Geschäftsbericht - 2019- Stiftung pro Artenvielfalt
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Geschäftsbericht - 2019 - über die Erfüllung des satzungsgemäßen Geschäftszwecks der Stiftung Pro Artenvielfalt, Meisenstraße 65, 33607 Bielefeld Die Artenvielfalt an einem naturnahen Waldrand (Illustration) Tel. 0049 (0)521 2997 883 | Fax 0049 (0)521 2997 885 team@stiftung-pro-artenvielfalt.org contact@stiftung-pro-artenvielfalt.org www.stiftung-pro-artenvielfalt.org Die Stiftung Pro Artenvielfalt ist gem. Freistellungsbescheid des Finanzamts Bielefeld-Innenstadt vom 14.03.2019 unter der Steuernummer 305/5981/1222 als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt. Die Stiftung ist unter der Register-Nummer 436 im Stiftungsregister des Landes Nordrhein-Westfalen eingetragen.
Inhaltsverzeichnis Seite 0. Vorwort 1 1. Unser satzungsgemäßes Engagement 3 2. Unsere Wildtier-/Artenschutzprojekte 2019 3 A. Landkauf-Projekte zur nachhaltigen Sicherung und dem Schutz 4 ökologisch wertvoller Lebensräume B. Wildtier-Rettungsstationen / - Schutzprojekte 23 C. Artenschutzgebäude für bedrohte Gebäude bewohnende Tierarten 30 D. Vogelschutzcamps gegen den gesetzeswidrigen massenhaften 33 Zugvogelmord in den südeuropäischen Mitgliedsländern der EU E. Biotop- und Landschaftspflege auf eigenen Grundstücken zur 43 Verbesserung der Lebensgrundlagen für bedrohte Tierarten und zur Stärkung der Artenvielfalt 3. Die operative Stiftungsarbeit 2019 45 3.1 Strategische Stiftungs-Kooperation 45 3.2 Öffentlichkeitsarbeit 46 3.3 Geschäftsentwicklung der Stiftung (Daten, Grafiken) 46 4. Perspektive 2020 52
Vorwort Die politischen und gesellschaftlichen Umfeld- und Rahmenbedingungen, unter denen wir unsere satzungsgemäße Arbeit zum Wohle bedrohter Wildtierarten und deren Lebensräume (Biotope) geleistet haben, zeigten im Vergleich zu den Vor- jahren keine wesentlichen die Natur und deren Artenvielfalt schonenden positiven Veränderungen. Trotz aller hehren Beteuerungen politischer Insti- tutionen, den Landschaftsverbrauch konsequent reduzieren zu wollen, hielt der Landschaftsver- brauch für Infrastrukturmaßnahmen, Wohnungs- und Siedlungsbau und neue Gewerbeflächen zur Sorge umweltsensibler Menschen, Organisationen und Institutionen unverändert an und wurde nicht weniger. Auch der negative Druck auf die Ökosysteme durch intensive industriell betriebene Landwirtschaft ließ nicht nach, ebenso blieben die EU-agrarpolitischen Rahmenbe- dingungen unverändert und ohne Aussicht auf wirksame Verbesserungen. Als Folge gibt es auch keine positiven Entwicklungen auf den „Roten Listen“ der be- drohten Wildtierarten. Insbesondere die Vogel- und Insektenwelt der offenen Agrar- landschaft sendet Notsignale des anhalten Niedergangs. Mit 90 % verschwundener Vogelarten der offenen Feldflur hält Deutschland EU-weit einen bedrückenden Spitzenplatz im Artenverlust. Besonders schmerzt uns, dass auch der Gesetzesrahmen des BNatSchG zugunsten alternativer Energieträger aktualisiert wurde und damit das bisher geltende absolute Tötungsverbot von Wildtieren eingeschränkt und damit der Zerstörung von Biotopen auch im Wald und selbst in Naturschutzgebieten Tür und Tor geöffnet wurde. Die massive politische Lobbyarbeit der Windenergieanlagen-Unternehmen in Kombi- nation mit ideologisch einseitig festgelegten politischen Akteuren, Klima-Protestini- tiativen und Teilen der anerkannten Naturschutzorganisationen fördert massiv den zahlenmäßigen und zunehmend flächenhaften Ausbau von Windkraftanlagen-Stand- orten und nimmt damit billigend weiter zunehmende Eingriffe in die Landschaft mit allen negativen Begleiterscheinungen für viele Biotop-Typen und deren Artenspekrum an Wildtieren in Kauf. Zugleich erleidet das über viele Jahrtausende entstandene und den Menschen ver- traute Landschaftsbild tiefgreifende Beeinträchtigungen und raubt insbesondere der im ländlichen Raum lebenden Bevölkerung und den erholungssuchenden Bewohnern der Ballunsgszentren die bislang ungestörten Naturstrukturen und den Naturgenuss. Damit tragen nicht nur die ausserhalb der Ballungsräume lebende Tierwelt, sondern auch die dort lebenden Menschen den Löwenanteil der lebensraumschädigenden Lasten der Energiewende. 1
Dessen unbeschadet engagieren wir uns in Erfüllung unserer satzungsgemäßen Zweckbestimmung nun schon seit 17 Jahren gemeinsam mit unseren Artenschutz- Netzwerkpartnern aktiv und mit konkreten Projekten gegen die anhaltende Natur- zerstörung und das auch vor unserer Haustür fortschreitende Artensterben. Unser auch im Jahr 2019 weiter gewachsenes Grundstückseigentum an ökologisch wichtigen und wertvollen Biotopflächen sowohl in Deutschland als auch in Sizilien, die erfolgreiche Fortführung der „STOP dem Vogelmord"-Kampagne und der Wildtier- Rettungsarbeit in 4 Rettungsstationen sowie umfangreiche Biotop-Sanierungs- und Optimierungsarbeiten wären ohne die regelmäßige und großherzige Spendenunter- stützung vieler tausend Spenderinnen und Förderer nicht möglich gewesen. Ihnen allen danke ich auch im Namen meiner Vorstandskollegin und unserer enga- gierten Stiftungsteams in Bielefeld und Sizilien für die anhaltende und tatkräftige Unterstützung von ganzem Herzen. Roland Tischbier Vorstandsvorsitzender 2
1. Unser satzungsgemäßes Engagement Seit nun schon 17 Jahren arbeiten wir als «Nothelfer für bedrohte Tierarten» in Erfüllung unserer satzungsgemäßen Zweckbestimmung für: konkrete Wildtier-Schutzprojekte und Rettungs- initiativen die Förderung des öffentlichen Interesses am Wildtierschutz durch beispielhafte Aktionen wie z.B. unsere internationalen Vogelschutzcamps und die Zugvogelschutz-Kampagne „STOP dem Vogelmord!“ gegen den illegalen Vogelmord in den EU- Ländern Republik Zypern und Republik Italien (Sizilien und Sardinien) den Aufbau eines flächenhaften Zugvogelschutzgebiets in der „Pantani-Feuchtgebietsregion“ an der Südostküste Siziliens zum Schutz und der Wiederherstellung dieses strategisch bedeutenden Zugvogel-Hotspots entlang der mittleren (zentralen) Vogelzugroute wildtierschutzfördernde Aufklärungs-, Informations- und Öffentlich- keitsarbeit Dank der vertrauensvollen und inzwischen langjährigen Zusammenarbeit mit anerkannten Naturschutz-Organisationen, Naturschutzinitiativen und einem Netzwerk ehrenamtlicher Naturschützer im In- und Ausland konnten wir auch im Jahr 2019 unsere strategischen Landkaufprojekte durch Flächenzukäufe stärken und deren Wertigkeit für die Artenvielfalt durch standortangepasste Renaturierungsarbeiten weiter verbessern. Auch regional wirksame Wildtier-Schutzprojekte wie Wildtier-Rettungsstationen, die Optimierung von Artenschutzgebäuden und ein spezielles auf eine Tierart abgestimmtes Artenschutz-Projekt konnten maßgeblich gefördert und realisiert werden. 