Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik

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AUSBILDUNG           WiFF Studie | Band 34

Disziplinentwicklung der
Kindheitspädagogik
Eine empirische Bestandsaufnahme anderthalb Jahrzehnte nach Einrichtung
der neuen Studiengänge
Daniel Hechler / Theresa Hykel / Peer Pasternack
Unter Mitarbeit von Sascha Alexander Blasczyk und Uwe Grelak

                                                               Eine Publikation der WiFF
Das dieser Publikation zugrunde liegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 01NV1901A gefördert. Die Verant­
wortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autorenteam.

   Zitiervorschlag: Hechler, Daniel/Hykel, Theresa/Pasternack, Peer: Disziplinentwicklung
   der Kindheitspädagogik. Eine empirische Bestandsaufnahme anderthalb Jahrzehnte nach
   Einrichtung der neuen Studiengänge. Unter Mitarbeit von Sascha Alexander Blasczyk und
   Uwe Grelak. Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Studien, Band 34.
   München

© 2021 Deutsches Jugendinstitut e.V.
Lizenz: CC-BY-NC-ND 3.0 DE
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF)
Nockherstraße 2, 81541 München
E-Mail: info@weiterbildungsinitiative.de
Diese Publikation ist kostenfrei erhältlich unter:
www.weiterbildungsinitiative.de/publikationen

Herausgeber: Deutsches Jugendinstitut e. V. (DJI)
Lektorat: PostManuSkriptum, Berlin
Schlussredaktion: Dr. Carola Gruber, München
Gestaltung, Satz: o.media GmbH, Leipzig
Druck: Zarbock GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

www.weiterbildungsinitiative.de

ISBN 978-3-86379-365-4
Die Online-Version dieser Publikation ist abrufbar unter: https://doi.org/10.36189/wiff22021
Daniel Hechler / Theresa Hykel / Peer Pasternack

Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik
Eine empirische Bestandsaufnahme anderthalb Jahrzehnte nach
­Einrichtung der neuen Studiengänge
Unter Mitarbeit von Sascha Alexander Blasczyk und Uwe Grelak

Eine Studie der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF)
Vorwort

Seit einigen Jahren zeichnet die „Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ (WiFF)
­kontinuierlich nach, wie sich die Anzahl von Studiengängen, Studierenden sowie Absolventinnen
 und Absolventen im Bereich Früh- und Kindheitspädagogik entwickelt. In dieser Hinsicht hat sich die
 ­Studienlandschaft in kurzer Zeit sehr dynamisch entwickelt: Wurden 2005 lediglich sieben Studien­
  standorte mit je einem früh- und kindheitspädagogischen Studienangebot gezählt, so waren es im
  Jahr 2019 schon 59 Studienstandorte mit 90 Studienprogrammen (FKB 2021). Diese Zahlen allein bil­
  den jedoch nicht ab, wie sich die Kindheitspädagogik als Disziplin bisher entwickelt hat.

Genau das ist die Kernfrage des Autorenteams Daniel Hechler, Theresa Hykel und Peer Pasternack:
Wie steht es um den disziplinären Status der Kindheitspädagogik? Ihre Antwort gründet auf umfas­
senden Analysen, die in dieser Studie erstmals vorgestellt werden. Detailliert untersucht, erläutert
und interpretiert werden die Entwicklung der Studiengänge, die Förderung des wissenschaftlichen
­Nachwuchses, die Themen und Ressourcen der Forschung sowie die fachliche Herkunft der Professo­
 renschaft.

Unser Dank gilt dem Autorenteam sowie allen Promovierenden und Hochschullehrenden, die sich an
den zugrunde liegenden Befragungen beteiligt haben.

Mit den vorliegenden Ergebnissen kommt, so unsere Hoffnung, neuer Schwung in den stockenden
Diskurs um die Verwissenschaftlichung und Akademisierung der Frühen Bildung.

München, im Juni 2021

Prof. Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin				 Dr. Carola Nürnberg
Projektleitung WiFF					Projektkoordination WiFF
Inhalt

1   Einleitung: Fragestellungen und Vorgehen                                               8

2   Studiengänge                                                                          14
    2.1 Studiengangslandschaft                                                            15
    2.2 Anschlüsse und Übergänge von Bachelor- zu Master-Studiengängen                    18
         2.2.1 Einschlägige Bachelor-Programme und weiterführende Master-
               Angebote vor Ort                                                           20
         2.2.2 Zulassungsvoraussetzungen                                                  22
         2.2.3 Übergangsverhalten                                                         24
    2.3 Master-Programme: Strukturmerkmale und Studieninhalte                             26
         2.3.1 Hochschultyp, Trägerschaft, S­ tudienorganisation                          27
         2.3.2 Inhaltliche Ausrichtung und fachliche A­ ffinität zur Kindheitspädagogik   27
         2.3.3 Gewichtung der Studieninhalte: a  ­ nwendungsbezogen oder
               forschungsorientiert                                                       29

3   Nachwuchsentwicklung                                                                  32
    3.1 Promotionsmöglichkeiten und -bedingungen                                          33
        3.1.1 Promotionsstrukturen                                                        34
        3.1.2 Herkunft der Promovierenden                                                 36
        3.1.3 Promotionsbedingungen                                                       36
    3.2 Promovierende, Dissertationen und Habilitationen                                  39
        3.2.1 Zahl der Promovierenden                                                     39
        3.2.2 Quantitative Entwicklung des Dissertations- und Habilitationsgeschehens     40

4   Forschung: Ressourcen und Themen                                                      42
    4.1 Personalressourcen                                                                42
         4.1.1 Forschungsressourcen durch Studiengänge: Universitäten und HAW             43
         4.1.2 Größe der Community der wissenschaftlichen Kindheitspädagogik              44
         4.1.3 Vergleich Kindheitspädagogik – S­ chulpädagogik – Sozialwesen              47
    4.2 Feldstabilisierung durch Strukturressourcen                                       50
         4.2.1 Außerhochschulische Forschung                                              50
         4.2.2 Vernetzungen                                                               51
         4.2.3 Zeitschriftenlandschaft                                                    53
    4.3 Drittmittelprojekte                                                               55
    4.4 Forschungsthemen                                                                  58
         4.4.1 Quellen                                                                    59
         4.4.2 Das Themenprofil                                                           61

5   Selbstreproduktion der Kindheitspädagogik?                                            67
    5.1 Fachliche Herkunft der Professorenschaft                                          67
    5.2 Denominationen der Professuren                                                    68
    5.3 Modellrechnung auf Basis eines Status-quo-Szenarios                               70
6   Resümierende Auswertung: Status der Kindheitspädagogik   74
    6.1 Studiengänge                                         74
    6.2 Personalressourcen und Forschung                     76
    6.3 Kindheitspädagogik als Disziplin?                    78
    6.4 Handlungsoptionen und Forschungsfragen               83

7   Literatur                                                88

8   Anhang                                                   93
    8.1 Abbildungsverzeichnis                                93
    8.2 Tabellenverzeichnis                                  93
    8.3 Abkürzungsverzeichnis                                94
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

