Digitales Lernen - eine wissenschaftliche Perspektive - Frank Fischer Ludwig-Maximilians-Universität München Hirschberger Realschultage 2018
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Digitales Lernen – eine wissenschaftliche Perspektive Frank Fischer Ludwig-Maximilians-Universität München Hirschberger Realschultage 2018
Öffentliche Diskussion zur digitalen Bildung …zwischen Digitaler Demenz und 21st Century Skills ... Fokus auf Ausstattung (“5 Milliarden aus Berlin”) …zunehmend spöttisch („Digitales Geräteturnen“)
Können digitale Medien das schulische Lernen verbessern? • Positiver Effekt auf kognitiven Lernerfolg (Metaanalyse über 25 Metaanalysen mit über 1000 Studien: Schmid et al., 2013; Tamin et al., 2011) – Effekte kleiner für Präsentationsmediennutzung, “Überdosierung” möglich – Kleine bis mittlere Effekte für spielbasiertes Lernen auf kognitiven Lernerfolg; größere Effekte (Wouters et al., 2013) – Individuelles Üben und Feedback mit guten Effekten auf Fertigkeitserwerb – Mittlere bis große Effekte bei angeleiteten, anspruchsvollen Aktivitäten mit digitalen Medien – Strukturierte Gruppenaktivitäten mit digitalen Medien mit großen Effekten (Vogel et al., 2016; Wouters et al, 2013)
Können digitale Medien das schulische Lernen verbessern? • Effekte auf Motivation kurzfristig (Wouters et al., 2013) • Verknüpft mit Unterricht bessere Effekte als Stand-alone Lernprogramme / Apps (Metaanalyse von Slavin, 2011)
Qualität des Medieneinsatzes der Lehrkräfte Interaktiv (z.B. Peer-Feedback in eigene Förderung interaktiver Argumentation einbauen) Lernaktivitäten Qualitätsstufe 4 Konstruktiv (z.B. einen Förderung konstruktiver eigenen Kritikpunkt Lernaktivitäten oder Beispiel in eine Qualitätsstufe 3 Förderung aktiver Online-Diskussion Lernaktivitäten einbringen) Qualitätsstufe 2 Aktiv (z.B. zusätzlich notieren; Faktenfragen beantworten) Förderung passiver Lernaktivitäten Qualitätsstufe 1 Passiv (z.B. einer PowerPoint-Präsentation zuhören) vgl. Chi (2009); Chi & Wiley (2014)
Beispiel • Projekt “Internetkompetenz an Schulen” (Wecker, Kollar, Langer & Fischer, 2010; 2016) • Thema “Grüne Gentechnik” • Beispiel für eine Lernumgebung mit konstruktiven und interaktiven Elementen • Ziele: Erwerb von Fach- und Medienkompetenz
Haben die "Digital Natives" nicht wenigstens eines sicher: Digitale Medienkompetenz? • Reicht Medienkompetenz der heutigen Schülerinnen und Schüler nicht aus? • Ausreichende Medienkompetenz nur bei manchen: Entspannungsorientierte oder informationsorientierte Nutzung in der Freizeit http://www.supercell.n et/games/view/hay-day • Bessere Schulnoten in Mathematik, wenn digitale Medien zu Hause "anspruchsvoll" genutzt werden (Senkbeil & Wittwer, 2008).
Digitale Medienkompetenzen • KMK-Vorschlag zur Medienbildung (2016) • Digitaler Campus Bayern (2017)
KMK (2016); Digitaler Campus Bayern (2017)
Was sollten Lehrkräfte können, um diese Kompetenzen bei Schülerinnen und Schüler zu fördern? Reicht die Medienkompetenz heutiger Lehrkräfte nicht aus?
19 Lehrkompetenzen für das Unterrichten in einer digitalisierten Welt
Neue Rolle der Lehrkraft? Sage on the stage? Guide at your side? Classroom orchestrator: Dirigent medienunterstützter Lern- und Interaktionsprozesse im Klassenzimmer!