2. Unsere Wildtier-/Artenschutz-Projekte 2019 Die erfolgreiche Realisierung unserer auf nachhaltige positive Wirkung für den Schutz bedrohter Wildtierarten ausgerichteten Natur- und Artenschutzprojekte machen ein über mehrere Jahre anhaltendes finanzielles und operatives Engagement erforderlich. Vor diesem Hintergrund und auf Basis bisheriger Projekterfahrungen und den oftmals notwendigen Folgeinvestitionen in Biotop-(Lebensraum)-Sanierungen und -Optimierungen bilden wir für das zunehmend größer werdende Grundstücks-Eigentum und die zunehmende Zahl von Artenschutzgebäuden Liquiditätsreserven, die wir nach und nach für projekt- spezifische Biotop-Entwicklungsarbeiten und Projekt-Maßnahmen, aber auch für nicht im verabschiedeten Finanzplan aufgeführte Artenschutz-Neuprojekte einsetzen. Auch der stark zunehmende Käuferwettbewerb im deutschen Immobilienmarkt mit daraus resultierenden schnell steigenden Grundstückspreisen für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke zwingt uns dazu, zusätzliche Liquiditätsvorsorge zu treffen. Der interessierte Leser findet daher in diesem Tätigkeitsbericht neben aktuellen Informa- tionen zu unseren satzungsgemäßen Natur- und Artenschutz-Projekten und deren Aus- wirkungen und Ergebnissen für die belebte Natur und Artenvielfalt auch Details zu bereits bekannten Projekten. 3
A. Landkauf-Projekte Nur Stiftungs-Flächeneigentum schützt nachhaltig ökologisch wertvollen Lebensraum Die folgenschwere Transformation der mittel- und südeuropäischen Landschaften zugunsten „moderner“ Infrastrukturen im Siedlungsraum mit immer komplexer werdenden Verkehrs- wege-Infrastrukturen sowie der ausschließlich rational motivierte Zwang zu einer scheinbar kosteneffizienten industriell betriebenen Landwirtschaft zerstören und entwerten einer zu- nehmenden Zahl wild lebender Tierarten ihre überlebenswichtigen Habitate, so dass deren Fortbestand in natürlichen Lebensräumen zunehmend unmöglich wird. Zugleich werden die Folgekosten der naturschädigenden Flächennutzung wie die toxische Belastung der Grundwasservorkommen mit Agrarchemikalien und Nitrat, die Zerstörung der Humusschicht und damit Verlust der Boden-Wasserspeicherfähigkeit und der fortschreitende Verlust an Biodiversität der Allgemeinheit aufgebürdet. Die Ursachen für die wachsende Zahl von Arten auf den immer länger werdenden „Roten Listen“ bedrohter Tier- und Pflanzenarten und der zahlenmäßige Schwund an Arten- individuen sind folglich primär in den ökonomisch potenten Industriestaaten zu finden. Europa bietet vom Nordkap bis auf die Mittelmeerinseln vielfältigste Lebensräume für zig- tausende Tier- und Pflanzenarten mit teils sehr spezifischen Lebensraumansprüchen. Wie in Deutschland wird auch in anderen europäischen Ländern freie Landschaft anhaltend für die unterschiedlichsten Zwecke ersatzlos verbraucht. Die gravierenden ökologischen Folgen sind eine fortschreitende Verinselung naturnaher Lebensräume und damit einhergehend der Verlust des natürlichen Austauschs von genetischem Potenzial. Die derzeit noch immer wirkungsvollste Strategie zum Schutz der Biodiversität und deren über- lebenswichtigen Lebensräume sowie der Zugvogel-Hotspots entlang der Vogelzugwege durch Südeuropa ist Grundstückskauf. Der sollte möglichst frei und unabhängig von politischen Ein- flüssen und finanziellen Rahmenbedingungen Dritter sein. Schutzgebietsflächen mit weniger als 20 Hektar (200.000 m²) Fläche zeigen für den Natur- haushalt mitsamt seiner Artenvielfalt nur dann eine nachhaltige positive Wirkung, wenn es sich um spezielle und gefährdete Biotop-Typen handelt wie z. B. Magerrasen, Wacholder- Heiden, Trocken- oder Quell-Biotope. Ansonsten muss es Ziel unserer Projektengagements sein, im Verlauf der Jahre möglichst große zusammenhängende Landschaftsteile zu kaufen, ohne den Kauf von regional bedeutsamen Biotopflächen zu vernachlässigen. In den vergangenen 17 Jahren ist es uns gelungen, mehr als 9,0 Millionen Quadratmeter (900 ha) Biotopflächen durch Kauf für bedrohte Vogel-/Zugvogelarten wie z.B. Schwarz- storch, Kiebitz, Brachvogel, Rohrweihe, Steinkauz, Eisvogel, Neuntöter und Nachtigall, aber auch für Rosaflamingo, Triel und Bienenfresser dauerhaft zu schützen. Von dem Bau unserer Artenschutzgebäude für Gebäude bewohnende Wildtierarten profitieren regional Turmfalke, Schleiereule, Mauersegler, Schwalben- und Sperlingsarten. Säugetiere wie Wildkatze, Fisch- otter und Fledermausarten, Lurche wie der Laubfrosch, Reptilien wie die Kreuzotter und Insekten wie Solitärbienen und Schmetterlinge erfahren auf unserem Flächeneigentum ebenfalls einen nachhaltigen Schutz. Die Artenvielfalt in Europa hat über die Jahrhunderte von einer extensiv betriebenen Land- wirtschaft profitiert und in Mitteleuropa wegen der Öffnung der großen Waldflächen für den Siedlungsbau und die Landwirtschaft sogar zugenommen. Viele Wildtierarten sind daher heute zum Überleben auf eine kleinteilige extensiv genutzte Kulturlandschaft angewiesen. 4
Auf unserem Grundstückseigentum führen wir daher nur biotopsanierende und -optimierende Landschaftspflegearbeiten durch, verpachten artenreiche Niedermoor- und Feuchtwiesen- flächen zur extensiven Nutzung als Mähwiese und Mähweide an biologisch arbeitende Land- wirte und überlassen Waldflächen und Gewässer ohne Eingriffe weitestgehend den Kräften der Natur. 1. Das NSG „Finowtal“, Kreis Barnim, Brandenburg Weniger Nutzung und mehr Wasser - ein Niedermoorgebiet lebt auf Unser Wiesenvogelschutzgebiet „Finowtal“ im Naturpark Barnim bei Biesenthal, Kreis Barnim, Brandenburg erlebt seit 2018 wegen zweier extremer Trockenjahre schwere Zeiten. Die seit der menschlichen Besiedlung vorgenommenen Eingriffe in diesen eiszeitlich geprägten Naturraum hatten die natürlichen Landschafts- und Klimafunktionen der Moore und Feuchtge- biete (CO2 -Senken) und Gewässer nachhaltig geschädigt. Entscheidende ökologische Para- meter wie die Durchgängigkeit der Fließgewässer, eine grundwasserbildende Wasserrück- haltung, Biotop-Strukturreichtum und Artenvielfalt wurden dabei nachteilig verändert. Ausgetrocknetes Finowtal Trotzdem stellen das Finow- und das Pregnitzfließ aufgrund ihrer faunistischen und floris- tischen Ausstattung auch heute noch ökologisch wertvolle Fließgewässer-Einzugsgebiete dar. Mit dem Ziel, zu retten, was zu retten ist, wurde das Finowtal daher im Jahr 2006 gemeinsam mit dem nahe liegenden Pregnitzfließ als Naturschutzgebiet (NSG) „Finowtal/Pregnitzfließ“ ausgewiesen und umfangreiche Schutzziele formuliert. Dazu gehören: die Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung des Finow- und des Pregnitzfließes als mäandrierende, sommerkühle, von Einträgen weitgehend unbelastete Bäche des Tief- landes mit ihrer natürlichen Fließgewässerdynamik einschließlich ihrer Quellbereiche mit Quellmooren und Quellwiesen; die Erhaltung und Entwicklung standort-typischer strukturreicher Mischwälder; die Erhaltung und Entwicklung der reich strukturierten, extensiv genutzten Kulturland- schaft wegen ihrer besonderen Eigenart; die Erhaltung und Wiederherstellung eines moortypischen Wasserhaushalts zur Regene- ration der zahlreichen Moorbildungen. 5
