Digitalisierung messbar machen - Ein soziotechnisches KPI-Modell für die digitale Transformation - Industrie 4.0 Management
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Soziotechnische Systeme Digitalisierung messbar machen Ein soziotechnisches KPI-Modell für die digitale Transformation Felix Krol, Birgit von See und Wolfgang Kersten, Technische Universität Hamburg Eine erfolgreiche digitale Transformation hin zum Zielbild der Industrie 4.0 Measuring Digitalization – A Sociotechnical ist heute bereits für viele Unternehmen ein entscheidendes Wettbewerbskri- KPI Model for the Digital Transformation terium. Die anhaltende globale COVID-19-Pandemie hat die Notwendigkeit A successful digital transformation for attaining der Digitalisierung in den Unternehmen deutlich gemacht und diese zusätz- Industry 4.0, is a crucial success criterion for many lich beschleunigt. Insbesondere in dieser Zeit sind die Unternehmen jedoch companies today. The ongoing global COVID-19 mit einer ungewissen Auftrags- und Ertragslage konfrontiert und müssen pandemic has shown the need for digitalization ihre Investitionsbudgets zielgerichtet einsetzen. Als Entscheidungsgrundla- in companies and has further accelerated this development. However, these times, compa- ge bietet sich die Bestimmung der digitalen Reife mithilfe eines fundierten nies are confronted with an uncertain order and Kennzahlensystems an. Dieser Beitrag entwickelt ein solches soziotechni- profit situation. Thus, they need to allocate their sches Digitalisierungs-KPI-Modell entlang der Dimensionen „Strategie und investments purposefully. Evaluating the digital Führung“, „Digitalkompetenzen/Humankapital“ und „Intelligente Prozesse“. maturity by using a profound indicator system is Das Modell kann zukünftig als Grundlage für die Bestimmung des digitalen therefore a sound basis for decision making. This paper develops such a sociotechnical KPI model Reifegrads und darauf aufbauend der Allokation von Digitalisierungs-Inves- along the dimensions “Strategy and Organiza- titionen genutzt werden. tional Leadership”, “Digital Skills/Human Capital” as well as “Smart Process/Operations”. In the future, this model can be used for determining the digital Dieser Beitrag fokussiert die Hemmnis für die mittelständische Digitalisie- maturity and thus, it can be applied for allocating digitalization investments. Messbarkeit der fortschreiten- rung [4]. Die Mehrheit der KMU verhält sich in den digitalen Transformation der digitalen Transformation passiv und kann Keywords: digital transformation, indicators, socio-techni- durch ein Kennzahlensys- die Bedeutung von disruptiven Entwicklungen cal system, industry 4.0 tem. Durch die globale CO- für das eigene Unternehmen nicht einschätzen VID-19-Pandemie hat sich die [5]. Diese Unternehmen sind besonders durch digitale Transformation, die das Risiko betroffen, aufgrund ihrer fehlen- das Zielbild der Industrie 4.0 verfolgt, seit dem den digitalen Reife mittelfristig aus der Supply 1. Halbjahr 2020 deutlich beschleunigt und wird Chain auszuscheiden [6]. für (produzierende) Unternehmen auch in den kommenden Jahren eine hohe wirtschaftliche Diese Ursachen lassen die Schlussfolgerung Relevanz haben [1]. So bewerten Unternehmen zu, dass insbesondere KMU ein Messwerk- Felix Krol, M. Sc. arbeitet als wis- in Logistik und Supply Chain Management die zeug fehlt, mit dem sie fundiert den Status senschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Hamburg Digitalisierung von Geschäftsprozessen heute quo ihrer digitalen Reife bestimmen können. am Institut für Logistik und Unter- als den für sie relevantesten Trend [2]. Trotz der Durch die Bewertung der digitalen