Eine empirische Studie an bayerischen Schulen
Digitale Bildung an bayerischen Schulen – Infrastruktur, Konzepte, Lehrerbildung und Unterricht Frank Fischer, Michael Sailer & Julia Murböck Vortrag auf der Tagung „Digitale Medien in bayerischen Schulen“, vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (November 2017)
Methodisches Vorgehen der Studie Telefonbefragung • Repräsentative Telefonbefragung, durchgeführt von der GMS Dr.-Jung GmbH vom 6. März bis 10. April 2017. • 410 Lehrkräfte an bayerischen Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien, Quotenstichprobe auf Grundlage statistischer Referenzdaten nach Regierungsbezirk und Schulform. • Analysemethode: deskriptive Statistiken, Zusammenhangs- und Unterschiedsanalysen (z.B. Regressionsanalysen, Varianzanalysen).
Methodisches Vorgehen der Studie Curriculare Analyse • Zeitraum der Analyse: Mai bis September 2017. • Datengrundlage: aktuellste Lehrpläne der Mittel- und Realschule sowie Gymnasium, Module der Lehramtsausbildung und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte. • Dokumente wurden daraufhin analysiert, inwieweit sie die Förderung von medienbezogenen Kompetenzen beinhalten.
Ergebnisse – Merkmale der Schule und Bildungsadministration
Merkmale der Schule und Bildungsadministration (I) • Etwa drei Viertel der Schulen verfügen nach Angaben der Lehrkräfte über ein Medienkonzept und Schulleitungen ermutigen den vermehrten Einsatz digitaler Medien im Unterricht. • Trotz weitgehender WLAN-Abdeckung gibt noch immer die Hälfte der Lehrkräfte an, dass die Netzanbindung zu langsam sei. • Unterstützung durch technische Fachkräfte und medienpädagogisch- informationstechnische Berater noch nicht ausreichend vorhanden.
Verfügbarkeit digitaler Medien
Medienkompetenzen in schulischen Lehrplänen
Merkmale der Schule und Bildungsadministration (II) • Grundausstattung an digitalen Medien vielerorts vorhanden: – Dabei überwiegen Präsentationsmedien und insbesondere der Beamer, während interaktivere Anwendungen etwa im Zusammenhang mit Tablets noch nicht denselben hohen Verbreitungsgrad haben. • Häufige Verankerung von Medienkompetenzen in den bayerischen Lehrplänen: – Es kommen zwar alle Medienkompetenzen in jeder Schulart früher oder später vor – verteilt über Jahrgangsstufen und Fächer. – Eine klare Systematik ist aber kaum erkennbar.
Ergebnisse – Qualifizierung der Lehrkräfte
Medieneinsatz in Aus- und Fortbildung, der über Präsentieren hinausgeht
Medienbezogene Kompetenzen in den Lehramtsstudiengängen (nach Fächern)
Medienbezogene Kompetenzen in Fortbildungen (nach Fächern)
Qualifizierung der Lehrkräfte • Die Analyse der Lehrangebote an bayerischen Universitäten zeigt, dass digitale Bildung bislang nur wenig in Lehramtsstudium angekommen ist. • Im Rahmen von Fortbildungen sind Aspekte digitaler Bildung bereits in vielen Veranstaltungen verankert. • Keine einheitliche Konzeption von medienbezogenen Kompetenzen für Lehrkräfte, die Einzelveranstaltungen oder gar Phasen der Lehrerbildung verbindet.
