Durchstart oder Verlangsamung? - Afrikas Wirtschaftswachstum - EINGEHENDE ANALYSE - European Union

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Durchstart oder Verlangsamung? - Afrikas Wirtschaftswachstum - EINGEHENDE ANALYSE - European Union
Afrikas
            Wirtschaftswachstum
                   Durchstart oder Verlangsamung?

         EINGEHENDE ANALYSE
EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments
                       Autor: Ionel Zamfir
           Wissenschaftlicher Dienst für die Mitglieder         DE
                   Januar 2016 — PE 573.891                    (or. EN)
Durchstart oder Verlangsamung? - Afrikas Wirtschaftswachstum - EINGEHENDE ANALYSE - European Union
In dieser Veröffentlichung werden das jüngste Wirtschaftswachstum auf dem afrikanischen
Kontinent, die Faktoren, die es ankurbeln, und die Wirtschaftssektoren, die am meisten dazu
beitragen, sowie das Ausmaß des wirtschaftlichen Wandels erörtert, der während der
Wachstumsjahre erzielt wurde. Außerdem wird darin die Bedeutung des Wirtschaftswachstums
für die Verringerung der Armut angesprochen.

PE 573.891
ISBN 978-92-823-8026-0
doi:10.2861/384172
QA-04-15-659-DE-N

Redaktionsschluss des englischen Originalmanuskripts: Januar 2016.
Übersetzung abgeschlossen: März 2016.

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eventuelle Meinungsäußerungen entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des
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Afrikas Wirtschaftswachstum                                                         Seite 1 von 31

ZUSAMMENFASSUNG
In den letzten 15 Jahren haben die meisten Länder in Afrika ein anhaltendes
Wirtschaftswachstum verzeichnet, wobei die Wachstumsraten oft über 5 % pro Jahr lagen. Dies
hat zu großem Optimismus in Bezug auf die Aussichten der Region geführt, Armut und
Unterentwicklung endlich hinter sich zu lassen. Nun entwickelt sich das allgemeine
wirtschaftliche Umfeld jedoch weniger günstig, und das Wachstum verlangsamt sich
insbesondere in Erdöl und Mineralien exportierenden Ländern. Im Großen und Ganzen wird
erwartet, dass sich das Wachstum insgesamt fortsetzt, allerdings mit geringerer
Geschwindigkeit. In diesem sich wandelnden Klima ist es wichtig, einen Blick auf die treibenden
Kräfte des Wachstums zu werfen, um zu ermitteln, welche dieser Kräfte das Wachstum weiter
aufrechterhalten können.
Wenn wir auf die Jahre anhaltenden Wachstums zurückblicken, wird deutlich, dass viele
treibende Kräfte dazu beigetragen haben; ihre Konfiguration hing letztendlich von der lokalen
Wirtschaftslage jedes Landes ab. Günstige externe Bedingungen, vor allem hohe Rohstoffpreise
(basierend auf einer starken internationalen Nachfrage) und die Verfügbarkeit von
Investitionsgeldern, mit denen auf globaler Ebene nach neuen Möglichkeiten gesucht wurde,
haben eine bedeutende Rolle gespielt. Auf innerstaatlicher Ebene leisteten die Verbesserung
des makroökonomischen Klimas – insbesondere die Verringerung der Auslandsverschuldung
und der Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizite – sowie der Rückgang bei der Zahl von
Konflikten und die verbesserte politische und wirtschaftspolitische Steuerung ohne Zweifel
ebenfalls einen zentralen Beitrag zum Wachstum. Angeregt durch eine wachsende
Binnennachfrage, war ein lebhafter Dienstleistungssektor in vielen Fällen der am schnellsten
wachsende Sektor afrikanischer Volkswirtschaften. Auch der Telekommunikations-Boom, der
zuerst auf einer rasanten Zunahme bei der Nutzung von Mobiltelefonen basierte und heute von
der schnell expandierenden Internet-Verbreitung angetrieben wird, hat eine zentrale Rolle
gespielt. Finanzdienstleistungen entwickeln sich schnell und gehen oft mit der Einführung von
IKT einher. Nachzügler bei der Wachstumsgeschichte war indes das verarbeitende Gewerbe.
Subsahara-Afrika ist auch weiterhin nicht in der Lage, sich jenen Entwicklungsländern
anzuschließen, die ihr Wachstum auf den Export wettbewerbsfähiger industriell gefertigter
Güter basieren.
Das Wachstum verläuft zwar schnell, allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau, weshalb
Afrika noch immer viel zu tun hat, um andere Regionen der Welt einzuholen. Trotz der
Begeisterung, die durch das schnelle Wirtschaftswachstum geschürt wurde, welches den Glauben
erweckt, Afrika könne das nächste Asien werden, hinken afrikanische Länder in Bezug auf die
Entwicklungsgeschwindigkeit noch immer hinter anderen Entwicklungsländern her. Das
Wachstum des BIP pro Kopf ist immer noch erheblich geringer als in Asien; die Diversifizierung
und höhere Entwicklung der Wirtschaft bleiben in den meisten afrikanischen Ländern gering.
Es gibt unterschiedlichste Vorschläge, um einen echten und tiefgreifenden wirtschaftlichen
Wandel voranzubringen, diese konzentrieren sich aber in vielen Fällen auf die Notwendigkeit,
Afrikas industrielle Basis zu entwickeln. Die Anpassung der Industrialisierung von Afrika an
seine spezifischen Eigenschaften erfordert die Koordinierung mit den mineralgewinnenden
Industriezweigen sowie die Modernisierung der Agrarproduktion und Ausweitung der Agrar-
und Ernährungswirtschaft. Auf diesem Wege könnte der Kontinent die Abhängigkeit von
einigen wenigen Exportgütern hinter sich lassen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber
externen Schocks verbessern. Die Industrialisierung wird von vielen Autoren auch als
notwendig erachtet, um ausreichend Arbeitsplätze für die schnell wachsende Bevölkerung zu
schaffen. Zwar ist der Dienstleistungssektor, angetrieben von der Binnennachfrage, schnell
gewachsen und gilt in der Regel als der Sektor, der am meisten zum Wachstum beigetragen hat,
seine Gesamtproduktivität und sein Exportpotenzial sind jedoch immer noch gering; den meisten
Arbeitskräften fehlt es an den nötigen höheren Qualifikationen. Damit der wirtschaftliche Erfolg
anhält und seine umgestaltende Wirkung erzielt, ist ein Klima politischer Stabilität vonnöten, da
Konflikte eine der Hauptbedrohungen für das Wirtschaftswachstum Afrikas sind.
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INHALTSVERZEICHNIS
1.       Hintergrund: der afrikanische Wirtschaftsaufschwung .........................................................3
     1.1. Sagen die Zahlen die Wahrheit? BIP-Berechnung in Afrika ................................................4
2.       Wirtschaftliche Lage...................................................................................................................5
     2.1. Jüngste Wirtschaftsgeschichte...............................................................................................5
     2.2. Aktuelle Wirtschaftsaussichten: Vorhersagen nach unten korrigiert................................7
     2.2.1. Trotz Wachstum bleibt das BIP vor allem in SSA niedrig .................................................9
3.       Wachstumsfaktoren................................................................................................................ 10
     3.1. Verbessertes politisches und makroökonomisches Klima............................................... 10
     3.2. Geschäftsklima...................................................................................................................... 12
     3.3. Internationale Finanzflüsse.................................................................................................. 13
     3.4. Die demografische Dividende ............................................................................................. 14
     3.5. Sektoren der Wirtschaft und ihr Beitrag zum Wachstum................................................ 14
         3.5.1. Export von Rohstoffen und mineralgewinnende Industriezweige.......................... 14
         3.5.2. Landwirtschaft............................................................................................................... 17
         3.5.3. Aufbau der Infrastruktur .............................................................................................. 17
         3.5.4. Dienstleistungen ........................................................................................................... 20
         3.5.5. Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren................................................... 22
         3.5.6. Handel ............................................................................................................................ 22
4.       Wandel der Wirtschaft............................................................................................................ 22
     4.1. Wie stark hat sich die Wirtschaft gewandelt?................................................................... 22
         4.1.1. Afrikas misslingende Industrialisierung...................................................................... 23
         4.1.2. Arbeitsmigration zwischen Sektoren und Anstiege der Produktivität.................... 24
         4.1.3. Der Wirtschaftswandel variiert stark zwischen afrikanischen Ländern und
         Regionen................................................................................................................................... 25
     4.2. Wie wird Wirtschaftswandel angeregt?............................................................................. 26
5.       Verringert Wirtschaftswachstum die Armut?...................................................................... 28
6.       Unterstützung der EU für die Wirtschaftsentwicklung in Afrika........................................ 29
7.       Wichtige Quellen ..................................................................................................................... 31
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                                  Liste der wichtigsten Abkürzungen
    AfDB     Afrikanische-Entwicklungsbank-Gruppe
    AU       Afrikanische Union
    ADI      Ausländische Direktinvestition
    BIP      Bruttoinlandsprodukt
    IWF      Internationaler Währungsfonds
    KKP      Kaufkraftparität
    SSA      Subsahara-Afrika
    UNDP Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen
    ECA      Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Afrika