                                                           schungsfeldsegmenten angewiesen. Für Letztere hat
1 Einleitung: Fragestellungen                              sich inzwischen der Name Kindheitswissenschaften
                                                           eingebürgert. Hier finden sich zugleich Parallelen zur
und Vorgehen                                               Erziehungswissenschaft im Allgemeinen: Diese hat epi­
                                                           stemische und praktische Schnittmengen zu den (nicht
                                                           nur erziehungswissenschaftlichen, sondern interdiszi­
                                                           plinären) Forschungsfeldern Bildungsforschung oder
Ist die Kindheitspädagogik (schon) eine Disziplin? Diese   Schulforschung.
Frage ist nicht nur aufgrund der grundlegenden wissen­        Wissenschaftshistorisch ist festzuhalten, dass häufig
schaftlichen Anforderung, Hypothesen falsifikationsfä­     ein sich bildendes Forschungsfeld zunächst über seinen
hig zu halten, ergebnisoffen zu behandeln. Anlässe,        Gegenstand integriert wird, sich dabei theoretisch und
diese Frage zu stellen, gibt es mindestens zwei: Zum       methodisch der jeweiligen Quellendisziplinen bedient,
einen sind die Bezeichnungen des zu Verhandelnden          also interdisziplinär betrieben und weiterentwickelt
selbst uneinheitlich: „Elementar-“, „Früh-“ oder „Kind­    wird – mithin (noch) keine Disziplin ist. Dies kann sich
heitspädagogik“, „Pädagogik der frühen Kindheit“, von      so stabilisieren, dass es dauerhaft als Forschungsfeld
Praktikerinnen und Praktikern zudem vielfach noch          betrieben wird (organisatorisch meist durch entspre­
als „Kindergartenpädagogik“ oder als „Vorschulpäda­        chende Institutionalisierung abgesichert, in Deutsch­
gogik“ verstanden. Zum anderen ist die Landschaft der      land häufig durch die Gründung entsprechender außer-
Studiengänge auch inhaltlich heterogen, sodass eine        universitärer Forschungsinstitute1).
Ausrichtung auf pädagogische Aspekte der Kindheit             Es kann jedoch auch vorkommen, dass das For­
des Öfteren weder umstandslos erkannt noch ausge­          schungsfeld einen spezifischen, nämlich gegenstands­
schlossen werden kann.                                     gebundenen Theorien- und Methodenbestand entwi­
    Zunächst lässt sich die Kindheitspädagogik als Aus­    ckelt, der dann zur Konstituierung als eigenständiger
differenzierungsergebnis innerhalb des Verbunds der        Disziplin führt (etwa die Entwicklung der Werkstoff­
Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaften begreifen.         forschung aus Chemie, Physik und Ingenieurwissen­
Hinsichtlich solcher Ausdifferenzierungen ist die Wis­     schaft hin zur eigenständigen Werkstoffwissenschaft,
senschaftsgeschichte generell durch zwei Entwicklun­       die dann wiederum gemeinsam mit der Informatik zu
gen gekennzeichnet: Zum einen vollzieht sich fortwäh­      einer Quelle der Werkstoffinformatik wurde). Ob nun
rend eine interne Ausdifferenzierung von Disziplinen       aber beispielsweise die Systemforschung eine eigene
(nach dem Muster: Naturforschung  Physik  Quan­          Disziplin oder ein gegenstandsbezogenes Forschungs­
tenmechanik). Zum anderen ist eine ebenso fortwäh­         feld ist, ob die Zootierforschung eine Untergliederung
rende Neuintegration zuvor ausdifferenzierter Diszi­       der Zoologie oder eine aus dieser heraus entwickelte
plinen bzw. Subdisziplinen zu beobachten (etwa die         eigenständige Disziplin darstellt oder ob Mittelalterar­
Zusammenführung von chemischen Fragestellungen             chäologie und Industriearchäologie umstandslos einer
und physikalischen Modellen in der physikalischen          von den Klassischen Archäologinnen und Archäologen
Chemie).                                                   dominierten Archäologie zugeschlagen werden kön­
    Beide Entwicklungen sind auch für die Frage nach       nen – dies sind Gegenstände disziplininterner Debat­
dem disziplinären Status der Kindheitspädagogik rele­      ten, die i. d. R. ausgesprochen hermetisch geführt wer­
vant. Ihre historische Entwicklung lässt sich einerseits   den.
darstellen im Muster: Philosophie  Pädagogik  Kind­         Auf Basis der Untersuchung diverser Disziplinge­
heitspädagogik. Andererseits kann sie als disziplinärer    nesen lassen sich aber drei Phasen unterscheiden,
Teil eines größeren interdisziplinären Zusammenhangs
in Gestalt eines Forschungsfeldes betrachtet werden:
Innerhalb dessen behandelt die Kindheitspädagogik
                                                           1   Vgl. z. B. die Max-Planck-Institute für Gesellschaftsforschung
die pädagogischen Fragen, ist aber zur Erfassung des           (Köln), für Bildungsforschung (Berlin), für demografische For-
Gegenstandes „Kindheit“ bzw. „kindliche Entwick­               schung (Rostock) oder zur Erforschung multireligiöser und multi-
                                                               ethnischer Gesellschaften (Göttingen); im hier inhaltlich nächst-
lung“ bzw. „Frühe Bildung“ zwingend auf den verste­            liegenden Bereich, der Kindheits- und Jugendforschung, ist das
tigten Kontakt mit anderen, nicht pädagogischen For­           Deutsche Jugendinstitut (DJI) in München zu nennen.

8
Einleitung: Fragestellungen und Vorgehen

in denen sich die Entwicklungen wissenschaftlicher          gängen schon dazu führen würde, einen disziplinären
Disziplinen regelmäßig vollziehen – Emergenzphase,          Zusammenhang zu begründen. Denn immerhin könn­
Institutionalisierungsphase und Organisationsphase          ten – jenseits der legitimen Verschiedenheit fachlicher
(­Lettkemann 2016, S. 53–85):                               Positionen – in den einzelnen Studiengängen völlig
– In der Emergenzphase öffnet die Entdeckung neuer          unterschiedliche Curricula gelehrt werden. Diese wür­
    epistemischer Objekte Forscherinnen und Forschern       den es dann z. B. verhindern, dass die berufliche Praxis
    ein Gelegenheitsfenster. Mit thematischer Differen­     durch die Abschlusszeugnisse hinreichend zuverlässige
    zierung kann auf Ressourcenzuwachs und zuneh­           Signale über die Kompetenzausstattung der Absolven­
    mende Konkurrenz um Reputation reagiert werden.         tinnen und Absolventen erhielte. Es stellt sich daher
    So entstehende neue Fachgebiete stellen zunächst        erneut die Frage, worin darüber hinaus eine diszipli­
    relativ offene Gemeinschaften dar, die vor allem        näre Stabilisierung erkennbar werden kann.
    Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaft­           Hier lautet ein in der Wissenschaftsforschung weit­
    ler aus fachlich benachbarten Disziplinen rekrutie­     gehend konsensualer Merkmalskatalog: Disziplinen
    ren. Im Zuge der Disziplinentwicklung setzt dann        umfassen
    eine soziale Schließung ein, die zur Standardisierung   – einen akzeptierten Wissenskorpus,
    des Forschungshandelns mittels spezifischer Prak­       – ein Set geteilter (gegebenenfalls auch konkurrieren­
    tiken führt. Derartige Schließungsprozesse dienen          der, aber doch hinsichtlich der Anzahl übersichtli­
    nicht zuletzt der Sicherung von Ressourcen und epi­        cher) Fragestellungen sowie
    stemischer Autonomie; koordiniert wird so auch die      – spezifische Karrierestrukturen in eigenen Institutio­
    Bearbeitung epistemischer Probleme.                        nen (Stichweh 2013a, S. 19).
– In einem weiteren Schritt fördern entstehende Dis­
    ziplinen den Prozess der Stabilisierung zweifach:       Fachliche Standards erzeugen einen homogenen Kom­
    Epistemisch setzt die Institutionalisierung voraus,     munikationszusammenhang, der die Bewertung von
    dass die Disziplin kontinuierlich mit genuinen Prob­    Forschungsleistungen ermöglicht. Damit lassen sich
    lemstellungen versorgt wird. Praktisch vorangetrie­     disziplinäre Grenzziehungen nicht auf rein strategi­
    ben wird die Institutionalisierung dadurch, dass sich   sche Motive reduzieren – etwa die Einrichtung von Stu­
    außerwissenschaftliche Berufsrollen durchsetzen,        diengängen, um Ressourcenallokation in Gestalt von
    die durch das neue Fachwissen definiert werden und      Instituten und Personalstellen zu realisieren, die dann
    eine dauerhafte Nachfrage sicherstellen.                wiederum die Etablierung von Karriereoptionen erfor­
– Schließlich wird die externe Ressourcenzufuhr durch       dern. Vielmehr wird innerhalb der Disziplinen das For­
    die Organisation akademischer und professioneller       schungshandeln durch die Zuweisung von Reputation
    Fachgesellschaften abgesichert.                         durch Peers koordiniert (Whitley 2000).
                                                               Zusammenfassend lässt sich festhalten: Eine Diszi­
Eine vereinfachte Betrachtung könnte auch an den            plin ist dann entstanden, wenn die Emergenzphase
Zusammenhang von Disziplin und Fach anschließen:            überwunden, die Institutionalisierungsphase absol­
Zur Disziplin ist geworden, was ein Studienfach ist.        viert und die Organisationsphase erreicht wurde. Das
Dann würde sich hinsichtlich der Kindheitspädago­           heißt, wenn
gik nur noch die Frage stellen, ob es von Relevanz ist,     – ein Set geteilter Fragestellungen und
dass die einschlägigen Studiengänge unterschiedliche        – ebenso ein akzeptierter Wissenskorpus vorhanden
Namen tragen: neben „Kindheitspädagogik“ auch z. B.            sind,
„Frühpädagogik“, „Elementarpädagogik“ oder „Bil­            – das Forschungshandeln mittels spezifischer Prakti­
dung und Erziehung im Kindesalter“. Eine Antwort               ken standardisiert ist,
könnte lauten: Es handelt sich um historisch bedingte,      – epistemische Autonomie bei der Bearbeitung genui­
aus der Emergenzphase stammende Uneinheitlichkei­              ner Problemstellungen erlangt wurde,
ten, die absehbar mit zunehmender disziplinärer Stabi­      – dabei fachliche Standards einen homogenen Kom­
lisierung bereinigt werden.                                    munikationszusammenhang erzeugen, der die Be­
    Allerdings unterliegt es berechtigten Zweifeln, dass       wertung von Forschungsleistungen und die Zuwei­
allein die Existenz von (gleich benannten) Studien­            sung von Reputation durch Peers ermöglicht,

