdrücken präattentiv erkannt
werden und herausspringen (Hansen & Hansen, 1988; Öhman, Lundqvist, et al., 2001). Dieser
Effekt wird dadurch erklärt, dass Individuen zum Überleben auf drohende Gefahren reagieren
müssen. Bedrohliche Reize springen somit schnell in den Aufmerksamkeitsfokus, auch wenn
nicht bewusst nach dem bedrohlichen Reiz gesucht wird (Becker et al., 2011).
 Andere Studien konnten allerdings den Anger-Superiority-Effekt nicht nachweisen und
fanden stattdessen einen Happiness-Superiority-Effect (deutsch: Freude-Überlegenheits-
Effekt) (Calvo & Nummenmaa, 2008; Juth et al., 2005; Öhman et al., 2010). Eine Analyse der
Literatur legt nahe, dass es bei der Durchführung des Face-in-the-Crowd-Paradigmas zu
falschen Schlussfolgerungen gekommen sein könnte. Die visuelle Suche nach
Gesichtsausdrücken scheint beeinflussbar durch grundlegende visuelle Merkmale wie Farben,
Kontraste und Formen (low-level-Eigenschaften) zu sein. Somit führte in den Untersuchungen
nicht der emotionale Ausdruck zum Pop-Out-Effekt, sondern bestimmte
Merkmalseigenschaften, welche wahrgenommen wurden, ohne den emotionalen Ausdruck
registriert zu haben (Becker et al., 2011; Treisman & Gelade, 1980). Die AutorInnen schlagen
vor, diese konfundierenden Eigenschaften methodisch auszuschalten.
 Eine Möglichkeit den Einfluss der low-level-Eigenschaften auszuschließen ist es
sicherzustellen, dass sich die Ziel- und Distraktorreize möglichst wenig in ihren low-level-
Eigenschaften voneinander unterscheiden, da Reize mit komplexerer Zusammensetzung aus
verschiedenen Merkmalen in visuellen Suchaufgaben eher herausspringen als Reize, welche
sich aus weniger Merkmalen zusammensetzen (Wolfe, 2001). Außerdem sollte der emotionale
Ausdruck der Distraktorreize konstant gehalten werden – also Zielreize mit ähnlichen
Distraktoren verglichen werden, da sonst nicht eindeutig ist, ob Eigenschaften der Distraktoren
oder der Zielreiz zum Pop-Out-Effekt geführt haben. Weiters sollte eine große Auswahl an
Distraktoren dargeboten werden und nicht nur eine geringe Menge an Distraktoren, die immer
wieder präsentiert werden, da dies zu Lerneffekten und zu falschen Interpretationen des Pop-
Out-Effekts der emotionalen Zielreize führen könnte (Becker et al., 2011).

8 Fragestellung und Hypothesen
Da nach gründlicher Literaturrecherche keine Erkenntnisse darüber gefunden werden konnten,
ob es einen Pop-Out-Effekt im Face-in-the-Crowd-Paradigma für Ekel-Gesichter gibt, soll
dieser anhand einer visuellen Suchaufgabe in der vorliegenden Forschungsarbeit untersucht
werden. Mittels Eye-Tracker-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass während einer
14