Die Finow im Finowtal Blick nach Norden ins Finowtal Wie auch bei vielen anderen NSGs in Deutschland sind die gesetzlich festgeschriebenen Zielsetzungen wohl und anspruchsvoll formuliert, die amtliche Unterschutzstellung allein ändert an den bestehenden Defiziten – so auch im Finowtal – allerdings nur sehr wenig bis nichts. Ökologische Sanierungsziele Mit Unterzeichnung unserer Kooperationsvereinbarung mit der Naturparkverwaltung Barnim, Wandlitz im Jahr 2009 haben wir uns verpflichtet, die Realisierung der ökologischen Sanie- rung des Finowfließ (Flachland-Fließgewässer) mit seinen angrenzenden Niedermoorwiesen zur Sicherung und Stärkung der Vielfalt dort wild lebender Tierarten, insbesondere der Wiesenvogelarten und der Vogelarten der Stillgewässer mit ihren Röhricht- und Schilfsäumen, durch umfangreiche Flächenkäufe gezielt und nachhaltig voranzutreiben. Die Erreichung unseres strategischen Ziels, maßgeblich und nachhaltig Einfluss auf die zu- künftige ökologische Entwicklung des Feuchtgebiets gemäß NSG-Verordnung zu nehmen, macht dort den Kauf von bis zu 260 ha (2.600.000 Millionen Quadratmeter) Flächen und zeit- nah bereits jetzt eine extensivierte Flächennutzung erforderlich. Für die Erreichung dieses anspruchsvollen Natur- und Artenschutzziels im Finowtal arbeiten wir seit nunmehr 10 Jahren mit großem Zeitaufwand, operativem Engagement und der an- haltenden Spendenunterstützung tausender Spenderinnen und Förderer. So konnten wir im Jahr 2019 Grundstücke mit weiteren 3,3 ha Niedermoor- und Feuchtwiesenflächen in unser Eigentum übertragen und investierten dafür 34.000 Euro. 6
Unser größer werdendes Flächeneigentum verschafft uns zusätzliche Möglichkeiten, dort im Sinne der ökologischen Sanierungsziele für das Flüsschen Finow und das Finow- tal stärkeren Einfluss auf die Flächennutzung und die ökologische Sanierung von Teilbereichen des Niedermoor- gebietes zu nehmen. Mit der Reduktion respektive der Aufgabe der bisherigen Flächennutzung durch intensive Rinder- und Mutterkuh- haltung auf den nunmehr stiftungseigenen Grundstücks- flächen und deren extensive Nutzung als Mähwiesen stärken wir die Regenerationsfähigkeit der geschädigten Niedermoorwiesen und stärken zugleich die Vielfalt von Flora und Fauna. Die Niedermoorwiesen danken uns die extensive Nutzung als Mähwiesen mit Blütenreichtum, der einer Vielzahl von Schmetterlingen und Insekten als Nahrungsbasis dient Schachbrettfalter Kohlweißling Männchen des Feuerfalters Leider schafft der bereits ablaufende Klimawandel in allen Hoch- und Niedermoorgebieten Deutschlands – so auch im Finowtal – große CO2- und Landschaftsentwicklungsprobleme. Mit anhaltender oder sogar weiter zunehmender Trockenheit und den ausbleibenden Winter- Schnee-/Regenfällen fällt der Moorkörper trocken und setzt aus den nicht mehr im Wasser gebundenen Pflanzenteilen große Mengen CO2 frei. Besonders leiden die auf hohe Grundwasserstände angewiesenen Wiesenvogelarten unter den austrocknenden Feuchtwiesen, da sie als Bodenbrüter existenziell auf eine dichte, teils im Wasser stehende Vegetation angewiesen sind. 7
Ohne den Schutz ebenerdig anstehenden Grundwassers werden die Gelege und Jungvögel der Wiesenbrüter von Kiebitz, Brachvogel, Bekassine und Wachtelkönig Opfer ihrer Fressfeinde wie Wildschwein, Waschbär, Marderhund und Fuchs. Im Finowtal ist der Schwund an erfolgreich brütenden Wiesenvogelarten dramatisch und wir sind zwecks verbessertem Aufstau von Wasser in den Grabensystemen des Finowtals auf die Kooperationsbereitschaft unmittelbarer Grundstücksnachbarn ange- wiesen. Die allerdings war bisher nicht Das Finowtal mit der Finow sehr ausgeprägt. Unsere neue Niedermoorwiesenfläche im Finowtal Großer Brachvogel Kiebitz-Paar Kranich-Paar in unseren Feuchtwiesen Bekassine am Flussufer 8
2. Geschütztes Biotop: Seeländereien bei Frose, Salzlandkreis, Sachsen-Anhalt Einhergehend mit der anhaltenden Inten- sivierung der Flächennutzung durch land- wirtschaftliche Großbetriebe insbesondere in den neuen Bundesländern und dem dortigen flächenhaften Anbau von Energie- pflanzen wie Mais für hochsubventionierte Biogasanlagen und Raps zur Gewinnung von Rapsöl als Beimischung zum Diesel- kraftstoff findet dort im ländlichen Raum noch immer eine anhaltende Verarmung der Artenvielfalt von Flora und Fauna statt. Intensiv genutzte Agrarlandschaft bei Frose Industriell praktizierte Landwirtschaft mit entsprechenden Großmaschinen eliminiert systembedingt Einzelbäume, Feldhecken, Streuobstwiesen, feuchte Gräben, krautreiche Ackerränder und Kleingewässer, da derartige Biotopelemente die zeit- und kosteneffiziente computergesteuerte Bewirtschaftung von Ackerschlägen stört und behindert. Damit gehen für eine Vielzahl wildlebender Tierarten genau die vielgliedrigen kleinteilig strukturierten Landschaftselemente verloren, die bisher das ökologische Rückgrat der Feldflur bildeten. Diese kleingliedrigen Biotopstrukturen boten Nahrung, Schutz und Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten-, Vogel-, Lurch-, Reptilien- und Säugetierarten. Derart strukturierte Feuchtgebiete waren zugleich auch überlebenswichtige Rast- und Nahrungsbiotope für unsere nord- und mitteleuropäischen Zugvogelarten. Wie sehr insbesondere Vogelarten unter Existenzdruck leiden, lässt sich zunehmend in den letzten intakten Feuchtgebieten feststellen, wo mangels alternativer geeigneter Rast- und Nahrungsplätze die dort rastenden Wasser-, Wat-, Stelz-, Schreit- und Singvogelarten auf engstem Raum versuchen, zu überleben. Feuchtgebiete zählen zu den biotisch potentesten und ökologisch produktivsten Landschafts- teilen, und jeder landschaftsnutzende Eingriff in diese sensiblen Strukturen bedeutet eine substanzielle Schwächung und Reduktion der Artenvielfalt. Nirgendwo sonst in der offenen Landschaft treffen wir eine derartige Vielfalt an Tierarten an wie in Feuchtgebieten mit viel- gliedrigen Biotopstrukturen. Und ein solches reich strukturiertes Feuchtbiotop ist östlich des Harzes im Salzlandkreis bei der Gemeinde Frose neu im Entstehen. Hier holt sich die Natur nach viermaligen um- fangreichen Trockenlegungen seit 1900 und nach Stilllegung zweier zu DDR-Zeiten in der Nachbarschaft betriebenen Braunkohletage- baue allmählich wieder ca. 75 ha Fläche zurück. Bodensenkungen auf dem Landrücken zwischen den inzwischen gefluteten Braun- kohletagebau-Restlöchern schaffen bei Frose ein vielfältig strukturiertes Feuchtgebiet mit Flachwasserteichen unterschiedlicher Struktur und Wassertiefe, mit flachen schlammigen wechselfeuchten Uferzonen und breiten Schilf- und Röhrichtflächen mit darin eingelagerten kleinen Feuchtwiesen. 9