Reife kann nehmensführung. anhaltenden Corona-Krise sind die Sicherung anschließend eine zielgerichtete Priorisierung von Innovations-/Wettbewerbsfähigkeit und der nächsten Schritte sowie eine Allokation die Gestaltung der Digitalisierung die wichtigs- der damit verbundenen Investitionen vorge- ten Handlungsfelder für kleine und mittlere Un- nommen werden. Dazu werden zunächst aus- ternehmen (KMU) [3]. sagekräftige Messgrößen benötigt, mit denen der Status quo der digitalen Transformation Dr. Birgit von See arbeitet als Postdoc Dennoch ist die Auftrags- und Ertragslage ins- bestimmt werden kann. In diesem Beitrag und stellvertretende Oberingenieu- rin an der Technischen Universität besondere für KMU derzeit mit hohen Unsi- wird für alle Messgrößen übergreifend der Hamburg am Institut für Logistik und Unternehmensführung. cherheiten belastet. Akut hat für viele KMU die Begriff Key Performance Indikator (KPI) ver- Sicherung der eigenen Liquidität oberste Pri- wendet. Ob die jeweilige Messgröße als (Key) orität [3]. Die verbleibenden, geringen Inves- Performance Indikator definiert wird, muss titionsbudgets für die Digitalisierung müssen vom anwendenden Unternehmen eigenstän- mehr denn je zielgerichtet in die erfolgverspre- dig und individuell festgelegt werden [7]. Vor chendsten Geschäftsfelder und Technologien dem Hintergrund der Mensch-Technik-In- investiert werden. teraktion in der digitalisierten Arbeitswelt Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Kersten leitet an der Technischen Universität wird im Nachfolgenden ein soziotechnisches Hamburg das Institut für Logistik und Unternehmensführung. Neben stark begrenzten Investitionsbudgets KPI-Modell entwickelt, das für die Entwick- logu@tuhh.de sind insbesondere fehlende Digitalisierungs- lung eines Digitalisierungs-Reifegradmodells www.logu.tuhh.de kompetenzen der Belegschaft ein wesentliches genutzt werden kann. 30 Industrie 4.0 Management 37 (2021) 3
Soziotechnische Systeme 1 Forschungsansatz Schlagwort 1 UND Schlagwort 2 Datenbanken Das entwickelte KPI-Modell basiert auf einem Indicator* Digitalization* Web of Science zweistufigen, literaturbasierten Forschungsan- ODER ODER SCOPUS satz. In einem ersten Schritt wurden mittels einer Literatur- und Internetrecherche (Schneeballsys- KPI* Digitalisation* EBSCO host tem) übergeordnete Themenfelder (insgesamt neun Dimensionen und 30 Subdimensionen) für das KPI-Modell identifiziert. Die strukturierte Identifiziert durch Datenbanksuche Identifikation Auswahl ebendieser fußt auf der Analyse von 19 (n = 190 Artikel) bestehenden Digitalisierungs-Reifegradmodel- len aus sowohl wissenschaftlichen als auch pra- Verbleiben nach Entfernen von Duplikaten (n = 139 Artikel) xisorientierten Beiträgen. Vorausw. In einem darauffolgenden zweiten Schritt wur- Titel und Abstract auf Eignung beurteilt Nach Vorauswahl ausgeschlossen (n = 139 Artikel) (n = 85 Artikel) den dann mithilfe einer Schlagwortsuche ins- gesamt 965 KPIs identifiziert. Basis der Analyse bildete eine Kombination aus einer systema- Eignung Volltext auf Eignung beurteilt Volltextartikel ausgeschlossen tische Literaturrecherche nach Fink [8] sowie (n = 54 Artikel) (n = 41 Artikel) einer ergänzenden Recherche wissenschaftli- cher und praxisorientierter Quellen. Der ver- Einschluss wendete Suchstring sowieso das Vorgehen in Artikel eingeschlossen für KPI-Analyse (n = 13 Artikel) der systematischen Literaturrecherche wird in Bild 1 ersichtlich. Mittels einer zweistufigen Evaluierung durch vier Wissenschaftler*innen wurden die Indikatoren ausgewählt, die zur entstehen, strategisch bewältigen zu können Bild 1: Suchstring, Ermittlung des Status quo der digitalen Trans- [13] und schaffen damit auch die Basis für die Quellen und Flowchart formation von produzierenden Unternehmen Entwicklung und Implementierung neuer Ge- der Systematischen genutzt werden können. Im Ergebnis wurden schäftsmodelle [14]. Entsprechende Faktoren Literaturrecherche. 