                                                                                                                      9
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

– Studiengänge mit vergleichbaren Curricula beste­                      – Weist die Kindheitspädagogik bereits wesentliche
  hen,                                                                    Merkmale einer wissenschaftlichen Disziplin auf?
– die Ressourcenzufuhr verstetigt ist,                                  – Gelingt es, durchgehend wissenschaftsorientierte
– außerwissenschaftliche Berufsrollen, die durch das                      und inhaltlich-thematisch sukzessiv fokussiertere
  neue Fachwissen definiert werden und eine dauer­                        Karrierepfade bis hin zur fachspezifischen Professur
  hafte Nachfrage sicherstellen, etabliert sind,                          durchzusetzen und so eine institutionelle Stabilisie­
– spezifische Karrierestrukturen in eigenen wissen­                       rung auch personell zu untersetzen?
  schaftlichen Institutionen gegeben sind,
– schließlich akademische und professionelle Fachge­                    Die Gründe, sich auf diese beiden Fragen zu konzent­
  sellschaften bestehen, welche die externe Ressour­                    rieren, sind, dass sich Schwierigkeiten auf zwei Ebenen
  cenzufuhr absichern.                                                  ergeben können: sowohl auf der individuellen bildungs-
                                                                        und berufsbiografischen Ebene (Bildungsschwellen
Disziplinäre Stabilisierung wird mithin auf vier mitei­                 und Bildungspfade) als auch auf der kollektiven Ebene,
nander verkoppelten Wegen hergestellt: epistemisch                      wenn es darum geht, als eine im Wissenschaftssystem
(gemeinsames Gegenstandsverständnis, Begrifflichkeit,                   verankerte und etablierte Disziplin zu reüssieren. Zum
Wissensbestände, Theorieansätze), organisatorisch (Stu­                 einen stellt sich also die Frage nach der Durchlässigkeit
diengänge, Forschungseinheiten, Kommunikations­                         innerhalb des Bildungssystems für die Kindheitspäda­
strukturen), institutionell (geteilte Werte und Normen)                 goginnen und ‑pädagogen, d. h. nach den Bildungs- und
und personell (Nachwuchs- und Personalentwicklung).                     Professionalisierungspfaden vom Bachelor-Studium bis
   Angesprochen ist damit für den Fall der Kindheits­                   zur Promotion bzw. Habilitation sowie den darin struk­
pädagogik eine Reihe von Problemen. Diese begin­                        turell verankerten Bildungsschwellen. Zum anderen
nen bei Fragen der sozialen Schließung und epistemi­                    stellt sich die Frage nach der Entwicklung der Kind­
schen Stabilität, setzen sich fort bei der Verankerung                  heitspädagogik als akademische Disziplin, etwa analog
von korrespondierenden professionellen Berufsrollen                     zur Schulpädagogik oder zur Sozialarbeitswissenschaft
und der Verschiedenheit der beteiligten Akademisie­                     und Sozialpädagogik, und damit wiederum nach ihren
rungsträger (Universitäten, Pädagogische Hochschu­                      zukünftigen Chancen, aus den eigenen Reihen Wissen­
len, Hochschulen für angewandte Wissenschaften,2                        schaftlerinnen und Wissenschaftler zu rekrutieren.
Berufsakademien) und reichen bis hin zur Ausbildung                        Dazu werden hier nun, erstens, die kindheitspäd­
einer fachlichen Identität und der Organisation in Fach­                agogischen Studienangebote untersucht, vor allem
gesellschaften. Diese Fragen erzeugen ein Hintergrund­                  bezogen auf die wissenschaftlichen Qualifikationsmög­
panorama, mit dem sich die empirische Bestandsauf­                      lichkeiten, die über das Bachelor- und Master-Studium
nahme auf zwei wesentliche Fragen konzentrieren lässt:                  hinausgehen. Das betrifft die thematisch-inhaltliche
                                                                        Auswertung der relevanten Studiengänge mit Blick auf
                                                                        ihre Forschungsorientierung, ihre Organisationsfor­
2 Wir verwenden im Folgenden, unabhängig von den je konkre-             men, Übergangsregeln und die disziplinspezifische ins­
  ten Bezeichnungen im Einzelfall, durchgehend die Abkürzung            titutionelle Verankerung.
  HAW für „Hochschule(n) für angewandte Wissenschaften“, d. h.
  für die früheren sogenannten Fachhochschulen (FH; ein missver-           Zweitens sind die Regularien und bestehenden
  ständlicher Begriff, da die disziplinäre Breite einer beliebigen FH   Ko­operationsformen des Promotionsgeschehens zu erhe­
  praktisch fast nie auf ein Fach beschränkt war und sich die Benen-    ben und das Promotions- und Habilitationsgeschehen zu
  nung allein daraus erklärt, dass die Fachhochschulen anfangs
  zum großen Teil aus Fachschulen hervorgegangen sind, sodass           erfassen. Hinsichtlich der Förderung des akademischen
  seinerzeit die Markierung der Aufwertung durch ein eingefügtes        Nachwuchses kann eine ergebnisoffene Betrachtung
  „ … hoch …“ als ausreichend erschien). Entsprechend der HAW-
  Bezeichnung für die nicht universitären Hochschulen wird hier         nicht umstandslos unterstellen, dass die Kindheitspäda­
  der Begriff „wissenschaftliche Hochschulen“ für Universitäten         gogik bereits durch Stabilität gekennzeichnet sei. Soweit
  und Pädagogische Hochschulen (PHs) nicht genutzt (anders als
                                                                        Instabilität zu ermitteln wäre, wäre es unzureichend,
  etwa im Datenreport Erziehungswissenschaft), da er impliziert,
  dass es auch nicht wissenschaftliche Hochschulen gäbe. Solche         allein auf die strukturelle – genauer: formale – Seite der
  aber wären ein Widerspruch in sich, vergleichbar einer ‚unprak-       Karrierepfade zu fokussieren. Insbesondere in der For­
  tischen Berufsausbildung‘. Der Begriff „Hochschulen“ ist im vor-
  liegenden Report immer die Gattungsbezeichnung für sämtliche          mierungsphase von Disziplinen sind, weil etablierte Rou­
  Hochschularten.                                                       tinen fehlen, informelle Kontakte entscheidend.

