DieJerusalëmmer - HAUPTSACHE GESUND! - Das Straßenmagazin aus dem Herzen Schleswig-Holsteins - Café Jerusalem Neumünster

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DieJerusalëmmer - HAUPTSACHE GESUND! - Das Straßenmagazin aus dem Herzen Schleswig-Holsteins - Café Jerusalem Neumünster
Jerusalëmmer
Die
      Das Straßenmagazin aus dem Herzen Schleswig-Holsteins.
                                    Ausgabe 185 September 2019
                                   2,00€ (1,00€ davon für den Verkaufenden)

  HAUPTSACHE GESUND!
DieJerusalëmmer - HAUPTSACHE GESUND! - Das Straßenmagazin aus dem Herzen Schleswig-Holsteins - Café Jerusalem Neumünster
Vorstand
 vorsitzender@cafe-jerusalem.org                                                            Info

 Leitung
                                                                                    Café Jerusalem
                                                                                    Bahnhofstraße 44, 24534 Neumünster
 Andreas Böhm
                                                                                    Telefon: +49 (0) 4321 41755
 andreas.boehm@cafe-jerusalem.org
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 Hauswirtschaft                                                                                       design@cafe-jerusalem.org
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                                                                                    Bernadette Fisher, Andreas Böhm

Impressum                                                                           Layout, Satz und Idee: Café Jerusalem

Herausgeber:                                                                        Titelseite: Straßenmagazin L‘Itinéraire/Julie Artacho
                                                                                    Rückseite: Kampagne Marsch für das Leben
Café Jerusalem Missionarische Sozialarbeit der                                      Fotos, wenn nicht anders angezeigt: www.pixabay.de
Evangelischen Allianz Neumünster e.V.
                                                                                    Herzlichen Dank an alle Paten!
Monatliche Auflage: 1000 Exemplare
                                                                                    Unsere Achtung gilt jedem Straßenverkäufer!
Redaktion:                                                                          Sie stehen bei jeder Witterung in und um Neumünster
Andreas Böhm (V.i.S.d.P.)
redaktion@cafe-jerusalem.org

Druck:
WIRmachenDRUCK GmbH
Mühlbachstr. 7
71522 Backnang
                                                                               Nachdruck und Nebenrechte:
                                                                               Nachdruck: Nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangt ein-
                     Wichtiger Hinweis                                         gesandte Manuskripte, Fotos, Bilder oder Bücher wird keine Haftung übernommen.
                                   für den Käufer!
                                                                               Das Straßenmagazin von Neumünster "Die Jerusalëmmer" wird vom Café Je-
    Einziger Verkaufsraum des Straßenmagazins Die Jerusalëmmer ist die Stadt   rusalem herausgegeben und von einer unabhängigen Redaktion gestaltet. Die
                                                                               Beiträge geben die Meinungen der jeweiligen Autoren wieder, die nicht not-
 Neumünster, deren Vororte und in Absprache mit unseren Kollegen von           wendigerweise identisch mit der des Herausgebers oder einzelner Mitarbeiter
                                                                               des Café Jerusalem sein müssen. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte
   Hinz&Kunzt sowie Hempels Bad Bramstedt und Bad Segeberg!                    Beiträge zu kürzen. Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei,
                                                                               aber ohne Rechtsanspruch und Gewähr.
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185. AUSGABE

                                 05                            10           14

                                 18                            20           22
CARTOON

Frische Eier sind gut gegen Läuse...                                          # 05

REPORTAGE

Manna - Lebensmittelinitiative in Göteborg                                    # 06

ZAHL DER AUSGABE

100                                                                           # 12

LIFEHACK

Liebe geht durch den Magen                                                    # 13

INSP

Das falsche Ideal des perfekten Körpers                                       # 14

LEBENSBILDER

Conny - Mitarbeiter in der Kirchengemeinde Smyrna - Göteborg                  # 22
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Liebe Leserin und lieber Leser!

HAUPTSACHE GESUND!!! - ?                Ab Seite 6 lesen Sie über ein Projekt,     Bahn geworfen hat er eine neue Chan-
                                        das wir in Göteborg besucht haben. Es      ce bekommen und sie ergriffen. Und
Diesen Satz höre ich in vielfältiger    ist auf eine ähnliche Weise entstan-       das Geschenk, was er erhalten hat,
Formulierung immer wieder. Egal ob      den wie das Café Jerusalem, arbeitet       lässt er nicht mehr los. Zudem wirbt
die Gesprächsparteien beim Einkauf      ganz anders und öffnet ebenso seine        er mit allem, was er kann und hat um
im Supermarkt oder im Wartebereich      Türen für alle Menschen in der Gesell-     Nachahmer.
beim Frisör sitzen, wenn das Thema in   schaft. Begegnen, wahrnehmen und
irgendeiner Art und Weise den Alltag    einander dienen sind wichtige Werte        Als letzten Artikel im Vorwort möchte
und das Menschsein betrifft, so heißt   dieser Arbeit in Schweden.                 ich Ihnen die Firma „Förde Garnelen“
es sehr oft: „...Hauptsache gesund!“.                                              ans Herz legen. Sie finden den Beitrag
                                        Außerdem haben wir eine neue Ru-           auf den Seiten 24 und 25. Und glau-
Längst ist diese tiefe Überzeugung      brik mit aufgenommen. Sie handelt          ben Sie mir, wenn Sie ihn gelesen ha-
auch ein „Verkaufsschlager“ gewor-      von Begegnungen oder solchen, die es       ben und zu den Menschen gehören,
den. Allem voran die Lebensmittel-      noch werden können und, nennt sich         die ganz gerne auch mal tiefgefrorene
branche, die es immer wieder schafft,   „Jerusalëmmer trifft...“. Entstanden ist   Garnelen aus dem Supermarkt essen,
uns Verbrauchern noch einen neuen       sie im Juli aus einer kurzen Begegnung     kommen Sie an einer Verhaltensver-
Weg aufzuzeigen, wie wir uns gesund     mit einer Verkäuferin des benachbar-       änderung nicht mehr vorbei.
ernähren können und gleich „zwei        ten Straßenmagazins in Dänemark.
Fliegen mit einer Klappe schlagen“      Sie finden Sie auf Seite 20. Auf einen     Und wie schon so manches Mal möch-
zu können. Wir brauchen unseren Le-     zweiten Bericht zu dieser neuen Rub-       te ich Ihnen auch in dieser Ausgabe
bensumstand nicht verändern und sie     rik können Sie sich auch schon in der      danken, dass Sie uns und Ihrem Ver-
verdienen unglaubliche Summen Geld      Oktoberausgabe freuen.                     kaufenden treu geblieben sind. Sie
mit Dingen, die außer zum Geldver-                                                 verändern damit Leben und schätzen
dienen nicht wirklich nützlich sind.    Auf der Seite 22 lernen Sie Conny          Leben wert, weil Sie Menschen sehen,
                                        kennen. Wir haben diesen Text mit          die in unserer Gesellschaft am Rande
In unserer Septemberausgabe erwar-      „Conny - ein Leben mit Ausstrahlung“       leben. Danke, dass Sie uns dabei un-
ten Sie eine Vielzahl von Berichten     überschrieben. Spätestens, wenn Sie        terstützen, dass das sich ändert!
rund um das Thema Gesundheit und        ihm begegnen würden, verstünden
Ernährung.                              Sie warum. Drogenabhängig, kriminell       Herzlichst Ihr
                                        und mit seinem Leben völlig aus der

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(185.) Ausgabe #9 • 2019

Eier gegen Läuse,
Gesundheit gegen
Mäuse
Es gibt Dinge, die sind nicht käuflich,   zielen, wecken tiefsitzende Sehnsüch-    möl gesund und munter! Aber da-
sogar in unserer Welt, wo Geld fast       te, die manchmal sogar die Vernunft      mit werden nicht nur Halsweh oder
alles möglich macht. Die eigene Ge-       aushebeln. In den USA gab es zum         Schuppen behandelt. Heilpraktiker
sundheit oder die der Familie ist ein     Beispiel eine Firma, die eine Zeitlang   schießen in Deutschland wie Pilze
solches Gut! Sie wird von den meis-       als Milliardenunternehmen gehandelt      aus dem Boden. Denn auch mit der
ten an erster Stelle genannt, wenn        wurde, weil sie das Gesundheitssys-      Abkehr von konventionellen Behand-
man sie nach ihren Wünschen fragt.        tem revolutionieren wollte. Mit nur      lungsmethoden kann Geld verdient
Und sie ist das, was am wenigsten in      einem Tropfen Blut sollte man zu         werden. Dabei ist die Auswahl an al-
unserer Macht steht, auch wenn uns        Hause alle bekannten Bluttests ma-       ternativer Medizin groß. Wer sich mit
die Pharma- und Wellness-Industrie        chen können. Krankheiten sollten so      den unterschiedlichen Richtungen
anderes suggeriert. Denn mit dem          früher erkannt werden. Heute steht       befasst, kann ganz wirr werden.
Thema Gesundheit lässt sich viel          die Firmengründerin Elizabeth Hol-
Geld verdienen! Wer möchte nicht          mes wegen Betrugs vor Gericht.           Klar ist vor allem eines: Die Einsicht,
bis zu seinem Tod gesund oder gar                                                  dass sich manche Dinge unserer Kon-
jung bleiben?                             Angesichts solcher revolutionärer        trolle entziehen, ist keine leichte.
                                          Ideen loben wir uns doch die gu-
Versprechen, die in diese Richtung        ten alten Hausmittel. Mit Teebau-                                        B. Fisher