488 Digitalisierungs-KPI in das Modell integriert, sind demnach bei der Bewertung der digitalen die in der Evaluation einen Konsens erzielten. Reife mittels KPI zu berücksichtigen. Als relevant Anschließend wurden sowohl den KPI als auch identifizierte KPI sind in Bild 2 zu finden. den, im ersten Schritt identifizierten, Subthe- men Schlagwörter zugeordnet, wodurch eine Mit dem Ziel, den disruptiven technologischen automatisierte Zuordnung umgesetzt werden Veränderungen sowie daraus resultierendem konnte. Es erfolgte eine abschließende Über- Wandel im Käuferverhalten zu begegnen, prüfung, Anpassung sowie Konsolidierung zu verknüpft eine digitale Strategie die techno- aussagekräftigen und messbaren KPI. logischen Informationssysteme mit den be- trieblichen Managementstrategien zu einem Mit einer Fokussierung auf die Mensch-Tech- adäquaten Geschäftsmodell [15–17]. Sie trägt nik-Interaktion werden in diesem Beitrag die zu einer nachhaltigen Leistungssteigerung und drei soziotechnischen Themenfelder „Strategie Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit bei [13, und Führung“, Digitalkompetenzen/Humanka- 18]. Eine solche Strategie sollte demenspre- pital“ sowie „Intelligente Prozesse“ dargestellt. chend nicht nur vorhanden sein, sondern leicht Das vorgestellte Ergebnis stellt einen Ausschnitt verständlich und transparent für alle dokumen- aus einem holistischen Digitalisierungs-KPI-Mo- tiert, regelmäßig aktualisiert und klar kommuni- dell für produzierende Unternehmen dar, das ziert werden [16, 19]. vollständig in [9] beschrieben wird. In diesem Beitrag werden 36 der insgesamt 89 entwickel- Eine digitale Strategie bedarf einer adäquaten ten KPI ausdifferenziert. Umsetzung in Form digital geprägter Führungs- konzepte. Bestehende Führungskonzepte sind Digitale Strategie und Führung dementsprechend dem digitalen Wandel anzu- geben Orientierung passen [20]. Dies geht mit der Forderung einher, dass sich das Management neuen Technologien Die Entwicklung einer Vision, bzw. digitalen widmet und eine Unternehmenskultur etab- Strategie sowie die Orchestrierung des Wandels liert, in der Mitarbeiter motiviert werden, zur durch eine entsprechende Führung sind zwei Ideenfindung und Innovations- sowie Organi- zentrale Elemente der digitalen Transformation sationsentwicklung beizutragen [16, 21]. Das [10–12]. Sie bilden die Grundlage, um die Her- Einnehmern einer Vorbild und Vorreiterrolle des ausforderungen, die durch die Digitalisierung Managements liefert einen wichtigen Beitrag https://doi.org/10.30844/I40M_21-3_S30-34 31
Soziotechnische Systeme in der Überzeugung der Mitarbeiter von der Not- in der digitalen Kommunikation und Zusammen- wendigkeit des digitalen Wandels [18, 21, 22]. arbeit [13, 29, 30]. Dazu sollten die Mitarbeiter in Literatur der Lage sein, mittels digitaler Plattformen und Digitalkompetenzen / Humankapital digitaler Kommunikationstools sowie -medien [1] Zimmermann, V.: KfW-Digita- zusammenzuarbeiten. Dies ermöglicht Unter- lisierungsbericht Mittelstand schaffen Basis 2019. Digitalisierungsprojekte nehmen einerseits den Einsatz von flexiblen Ar- zunehmend im Mittelstand Der Erfolg der digitalen Transformation eines beitsformen, andererseits können Mitarbeiter verbreitet, Digitalisierungs- ausgaben jedoch seit Jahren Unternehmens hängt wesentlich von dessen dadurch standortunabhängig Wissen und Ideen unverändert niedrig. Frankfurt Digitalkompetenzen