10
Einleitung: Fragestellungen und Vorgehen

Parallel dazu wird, drittens, eine Bestandsaufnahme der        aufbereitet. Dabei werden sich sehr intensiv bearbeitete,
gegenwärtigen disziplinären Struktur der Professoren­          intensiv bearbeitete, auch bearbeitete und marginali­
schaft in der Kindheitspädagogik, die die Studierenden         sierte Themen unterscheiden lassen.
und Promovierenden betreut, durchgeführt. Verbun­                 Insgesamt entsteht so ein theoretisch begründetes
den mit dieser Erhebung wird, viertens, eine empirische        und empirisch geerdetes Bild der disziplinären Entwick­
Bestandsaufnahme weiterer disziplinärer Kennzeichen            lung der Kindheitspädagogik, das neben Entwicklungs­
realisiert, insbesondere der organisatorischen Veranke­        chancen auch objektive Limitierungen einer solchen
rungen inklusive personeller und struktureller Ressour­        Entwicklung ausweist. Resümierend werden mögliche
cen. Erstmals wird dabei auch die Größe der Forschungs­        Handlungsoptionen und offene (Forschungs-)Fragen
community erfasst. Schließlich findet sich, fünftens, das      formuliert. Abbildung 1 veranschaulicht die Analyse­
Themenprofil der kindheitspädagogischen Forschung              perspektiven des vorliegenden Reports.

Abb. 1: Die Analyseperspektiven des vorliegenden Reports

                   Studiengänge                                Nachwuchs- und Personalentwicklung

       Studiengangslandschaft                                  Promotionsmöglichkeiten
                                                                   und -geschehen
      Anschlüsse und Übergänge
       von Bachelor- zu Master-                               Promotionsstrukturen vor Ort
           Studiengängen
                                                                 Promovierenden- und
         Master-Programme:                                         Promotionszahlen
        Strukturmerkmale und
      inhaltliche Orientierungen                                     Habitilationen

                                      Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik

          Personalressourcen                                       fachliche Herkunft
                                                                   Professorenschaft
     Forschungscommunity-Größe

          Strukturressourcen
                                                            Denominationen der Professuren

        Projekte und Drittmittel

   Publikationen und Dissertationen                                 Modellrechnung

        Forschung: Ressourcen & Themen                      Selbstreproduktion der Kindheitspädagogik?

Quelle: Eigene Darstellung

Methodisch wird, unter Rückgriff auf eigene Untersu­           wertungen, Desktop-Recherche, Dokumentenanalysen
chungen zur Teilakademisierung der Frühpädagogik               und diverse quantitative Berechnungen zur Plausi­
(insbesondere Pasternack 2015), die Disziplinentwick­          bilisierung der qualitativen Aussagen. Des Weiteren
lung der Kindheitspädagogik mittels eines Mixed-               wurden zwei Online-Befragungen durchgeführt: eine
Methods-Ansatzes empirisch erhoben: Literaturaus­              Befragung der gegenwärtig in der Kindheitspädagogik

                                                                                                                              11
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

Promovierenden (n = 36 Respondenten, Rücklaufquote:              persönlich per E-Mail eingeladen wurde. Die Vertei­
etwa 20 %) und eine Befragung der Professorinnen und             lung der Antwortenden entspricht hinsichtlich Hoch­
Professoren in den kindheitspädagogischen Studien­               schultyp und Geschlecht der Verteilung innerhalb der
gängen (67 Respondenten, Rücklaufquote: 33 %).                   Grundgesamtheit: 15 % der Professuren sind an Univer­
   Die Promovierendenbefragung erfolgte als anonym               sitäten und mehr als drei Viertel an HAW angesiedelt;
durchgeführte Befragung, bei der es für alle Teilneh­            in beiden Fällen beträgt der Anteil der Frauen zwei Drit­
menden nur einen Universal-Link zur Umfrage gab.                 tel. Mit Ausnahme Brandenburgs kamen Antworten
Gewählt wurde diese Befragungsform, da sich nur ein              aus allen Bundesländern. Deutlich überrepräsentiert ist
geringer Teil der Promovierenden in der Kindheitspäd­            dabei Nordrhein-Westfalen, 30 % der Antworten stam­
agogik direkt recherchieren lässt. In Ermangelung von            men aus diesem Bundesland.
Informationen über die Adressatinnen und Adressaten                 Ergänzt wurden diese Erhebungen durch leitfaden­
wurde die Einladung zur Teilnahme an dieser Umfrage              gestützte Interviews mit elf Expertinnen und Exper­
(inklusive des Links) an verschiedene Einrichtungen              ten einschließlich eines Gruppeninterviews mit Nach­
und Netzwerke versandt, an denen Promovierende                   wuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftlern. Die
in der Kindheitspädagogik angesiedelt sind oder sich             Analysen wurden im Zeitraum Januar 2020 bis März
organisieren. Die Online-Befragung der Professorin­              2021 durchgeführt.
nen und Professoren in den kindheitspädagogischen                   Im Einzelnen leisteten die Untersuchungsschritte in
Studiengängen erfolgte als personalisierte Vollbefra­            folgender Weise Beiträge zur Bearbeitung der Zielset­
gung mit Datenanonymisierung, bei der die Zielgruppe             zungen:

Tab. 1: Untersuchungsmethoden und -themen im Überblick

                Methode             Desktop-­      Dokumenten-        Literatur-­         Experten-         Online-­
 Thema                             Recherche         analyse         auswertung          interviews        Befragung

 Studiengangs­                                                                                             
 auswertung
                               ·   Überblick zur Studiengangslandschaft
                               ·   Anschlussmöglichkeiten vom Bachelor zum Master
                               ·   Strukturmerkmale der Master-Studiengänge
                               ·   Grad der Forschungsorientierung der Master-Angebote
 Nachwuchs- und                                                                                            
 ­Personalentwicklung
                               · Promotionsmöglichkeiten, -geschehen und -strukturen (Promotionsordnungen,
                                 ­Unterschiede in den Ländern, Graduiertenkollegs)
                               · Stand der Personalentwicklung über Promotion hinaus (Habilitationen)
                                                                                          
                               · vorhandene Forschungsressourcen an Universitäten und HAW (hochschulinterne
                                 ­Strukturen, Drittmittelprojekte)
                               · Größe der wissenschaftlichen Community und Ermittlung des forschungsaktiven Kerns
 Forschungsressourcen             der Community
 und -themen                   · feldstabilisierende Strukturen (außerhochschulische Forschung, Netzwerke,
                                  ­Zeitschriften)
                               · Themen kindheitspädagogischer Publikationen in Frühe Bildung, Zeitschrift für
                                    ­Erziehungswissenschaft, Zeitschrift für Pädagogik und zeitschriftenähnlichen
                                   ­Buchreihen, Monografien, Dissertationen und grauer Literatur, Forschungsprojekte in
                                    BMBF-Förderprogrammen

12
Einleitung: Fragestellungen und Vorgehen

                 Methode        Desktop-­      Dokumenten-         Literatur-­          Experten-          Online-­
 Thema                         Recherche         analyse          auswertung           interviews         Befragung

                                                     
 Selbstreproduktion der      · fachliche Herkunft der Professorinnen und Professoren
 Kindheitspädagogik?         · Denominationen der Professuren
                             · Modellrechnung

Quelle: Eigene Darstellung

Neben den in diesem Report dargestellten Analyse­
schritten und ‑ergebnissen sind zahlreiche weitere
Analysen unternommen bzw. erzeugt worden. Diese
fließen hier entweder als Hintergrundinformationen
ein oder stellen Details zu Sachverhalten dar, die sich
im vorliegenden Text nur summarisch mitteilen lassen,
oder bieten darüber hinausgehende Informationen zu
Themen, die hier aus Platzgründen nicht weiter vertieft
werden können. Um all dies – insbesondere die Details
der methodisch kontrollierten Recherchen und die dar­
aus gewonnenen generalisierenden Aussagen – nach­
vollziehbar zu machen, hat das Institut für Hochschul­
forschung einen ergänzenden Materialband (Hechler
u. a. 2021) online gestellt. In diesem finden sich zu jedem
Kapitel des vorliegenden Reports detaillierende Infor­
mationen. Explizite Hinweise auf diesen Materialband
erfolgen hier nur dann, wenn prophylaktisch methodi­
sche Missverständnisse ausgeschlossen werden sollen.

