Dza aktuell deutscher alterssurvey

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dza aktuell
deutscher alterssurvey
Heft 01 /2020

Herausgeber:
Deutsches Zentrum für
Altersfragen

                        Wie erleben Menschen in der zweiten
                        Lebenshälfte die Corona-Krise?
                        Wahrgenommene Bedrohung durch die
                        Corona-Krise und subjektive
                        Einflussmöglichkeiten auf eine mögliche
                        Ansteckung mit dem Corona-Virus
                        Markus Wettstein, Claudia Vogel, Sonja
                        Nowossadeck, Svenja M. Spuling, Clemens
                        Tesch-Römer
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-
Krise? – Wahrgenommene Bedrohung durch die Corona-Krise und subjektive
Einflussmöglichkeiten auf eine mögliche Ansteckung mit dem Corona-Virus

Markus Wettstein, Claudia Vogel, Sonja Nowossadeck, Svenja M. Spuling, Clemens
Tesch-Römer

Inhalt

Kernaussagen ....................................................................................................................... 3
Einleitung .............................................................................................................................. 4
Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ....................................................................................... 5
Wahrgenommene Bedrohung durch die Corona-Krise .......................................................... 6
Subjektive Einflussmöglichkeiten auf das Corona-Infektionsrisiko ........................................12
Zusammenhang zwischen wahrgenommener Bedrohung und subjektiven
Einflussmöglichkeiten auf das Infektionsrisiko ......................................................................15
Wahrnehmung der Corona-Krise und subjektives Wohlbefinden ..........................................16
Fazit     ..................................................................................................................................18
Literatur ................................................................................................................................22
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                          3