                                                                                                                          5
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Manna -
            die Lebensmittel-Initiative der Smyrna-Gemeinde in Göteborg

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REPORTAGE

            Wir treffen Tomas Sjödin im August                     gramm, erzählte er nun in Cuxhaven.        war sein Lebensmittelpunkt zuhause. Er
            im Café der Smyrna-Gemeinde in Gö-                     Neugierig geworden, wie die Gemeinde       habe als Autor gearbeitet. U.a. habe er
            teborg. Das erste Mal begegneten wir                   das organisiert, sprachen wir ihn an.      regelmäßig eine Kolumne in einer Göte-
            ihm allerdings wenige Wochen zuvor                                                                borger Tageszeitung - Göteborgs Posten
            auf dem Dünenhof, einem christlichen                   Zudem nahmen wir als Redaktion Kon-        verfasst. Seit 12 Jahren arbeite er mit ei-
            Veranstaltungszentrum in Cuxhaven.                     takt auf zu unseren Kollegen der Gö-       ner Teilzeitstelle von 50 % wieder in der
            Er war als Referent eingeladen und be-                 teborger Straßenzeitung Faktum und         Gemeinde als Pastor. Er sei v. a. für die
            richtete von Dingen, die ihm wesentlich                fragten nach, ob sie diese Arbeit kennen   sozial-diakonischen Bereiche zuständig
            geworden waren in den letzten Jahren.                  würden. Erstaunt hörten wir, dass dies     und die Seelsorgearbeit. Die Gemeinde
            Er ist der Verfasser von mehreren Bü-                  nicht der Fall war. Wir begannen dar-      wuchs in den Jahren sehr. Bis zu 3500
            chern und in Schweden Bestsellerautor.                 aufhin, ein gegenseitiges Kennenlernen     Mitglieder habe die freie Gemeinde
            Einige seiner Bücher sind inzwischen                   der Arbeitsbereiche zu planen und zu       gehabt, die zu der Pfingstbewegung
            auch in Deutschland zu haben. Mit zu                   organisieren. Erfreulicherweise zeigten    gehört. Etwa 1500 - 2000 Menschen
            den Erlebnissen, die seinem Leben Tie-                 sowohl Tomas und die Mitarbeiter der       kämen am Wochenende zu den Gottes-
            fe geben, zählen die Gebetszeiten vor                  Smyrna-Gemeinde als auch die Kollegen      diensten.
            der „Armenspeisung“ seiner Gemeinde,                   der Faktum-Redaktion Interesse und so
            eine Art Tafel/Lebensmittelspende-Pro-                 statteten wir ihnen einen Besuch ab.       Vor einigen Jahren wurde dann die Sup-
                                                                                                              penküche gestartet, um Menschen in
                                                                   Tomas erzählte jetzt, 1984 habe er hier    Not an einem Tag in der Woche ein war-
                                                                   in der Gemeinde mit der Arbeit begon-      mes Mittagessen anzubieten.
                                                                   nen, sei aber nicht die ganze Zeit als
                                                                   Pastor tätig gewesen. Etwa 10 Jahre        Seit etwa 3 Jahren werden an den an-
                                                                   habe er keiner festen Arbeit nachgehen     deren Wochentagen Lebensmitteltüten
                                                                   können. Es sei die Zeit gewesen, wo        ausgegeben. In den Wochen der Som-
                                                                   seine Familie ihn gebraucht habe. Zwei     merferien werden die Ausgabetage auf
                                                                   seiner drei Söhne waren von einer gene-    2 Tage pro Woche gerafft, die Ausga-
                                                                   tischen Erkrankung betroffen, die sich     bezeit dafür verlängert, damit alle, die
                                                                   erst im späteren Kindesalter bemerkbar     auf diese Lebensmittel angewiesen sind,
                                                                   macht, aber nach einigen Jahren töd-       auch in den Sommermonaten versorgt
                                                                   lich endet. In diesen schweren Jahren      seien. In der Zeit wird die Registrierung
            Tomas Sjödin - einer der Pastoren der Smyna-Gemeinde

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(185.) Ausgabe #9 • 2019

vor der Ausgabe im Freien durchge-                          Empfänger dann das Programm auch           Name wurde gesucht. Heute heißt das
führt. Ein kluges System, das nur die                       verlassen, um (zunächst) anderen -         Programm „Manna“, man kann es auf
nötigsten Daten erfasst und mit maxi-                       noch Bedürftigeren oder Menschen auf       den T-Shirts der Mitarbeiter lesen. Die
maler Verbindlichkeit kombiniert, gibt                      der Warteliste Platz zu machen.            Idee dazu hatte eine Muslima aus dem
Auskunft über die Größe der Familie,                                                                   Iran. Manna, das Brot in der Wüste, mit
die hinter dem Einzelnen steht, Un-                         In einem zweiten Treffen am Nach-          dem Gott sein Volk versorgte. „Ever-
verträglichkeiten/Allergien oder Spei-                      mittag kommen Tina, seit acht Jahren       ything comes from heaven, from the
sevorschriften (kein Schweinefleisch)                       eine Diakonin der Gemeinde, und Sarah      Lord.“ Zudem reichte das Manna immer
und auch dem Zeitpunkt, seit wann die                       Britz, Chefredakteurin der Göteborger      für den einen Tag, an dem es gesammelt
Unterstützung in Anspruch genommen                          Straßenzeitung Faktum, hinzu. Auch         wurde. Es war immer genug. Sammelte
wird. Zudem hat jeder Empfänger eine                        Sarah hat über Jahre regelmäßig für die    man mehr, war es am nächsten Tag ver-
genaue Uhrzeit, auf eine Viertelstunde                      Kolumne im Göteborgs Posten geschrie-      dorben (nachzulesen im Alten Testament, ab
eingeengt, wo er mit der Ausgabe dran                       ben und Tomas Beiträge gelesen, kannte     2. Mose, Kapitel 16).
ist - quasi ein echter Termin. Dadurch                      ihn aber bis zu diesem Moment nicht.
werden längere Schlangen vermieden,                                                                    Das Wort „Lebensmittel-Tüte“ stellt
die ganze Lebensmittelausgabe ver-                          Das „Food-Programm“ sei vor ca. 6 Jah-     sich dabei als Irrtum heraus. Die re-
laufe jetzt reibungsloser und für jeden                     ren neben der Suppenküche um die Idee      gistrierten Empfänger kommen in der
deutlich angenehmer. Außerdem wisse                         der Lebensmittelspenden ergänzt wor-       Regel mit einem kleinen Rollwagen, in
jeder, wann er an der Reihe sei, ein Zu-                    den. Bis dahin wurde immer einmal pro      Deutschland von manch einem liebevoll
kurz-Kommen gäbe es nicht. Einmal re-                       Monat im Rahmen des Gottesdienstes         „Hackenporsche“ genannt. Dieser wird
gistriert, kann jemand für 6 Monate an                      Geld für Bedürftige gesammelt. Ein jun-    von den Mitarbeitern mit Milchproduk-
der Ausgabe teilnehmen, ohne sonstige                       ges Mädchen sei nach dem Gottesdienst      ten, Gemüse, Obst, aber auch Fleisch/
Verpflichtungen. Die Lebensmittel sind                      auf Tomas zugekommen und habe ihn          Geflügel und Fisch, aber auch Nudeln
an keine andere Bedingung geknüpft,                         gefragt, ob es nicht möglich wäre, statt   und Reis gut gefüllt, je nachdem, was
die Ausgabe kostenfrei. Da der Andrang                      Geld an Einzelne Lebensmittel an viele     diese Woche gerade verfügbar ist.
aber groß ist und nicht alle Bedürftigen                    zu verteilen. Die Arbeit fing in einem
auf diese Weise versorgt werden kön-                        kleinen, bis dato kaum genutzten und       Die beiden Smyrna-Mitarbeiter erzäh-
nen, wird nach 6 Monaten das Gespräch                       kaum auffindbaren Gemeinderaum an.         len, dass sie vor etwa zwei Jahren eine
gesucht, wenn die Empfänger weiterhin                       Von Spendern wurden die Lebensmittel       Art Karte für Göteborg erstellt hätten,
versorgt werden wollen. Die Mitarbei-                       eingekauft und zur Verfügung gestellt.     auf der vermerkt ist, wo man in Göte-
ter erfassen dann den Hintergrund der                       Später konnten Supermärkte für die Un-     borg welche Unterstützung für wen
Notsituation, auch die finanzielle Situ-                    terstützung gewonnen werden. Damals        findet. So konnten vor Ort ungefähr
ation wird besprochen, Lösungen und                         seien etwa 5-10 Lebensmitteltüten pro      20 unterschiedliche Projekte ausfindig
selbst unternommene Schritte werden                         Woche ausgegeben worden. Die Arbeit        gemacht werden, in anderen Kirchenge-
nachgefragt und gesucht. Ggf. muss der                      wuchs, wie oben schon ausgeführt. Ein      meinden, aber auch darüber hinaus. Die

Vorbereitungen im „Trockenlager“ für die nächste Ausgabe.