                                                                                                                        13
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

                                                                     Die Bachelor-Studiengänge werden im Folgenden nur
2 Studiengänge                                                       so weit behandelt, wie es (a) nötig ist, um die Landschaft
                                                                     zu skizzieren, und sie (b) die Voraussetzung für nachfol­
                                                                     gende Qualifikationen bilden, d. h. zunächst hinsicht­
                                                                     lich des Übergangs in Master-Programme. Zwar formu­
Bis in die zweite Hälfte der 2000er-Jahre musste der                 liert der Qualifikationsrahmen für BA-Studiengänge
Bereich Frühe Bildung in Praxis und Wissenschaft,                    der „Kindheitspädagogik“/„Bildung und Erziehung in
sobald er akademisiertes Personal benötigte, auf Absol­              der Kindheit“, den die Bundesarbeitsgemeinschaft Bil­
ventinnen und Absolventen von Nachbarfächern                         dung und Erziehung in der Kindheit (BAG-BEK) 2009
zurückgreifen: Sozialpädagogik, Soziale Arbeit, Psy­                 verabschiedet hat, Forschungsorientierung auch für
chologie und Soziologie insbesondere. Lediglich für                  Bachelor-Studiengänge als eine Anforderung. Dem­
die Lehrkräfte an (Berufs-)Fachschulen gab es fachlich               nach solle in diesen ein Kompetenzbereich „Recherche
einschlägige Studiengänge. Bis heute betrifft dies auch              und Forschung in der Kindheitspädagogik“ vorgese­
noch zum Teil die Rekrutierung des kindheitspädagogi­                hen werden.4 Zugleich gibt es aber Hinweise, dass hier
schen Personals für Lehre und Forschung an Hochschu­                 noch Defizite bestehen. So wird aktuell im Studien­
len, da die Qualifikationswege dafür meist 15 und mehr               gangstag Pädagogik der Kindheit debattiert, wie eine
Jahre betragen.                                                      Forschungsoffenheit bereits im Bachelor-Studium (und
   Entsprechend der Zielstellung des vorliegenden                    damit implizit das Offenhalten einer wissenschaftli­
Reports interessieren deshalb an dieser Stelle vor allem             chen Karriere nach dem Erststudium) gefördert werden
die Master-Programme: Sie bilden die Brücke zu etwai­                kann, beispielsweise durch fixierte forschungsmetho­
gen wissenschaftlichen Beschäftigungen und weiteren                  dische Standards und Mindestanzahl von Creditpoints
Qualifizierungen, insbesondere zur Promotion, gege­                  für Forschungsmethoden (HSL-2).
benenfalls Habilitation sowie allgemein zu Forschung                    Daneben ist die verlässliche Bereitstellung von
und Lehre. Damit können sie der Kindheitspädagogik                   Bachelor-Angeboten bedeutsam für die Stabilisierung
die Möglichkeit eröffnen, eigenen wissenschaftlichen                 der Berufsrolle Kindheitspädagogin/Kindheitspäda­
Nachwuchs zu rekrutieren und auf diese Weise die Dis­                goge. Das Vorhandensein außerwissenschaftlicher
ziplin auch personell zu stabilisieren. Diese Selbstre­              Berufsrollen, die durch das spezifische Fachwissen defi­
produktionsfähigkeit wiederum gilt als ein wichtiger                 niert sind und eine dauerhafte Wissensnachfrage aus
Bestandteil der Etablierung und Konsolidierung einer                 dem Professionsfeld erzeugen, ist eine wichtige Bedin­
wissenschaftlichen Disziplin. 3 Daher sollen hier fol­               gung der Disziplinentwicklung. Indem die Bachelor-
gende Fragen beantwortet werden:                                     Studiengänge vorrangig als Vorbereitung auf den
– Wie sind die Master-Programme im Bereich der Kind­                 Einstieg ins Professionsfeld konzipiert sind, gehören
   heitspädagogik thematisch-inhaltlich ausgerichtet?                sie zum Hintergrundpanorama unseres Themas, ohne
   Wie sind sie disziplinär verortet? Welche Einfluss­               aber entscheidende Bedeutung für die Nachwuchs-
   größen (z. B. Hochschulart, Anschlussmöglichkeiten
   vom Bachelor zum Master, fachlich benachbarte
   Studiengänge) spielen hierbei eine Rolle?
– Welche Master-Programme stehen den Bachelor-Ab­
   solventinnen und -Absolventen offen? Sind sie kon­
   sekutiv oder als weiterbildende Studienprogramme
   angelegt? Wie sehen die Zugangsvoraussetzungen
   zu diesen Master-Programmen aus? Wie wird Durch­
   lässigkeit ermöglicht?                                            4 Damit sollen Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen befä-
                                                                       higt werden, „in Übereinstimmung mit ihrem professionellen
                                                                       Wissen und Verstehen unter Anwendung geeigneter Methoden,
                                                                       Forschungsfragen zu bearbeiten und andere Methoden fachli-
3 Die Autorengruppe Fachkräftebarometer (FKB 2019, S. 136) kons-       cher Informationsbeschaffung anzuwenden. Die Informations-
  tatiert: „Master-Studiengängen wird sowohl für die Professiona-      beschaffung kann z. B. (…) als Praxisforschung mit quantitativen
  lisierung des Arbeitsfeldes und seiner Stützsysteme als auch für     und/oder qualitativen Methoden, als Interpretation empirischer
  die Disziplinentwicklung eine hohe Bedeutung zugesprochen“.          Daten (…) gestaltet sein“ (BAG-BEK 2009, S. 5).

14
Studiengänge

und Personalentwicklung der wissenschaftlichen Diszi­                    gung, insbesondere hinsichtlich des Bedarfs nach einer
plin Kindheitspädagogik zu besitzen.5                                    Professionalisierung der Praxis. In diesem Sinne wurde
   Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich                         auch in unseren Experteninterviews darauf hingewie­
mithin auf die Master-Programme, denn hinsichtlich                       sen, dass die Praxis anwendungsorientierte und berufs­
der Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses bilden                      begleitende Master einfordert, vor allem für die qua­
diese den ‚richtigen‘ Einstieg. Dazu müssen ihre Studie­                 lifizierte Arbeit der Stützsysteme (Träger, ministeriale
renden wissenschaftliches Interesse entwickeln und                       Ebene) – eine Anforderung, der sich die Hochschulen
sich fachlich angemessen auch auf Forschungsaufga­                       nicht entziehen wollen und können (HSL-4; HSL-5).
ben vorbereiten können. Von Bedeutung sind hier fol­                         Die Auswertung der kindheitspädagogischen Stu­
gende Aspekte: die Regularien für den Übergang vom                       diengänge nach Strukturmerkmalen und inhaltlicher
Bachelor zum Master, die Angebotsstruktur der Master-                    (Forschungs-)Ausrichtung wurde mittels Studiengangs­
Studiengänge sowie ihre inhaltliche Ausrichtung, d. h.,                  materialien (Modulhandbücher, Studien-, Prüfungs-
ob sie eher praxisorientiert angelegt sind oder expli­                   und Praktikumsordnungen, Beschreibungen auf den
zit auch auf eine weiterführende wissenschaftliche                       Websites) vorgenommen. Die Bewertungen zur For­
Kar­riere vorbereiten. Dabei haben praxisorientierte                     schungsorientierung konnten mit den Informationen
Master-Studiengänge mindestens ebenso ihre Berechti­                     aus unseren Experteninterviews abgeglichen werden.