1. Hintergrund: der afrikanische Wirtschaftsaufschwung
Die vergangenen zwei Jahrzehnte und insbesondere die Jahre seit der
Jahrtausendwende waren für den afrikanischen Kontinent eine Zeit des anhaltenden
Wirtschaftswachstums. Dem Wirtschaftsaufschwung folgten in den meisten Ländern
Subsahara-Afrikas (SSA) zwei Jahrzehnte wirtschaftlicher Stagnation, die in vielen dieser
Länder von militärischen Konflikten, wirtschaftlicher Misswirtschaft und einer
untragbaren Auslandsverschuldung geprägt waren. Ein wichtiges Merkmal dieses
Aufschwungs besteht darin, dass er von allen Ländern Afrikas, mit einigen
konfliktbedingten Ausnahmen, weitgehend geteilt wurde. Das neue Wachstum ist nicht
unbemerkt geblieben und hat bei Journalisten, Ökonomen, Geschäftsleuten und
Investoren großen Optimismus in Bezug auf das Schicksal einer Region erweckt, die vor
nicht allzu langer Zeit zum Scheitern verdammt schien.
Die meist als „Africa Rising Narrative“ (Geschichte vom Aufstieg Afrikas) bezeichnete optimistische
Haltung bezüglich afrikanischer Wirtschaftsaussichten basiert auf der Annahme, dass Afrika kurz
davor steht, „eine neue Seite aufzuschlagen“, „durchzustarten“, das „Asien des 21. Jahrhunderts“
und neuer „wirtschaftlicher Motor der Welt“ zu werden, und dass dieses Jahrhundert das
„Jahrhundert Afrikas“ sein wird. Es wird erwartet, dass ein Wirtschaftswunder das Schicksal des
Kontinents verändert, mit großen Auswirkungen auf den Rest der Welt. In den vergangenen Jahren
ist die Vorstellung, dass Afrika ein rasantes Wachstum verzeichnet und einen großen Wandel
durchlebt, zu einer beliebten Titelgeschichte für die Presse geworden,1 so dass manche sie lediglich
als einen Medienhype betrachten, der die vorherige Geschichte eines zu Elend und
Unterentwicklung verdammten Kontinents2 durch eine überoptimistische Sichtweise ersetzt.3

1
      Die neue Geschichte vom aufstrebenden Kontinent wurde mit Presseartikeln wie The Economist, The
      hopeful continent. Africa rising (2011), Nachrichtenmagazin Time, Africa Rising (2012) und Financial
      Times, Africa calling (2013) einem breiten Publikum zuteil.
2
      Subsahara-Afrika durchlebte von 1975 bis 1995 eine langwierige wirtschaftliche Stagnation. The
      Economist war unter den ersten, die diesen Ansatz vertraten, und gab im Mai 2000 ein
      pessimistisches Urteil über die Entwicklungsaussichten Afrikas ab. Darin wurde Afrika als ein
      Kontinent beschrieben, der in endlosen Problemen versunken ist, welche sich rund um drei tief in
      seiner Kultur verwurzelte Themen ansiedeln: Brutalität, Despotie und Korruption. Seine wichtigste
      Schlussfolgerung war, dass Afrika den Kampf verliere.
3
      So ist zum Beispiel die oft erwähnte Behauptung, Afrika enthalte eine erhebliche Anzahl der am
      schnellsten wachsenden Länder der Welt, nicht sehr vielsagend. Da Afrika etwa ein Viertel aller
      Länder weltweit enthält, und der Anteil an Entwicklungsländern (die in der Regel die höchsten
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Die jüngsten Entwicklungen erfordern jedoch eine genauere Betrachtung der
Beschaffenheit dieses Wirtschaftswachstums. Die wichtigste Frage in diesem
Zusammenhang ist, ob es nachhaltig und wirksam bei der Armutsbekämpfung ist. Da es
von günstigen externen Rahmenbedingungen angetrieben wird, wird befürchtet, dass
das Wirtschaftswachstum abrupt anhält, sobald sich diese Rahmenbedingungen
ändern. Tatsächlich hat das jüngste Ende des hohen Rohstoffpreiszyklus zu einer
solchen Änderung geführt, es wird jedoch erwartet, dass das Wachstum in vielen
afrikanischen Ländern in erheblicher – wenn auch geringerer – Geschwindigkeit
fortgesetzt wird. In einigen der ressourcenarmen Länder wird das Wachstum
unvermindert anhalten. Erdöl und Mineralien exportierende Länder werden am
härtesten getroffen, die meisten von ihnen dürften jedoch weiterhin wachsen. Die
wirtschaftliche Abhängigkeit von wenigen Exportgütern macht ein Land besonders
anfällig für Preisschwankungen auf dem Weltmarkt und weltwirtschaftliche Schocks im
Allgemeinen. Außerdem erfordert die Gewinnung von Erdöl und Mineralien in der
Regel nicht viele Arbeitskräfte und diejenigen, die in diesem Bereich arbeiten, sind
meistens nicht hoch qualifiziert. In Ermangelung einer Zunahme des Anteils des
verarbeitenden Gewerbes in vielen afrikanischen Ländern wurden zumindest im
formellen Sektor nur wenige Arbeitsplätze geschaffen, und die Bevölkerungen haben
möglicherweise nicht immer vom Wirtschaftswachstum profitiert. 4
Eine aktuelle vom Pew Research Center durchgeführte Studie5 zeigt, dass Menschen in Subsahara-
Afrika über die Wirtschaftslage in ihren Ländern glücklicher sind als die Menschen in anderen Teilen
der Welt. Viele Menschen in SSA sind optimistisch über ihre Zukunft und glauben, dass sich ihre
Volkswirtschaft in den nächsten zwölf Monaten verbessert und dass es der nächsten Generation
finanziell besser gehen wird als ihren Eltern.

1.1. Sagen die Zahlen die Wahrheit? BIP-Berechnung in Afrika
Ein unvermeidliches Problem bei Berichten über das Wirtschaftswachstum in Afrika ist
die Genauigkeit von BIP-Schätzungen. Vorhandene Wirtschaftsdaten gelten in vielen
afrikanischen Ländern als ungenau und damit unzuverlässig, was zu einer Situation
führt, die von einigen als statistische Tragödie Afrikas bezeichnet wird. 6 Die Berechnung
des genauen BIP ist im Allgemeinen schwierig und teuer, dies gilt in afrikanischen
Ländern, denen es oft an ausreichend statistischen Kapazitäten fehlt, aber umso mehr.
BIP-Schätzungen werden durch das Fehlen geeigneter Erhebungen oder durch das
Einmischen von Regierungen zu politischen Zwecken (um sich mit höheren
Wachstumsraten zu rühmen) beeinträchtigt. Aus diesem Grund sollten BIP-Daten mit
Vorsicht genossen werden.

