Dynamische Funktionen mit GeoGebra
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Markus HOHENWARTER, Salzburg Dynamische Funktionen mit GeoGebra GeoGebra ist ein Softwaresystem für den Unterricht, das dynamische Geometrie, Algebra und Analysis verbindet (http://www.geogebra.at). Insbesondere erweitert das Programm die Möglichkeiten der dynami- schen Geometrie auf den Bereich der Analysis, weshalb hier auch von dynamischer Analysis gesprochen wird. In diesem Beitrag wird spe- ziell auf einige Möglichkeiten der dynamischen Behandlung von Funk- tionen eingegangen. Zuordnung und Kovariation Bei der Betrachtung von Funktionen in einer Variablen der Form f: x f(x) unterscheidet Malle zwei Aspekte (vgl. Malle 2000b): → Zuordnung: Jedem x wird genau ein f(x) zugeordnet. Kovariation: Wird x verändert, so ändert sich f(x) in einer bestimmten Weise und umgekehrt. Während die Funktion beim Zuordnungsaspekt lokal betrachtet wird, macht der Kovariationsaspekt eine globalere Sichtweise der Funktion notwendig. Beide Aspekte sind auch bei unterschiedlichen Darstellun- gen praktisch immer präsent. Eine Wertetabelle lässt sich zeilenweise (Zuordnungsaspekt) oder spaltenweise (Kovariationsaspekt) lesen. Am Graphen einer Funktion kann ein bestimmter Funktionswert abgelesen werden (Zuordnungsaspekt), andererseits ist auch erkennbar, wie sich der Funktionswert verändert, wenn sich das Argument verändert (Ko- variationsaspekt). GeoGebra bietet mehrere Möglichkeiten, um beiden Aspekten gerecht zu werden. Funktionsplotter und Computeralgebra Systeme haben den didaktischen Nachteil, dass der Prozess der Entstehung eines Funkti- onsgraphen beim Darstellen des Funktionsterms nicht ersichtlich wird.
Einen Ausweg bieten hier Tabellenkalkulationsprogramme, mit denen einzelne Punkt einer Wertetabelle gezeichnet werden können. Aller- dings ist dieser Weg relativ aufwändig. Graph als Spur des Punktes (x, f(x)) Dynamische Geometrie Systeme bieten inzwischen in der Regel die Möglichkeit, Punkte über berechnete Koordinaten anzugeben. Dadurch kann einem konkreten x dynamisch ein Punkt (x, f(x)) zugeordnet wer- den. Abbildung 1 zeigt, wie der Zuordnungsaspekt auf diese Weise mit GeoGebra umge- setzt wurde, wobei der Graph der Funktion punkt- weise als Spur des Punktes (x, f(x)) entstanden ist. Um den Kovariation- saspekt zu betonen, kann der Punkt auch umgekehrt in dynamischer Ab- hängigkeit von f(x) Abb. 1: Graph einer Funktion als Spur von (x, f(x)) festgelegt werden. Punkt auf dem Graphen Anders als klassische dynamische Geometrie Software wie Cabri II oder Euklid Dynageo unterstützt GeoGebra Funktionen der Form f(x) als eigenständigen Objekttyp. Dadurch können Funktionsgraphen wie mit einem Funktionsplotter auf einen Schlag – ohne den aufwändigen Umweg über Ortslinien – dargestellt werden. Im Unterschied zu einem Computeralgebra System sind aber auch dynamische geometrische Konstruktionen nutzbar. Durch einfaches Anklicken des Funktionsgra- phen im Modus „Neuer Punkt“ wird ein Punkt darauf gesetzt.
Die Koordinaten dieses Punktes werden dynamisch aktualisiert wäh- rend er mit der Maus entlang des Graphen gezogen wird. Umgekehrt ist auch die direkte Angabe der x-Koordinate des Punktes möglich - seine y-Koordinate wird dabei automatisch angepasst. In Kombination mit einem Zugang über die Spur des Punktes (x, f(x)) kann auch hier die Entstehung des Graphen veranschaulicht werden. Dynagraph Die Dynagraph Darstellung (vgl. Goldenberg 1991) ist eine dynami- sche Umsetzung der wenig genutzten Leiterdiagramm-Darstellung von Funktionen, die dem Kovariationsaspekt sehr entgegen kommt (vgl. Malle 2000b). Dabei wird ein Wertepaar von x und f(x) auf zwei paral- lelen Zahlenstrahlen dargestellt. Ein Dynagraph kann mit dynamischen Geometrie Syste- men sehr schön umgesetzt werden, indem die Verände- rung von x im Zugmodus eine Veränderung von f(x) bewirkt. Zu- sätzlich kann auch die Spur von f(x) betrachtet werden (vgl. Abb. 2). Abb. 2: Dynagraph Dabei entsteht im Zugmodes schnell und besonders eindrucksvoll ein Gefühl für Monotonie, Linearität, Extrema, Polstellen und Periodizität, für qualitative Eigenschaften. (Elschenbroich 2003) In GeoGebra ist es zusätzlich möglich, die Funktion f(x) nachträglich beliebig zu verändern. Im Internet steht übrigens eine interaktive Ver- sion eines solchen allgemeinen Dynagraphen zur Verfügung (siehe http://www.geogebra.at unter „Beispiele“).