Biotopkomplex Seeländereien bei Frose Nördlicher Flachwassersee Frose Ornithologen haben hier seit Entstehen des Feuchtbiotops inzwischen mehr als 205 Brut- und Zugvogelarten gezählt, darunter auch eine Vielzahl solcher Arten, die auf der Roten Liste der Brutvogelarten der Bundesrepublik Deutschland und auch mehrerer ostdeutscher Bundes- länder stehen. Ein wahres Kunstwerk: Beutelmeisen-Nest Bartmeise im Röhricht Beutelmeise mit Nistmaterial Durchzügler: Bienenfresser Gut getarnt: Rohrdommel Seltener Anblick: Blaukehlchen Doch das neu entstehende artenreiche Feuchtbiotop mit seinen wertvollen Brutplätzen für Wasser-, Schreit- und Singvogelarten und seiner unersetzlich wertvollen Zugvogelrast- und 10
Nahrungsplatzfunktion in einer ansonsten weiträumig ausgeräumten Agrarwüste ist trotz behördlicher Ausweisung als „Geschütztes Biotop“ noch immer bedroht. Obwohl der Kauf- und Folgenutzungsdruck der Agrargroßbetriebe auf diese Feuchtgebiets- flächen allmählich nachgelassen hat, steht planerisch noch immer ein Ausbau des Hauptsee- grabens im Raum. Dieser Ausbau, von Wasserbaubehörden verharmlosend als Ertüchtigung angepriesen, tangiert direkt und unmittelbar das Feuchtbiotop auf seiner Nordseite auf einer Länge von ca. 600 m und soll zukünftig den Wasserstand zwischen den beiden gefluteten Tagebaulöchern Concordia-See und Köngisauer See regulieren. Unser strategisches Ziel ist es, mit einem möglichst großen Flächeneigentum im geschützten Biotop unmittelbar angrenzend an den Grabenverlauf konstruktiven Einfluss auf die Ausbau- pläne des Hauptseegrabens nehmen zu können. Nach Jahren nahezu ergebnisloser Grundstückskaufverhandlungen konnten wir im Jahr 2019 in den Seeländereien bei Frose endlich wieder Kaufverträge für weitere 3,5 Hektar Feuchtwiesen abschließen und auch Eigentümer im Grundbuch werden. Dafür haben wir ca. 20.000 Euro investiert. Mit diesem neuerlichen Flächenzukauf sind wir nun Eigentümer von knapp 26 Hektar wert- vollster Feuchtwiesen und Flachwasserbereiche. Damit ist vor Ort trotz der nach wie vor be- stehenden Wasserbauplanungen unser Eigentumssignal verstärkt, dass in unserem Land auch Platz sein muss für naturgegebene Wildnis zum Schutz und der Regeneration der Viel- falt wildlebender Tierarten. Westlich gelegener Flachwassersee im Biotopkomplex Frose Blick vom stiftungseigenen „Zuckerbusch“, Kernbereich des Biotopkomplex Frose 11
Bruchwasserläufer Schellenten-Paar Brandgans-Paar im Flachwasser Der von uns im Jahr 2014 gestellte Unterschutzstellungsantrag beim Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt für ein Naturschutzgebiet (NSG) nach § 23 BNatSchG ist dort und auch bei den nachgeordneten Naturschutzbehörden noch immer in der Bearbeitungsphase. Mit der Ausweisung als Naturschutzgebiet (NSG) wollen wir die bestehende Biotopaus- weisung der „Seeländereien bei Frose“ durch das Umweltamt des Salzlandkreises stärken und den Schutzstatus für diesen Hotspot der Biodiversität dauerhaft erhöhen. 3. Wiesental im Oberwälder Bergland, Kreis Höxter, NRW Das von dem strömungsstarken Bach Öse durchflossene ca. 1,1 km lange und ca.10 ha Fläche umfassende Wiesental unterhalb des östlich angrenzenden Immelsbergs liegt im Herzen des Oberwälder Berglands, einer Landschaft im Weserbergland, die ursprünglich durch weitläufige Kalk- und Orchideenbuchenwälder und von Wanderschäfern bewirtschaftete Kalkmagerrasen geprägt wurde. Blick in das Öse-Wiesental bei Gehrden Die Öse ist auch heute noch ein relativ naturbelassenes Fließgewässer, das selbst in den Sommermonaten eine gute Wasserführung aufweist. Dank seiner bis zu 5 m breiten beiderseitig bachbegleitenden Ufervegetation aus Erlen, Weiden, Haselnuss und Grünland und den vor ca. 30 Jahren zur Holzgewinnung gepflanzten Hybridpappeln halten sich die Nährstoffeinträge aus dem landwirtschaftlich genutzten Grünland und den Ackerflächen in Grenzen. So ist auch die Wasserqualität der Öse noch gut bis sehr gut und bietet da- mit der Bachforelle, der Groppe und auch dem Eisvogel noch Eisvogel mit Fischchen für die geeigneten Lebensraum. Jungenfütterung 12
Die Wiesental-Aue mit ihrem artenarmen Grünland ist durch intensive Düngung, Viehbe- weidung und drei jährliche Grünschnitte im Verlauf der Jahre zu einer homogenen Nutzland- schaft geworden, die daher nur noch wenigen Tier- und Pflanzenarten geeigneten Lebens- raum bietet. Die im Uferbereich der Öse in den 50er Jahren gepflanzten Hybridpappeln bilden heute im Wiesental mit ihrer Wuchshöhe von bis zu 30 m einen Sperrriegel, der die Weite des Wiesentals einengt. Damit wird Greifvogelarten wie Mäuse- bussard, Turmfalke und ganz besonders dem Rotmilan eine kräftesparende Nahrungsjagd er- schwert. Die Hybridpappeln unterdrücken auf einer Bachlänge von 300 m durch Beschattung und massiven Laubfall zunehmend die Ent- wicklung einer naturnahen Ufervegetation. Wiesental mit „Sperrriegel“ Hybridpappeln Unsere Projektziele Mit dem Kauf von knapp 4 Hektar (40.000 m²) Grünlandflächen beidseitig des Öse-Baches zwischen den Ortschaften Gehrden und Siddessen ist uns im Herbst 2019 der erfolgreiche Einstieg in dieses neue Artenschutzprojekt gelungen. Unsere Grundstückskauf-Investition im Jahr 2019 betrug dafür 79.000 Euro. Damit haben wir nun die Chance, die Rückentwicklung des Wiesentals von einer homogenen artenarmen Grünland-Nutzfläche zu einem artenreichen, nur noch extensiv genutzten Wiesen- tal mit einer reichhaltigen Flora und Fauna einzuleiten. Mit der Neuverpachtung unserer Eigentumsflächen an einen Landwirt haben wir die intensive Grünland-Düngung vertraglich beendet und eine extensive Grünlandnutzung mit nur noch zweimaliger Mahd vereinbart. Der Bach Öse Blick auf das Öse-Bachtal Das Verschieben des 1. Grünlandschnitts auf einen Zeitpunkt nach dem Blütenpflanzen- Samenfall und mit der Einsaat eines bis zu 6 m breiten bachbegleitenden Wiesenstreifens mit standortangepasstem Wiesensaatgut verbessern wir die Gräser- und Blütenpflanzen-Vielfalt. Damit optimieren wir zugleich den Wiesenlebensraum für Insekten und kleine Säugetiere, die wiederum Nahrungsbasis für Singvögel der offenen Landschaft wie Feldlerche, Goldammer und Neuntöter und für verschiedene Greifvogelarten, insbesondere für den Rotmilan, sind. 13