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Der Frontbereich der Kirchengemeinde grenzt an einen kleinen Platz und lädt zum Verweilen ein.
REPORTAGE

                Smyrna-Gemeinde hat für sich erkannt,                       meindemitglieder oder Christen sind          ten Einblick in ihre Lebensgeschichte
                dass ihre „Begabung“ in diesem Be-                          oder nicht. So seien auch Moslems oder       geben, ihre Werte offenlegen. Zudem
                reich das Versorgen der Menschen mit                        andere Religionen bei den Helfern ver-       wird ihnen erklärt, dass das eine kirch-
                Lebensmittel ist. Wenn es andere Be-                        treten. Bedingung sei jedoch, dass die       liche Arbeit ist, sie mit gläubigen Chris-
                dürfnisse gibt wie Kleidung, Möbel oder                     Mitarbeiter die Regeln akzeptierten, das     ten zusammenarbeiten. Ein weiterer
                sonstiges, können sie die Menschen an                       Gebet zu Beginn des Austeilens sowie         Schwerpunkt ist, die eigenen Talente zu
                andere Initiativen verweisen. Durch die                     die Unterschiedlichkeit der Mitarbeiten-     benennen und zu erkennen. Auch die
                Konzentration auf den Bereich, in dem                       den tolerierten. An jedem Ausgabetag         eigenen Träume werden erfragt. „Wo-
                sie sich gut auskennen und organisiert                      seien etwa 12-14 Mitarbeiter beteiligt.      für brennst du?“ Die Mitarbeiter sollen
                sind, konnten sie ihre Arbeit so gut aus-                   Auch manch ein Empfänger der Lebens-         so nach ihren Gaben eingesetzt werden.
                bauen. Entscheidendes Wachstum er-                          mittelspenden arbeite mit. Allerdings        Manche erfahren erst in diesen Gesprä-
                hielt ihre Arbeit durch einen iranischen                    bekommen die Mitarbeiter keinerlei           chen, dass sie Gaben und Talente haben
                Mitarbeiter, der gute Kontakte zu Groß-                     Lohn für ihre Arbeit, auch nicht eine        und wertvoll sind. Das machte sie zu ei-
                händlern herstellen konnte. So wird das                     einzige Banane. Die Lebensmittelausga-       ner sehr motivierten Gemeinschaft. Auf
                Lebensmittelprogramm der Gemeinde                           be an die Bedürftigen laufe völlig unab-     diese Weise arbeiten die Mitarbeiter
                mittlerweile von 8 Großhändlern im                          hängig von der eigenen Bedürftigkeit, es     trotz ihrer Unterschiedlichkeit wunder-
                Raum Göteborg unterstützt. Die Mit-                         gebe keine Privilegien für die Mitarbei-     bar zusammen. „Wir versuchen, sie so
                arbeiter starten an den Ausgabetagen                        ter.                                         gut zu behandeln, wie wir können“, ist
                schon um 10 Uhr mit der Abholung                                                                         ein Satz, der hängen bleibt.
                der Lebensmittel vor Ort. Das ist sehr                      Es kann passieren, dass jemand den
                aufwendig. Inzwischen können an je-                         ganzen Morgen mitarbeitet und am             Ein weiterer wichtiger Teil des Erfolgs ist
                dem der 4 Ausgabetage je 70 Familien                        Nachmittag in der Schlange ansteht,          Conny, einziger hauptamtlich Angestell-
                mit Essen versorgt werden für den Wo-                       um seine Lebensmittelration zu erhal-        ter für diesen Bereich. Er kam vor eini-
                chenbedarf. Es gibt etwa 60 freiwillige                     ten, weil er selbst als Bedürftiger regis-   gen Jahren aus einem zerstörten Leben
                Helfer in dem Projekt. Sowohl die Emp-                      triert ist.Trotzdem sei der Andrang zur      in die Smyrna-Gemeinde und zurück zu
                fänger der Lebensmittel als auch die                        Mitarbeit groß! Viele wollen Teil dieser     einem Leben mit Jesus. Seitdem hat sich
                Helfer seien bunt gemischt. Schweden                        Gemeinschaft sein. Die Bewerber ha-          sein Leben völlig verändert. „Er spricht
                und Einwanderer seien gleichermaßen                         ben einzeln ein intensives Gespräch          dauernd von Jesus“, sagt Tomas. Aber
                darunter. Bei den Helfern werde auch                        mit zwei Mitarbeitern, bevor sie mitar-      die Leute verhalten sich Conny gegen-
                nicht danach unterschieden, ob sie Ge-                      beiten können. Darin müssen sie ech-         über anders. Sie haben keine Scheu vor

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                                                                                             Conny predige mit seinen Worten, aber
                                                                                             auch mit seinem Leben. Das sei etwas
                                                                                             anderes, als wenn konfrontativ ge-
                                                                                             predigt werden würde. Conny sei der
                                                                                             Schlüssel für diese Veränderung. Ohne
                                                                                             ihn hätte die Arbeit nicht die gleiche
                                                                                             Frucht.

                                                                                             Tomas sagt, ihm mache es jetzt sehr
                                                                                             viel mehr Spaß, die Kirche zu sein, die
                                                                                             sie jetzt sind. Früher standen hier „dicke
                                                                                             Autos“ auf dem Parkplatz zu den Got-
                                                                                             tesdiensten. Jetzt sei die Gemeinde viel
                                                                                             lebendiger, im Leben angekommen. Das
                                                                                             „Manna“-Programm sei aber nicht Mit-
                                                                                             tel zum Zweck der Evangelisation. „Wir
                                                                                             machen das, weil die Menschen Essen
                                                                                             brauchen Punkt!“ Allerdings kommen
Sarah Britz, Chefredakteurin des Straßenmagazin faktum und Tomas Sjödin
                                                                                             manche eben auch in die Gottesdiens-
                                                                                             te, weil sie die Gemeinschaft erleben,
                                                                                             die Versorgung oder auch, weil sie seine
                                                                                             Kolumnen und seine Bücher lesen.
                                                                                             2022 wird die Smyrna-Gemeinde ihr
                                                                                             100-jähriges Bestehen feiern. Die jet-
                                                                                             zigen Räumlichkeiten sind zu klein ge-
                                                                                             worden. Ein neues Gelände ist auf der
                                                                                             anderen Seite des Flusses - gegenüber
                                                                                             der Göteborger Oper - gefunden. Dort
                                                                                             soll neu gebaut werden. Tomas ist sich
                                                                                             sicher, dass die Bedürftigen die Gemein-
                                                                                             de auch dort aufsuchen und finden wer-
                                                                                             den. In den größeren Räumlichkeiten
                                                                                             könnten sie dann noch besser ihre Hilfe
                                                                                             organisieren.
                                                                                             CREATE_PDF2201090248_2.1.EPS;(91.72 x 45.16 mm);27. May 2009 19:17:58

Langsam füllt sich der Bereich der Anmeldung für eine Lebensmittelspende an diesem Mittag.