      Wachstumsraten erzielen) in Afrika sogar noch höher liegt, ist zu erwarten, dass unter den Ländern
      mit dem schnellsten Wachstum weltweit viele afrikanische Länder zu finden sind, sobald die
      afrikanischen Volkswirtschaften zu wachsen beginnen (siehe Why saying ‘seven out of ten fastest
      growing economies are in Africa’ carries no real meaning, Morten Jerven, August 2014).
4
      Siehe hierzu Employment in Sub-Saharan Africa. Sorry, no vacancies, The Economist, März 2014 und
      Africa at work: Job creation and inclusive growth, McKinsey Global Institute, August 2012
5
      Pew Research Center, „Concerns and Priorities in Sub-Saharan Africa“, September 2015.
6
      Africa’s statistical tragedy, Shanta Devarajan, 2011.
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Die Ungenauigkeit der BIP-Berechnung wurde im Zusammenhang mit der BIP-
Neuberechnung deutlich, die vor Kurzem von mehreren Ländern durch eine
sogenannte BIP-„Umbasierung“ vorgenommen wurde.7 Diese Praxis hat zu
beeindruckenden Ergebnissen geführt. Ghana, das erste Land, das 2010 eine
Umbasierung vornahm, konnte sein BIP nahezu verdoppeln und wurde so zu einem
Land mit mittlerem Einkommen. Der Fall von Nigeria ist ähnlich: eine BIP-
Neuberechnung im Jahr 2014 führte zu einer Steigerung seiner Volkswirtschaft um fast
das Doppelte und machte Nigeria zur größten afrikanischen Volkswirtschaft, noch vor
Südafrika. Bei der „Umbasierung“ von Nigeria wurden Wirtschaftszweige
berücksichtigt, die im Jahr 1990, dem vorherigen Basisjahr, noch nicht existierten (z. B.
der Telekommunikationssektor und die Filmindustrie,8 beides treibende Kräfte des
nigerianischen Wirtschaftswachstums). Auch Kenia und Uganda berechneten ihr BIP im
Jahr 2014 neu, und ihre BIP-Schätzungen stiegen um 25 %9 bzw. 13 %10.

2. Wirtschaftliche Lage
2.1. Jüngste Wirtschaftsgeschichte
Abbildung 1 – BIP-Wachstum in %, 1961-2011

        20
                      Afrika                                             Nordafrika

                      Subsahara-Afrika (alle Einkommensklassen)          Subsahara-Afrika ohne Südafrika
        15

        10

         5

         0
              1961   1966       1971        1976        1981      1986        1991        1996        2001   2006     2011

         -5

        -10
Datenquelle: Weltbank, Africa Development Indicators, 2013.

Die Wirtschaftsgeschichte Afrikas seit der Unabhängigkeit ist von starken
Schwankungen geprägt, wie Abbildung 1 zeigt. Der Kontinent hat zwei
Wachstumszeiträume erlebt: einen von 1961 bis 1975 und einen weiteren von 1995 bis
heute, wobei dazwischen Stagnation herrschte. Angesichts der langwierigen
wirtschaftlichen Stagnation und der geringen Wirtschaftsleistung des Kontinents

7
      Zu dieser Praxis gehört die Änderung des zur Berechnung des nominalen BIP verwendeten
      „Basisjahrs“. Das „Basisjahr“ ist in der Regel ein Jahr, für das die Erhebungen zu
      Wirtschaftstätigkeiten und andere soziale Indikatoren umfassender sind. Der Afrikanischen
      Entwicklungsbank zufolge sollten Länder ihr BIP alle fünf Jahre entsprechend den Empfehlungen des
      IWF umbasieren, aber nur wenige afrikanische Länder haben dies getan. Zuverlässige BIP-
      Berechnungen sind somit gefährdet, da vollständige und sinnvolle Revisionen nur stattfinden können,
      wenn die Datenverfügbarkeit verbessert wird (siehe Revising GDP estimates in Sub-Saharan Africa:
      Lessons from Ghana, Morten Jerven und Magnus Ebo Duncan, The African Statistical Journal,
      Band 15, August 2012.)
8
      Africa's GDP Is Bigger Than You Think, Matt Mossman, Bloomberg Business, Oktober 2014.
9
      Kenya National Bureau of Statistics.
10
      Uganda Bureau of Statistics.
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verglichen mit anderen Regionen der Welt schien Afrika zu anhaltender
Unterentwicklung verdammt. Hypothesen über die Ursache gruppierten sich oft um
drei Faktoren – geografische Bedingungen, das Erbe des Sklavenhandels und die
Kolonialisierung. Die Annahme ist die, dass einer dieser Ausgangsfaktoren afrikanische
Länder auf einen institutionellen Pfad geführt hat, der nicht günstig für die Entwicklung
war.
Eine schwache Wirtschaftsleistung auf dem Kontinent schien daher nicht überraschend.
Allerdings galt Afrika nicht immer als zur Unterentwicklung verdammt. Am Ende der
Kolonialzeit führten die Ressourcen und die relative Stabilität des Kontinents zu
vorteilhaften Vergleichen seiner Entwicklungsaussichten mit Südostasien, das zu dieser
Zeit in Konflikten versunken, von Armut gezeichnet und scheinbar zum wirtschaftlichen
Scheitern verurteilt war. Tatsächlich erlebte Afrika in den 1960er und 1970er Jahren ein
anhaltendes Wachstum (in vielen Fällen über 5 %), dieses Wachstum endete aber
abrupt mit der Ölkrise von 1979. Galoppierende Ölpreise und hohe Zinssätze für
Auslandsschulden besiegelten das Schicksal vieler Länder. Im Jahrzehnt nach der
Unabhängigkeit wurden oftmals Versuche einer Industrialisierung unternommen,
allerdings unter staatlichem Eigentum und mit aus dem Ausland geliehenem Geld. Die
auf Importsubstitution ausgerichtete Industrie war mit qualitativ minderwertigen
Produkten und geringer Produktivität wettbewerbsunfähig. Viele Industrien waren
untragbar und wurden während der wirtschaftlich schwierigen Zeiten in den 1980er
und 1990er Jahren aufgegeben, wobei sie viele afrikanische Länder von Schulden
gelähmt zurückließen.11
Als Antwort auf diese wirtschaftlichen Probleme wurde eine Reihe politischer
Maßnahmen ergriffen, die das Wachstum schließlich wieder in Gang brachten:
Liberalisierung der Agrarmärkte, Schließung oder Privatisierung staatlicher
Unternehmen, Öffnung für den internationalen Handel, Verringerung der
Auslandsverschuldung und Verbesserung der Leistungsbilanz entweder durch eine
solide makroökonomische Politik oder durch Hilfe von außen, einschließlich
Schuldenerlass. Auch das Wachstum des Dienstleistungssektors spielte eine wichtige
Rolle.
Mit der Jahrtausendwende begann für Afrika eine Zeit anhaltenden und
beeindruckenden Wachstums, und einige seiner Länder waren unter den am
schnellsten wachsenden Volkswirtschaften weltweit. In der Zeit nach der Finanzkrise
von 2008 hat sich der afrikanische Kontinent aufgrund zweier Faktoren als
widerstandsfähig erwiesen: zum einen eine gute Haushaltlage und zum anderen eine
geringe Interkonnektivität mit dem Rest der Welt. Allerdings hat sich die Haushaltslage
wieder verschlechtert, und die Region ist von „Zwillingsdefiziten“ (Leistungsbilanzdefizit
und Staatshaushaltsdefizit) anstatt von den „Zwillingsüberschüssen“ geprägt, die dem
Kontinent zuvor halfen, der Finanzkrise standzuhalten.12 Der Schuldenstand nähert sich
in bestimmten Ländern dem Risikofaktor-Status.13