visuellen-Suchaufgabe die Gesichter mit den Emotionen Überraschung, Ekel und Freude
schneller und genauer erkannt, früher fixiert und mit weniger Fixationen anvisiert wurden, als
ängstliche, wütende und traurige Gesichter. Zwar deutet dies auf eine Priorisierung dieser
Gesichtsausdrücke gegenüber den Zweitgenannten hin (Calvo et al., 2008), allerdings lässt sich
auf Basis dieser Erkenntnis nicht vermuten, ob sich die Priorisierung von Ekel-Gesichtern
bereits präattentiv ereignet.
 Ekel und Angst sind zwei bedrohliche Emotionen, welche die selbe emotionale Valenz
bzw. Wertigkeit (negativ) haben und das selbe Ausmaß an Erregbarkeit bzw. Arousal
hervorrufen, wodurch Ekel- und Angstreize miteinander vergleichbar sind (Russell, 1980). Es
zeigte sich, dass bedrohliche Reize effektiv exogene Aufmerksamkeit auf sich lenken (Doallo
et al., 2006; Huang & Luo, 2007). Daher ist es für die vorliegende Forschungsfrage von großem
Interesse, ob sich die beiden bedrohlichen Emotionen Angst und Ekel darin unterscheiden, ob
diese als Gesichtsausdrücke präattentiv wahrgenommen werden und somit aus einer neutralen
Menge herausstechen. Ängstliche und ekelerregte Gesichter wurden als emotionale Zielreize
gewählt. Als Distraktoren wurden Bilder von Gesichtern mit neutralem Ausdruck präsentiert.
In der Hälfte der Durchgänge war kein Zielreiz vorhanden und alle Gesichter auf dem
Bildschirm hatten einen neutralen Gesichtsausdruck, während in der anderen Hälfte der
Durchgänge ein Gesicht emotional war - ekelerregt oder ängstlich. Aufgabe der ProbandInnen
war es, anzugeben, ob ein emotionaler Gesichtsausdruck auf dem Display abgebildet ist oder
ob alle Gesichter neutral sind. Gemessen wurden Reaktionszeiten und Trefferquoten. Anhand
der Reaktionszeiten, Trefferquoten und drei verschiedenen Displaygrößen (2; 4; 6), wurden
Suchraten für drei Bedingungen (Angst-, Ekel- und erschöpfende Bedingung) berechnet,
anhand derer eingeordnet werden sollte, inwiefern es sich um eine effiziente oder gar
präattentive Verarbeitung des emotionalen Ausdrucks handelt.

Hypothese 1: Ekelgesichter werden über alle Displaygrößen hinweg schneller und genauer
als emotionales Gesicht erkannt als Angstgesichter.

Zunächst wird angenommen, dass Ekelgesichter in einer Menge von neutralen Gesichtern
schneller und mit einer geringeren Fehlerrate wahrgenommen werden als Angstgesichter. Diese
Annahme fußt auf den Forschungsergebnissen von Calvo et al. (2008), welche durch
Blickbewegungsanalysen rausgefunden haben, dass Ekelgesichter früher und länger anvisiert
werden als Angstgesichter. Außerdem konnten Hoof et al. (2012) und Carretié (2011) zeigen,
dass Ekelreize stärker von einer neutralen Aufgabe ablenkten als andere Reize. Es wird
15

angenommen, dass die starke aufmerksamkeitslenkende Kraft von Ekelreizen auch für
Ekelgesichter gilt. Zwar werden diese hier nicht als Distraktoren, sondern als Zielreize
präsentiert, allerdings wird davon ausgegangen, dass stark ablenkende Reize in hohem Maße
Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auf Basis dieser Erkenntnisse lässt sich somit erwarten, dass
- unabhängig von der Displaygröße - Ekelgesichter schneller und genauer als emotionale
Gesichter identifiziert werden als ängstliche Gesichter.

Hypothese 2: Je größer die Anzahl der Distraktoren, also je größer die Displaygröße, desto
langsamer und ungenauer wird das emotionale Gesicht entdeckt.

Es wird erwartet, dass durchschnittliche Reaktionszeiten und Trefferquoten mit der
Displaygröße steigen. Die durchschnittliche Reaktionszeit der Displaygröße 2 wird am
geringsten sein, die durchschnittliche Reaktionszeit der Displaygröße 4 wird am
zweitgeringsten sein und die längste Reaktionszeit wird für die Displaygröße 6 erwartet. Die
Trefferquote der Displaygröße 2 wird am höchsten sein, die Trefferquote der Displaygröße 4
wird am zweitgrößten sein und die geringste Trefferquote wird für die Displaygröße 6 erwartet.

Hypothese 3: Die Suchrate für die erschöpfende Bedingung, in der kein emotionaler Zielreiz
vorhanden ist und nur eine Menge an neutralen Gesichtern präsentiert wird, ist größer als die
Suchraten der Bedingungen mit emotionalem Zielreiz.

Dies wird erwartet, da es sich bei der Bedingung ohne emotionalem Zielreiz um eine
erschöpfende Suche handelt, bei der die Reize einzeln abgesucht werden müssen, bis alle Reize
als nicht-emotional registriert werden.

