Digital kann sozial - Capito
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Das Magazin zur Fachkonferenz des Netzwerks von atempo, capito und nueva Oktober 2018 Digital kann sozial Alle zur F Infos konf ach- eren z! Willkommen! KONFERENZ Das Programm des Tages. Seite 3 THEMA Alles über die Themen und die Vortragenden. Ab Seite 4 WEITERDENKEN Infos zur capito App und Links zum Weiterlesen. Seite 12
Fachkonferenz 2018 Der Tag des Entscheidens! Sie alle haben ja heute schon viele Entscheidungen zu geben, und sie anzuleiten, wie man gute Ent- getroffen. Sie sind morgens aufgestanden und nicht scheidungen trifft. im Bett versumpft. Sie haben sich für die Kleidung Wir möchten entscheiden und dürfen es auch. entschieden, die sie anhaben. Sie haben sich für Dafür durften wir ganz viel üben und lernen: Wir Kaffee oder Tee oder etwas Anderes entschieden. lernten, Informationen einzuholen und diese ab- Vor nicht allzu langer Zeit wurde diese Art von zuwägen, oder nicht immer nach dem Gefühl zu Entscheidungen für Menschen mit Lernschwierig- entscheiden. keiten getroffen. Das Betreuungspersonal fand das „Wir können alles lernen“, sagten uns die Interes- vernünftiger, weil Tee zum Beispiel sensvertretungen der Menschen mit Behinderung, gesünder ist als Kaffee. Heute wird als wir atempo gründeten, „Wir brauchen nur das entschieden, ob jemand im Internet passende Tempo und die richtigen Hilfsmittel“. Sie surfen kann oder nicht. hätten auch sagen können: „Wir können auch das Kürzlich berichtete eine Expertin Entscheiden lernen“. Dafür braucht es unterstützte aus Deutschland, dass nur ganz Entscheidungen. Wie das geht, lernen wir alle ge- wenige Wohnangebote ihren Kun- rade von den Kanadiern. Und Informationen brau- dinnen und Kunden WLAN, also chen wir dafür. Solche, die wir verstehen können. kabelloses Internet anbieten, damit capito? diese mit ihren Computern, ihren Tablets oder Was braucht es noch? Das Vertrauen der Fach- Smartphones surfen können. Die Wohn-Einrich- leute in den Behörden und Organisationen, tung sagt: Das Internet ist zu gefährlich für unsere wenn es ihnen denn wirklich um die Interes- Leute. Also kein WLAN! sen ihrer Kundinnen und Kunden geht. Wenn Wenn es aber tatsächlich um den Schutz vor es uns gemeinsam gelingt, diesem Ziel näher den Gefahren des Internets geht, dann gilt hier zu kommen, dann haben wir bei der Wahl des das Gleiche wie vor 30 Jahren, als viele mein- Themas für den heutigen Tag ein Stück weit richtig ten, man brauche versperrte Türen und hohe entschieden. Mauern, um Menschen mit Behinderung vor den Gefahren der Welt da draußen zu schützen. Dabei sollte es damals wie heute nicht darum gehen, zu entscheiden, wo andere hindürfen und wo nicht. Es sollte vielmehr darum gehen, ihnen zu zeigen, wie man sich dort bewegt, und wie man sich vor Gefahren schützen kann. Genau so ist es mit dem Entscheiden. Es geht nicht darum, Menschen mit Lernschwierigkei- ten zu sagen, das kannst Du nicht entscheiden, das entscheide ich für Dich. Es geht vielmehr darum, ihnen Hilfen in die Hand Klaus Candussi und Walburga Fröhlich