Tab. 2: Studiengangsauswertung: Untersuchungsmethoden und -themen

         Desktop-­              Dokumenten­                  Literatur­                    Experten­             Online-Befragung
        Recherche                 analyse                   auswertung                    interviews

                                                                                                                      
 ·   Überblick zur Studiengangslandschaft
 ·   Anschlussmöglichkeiten vom Bachelor zum Master
 ·   Strukturmerkmale der Master-Studiengänge
 ·   Grad der Forschungsorientierung der Master-Angebote

Quelle: Eigene Darstellung

2.1 Studiengangslandschaft                                               und inzwischen ein weitgehender Stillstand bei der
                                                                         Neueinrichtung entsprechender Bachelor-Studienan­
Im Jahr 2004 starteten die ersten drei Hochschulstu­                     gebote. Die Autorengruppe Fachkräftebarometer (FKB
diengänge für Kindheitspädagogik. Bis zum Jahr 2011                      2019, S. 137) konstatiert: „Das Angebot früh- bzw. kind­
begannen dann in jedem Semester bundesweit meh­                          heitspädagogischer Bachelor-Studiengänge ist stabil
rere neue kindheitspädagogische Hochschulstudien­                        und liegt seit 2014 bei rund 70 Studiengängen“.
gänge. Auf den Gründungsboom folgte ein Dämpfer                             Die kindheitspädagogischen Master-Studiengänge
                                                                         haben sich im Zeitraum der letzten zehn Jahre von
                                                                         einem Studiengang auf 14 erhöht;6 alle Studiengänge
                                                                         zusammengenommen, wird an insgesamt 59 Stand­
5 „Ähnlich wie die heutige Erzieherausbildung haben viele der
  einschlägigen Bachelorstudiengänge einen ausgeprägten
  Tätigkeits- und Arbeitsfeldbezug, weniger ausgeprägt ist der
  Bezug zu (klassischen) wissenschaftlichen Disziplinen“ (Göd-
  deke u. a. 2017, S. 217). Neben dem starken Praxisbezug wird in
  den Bachelor-Studiengängen teilweise auch ein deutlicher Fokus
  auf Leitungs- und Managementaufgaben sowie beratende und
  aus- und weiterbildende Tätigkeiten gelegt (Göddeke u. a. 2017,
  S. 218), mithin auf berufsfeldspezifische (höhere) Aufgaben,           6 Aus Gründen, die noch zu erläutern sind, beziehen wir unten 20
  jedenfalls weniger auf wissenschaftliche Tätigkeiten fokussiert.         Master-Programme ein (s. Kap. 2.2 sowie Kap. 2.3).

                                                                                                                                      15
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

orten Kindheitspädagogik angeboten.7 Das sind die                        im Prüfungsjahr 2017 8.187 Bachelor-Absolventinnen
Studienmöglichkeiten, die als allgemein früh-/kind­                      und ‑Absolventen (Destatis 2018c, S. 25).
heitspädagogisch sowie als früh-/kindheitspädago­                           Der Vergleich der Studierenden- und Absolvieren­
gisch mit Leitungs- oder Management-Schwerpunkt                          denzahlen zwischen Kindheitspädagogik und Sozialer
kategorisiert werden (ohne weitere Spezialpädagogi­                      Arbeit verdeutlicht das Verhältnis beider Disziplinen
ken). Zum Vergleich: In der Sozialen Arbeit, die „neben                  hinsichtlich ihrer Etablierung an den Hochschulen. In
der Informatik das zahlenmäßig größte, akademisch                        unseren Experteninterviews wurde das starke Überge­
neu eingeführte Qualifizierungsprojekt seit den großen                   wicht der Sozialen Arbeit an den Hochschulen gegen­
Bildungsreformen in den 1970er Jahren“ ist (Rauschen­                    über der Kindheitspädagogik so thematisiert: „In der
bach/Züchner 2004, S. 65), gibt es derzeit 178 Bachelor-                 Praxis ist die Kindheitspädagogik der Riese und die Sozi­
und 143 Master-Angebote.8                                                ale Arbeit der Zwerg. An den Hochschulen ist es umge­
   Gemäß der Stabilisierung des Angebots der Bachelor-                   kehrt. Wir gelten immer so als die kleine Schwester der
Studiengänge mit einer Kapazität von etwa 3.900 Studi­                   Sozialen Arbeit“ (HSL-2).
enplätzen9 hat sich die Zahl der Studienanfängerinnen                       Eine vollständige Akademisierung des Berufs der
und -anfänger in den Bachelor-Programmen bei etwa                        Erzieherin bzw. des Erziehers wurde politisch seit dem
3.400 pro Jahr konsolidiert; die Zahl der Absolventin­                   Jahr 2004 nie angestrebt. Sie würde den Hochschulsek­
nen und Absolventen kindheitspädagogischer Bache­                        tor akut wohl auch überfordern. Zugleich expandiert
lor-Studiengänge hat sich mittlerweile bei etwa 2.400                    der Fachschulbereich massiv, um die Bedarfe des Berufs­
pro Jahr eingependelt (FKB 2019, S. 141). Zum Vergleich:                 feldes zu bedienen. So betrug laut FKB 2019 die Zahl
In den Studiengängen Soziale Arbeit gab es im Win­                       der neu ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher im
tersemester 2017/2018 deutschlandweit 12.937 Studie­                     Schuljahr 2016/2017 32.000 Personen und stieg damit im
rende im ersten Fachsemester (Destatis 2018b, S. 36) und                 Vergleich zum Schuljahr 2015/2016 (29.900) um 7 % (FKB
                                                                         2019, S. 136). Beachtenswert ist auch, dass sich die Zahl
                                                                         der Fachschulen für Sozialpädagogik seit 2012 von 553
7 Abfrage unter https://www.weiterbildungsinitiative.de/studien-         auf 631 im Jahr 2017 erhöht hat (FKB 2019, S. 133).
  gangsdatenbank (Zugriff: 06.11.2020); WiFF-Studiengangsmoni-              Der prognostizierte Fachkräftebedarf wird bis zum
  toring 2020 (DJI/WiFF 2020b).
  Die Studiengangsdatenbank der WiFF, so die Selbstbeschreibung          Jahr 2025 auf bis zu 329.000 zusätzliche pädagogische
  auf der Startseite, ist „die einzige Datenbank speziell für frühpäd-   Fachkräfte für Krippen, Kindertageseinrichtungen und
  agogische und kindheitspädagogische Studiengänge. Auf einen
  Klick finden Sie alle Bachelor- und Master-Studiengänge der Früh-
                                                                         in der Grundschule beziffert (DJI 2017). Dem stehen im
  bzw. Kindheitspädagogik in Deutschland. Die Suchfunktion               gleichen Zeitraum aller Voraussicht nach etwa 274.000
  ermöglicht, eine Auswahl nach verschiedenen Kriterien zu tref-         einschlägig ausgebildete Nachwuchskräfte gegenüber,
  fen. Kompakte Studiengangsprofile fassen Inhalt und Struktur
  jedes einzelnen Studiengangs zusammen. Die Datenbank bietet            die „lediglich ausscheidende Fachkräfte ersetzen sowie
  Informationen für jeden, der Früh- bzw. Kindheitspädagogik stu-        den Mehrbedarf aufgrund von Geburtenanstieg und
  dieren möchte. Die Einträge werden regelmäßig aktualisiert“
  (DJI/WiFF 2020a). Zu beachten ist, dass in der Studiengangsda-
                                                                         Zuwanderung auffangen“ können (ebd.).
  tenbank der WiFF deutlich mehr Studienangebote gelistet sind,             Insgesamt ist mittel- und vermutlich auch langfristig
  als im jährlichen WiFF-Studiengangsmonitoring berücksichtigt           von einer teilweisen Akademisierung des Berufsfeldes
  werden. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass in der Datenbank
  ein Bachelor-Studiengang im Fernstudium von einer Hochschule           auszugehen. Im Verhältnis zu den anderen pädagogi­
  an unterschiedlichen Standorten angeboten wird und somit in            schen Berufen ist diese zugleich eine Spätakademisie­
  der Datenbank pro Standort auftaucht, im Monitoring aber nur
  einfach gezählt wird.
                                                                         rung.
                                                                            Die verschiedenen akademischen Angebote las­
8 Abfrage unter www.hochschulkompass.de/home.html (Zugriff:
  22.02.2021).                                                           sen sich an folgenden Hochschularten mit je eigener
9 Die Zahl der Studienplatzkapazität stellt eine Hochrechnung auf        Gewichtung studieren:
  die 76 Bachelor-Studiengänge dar und beruht auf den Ergebnis-          – Universitäten sind besonders theorie- und for­
  sen des WiFF-Studiengangsmonitoring 2019 (DJI/WiFF 2019), in
                                                                            schungsorientiert.
  welchem bei 67 Bachelor-Studiengängen Angaben zu Platzkapa-
  zitäten rückgemeldet wurden. Für die Studiengänge ohne Kapa-           – Die Angebote der PHs (nur in Baden-Württemberg)
  zitätsangaben wurde der Durchschnitt aus den anderen Studien-             und der FHs/HAW sind stärker berufsorientiert.
  gängen gebildet, dieser mit der Zahl der Bachelor-Programme
  ohne Studienplatzangabe multipliziert und das Ergebnis zur             – Berufsakademien (nur in Sachsen und Baden-Würt­
  Summe der Programme mit Platzangaben addiert.                             temberg, in Letzterem: duale Hochschule) bieten