Rotmilan überfliegt das Wiesental Schwarzstorch bei Nahrungssuche Mönchsgrasmücken-Männchen Unser langfristiges Ziel ist, dort mit weiteren Flächenkäufen einen großflächigen, geschützten Biotopkomplex mit strukturreichen Wiesen zu schaffen und mit der Optimierung der bachbe- gleitenden Ufervegetation einen vielgliedrig ge- stalteten Lebensraum zu entwickeln, der zugleich einer größeren Vielfalt wildlebender Tierarten einen nachhaltig geschützten Zufluchtsort bietet. Neuntöter auf Ansitz Landkauf-Projektengagement im EU-Mittelmeerraum Ganzheitlicher Artenschutz bedeutet vor allen Dingen Biotopschutz. Unsere heimischen Zug- vögel wechseln jahreszeitabhängig ihren Standort und legen dabei jährlich mehrere tausend Kilometer Flugstrecke zurück, um von ihren Brutgebieten in ihre Überwinterungsquartiere zu gelangen und umgekehrt. Auf ihren beeindruckenden Vogelzügen müssen die Vögel eine Vielzahl an Herausforderungen bewältigen, um in den unterschiedlichen Lebensräumen bestehen zu können. Auf dem Weg in die Überwinterungsgebiete und von dort zurück in die angestammten Brutgebiete müssen Zug- vögel ungestört rasten können, um zu regenerieren und artgerechte energiereiche Nahrung für den Weiterflug zu finden. 14
Ein wirkungsvoller und nachhaltiger Schutz der noch verbliebenen Rastplätze entlang der Haupt-Vogelzugwege durch Südeuropa erfordert ein langfristiges strategisches und ambitio- niertes finanzielles Engagement. Die inzwischen jahrelangen Erfahrungen zeigen uns, dass nur der persönliche Einsatz ehren- amtlicher und qualifizierter hauptberuflicher Vogelschützer und der Aufbau eines Netzwerks mit operativ aktiven Naturschutzorganisationen vor Ort ganz allmählich politische und gesell- schaftliche Einstellungsveränderungen zugunsten eines engagierten und wirkungsvollen Natur- und Artenschutzes bewirken. 4. Sizilien (Republik Italien) Unser Zugvogel-Hotspot „Pantani Cuba & Longarini“ an der Südostküste Siziliens gewinnt weiter an Größe und Bedeutung für inzwischen schon 130 Zugvogelarten Drei der strategisch bedeutsamsten und miteinander ver- netzen Zugvogel-Rast- und Nahrungsplätze (Hotspots) entlang der mittleren (zentralen) Vogelzugroute von Nord- und Mitteleuropa an die nordafrikanische Küste liegen in der Pantani-Region an der Südostküste Siziliens zwischen der Hafenstadt Pozzallo und der Ortschaft Granelli. Die drei Feuchtgebiets-Komplexe mit ihren Süßwasser- lagunen „Pantano Cuba“, „Pantano Longarini“ und „Pantano Bruno“ umfassen nach unseren aktuellen Erkenntnissen und Schätzungen knapp 500 ha Fläche (5.000’000 m² / 5,0 km²) und liegen räumlich dicht bei- einander. Allein die drei Süßwasser-Lagunen haben im Winterhalbjahr eine Wasserfläche von ca. 260 ha (2.600.000 m²) mit unterschiedlichsten Wassertiefen, die jahreszeitlich und witterungsbedingt von „Trockenfallen“ bis zu 1,60 m Wassertiefe schwanken. Pantani Cuba & Longarini Mittlere (zentrale) Vogelzugroute Wegen ihres leichten Salzgehalts im Wasser sind die Lagunen Pantano Cuba und Pantano Longarini für Watvogelarten und Seevögel der nord- und mitteleuropäischen Küsten weit und breit der letzte geeignete und verfügbare Rast- und Nahrungsplatz auf ihrem weiteren Vogel- zug bis an die nordafrikanische Küste. Die hohe Konzentration von Zugvogelarten und die enorm hohen Zugvogelzahlen haben diese Feuchtgebietsregion seit Mitte des 19. Jahrhunderts mangels wirksamem gesetzlichem Schutz und Vollzugsdefiziten der lokalen Polizeibehörden und der für Naturschutz zuständigen Forst- polizei zu einem italienweit bekannten Vogelwilderergebiet und Vogeljagdgebiet mit dort oftmals illegal praktizieren Jagdmethoden verkommen lassen. Diese gravierenden Defizite im Natur- und Artenschutz und der Verlust der meisten, wenn auch kleineren Lagunen-Feuchtgebiete entlang der Süd- und Südostküste Siziliens durch Trocken- legung zugunsten landwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung haben in den letzten Jahr- zehnten die Überlebenschancen von Millionen von Zugvögeln entlang dieser Vogelzugroute dramatisch verschlechtert. 15
Diese offensichtlichen Missstände dort einfach zu akzeptieren und die absehbaren weiteren schwerwiegenden Konsequenzen für die Zugvogelwelt an diesem so wichtigen Zugvogel-Rast- und Nahrungsplatz untätig hinzunehmen, das ist nicht die Einstellung, die unsere Stiftung gutheißen kann. Im Wissen um die fehlende Sensibilität der breiten Öffentlichkeit in Südeuropa für die Belange des Natur- und Artenschutzes und die schwache gesellschaftliche und finan- zielle Position der italienischen Naturschutzorganisationen hat sich unsere Stiftung nach gründlichen Vor-Ort-Recherchen und Machbarkeitsprüfungen dieser ökologisch und für die Biodiversität so unersetzlich wertvollen Feuchtgebiets-Landschaft in enger Kooperation mit sizilianischen Vogelschützern rettenderweise angenommen. Dieser Feuchtgebietskomplex mit den wechselfeuchten Lagunenuferbereichen und den Ufer- hanglagen wird dank unseres weiter wachsenden Grundstückseigentums und unserer um- fangreichen Biotopsanierungsmaßnahmen für eine weiter zunehmende Zahl von Enten-, Gänse-, Watvogel-, Reiher-, Storchen-, Greifvogel- und Singvogel-Arten ein wieder attraktiver Zugvogel-Rast- und Nahrungsplatz, und einer der letzten an der Südostküste Siziliens! Mehr als 210 Vogelarten nutzen die von Müll gesäuberten, renaturierten und von unseren Bird Guards bewachten Süßwasserlagunen, Feuchtwiesen und Uferhänge erstmals seit vielen Jahren wieder regelmäßig als mediterranen Lebensraum auf ihrem Vogelzug und zunehmend sogar als streng geschütztes und störungsfreies Überwinterungsgebiet. Weißstörche, Rosaflamingos, Seidenreiher, Graureiher und Stelzenläufer in der Lagune Pantano Cuba Reiher, Enten, Stelzenläufer und Rosaflamingos in der Lagune Pantano Cuba 16
Anmerkung: Die schwächeren Vogel-Bestandsdaten 2019 resultieren aus den extrem niedrigen Lagunen-Wasserständen und ausgetrockneten Feuchtwiesen Im Jahr 2019 konnten wir insgesamt 18 Hektar (180.000 m²) Grundstücksflächen in den Feuchtgebietsteilen Pantano Cuba (9,0 ha) und Pantano Longarini (9,0 ha) kaufen und investierten dafür 401.000 Euro. 17