Fachkonferenz 2018 Das Programm 9.00 Uhr 12.05 Uhr Begrüßung Information und Selbstbestimmung. Moderation: Markus Metz, 1a Zugang Wie leicht verständliche Nachrichten Beratungsgesellschaft mbH und Mitglieder Teilhabe ermöglichen des Teams von nueva Baden-Württemberg Christian Kneil, Austria Presse Agentur Petra Clauss, Ministerium für Soziales und 12.45 Uhr Mittagspause Integration Baden-Württemberg 14.00 Uhr 9.20 Uhr Selbstbestimmt entscheiden! Entschieden für Vielfalt Ein menschenrechts-ethisches Muss Maggie Rausch Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl 10.00 Uhr 15.00 Uhr Kaffeepause Online Qualität bewerten – ein Modell 15.30 Uhr für Menschen mit Behinderung? Wir sind Chef Martin Konrad, nueva Nina Schnider, Österreich entscheidet 10.30 Uhr Kaffeepause 16.10 Uhr 10.45 Uhr Der Tag des Entscheidens Was können Menschen mit Behinderungen Walburga Fröhlich und Klaus Candussi, selbstbestimmt entscheiden? atempo Stephanie Aeffner, Landes-Behinderten- 16.30 Uhr Ausklang beauftragte Baden-Württemberg 11.25 Uhr Entscheidungen in Unternehmen: Lust, Frust, oder Last? Prof. Dr. Michael Meyer, WU Wien Oktober 2018 | Digital kann sozial 3
Maggie Rausch mit ihren Töchtern „Ich werde es allen sagen.“ Im Interview erzählt Maggie Rausch von ihrer Entscheidung für die Vielfalt. Sich für oder gegen ein Kind zu entschei- Enttäuschung, aber einige Sorgen und sehr viel den, gehört zu den ganz großen Entschei- Unwissenheit. Ich habe damals die Entscheidung dungen im Leben - erst recht, wenn es sich getroffen, alles wissen zu wollen. um ein Kind mit Behinderung handelt. Ge- wisse Untersuchungen vor der Geburt kön- Sie haben sehr viel am PC gesessen und nen diese Entscheidung sehr beeinflussen. recherchiert ... Wie war das bei Ihnen? … und ich habe mich dafür entschieden, meiner Ich wollte mich einer Entscheidung gegen mein Tochter Teresa jede Unterstützung zukommen zu Kind gar nicht erst stellen, geschweige denn eine lassen, die sie braucht, mich besser als gut zu in- solche Entscheidung treffen ... Also keine Tests für formieren, nichts unversucht zu lassen. Eine weite- mich. Als der Kinderarzt dann nach der Geburt re wichtige Entscheidung war, sie als etwas Neues vorgeschlagen hat, einen Bluttest zu machen, in meinem Leben willkommen zu heißen. wegen der Vermutung Down Syndrom, habe ich beschlossen, mich darauf einzustellen, dass der Welche Strategien haben Sie entwickelt, Test neue Erkenntnisse bringen könnte. Die Dia- um auf die Reaktionen ihrer Umwelt gnose kam telefonisch, und es gab bei mir keine vorbereitet zu sein? 4 Digital kann sozial | Oktober 2018
Fachkonferenz 2018 Wichtig für mich war die Entscheidung: Ich werde wichtige Entscheidung, dies alles einfach sein zu es allen sagen. Ich werde niemanden raten lassen. lassen. Weil es zu anstrengend ist. Der amerika- Das extra Chromosom ist ein Teil von Teresa, nicht nische Autor Andrew Solomon drückt das so aus: der wichtigste, aber nichts, was nicht ausgespro- „Ich verabscheue den Verlust von Vielfältigkeit auf chen werden darf. Es ist Teresas Normalität. dieser Welt, auch wenn es anstrengend ist, diese Vielfältigkeit zu repräsentieren.“ Teresa ist jetzt 10 Jahre alt. Welche Erfah- rung ist Ihnen heute besonders wichtig? Ich habe gelernt, wie wichtig eine respektvolle Sprache ist. Denn es kränkt mich für Teresa, wenn „behindert“ gesagt wird, aber unzulänglich, dumm, inkompetent, unfähig, o.ä. gemeint ist. An Teresas neuer Schule würde ich dazu gerne ein Projekt initiieren. Es müsste den Titel haben „Sag nicht ‚behindert‘, sondern sag was Du meinst.“ Welche Entscheidungen treffen Sie täglich? Ich entscheide mich täglich dafür, den Versuch zu machen, meine Haltung zu überdenken, Worte be- wusst zu wählen, Reaktionen zu sehen und auch zu übersehen. Das ist eine bewusste Entschei- dung und oft keine ganz einfache. Es ist auch eine Zur Person: Maggie Rausch Maggie Rausch ist begeisterte Mutter eines Mädchens mit chromosomaler Verfeinerung, auch bekannt als Down Syndrom oder Triso- mie 21. Ihre Lieblingsthemen sind Inklusion und respektvolle Sprache. Mehr über Maggie Rausch finden Sie im Buch „Inklusionsträume“, das am Empfang aufliegt. Oktober 2018 | Digital kann sozial 5