bzw. dessen Humankapital entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit- am Main 2020. [2] Kersten, W.; von See, B.; Lo- ab [18, 23]. Neben spezifischen IT-Kenntnissen einander austauschen [13, 30, 31]. demann, S.; Grotemeier, C.: sind dabei jedoch auch sog. Fast Failure-Kompe- Trends und Strategien in Logistik und Supply Chain tenzen förderlich [24]. Eine entsprechende Mes- Die digitale Arbeitsumgebung stellt, verglichen Management. Entwicklun- sung des digitalen Reifegrads hat somit sowohl mit der klassischen Arbeitsumgebung, andere gen und Perspektiven einer nachhaltigen und digitalen relevante Kenntnisse in der Informations- und Anforderungen an die Sicherheit und den Schutz Transformation. Bremen 2020. Kommunikationstechnik (IKT) als auch Aspekte der physischen und psychischen Gesundheit der [3] Brink, S.; Levering, B.; Icks, A.: Herausforderungen des deut- wie bspw. die Bereitschaft zum lebenslangen Ler- Mitarbeiter [21, 29]. Mitarbeiter müssen die Aus- schen Mittelstands in der Co- nen, die Offenheit für neue Technologien und das wirkungen digitaler Technologien auf das soziale rona-Pandemie. Sonderaus- wertung des Zukunftspanel Vorhandensein interdisziplinären Denkvermö- Wohlbefinden verstehen [32] und auch im digi- Mittelstand 2020. Bonn 2020. gens zu umfassen [14, 18, 25–28]. Weiterhin sind talen Kontext eine respektvolle, vielfältige und [4] Wrobel, M.; Schildhauer, T.; Preiß, K.: Kooperation zwi- sowohl bei der Personalentwicklung als auch kollaborative Arbeitskultur etablieren [21]. schen Startups und Mittel- -akquise spezifische Fort- und Weiterbildungs- stand. Learn. Match. Partner. Berlin 2017. maßnahmen und Gestaltungsfreiheiten der Mit- Um in einer digitalen Arbeitswelt effizient arbei- [5] Nielen, S.; Kay, R.; Schröder, arbeiter zu berücksichtigen [14, 16, 19, 23, 26]. Im ten zu können, sollten Mitarbeiter auftretende C.: Disruptive Innovationen: Chancen und Risiken für den Bereich der Digitalkompetenzen relevante KPI Probleme selbstständig lösen können [29]. Dies Mittelstand. Bonn 2017. sind in Bild 3 zusammengefasst. umfasst nicht nur das technische (Fach-) Wissen, [6] Leyh, C.; Bley, K.: Digitalisie- rung: Chance oder Risiko für sondern setzt auch tiefergehendes Systemden- den deutschen Mittelstand? Digitalkompetenzen der Mitarbeiter umfassen ken und Prozessverständnis voraus [14]. Unter- – Eine Studie ausgewählter Unternehmen. In: HMD Praxis unter anderem Informations- und Datenkompe- nehmen sind daher gefordert, die Problemlö- der Wirtschaftsinformatik 53 tenzen, die grundsätzlich für die Arbeit in einer sungsfähigkeiten ihrer Mitarbeiter systematisch (2016) 1, S. 29–41. [7] Franceschini, F.; Galetto, M.; digitalen Umgebung notwendig sind. Dies be- durch regelmäßige Aus- und Weiterbildungen Maisano, D.; Neely, A. D.: De- trifft insbesondere Fähigkeiten zum Abruf und fördern und entwickeln [14]. signing performance mea- surement systems. Theory zur Analyse von digitalen Daten, beispielsweise and practice of key perfor- durch das Internet, und die Nutzung verschiede- Zur Integration digitaler Informationen in Ge- mance indicators. Cham 2019. [8] Fink, A.: Conducting research ner Endgeräte [29]. Gleichzeitig sollten Unterneh- schäftsprozesse benötigen Mitarbeiter zudem literature reviews. From the men qualifizierte Mitarbeiter aus dem IKT-Bereich die Kompetenz, digitale Inhalte und Informa- internet to paper, Fourth edi- tion. Thousand Oaks, Califor- beschäftigen, um die notwendige technische tionen zu erstellen und zu bearbeiten [29]. Die nia 2014. Unterstützung sicherzustellen. Fähigkeit, aus Daten eine Wertschöpfung zu [9] Krol, F.; Saeed, M. A.; Kersten, W.: A holistic digitalization generieren (z. B. durch die Anwendung von Da- KPI framework for the aero- Um in einer digitalen Arbeitsumgebung zu kol- tenanalyse-Technologien), gewinnt dabei zuneh- space industry. In: Kersten, W.; Blecker, T.; Ringle, C. M. (Hrsg.): laborieren, benötigen Mitarbeiter Kompetenzen mend an Relevanz [14, 23]. 