Unser Zugvogelschutzgebiet Pantani Cuba & Longarini: Stiftungseigentum Wasserflächen Stiftungseigentum Landflächen Kaufflächen 2019 Unsere langfristigen natur- und artenschützenden Ziele in der Pantani-Region sind der Kauf und das Eigentum von bis zu 480 ha Fläche dieses ca. 500 ha umfassenden Feuchtgebiets- komplexes und dessen konsequenter Schutz gegen Wilderei und illegal praktizierte Vogel- jagd. Letzteres zu erreichen macht den Bau von bis zu 16 km behördlich genehmigtem Schutz- 18
zaun und dessen kontinuierliche Bewachung erforderlich. Die daraus entstehenden operativen Kosten sollen durch die Einnahme aus Ökotourismusaktivitäten und professioneller Vogel-/ Naturfotografie gedeckt werden. Vogelfreunde bei Beobachtung der Vogelwelt Vogelliebhaber aus USA besichtigen unser Pantani-Zugvogelschutzgebiet Löffler auf dem Flug über die Bienenfresser an neu Stieglitz in wildem Olivenbaum Lagune Pantano Cuba angelegter Brutwand Achter-Schmetterling Distelfalter Schwalbenschwanz an einer Skabiose 19
Sizilianische Sumpfschildkröte Sandbienen im Obstbaum-Garten Gelbgrüne Zornnatter 5. Feuchtgebiet GELOI im Süden Siziliens (Republik Italien) Der Anfang vom Ende eines 2. Vogeljagd- und Wilderer-Reviers auf Sizilien Mit unserem weiteren erfolgreichen Flächenerwerb in unserem Zugvogelschutzgebiet Pantani Cuba & Longarini wächst der Jagddruck von illegal agieren- den Vogeljägern und Vogelwilderern auf jagderfolg- versprechende Gebiete entlang der Südost- und Südküste Siziliens. Das neue zum „Jagdrevier“ auserkorene zugvogelattraktive Gebiet liegt nur 100 km westlich der Pantani-Region im Hinterland der Industriestadt Gela. Hier, ca. 15 km Luftlinie von der Gela-Bucht land- einwärts entfernt, liegt in einer von Bergen huf- eisenförmig umsäumten Ebene das Feuchtgebiet „GELOI“, das allerdings in den letzten 30 Jahren durch massiv intensivierten Gemüseanbau, zu hohe Grundwasserentnahme für Bewässerungs- zwecke und Frühjahrswasser ableitende Kanalsysteme schwer geschädigt wurde. Die diese Ebene umgebenden Berge bilden für Zugvögel, die vom Meer her kommend im GELOI-Feuchtgebet Rast und Nahrung suchen, für den Weiterflug eine kräfteraubende Barriere mit nur einem schmalen Nadelöhr, das jedes Jahr zehntausende Zugvögel auf ihrem Früh- jahrsvogelzug Richtung Norden passieren müssen. GELOI – allmählich wieder blütenreiches Feuchtgebiet mit Blick auf die umliegenden Höhenzüge Wo in Italien viele Vögel, sind auch viele Vogeljäger und Wilderer. Mit dem Ziel, diese im GELOI-Feuchtgebiet neue akute Bedrohungssituation für zehntausende Zugvögel von 20
inzwischen mehr als 110 Arten dauerhaft zu beenden, hat unsere Schwesterstiftung „Stiftung Pro Artenvielfalt, Schweiz“ (SPA/CH) in kooperativer Abstimmung mit unserer Stiftung im Jahr 2018 dort mit der Realisierung eines 2. strategischen Landkauf- und Schutzgebiets- Projekts „GELOI-Feuchtgebiet“ begonnen. Dieses Zugvogelschutzprojekt im Süden Siziliens wird operativ von der SPA/CH geführt und von dieser auch organisiert und maßgeblich finanziert. Die in der Schweiz als gemeinnützig anerkannte Stiftung mit Sitz in Basel (eingetragen per 10. Oktober 2011 im Handelsregister des Kantons Basel-Stadt unter der Firmennummer CHE-404.478.621) kann wegen fehlender bilateraler Abkommen der Schweiz (Nicht-EU-Mitgliedsland) mit der Republik Italien (EU) dort keinen Grunderwerb realisieren. Als eigentumsrechtliche Konsequenz wird die deutsche Schwesterstiftung (SPA/DE) Flächen- eigentümerin im Grundbuch und koordiniert auch die Kaufvertragsabfassungen, die notariellen Kauf-Akte und die Vorfinanzierung der Grundstückskaufpreise und Kaufnebenkosten. Die Re- finanzierung der entsprechend verauslagten Kosten stellt die SPA/CH auf Anforderung durch die SPA/DE durch zweckgebundene Projektförderbeiträge sicher. Die Entscheidung zum Flächenkauf an diesem Zugvogel-Hotspot wurde durch eine Koope- rationsvereinbarung mit dem lokalen Umweltbildungszentrum namens Centro Educazione Ambientale Niscemi (C.E.A.), ansässig in der Gemeinde Niscemi nahe des GELOI-Feucht- gebiets, abgesichert. Deren ehrenamtlich dort arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auf Landschaftspflege und Gebietsbetreuung geschult und hochmotiviert, die in unser Stiftungseigentum übergehenden Flächen in enger Zusammenarbeit mit der SPA/CH und den lokalen Carabinieri durch Bewachung vor Vogeljägern und Vogelwilderern zu schützen. Dank des von C.E.A. dort über viele Jahre etablierten aktiven Umwelt- und Naturschutz-Netz- werks gelang es im Jahr 2019, Grundstückskauf-Vorverträge und Kaufverträge für weitere 28 ha (280.000 m²) Teilflächen dieses wichtigen ca. 100 ha Gesamtfläche umfassenden Zugvogel-Rast- und Nahrungsplatzes unter Dach und Fach zu bringen. Wir planen gemeinsam mit den am Projekt beteiligten Naturschutz-Partnern, in den kommenden Jahren sämtliche für den Zugvogelschutz relevanten GELOI-Feuchtgebietsflächen und an- grenzende noch intensiv bewirtschaftete Grundstücke durch Flächenkauf nachhaltig zu sichern. Durch umfangreiche Wasserbaumaßnahmen wie den Rückbau von Entwässerungskanälen und die Neuanlage von Flachwasserbiotopen werden wir diese Eigentumsflächen für den Schutz der Zugvogelwelt und der Biodiversität ökologisch massiv aufwerten. GELOI Feuchtgebietsflächen mit verbesserten Frühjahrs-Wasserverhältnissen 21
Wir finanzierten im Jahr 2019 für die GELOI-Feuchtgebiets-Flächenkäufe 227.000 Euro vor, die von der SPA/CH durch Projektförderzahlungen an uns nahezu komplett refinanziert wurden. Rotkopfwürger Haubenlerche Blauracke 6. EU-LIFE18 Artenschutzprojekt NAT/DE/000797 „Pantani della Sicilia sud orientale“ (Stärkung der Brutpopulation der europaweit vom Aussterben bedrohten Marmelente im Feuchtgebietskomplex Pantani-Region, Sizilien, Republik Italien) Mit der formalen Bewilligung unseres EU-LIFE-Projektförderantrags für ein umfassendes Artenschutzprojekt „Habitat recovery and managment action to increase Marbled Duck breeding population in Pantani della Sicilia sud orientale area“ durch die EU in Brüssel und der Unterzeichnung des Grant Agreement am 03.09.2019 ist unsere Stiftung eine Finanzierungsver- pflichtung in Form eines Eigenanteils von 25% (847.000 Euro) für das Projekt- Gesamtinvestitionsvolumen von 3,388 Millionen Euro eingegangen. Der Projekt-Förderzeitraum beträgt 5 Jahre beginnend mit dem Jahr 2019 unter der vertrag- lichen Maßgabe, dass die Projektumsetzung zum Ende des Jahres 2023 abgeschlossen sein muss. EU-LIFE18 - Sizilien Pantani-Projekt-Schwerpunkte Umfangreiche Lagunen- und Uferbereich-Flächenkäufe und Renaturierungsmaßnahmen zur Optimierrung der Lebensräume in der Pantani-Lagunenregion für die EU-weit stark bedrohte Marmelente (Marmaronetta angustirostris). Deren Vorkommen ist in Europa wegen anhaltender Lebensraumverluste auf 300 – 1.000 Brutpaare zusammengebrochen. Flächenkauf der im Pantani-Feuchtgebietskomplex gelegenen 3. und letzten großen Lagune „Pantano Bruno“ mitsamt den umliegenden teils mit Gewächshäusern be- standenen Uferbereichen bis max. 80 ha Fläche 22