Kernaussagen
Im Juni und Juli 2020 wurde im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) eine
Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Im Mittelpunkt der
Befragung standen Veränderungen in verschiedenen Lebensbereichen, die durch die Pandemie
bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte aufgetreten sind. Zudem gaben die Befragten
Auskunft über ihre individuelle Wahrnehmung der Corona-Krise.
•   Die Mehrheit der Menschen in der                 Einflussmöglichkeiten nehmen Personen
    zweiten Lebenshälfte erlebt die                  im Alter zwischen 61 und 75 Jahren
    Corona-Krise nicht als sehr                      sowie Personen mit hoher Bildung wahr.
    bedrohlich. Ungefähr 9 Prozent der               Geschlecht und Corona-Infektionen im
    Menschen in der zweiten Lebenshälfte             persönlichen Umfeld spielen keine
    (46 bis 90 Jahre) fühlen sich durch die          wichtige Rolle für die subjektiven
    Corona-Krise stärker bedroht, 42 Prozent         Einflussmöglichkeiten.
    geben eine mittlere Bedrohung an, und
                                                 •   Gefühlte Bedrohung durch die
    knapp 50 Prozent schätzen die
                                                     Corona-Krise und subjektive
    Bedrohung als niedrig ein.
                                                     Einflussmöglichkeiten auf eine
•   Gesundheit spielt eine wichtige Rolle            Infektion hängen kaum miteinander
    für die wahrgenommene Bedrohung                  zusammen. Die Gruppen derer, die eine
    durch die Corona-Krise. Personen, die            hohe Bedrohung empfinden, und derer,
    ihre Gesundheit als weniger gut                  die glauben, das Ansteckungsrisiko nur
    einschätzen, fühlen sich deutlich häufiger       wenig beeinflussen zu können, sind nicht
    durch die Pandemie bedroht als                   deckungsgleich. Personen, die sich
    Personen, die ihre Gesundheit als sehr           durch die Corona-Krise stärker bedroht
    gut oder gut einschätzen. Zudem fühlen           fühlen, sind etwas häufiger davon
    sich Personen mit niedrigem                      überzeugt, das Ansteckungsrisiko
    Bildungsstand stärker bedroht als                beeinflussen zu können, als Personen
    Personen mit hohem Bildungsstand.                mit niedrigem Bedrohungserleben.
    Dagegen spielen Alter, Geschlecht sowie          Gleichzeitig sind Personen in dieser
    Corona-Infektionen im persönlichen               Gruppe jedoch auch häufiger der
    Umfeld keine bedeutsame Rolle für das            Ansicht, einen geringen Einfluss zu
    Bedrohungserleben.                               haben, als Personen mit niedrigem
                                                     Bedrohungserleben.
•   Die Mehrheit hat das Gefühl, die
    Ansteckungsgefahr durch das                  •   Personen, die eine hohe Bedrohung
    Corona-Virus zumindest in einem                  erleben, sowie Personen mit geringen
    mittleren Ausmaß beeinflussen zu                 subjektiven Einflussmöglichkeiten
    können. 23 Prozent schätzen ihren                haben ein geringeres Wohlbefinden.
    Einfluss auf eine mögliche Ansteckung            Personen, die sich von der Corona-Krise
    als hoch ein, 65 Prozent als mittel und 12       stärker bedroht fühlen, sowie Personen,
    Prozent als gering.                              die geringe Einflussmöglichkeiten über
                                                     eine mögliche Ansteckung erleben, sind
•   Auch für subjektive
                                                     weniger mit ihrem Leben zufrieden und
    Einflussmöglichkeiten auf eine
                                                     berichten mehr depressive Symptome
    Corona-Infektion spielt Gesundheit
                                                     als Personen mit niedrigerem
    eine wichtige Rolle. Personen, die ihre
                                                     Bedrohungserleben und höheren
    Gesundheit als weniger gut einschätzen,
                                                     subjektiven Einflussmöglichkeiten.
    sehen weniger Einflussmöglichkeiten auf
    eine Ansteckung als Personen mit guter
    selbsteingeschätzter Gesundheit. Auch
    Bildung und Lebensalter sind von
    Bedeutung: Höhere
4                           Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Einleitung
Die Corona-Pandemie ist eine anhaltende            Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder Konkurs der
weltweite Krise, die eine Bedrohung für die        eigenen Firma.
Gesundheit und Lebensqualität der
Weltbevölkerung, für die Weltwirtschaft            Für Menschen in der zweiten Lebenshälfte
sowie für das gesellschaftliche                    stellt die Corona-Pandemie in besonderer
Zusammenleben und das soziale                      Weise eine Herausforderung und Bedrohung
Miteinander darstellt. Zwar ist Deutschland        dar: Die Wahrscheinlichkeit, bei einer
bislang weniger stark von Infektionen und          Infektion mit dem Corona-Virus einen
Todesfällen betroffen als viele andere             schweren Krankheitsverlauf von Covid-19 zu
Länder Europas (Stafford, 2020), dennoch           erleben oder an der Erkrankung zu sterben,
hat die Corona-Krise auch in Deutschland           steigt mit dem Lebensalter deutlich an
das Alltagsleben Vieler tiefgreifend               (Robert-Koch-Institut, 2020).
verändert. Das liegt nicht nur an der
                                                   Was bedeutet dies für die subjektive
Bedrohung, die von dem Corona-Virus
                                                   Perspektive dieser Menschen auf die
ausgeht, sondern auch an den
                                                   Pandemie, wie erleben Menschen in der
weitreichenden Maßnahmen, die zur
                                                   zweiten Lebenshälfte die Bedrohung durch
Eindämmung des Virus ergriffen worden
                                                   die Corona-Krise? Und gibt es Unterschiede
sind, etwa den sogenannten AHAL-Regeln
                                                   in verschiedenen Bevölkerungsgruppen,
(Abstand, Hygiene, Alltagsmasken, Lüften)
                                                   etwa nach Geschlecht, Bildung, subjektivem
oder Reise- und Kontaktbeschränkungen bis
                                                   Gesundheitszustand oder nach Corona-
hin zu Besuchsverboten in
                                                   Infektionen, die im persönlichen Umfeld
Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern.
                                                   aufgetreten sind?
Zudem wurden zahlreiche kulturelle
Veranstaltungen abgesagt und Institutionen         Eine ähnliche Frage lässt sich mit Blick auf
wie Schulen und Kitas zeitweise                    die subjektiven Einflussmöglichkeiten auf
geschlossen.                                       das Corona-Infektionsrisiko stellen: Glauben
                                                   Menschen in der zweiten Lebenshälfte,
Diese Maßnahmen waren in Deutschland
                                                   einen Einfluss darauf zu haben, ob sie sich
insofern erfolgreich, als Infektionszahlen und
                                                   mit dem Corona-Virus anstecken? Und gibt
Sterberaten während der ersten Corona-
                                                   es auch hier Unterschiede nach Alter,
Welle vergleichsweise niedrig geblieben
                                                   Geschlecht, Bildung, subjektiven
sind. Gleichzeitig hatten und haben diese
                                                   Gesundheitszustand sowie nach Corona-
einschränkenden Maßnahmen aber
                                                   Infektionen, die im persönlichen Umfeld
erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung
                                                   aufgetreten sind?
des Alltagslebens. Dies betrifft etwa die
Pflege persönlicher sozialer Beziehungen,          Für Präventionsmaßnahmen von Bedeutung
die reduziert oder auf Telefonate und Online-      ist die Frage, ob und wie das
Formate umgestellt werden musste. Auch             Bedrohungserleben durch die Corona-Krise
ihren Arbeits- und Familienalltag mussten          sowie subjektive Einflussmöglichkeiten auf
viele Menschen neu organisieren, etwa im           das Infektionsrisiko zusammenhängen. Sind
Home Office arbeiten und die Betreuung der         subjektive Einflussmöglichkeiten dann hoch,
eigenen Kinder und Enkelkinder neu                 wenn die Bedrohung als hoch eingeschätzt
organisieren. Die Freizeitgestaltung hat sich      wird? Möglicherweise führt in diesem Fall
bei vielen Menschen ebenfalls verändert:           das Bedrohungserleben zu einer verstärkten
Beispielsweise waren Möglichkeiten für das         Vorsicht im Alltag, mit der Menschen ihren
Ausüben von Sport zeitweise eingeschränkt,         Einfluss auf eine mögliche Ansteckung
da Sportstätten geschlossen blieben. Einige        maximieren wollen. Oder sind – im Gegenteil
wurden von der Corona-Pandemie auch                – subjektive Einflussmöglichkeiten dann
erheblich finanziell getroffen durch               besonders hoch, wenn die Bedrohung als
Einkommenseinbußen, etwa aufgrund von              gering eingeschätzt wird? Womöglich
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                          5