2 Proceedings of the Hamburg International Conference of Logistics (HICL)/ Data Science and Innovation in Supply Chain Management. How Strategie und Führung Data Transforms the Value Chain. Berlin 2020. Digitale Strategie Digitale Führung [10] Kontić, L.; Vidicki, Đ.: Strate- gy for digital organization: Digitale Strategie dokumentiert, regelmäßig Fähigkeit vorhanden, Lücken im Bereich der Testing a measurement tool for digital transformation. In: ü aktualisiert und transparent kommuniziert ü Digitalkompetenz aufzudecken und zu schließen Strategic Management 23 Roadmap/Strategieprozess für digitale Trans- Konsistente kanalübergreifende operative (2018) 2, S. 29–35. [11] von See, B.; Kersten, W.: Arbei- ü formation ist Teil der Unternehmensstrategie ü Führung mit externen Stakeholdern Umsetzungsstand der digitalen Strategie wird Kontinuierliche Weiterentwicklung und ten im Zeitalter des Internets der Dinge. Wie Qualifikation, ü regelmäßig gemessen und verfolgt ü Kommunikation der Führungskultur Organisation und Führung di- Pers./finanz. Mittel sowie Einstellungsstrategie Kontinuierliche Verbesserung des gital transformiert werden. In: Industrie 4.0 Management 34 ü zur Umsetzung der Digital-Strategie vorhanden ü Managementsystems und dessen Performance (2018) 3, S. 8–12. Digitale Kompetenz ist Bestandteil der Mittleres Management entwickelt Mission/Vision/ [12] Porfírio, J. A.; Carrilho, T.; Felício, J. A.; Jardim, J.: Leader- ü Personalentwicklungsstrategie ü Werte/Leitbild und agiert als Vorbild ship characteristics and digi- tal transformation. In: Journal Legende: of Business Research 124 (2021), S. 610–19. [13] Berghaus, S.; Back, A.; Kalten- ü = Qualitative Bewertung = Quantitative/prozentuale Bewertung rieder, B.: Digital Maturity & Transformation Report 2017. St. Gallen 2017. Bild 2: KPI für das Themengebiet „Strategie und Führung“. 32 Industrie 4.0 Management 37 (2021) 3
Soziotechnische Systeme 3 [14] Lichtblau, K.; Stich, V.; Berten- Digitalkompetenzen/Humankapital rath, R.; Blum, M.; Bleider, M.; Millac, A.; Schmitt, K.; Schmitz, Informations- und Datenkompetenz Problemlösefähigkeit E.; Schroeter, M.: Industrie 4.0 Readiness. Aachen, Cologne Mitarbeiteranteil, der Computer/Tablet/Smart- Mitarbeiteranteil, der Online-Weiterbildungs- 2015. phone am Arbeitsplatz nutzt angebote nutzt [15] Waspodo, B.; Ratnawati, S.; Regelmäßige Weiterbildung der Digital- Halifi, R.: Building Digital Strat- Mitarbeiteranteil, der Internet nutzt ü kompetenzen wird Mitarbeitern angeboten egy Plan at CV Anugrah Prima, an Information Technology Mitarbeiteranteil mit grundl. Digitalkompetenzen Mitarbeiteranteil, der industriespezifische Weiter- Service Company: The 6th (z. B. Internetnutzung, Daten/Dateien bearbeiten) bildung für digitale Anforderungen durchläuft International Conference on Cyber and IT Service Manage- Mitarbeiteranteil im IKT-Sektor (inkl. Software, Mitarbeiteranteil mit IKT-Problemlösungs- ment (CITSM 2018) 2018. Hardware, Telekommunikation, verb. Dienstl.) fähigkeiten [16] Azhari, P.; Faraby, N.; Ross- mann, A.; Steimel, B.; Wich- Kommunikation und Zusammenarbeit Digitale Inhaltserstellung man, K. S.: Digital Transforma- tion Report. Köln 2014. Mitarbeiteranteil, der mittels Digitaltechnologien Mitarbeiteranteil, der Werkzeuge zum Analysie- [17] Deloitte: Digital Maturity ren und Entwickeln von digitalen Inhalten nutzt