Flächenkauf von bis zu 25 ha auf der Nordseite der bereits in unserem Eigentum be- findlichen Lagune Pantano Longarini zwecks Renaturierung und Schutz der Lagune vor weiterer Einbringung von toxischen Agrarchemikalien und Düngemitteln Bau eines Schleusentores im Mündungskanal der Lagune Pantano Longarini zum Mittel- meer zur Wasserstands-Sicherung in den Lagunen Pantano Longarini und Pantano Cuba als dauerhaft vorbeugende Maßnahme gegen die sich jährlich wiederholenden Lagunen- Mündungsgebiet-Manipulationen von Anliegern zwecks schnellerem Wasserabfluss zur Wasserstands-Senkung in den Lagunen Teilweiser Rückbau und Renaturierung der Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführten Kanalbaumaßnahmen und Schaffung von neuen Verbindungskanälen mit der Lagune Pantano Longarini zwecks verbesserter Wasserzirkulation und Sauerstoffanreicherung des Wassers in den Kanälen Bau von 2 Holzbrücken über die neu anzulegenden Kanäle für einen Rundwanderweg durch die Lagunenlandschaft zur Optimierung der von unseren Bird Guards geführten Biotop- und Bird-Watching-Touren (Naturtourismus/Öffentlichkeitsarbeit) im stiftungs- eigenen eingezäunten Zugvogel-Schutzgebiet Nach Zahlung einer 1. vertragsgemäßen Projekt-Förderrate im Jahr 2019 durch die EU hat die Stiftung ihrerseits den entsprechenden 25 % Eigenanteil auf das Projektkonto über- wiesen. Ein 1. Flächenkauf von 15 ha (150.000 m²) Uferflächen auf der Nordseite der Lagune Pantano Longarini konnte im Rahmen des LIFE18 - Projekt bereits realisiert werden. Dafür wurden 219.000 Euro investiert. Vom Aussterben bedrohte Marmelente in unserem Feuchtgebietsteil Pantano Longarini B. Wildtier-Rettungsstationen & Artenschutzprojekte Die Mobilität unserer Gesellschaft, Landschaftsverbrauch und unsere zunehmend technisierte Umwelt machen immer mehr Wildtierarten das Überleben schwer. Allein im Straßenverkehr und in den Siedlungs-Ballungsräumen werden jedes Jahr hunderttausende Wildtiere verletzt und getötet. Mit dem weiter wachsenden Gebäudebestand auch an Hochhäusern und mit zunehmend größeren Fensterfronten fordert der Vogel-Scheibenschlag einen immer höheren Blutzoll. Besonders betroffen ist davon der nächtliche Vogelzug von Millionen von Singvögeln. Leider nimmt die Zahl ehrenamtlich arbeitender Tierschützer ab, die sich selbstlos der Rettung dieser verletzten und hilflosen Wildtiere annehmen, sie liebevoll und fachlich qualifiziert ge- sund pflegen, um sie dann in ihr 2. Leben in Freiheit zu entlassen. 23
In vielen Wildtier-Rettungsstationen finden daher junge Menschen in vom Staat geförderten Beschäftigungs-Initiativen wie dem freiwilligen ökologischen Jahr eine sinnmachende Auf- gabe und Herausforderung. Nur dank solcher auf einige wenige Wildtierarten spezialisierter Rettungsstationen finden z. B. Mauersegler, Schwalben und auch Säugetiere wie Igel fach- lich qualifizierte Pflege mit tierärztlicher Betreuung. Nur dank deren aufopferungsvollem Ein- satz werden in Deutschland jedes Jahr zigtausende hilfebedürftige Wildtiere vor elendem Siechtum und qualvollem Tod bewahrt. Wir fördern und finanzieren seit vielen Jahren maßgeblich die größten, fachlich qualifizierten und amtlich anerkannten Wildtier-Rettungsstationen: Mauersegler-Klinik in Frankfurt am Main (Hessen) Mauersegler-Rettungsstation in Bukarest (Rumänien) Igel-Rettungsstation in Kirchwald/Eifel (Rheinland-Pfalz) Wildtier-Rettungsstation in Messina (Sizilien/Republik Italien) Wir freuen uns mit den dort engagiert arbeitenden Tierschützerinnen und Tierschützern über jedes Wildtierleben, das dank umfangreichem Fachwissen und aufopferungsvoller Fürsorge gerettet wird und zurück in die Freiheit entlassen werden kann. 1. Mauerseglerklinik in Frankfurt am Main, Hessen Quelle: Mauersegler-Klinik Frankfurt am Main Für die Versorgung der Segler-Pfleglinge rund um die Uhr bedarf es vieler fleißiger Hände Die Fütterung von Mauersegler-Babies und Jungseglern ist sehr zeitaufwendig und erfordert viel Geschick 24
Zugvogelschutz kann nur gemeinsam erfolgreich umgesetzt werden. Auch Hannes Jaenicke ist begeistert von der einzigartigen Rettungsarbeit der Mauerseglerklinik in Frankfurt am Main. Dr. Christiane Haupt mit gesund gepflegten, zum Flugtraining bereiten Alpenseglern Unsere Projektförderung 2019 für die Mauerseglerklinik in Frankfurt/M. betrug 26.000 Euro. 2. Mauerseglerstation in Bukarest, Rumänien Wohlbehüteter Mauersegler-Pflegling Unsere Projektförderung für die Mauerseglerstation in Bukarest, Rumänien betrug 22.000 Euro. 25
3. Igel-Rettungsstation Kirchwald/Eifel, Rheinland-Pfalz Von Rasenroboter skalpierter Jungigel Von Motorsense aufgeschlitztes Igel-Baby Igel-Babies brauchen viel Zuwendung Jungigel genießt seinen ersten“ Freigang“ Unsere Projektförderung für die Igel-Rettungsstation in Kirchwald/Eifel einschließlich der Förderung eines Steinkauz-Aufzucht- und Auswilderungsprojekts betrug im Jahr 2019 ins- gesamt 30.000 Euro. 4. Wildtier-Rettungsstation (Messina-Wildlife-Rescue- Center/ MWRC) Sizilien/Italien Seit Beginn unserer Projektförderung im Jahr 2018 ist der Betrieb des MWRC schuldenfrei und kann sich damit uneingeschränkt der Aufnahme, Pflege und Wiederfreilassung der von Carabinieri und der Forstpolizei verletzt und hilflos eingelieferten Wildtiere widmen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass die Metropolstadt Messina auch im Jahr 2019 ihren Haushaltsverpflichtungen zur finanziellen Förderung des MWRC nicht nachkam. Dies ein weiteres Indiz für den geringen Stellenwert, den die italienische Politik und Gesell- schaft dem praktischen Natur- und Artenschutz beimisst. 26
Während die illegale Greifvogeljagd auf der sizilianischen Seite der Straße von Messina dank der engagierten Vogelschutzcamp-Arbeit ehrenamtlicher sizilianischer Vogelschützer weiter rückläufig ist, hält die illegale Greifvogeljagd und Vogelwilderei auf der kalabrischen Seite des italienischen Festlands während des Frühjahrs-Greifvogelzugs über die Straße von Messina trotz regelmäßiger Vogelschutzcamp-Arbeit italienischer Vogelschützer in Zusammenarbeit mit unseren Freunden vom Komitee gegen den Vogelmord teils noch immer an. In Kalabrien ist auch die Vogelwilderei mit tierquälerischen Vogelfallen noch nicht beendet und dort im Einsatz aktive Vogelschützer gehen bei ihren Zugvogel-Rettungseinsätzen gewisse Risiken ein. Abgeschossener Wespenbussard mit Droh-Nachricht Nach Schussverletzung gut versorgter Fischadler Stieglitz-Lockvogel mit Drahtschlinge im Brustbereich Freilassung eines gesund gepflegten Stieglitz Freilassung eines gesund gepflegten Turmfalken 27