Hypothese 4: Ekel- und Angstgesichter werden nicht präattentiv wahrgenommen.

Eine Suchfunktion, welche auf eine präattentive Wahrnehmung von Ekelgesichtern schließen
lässt, wird nicht erwartet. Das heißt, dass erwartet wird, dass das Suchratenverhältnis für die
Ekel- und Angstbedingung sich nicht signifikant von 0,5 unterscheiden wird. In Bezug auf die
Suchraten, welche sich aus der Suchfunktion für jede Bedingung ergeben und anhand derer sich
Rückschlüsse auf den Verarbeitungsmodus (parallel oder seriell) des jeweiligen
Emotionsausdruck erlauben lassen, werden keine unterschiedlichen Steigungen erwartet. Zwar
zog Ekel in vorangehenden Studien sowohl als Distraktor als auch als Zielreiz stärker
16

Aufmerksamkeit auf sich als andere Emotionen, trotzdem wird nicht erwartet, dass die
Reaktionszeit und Fehlerrate bei der Suche nach emotionalen Gesichtern, wenn der Zielreiz ein
Ekelgesicht ist, mit steigender Displaygröße weniger stark ansteigt. Es werden also keine
geringere Suchrate und flachere Suchfunktionsgrade für die Bedingung erwartet, in der der
emotionale Zielreiz ein Ekel-Gesicht ist, als wenn der Zielreiz ein ängstliches Gesicht ist.

Explorative Untersuchung: Um zu untersuchen, ob die Suchraten für Ekel- und Angstgesichter
mit Persönlichkeitseigenschaften zusammenhängen, wurden Ekelempfindlichkeit,
Ekelsensitivität und die Angst als Eigenschaft (Trait-Angst) ebenfalls erhoben. Das typische
Ekelempfinden zeichnet sich durch eine kurze Dauer aus, jedoch können zeitlich überdauernde
Persönlichkeitsmerkmale einen Einfluss auf die individuelle und kurzweilige Ekelerfahrung
haben. Ekelempfindlichkeit ist eine Persönlichkeitsdimension, welche die zeitlich stabile
Tendenz einer Person beschreibt, mit Ekel auf ekelassoziierte Reize zu reagieren (Schienle et
al., 2002). Personen, die zu hoher Ekelempfindlichkeit neigen, empfinden die Emotion Ekel
intensiver, länger und öfter. Ekelsensitivität hingegen beschreibt die Neigung einer Person, Ekel
als unangenehm und unkontrollierbar wahrzunehmen (Schienle et al., 2010; van Overveld et
al., 2006). Während die Ekelempfindlichkeit vor allem das Ausmaß und die Häufigkeit des
Ekelempfindens beschreibt, geht es bei er Ekelsensitivität vorrangig um die Bewertung des
Ekelempfindens. Beide Konstrukte sind voneinander abzugrenzen und korrelieren lediglich
moderat miteinander (r=.34, Schienle et al., 2010). Der Einfluss dieser
Persönlichkeitsdimensionen wurde im Kontext des Face-in-the-Crowd Paradigmas noch nicht
untersucht.

Methode
9 Vorstudie zur Itemauswahl
In der Hauptstudie dieser Untersuchung sollte die Reaktion von Personen auf emotionale bzw.
neutrale Gesichtsausdrücke untersucht werden. Um zu gewährleisten, dass den
Testteilnehmenden hierbei ausschließlich Gesichter präsentiert werden, deren Ausdruck
deutlich einer bestimmten Emotion zugeordnet werden kann bzw. eindeutig neutral ist, wurde
eine Vorstudie zur Selektion der Gesichter durchgeführt. Ziel der Vorstudie war es, die nicht
eindeutig identifizierbaren Items aus einem Pool aus verschiedenen Fotografien von
emotionalen und neutralen Gesichtern auszuschließen. Außerdem sollte sichergestellt werden,
dass die dargebotenen emotionalen Gesichter andere emotionale Reaktionen hervorrufen, als
die neutralen Gesichter.
17