                                                                                                                                                            9
DieJerusalëmmer - HAUPTSACHE GESUND! - Das Straßenmagazin aus dem Herzen Schleswig-Holsteins - Café Jerusalem Neumünster
Landwirtschaft für alle!
             Der niederländische Hof van Twello
             knüpft an die mittelalterliche Tradi-
             tion kooperativer Landwirtschaft an.
             Er verbindet kleinbäuerliche Selbst-
             versorgung mit der Produktion von
             Biogemüse und -obst zu besonders
             günstigen Preisen und zieht jährlich
             40.000 umweltbewusste Besucher
             an. Unsere Tokioer Kollegin Sayuri
             Kusama besuchte den Hof für die
             japanische Straßenzeitung „The Big
             Issue Japan“.                            Oben: „Auf diesem Bauernhof haben alle – vom Akademiker bis zum Menschen mit Behinderung – die
                                                      Möglichkeit, in ihrer gewünschten Weise zu arbeiten“, sagt Bauer Jansen.
                                                      „Ich betrachte den Hof van Twello als Gegenpol zu unserer heutigen Gesellschaft, die Menschen, die
             Text und Fotos: Sayuri Kusama            nicht genug leisten, für überflüssig hält. Ich setze eine Alternative zum Kapitalismus in die Praxis um.“
             The Big Issue, Japan

             Ich möchte Bio-Produkte kaufen,         den durch die Senkung der Arbeits-                     Zurzeit produzieren 25 „Kleinbau-
             aber es ist einfach zu teuer!“ Eine     kosten ermöglicht. Hofbesitzer Gert                    ern“ etwa die Hälfte des Obstes und
TITELTHEMA

             nicht unbedeutende Zahl von Men-        Jansen erklärt: „Bioprodukte kosten                    Gemüses, das im Hofladen verkauft
             schen denkt wahrscheinlich so, ob-      so viel, weil Aufgaben wie das Un-                     wird. Koos baut hier zwei Sorten
             wohl die Zahl der Bioabteilungen in     krautziehen viel Arbeit erfordern.“                    Kartoffeln an und erzählt: „Mein
   INSP

             Supermärkten in den letzten Jahren,                                                            Garten zu Hause ist einen Kilome-
             auch in Japan, stetig gestiegen ist.                                                           ter entfernt. Er hat genug Platz für
             Der Preisunterschied zwischen „nor-     Auf der Suche nach einer Möglich-                      einige Blumen, aber nicht für den
             malem“ Obst und Gemüse und sei-         keit, Bioprodukte zu einem vernünf-                    Gemüseanbau. Mir gefällt, dass ich
             nen ökologischen Gegenstücken ist       tigen Preis anzubieten, kam Jansen                     durch diese Art von Arbeit etwas
             sowohl in Japan als auch im Westen      auf die Idee, Einheimische mit einem                   Bewegung bekomme.“
             ein Problem.                            Interesse am Gemüseanbau dazu zu
                                                     bringen, als Bürger auf dem Bauern-                    Aufbau einer lokalen Wirtschaft
                                                     hof zu arbeiten – ein altes Landwirt-
             Der Ort Twello in der niederländi-      schaftsmodell aus dem Mittelalter.                     Saatbeete, Gartenbedarf, Milchpro-
             schen Provinz Gelderland hat 13.000     Die Einheimischen einigten sich dar-                   dukte, Würstchen, Trockenfutter
             Einwohner. Der nächste Bahnhof ist      auf, Pflanzen auf den vom Bauernhof                    und Alkohol werden neben Frisch-
             20 Minuten mit dem Fahrrad ent-         geliehenen Flächen anzubauen, um                       produkten ebenfalls im Hofladen
             fernt. Hier liegt die 2003 gegründete   im Gegenzug qualitativ hochwerti-                      verkauft. Die meisten Lebensmittel
             Kooperative van Twello, auf der im      gen Boden, organischen Dünger und                      stammen von 35 lokalen Herstel-
             Laufe des Jahres bis zu 45 Obst und     landwirtschaftliches Know-how zu                       lern. „Die Einheimischen stellen die
             Gemüsesorten ohne chemischen            erhalten. Die Hälfte der geernteten                    Produkte in der Region her“, sagt
             Dünger oder Pestizide angebaut          Pflanzen erhalten die Teilnehmer, die                  Jansen. „Ich wollte diesen Hof zum
             werden. In den Niederlanden kos-        andere Hälfte wird im Hofladen ver-                    Zentrum eines Systems abseits der
             ten Bioprodukte, die in Supermärk-      kauft.                                                 industriellen Landwirtschaft ma-
             ten verkauft werden, doppelt oder                                                              chen, das Geld lokal zirkulieren
             dreimal so viel wie nicht-biologische                                                          lässt.“
             Produkte. Im Gegensatz dazu kos-        Ein Gemeinschaftsgarten als Hob-
             ten Bioprodukte im Direktverkauf        by und die freiwillige Teilnahme am                    Jansen kam nach seinem Abschluss
             des Hofs van Twello nur etwa das        landwirtschaftlichen Betrieb – das                     an einer landwirtschaftlichen Uni-
             1,2-fache. Die niedrigen Preise wer-    ist das Geschäftsmodell des Hofs.                      versität in Mexiko auf den Gedanken.
(185.) Ausgabe #9 • 2019

„Ich arbeitete als landwirtschaft-      Menschen eine direkte sensorische
licher Berater in einer ländlichen      Verbindung zur Natur zu vermitteln.
Kommune und man sagte mir, ich          Ein Café in einem Gewächshaus lockt
solle den Einheimischen landwirt-       auch im besucherschwachen Winter
schaftliche Praktiken beibringen, die   Gäste auf den Hof. Die Gerichte und
auf Pestizide und Düngemittel von       Desserts auf der Karte werden aus
großen Chemieunternehmen aus            dem Gemüse und Obst hergestellt,
den USA und Europa zurückgreifen“,      das auf dem Hof wächst und direkt
                                                                                           Unten: Der „Hofladen“ der neben vielen Ein-
erklärt er. Das bedeutet: „Wenn sie     vor ihren Augen geerntet wird.                     kaufsmöglichkeiten auch die Möglichkeit sich zu
diese Produkte nicht weiter kaufen                                                         informieren gibt.
würden, könnten sie nicht mehr pro-
duzieren. Es ist falsch, solche Prak-
tiken ,Entwicklungshilfe‘ zu nennen.
Ich war schockiert zu erfahren, dass
Menschen nur 15 Kilometer von der
Stadt entfernt an Hunger sterben.
Als ich nach Hause zurückkehrte,
beschloss ich, einen Bauernhof zu
gründen, der der lokalen Gemein-
schaft zugutekommt.“

Jansen fährt fort: „Eine lokale Wirt-
schaft aufzubauen bedeutet, über
eine nachhaltige Wirtschaft auf
menschlicher Ebene nachzuden-
ken. Hier gibt es keine Ausbeutung
durch große Kettenhändler, die als
Vermittler fungieren.“ „Als wir In-
vestitionen benötigten, haben wir
uns nicht auf Banken verlassen, son-
dern uns Geld von der lokalen Ge-
meinschaft geliehen. Unser Hof ist
unabhängig von der kapitalistischen
Wirtschaft, in deren Mittelpunkt
große Konzerne wie Pestizidprodu-
zenten stehen.“

Darüber hinaus nutzt die Koope-
rative den „grünen Tourismus“ als
weitere Einkommensquelle. Jährlich
wandern rund 40.000 Menschen
auf dem zwei Kilometer langen Bar-
fußpfad des Hofs van Twello, wo sie
über feuchten, schlammigen Boden
und durch Bambushaine gehen und
plötzlich auf ein verstecktes Feld      Oben: Im europäischen Mittelalter waren die Gemeingüter Räume, in denen Einheimische (Bürgerliche)
treffen. Der Weg wurde als natür-       das Land gemeinsam bewirtschafteten. Kooperativen wie der Hof van Twello beleben dieses System
                                        wieder. Außerdem ist kann es zu einem wunderbaren Ort der Gemeinschaft werden.
liche Attraktion angelegt, um den

                                                                                                                                       11
Zahl der Ausgabe

                            100
                   Jahre sollen sie werden: Die heute Geborenen. Tatsächlich
                   steigt die Lebenserwartung immer weiter an. Seit der Indus-
                   trialisierung werden die Menschen im Durchschnitt drei Mo-
                   nate älter pro Jahr. Für Menschen, die heute 30 Jahre sind,
                   wird ein Lebensalter von mehr als 90 normal sein. Und wie
ZAHL DER AUSGABE

                   gesagt: Kinder, die jetzt zur Welt kommen, werden wohl min-
                   destens 100 Jahre alt werden.

                   Die Frage ist: Woran liegt das? Es scheint erwiesen, dass die
                   Gene nur etwa zu einem Viertel für die Lebensspanne verant-
                   wortlich sind. Langlebigkeit kann also nur zum Teil vererbt
                   werden. Untersuchungen an Zwillingen ergaben, dass der
                   Einfluss der Gene auf die Lebensspanne vor dem 60. Lebens-                                              RESTAURATION IN DER STADTHALLE
                   jahr zwar gering ist, mit steigendem Alter jedoch zunimmt.         TELefon 04321 44626 · www.JOHANN-UND-AMALIA.de · ÖFFNUNGSZEITEN: TÄGLICH von 9 BIS 22 UHR

                   Heute suchen Forscher im Erbgut von Menschen, die sehr alt
                   geworden sind, nach einem Gen, das die Information „lang-
                   sam altern“ enthält. Ein anderer Ansatz ist die Suche nach
                   Selbstheilungskräften in der DNA. Enzyme reparieren unsere
                   DNA, die von Umwelteinflüssen beschädigt wird. So gibt es
                   zum Beispiel eine Krankheit, die zum vorzeitigen Altern führt,
                   genau weil das Reparier-Enzym nicht funktioniert. Der Körper
                   kann sich nicht mehr heilen, er altert und stirbt vorzeitig.