Model. Achieving digital ma- zusammenarbeitet (z. B. Kollaborationsplattform) turity to drive growth. New Mitarbeiteranteil, der digitale Kommunikations- Mitarbeiteranteil mit speziellen Digitalkompeten- York 2018. tools nutzt (z. B. Videoanrufe, soziale Netzwerke) zen (z. B. IKT-Spezialisten, Programmierer) [18] BSP Business School Berlin: Mitelstand im Wandel - Wie Mitarbeiteranteil, der das Internet zur Mitarbeiteranteil, der aus Daten wertvolle ein Unternehmen seinen di- Kommunikation nutzt (z. B. Emails, Messenger) Erkenntnisse gewinnen kann gitalen Reifegrad ermitteln kann. Berlin 2016. [19] KPMG: Digital Readiness As- Sicherheit und Schutz sessment. Berlin 2016. [20] Buhse, W.: Management by ü IT-Sicherheitsvorschriften sind Mitarbeitern bekannt und werden regelmäßig evaluiert Internet. Neue Führungsmo- delle für Unternehmen in Bild 3: KPI für das Themengebiet Zeiten der digitalen Trans- ü Regeln vorhanden, die Wohlbefinden/Gesundheit der Mitarbeiter gewährleisten „Digitalkompetenzen/Humankapital“. formation; Unternehmen im Wandel, digitale Medien als Werkzeugkoffer für Verände- rer, Vernetzung, Offenheit, Intelligente Prozesse schaffen am richtigen Ort zur Verfügung stehen, sind Partizipation und Agilität als Werte einer neuen Unterneh- Vernetzung Mensch-Maschine-Schnittstellen in der Pro- menskultur. Kulmbach 2014. duktion erforderlich [35, 36]. Diese Schnitt- [21] EFQM: EFQM Excellence Mo- dell. Brussels 2012. Horizontale und vertikale Vernetzung der Lie- stellen werden beispielsweise durch mobile [22] Stowasser, S.; Peschl, A.: Ar- ferkette sind zwei zentrale Ziele einer digitalen Endgeräte wie Tablets oder Smartphones so- beitswelt im Wandel: Qualifi- zierung zu resilienzfördernder Transformation [33, 34]. Intelligente Prozesse wie Datenbrillen bereitgestellt und können die Führung. In: Spath, D.; Span- bilden eine zentrale Voraussetzung für ebendie- Produktionseffizienz sowie betriebliche Abläu- ner-Ulmer, B. (Hrsg.): Digitale Transformation – Gutes Arbei- se [14]. Mithilfe geeigneter KPI ist zu überprüfen, fe erheblich verbessern [36]. ten und Qualifizierung aktiv inwiefern die Prozesse unter Rücksichtnahme gestalten. Berlin 2019. [23] Geissbauer, R.; Vedso, J.; der bestehenden Systeme und Komponenten Neben der Schnittstelle zwischen Mensch und Schrauf, S.: Industry 4.0: Buil- automatisiert, dezentralisiert und durchgängig Maschine hat auch die Kommunikation von ding the digital enterprise 2016. gestaltet sind [13, 14, 21, 26]. In den Fokus sind Maschine zu Maschine eine Relevanz: Durch [24] Kersten, W.; Seiter, M.; See, B. dabei nicht nur die unternehmensinternen, son- Datenschnittstellen in den Produktionsanlagen von; Hackius, N.; Maurer, T.: Chancen der digitalen Trans- dern auch unternehmensübergreifenden Pro- (bspw. Feldbus-, Ethernet- und Web-Schnitt- formation. Trends und Strate- zesse zu rücken und somit die Vernetzung ent- stellen) kann ein autonomer Informations- gien in Logistik und Supply Chain Management. Ham- lang der gesamten Wertschöpfungskette vom austausch zwischen den Anlagen ermöglicht burg 2017. Lieferanten bis zum Kunden zu forcieren [14]. werden [35]. Dies begünstigt die standortun- [25] European Commission: The Digital Economy and Soci- Bild 4 liefert eine Zusammenfassung aller rele- abhängige und unternehmensübergreifende etyx Index (DESI). Integra- vanten KPI, die der Beurteilung des Reifegrads Vernetzung der Produktion entlang der ge- tion of Digital Technology. URL: https://ec.europa.eu/ intelligenter Prozesse dienen. samten Wertschöpfungskette [35, 36]. newsroom/dae/document. cfm?doc_id=59979. Abrufda- tum 08.04.2020. Um intelligente Prozesse zu etablieren, ist zu- Nicht nur innerhalb der