11
     Industry for Africa. Why? How?, John Page, The Oxford companion to the economics of Africa, 2012,
     S. 304.
12
     Prospects for Africa's economies in 2015, Oxford Analytica, November 2014.
13
     Prospects for Africa's economies in 2015, Oxford Analytica Daily Brief, November 2014.
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Afrikas derzeitiges Wachstum könnte auch aufgrund nicht wirtschaftlicher Faktoren entgleisen.
Eine Studie,14 in der die Widerstandsfähigkeit der afrikanischen Wirtschaft einem Stresstest
unterzogen wurde, kam zu dem Ergebnis, dass Dürre und Konflikte die größten Risiken sind. Die
Landwirtschaft bleibt angesichts ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Bevölkerung und ihrer
Anfälligkeit für die Auswirkungen des Klimawandels weiterhin zerbrechlich. Der Weltbank zufolge15
entsteht eine neue Art von Konflikten, die sich von Natur aus von den bislang üblichen großen
Konfliktereignissen und Bürgerkriegen der 1990er Jahre unterscheiden: Gewalt im Zusammenhang
mit Wahlen, Extremismus und Terroranschläge, Drogenhandel (Westafrika), Piraterie auf See (Golf
von Guinea) sowie Kriminalität und Kriege, die von bewaffneten Aufständischen (z. B. Boko Haram
in Nigeria) geführt werden. Sie gefährden den wirtschaftlichen Fortschritt, vor allem in den
betroffenen Ländern.16

2.2. Aktuelle Wirtschaftsaussichten: Vorhersagen nach unten korrigiert
Gemäß den Vorhersagen von IWF und Weltbank bleibt Subsahara-Afrika eine der am
schnellsten wachsenden Regionen der Welt, auch wenn es unter den negativen
Auswirkungen von fallenden Rohstoffpreisen und weniger günstigen weltweiten
Finanzbedingungen leidet. Der jüngste Bericht der Weltbank zu SSA mit dem Titel
„Africa's Pulse“17 zeigt den Konjunkturrückgang in Subsahara-Afrika, dessen Wachstum
von 4,6 % im Jahr 2014 auf 3,7 % im Jahr 2015 zurückging. Das Ende des Superzyklus
der Rohstoffpreise (das sich erheblich auf Erdöl, Kupfer und Eisenerz auswirkt), die
Abschwächung der chinesischen Wirtschaft und verschärfte weltweite
Finanzbedingungen sorgen für eine Konjunkturdämpfung. Die Wachstumsrate von 2015
wird die niedrigste seit 2009 sein. In den Jahren 2016 und 2017 wird sich das
Wachstum voraussichtlich wieder schrittweise erholen, angekurbelt durch die durch
Konsum, Investitionen und Regierungsausgaben erzeugte Binnennachfrage. Die
stärksten Auswirkungen niedrigerer Rohstoffpreise werden die weniger diversifizierten
Erdölexporteure (wie Angola und die Republik Kongo) und andere Rohstoffexporteure
(Demokratische Republik Kongo und Mauretanien) zu spüren bekommen. Der IWF hat
ähnliche Vorhersagen gemacht. Das Wachstum in SSA hat deutlich nachgelassen, und
die aktuellen Erwartungen liegen bei 3¾ % für dieses Jahr und 4¼ % für 2016,
verglichen mit 5 % im Jahr 2014.18 Besonders betroffen werden Erdöl und Mineralien
exportierende Länder sein, darunter auch Nigeria – die größte Volkswirtschaft Afrikas.
Im Jahr 2015 ist Nordafrika sehr langsam gewachsen, mit Ausnahme von Ägypten und
Marokko, die ein stärkeres Wachstum verzeichneten. Algerien leidet unter niedrigen
Ölpreisen. In Libyen wird sich die makroökonomische Situation mit einem
Haushaltsdefizit von mehr als 55 % des BIP und einem Leistungsbilanzdefizit von 70 %
des BIP voraussichtlich verschlechtern, das Land besitzt aber noch erhebliche
Währungsreserven.19

14
     Stress-Testing Africa’s Recent Growth and Poverty Performance, Israel Osorio-Rodarte, Hans Timmer,
     Shantayanan Devarajan, Delfin S. Go und Maryla Maliszewska, Weltbank, Juni 2013.
15
     Africa’s Pulse, Weltbank, April 2015.
16
     Zwei in zivilen Konflikten versunkene Länder, nämlich Burundi und Südsudan, sind unter den Ländern,
     die Erwartungen zufolge 2015 mit 7 % bzw. 5 % die ausgeprägteste wirtschaftliche Kontraktion
     erleben.
17
     Africa's Pulse, Weltbank, Oktober 2015.
18
     Regional Economic Outlook. Sub-Saharan Africa. Dealing with Gathering Clouds, IWF, Oktober 2015.
19
     The Economic Outlook for the Middle East and North Africa, Weltbank, Oktober 2015.
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Abbildung 2 – Geschätztes BIP-Wachstum in % nach afrikanischem Land – 2015 und 2016

Quelle: IWF World Economic Outlook, Oktober 2015.

Im Jahr 2015 wurde die Wirtschaftsleistung des Kontinents insgesamt außerdem von
der anhaltenden wirtschaftlichen Stagnation oder Kontraktion in von Ebola betroffenen
Ländern (Guinea, Liberia und Sierra Leone) abgeschwächt. Libyen hat seinen freien Fall
der Wirtschaft im Jahr 2015 aufgrund seiner chaotischen politischen und
sicherheitspolitischen Lage fortgesetzt. Das Wachstum in Südafrika ist verhalten
geblieben,     da     das    Land     von    Arbeitskonflikten    und     chronischen
Stromversorgungsengpässen betroffen war.
Ebola hatte eine lähmende Wirkung auf die Wirtschaft der drei am meisten betroffenen Länder in
Westafrika, d. h. auf Guinea, Liberia und Sierra Leone, wo es das Wachstum erheblich abschwächte,
während seine wirtschaftlichen Auswirkungen auf andere Länder der westafrikanischen Region sehr
begrenzt waren. Alle drei betroffenen Länder sind im ersten Halbjahr 2014 mit beeindruckender
Geschwindigkeit gewachsen, ab Mitte 2014 brach das Wachstum aber vollständig ein. Die Tätigkeit
in Bergbau (mit aufgeschobenen Bergbauprojekten), Dienstleistungen und Landwirtschaft nahm
erheblich ab. Im Jahr 2015 bleiben die prognostizierten Auswirkungen der Epidemie auf das
Wirtschaftswachstum auch weiter signifikant. Gemäß der Prognose des IWF vom Oktober wird die
Wirtschaft in Guinea und Liberia im Jahr 2015 voraussichtlich stagnieren, während die von Sierra
Leone um fast ein Viertel nachlässt. Eine leichte Erholung ist in den ersten zwei Ländern für 2016
vorhergesehen.
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2.2.1. Trotz Wachstum bleibt das BIP vor allem in SSA niedrig
Abbildung 3 – Ein Vergleich des BIP basierend auf der Bewertung der KKP in Milliarden USD, 2014

Quelle: IWF World Economic Outlook, April 2015.