Fachkonferenz 2018 nueva geht online nueva entwickelt ein Online-Befragungs-Tool, das das nueva Wissen in die digitale Welt überträgt. von Martin Konrad, nueva nueva geht - zusätzlich zur bewährten Metho- und Klienten, Kundinnen und Kunden zu erhalten. de - den Weg der digitalisierten Befragung. Das Dafür nutzt nueva das Peer-to-Peer-Prinzip. Die bewährte nueva Instrumentarium wird nun in ein Evaluatorinnen und Evaluatoren kommen zum je- Online-Befragungs-Tool übertragen. weiligen Unternehmen ins Haus und führen dort Ein barrierefrei aufbereiteter Fragebogen steht im persönliche Interviews. Mehr als 15.000 Personen Internet zur Verfügung. Darüber hinaus unterstüt- haben bereits an nueva Interviews teilgenommen zen zum Beispiel Gebärdenvideos und erklärende und eine authentische Rückmeldung zur Betreu- Illustrationen das Verständnis der Fragen und ungsqualität gegeben – und damit entschieden, Antwortmöglichkeiten. Dieser Fragebogen kann wie sie leben möchten. am Desktop-Computer, am Tablet, iPad oder am Grundlage der persönlichen Interviews ist das Smartphone sehr niederschwellig beantwortet bewährte Know-how von nueva. Die Fragebögen werden. werden gemeinsam mit den Kundinnen und Kun- Kundinnen und Kunden, Klientinnen und Klienten den entwickelt sowie auf die jeweiligen Fragestel- können ihre Antworten zur erlebten Betreuungs- lungen und Bedürfnisse angepasst. Die Ergebnisse qualität jederzeit geben. Die Ergebnisse dazu kön- geben detailliert und authentisch Aufschluss über nen in Echtzeit abgerufen werden. die subjektive Bewertung der Dienstleistungen – auch für Dienstleistungs-Anbietende eine sehr Grundsätzlich ist es immer das Ziel einer nueva wertvolle Entscheidungsgrundlage. Umfrage, verlässliche Daten zur erlebten Qualität Martin Konrad referiert gemeinsam mit Team-Mit- von Dienstleistungen aus Sicht der Klientinnen gliedern von nueva Baden-Württemberg. Martin Konrad 6 Digital kann sozial | Oktober 2018
Fachkonferenz 2018 Selbst gestalten, nicht andere entscheiden lassen Über die Situation von Menschen mit Behinderungen, die gesetzliche Seite dabei und die politischen Forderungen von Stephanie Aeffner, Behindertenbeauftragte des Landes Baden-Württemberg Menschen mit Behinderung sind noch immer in zierung von Menschen mit Behinderungen sowie ihrer Entscheidungsfreiheit bei ganz zentralen The- für mehr Empowerment-Angebote. men eingeschränkt, wie zum Beispiel bei der Wahl Jede und jeder einzelne sollte sich informieren, von Wohnort und Wohnform, Schule, Ausbildung verschiedene Möglichkeiten in Betracht ziehen, und Beruf, bei der Freizeitgestaltung, bei der Mo- und sich nicht nur für das Bekannte entscheiden. bilität und bei der Familienplanung. Wichtig ist, sich selber etwas zuzutrauen und da- Menschen, die eine Betreuung in allen Ange- bei auch die Bereitschaft zu haben, „auf die Nase legenheiten haben, dürfen auch nicht wählen. zu