 Es wurden Gesichter aus dem Bilderset Karolinska Directed Emotional Faces (KDEF)
von Lundqvist, Flykt und Öhman (1998) vorgegeben, welches aus insgesamt 4.900 Fotografien
emotionaler und neutraler Gesichtsausdrücke besteht. Für dieses Bilderset präsentierten 70
Amateur-SchauspielerInnen drei Meter von der Kamera entfernt Gesichtsausdrücke der
Emotionen Ärger, Angst, Ekel, Überraschung, Freude und Trauer, sowie neutrale
Gesichtsausdrücke. Sie wurden hierbei aus fünf verschiedenen Winkeln fotografiert.
 Für die Hauptuntersuchung sind die Emotionskategorien Ekel, Angst und Neutral,
welche von vorne mit Blick in die Kamera abgebildet wurden, von Bedeutung. In der Vorstudie
sollten die Teilnehmenden die Emotion der ihnen präsentierten Gesichter identifizieren, indem
sie diesen jeweils eine der sieben Emotionskategorien Ekel, Angst, Trauer, Wut, Freude,
Überraschung und Neutral zuordneten. Es wurden auch Gesichter der für die
Hauptuntersuchung irrelevanten Emotionen Trauer, Wut, Freude und Überraschung in die
Voruntersuchung aufgenommen. Durch das Einbeziehen dieser irrelevanten
Emotionskategorien sollte gewährleistet werden, dass die Testteilnehmenden aus allen
Emotionskategorien eine pro Bild auswählen mussten.
 Zehn Personen (fünf weiblich, fünf männlich), nahmen an der Online-Vorstudie über
die Online-Umfrage-Applikation Limesurvey teil. Die Vorstudie dauerte ca. 45 Minuten. 65
neutrale Gesichter (35 weiblich; 30 männlich), 69 ängstliche Gesichter (35 weiblich, 34
männlich), 67 ekelausdrückende Gesichter (34 weiblich, 33 männlich) und 75 Gesichter aus
den irrelevanten Emotionskategorien Wut, Trauer, Freude und Überraschung wurden
vorgegeben. Insgesamt wurden somit 276 Gesichter präsentiert. Sie hatten eine Größe von 300
x 300 px und waren schwarzweiß. Es waren pro Gesicht vier Fragen zu beantworten. Die erste
Frage war: „Welche Emotion erkennen Sie auf diesem Bild?“ Eine der sieben
Emotionskategorien sollte hierfür ausgewählt werden. Die darauffolgenden drei Fragen dienten
zur Erhebung der emotionalen Reaktion durch das Betrachten der Gesichter. Die zweite Frage
erhob die wahrgenommene Valenz mittels der Frage „Wie angenehm bzw. unangenehm finden
Sie dieses Gesicht?“ mit den Antwortkategorien „1 – angenehm“ bis „5 – unangenehm“. Die
dritte Frage erfasste das Arousal bzw. die Erregung, welche durch das Gesicht hervorgerufen
wurde mit der Frage „Beim Betrachten des Gesichtes fühle ich mich...“ und den
Antwortkategorien „1 – ruhig“ bis „5 – aufgeregt“. Die vierte und letzte Frage richtete sich auf
die motivationale Richtung der Reaktion der TeilnehmerInnen auf die Gesichter. Auf die Frage
„Würden Sie sich diesem Gesicht eher zu- oder eher abwenden“ sollte eine der fünf
Antwortmöglichkeiten „1 – zuwenden“ bis „5 – abwenden“ ausgewählt werden.
18

9.1 Ergebnisse der Vorstudie
Als emotionale Zielreize wurden 14 Angst-Gesichter (sieben weiblich, sieben männlich) und
14 Ekel-Gesichter (sieben weiblich, sieben männlich) ausgewählt, welche die höchste
Erkennbarkeit aufwiesen. In Abbildung 2, 3 und 4 sind Beispielitems abgebildet. Ein Chi-
Quadrat-Test ergab, dass sich die ausgewählten Gesichter der Emotionskategorien Angst und
Ekel nicht in ihrer Erkennbarkeitsrate unterschieden (χ 2 (1)=1,623, p=0.203). Gepaarte T-Tests
zeigten, dass sich die Gesichter der beiden Emotionskategorien Angst und Ekel nicht in ihrem
Arousal, t(9)=0,047, p=0.964 und in ihrer Valenz unterschieden, t(9)=-1,653, p=0.133.
Außerdem zeigte sich bei der motivationalen Richtung der Reaktion auf die Gesichter, dass
sich Angst- und Ekelitems signifikant unterschieden, t(9)=-3,703, p=0.005, d=0,659.
Ängstliche Gesichter (M=2,84, SD=0,71) führten zu einer geringeren Abwehrreaktion als
ekelausdrückende Gesichter (M=3,61, SD=0,46).