                   Wie alt Menschen jemals werden können, ist noch unklar.
                   Manche sprechen von einer maximalen Lebenserwartung
                   von 130 Jahren. Laut unserer Bibel wurde der älteste Mensch
                   969 Jahre alt: Methusalem. Er war der Großvater von Noah.
                   Sein Name wurde zum Synonym für Langlebigkeit überhaupt.
                   Wahrscheinlich wollte man mit seinem hohen Alter aufzei-
                   gen, wie lange das Geschehen in der Vergangenheit liegt. In
                   Wirklichkeit wurden damals Menschen eher 30 Jahre alt.

                   So alt wie Methusalem werden wir wohl nie. Aber das ist ja
                   auch gar nicht erstrebenswert, oder?
                                                                      Bernadette F.

                   12
(185.) Ausgabe #9 • 2019

                                                                                      Lifehack
                                                      Vielleicht haben Sie in den letzten Wochen oder Monaten schon einmal von dem Wort „Life Hack" gehört
                                                      und sich gefragt, was es damit wohl auf sich hat? Wir haben uns für Sie erkundigt! Die englischen Worte
                                                      ‚Life‘ und ‚Hack‘ bedeuten auf deutsch ‚Lebens-Tricks‘. ‚Erfunden‘ wurde der Begriff im Jahre 2004 von einem
                                                      britischen Technologiejournalisten. Die Tipps, die man unter diesem Begriff findet, sollen helfen, den Alltag zu
                                                      vereinfachen. Es geht darum, mit cleveren Strategien ein normalerweise immer wiederkehrendes Problem zu
                                                      lösen und somit Zeit zu sparen.

                                                      Meist sind die Tricks äußerst ungewöhnlich und im ersten Moment scheint der Vor-
                                                      schlag, der Ihnen gemacht wird, vielleicht unsinnig - doch lassen Sie sich nicht abschrecken!
                                                      Probieren Sie doch mal unsere lebenserleichternden Tricks aus!.
                                                                                                                                                         Bernadette F.

                                                     LIEBE GEHT DURCH DEN MAGEN,
WIR MACHEN KOMMUNIKATION,
IDEENREICH UND ZIELORIENTIERT.
                                                            UND WAS NOCH?
                                                     Hausmittel für Magen-Darm-Erkrankungen

                                                                                                                                                                         LIFEHACK
INMEDIUM GmbH · Kommunikationsagentur
Neumünster · Hamburg
hallo@inmedium.net · inmedium.net
                                                     Seit Büchern wie „Darm mit Charme“ wissen wir alle, wie wichtig eine gute Ver-
                                                     dauung ist. Immer wieder passiert es aber, dass uns Viren oder Bakterien für eine
                                                     Zeitlang an Bett und Toilette fesseln. Oft gehen diese Magen-Darm-Erkrankungen so
                                                     schnell, wie sie gekommen sind. Hausmittel können allerdings helfen, die Symptome
                                                     wie Erbrechen und Durchfall zu lindern. Die Krankheitsdauer wird dadurch allerdings
                                                     nicht verkürzt. In manchen Fällen muss sogar ein Arzt aufgesucht werden.

                                                     Geriebener Apfel, Bananenbrei und Karottensuppe

                                                     Die beiden wichtigsten Gruppen, die gegen Durchfall helfen, sind: Adsorbentien und
                                                     Quellstoffe. Adsorbentien können Bakterien, Gifte und Viren adsorbieren, also bin-
                                                     den. Diese Verbindungen kommen in Äpfel, Karotten, Bananen, Zitrusfrüchten, Apri-
                                                     kosen und Eichenrinde vor.

                                                     Leinsamen und Flohsamen

                                                     Quellstoffe binden nicht Giftstoffe, sondern Wasser im Darm. Dadurch nimmt der
                                                     Stuhl an Volumen zu. Durch das Aufquellen umhüllt der Stuhl im Darm die Bakte-
                                                     rien und Giftstoffe, so dass diese ebenfalls ausgeschieden werden. Bei Verstopfung
                                                     tragen die Quellstoffe durch die Wasserbindung zur Stuhlerweichung bei. Typische
                                                     Quellstoffe sind Flohsamenschalen und Leinsamen.

                                                     Übrigens hat der Flohsamen nichts mit den Tierchen zu tun. Es handelt sich vielmehr
                                                     um eine Pflanze, die vor allem in Arabien und Indien wächst. Seinen Namen hat er
                                                     wohl daher, dass die reifen Samen wie hüpfende Flöhe aus der Fruchtkapsel sprin-
                                                     gen.

                                                                                                                                                                    13
TITELTHEMA
        INSP

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Das falsche Ideal des
perfekten Körpers
Der Druck, sich einem bestimmten Körper- oder Gesundheitsideal zu unterwerfen, ist heutzutage auch wegen des
Wachstums von Social Media und Apps enorm. Soziale Netzwerke, Werbung und Zeitschriften erinnern uns ständig
daran, dass unser Körper etwas ist, dem wir besondere Aufmerksamkeit schenken sollten. Aber wie hoch ist der Preis
für einen schönen Körper?
                                                                                               Von Camille Teste | Fotos: Julie Artacho

Vor einiger Zeit erschien auf Instagram     man immer neue Wege zur Perfektion          „Die Philosophie hat keine solide wis-
eine kleine Anzeige, die NutzerInnen        suche. Die sei jedoch nur ein soziales      senschaftliche Grundlage, und es ist
vorschlug, „Photable“ herunterzuladen,      Konstrukt. Die Konsequenzen: Die Apps       sehr schwierig zu definieren, was ge-
eine App, die Personen auf Fotos diskret    sendeten „vergiftete Nachrichten“ an        sund ist und was nicht“, erklärt Rutled-
per Click mit Bauchmuskeln oder einem       ihre NutzerInnen, erklärt sie. „Ich ermu-   ge. „Es ist normal, Lösungen zur Verbes-
bronzenen Hautton versehen kann. Die        tige meine Patienten immer, sich zu fra-    serung des Wohlbefindens finden zu
App kam pünktlich zum Sommer. In            gen, wie sie sich fühlen: Wenn die Zeit     wollen. Aber Gesundheit ist komplexer
Sekundenschnelle zur Bikinifigur und in     in diesen Netzwerken Stress verursacht,     als das Schwarzweiß der ,Clean-Ea-
den sozialen Medien endlich aussehen        muss man aufhören.“                         ting‘-Gurus.“
wie Influencer, die neuen Vorbilder nicht
zuletzt für einen optimierten Körper.                                                   Die Bloggerin Jordan Younger hat mit
Apps wie „Pump Up“ gehen noch wei-                   Reinheitswahn                      ihrer Seite „The Balanced Blonde“, dazu
ter. Als soziales Netzwerk laden sie ihre                                               beigetragen, die Bewegung bekannt zu
Tausenden Nutzer ein, Fotos und Daten       Im Wettlauf um einen idealen Körper ist     machen. Sie riet ihrer Community, eine
ihrer sportlichen Aktivitäten zu veröf-     das, was wir essen, zu einem Schlüssel-     vegane, rohe, zuckerfreie, getreide-
fentlichen und auf Fotos die im Laufe       faktor geworden. Auf Instagram und in       freie und hülsenfrüchtefreie Ernährung
der Monate gestrafften Oberschenkel         Sport- und Gesundheits-Apps sind Kon-       zu befolgen. Im Jahr 2013 verkaufte
oder neu definierten Arme zu zeigen.        ten mit Tausenden von Abonnenten da-        sie innerhalb von fünf Tagen mehr als
Dazu schickt man sich Motivations- und      rauf spezialisiert, Bilder von „gesunden“   40.000 Exemplare ihres „Entgiftungs-
Sinnsprüche wie: „Nichts ist leichter, du   Mahlzeiten zu inszenieren. Oft werden       programms“ auf Basis eines grünen
bist einfach stärker geworden!“ Für die     diese Illustrationen von dem Hashtag        Pflanzensafts. „Seit einiger Zeit gibt es
Montrealer Ernährungswissenschaftle-        #eatclean begleitet. Die seit einigen       diese seltsame Idee, dass wir, wenn wir
rin Lisa Rutledge erklärt sich die Sucht-   Jahren beliebte Philosophie des „Clean      Fastfood essen, zum Ausgleich Entgif-
wirkung dieser Art von Medien durch         Eating“ besteht darin, nur so genannte      tungsprodukte brauchen“, sagt Marie
die menschliche Neigung, unsere Leis-       „unverarbeitete“ Lebensmittel zu essen.     Watiez, Ernährungspsychologin an der
tung mit der anderer zu vergleichen. Sie    Eine recht vage Definition, die auf der     Universität Quebec in Montreal, die
glaubt: Beim Betrachten der Bilder be-      radikalen Vorstellung beruht, dass die      über aktuelle Ernährungstrends
rechnen wir den Abstand zwischen den        meisten uns zur Verfügung stehenden         verärgert ist.
Modellen und unserem eigenen Körper         Lebensmittel unreiner Natur sind.
– eine Art, sein Ego zu quälen, indem                                                   Jordan Younger wurde übrigens krank.