fallen“. Man muss sich trauen, für sich selbst zu Landesgesetze regeln dies für Kommunal- und sorgen und damit nicht jedem gefallen zu wollen. Landtagswahlen. Das soll jedoch noch vor den Ich selbst habe mich für das politische Engage- nächsten Kommunalwahlen im Mai 2019 geändert ment entschieden, weil ich etwas gestalten will - werden. anstatt andere für mich entscheiden zu lassen. Ich Für eine Wahlentscheidung brauchen Menschen bin der Ansicht, dass ich mich engagieren kann Informationen – von Nachrichten, über Wahlpro- – somit trage ich auch eine Verantwortung. So gibt gramme bis hin zu öffentlichen Veranstaltungen. es zum Beispiel immer wieder Lücken, wo mit be- Die müssen barrierefrei und verständlich sein. Das stehenden Regeln, Gesetzen oder Bedingungen ist gerade bei Kommunalwahlen noch sehr selten für manche Probleme keine Lösungen zu finden der Fall. sind. Dann trage ich gerne dazu bei, die Rahmen- Mit dem Bundesteilhabegesetz soll jeder Mensch bedingungen zu verändern. mit Behinderung die Unterstützung bekommen, die er für ein selbstbestimmtes Leben braucht. Hier gibt es drei Ebenen, die zu mehr Selbstbestim- mung beitragen können: Es geht um die Beratung und Unterstützung im Einzelfall, um die Interes- senvertretung und um die Fördersystematik. Damit mehr Selbstbestimmung möglich wird, braucht es politische Entscheidungen. Entschei- dungen für mehr Barrierefreiheit, für die Finan- zierung von Unterstützungsleistungen, für die Schaffung von Angeboten, die Menschen mit Behinderungen nachfragen, für die Kontrolle der Qualität der Angebote, für die Bildung und Qualifi- Stephanie Aeffner
Fachkonferenz 2018 Entscheidungen in Unternehmen: Lust, Frust, oder Last? Entscheidungen sind der Pulsschlag des Managements. Doch was ist eine Entscheidung überhaupt, welche Taktiken des Entscheidens gibt es, wo liegen die Risiken, und warum fällt uns das Entscheiden zunehmend schwer? von Prof. Dr. Michael Meyer, Wirtschaftsuniversität Wien Entscheidungen sind Wahlakte. Wer keine Wahl Entscheidungen müssen Erwartungen gerecht hat, kann nicht entscheiden. Entscheidungen ha- werden. Meistens muss ich eine Entscheidung ben aber ein Vor- und ein Nachspiel, sie kosten begründen. Zeit und werden zu einem fehleranfälligen Pro- Mit jeder Entscheidung entsteht Zurechnung: zess. Der Prozess besteht aus den Phasen Prob- Wenn es sich später als falsch herausstellt, werde lemanalyse, Informationsverarbeitung, Wahlakt, ich dafür verantwortlich gemacht. Ich werde zum Umsetzung und Implementierung. In der Praxis Helden oder zum Sündenbock. können je nach Entscheidungstyp einzelne Phasen Die Empfehlungen für ein besseres Entscheiden entfallen, in sehr unterschiedlicher Länge auftre- sind widersprüchlich: Auf der einen Seite feiert die ten, sich überschneiden oder überlagern. In allen Intuition eine Renaissance. Kognitive Abkürzungen Phasen werden kleine Entscheidungen getroffen, und vereinfachte Denkprozesse haben ihre Vorteile, in dem die Informationssuche abgebrochen, die auch wenn sie fehleranfällig sind. Auf der anderen Problemanalyse in einer späteren Phase wieder- Seite suggeriert die Big-Data-Manie, dass wir der aufgenommen, die Alternativenwahl beschränkt Vollständigkeit von Information und Alternativen oder die Alternativenbewertung abgekürzt wird. und damit dem Ideal des rationalen Entscheidens Wir machen in diesen Phasen typische Fehler: Wir noch nie