Tabelle 1
Vergleich der Erkennbarkeitsraten zwischen den Gesichtern der Emotionskategorien Angst und Ekel in
der Vorstudie.
 Erkannt Nicht erkannt Gesamt
 n Anteil n Anteil n %
 Ekel 112 80% 28 20% 140 50%
 Angst 103 74% 37 26% 140 50%
 Gesamt 215 77% 65 23% 280 100%

 Normalerweise wird für diese Tests ein Signifikanzniveau von α = .05 angenommen,
allerdings musste die Bonferronikorrektur angewendet werden, um eine Alphafehler-
Kumulierung durch mehrfaches Testen auszuschließen. Da drei gepaarte T-Tests für die selbe
Stichprobe gerechnet wurden, ist das Signifikanzniveau durch drei zu teilen und somit auf α =
0.02 herabzusetzen. Die Angst- und Ekelgesichter unterschieden sich in der hervorgerufenen
motivationalen Richtung der emotionalen Reaktion auch nach Anpassen des
Signifikanzniveaus noch signifikant voneinander (p < 0.02).
 Von den neutralen Gesichtern wurden 42 (21 männlich, 21 weiblich) ausgewählt,
welche in der Hauptstudie als Distraktoren dienen sollten. Sie wiesen eine Erkennbarkeitsrate
von mindestens 80 % auf. Der Durchschnittswert für die emotionale Reaktion beim Betrachten
der neutralen Gesichter, lag für Arousal bei 2.76 (SD = 0.22), für Valenz bei 2.94 (SD = 0.24)
und für die Motivationale Richtung bei 2.84 (SD = 0.19).
19

Abbildung 2
Beispiele für Gesichter der Emotionskategorie Angst.

Abbildung 3
Beispiele für Gesichter der Emotionskategorie Ekel.

Abbildung 4
Beispiele für Gesichter der Emotionskategorie Neutral.
20

10 Hauptstudie
10.1 Stichprobe
 52 Personen nahmen an der Onlinestudie teil. 60 % (n = 31) der Teilnehmenden waren
weiblich. Der Altersdurchschnitt der Stichprobe betrug 35 Jahre (SD = 15 Jahre), wobei die
jüngste Person 17 und die älteste Person 72 Jahre alt war. Als höchsten absolvierten
Bildungsabschluss gaben 69 % der Teilnehmenden „Universität/Fachhochschule“, 19 %
„Abitur/Matura“, 6 % „Lehre/Ausbildung“ und 6% „Pflicht-/Haupt-/Realschule“ an.

10.2 Fragebögen und Material
State-Trait-Angstinventar (Laux et al., 1981; Spielberger et al., 1970)
 Zur Erfassung der allgemeinen Ängstlichkeit der Teilnehmenden wurden 20 Fragen der
Skala Ängstlichkeit als Eigenschaft (Trait-Angst) des State-Trait-Angstinventars (STAI) von
Laux et al. (1981) vorgegeben welcher auf der amerikanischen Version von Spielberger et al.
(1970) basiert. Der Orginalfragebogen erhebt zwar zusätzlich die Skala des aktuellen
Angstempfindens (State-Angst), allerdings ist dieser Teil des Fragebogens für die Fragestellung
irrelevant und wurde somit nicht vorgegeben. Der Ausschluss ist aufgrund der Unabhängigkeit
der beiden Skalen State- und Trait-Angst ohne weiteres möglich. Die Trait-Angst wird definiert
als stabiles Persönlichkeitsmerkmal, welches die Tendenz zur Beurteilung von Situationen als
bedrohlich und angsteinflößend beschreibt (Grimm, 2009). Die Trait-Skala beinhaltet 20
Fragen (z.B.: „Ich glaube, dass mir meine Schwierigkeiten über den Kopf wachsen“), welche
mittels einer 4-stufige Antwortskala von „1=fast nie“ bis „4=fast immer“ beantwortet wird. Die
interne Konsistenz für die Skala liegt bei α=.88 und ist somit als mittelmäßig zu bewerten. Die
interne Konsistenz in der vorliegenden Stichprobe für die Skala Trait-Angst war exzellent und
wies ein Cronbachs α von α=.93 auf.