Trotz des Optimismus, den die solide Wachstumsrate der vergangenen Jahre erwecken
mag, ist eine nähere Untersuchung gerechtfertigt. Die Wirtschaftsleistung von SSA
bleibt im Vergleich zu anderen Regionen besonders niedrig. In der Region leben fast
1 Milliarde Menschen,20 das gesamte in Kaufkraftparität bewertete BIP von SSA liegt
jedoch zwischen dem von Deutschland und Brasilien. Auch das Bevölkerungswachstum
in SSA ist rasant – die Region verfügt über die höchste Bevölkerungswachstumsrate
weltweit. Folglich ist das Wachstum des BIP pro Kopf geringer als das Wachstum des
Gesamt-BIP. In den 2000er Jahren verzeichnete SSA den dritthöchsten Anstieg des Pro-
Kopf-BIP (in KKP und Prozentpunkten) weltweit nach Südasien und Ostasien und
Pazifik,21 tatsächlich aber lag seine Wachstumsrate nur bei der Hälfte der Rate dieser
beiden Regionen.
Abbildung 4 – BIP basierend auf KKP pro Kopf (INT$) im Jahr 2015 nach afrikanischen Land

Quelle: IWF World Economic Outlook, Oktober 2015.

Trotz anhaltenden Wachstums bleibt auch das BIP pro Kopf vieler afrikanischer Länder
niedrig. Die meisten Länder haben ein in KKP bewertetes BIP von unter 5 000 INT$, und
Länder, die oberhalb dieser Schwelle liegen, sind entweder Erdöl- oder
Mineralienexporteure oder stärker diversifizierte Volkswirtschaften (Kap Verde, Ägypten,
Marokko, Mauritius, Tunesien, Südafrika und die Seychellen). SSA verfügt zwar über 12 %
der Weltbevölkerung und 18 % der weltweiten Landfläche, es produziert aber nur 1,5 %
des weltweiten nominalen BIP (und 2,3 % in KKP).

20
     Weltbank.
21
     The Evolution of the Per Capita Income Levels in the World, Inequality Watch.
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3. Wachstumsfaktoren
Es wird viel darüber diskutiert, was genau das beeindruckende Wachstum Afrikas seit
der Jahrtausendwende angekurbelt hat. Bezüglich der relativen Bedeutung von
externen gegenüber internen Faktoren für die Beschleunigung des Wachstums herrscht
keine Einigkeit. Tatsächlich hat Afrika von einem sehr günstigen externen Umfeld für
seine Exporte und die Heranziehung von Kapital profitiert. Die Weltmarktpreise der drei
Produktkategorien, die den Großteil der Exporte ausmachen – fossile Brennstoffe,
Mineralien und landwirtschaftliche Erzeugnisse – sind beachtlich gestiegen, Ende 2014
aber wieder gesunken. Auf der anderen Seite war auch eine komplexe Konstellation
günstiger interner Faktoren von entscheidender Bedeutung für das Wachstum,
darunter ein günstiges makroökonomisches Klima und ein schnell wachsender
Dienstleistungssektor. Der Weltbank zufolge sind die derzeit wichtigsten
Wachstumsmotoren in der Region: staatliche Infrastrukturinvestitionen, eine Erholung
der Landwirtschaft und ein lebhafter Dienstleistungssektor.22
3.1. Verbessertes politisches und makroökonomisches Klima
Oft steht eine verbesserte politische und sicherheitspolitische Situation als Faktor zur
Debatte, der zum wirtschaftlichen Aufschwung des Kontinents beiträgt. Die Zahl der
Konflikte ist seit dem Jahr 2000 zurückgegangen, und die politische Stabilität und
demokratische Staatsführung haben sich in vielen Ländern verbessert.
Die Verbesserung des makroökonomischen Klimas und Geschäftsklimas spielt ebenfalls
eine bedeutende Rolle. Zunächst die Verringerung der Auslandsverschuldung: In den
1990er Jahren waren viele afrikanische Länder von Schulden gelähmt; ab 2002 ging die
Auslandsverschuldung Afrikas jedoch zurück, nachdem eine Reihe von Initiativen zum
Schuldenabbau eingeleitet wurde. Die Initiative für hoch verschuldete arme Länder
(HIPC) aus dem Jahr 1996 und die Multilaterale Entschuldungsinitiative (MDRI) von
2005 verringerten die Schulden in 30 afrikanischen Ländern um etwa 100 Mrd. USD.23
Heute ist die Auslandsverschuldung Afrikas in relativem Gewicht niedriger als in OECD-
Ländern. Die Staatsverschuldung liegt in den meisten afrikanischen Ländern unter 50 %
des BIP, was allgemein als tragbare Grenze gilt, allerdings steigt sie wieder. Dadurch
entstehen neue Risiken, da der Schuldenstand in afrikanischen Ländern nicht dem von
entwickelten Volkswirtschaften entsprechen muss, um eine Wirtschaftskrise
auszulösen.24 In Afrika entsprechen Staatseinnahmen einem geringeren Anteil am BIP
als in Industrieländern und stammen oft aus unbeständigeren Quellen wie zum Beispiel
von Exportgütern.

22
     Africa’s Pulse, Weltbank, Oktober 2014, S. 5.
23
     Making the Most of Africa’s Commodities: Industrializing for Growth, Jobs and Economic
     Transformation, ECA & AU, 2013, S. 58.
24
     Africa Debt Rising, Paul Adams, Africa Research Institute, Januar 2015.
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Abbildung 5 – Leistungsbilanzsaldo und Haushaltssaldo für Afrika

Quelle: AfDB, Data Portal, 2015.

Infolge dieses verbesserten makroökonomischen Klimas haben mehrere afrikanische
Länder in den letzten Jahren erfolgreich Anleihen auf internationalen Finanzmärkten zu
relativ niedrigen Zinssätzen ausgegeben.25 Diese Anleiheemissionen wurden von den
Anlegern mit großem Interesse aufgenommen, und sie signalisierten ihre wachsende
Zuversicht in die Zukunft afrikanischer Volkswirtschaften.
Andererseits kann Fremdkapital, wenn es größtenteils für laufende Ausgaben
verwendet und nicht angemessen verwaltet wird, aufhören, das Wirtschaftswachstum
anzukurbeln.26 Vor Kurzem hat es Warnungen in Bezug auf Instabilität gegeben. Die
erste kam aus einer Volkswirtschaft, die immer als Vorbild für wirtschaftlichen Erfolg
und Dynamik in Afrika galt – aus Ghana. Ghana veranschaulicht die potenziellen
Probleme, mit denen afrikanische Volkswirtschaften konfrontiert sind, wenn sie die
Haushaltsdisziplin nicht respektieren. Nachdem die Preise für Gold, Kakao und Erdöl,
die Hauptexporte des Landes, gesunken waren, verschlechterte sich die
makroökonomische Situation; die Staatsverschuldung stieg auf 70 % des BIP, das
Haushaltsdefizit erreichte rund 10 %, und die Währung verlor 31 % ihres Wertes im Jahr
2014.27 Die Volkswirtschaft des Landes – eine derjenigen, die in Afrika die besten
Ergebnisse erzielten – war zuvor durch die Entdeckung von Off-Shore-Erdölreserven
angekurbelt worden, mit deren Förderung 2010 begonnen wurde, letztendlich waren
die Erdölreserven jedoch enttäuschend. Das Land lieh sich immense Summen auf
privaten Märkten und verwendete das Geld für laufende Ausgaben, größtenteils für
Gehaltserhöhungen im öffentlichen Sektor und Energiesubventionen, anstatt sie für
Entwicklung auszugeben. Trotz Abschluss eines Stabilisierungsabkommens mit dem
IWF im April 2015 bleibt das Ausfallrisiko bestehen.28 Auch Sambia, ein großer
Kupferexporteur (70 % seiner Ausfuhrerlöse stammen vom Kupferexport), ist aufgrund
großer makroökonomischer Ungleichgewichte und eines starken Rückgangs des
Kupferpreises zunehmend unter Druck geraten. 2015 hat seine Währung 45 % an Wert
verloren.29 Andere SSA-Währungen haben ebenfalls erheblich nachgelassen (in Uganda,
Angola, Südafrika).30 Die größten Risiken bestehen im derzeitigen Kontext für Länder,