Produktion, sondern [26] Schumacher, A.; Erol, S.; Sihn, nächst die Datenverarbeitung in der Produk- auch zwischen Produktion und anderen Unter- W.: A Maturity Model for As- sessing Industry 4.0 Readiness tion notwendig. Durch die Digitalisierung der nehmensfunktionen ist eine unternehmens- and Maturity of Manufactur- physischen Produktionsausrüstung in der Fa- weite Vernetzung notwendig [28, 35]. Dazu ing Enterprises. In: Procedia CIRP 52 (2016), S. 161–66. brik kann die Verbindung zur virtuellen Welt werden konsistente, einheitliche Dateiformate [27] Kotarba, M.: Measuring Dig- hergestellt werden [14]. Die aus der Produktion und harmonisierte IT-Lösungen benötigt, um italization - Key Metrics. In: Foundations of Management generierten Daten können dadurch gesam- die verschiedenen Unternehmensfunktionen 9 (2017), S. 123–38. melt, gespeichert und verarbeitet werden und (z. B. Beschaffung oder Vertrieb) mit der Produk- [28] Dombrowski, U.; Wullbrandt, J.; Fochler, S.: Kompetenz- stehen anschließend für die autonome Pla- tion und den entsprechenden Produktionsda- entwicklung in der digitalen nung und Steuerung der Produktionsprozesse ten zu vernetzen [33, 34]. Transformation: dezentrales und lebenslanges Lernen im zur Verfügung [14, 35, 36]. Arbeitsprozess. In: Spath, D.; Voraussetzung für den Austausch von Produk- Spanner-Ulmer, B. (Hrsg.): Di- gitale Transformation – Gutes Damit den Mitarbeitern die produktionsre- tionsdaten entlang der Wertschöpfungskette Arbeiten und Qualifizierung levanten Informationen zur richtigen Zeit ist eine robuste Informations- und Telekommu- aktiv gestalten. Berlin 2019. https://doi.org/10.30844/I40M_21-3_S30-34 33
Soziotechnische Systeme Bild 4: KPI für das The- Intelligente Prozesse mengebiet „Intelligen- te Prozesse“. Datenverarbeitung in der Produktion Maschine-zu-Maschine-Kommunikation Daten und Informationen in der Produktion liefern Maschine-zu-Maschine-Kommunikation in weiterführende Erkenntnisse Produktionsumgebung vorhanden Produktionsprozesse reagieren schnell bzw. automatisch in Echtzeit Untern.-weite Vernetzung in Produktion Produktionsbereich teilt Informationen mit Werkstücke leiten sich in Produktion autonom anderen Geschäfts- und Zentralbereichen Einkauf beruht auf hochwertigen Stammdaten IKT-Infrastruktur in der Produktion Kontrolle und Konsistenz aller Material- Fortschritt der IKT-Infrastruktur in der stammdaten sichergestellt Produktionsausstattung Mensch-Maschine-Schnittstellen Effizienz bei Kleinchargen Mensch-Maschine-Schnittstellen in der Flexible Produktionssysteme zur effizienten Produktionsumgebung vorhanden Herstellung von Kleinchargen vorhanden nikationsinfrastruktur in der Produktion [35, talen Strategie sowie die Orchestrierung des 36]. Nur bei Vorhandensein der entsprechen- Wandels durch eine entsprechende Führung, den Infrastruktur können die benötigten (Pro- zweitens die im Unternehmen vorhandenen duktions-) Daten zeitnah oder in Echtzeit er- IT-Kenntnisse, aber auch umsetzungsrelevan- fasst und für technische und organisatorische ten Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen Prozessverbesserungen genutzt werden [35]. sowie drittens die unternehmensinterne sowie [29] Carretero, S.; Vuorikari, R.; Pu- unternehmensübergreifende intelligente Pro- nie, Y.: DigComp 2.1. The dig- ital competence framework Abschließend führt die Kundenanforderung zessgestaltung. for citizens with eight profi- nach hochindividualisierten Waren und Produk- ciency levels and examples of use. Luxembourg 2017. ten zu zunehmend kleineren Losgrößen (bis hin Die unter diesen Themenfeldern identifizierten [30] IBF Intranet Benchmarking zur Losgröße 1). Dadurch steigt die Komplexität