Fragebogen zur Erfassung der Ekelsensitivität (Schienle et al., 2010)
 Der Fragebogen zur Erfassung der Ekelsensitivität (SEE) von Schienle et al. (2010)
dient zur Erfassung der habituellen Reaktion auf ekelauslösende Ereignisse - also die Tendenz,
ekelaussoziierte Situationen als unangenehm und unkontrollierbar wahrzunehmen (Schienle et
al., 2010). Die sieben Aussagen (z.B. „Ich schäme mich, wenn jemand meine Unruhe in ekligen
Situationen bemerkt.“) der eindimensionalen Skala werden mittels einer fünfstufigen
Ratingskala von „1=trifft nie zu“ bis „5=trifft immer zu“ beantwortet. Die interne Konsistenz
liegt bei α=.85 und kann somit ebenfalls als mittelmäßig gewertet werden.
21

Die interne Konsistenz für Ekelsensitivität in der vorliegenden Stichprobe war hoch und weist
ein Cronbachs α von α=.89 auf.

Fragebogen zur Erfassung der Ekelempfindlichkeit (Schienle et al., 2002)
Der Fragebogen zur Erfassung der Ekelempfindlichkeit (FEE) untersucht individuelle
Unterschiede in der Ekelempfindlichkeit und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Arten
von Ekel. Personen mit hoher Ekelempfindlichkeit zeigen länger anhaltende und stärkere
Reaktionen auf ekelauslösende Situationen als solche mit einer geringeren
Ekelempfindlichkeit. Es werden 37 Items bewertet, welche jeweils eine ekelassoziierte
Situation beschreibt (z.B. “Sie probieren, Affenfleisch zu essen“). Die Teilnehmenden geben
auf einer fünfstufigen Likert-Skala von „0 = überhaupt nicht ekelhaft" bis „4 = sehr ekelhaft"
an, wie ausgeprägt ihr Ekelempfinden als Reaktion auf die beschriebene Situation ist. Der FEE
besteht aus den Subskalen Körperausscheidungen (bspw. „Sie riechen Erbrochenes“),
Verdorbenes (bspw. „Sie sind gerade dabei, ein Glas Milch zu trinken als Sie riechen, dass Sie
verdorben ist“), Orale Abwehr (bspw. „Sie hören, wie sich jemand mit Schleim im Rachen
räuspert“) Tod (bspw. „Sie gehen in eine Gruft, in der Särge stehen“) und Hygiene (bspw. „Sie
beobachten, wie sich eine Person nach dem Gang zur Toilette nicht die Hände wäscht“). Die
Gesamtskala weist eine interne Konsistenz von α=.90 auf (Rohrmann et al., 2004). Die interne
Konsistenz für Ekelempfindlichkeit in der vorliegenden Stichprobe war exzellent und wies ein
Cronbachs α von α=.93 auf.

Verhaltensmessung
Es wurden insgesamt 70 verschiedene Gesichter des KDEF-Bildersets (Lundqvist et al., 1998),
welche auf Basis der Ergebnisse der zuvor beschriebenen Vorstudie ausgewählt wurden,
präsentiert. 14 Gesichter drückten Angst aus, weitere 14 waren ekelausdrückende Gesichter,
während die restlichen 42 neutrale Gesichtsausdrücke abbildeten. Jede Emotionskategorie war
geschlechtlich ausgeglichen, wodurch sich ein Itempool aus 35 weiblichen und 35 männlichen
Gesichtern ergab. Diese Gesichter wurden den Testteilnehmenden in unterschiedlichen
Kombinationen auf einem grauen Hintergrund präsentiert. Es wurden immer jeweils zwei, vier
oder sechs Gesichter präsentiert. Es gab damit insgesamt drei verschiedene Displaygrößen. Die
Gesichter waren zufällig auf einem unsichtbaren 4 x 3 Gitter angeordnet. Es gab somit zwölf
mögliche Felder, auf die sich die zwei, vier oder sechs Gesichter verteilen konnten. Auch
innerhalb jedes einzelnen Feldes wurde die exakte Position der Gesichter variiert. So sollte eine
Vorhersage der exakten Position der Gesichter auf dem 4 x 3 Gitter vermieden werden.
22