Quelle: MWRC Unsere Förderung der Wildtier-Rettungsarbeit des MWRC betrug im Jahr 2019 27.500 Euro. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Messina Wildtier-Rettungsstation ohne die exklusive Förderung durch die beiden SPA-Stiftungen in Deutschland und der Schweiz ihre arten- schützende Arbeit insbesondere zum Wohle aufgefundener durch Schüsse verletzte Greifvögel (überwiegend Zugvögel) längst hätte einstellen müssen. 5. Schwarzstorch-Schutzprojekt „Kunsthorstbau“ Anders als der Weißstorch ist der extrem scheue und seltene Schwarzstorch ein Kulturflüchter, der dem Menschen aus dem Wege geht und zurückgezogen bevorzugt in ungestörten Misch- und Laubwäldern in den Mittelgebirgen lebt. Als Langstrecken-Zugvogel erscheint der Schwarzstorch schon Ende Februar bis Anfang März in unseren heimischen Wäldern. Frost und Schneelagen machen ihm wenig aus, da er seine Nahrung, kleine Fische, Schnecken und Würmer, überwiegend in klaren fließenden Waldbächen sucht, die selten zufrieren. In der Brutphase ist der Schwarzstorch sehr störungs- anfällig und bei Eingriffen und Störungen im Umkreis von bis zu 500 m um seinen Brutplatz reagiert er mit Brutabbruch, d. h. er verlässt sein Gelege und im schlimmsten Fall auch seine Küken und Storchen- jungen, die dann elend verhungern. Der Schwarz- storch ist standorttreu und reagiert bei massiven störenden Eingriffen in seinen unmittelbaren Wald- Lebensraum und die waldnahen Nahrungsbiotope mit dem Verlassen und der Aufgabe des Horstplatzes. Schwarzstorch Die Aufgabe eines über viele Jahre hinweg genutzten Schwarzstorch-Horstes bedeutet leider nur allzu oft das Verschwinden des Schwarzstorch-Brutpaares aus der Region, da geeignete alte Bäume mit weit ausladendem starken Astwerk und schützenden Baumkronen in unseren auf Holzertrag getrimmten Wirtschaftswäldern immer seltener werden. 28
Seit 2 Jahren aber wird unserem Waldstorch in immer mehr Mittelgebirgswäldern das Existenz- recht streitig gemacht und seine Überlebens- chancen werden zunehmend beschnitten. Grund hierfür ist der anhaltende nahezu ungebremste Ausbau der Windenergiekapazitäten, für die nach Ausschöpfung aller geeigneten Windenergiean- lagen-Standorte in der Agra-landschaft nun die heimischen Wälder als neue Standorte für Wind- energieanlagen herhalten müssen. Schwarzstorch mit Jungstörchen auf einem Naturhorst Aufbau Windkraftanlage im Wald Allein in Hessen werden inzwischen 9 von 10 neuen Windrädern in Wäldern errichtet. Angesichts dieses Bedrohungspotenzials versuchen wir für die maximal 630 Schwarzstorch- Brutpaare in unserem Land zu tun, was sinnvoll und möglich ist und auch Erfolg verspricht. Und wenn die von uns errichteten Kunsthorste dann doch nicht dem Schwarzstorch helfen, dann helfen sie dem Uhu und dem Rotmilan, die ebenfalls unter der Windrad-Verspargelung ihrer Lebensräume in Feld und Wald leiden. Wirkungsvollste Hilfestellung für die aus ihren Brutrevier-Wäldern vertriebenen Schwarzstörche ist der Bau von Kunsthorsten, die wir in Abstimmung mit Waldbesitzern und verschwiegenen ehrenamtlich arbeitenden Schwarzstorch-Betreuern und dem Einsatz eines erfahrenen Baum- kletterers in geeigneten Altbäumen in abseits gelegenen und noch ungestörten Waldgebieten errichten. Der Bau eines Schwarzstorch-Kunsthorstes ist Knochenarbeit, die dem Baumkletterer körper- lich alles abverlangt. Das beginnt mit dem Aufstieg in bis zu 30 m Baumhöhe, den er mittels einer Seil-Klettertechnik bewältigen und dabei bis zu 20 kg Ausrüstungsgegenstände am Körper in die Höhe schleppen muss. Aufstieg in einen 30 m hohen Horstbau in luftiger Höhe ausgewählten Horstbaum 29
Während der Baumkletterer in großer Höhe in einer geeigneten starken Astgabel die Holzkonstruktion als Unterlage für den Kunsthorst zusammenbaut, sammelt das „Bodenpersonal“, ehrenamtliche Schwarzstorch- schützer oder Stiftungsmitarbeiter, unter Anleitung des nestbauenden Baumkletterers starke Fichtenäste, feines Astwerk mit Fichtengrün und säckeweise Quell- moos, die mittels Seil für den eigentlichen Nestbau in die Höhe transportiert werden. Da kommen im Verlauf der Stunden bis zu 50 kg schwarzstorch-typisches Nestbaumaterial zusammen. Für einen fachmännisch hergerichteten Kunsthorst investieren wir je nach Schwierigkeitsgrad des neuen Horstbaums und des Baumstandortes 4 - 6 Stunden harte Arbeit. Wie sehr sich unser Projektengagement lohnt, zeigt sich in Hessen, wo inzwischen mehr als die Hälfte der Schwarzstorch-Bruten erfolgreich auf sicheren abseits gelegenen Kunsthorsten stattfindet. Sammeln von geeignetem Nestbaumaterial Dank des engagierten Einsatzes unseres Kunsthorstbau-erfahrenen Baumkletterers und der Vorbereitung ehrenamtlicher Schwarzstorch-Betreuer konnten wir im Frühwinter 2019 die ersten 5 der geplanten 10 neuen Kunsthorste in Hessen, Bayern und Thüringen errichten. Für dieses Schwarzstorch-Schutzprojekt investierten wir 4.000 Euro. C. Artenschutzgebäude für bedrohte Gebäude bewohnende Tierarten Obwohl Menschen Vogelarten wie Turmfalken, Schleiereule, Schwalben, Rotschwänzchen, Bachstelze und auch Sperlinge in ihrem unmittelbaren Lebens- und Wohnumfeld lieben und sich über deren Vorkommen freuen, kommt kaum ein Hausbesitzer und Immobilieneigentümer auf den Gedanken, diesen speziell auf Gebäude geprägten Tierarten sichere und geschützte Nist-, Brut- und Unterschlupfplätze zu schaffen. Wir schaffen in Deutschland und in Sizilien, dort beschränkt auf unser Flächeneigentum, mit der Transformation von aus der Nutzung genommenen Gebäuden (Trafoturmstationen, Pumpenhäusern, Fabrikgebäuden) mit solider Bausubstanz und an geeigneten Standorten zukunftsweisende sinnstiftende Artenschutzgebäude. Die bauen wir fach- und artgerecht und mit der praktischen Erfahrung von mehr als 12 Jahren Artenschutzgebäude-Bau für bis zu 50 Gebäude nutzenden Wildtierarten um. 1. Mausohrbahnhof Mümling-Grumbach (Hessen) mit Artenschutzgebäude Dies war vor Jahren auch der Fall, als wir auf einer Immobilienauktion in Köln gemeinsam mit der „Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz“ (HGON) einen alten stillgelegten denkmalgeschützten Bahnhof in Hessen in Höchst im Odenwald zugunsten des konkreten Artenschutzes ersteigern konnten. 30
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