so nahe waren wie jetzt. sammeln Informationen, um uns das zu bestätigen, Beides übersieht die soziale Dimension. Neben was wir ohnehin schon immer gewusst haben. Wir Gewinnen und Verlusten muss ich mich auch fra- bewerten die Alternativen nur auf Basis weniger gen: Welche Auswirkungen hat die Entscheidung Kriterien. Wir unterschätzen die Mühen der Ebene auf für mich relevante andere? Auf mein Selbstbild? bei der Implementierung. Kann ich mich nachher noch im Spiegel anschau- Mit dem Entscheiden ist in jedem Fall ein Denkpro- en? Wie sehen mich dann meine Freunde, meine zess verbunden. Je aufwändiger dieser ist, desto Familie, meine Verwandten? Hätte die VW-Leitung stärker ist die Bindung der oder des Ent- beim Abgasbetrug anders entschieden, wären ihr scheidenden an die Entscheidung. Wir diese oder ähnliche Fragen gestellt worden? tendieren dazu, etwas besonders zu schätzen, was wir mühsam ent- schieden haben (IKEA-Effekt). Und oft erkennen wir viel zu spät, wenn eine Entscheidung falsch war. Prof. Dr. Michael Meyer
Fachkonferenz 2018 Politische und gesellschaftliche Teilhabe durch Nachrichten in einfacher Sprache Ein Projekt von APA und capito mit Unterstützung des österreichischen Sozialministeriums von Christian Kneil, Austria Presse Agentur (APA) Mehr als 40 Prozent der Erwachsenen verstehen ten Themen des Tages (von Politik über Wirtschaft, komplizierte Informationen nicht. Sie können die- Chronik und Kultur bis Sport und Society). Bei der se nicht sinnerfassend lesen. Dazu zählen in der Erstellung von TopEasy bekommt die APA Hilfe Regel auch Nachrichten. Diese Menschen haben von capito in Form von Beratung, Feedback und deshalb Probleme, sich voll am gesellschaftlichen Schulungen. Das österreichische Sozialministerium und politischen Leben zu beteiligen. Sie können unterstützt das Projekt finanziell. nicht mitreden. Sie wissen zu wenig über politische TopEasy wurde bisher sehr positiv aufgenommen. Entwicklungen. Und damit fehlt ihnen auch die not- Mehrere zehntausend Menschen lesen derzeit pro wendige Entscheidungsgrundlage bei Wahlen und Monat diese Nachrichten in einfacher Sprache. Abstimmungen. Die Gründe, warum Menschen Unter anderem wird TopEasy im Teletext des ORF Nachrichten nur schlecht verstehen, sind vielfältig: gezeigt. TopEasy soll in Zukunft von noch mehr Lernbehinderungen, Hörbehinderungen, geringe Menschen gelesen werden. Deshalb gibt es die Schulbildung, fortgeschrittenes Alter oder nicht- Nachrichten in einfacher Sprache seit kurzem in deutsche Muttersprache. Bisher gab es für diese zwei Schwierigkeitsstufen. Die Nachrichten wer- Menschen nur sehr wenige und schwer zugäng- den jetzt auch mit aktuellen Fotos bebildert. APA liche Nachrichtenangebote in einfacher Sprache. und capito sind derzeit auf der Suche nach weite- Die APA – Austria Presse Agentur - stellt seit An- ren Medien-Partnerschaften, die dabei helfen sol- fang 2017 von Montag bis Freitag einen täglichen len, Nachrichten in einfacher Sprache in Österreich Nachrichtenüberblick in einfacher Sprache zur weiter zu verbreiten. Verfügung. Er heißt TopEasy. TopEasy besteht aus Das Ziel von TopEasy: Jeder Mensch hat die Mög- vier bis sechs kurzen Meldungen zu den wichtigs- lichkeit, Nachrichten in einer Sprachstufe zu lesen, die er oder sie gut versteht. Nur so können alle an der Gesellschaft teilhaben. Christian Kneil Oktober 2018 | Digital kann sozial 9