 In der Hälfte der Durchgänge war ein emotionaler Zielreiz (Ekel- oder Angstgesicht)
unter den restlichen neutralen Gesichtern vorhanden, in der anderen Hälfte war kein Zielreiz
vorhanden – die Gesichter waren also alle neutral. Die Aufgabe der Teilnehmenden war es, auf
der Tastatur den Buchstaben „e“ zu drücken, wenn ein emotionales Gesicht unter den Zielreizen
zu sehen war oder den Buchstaben „n“ zu wählen, wenn kein emotionales Gesicht vorhanden
war. Es gab 10 Blöcke mit je 24 Suchdisplays. Insgesamt wurden somit 240 Suchdisplays
präsentiert. Jedes Display enthielt ausschließlich Gesichter eines Geschlechts, wodurch sich
120 weibliche und 120 männliche Suchdisplays ergaben. Außerdem gab es pro Displaygröße
80 Displays. Nach jedem Block bzw. nach jedem 24. Durchgang erhielten die ProbandInnen
Feedback über ihre Reaktionszeit und darüber, wie viele Fehler sie im vergangenen Block
gemacht hatten. Die Anordnung (Gesichter und Positionierung der Gesichter) der 240
Suchdisplays war für alle Testteilnehmenden gleich, wobei die Suchdisplays in randomisierter
Reihenfolge vorgegeben wurden.
 Gemessen wurden die Reaktionszeiten (Displaypräsentation bis Antwort) und die
Genauigkeit - also ob der Durchgang korrekterweise als „Zeilreiz abwesend“ oder „Zielreiz
anwesend“ erkannt wurde. Anhand der durchschnittlichen Reaktionszeiten und der Anzahl
korrekt durchgeführter Durchgänge konnten Trefferquoten, Suchraten und
Suchratenverhältnisse berechnet.

10.3 Ablauf
 Bevor die Testteilnehmenden mit der Hauptuntersuchung starten konnten, mussten sie
mindestens drei Beispielsdurchgänge bearbeiten, bis zwei davon erfolgreich abgeschlossen
wurden. Erfolgreich bedeutet, dass die Person richtig erkannte ob ein Zielreiz vorhanden war
oder nicht. Zwischen jedem der 240 Suchdisplay wurde den Teilnehmenden ein leeres Display
mit einem zentralen Fixationskreuz präsentiert. Sobald sie bereit für den nächsten Durchgang
waren und den Fokus auf das Fixationskreuz gerichtet hatten, konnten sich die Teilnehmenden
durch Drücken der „Leertaste“ das nächste Suchdisplay anzeigen lassen. Das Drücken der
Leertaste zwischen den Durchgängen sollte gewährleisten, dass beim Erscheinen des
Suchdisplays die Aufmerksamkeit bereits auf den Monitor gerichtet war. Da die
Teilnehmenden die Studie zu Hause durchführten, war die Gefahr hoch, dass aufgrund des nicht
anwesenden Versuchsleitenden die Motivation der Teilnehmenden, die Studie aufmerksam
durchzuführen, gering sein könnte und ablenkende Reize in der Umgebung die Leistung in der
visuellen Suchaufgabe beeinträchtigen könnte. Das Fixieren des Fixationskreuzes und das
23

Drücken der Leertaste sollte den Effekt des/der fehlenden Versuchleiter/in ausgleichen. In
Abbildung 5, 6 und 7 sind Beispieldurchgänge der Hauptuntersuchung abgebildet.

Abbildung 5
Beispieldurchgang für ein Suchdisplay mit Displaygröße 2, männlichen Gesichtern und vorhandenem
ekelausdrückendem Zielreiz.