                                                                                                                                   15
TITELTHEMA
   INSP

             Die Diät, die die junge Frau als Weg zur    Body Today“, sind wir von einer Welt,      perativ geworden ist? Isabelle Quéval:

                                                                                                                                                Mit freundlicher Genehmigung
             Gesundheit verkaufte, ließ ihre Haare       in der der Körper den Unwägbarkeiten       „Man muss dünn, jung, schön und fit

                                                                                                                                                von L‘Itinéraire / INSP.ngo
             ausfallen, unterbrach ihre Periode und      des Lebens ausgesetzt war, zu einer        sein, um in Beziehungen und im Berufs-
             gab ihrer Haut einen Orangeton, der         Möglichkeit übergegangen, in der der       leben erfolgreich zu sein. Es gibt einen
             darauf zurückzuführen war, dass sie als     Körper formbar ist, sich mit Nahrung,      hohen Druck, alle diese Standards zu
             einzige Kohlenhydrate Süßkartoffeln         Sport und mit medizinischen Eingriffen     erfüllen.“ Muss man fit sein, um ge-
             und Karotten zu sich nahm. „Ich wuss-       verändern lässt. Dadurch ist er zu einem   liebt zu werden? Das nimmt auch Lisa
             te, dass ich ein Problem habe“, sagt sie    Werkzeug geworden, und „damit ist das      Rutledge an: „Heute werden sehr dünne
             heute. Unter ärztlicher Anleitung stellte   Schicksal in meiner Hand“, erklärte Qué-   Körper als ,normal‘ angesehen“, sagt sie.
             sie sich ihrer Angst vor allem, was ihrem   val in der Fernsehsendung Télérama.        Das Problem sei, dass wir in einer Ge-
             Körper vermeintlich schadete, und ihrer                                                sellschaft leben, die ungesunde Ernäh-
             Besessenheit von gesunder, reiner, sau-     Wie aber einem Phänomen entkommen,         rungsentscheidungen bewundert und
             berer Nahrung. Innerhalb weniger Wo-        das zu einem echten moralischen Im-        beglückwünscht, wenn sie zum Beispiel
             chen verlor sie Tausende von Anhängern
             und erhielt zahlreiche Hassbotschaften,
             auch Morddrohungen. Ihr wurde vorge-
             worfen, nur ein „großes Stück Speck“
             zu sein, dem die nötige Disziplin fehle,
             wirklich „rein“ zu sein.

                  L asst unseRe KöRpeR in
                           R uhe!
             Wie lässt sich der Zwang erklären, un-
             sere Körper immer extremer kontrol-
             lieren zu wollen? Laut der Philosophin
             Isabelle Quéval, Autorin des Essays „The

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(185.) Ausgabe #9 • 2019

zu extremem Schlanksein führen.             meinen Klienten bei, auf ihren Körper zu
                                            hören.“
Schlimmer ist für Rutledge, dass dieje-
nigen, die dem sozialen Druck wider-        Die in Montréal lebende Modefotografin
stehen, dünn zu sein, „clean“ zu essen,     Julie Artacho inszenierte für unsere Kol-
Muskeln aufbauen oder Gewicht verlie-       legInnen von L‘Itinéraire ein provokan-
ren zu wollen, oft mit Abwertung kon-       tes Titelbild (siehe unser Titelbild): „Meine
frontiert sind. „Ich denke, viele Leute     Idee war es, zu zeigen, dass die Themen
sehen ihren Weg der Selbstoptimierung       Nahrung und Körper uns alle betreffen,
als eine frustrierende Entscheidung an“,    unabhängig von Alter und Hautfarbe.
sagt sie. „Wir sagen uns: ‚Ich leide dar-   Diese Beziehung beginnt im Säuglingsal-
unter, meinen Körper unter Kontrolle zu     ter und dauert ein Leben lang an.“
behalten, also warum tust du es nicht?‘“
Für Rutledge steht außer Zweifel, dass
die großen Gewinner der Entwicklung
die beteiligten Industrien sind.

supeRfood, fitnessstudios
 und s chLanKheitscRemes
haben den „K öRpeRmaRKt “
   immeR weiteR wachsen
               Lassen .

Im Jahr 2015 setzte die Branche welt-
weit 3,72 Billionen US-Dollar um und
wuchs allein wischen 2013 und 2015 um
10,6 Prozent. „Medien und Kultur haben
das stark beeinflusst“, fährt Rutledge
fort. „Der Markt basiert auf einer Prob-
lemlösungslogik. Wenn es gelingt, etwa
Cellulite zu einem Problem zu machen,
das man bekämpfen muss, wird es ein-
fach, eine Lösung in Form von Büchern,
Kosmetik oder Dienstleistungen zu ver-
kaufen.“

Inzwischen plädiert eine wachsende
Zahl von Ernährungswissenschaftlern
und Lebensmittelfachleuten dafür, den
Körper so zu akzeptieren, wie er ist, und
Diäten, Einschränkungen und Ängsten
im Zusammenhang mit Lebensmitteln
ein Ende zu setzen. „Uns wird schon
lange gesagt, dass wir uns selbst nicht      Camille Teste
trauen können und dass wir nicht auf
unseren Appetit hören sollen“, sagt
Rutledge. „Ich glaube, dass unser Körper
weiß, was gut für ihn ist. Deshalb ermu-
tige ich zu intuitivem Essen: Ich bringe

                                                                                            17
Wenn das Ostufer in Kiel ruft...

                                                                                                       Text: Café Jerusalem; Fotos: Jens Meier - Seefischmarkt Kiel

              ...dann kann selbst das aus Neumünster       derte und Strukturen und Bestellwege                    arbeitern und zwei seiner Arbeitsberei-
              stammende Café Jerusalem nicht wider-        immer herausfordernder wurden. Heute                    che dort. Die Redaktion, die den Bereich
              stehen!                                      erhalten wir diese Unterstützung immer                  der Öffentlichkeitsarbeit übernahm, und
                                                           wieder zu besonderen Anlässen oder                      die Küche, die die Gaumenfreuden zube-
              Bereits zum dritten Mal gab es dieses        wenn wir selbst bestellt haben.                         reitete. Bei einer derartigen Qualität fast
              Aufeinandertreffen mit der Firma Wie-                                                                ein Selbstgänger. Beeindruckend viele
CAFÉ INTERN

              se & Kruse vom Seefischmarkt Kiel, der       An die große Fischversteigerung, die als                Gäste, die sich die Gelegenheit „Heilbutt“
              am Ostufer im Stadtteil Wellingdorf          Höhepunkt des Jubiläumsfestes zum                       nicht entgehen lassen wollten, kamen so-
              beheimatet ist. Gegründet wurde das          20-jährigen Bestehen des Cafés vor fünf                 gar noch einmal zurück, um die Qualität
              Unternehmen 1872 und ist damit ei-           Jahren hier in Neumünster auf dem Groß-                 des Fisches und der Garnelen zu bestä-
              nes der ältesten im Handelsregister der      flecken stattfand, können sich noch viele               tigen.
              Landeshauptstadt. Doch der erste Kon-        Freunde der Einrichtung gut erinnern (Die
              takt liegt schon lange zurück. Während       Ausgabe 128 berichtete ausführlich davon.). Be-         Das besondere des ganzen Miteinanders
              einer der für diesen Event bekannten         reits einige Monate vorher, während des                 ist die gewachsene Freundschaft! Und
              Fischauktionen vor gut acht Jahren be-       gleichen Events am Ostufer in Kiel, wurde               dies ist wohl auch der Grund, warum eine
              merkte Dirk Schrader, Geschäftsführer        ein riesen Heringshai für die Gäste der                 Einladung für „Das Ostufer ruft!“ in zwei
              des Fischgroßhandels, dass er immer          Veranstaltung zu Gunsten des Cafés ge-                  Jahren, im Spätsommer 2022 schon aus-
              wieder Fisch an eine und die selbe Person    grillt (Nachzulesen in der 123. Ausgabe.).              gesprochen ist. Halten Sie also die Augen
              versteigerte. Nach der Auktion nahm er                                                               offen und seien Sie das nächste Mal da-
              Kontakt mit ihr auf und fragte nach, wo      Und dieses Jahr? Neben weißem Heilbutt,                 bei, wenn das Ostufer aus Kiel ruft!
              der ganze Fisch denn hingehen würde?         er gehört mit Abstand zu den hochwerti-
                                                           gen Frischfischen, gab es Förde Garnelen
              Damit war das „Geheimnis“ gelüftet,          (Die Firma aus Kiel stellt sich auf den Seiten 24/25
              denn es war das Café Jerusalem, das da-      vor.), Knoblauchbrot und -kartoffeln mit
              durch seinen Gästen in sehr guter Qua-       selbstgemachter Soße frisch zuberei-
              lität Frischfisch zu super günstigen Prei-   tet für jeden, der es probieren wollte.
              sen zum Mittagstisch anbieten konnte.        Die Spende für den Probierteller ging
                                                           zu 100% an das Café, ebenso wie der
              Schnell wurden Dirk Schrader und sein        gesamte Erlös der letzten Fischauktion
              Team von der Arbeit des Cafés berührt        nebst allem Klein- und Wechselgeld. Zu-
              und er persönlich, aber auch die Firma       sammengekommen ist an diesem Tag ein stol-
              einer der Wirtschafts-Unterstützer des       zer Betrag von etwas mehr als 1.800.- €! Und
              Cafés. Einige Jahre bekam die Küche des      wenn die Kosten der Firmen für den ge-
              Cafés regelmäßige Frischfisch-Spenden.       grillten Heilbutt und die 200 Förde Gar-
              Oft bis über 100 kg an einem Freitag. Das    nelen noch oben drauf gerechnet werden
              ging solange, bis sich der internationale    würde, dann ist es fast doppelt so viel.
              Frischfischhandel und damit auch der
              Kieler-Frischfischmarkt deutlich verän-      Das Café war an diesem Tag mit vier Mit-                 Dirk Schrader preist einen sechs Kilo Lachs an.