Fachkonferenz 2018 Selbst-bestimmt entscheiden! Ein menschenrechts-ethisches Muss von Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, Mitglied des Deutschen Ethikrates Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben nach den Vertretung ernannt wird, wenn eine Assistenz-Per- eigenen Vorstellungen zu gestalten - unabhängig son Unterstützung leistet oder eine bevollmächtig- von seinen Fähigkeiten, von Herkunft, Hautfarbe te Person Entscheidungen übernimmt? oder Geschlecht. Bei eingeschränkter Selbstbestimmungs-Fähigkeit Während die Menschenrechte in den Grundgeset- muss gelten: Assistenz vor Ersatz. Jemanden im zen vieler Staaten verankert wurden, ist die Selbst- Entscheidungsprozess zu unterstützen, ist im- bestimmung der wichtigste Punkt in der Behinder- mer besser, als etwas für die betreffende Person tenrechts-Konvention der Vereinten Nationen. Die zu entscheiden. Letzteres sollte nur unter ganz Fähigkeit und die Möglichkeit, Entscheidungen für besonderen Bedingungen möglich und immer das eigene Leben zu treffen, sind also ein Grund- begrenzt auf das Notwendige sein, begleitet vom recht und die Basis für ein selbstbestimmtes, wür- Streben nach weitestgehender und schnellstmög- devolles Leben. licher Aufhebung. Eine wichtige Rolle bei Fragen der Würde und der In diesem Zusammenhang ist ja immer gern vom Selbstbestimmung spielt die Gemeinschaft, das „Wohl des unterstützten Menschen“ die Rede. Aber Verhältnis des Einzelnen zu einer Gruppe von Men- was ist eigentlich dieses Wohl? Und wer entschei- schen. Denn Würde wird erst im Zusammenspiel det das? mit anderen erfahrbar und wirksam. Sie äußert Es gibt natürlich objektive Ziele wie zum Beispiel sich in zwischenmenschlicher Anerkennung und die Gewährleistung von Grundbedürfnissen und Achtung, im Möglich-Machen von Entscheidun- Grundrechten sowie die Gewährleistung von gen, im Einfordern von gegenseitiger Achtung und „Wohlbefinden“ durch Sicherung und Förderung Solidarität. Somit ist die Forderung nach Inklusion, physischer und psychischer Interessen. Dies sind nach Einbeziehung in allen Aspekten des Lebens, insbesondere Erfahrungen der Selbstwirksamkeit, auch eine Forderung nach Ausleben von Würde. der Selbstachtung und der Selbstwertschätzung. Auf der anderen Seite gibt es auch weiche Fak- Wie kann nun jemand selbstbestimmt leben, wenn toren, subjektive Kriterien für ein „Wohl“, wie etwa dies aufgrund von Behinderungen nicht oder die Lebensqualität als ein bestimmtes Maß an Ge- kaum möglich ist? Denn die Verantwortung für sei- sundheit und Zufriedenheit. ne Entscheidungen kann nur jemand übernehmen, Worin das Wohl besteht – auch das sollte nach der einsichts-, urteils- und handlungsfähig ist. Wie Möglichkeit die betreffende Person entscheiden, kann man dies rea- um somit wieder ein Menschenrecht auszuüben. lisieren, wenn eine Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl 10 Digital kann sozial | Oktober 2018