25
     Hunting for Eurobonds, Jocelyne Sambira, in: Africa Renewal: April 2014, S. 30.
26
     Trends and Developments in African Frontier Bond Markets, Amadou N. R. Sy, März 2015.
27
     Ghana Reaches $1bn Deal with IMF, Wallis, William. Financial Times, Februar 2015.
28
     Ghana’s slow progress on debt raises default risk, Bloomberg Intelligence, 28. Juli 2015.
29
     Zambia's Kwacha Falls Most Since 2001 After Moody's Downgrade, Bloomberg, September 2015.
30
     Africa's Pulse, Weltbank, Oktober 2015, S 2.
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deren Einnahmen für Haushalt und Währungsreserven vom Export eines oder zweier
Rohstoffe abhängen.
Der öffentliche Schuldenstand in Afrika ist unterschiedlich (siehe Abbildung 6). In vielen
afrikanischen Ländern hat sich die öffentliche Kreditaufnahme positiv auf das
Wirtschaftswachstum ausgewirkt und es Regierungen ermöglicht, unter anderem in
Infrastrukturen zu investieren, nun wendet sich das Blatt jedoch, und die Haushalts-
und Leistungsbilanzdefizite werden größer.
Abbildung 6 – Staatliche Bruttoverschuldung (% des BIP) nach Land – IWF-Schätzungen für 2015
    160
    140
    120
    100
     80
     60
     40
     20
      0
          Eritrea
          Kap Verde
          Gambia
          Sao Tomé and Principe
          Mauretanien
          Ghana
          Sudan
          Simbabwe
          Seychellen
          Marokko
          Togo
          Mosambik
          Republik Kongo
          Angola
          Kenia
          Mauritius
          Senegal
          Tunesien
          Lesotho
          Dschibuti
          Guinea-Bissau
          Libyen
          Südsudan
          Südafrika
          Sierra Leone
          Niger
          Mali
          Zentralafrikanische Rep.
          Sambia
          Liberia
          Guinea
          Tansania
          Gabon
          Madagaskar
          Benin
          Uganda
          Côte d'Ivoire
          Burundi
          Burkina Faso
          Ruanda
          Kamerun
          Namibia
          Tschad
          Komoren
          Äthiopien
          Dem. Rep. Kongo
          Swasiland
          Äquatorialguinea
          Botsuana
          Nigeria
          Algerien
Quelle: IWF World Economic Outlook, Oktober 2015.

3.2. Geschäftsklima
Abbildung 7 – Leichtigkeit der Geschäftstätigkeit, Wirtschaftsranglisten
(Die Volkswirtschaften der Welt werden nach ihrer Leichtigkeit der Geschäftstätigkeit von 1 bis
189 eingestuft.)

Quelle: Weltbank, Doing Business, 2015.

Das Geschäftsklima bleibt eine Schwachstelle für die Wachstumsaussichten Afrikas. In
Bezug auf die Leichtigkeit, mit der Unternehmen in verschiedenen Ländern Afrikas
Geschäfte treiben, belegt der Kontinent keinen hohen Rang, und die meisten
afrikanischen Länder gehören zu denen, die auf der Rangliste der Weltbank für
Afrikas Wirtschaftswachstum                                                              Seite 13 von 31

189 Länder ganz unten rangieren.31 Es gibt jedoch ein paar beachtliche Ausnahmen.
Mauritius belegt weltweit Rang 32 (2014 belegte es Rang 28) und liegt an erster Stelle
der afrikanischen Nationen, gefolgt von Ruanda (Rang 62), Botsuana (Rang 72),
Südafrika (Rang 73), Tunesien (Rang 74) und Marokko (Rang 75). Südafrika stieg
erheblich ab, von Rang 43 im Jahr 2014 auf Rang 73 im Jahr 2015. Der von Ruanda
belegte Rang verdient aufgrund seines niedrigen BIP pro Kopf besondere
Aufmerksamkeit. Das Land hat sein Geschäftsklima in den letzten Jahren deutlich
verbessert und wurde in der Studie der Weltbank mit dem Titel „Doing Business
Survey 2010“ zum besten Reformer und in den Studien von 2011 und 2014 zum
zweitbesten Reformer ernannt.32 Afrikanische Länder erscheinen oft unter den von der
Weltbank ermittelten zehn besten Reformern.
3.3. Internationale Finanzflüsse
SSA hat einem erheblichen Anstieg des Volumens externer Finanzflüsse (einschließlich
privater Kapitalflüsse, öffentlicher Entwicklungshilfe und Überweisungen in die Region)
von 20 Mrd. USD im Jahr 1990 auf über 120 Mrd. USD im Jahr 2012 beigewohnt. Dieser
Anstieg war größtenteils privaten Kapitalflüssen und Überweisungen zuzuschreiben,
während die öffentliche Entwicklungshilfe weniger zunahm. Zwischen 2001 und 2012
kamen die meisten privaten Kapitalflüsse zwei Ländern zugute, nämlich Südafrika und
Nigeria, die 45 % bzw. 13 % der gesamten privaten Kapitalflüsse von SSA verzeichneten.
Auf diese Länder entfällt auch über die Hälfte des BIP der Region.33
Es gibt ein wachsendes Interesse an Investitionen in Afrika, nicht nur in Staatsanleihen
(wie oben beschrieben), sondern auch im Privatsektor. Einer Attraktivitätsstudie von
EY34 zufolge war Afrika im Jahr 2014 das zweitattraktivste Ziel für ADI weltweit,
obgleich einige negative Vorstellungen fortbestehen und ADI-Flüsse begrenzen.
Obwohl Afrika zunehmend ADI-Flüsse anzieht, beträgt sein Anteil an den gesamten ADI
weltweit nur 5 %. Derzeit unterscheidet sich die Situation zwischen Nordafrika und SSA
erheblich. Während die ADI-Flüsse nach Nordafrika abnahmen, stiegen die ADI-Flüsse
nach Subsahara-Afrika im Jahr 2014 um 4,7 % weiter an. Regionale Drehscheiben wie
Südafrika, Nigeria und Kenia ziehen zusammen mit aufstrebenden Volkswirtschaften
wie Ghana, Mosambik, Sambia, Tansania und Uganda zunehmend ADI-Flüsse an.35
In jüngster Zeit haben die sich wandelnde Wirtschaftslage weltweit und vor allem die
Abschwächung der chinesischen Wirtschaft erhebliche Auswirkungen auf Investitionen
in Afrika. Um genau zu sein, sind chinesische Investitionen im ersten Halbjahr 2015 um
40 % zurückgegangen.36 China ist ein wichtiger Investor in Afrika und stellt Geld für
zahlreiche Infrastrukturprojekte und mineralgewinnende Industriezweige zur
Verfügung.

31
     Ease of doing business, Weltbank.
32
     Ruandas Verbesserung und sein Potenzial für weitere Verbesserungen in dieser Hinsicht werden in
     anderen Studien anerkannt. Siehe zum Beispiel The Economist Business in Rwanda. Africa’s
     Singapore?, Februar 2012.
33
     Gemäß Private capital flows, official development assistance, and remittances to Africa: Who gets
     what?, Amadou Sy und Fenohasina Maret Rakotondrazaka, Brookings Institution, Mai 2015.
34
     EY’s Africa attractiveness survey, Y, 2014, S. 6.
35
     Ebenda, S. 5.
36
     Chinas Handelsministerium zufolge, zitiert in Voice of America, 25. November 2015. Anderen Quellen
     zufolge könnte der Rückgang in der ersten Hälfte des Jahres verglichen mit dem Vorjahr ganze 84 %
     betragen haben. Chinese investment in Africa plunges 84% in: Financial Times, 21. Oktober 2015.
Afrikas Wirtschaftswachstum                                                            Seite 14 von 31