              18
(185.) Ausgabe #9 • 2019

                           Wir sind für Sie da.
                           Im Trauerfall, zur Vorsorgeberatung,
                           zum persönlichen Gespräch.

                                            Telefon 04321 92770
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                                                                  24536 Neumünster
                                                                  E-Mail info@selck.de
                                                                  Internet www.selck.de

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                                                                                     19
Jerusalëmmer trifft...
                                                                                                                      Seit einiger Zeit schreiben wir immer
                                                                                                                      wieder über die Arbeit, Redaktionen und
                                                                                                                      Verkaufenden befreundeter und anderer
                                                                                                                      Straßenmagazine. Unser Wunsch ist ne-
                                                                                                                      ben den vielfältigen Informationen auch
                                                                                                                      ein Bewusstsein zu schaffen, dass es in
                                                                                                                      sehr vielen unserer deutschen Städte
                                                                                                                      Straßenmagazine gibt, die es Menschen
                                                                                                                      ermöglichen, an einem Projekt der Hilfe
                                                                                                                      zur Selbsthilfe teilzunehmen. Irgendwie
                                                                                                                      fühlen „wir Redaktionen“ uns als eine
                                                                                                                      große Familie, auch wenn sich die tägli-
JERUSALËMMER TIFFT...!

                                                                                                                      che Arbeit fast nirgendwo gleicht.

                                                                                                                      In unserer kleinen Redaktion überlegen
                                                                                                                      wir immer wieder, wie wir Sie als Leser
                                                                                                                      einbinden können und freuen uns immer
                                                                                                                      sehr, wenn wir ein Feedback erhalten! Die
                                                                                                                      Rubrik „Unsere Kollegen“, die wir vor ein
                                                                                                                      paar Jahren begonnen haben, entstand
                                                                                                                      aus der Idee, Sie als Lesende gerade auf
                                                                                                                      Reisen auf andere Magazine aufmerksam
                                                                                                                      zu machen. Das ist auch einer der Grün-
                                                                                                                      de, warum wir über unsere – sei es die
                                                                                                                      dt.-sprachigen oder auch die einmal jähr-
                                                                                                                      lich stattfindenden internationalen Kon-
                                                                                                                      ferenzen - berichten. Denn wir sind schon
                                                                                                                      echt viele!

                                                                                                                      In dieser Ausgabe wollen wir eine neue
                                                                                                                      Rubrik starten und dies auch gleich für
                                                                                                                      Sie als Lesende und vielleicht auch als
                                                                                                                      Reisende öffnen. Jerusalëmmer trifft...!
                                                                                                                      haben wir sie genannt. Wir wollen unse-
                                                                       Europas. „hus forbi“ dient der Förderung
                                                                       der Debatte über Obdachlose und deren          ren Gedanken weiter ausbauen und noch
                                                                       soziale Ausgrenzung, die in der Regel nicht    deutlicher zeigen, wie diese Straßenma-
                                                                       in den Medien besprochen wird. Es werden       gazin-Projekte - in der Tat - und dies
                                                                       alltägliche Themen abgedruckt, aber auch       ist durchaus auch wörtlich zu nehmen,
                                                                       politische Informationen sowie Geschichten
                                                                                                                      Leben verändern. Vielleicht, so könnte je-
                                                                       von Betroffenen. „hus forbi“ wird zwölf Mal
                                                                       im Jahr veröffentlicht, hat eine Auflage von   der von uns denken ...noch ne gute Tat???
                                                                       85.000–90.000 Exemplaren pro Monat und         Aber wir haben festgestellt, dass es des
                         „hus forbi“ ist die unabhängige, landeswei-   ca. 500.000 Leser.                             öfteren das eigene Leben war, welches
                         te dänische Zeitung, die von Menschen am
                         Rande der Gesellschaft in Zusammenarbeit
                                                                                                                      sich veränderte! Es werden vielleicht
                                                                       Zweck des Projekts: Förderung der Debatte
                         mit professionellen freiberuflichen Journa-                                                  keine große Storys, aber die Wirkungen,
                                                                       der Randgruppen und deren sozialer Aus-
                         listen und Fotografen herausgegeben wird.     grenzung. Die Zeitung gibt den Betroffenen     die sie erreichen können, werden es sein
                         Die Erstausgabe wurde am 28. August 1996      auch die Möglichkeit, ihr eigenes Geld zu      können. Was ich konkret damit meine?
                         veröffentlicht; Anlass war die Wahl der       verdienen und wieder auf die Beine zu kom-     Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte
                         Hauptstadt Kopenhagen zur Kulturstadt         men.