KPI weisen unterschiedliche Aggregationslevel Forum: Digital Workplace Ma- turity Model. London 2010. der Produktionsprozesse, insbesondere auch für auf und bedürfen insbesondere bei den quali- [31] Nabitz, U.; Klazinga, N.; Wal- produzierende und hochspezialisierte KMU [35]. tativ zu bewertenden KPI (Bild 2-4) einer wei- burg, J.: The EFQM excellence model: European and Dutch Um auch bei kleinen Chargen mit hoher Effizi- teren Spezifizierung im Unternehmen. Bei der experiences with the EFQM enz fertigen zu können, sollten die Produktions- Operationalisierung ist dabei unternehmensin- approach in health care. In: International Journal for Qual- prozesse flexibel und modular strukturiert und dividuell festzulegen, welche Ausprägung des ity in Health Care 12 (2000) 3, eng mit der Auftragsplanung und -abwicklung jeweiligen KPI als Optimum angesehen wird. S. 191–202. [32] Vuorikari, R., Punie, Y., Car- verzahnt werden [34]. So muss bspw. der Mitarbeiteranteil, der aus retero Gomez S. & Van den Daten wertvolle Erkenntnisse gewinnen kann Brande, G.: DigComp 2.0: The Digital Competence Frame- Fazit und Ausblick (Bild 3) nicht zwingend 100 % sein, sondern ist work for Citizens. The Con- entsprechend der Digitalstrategie zu definie- ceptual Reference Model. Luxembourg 2016. In der aktuellen Krisenphase ist eine zielgerich- ren. Auf diese Weise kann das hier vorgestell- [33] Bischoff, J.; Taphorn, C.; Wol- tete Allokation von Digitalisierungs-Investiti- te KPI-Modell zukünftig als Grundlage für die ter, D.; Braun, N.; Fellbaum, M.; Goloverov, A.; Ludwig, S.; Heg- onen unabdingbar. Eine erfolgreiche digitale unternehmensindividuelle Bestimmung des manns, T.; Prasse, C.; Henke, Transformation bedarf einer kontinuierlichen digitalen Reifegrads und darauf aufbauend für M.; ten Hompel, M.; Döbbeler, F.; Fuss, E.; Kirsch, C.; Mättig, B.; Überwachung und Weiterentwicklung. Hierbei die in diesen Krisenzeiten so wichtige Alloka- Braun, S.; Guth, M.; Kaspers, M.; ist der Fokus jedoch nicht nur auf technologi- tion von Digitalisierungs-Investitionen genutzt Scheffler, D.: Erschließen der Potenziale der Anwendung sche Aspekte zu richten, sondern das soziotech- werden. von Industrie 4.0 im Mittel- nische System in seiner Gesamtheit zu berück- stand. Studie. Mülheim an der Ruhr 2015. sichtigen. KPI bieten Managern die Möglichkeit, [34] Kagermann, H.; Wahlster, den aktuellen Fortschritt bei der digitalen Trans- W.; Helbig, J.: Umsetzungs- empfehlungen für das Zu- formation zu messen und entsprechend Inves- Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projekts kunftsprojekt Industrie 4.0. titionen zu budgetieren. Bild 2 bis 4 liefert eine „Digitalization and Internationalization Maturity München 2013. [35] VDMA: Guideline Industrie Zusammenfassung relevanter KPI mit Fokus auf Level in Aerospace (DIMLA)“, das vom Bundesmi- 4.0. Guiding principles for the die Mensch-Technik-Interaktion. nisterium für Bildung und Forschung und vom implementation of industrie 4.0 in small and medium sized Projektträger Jülich unter dem Förderkennzei- businesses. Frankfurt am Main Zusammenfassend erweisen sich drei zentrale chen 03INT504CB gefördert wird. 2016. [36] IHK München und Oberbay- Themenfelder von Relevanz zur Überprüfung ern: Selbstcheck - Industrie des Fortschritts bei der digitalen Transformati- Schlüsselwörter: 4.0. URL: https://ihk-indust- rie40.de/selbstcheck/. Abruf- on mithilfe von dezidierten KPI: erstens der Um- Digitale Transformation, Kennzahlen, Sozio- datum 18.05.2020. setzungsstand einer digitalen Vision bzw. digi- technisches System, Industrie 4.0 34 Industrie 4.0 Management 37 (2021) 3
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