16
Studiengänge

   eine duale Ausbildung mit den Lernorten Berufsaka­               Studiengänge werden an HAW angeboten. Ein Fünftel
   demie für die Theorie und Kindereinrichtung für die              entfällt auf Universitäten und PHs und ein weiteres
   Praxis an.                                                       Fünftel auf private FHs, Berufsakademien und duale
                                                                    Hochschulen (in diesem letzten Fünftel sind bis auf zwei
Werden die 76 Bachelor-Studiengänge sowie 14 Master-­               Ausnahmen alle Bachelor-Angebote an privaten Hoch­
Programme an 59 Standorten nach Hochschultyp auf­                   schulen zu finden).
geschlüsselt, so zeigt sich: Knapp zwei Drittel aller

Tab. 3: Kindheitspädagogische Bachelor- und Master-Studiengänge 2020 nach
Hochschultyp (Anzahl; Anteil am Gesamt in %)

                                    Hochschul­art                                           Anzahl       Anteil am Gesamt in %

 Universität                                                                                     8                     9
 Pädagogische Hochschule                                                                       10                     11
 Fachhochschule/Hochschule für angewandte Wissenschaften                                       55                     61
 Private Fachhochschule                                                                        15                     17
 Berufsakademie, duale Hochschule                                                                2                     2
 Gesamt                                                                                        90                    100

Quelle: Eigene Erhebung qua Abfrage unter https://www.weiterbildungsinitiative.de/studiengangsdatenbank (Zugriff: 06.11.2020); WiFF-­
Studiengangsmonitoring 2020 (DJI/WiFF 2020b); eigene Darstellung

Knapp drei Viertel aller Studiengänge sind grundstän­               erfahren, ohne dass jedoch lokale Spezifika verschwun­
dige Studienangebote, die als Vollzeitstudium angebo­               den wären.10
ten werden, gut ein Viertel machen berufsbegleitende
Studienformen in Teilzeitstruktur aus. Mit über 90 %
ist die große Mehrheit der Studiengänge inhaltlich als
‚reine Kindheitspädagogik‘ konzipiert. 7 % des Ange­
bots sind Studiengänge, die auf Leitung und Manage­
ment von Einrichtungen oder Ähnlichem ausgerichtet
sind. Sowohl die Benennungen als auch die Inhalte der
Bachelor-Studiengänge haben – nicht zuletzt durch
interne Abstimmung und die Anerkennung der ein­
heitlichen Berufsbezeichnung „Kindheitspädagogin/
Kindheitspädagoge“ – eine gewisse Homogenisierung

                                                                    10 Gleichwohl wurde durch die Professorinnen und Professoren in
                                                                       unserer Online-Befragung und in den Experteninterviews der
                                                                       Eindruck formuliert, dass die kindheitspädagogischen Bache-
                                                                       lor-Programme zwar einen gemeinsamen Kern hätten, aber
                                                                       nur bedingt vergleichbar seien. So habe, wer die Hochschule
                                                                       wechsele, etwa Probleme mit der Eins-zu-eins-Anerkennung von
                                                                       erbrachten Studienleistungen. Dagegen sei z. B. in den Bachelor-
                                                                       Programmen der Sozialen Arbeit der gemeinsame Kern deutlich
                                                                       erkennbarer, vermutlich (auch) weil die Soziale Arbeit in ihrer
                                                                       Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik 30 Jahre voraus ist
                                                                       (HSL-2).

                                                                                                                                    17
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

Tab. 4: Struktur der Bachelor- und Master-Studiengänge 2020 (Anzahl; Anteil am
Gesamt in %)

                                                                                              Anzahl       Anteil am Gesamt in %

                                Studiengänge            Bachelor                                 76                      84

 Formale Art des                                        Master                                   14                      16
 ­Angebots                      Modus                   Vollzeit = grundständig                  67                      74
                                                        Teilzeit = berufsbegleitend              23                      26

 Inhaltliche Art des            reine Kindheitspädagogik                                         84                      93
 Angebots                       verbunden mit Leitung, Management o. dgl.                         6                        7

 Gesamt                                                                                         90                     100

Quelle: Eigene Erhebung qua Abfrage unter https://www.weiterbildungsinitiative.de/studiengangsdatenbank (Zugriff: 06.11.2020); WiFF-­
Studiengangsmonitoring 2020 (DJI/WiFF 2020b); eigene Darstellung

2.2 Anschlüsse und Übergänge von                                    ergäbe sich daraus für mindestens 20 % der 2.400 Bache­
Bachelor- zu Master-Studiengängen                                   lor-Absolventinnen und ‑Absolventen eines Jahres die
                                                                    Möglichkeit, einen Studienplatz in einem einschlägig
Die mit der Bologna-Reform eingeführte gestufte Stu­                kindheitspädagogischen Master zu erhalten.
dienstruktur hatte es erleichtert, hochschulische Ange­                Im vorliegenden Report werden zusätzlich zu den
bote in der Kindheitspädagogik zu etablieren: Mit                   14 im engeren Sinne kindheitspädagogischen Master-
der Bachelor-Stufe ließen sich vergleichsweise nied­                Studiengängen sechs weitere Master-Angebote ein­
rigschwellige Studiengänge auflegen. Der Bachelor                   bezogen, die in der Studiengangsdatenbank der WiFF
vermeidet den ‚großen Schritt‘, sich bereits zu Beginn              als „fachlich affin mit einem Schwerpunkt in der Früh-/
auf ein viereinhalb Jahre dauerndes Studium festle­                 Kindheitspädagogik“ kategorisiert werden (DJI/WiFF
gen zu müssen. Stattdessen wird Studieninteressierten               2020a).12 Dahinter steht die Annahme, dass auch diese
eine ‚überschaubare‘ Lösung angeboten, einen ersten,                Studienprogramme das Potenzial haben, für die For­
berufsorientierten akademischen Abschluss zu erwer­                 schung in der Kindheitspädagogik zu interessieren.
ben. Zugleich wurde damit jedoch auch eine weitere                  In der Summe sind es für die weitere Betrachtung der
Übergangsschwelle gesetzt (Ebert/Stammen 2014). Wie                 Master-Studiengänge mithin 20 Angebote (vgl. Tab. 5).
verhält es sich mit den Chancen auf den Übergang?                   Unter Berücksichtigung der zusätzlichen sechs Master-
   In der Studiengangsdatenbank der WiFF ist bei 13 der             Angebote erhöht sich die Studienplatzkapazität auf
14 kindheitspädagogischen Master-Angebote die Stu­                  rund 740 Studienplätze. Damit haben 30 % der 2.400
dienplatzkapazität angegeben, ein weiterer berufsbe­                Bachelor-Absolventinnen und ‑Absolventen eines Jah­
gleitender Master hat keine Kapazitätsbeschränkung.                 res die Möglichkeit, ein kindheitspädagogisches bzw.
In der Summe ergibt sich hiermit eine Studienplatz­                 fachlich affines Master-Studium mit kindheitspädago­
kapazität von mindestens 455 Plätzen.11 Rechnerisch                 gischem Schwerpunkt aufzunehmen.