Überweisungen von Wanderarbeitnehmern sind eine weitere wichtige Quelle von
Kapital und Devisen für afrikanische Haushalte ebenso wie für afrikanische Länder.
Etwa 3 % der Gesamtbevölkerung Afrikas leben außerhalb ihrer Heimatländer. Das
Versenden von Geld zurück an die Familien in Afrika führte im Jahr 2010 für Afrika
insgesamt zu Überweisungs-Zuflüssen in Höhe von 40 Mrd. USD. Dies entsprach etwa
3 % des Gesamt-BIP von Afrika.37
3.4. Die demografische Dividende
Die demografische Dividende könnte einer der wichtigsten Motoren künftigen
Wachstums sein. Bis 2050 wird Subsahara-Afrika mehr und jüngere Arbeitskräfte als
China oder Indien haben.38 Einer Schätzung39 zufolge könnte die demografische
Dividende zwischen 2011 und 2030 für 11-15 % des BIP-Wachstums verantwortlich
sein. Die Tatsache, dass Afrikas Bevölkerung weiterhin konstant wachsen wird,
impliziert, dass die Zahl der Arbeitskräfte kontinuierlich zunehmen wird. Damit der
Kontinent davon profitiert, muss sich das Bildungsniveau junger Menschen verbessern,
und es müssen genügend Arbeitsplätze geschaffen werden, um Massenarbeitslosigkeit
unter den Jugendlichen und soziale Unruhen zu verhindern.
3.5. Sektoren der Wirtschaft und ihr Beitrag zum Wachstum
Abbildung 8 – Zusammensetzung des BIP nach Sektoren in Afrika im Jahr 2013
(Wertschöpfung zum BIP)

Quelle: AfDB, Data Portal, 2015

Das BIP Afrikas wird von Dienstleistungen dominiert. In Abbildung 8 ist auch der Anteil
der Industrieproduktion signifikant, dieser ist aber durch die Bedeutung
mineralgewinnender Industriezweige in vielen afrikanischen Ländern bedingt.
3.5.1. Export von Rohstoffen und mineralgewinnende Industriezweige
Rohstoffe (Brennstoffe, Mineralien und unverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse)
machen den größten Anteil afrikanischer Exporte aus. Die wichtigsten fünf Exportgüter
von Ländern in SSA, die aus nicht erneuerbaren natürlichen Ressourcen bestehen,

37
     Harnessing Remittances for Africa’s Development, AfDB, März 2014.
38
     2014 African Transformation Report. Growth with Depth, African Center for Economic
     Transformation, 2014.
39
     How Significant could Africa’s Demographic Dividend be for Growth and Poverty Reduction?, Ahmed,
     S. Amer, März 2015.
Afrikas Wirtschaftswachstum                                                               Seite 15 von 31

machten im Jahr 2013 60 % aller Exporte aus. Dabei handelt es sich um Erdöl,
Eisenerz, bituminöse Mineralien, Gold und Erdgas.40
Viele Länder in Afrika sind mit natürlichen Ressourcen gesegnet. In einem aktuellen
Bericht hat die Weltbank 17 ressourcenreiche Länder in SSA aufgezeigt:41 acht
Erdölexporteure (Angola, Tschad, Republik Kongo, Äquatorialguinea, Gabun, Nigeria,
Südsudan und Sudan) und neun Metall- und Mineralienexporteure (Botsuana,
Demokratische Republik Kongo, Guinea, Liberia, Mauretanien, Namibia, Niger, Sierra
Leone, Sambia). In Nordafrika sind Algerien und Libyen wichtige Hersteller und
Exporteure von Gas und Erdöl, in Libyen ist die Produktion jedoch in Folge von
Instabilität zusammengebrochen. Vier der afrikanischen Erdölexporteure sind auch
Mitglieder der OPEC, nämlich Algerien, Angola, Libyen und Nigeria. Von den nicht
ressourcenreichen afrikanischen Ländern haben einige das Potenzial, dies zu ändern:
Mosambik, São Tomé und Príncipe sowie Uganda haben Erdöl- und Gasreserven;
Liberia könnte Off-Shore-Erdöl fördern, und Malawi könnte Uran abbauen.42
Afrika hat den Ruf, ein ressourcenreicher Kontinent zu sein. Genauer betrachtet ist
dieser Reichtum jedoch relativ: die bekannten Reserven an Bodenschätzen des
Kontinents sind nicht allzu groß, wenn man sie mit der enormen Landfläche Afrikas
vergleicht. Afrikas durchschnittliches Vermögen an Bodenschätzen pro
Quadratkilometer belief sich im Jahr 2000 nur auf ein Fünftel dessen von OECD-
Ländern. Dies kann mit der geringen Exploration in vielen Teilen Afrikas erklärt
werden.43 In letzter Zeit war die Exploration von Erdöl- und Gasressourcen erfolgreich,
und es wurden neue Ölfelder in Westafrika (vor der Küste) und in Ostafrika von Kenia
bis Mosambik entdeckt.
Viele afrikanische Länder sind gekennzeichnet durch die Abhängigkeit von einem oder
einigen wenigen Exportgütern, was sie anfällig für externe Schocks macht. Auch ist die
Verknüpfung des mineralgewinnenden Sektors mit dem Rest der Wirtschaft schwach
geblieben, und ressourcenreichen Ländern gelingt es in der Regel nicht, ihre Wirtschaft
zu diversifizieren. Daher hat die mineralgewinnende Industrie nur wenige Arbeitsplätze
geschaffen. Diese Situation betrifft Erdöl in Nigeria, Gold in Ghana, Kupfer in Sambia,
Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo, Uran in Namibia und Niger, Bauxit in
Guinea und bis vor Kurzem die Diamanten in Botsuana.44 Ähnlich ist die Situation von
Agrarexporteuren wie Kenia, dem drittgrößten Teeexporteur weltweit nach China und
Indien, und Äthiopien, einem großen Kaffeeerzeuger. Die Exporte dieser
landwirtschaftlichen Produkte sind nahezu unverarbeitet.
Es ist wohlbekannt, dass ressourcenreiche Länder in SSA mit natürlichen Ressourcen
kein Vermögen machen. In der Vergangenheit wurde oftmals eine Verbindung
zwischen Ressourcenreichtum und wirtschaftlichem und politischem Unglück
40
     Africa’s Pulse, Weltbank, Oktober 2014, S. 20.
41
     Africa's Pulse, Weltbank, Oktober 2015, S. 49. Nach Definition der Weltbank sind ressourcenreiche
     Länder solche, die über Renten aus natürlichen Ressourcen (ausschließlich Wäldern) von über
     10 Prozent des BIP verfügen.
42
     Boom, Bust, or Prosperity? Managing Sub-Saharan Africa’s Natural Resource Wealth, IWF Abteilung
     Afrika, 2013, S. 7.
43
     Siehe „An Overview of African Development Prospects“, Paul Collier, in: The Oxford companion to the
     economics of Africa, S. 28-29. Diese Ansicht wird auch im IWF-Bericht mit dem Titel Boom, Bust, or
     Prosperity? geteilt. Managing Sub-Saharan Africa’s Natural Resource Wealth, 2013.
44
     2014 African Transformation Report. Growth with Depth; African Center for Economic
     Transformation, 2014.
Afrikas Wirtschaftswachstum                                                                    Seite 16 von 31