Funktionstypen Der Computer kann ohne Zweifel helfen, Eigenschaften von Funktionstypen zu entdecken und zentrale Grundvorstellungen auszubilden. Vor allem ist es mit seiner Hilfe leicht möglich, die Parameter zu variieren und dabei zu beo- bachten, wie sich der jeweilige Graph verändert. (Malle 2000a) Für die Untersuchung des Einflusses von Parametern in einem Funkti- onsterm auf den Verlauf des zugehörigen Funktionsgraphen ist Geo- Gebra ein ideales Werkzeug, da das Programm zwei Möglichkeiten- verbindet: die direkte Unterstützung von Funktionen als eigener Ob- jekttyp sowie Schieberegler zur Veränderung von Parametern. Mit GeoGebra bietet sich folgende Vorgangsweise an: (1) Beginn mit kon- kreten Parameterwerten für den untersuchten Funktionstyp. (2) Einfüh- rung der Parameter als Schieberegler und Verallgemeinerung zum untersuchten Funktionstyp. (3) Gezielte Variation der Parameter. So kann beispiels- weise der Einfluss der Parameter p und q auf die quadrati- sche Funktion f(x) = x2 + p x + q untersucht werden, um einen Zusam- menhang zwischen diesen Parametern und dem Scheitel- punkt (Abb. 3) oder den Nullstellen der Funktion herzustel- Abb. 3: Einfluss des Parameters p auf den len. Scheitelpunkt von f(x) = x2 + p x + q (1) Zunächst beginnt man mit konkreten Beispielen wie f(x) = x2, f(x) = x2 + 2, usw. Die Gleichung der Funktion kann im Algebrafenster dabei schnell und problemlos verändert werden.
(2) Nachdem erste Vorstellungen über den Einfluss der Parameter ge- wonnen wurden, folgt die Verallgemeinerung der Funktion f(x). Dazu werden zwei Schieberegler für p und q erzeugt und die Funktion in f(x) = x2 + p x + q umdefiniert. (3) Die Parameter p und q können nun auf mehrere Arten verändert werden: im Grafikfenster mit Hilfe der Schieberegler und im Algebrafenster durch direkte Eingabe eines Wer- tes oder ebenfalls kontinuierlich mit Hilfe der Pfeiltasten. In dieser Phase ist es besonders wichtig, auf eine gezielte Vorgangsweise bei der Variation der Parameter zu achten. Dies kann etwa durch begleitende Fragestellungen auf einem Arbeitsblatt geschehen. Solche dynamischen Parameteruntersuchungen eignen sich sehr gut für entdeckendes Lernen (vgl. Bruner 1961) und ermöglichen den Blick auf Spezialfälle. Die statische Darstellung von Funktionenscharen hat den Nachteil, dass für Schüler nur schwer zu erkennen ist, welcher Parameterwert zu welchem Graphen gehört. Der große Vorteil von GeoGebra gegenüber anderen Programmen ist zudem die äußerst ein- fache Bedienbarkeit: Schüler können die oben angeführten Schritte mit minimalem Vorwissen selbsttätig durchführen. Umkehrfunktion und -relation GeoGebra eignet sich auch sehr gut zur Einführung in das Thema Um- kehrfunktion bzw. Umkehrrelation. In Abb. 4 ist die Um- kehrrelation einer Parabel zu sehen, die als Ortslinie konstruiert wurde. Abb. 4: Umkehrrelation zu f(x) = x2
Zunächst wir der Punkt P auf dem Graphen von f(x) an der Geraden g: y = x zu P' gespiegelt. Der Graph der Umkehrrelation ergibt sich nun als Ortslinie von P' in Abhängigkeit von P. Das Besondere an dieser Konstruktion ist ihre Allgemeinheit: der Funktionsterm von f(x) kann beliebig verändert werden, um Umkehrre- lationen anderer Funktionen zu untersuchen. Durch Ziehen des Punktes P kann zudem jeweils der entsprechende Punkt P' auf der Umkehr- funktion beobachtet werden. Neue Technologien bieten auf vielen Gebieten neue didaktische Mög- lichkeiten zur modernen Behandlung traditioneller Inhalte. Im Bereich der Geometrie sind mittlerweile dynamische Geometrie Systeme nahe- zu selbstverständlich. Die eben vorgestellten Beispiele zeigen, dass sich mit dem Werkzeug GeoGebra ein solcher dynamischer Ansatz auch für Funktionen auf einfache Weise realisieren lässt. Literatur Bruner, J. (1961): The act of discovery. In: Harvard Educational Re- view, Nr. 31, S. 21-32 Elschenbroich, H.-J. (2003): Funktionen dynamisch entdecken. In: Bender et al. (Hrsg.): Lehr und Lernprogramme für den Mathematik- unterricht. Hildesheim: Franzbecker Goldenberg, P. et al. (1991): Dynamic representation and the develop- ment of an understanding of function. In: Harel, E. (Hrsg.): The con- cept of Function: Aspects of Epistemology and Pedagogy Bd. 25. Wa- shington: Mathematical Association of America Malle, G. (2000a): Funktionen untersuchen – ein durchgängiges The- ma. In: Mathematik Lehren, Nr. 103, S. 4-7 Malle, G. (2000b): Zwei Aspekte von Funktionen: Zuordnung und Kovariation. In: Mathematik Lehren, Nr. 103, S. 8-11
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