                         20
(185.) Ausgabe #9 • 2019

erzählen. Es ist nichts Weltbewegendes,
aber es hat Leben verändert und nicht
„nur“ (m)eines.
                                              Zurück im Auto wurde ich mit den Wor-
                                              ten: „Was war denn das?“ bereits erwar-
                                                                                                   Dänemark
                                              tet. Da mein Mitfahrer die ganze Szene        Dänemark ist ein Land und souveräner
Auf dem Foto zu dieser neuen Rubrik ist       nur ohne Worte mitverfolgen konnte und        Staat im nördlichen Europa und eine par-
Luna, eine der vielen Verkäuferinnnen         natürlicher Weise nichts vom meinem           lamentarische Monarchie. Dänemark wird
des dänischen Straßenmagazin „hus for-        „Kodex“ wusste, war er recht irritiert. Auf   zusammen mit den Färöern, die wie das
bi“ neben mir zu sehen. Hus forbi, frei       der Rückfahrt habe ich es ihm erzählt und     Mutterland geographisch zu Nordeuropa
                                              bekam dann das Folgende zu hören. „Ich        gehören, und Grönland, das zu Nordame-
übersetzt: „Haus vorbei/keine Wohnung
                                                                                            rika zählt, offiziell Königreich Dänemark
mehr...“, ist nicht nur eines der benach-     hatte die Frau gar nicht bemerkt. Noch
                                                                                            genannt. Das Königreich Dänemark ist
barten Magazine, es ist auch eines, was       nicht einmal, als du aus dem Wagen ge-        daher ein interkontinentaler Staat. Das
sich dadurch abhebt, dass es in ganz Dä-      sprungen bist. Erst als du auf sie zu bist    Mutterland, der Teil zwischen der Skan-
nemark „nur“ ein Magazin gibt, welches        und ihr Gesicht sich vom Erstaunen hin        dinavischen Halbinsel und Mitteleuropa,
seine Redaktion in Kopenhagen hat.            zum freundlichen Lauchen und dann mit         umfasst eine Fläche von 43.094 km, wo-
                                              Umarmung in Freude veränderte. Und ei-        von 23.872 km auf die Halbinsel Jütland
Luna verkauft vorwiegend in Kolding,          gentlich ist es auch nicht wichtig gewe-      und der Rest auf Inseln entfallen.
Federika und einigen Teilen des Südens        sen zu verstehen, denn als ich gesehen
von Dänemark. Sie investiert einiges an       habe, wie sich die Frau in ihrem Gesicht      Dänemark ist eines der zwölf Gründungs-
                                              veränderte und freute, habe ich mich ge-      mitglieder der 1949 gegründeten NATO
Fahrgeld, um mit dem Magazin Teile ihres
                                                                                            und seit dem 1. Januar 1973 in der Euro-
Lebens zu finanzieren. Ich sah sie in Sten-   fragt, warum ich sie noch nicht einmal
                                                                                            päischen Union (bzw. ihrer Vorgängerin
derup, wenige Kilometer westlich von          wahrgenommen habe?“ ...                       EWG). Die autonomen Gebiete Grönland
Kolding an einem Morgen, während ich                                                        und die Färöer führen eigene Flaggen,
in Dänemark in Urlaub war und Brötchen                                                      haben eigene Amtssprachen und gehören
für´s Frühstück besorgte. Seit einigen                                                      zur NATO, jedoch nicht zur EU.
Jahren habe ich mir angewöhnt, überall        Es waren nur Minuten. Und im ganzen ist
dort, wo ich einen „fremden Verkaufen-        es ein vielleicht sogar ein viel zu langer    Die einzige Landgrenze hat Dänemark zu
den“ begegne, ein Magazin abzukaufen          Zwei-Seiten-Beitrag geworden. Aber die-       Deutschland. Im dortigen, ehemals dä-
und ein ermutigenden Gespräch „...wir         se Begegnung hatte es in sich und hat         nischen Südschleswig lebt eine dänische
                                              Leben verändert. Nachhaltig sogar! Und        Minderheit. Im 1866 bis 1920 zu Preußen
sind eine Familie...“ zu führen. An diesem
                                                                                            gehörenden Nordschleswig gibt es eine
Morgen war ich nicht alleine unterwegs        darauf kommt es an.
                                                                                            deutsche Minderheit. Dort ist Deutsch an-
und hatte auch keines unserer Straßen-                                                      erkannte regionale Minderheitensprache
magazine dabei hatte. So war klar, dass       Aufmerksam durch den Tag zu gehen und         gemäß der Europäischen Charta der Regi-
es zu einer weiteren Begegnung kommen         Beziehungen zu leben ist eine unser aller     onal- oder Minderheitensprachen.
müsste, wenn ich meinem Vorhaben treu         täglichen Herausforderungen. Diese Ru-
bleiben wollte.                               brik ist kein moralischer Wertekalender       ARBEITSLOSIGKEIT
                                              und wird auch nie eine Anleitung für eine     Im 4. Quartal 2014 lag die Arbeitslosen-
Es ist eine lange „Vorrede“ denn eigent-      besseres Miteinander in unserer Gesell-       quote bei durchschnittlich 6,4 %. Das war
lich beginnt die Geschichte der „Lebens-      schaft sein. Aber wir wollen, wie auch mit    ein minimaler Rückgang von −0,1 % im
                                              allen anderen Beiträgen des Straßenma-        Vergleich zum 3. Quartal, aber ein klarer
veränderung“ erst jetzt. Ich sprang also
                                                                                            Rückgang von −0,6 % gegenüber dem
mit den Worten „Ich bin gleich wieder         gazins Mut machen, eine Blickrichtung
                                                                                            Vorjahreszeitraum. Die Jugendarbeitslo-
da...“ aus dem Auto (glücklicherweise war     wahrzunehmen, die auf den ersten Blick        sigkeit lag deutlich über diesem Niveau
ich der Fahrer...) und lief die paar Meter    nicht gleich sichtbar ist. Und wir wollen     mit 11,2 % im 4. Quartal 2014 bzw. 13,3 %
über den Parkplatz zu der Verkäuferin mit     Sie als Lesende mit hineinnehmen, Ihre        im entsprechenden Quartal 2013. Im Ver-
dem dänischen Straßenmagazin. Was ich         Erlebnisse mit uns zu teilen. Gerne mit       lauf der Finanzkrise ab 2007 war die Zahl
nicht bedacht hatte, war, dass sie meine      Namen, aber gerne auch, wenn Sie ano-         der Arbeitslosen angestiegen. Von einem
Aktion beobachtetet hatte. Sie war ein        nym bleiben wollen. Schreiben Sie uns,        europäischen Spitzenwert mit nur 3,4 %
wenig überrascht und sah mich mit gro-        wo Sie mit wem über ein Straßenmagazin        Arbeitslosen 2008 stieg die Quote 2011
ßen - zugegeben - etwas erschrockenen         ins Gespräch gekommen sind. Gerne auch        auf 7,6 %. Seitdem hat sich die Beschäfti-
                                              mit Foto, denn das motiviert jeden der        gungssituation kontinuierlich verbessert.
Augen an. Einige Wortwechsel später ver-
                                                                                            Bis Juni 2018 sank sie auf 5,0 %.
änderte sich ihr Gesicht in freudiges La-     Verkaufenden.
chen und eine Umarmung später hatten                                                                 Quelle: Wikipedia, Stand 8. August 2019
wir uns für den späten Vormittag an glei-
cher Stelle zum Klönschnack verabredet.

                                                                                                                                         21
Conny -                                                         Conny (Mitte) im Gespräch mit Tina Brunegard (Diakonin in Smyrna) und Andreas Böhm

                  ein Leben mit Ausstrahlung
LEBENSBILDER

               Als wir das Lebensmittelprojekt der Smy-   und er hätten zwei Söhne bekommen, er               Gott habe sein Leben Schritt für Schritt
               rna-Gemeinde besuchten, wurden wir         sei ein sehr engagierter Christ gewesen,            neu gemacht. Etwa zwei Jahre später
               schnell gefragt, ob wir Conny schon ken-   habe in der Gemeinde mitgearbeitet. Al-             startete das Suppenprogramm der Ge-
               nengelernt hätten? Nein? Dann müssten      les sei über Jahre gut gewesen. Dann sei            meinde einmal pro Woche. Conny wurde
               wir das unbedingt tun! Conny sei wich-     etwas passiert, was ihn aus der Bahn ge-            gefragt, ob er mitmachen wolle und war
               tig, ohne ihn wäre die Arbeit nicht die    worfen habe. Er habe begonnen, Kokain               als ehrenamtlicher Mitarbeiter dabei.
               gleiche. Wegen ihm kämen viele Men-        zu konsumieren. Danach sei alles bergab             Viele Menschen kamen auch, weil sie ihn
               schen mit dem Hilfsprojekt in Kontakt,     gegangen. Schließlich habe er alles ver-            aus seinem Leben als Drogenabhängigen
               wegen ihm würden sie sich überhaupt        loren, auch die Ehe zerbrach. Er sei ganz           kannten und fühlten sich durch ihn und
               erst trauen, Hilfe zu suchen.              tief abgestiegen in Drogen, Dunkelheit              seinen Wandel angezogen.
                                                          und Gefängnis. Er sei ganz unten ge-
               Conny, Sportjacke, strahlende blau-grü-    wesen. Aus dieser Zeit kennen ihn viele             Als das Projekt vor etwa 3 Jahren ausge-
               ne Augen, ist seit etwa 3 Jahren haupt-    Menschen in Göteborg. Ein Teil seines Le-           baut wurde, wurde Conny als hauptamt-
               verantwortlicher Angestellter der          bens spielte sich an öffentlichen Plätzen           licher Mitarbeiter angestellt. Seitdem
               Smyrna-Gemeinde in Göteborg für das        und in der Szene ab. Schließlich wollte er          arbeitet er hier mit ganzem Einsatz und
               „Food-Programm“. Mit Hilfe von Tina, ei-   auch nicht mehr leben. Er wusste keinen             weiß sich am richtigen Platz. Zudem un-
               ner der Diakoninnen der Gemeinde, ging     Ausweg mehr. Zurück in seine Gemein-                terstützt er eine befreundete Gemeinde
               es im Deutsch-Englisch-Schwedisch-Mix      de wollte er auch nicht. Er schämte sich            zweimal in der Woche als Streetworker.
               durch seine Lebensgeschichte.              und hatte viel zu viel Angst. Er wohnte             Er bekämpft heute nicht nur den phy-
                                                          aber in der Nähe. Und schließlich, als er           sischen Hunger der Mitmenschen nach
               Nein, er komme nicht aus einem christ-     eigentlich Schluss machen wollte, erleb-            Brot, sondern auch den seelischen nach
               lichen Elternhaus. Zuhause sei vieles      te er, wie er regelrecht in die Kirchenge-          Annahme, Vergebung und Sinn durch
               nicht gut gewesen. Heute würde man         meinde gezogen wurde. Es sei ein sehr,              seine Begegnung mit Jesus und dem
               von einer dysfunktionalen Familie spre-    sehr starkes Gefühl gewesen, nicht im               Weitersagen davon.
               chen. Ein entsprechendes Leben habe        Kopf, sondern im Herzen. Er habe einfach
               er dann geführt. Mit 31 Jahren habe er     hingehen müssen.
               Jesus kennengelernt und in sein Leben
               gelassen. Von da an sei es aufwärts ge-    Hier begegnete er Jesus erneut - das war
               gangen. Er habe geheiratet, seine Frau     2010. Er sei damals sehr kaputt gewesen.

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