(mangelnde Entwicklung, Armut und Korruption, politische Instabilität und sogar
militärische Konflikte) beobachtet. Daraus ist der Begriff des „Ressourcenfluchs“
entstanden, von dem viele afrikanische Länder heimgesucht werden. Die Vorstellung
eines unvermeidlichen „Ressourcenfluchs“ wird heute zunehmend in Frage gestellt. 45
Nigeria galt traditionell als ein Paradebeispiel für den „Ressourcenfluch“, da es unter
einer schwachen Wirtschaftsleistung litt. In letzter Zeit ist Nigeria jedoch zu einem
Erfolgsbeispiel geworden, das sich seine reichen Erdölressourcen zunutze macht. Die
wirtschaftliche Lage hat sich bedeutend verbessert; die Volkswirtschaft hat sich in den
letzten Jahren diversifiziert und ist kontinuierlich zu der größten in Afrika
herangewachsen. In extremeren Fällen hat der Ressourcenreichtum zu blutigen
Konflikten geführt, so zum Beispiel in den 1990er Jahren im diamantenreichen Sierra
Leone oder in den mineralienreichen Provinzen von Ostkongo, wo die Instabilität
weiter anhält. Botsuana hingegen hat seinen Diamantenreichtum gut verwaltet, indem
es Wohlstand und politische Stabilität für seine Bevölkerung aufgebaut hat und zu
einem Paradebeispiel dafür geworden ist, wie natürliche Ressourcen der Bevölkerung
zugutekommen können.
Wenn Ressourcen gut verwaltet werden, können sie positive Auswirkungen auf das
Wachstum haben. Gemäß IWF haben die ressourcenreichen Länder in SSA seit dem
Jahr 2000 höhere Wirtschaftswachstumsraten als andere Länder verzeichnet. Allerdings
hat die Bevölkerung insgesamt von diesem wirtschaftlichen Aufschwung nicht
profitiert. Menschen in ressourcenreichen Ländern in SSA sind wirtschaftlich nicht
bessergestellt als in ressourcenarmen Ländern: sie haben eine geringere
Lebenserwartung, die extreme Armut ist höher und das Bildungsniveau niedriger. 46 Die
Nutzung natürlicher Ressourcen erfordert eine geeignete Staatsführung und geeignete
Steuersysteme, um sicherzustellen, dass Ressourcenrenten nicht unterschlagen
werden, dass sie weitgehend geteilt werden und dass die Regierung bei ihrer
Ressourcenallokation rechenschaftspflichtig und transparent ist.47 Viele afrikanische
Länder sind der Initiative für die Transparenz in der Rohstoffindustrie beigetreten, die
helfen soll, einige dieser Probleme anzugehen.48
Es ist wichtig, geeignete Wertschöpfungsketten sowohl vor als auch nach der
Rohstoffgewinnung aufzubauen, die Einbeziehung lokaler Arbeitskräfte zu maximieren
und Qualifikationen auszubauen. In Botsuana wurde vor Kurzem eine lokale Industrie
für die Verarbeitung von Rohdiamanten aufgebaut, die über Potenzial zur Verbesserung
der lokalen Wirtschaft verfügt. In Westafrika hat der Boom bei der Eisenerzgewinnung
unter Beteiligung der Bergbauunternehmen zu einer Neubelebung der Eisenbahnen in
Sierra Leone und Liberia geführt.49 Allerdings fügen viele Länder ihren Ressourcen nicht
genügend Wert hinzu. Nigeria, ein großer Erdölproduzent und -exporteur, hat sehr
begrenzte Raffineriekapazitäten und ist gezwungen, den meisten intern verbrauchten
raffinierten Kraftstoff zu importieren.

45
     Boom, Bust, or Prosperity? Managing Sub-Saharan Africa’s Natural Resource Wealth, IWF Abteilung
     Afrika, 2013, S. 14.
46
     Lucky Countries Or Lucky People: Will East Africans Benefit From Their Natural Resource Discoveries?,
     Alexander Huurdeman und Borko Handjiski, Februar 2015.
47
     Boom, Bust, or Prosperity? Managing Sub-Saharan Africa’s Natural Resource Wealth, IWF Abteilung
     Afrika, 2013, S. 2.
48
     Eine Karte findet sich auf der Webseite der Initiative für die Transparenz in der Rohstoffindustrie.
49
     Demand for resources drives African rail boom, Paul Ash, in: International Railways Journal,
     Januar 2013.
Afrikas Wirtschaftswachstum                                                                     Seite 17 von 31

Trotz fallender Rohstoffpreise auf den Außenmärkten deuten bestimmte strukturelle Faktoren,
nämlich der Reichtum an natürlichen Ressourcen und die niedrigen Qualifikationen, darauf hin, dass
Afrika ein Rohstoffexporteur bleiben wird, anstatt sich in Richtung Industrialisierung zu bewegen.50

3.5.2. Landwirtschaft
Afrika besitzt etwa die Hälfte aller ungenutzten Anbauflächen weltweit, und das
Wachstumspotenzial des Sektors ist enorm.51 Der Großteil der Bevölkerung von
Subsahara-Afrika arbeitet in der Landwirtschaft: 60 % seiner Arbeitsplätze sind mit der
Landwirtschaft verbunden. Das Wachstum des Agrarsektors ist von entscheidender
Bedeutung, da der Weltbank zufolge das Wachstum in Landwirtschaft und
Dienstleistungen in SSA wirksamer bei der Verringerung der Armut ist als das
Wachstum in der Industrie.52
Ein weithin vertretener Ansatz besteht darin, die landwirtschaftliche Erzeugung in Richtung
Großbetriebe zu entwickeln, um die Produktivität zu steigern, wie es in der Vergangenheit in vielen
Industrieländern geschehen ist. Mehrere Regierungen befürworten diesen Ansatz, wenn sie Land an
internationale Agrarunternehmen vergeben. Einigen Wirtschaftswissenschaftlern zufolge sollte das
Wachstum im Agrarsektor angesichts der Bedeutung des Sektors als unerlässliche
Einkommensquelle für so viele (vor allem arme) Haushalte weiter auf Kleinbetrieben und
Wertschöpfungsketten bestehend aus Kleinproduzenten basieren.53

Für die Entwicklung des Sektors bestehen erhebliche Hindernisse. Das Thema
Landbesitzrechte wird oft als eines davon genannt; in vielen Fällen ist Land im Besitz
von Gemeinden oder Staaten, und die Besitzrechte sind nicht klar dokumentiert. Dies
hindert Landwirte daran, ihr Land als Sicherheit zu verwenden, um die zur
Aktualisierung und Mechanisierung ihrer Produktion notwendigen Darlehen zu
erhalten. Fehlendes Kapital zur Investition in Saatgut, Dünger und Maschinen ist
allgemein ein großes Wachstumshindernis. Mit staatlichen Subventionen für Saatgut
oder Dünger wird in verschiedenen Ländern versucht, dieses Problem anzugehen
(Ghana, Malawi, Tansania, Sambia etc.). Obgleich solche Programme zu einer
Steigerung der Agrarproduktion geführt haben, werden sie als wirtschaftlich ineffizient
kritisiert.54
3.5.3. Aufbau der Infrastruktur
Investitionen in die Infrastruktur sind für das Wirtschaftswachstum in vielerlei Hinsicht
von wesentlicher Bedeutung. Der Infrastrukturaufbaubedarf in Afrika ist enorm; die
schwache Infrastruktur vor allem in SSA ist eines der Haupthindernisse für
Wirtschaftswachstum, Handelsintegration und Armutsverringerung. Die Region
benötigt Straßen, Häfen, Eisenbahnen, Flughäfen, Pipelines, Stromerzeugungs- und
Stromtransportkapazitäten sowie IKT-Infrastrukturen. Die Transportkosten für Waren
sind unter den höchsten weltweit, und eine oft unzuverlässige Stromversorgung
behindert wirtschaftliche Tätigkeiten und Industrialisierung. Auch in Südafrika, der am
stärksten industrialisierten afrikanischen Nation, leidet die Wirtschaft unter häufigen
Stromausfällen. Insbesondere der schlechte Zustand der Infrastruktur in SSA

50
     Comparative Advantage and African Development, Arne Bigsten, The Oxford companion to the
     economics of Africa, 2012, S. 169.
51
     Five Questions Answered on Africa’s Rising Economic Growth, Amadou Sy, Brookings Institution,
     Februar 2014.
52
     Africa’s Pulse, Weltbank, Oktober 2014
53
     Industry for Africa. Why? How?, John Page, The Oxford companion to the economics of Africa, 2012,
     S. 304.
54
     Agricultural input subsidies in Sub-Saharan Africa, Kenneth Baltzer, Henrik Hansen, 2011.
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