Abbildung 6
Beispieldurchgang für ein Suchdisplay mit Displaygröße 4, weiblichen Gesichtern und ohne Zielreiz.
24

Abbildung 7
Beispieldurchgang für ein Suchdisplay mit Displaygröße 6, männlichen Gesichtern und vorhandenem
angstausdrückendem Zielreiz.

 Nach Abschluss der Hauptuntersuchung folgten die drei zuvor beschriebenen
Selbsteinschätzungs-Fragebögen zur Erhebung der Angst (Trait-Skala des STAI von Laux et
al., 1981), zur Ekelsensitivität (SEE von Schienle et al., 2010) und zur Ekelempfindlichkeit
(FEE von Schienle et al., 2002).

Ergebnisse
Mittels der Anzahl der korrekt durchgeführten Durchgänge jeder Testperson dividiert durch die
Anzahl aller Durchgänge (240) wurde die individuelle Trefferquote berechnet.

 Anzahl korrekt durchgeführter Durchgänge
 ( , , ) =
 240

Die Suchrate berechnete sich mit Hilfe der durchschnittlichen Reaktionszeiten bei den drei
Displaygrößen. Die folgende Formel für die Suchrate setzt sich aus dem Mittelwert zweier
Steigungen zusammen: die Steigungen für den Zuwachs an Reaktionszeit von Displaygröße 2
(RTD2) zu Displaygröße 4 (RTD4) und von Displaygröße 4 zu Displaygröße 6 (RTD6). Die Suchrate
berechnet sich dann aus der Differenz beider Steigungen dividiert durch die Differenz der
beiden Displaygrößen.
25

 STUV W STUX STUZ W STUV ]
 Suchrate (Ekel, Angst, abwesend) = R VWX
 + ZWV
 [× X

Anhand der Suchrate konnte das Suchratenverhältnis berechnet werden, welches sich aus dem
Quotienten aus der Suchrate für die emotionalen Bedingungen Ekel oder Angst und der
Suchrate der Bedingung „abwesend“ ergibt.

 Suchrate (Ekel/Angst)
 Suchratenverhältnis (Ekel/Angst) =
 Suchrate (abwesend)

Ein Suchratenverhältnis, welches sich nicht signifikant vom Wert 0.5 unterscheidet, lässt darauf
schließen, dass es sich um eine selbstabbrechende Suche handelt. Also wenn die Suchrate der
erschöpfenden Bedingung Suchrate(abwesend) doppelt so groß ist wie die Suchrate der
emotionalen Bedingung Suchrate(Ekel/Angst).
 Es konnte nach z-Standardisierung der durchschnittlichen Reaktionszeit ein potentieller
Ausreißer gefunden werden (z > 2.68). Die Testperson wies eine Gesamtreaktionszeit von 2.05
Sekunden auf. Da die Person eine unauffällige Trefferquote von 0,.8 aufwies, wurde sie nicht
ausgeschlossen. Für die durchschnittliche Trefferwahrscheinlichkeit wurde nach z-
Standardisierung aller Werte kein auffälliger Wert von z>+- 2,68 gefunden.
Die durchschnittliche Reaktionszeit betrug 1.26 Sekunden (SD=0.04). Die durchschnittliche
Trefferquote betrug 0.95 (SD=0.03). Durchschnittliche Werte für Reaktionszeiten und
Trefferquoten, Suchraten und Suchratenverhältnisse sind aus Tabelle 2 zu entnehmen

Tabelle 2
Durchschnittliche Reaktionszeiten (RZ) in Sekunden und Trefferquoten (TQ) für die
Zielreizbedingungen (Ekel, Angst, Abwesend) x Displaygröße (2; 4; 6), sowie Suchraten (SR) für alle
Bedingungen und Suchratenverhältnisse (SRV) für die Ekel- und Angstbedingung.

 Displaygröße
 2 4 6
 Zielreiz RZ TQ RZ TQ RZ TQ SR SRV
 Ekel 0.93 .96 1.10 .92 1.23 .90 .076 .48
 Angst 0.97 .93 1.17 .92 1.31 .87 .084 .58
 Abwesend 1.04 .99 1.39 .98 1.71 .99 .165
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