Ergebnisse – Medienbezogene Kompetenzen der Lehrkräfte
Sharing Eigene Medienkompetenzen Bedienen und Anwenden Evaluation Suchen und Verarbeiten Planung Kommunizieren und Kooperieren Produktion von Medieninhalten Lernpotentiale v. Medien nutzen Realisierung Sailer, Murböck & Fischer, 2017; vgl. Forschungsgruppe Lehrerbildung Digitaler Campus Bayern, 2017 Medienbezogene Kompetenzen der Lehrkräfte
Mediendidaktische Lehrkompetenzen (I)
Mediendidaktische Lehrkompetenzen (II)
Medienbezogene Kompetenzen der Lehrkräfte • Lücken in der Qualifizierungskette werden auch bei den Ergebnissen zu den medienbezogen Kompetenzen der Lehrkräfte deutlich: – Lehrkräfte verfügen über gut ausgeprägte Kompetenzen zur Nutzung von digitalen Medien im Alltag. – Gilt leider nicht für mediendidaktische Lehrkompetenzen. • Viele Lehrkräfte haben in Studienzeit und Referendariat kaum interaktiven Medieneinsatz erlebt, der über Präsentationen und Herunterladen der Folien hinausging. • Fortbildung ist hier schon weiter.
Ergebnisse – Medieneinsatz der Lehrkräfte
Quantität des Medieneinsatzes
Qualität des Medieneinsatzes der Lehrkräfte Förderung interaktiver Lernaktivitäten Qualitätsstufe 4 Förderung konstruktiver Lernaktivitäten Qualitätsstufe 3 Förderung aktiver Lernaktivitäten Qualitätsstufe 2 Förderung passiver Lernaktivitäten Qualitätsstufe 1 vgl. Chi (2009); Chi & Wiley (2014)
Qualität des Medieneinsatzes
Medieneinsatz der Lehrkräfte • Quantität des Medieneinsatzes: Digitale Medien sind im Unterricht angekommen. • Hinsichtlich der Qualität des Medieneinsatzes dominieren digital gestützte Präsentationen. • Potenziale digitaler Medien für aktive, konstruktive und interaktive Lernaktivitäten bislang weniger realisiert.
Mögliche Einschränkungen • Stichprobe: mediennähere Lehrkräfte evtl. eher bereit, sich zu beteiligen. • Selbsteinschätzungen der Lehrkräfte weichen evtl. vom tatsächlichen Verhalten ab. • Große Handlungsspielräume bei der Umsetzung der Modulbeschreibungen für Dozierende an bayerischen Hochschulen, daher gewisses Risiko einer Fehleinschätzung. • Keine Kausalinterpretationen möglich.
Empfehlungen Systematischere Verankerung von Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Lehrplänen.
Empfehlungen Bessere Ausstattung für eine qualitativ höherwertige Verwendung digitaler Medien.
Empfehlungen Entwicklung von Medienkonzepten, in denen auch die Qualität des Medieneinsatzes verankert ist.
Empfehlungen Technische und medienpädagogische Unterstützung flächendeckend ausbauen.
Medienbezogene Lehrkompetenzen Empfehlungen fördern: Orchestrieren statt nur präsentieren.
Empfehlungen Kollegiale Kooperation im Bereich der digitalen Medien fördern – Sharing.
Empfehlungen Ausbau und bessere Abstimmung der medienbezogenen Angebote in der Hochschullehre für angehende Lehrkräfte.
Empfehlungen Medienbezogene Qualifizierung der in der Lehrerbildung tätigen Dozentinnen und Dozenten.
Empfehlungen Entwicklung eines phasenübergreifenden Konzepts zur Förderung der medienbezogenen Kompetenzen von Lehrkräften vom Studium über das Referendariat bis zur Fortbildung.
Downloads und Kontakt Bericht zur Studie: https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zugaengliche-Medien/Abteilungen-GS/Bildung/2017/Downloads/Bi-0146- 001_vbw_Studie_Digitale-Bildung-an-bayerischen-Schulen.pdf Artikel zu den Kernkompetenzen: http://www.merz-zeitschrift.de/dateien/merz_4-17_Kernkompetenzen_Von_Lehrkraeften.pdf Kontakt: Frank.Fischer@psy.lmu.de Michael.Sailer@psy.lmu.de Julia.Murböck@psy.lmu.de
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