Fachkonferenz 2018 Wir sind Chef! Wir fühlen uns hilflos angesichts vieler Probleme: Jugendarbeitslosigkeit, Armut, Lücke zwischen reich und arm, Flüchtlinge, Krieg, Terrorismus ... Offensichtlich kann „die Politik“, wie wir sie bisher kennen, diese Probleme nicht mehr lösen. Also muss sich etwas verändern. von Nina Schnider, Citizens for Democracy In Unternehmen oder auch in Familien kommt es Wir brauchen ein Betriebssystem, das beides ein- immer wieder vor, dass Strukturen, Modelle oder hält: Weisung und Kontrolle und darüber hinaus Organisationen plötzlich nicht mehr funktionieren. auch agile Netzwerke. Das macht alles nicht wirk- Daraus entwickeln sich – sehr langsam oder auch lich einfacher ... sehr plötzlich - neue Modelle, mit denen Erneu- Wenn ich über Innovationen nachdenke, fällt mir erung möglich wird. Im politischen System sehen immer das Fliegen ein: Es hat viele Pioniere ge- wir derzeit jedoch keine Systemveränderung. Wir braucht, viele Bruchlandungen, viel Lernen aus wählen nur neue Köpfe, die im gleichen System Fehlern - bis zwei Brüder dann tatsächlich geflo- arbeiten. Aber: Es gibt längst Techniken und Ideen, gen sind. Ab diesem Zeitpunkt gab es nicht mehr die neue Entwicklungen zulassen und gleichzeitig die Frage, ob es geht, sondern wie es geht und ermöglichen könnten. wie man es verbessern kann. Was in anderen Bereichen funktioniert, möchten Beim Thema Zusammenarbeit in Unternehmen wir auf unsere Demokratie anwenden. Jede und und auch in unserer demokratischen Gesellschaft jeder könnte so einen Beitrag leisten zu einer Ver- sind wir auch in solch einer Phase: Wir erleben, besserung der Demokratie, könnte Lösungen ent- dass das, was wir bisher haben, nicht gut genug wickeln und Probleme selber in die Hand nehmen. ist, nicht richtig fliegt. Und wir haben viele neue Es geht also nicht um die Aushebelung des poli- Ideen, die ausprobiert werden. Einige Bruchlan- tischen Systems, sondern um eine Ergänzung zur dungen hat es schon gegeben, und wir haben Repräsentativen Demokratie. Unser Ziel dabei: daraus gelernt. Mehr Mitbestimmung fürs Volk. Lasst uns alle Pioniere sein und im Kleinen wie im Während innovative Unternehmen ganze Ge- Großen herausfinden, in welcher Gesellschaft wir schäftsbereiche transformieren, hat sich sonst in morgen leben wollen. der Art, wie Unternehmen geführt werden, sehr wenig getan. Die Hierarchie-Pyramide bleibt. Wir glauben an eine „verteilte Führung“. Die Idee von „Wir sind Chef“ heißt nicht: „Alle sind Häupt- ling”. Die Idee besteht vielmehr darin, gemeinsam Verantwortung im Unternehmen zu übernehmen - und zwar alle: alle führen, alle folgen. Oktober 2018 | Digital kann sozial 11
Fachkonferenz 2018 Leicht verständlich informiert mit der capito App! Die Vortragenden haben uns vorab eine Einführung in das Thema ihres Vortrags gegeben. Diese Einführung haben wir in eine leicht verständliche Sprache übersetzt. Diese Übersetzungen erhalten Sie mit der capito App. Dafür einfach den jeweiligen QR-Code scannen und die leicht verständlichen Erklärungen direkt am Handy nachlesen oder anhören! Verwenden Sie einfach diesen Übersichts-QR-Code für alle Informationen oder nutzen Sie jeweils die QR- Codes neben den Texten der Vortragenden. Die Veranstalter atempo www.atempo.at capito Save th www.capito.eu www.capito.eu/app Nächste e date Fachkon fe renz: nueva www.nueva-network.eu 25. Sep tember www.nueva-online.eu Düsseld 2019 orf Schriftdolmetsch: www.verbavoice.de Impressum: Herausgeber und Medieninhaber: CFS GmbH, Walburga Fröhlich, Klaus Candussi Heinrichstraße 145, 8010 Graz Österreichische Post AG / Info Mail Entgelt bezahlt Tel. 0043 (0)316 81 47 16 0 E-Mail: eva.bucht@atempo.at www.atempo.at Redaktion: Eva Bucht, Fotos: atempo, capito, APA, Fotolia, Stiefkind Fotografie, Druck: Medienfabrik Graz
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