11 Abfrage unter https://www.weiterbildungsinitiative.de/studien-
   gangsdatenbank (Zugriff: 06.11.2020).                            12 Abfrage unter https://www.weiterbildungsinitiative.de/studien-
   Für die Studiengänge ohne Kapazitätsangaben wurde der               gangsdatenbank (Zugriff: 06.11.2020).
   Durchschnitt aus den anderen Studiengängen gebildet, dieser         Die Qualifizierung als „fachlich affin“ wird auf den Seiten der Stu-
   mit der Zahl der Master-Programme ohne Studienplatzangabe           diengangsdatenbank der WiFF nicht näher erläutert. Gemeint
   multipliziert und das Ergebnis zur Summe der Programme mit          sind erziehungswissenschaftliche Studiengänge mit kindheits-
   Platzangaben addiert.                                               pädagogischem (Wahl-)Schwerpunkt.

18
Studiengänge

Tab. 5: Kindheitspädagogische Master-Programme 2020

        Master-Studiengänge                     Hochschule (N)            Träger-       Konsekutiv/    Vollzeit*/
                                                                          schaft       weiterbildend    Teilzeit

Beratung und Intervention mit Wahl­        Fachhochschule Erfurt        öffentlich     konsekutiv      Vollzeit
schwerpunkt Beratung in kindheits­
pädagogischen Handlungsfeldern
Bildung und Erziehung im Kindesalter       Evangelische Hochschule      evangelisch    konsekutiv      Vollzeit
                                           Freiburg
Leitung – Bildung – Diversität mit         Evangelische Hochschule      evangelisch    weiterbildend   Vollzeit
Wahlschwerpunkt Kindheitspädagogik         Berlin
Forschung, Entwicklung und Manage­         Fachhochschule Kiel          öffentlich     weiterbildend   Vollzeit
ment in Sozialer Arbeit, Rehabilitation/
Gesundheit oder Kindheitspädagogik
Frühpädagogik                              Fachhochschule               öffentlich     konsekutiv      Teilzeit
                                           ­Südwestfalen
Kindheits- und Sozialwissenschaften        Hochschule Koblenz           öffentlich     konsekutiv      Teilzeit
Netzwerkmanagement Bildung                 Alice Salomon Hochschule     öffentlich     konsekutiv      Teilzeit
für nachhaltige Entwicklung –              Berlin
­Schwerpunkt Kindheitspädagogik
Frühkindliche Bildungsforschung            Fachhochschule und           öffentlich     konsekutiv      Teilzeit
                                           ­Universität Potsdam
Frühkindliche Bildung und Erziehung        Evangelische und Päda­       evangelisch/   konsekutiv      Vollzeit
                                           gogische Hochschule          öffentlich
                                           Ludwigsburg
Early Childhood Studies                    Pädagogische Hoch­           öffentlich     weiterbildend   Vollzeit
                                           schulen Weingarten (D)
                                           und St. Gallen (CH) –
                                           ­Distanz ca. 55 km
Bildungswissenschaften mit Wahlprofil      Pädagogische Hochschule      öffentlich     konsekutiv      Vollzeit
Bildungsprozesse früher Kindheit und       Heidelberg
im Elementarbereich
Kindheits- und Sozialpädagogik             Pädagogische Hochschule      öffentlich     konsekutiv      Vollzeit
                                           Schwäbisch Gmünd
Kita-Master: Leitung frühkindlicher        Europa-Universität           öffentlich     konsekutiv      Teilzeit
Bildungseinrichtungen                      ­Flensburg
Erziehungs- und Bildungswissen­            Otto-Friedrich-Universität   öffentlich     konsekutiv      Vollzeit
schaften – Schwerpunkt Elementar-          Bamberg
und Familienpädagogik
Erziehungswissenschaft – Teilstudien­      Universität Koblenz-         öffentlich     konsekutiv      Vollzeit
gang Pädagogik der frühen Kindheit         Landau
Erziehungswissenschaft mit den             Stiftungsuniversität         öffentlich     konsekutiv      Vollzeit
Schwerpunkten Pädagogik der                ­Hildesheim
­Kindheit und Diversity Education

                                                                                                                  19
Daniel Hechler/Theresa Hykel/Peer Pasternack

           Master-Studiengänge                           Hochschule (N)                   Träger-         Konsekutiv/       Vollzeit*/
                                                                                          schaft         weiterbildend       Teilzeit

 Inklusive Pädagogik und                           Justus-Liebig-Universität           öffentlich        konsekutiv        Vollzeit
 ­Elementarbildung                                 Gießen
 Erziehungswissenschaft – Wahlfach                 Universität zu Köln                 öffentlich        konsekutiv        Vollzeit
 Bildung und Förderung in der frühen
 Kindheit – 2-Fach-Master
 Professionalisierung frühkindlicher               Universität Leipzig                 öffentlich        konsekutiv        Vollzeit
 Bildung
 Frühe Kindheit                                    Universität Konstanz (D)            öffentlich        konsekutiv        Vollzeit
                                                   und Pädagogische
                                                   ­Hochschule Thurgau (CH) –
                                                    ­Distanz weniger als 20 km

* Auf Vollzeit angelegte Studiengänge bieten auch eine Teilzeitoption mit entsprechend längerer Studiendauer an.
Quelle: Eigene Erhebung qua Abfrage unter https://www.weiterbildungsinitiative.de/studiengangsdatenbank (Zugriff: 06.11.2020); WiFF-­
Studiengangsmonitoring 2020 (DJI/WiFF 2020b) (N = 20); eigene Darstellung

Die Relevanz der kindheitspädagogischen Einschlä­                        gigen Bachelor13 vor Ort an. Diese Master-Programme
gigkeit von Master-Programmen ergibt sich nicht nur                      sind in den meisten Fällen konsekutiv. Lediglich drei
aus Gründen der Professionsentwicklung. Auch „für                        Universitäten sowie eine Uni-PH-Kooperation mit
die Disziplinentwicklung brauchen wir die originären                     Master-Programmen bieten keinen einschlägig kind­
Master-Studiengänge“, gab eine Person in unseren                         heitspädagogischen Bachelor an. Die Zahl der Hoch­
Experteninterviews zu Protokoll (HSL-2). Es wird für                     schulstandorte, die ein unmittelbar durchgehendes
unabdingbar erachtet, dass Interessierte an der Weiter­                  Bachelor- und Master-Studium offerieren, ist seit dem
qualifikation nicht irgendein, sondern ein tatsächlich                   Studiengangsmonitoring der WiFF 2017 mit 15 % konstant
kindheitspädagogisches Angebot wahrnehmen kön­                           geblieben (FKB 2019, S. 138).
nen, um so die Chance zu haben, ein entsprechendes
wissenschaftliches Interesse entwickeln oder festigen
zu können. Wo diese Chance nicht oder unzureichend
gegeben ist, kann in der Tat nicht damit gerechnet wer­
den, dass sich eine Stabilisierung der Disziplin und ihre
zunehmende Selbstrekrutierung ergeben.

2.2.1 Einschlägige Bachelor-Programme und
weiterführende Master-Angebote vor Ort
Ein einschlägiges Bachelor- samt konsekutivem Master-
Angebot vor Ort ist ein Indiz für einen leichteren bzw.
direkten Übergang ins Master-Studium, da ein Wechsel
des Studienortes meist mit erheblichem – auch finan­
ziellem – Aufwand (neue Strukturen, neue Wohnung
etc.) verbunden ist. An den 20 Hochschulstandorten mit
Master-Programmen schließen 85 % an einen einschlä­

                                                                         13 Inklusive universitärer Bachelor-Studiengänge der Erziehungs-
                                                                            wissenschaften mit kindheitspädagogischem Schwerpunkt.

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