schätzen Personen die Bedrohung durch die            Merkmale Alter, Geschlecht, Bildung,
Corona-Krise dann gering ein, wenn sie               subjektive Gesundheit sowie Infektionen
meinen, einen erheblichen Einfluss auf eine          im persönlichen Umfeld.
mögliche Ansteckung zu haben. Umgekehrt
könnte ein hohes Bedrohungserleben zu                2. Subjektive Einflussmöglichkeiten auf
Fatalismus führen und zu der Einstellung,               das Corona-Infektionsrisiko
dass es kaum oder keine individuellen                In welchem Ausmaß haben Menschen in
Einflussmöglichkeiten auf das Corona-                der zweiten Lebenshälfte das Gefühl,
Infektionsrisiko gibt. In Abhängigkeit davon,        eine eigene mögliche Ansteckung mit
wie Menschen ihr Bedrohungserleben und               dem Covid-19-Virus beeinflussen zu
ihre subjektiven Einflussmöglichkeiten               können? Gibt es Unterschiede zwischen
einschätzen und wie der Zusammenhang                 verschiedenen Bevölkerungsgruppen?
zwischen beiden Einstellungen ausfällt,              Berücksichtigt werden wiederum Alter,
muss die mediale und politische                      Geschlecht, Bildung, subjektive
Risikokommunikation über die Corona-Krise            Gesundheit sowie Infektionen im
unterschiedlich gestaltet werden.                    persönlichen Umfeld.
Schließlich könnte die Wahrnehmung der
                                                     3. Zusammenhang zwischen
Corona-Krise auch für das subjektive
                                                        wahrgenommener Bedrohung durch
Wohlbefinden von Menschen in der zweiten
                                                        die Corona-Krise und subjektiven
Lebenshälfte relevant sein. Ist das subjektive
                                                        Einflussmöglichkeiten auf das
Wohlbefinden derjenigen Menschen
                                                        Corona-Infektionsrisiko
beeinträchtigt, die eine hohe Bedrohung
durch die Corona-Krise sowie wenig Einfluss          Wie hängt die wahrgenommene
auf eine eigene Ansteckung wahrnehmen?               Bedrohung durch die Corona-Krise mit
Wahrscheinlich ist, dass Menschen, die sich          den subjektiven Einflussmöglichkeiten
aktuell stark bedroht fühlen, sowie                  auf das Corona-Infektionsrisiko
Personen, die wenig Einflussmöglichkeiten            zusammen? Haben Menschen eher das
sehen, sich selbst vor dem Corona-Virus zu           Gefühl, eine mögliche Ansteckung
schützen, weniger zufrieden mit ihrem Leben          beeinflussen zu können, wenn sie eine
sind und häufiger depressiv verstimmt sind           geringe oder wenn sie eine hohe
als Personen mit einer optimistischeren              Bedrohung durch die Pandemie
Perspektive auf die Corona-Krise.                    erleben? Oder sind wahrgenommene
                                                     Bedrohung und subjektive
Forschungsfragen                                     Einflussmöglichkeiten unabhängig
                                                     voneinander?
In diesem Bericht werden die folgenden vier
Fragen untersucht:                                   4. Wahrnehmung der Corona-Krise und
                                                        subjektives Wohlbefinden
   1. Wahrgenommene Bedrohung durch
      die Corona-Krise                               Sind Menschen weniger zufrieden mit
                                                     ihrem Leben und eher depressiv
   Wie stark fühlen sich Menschen in der
                                                     verstimmt, wenn sie sich stärker bedroht
   zweiten Lebenshälfte durch die Corona-
                                                     durch die Corona-Krise fühlen und wenn
   Krise bedroht? Fühlen sich verschiedene
                                                     sie glauben, eine Ansteckung mit dem
   Bevölkerungsgruppen unterschiedlich
                                                     Corona-Virus eher wenig beeinflussen
   stark bedroht? Berücksichtigt werden die
                                                     zu können?
6                           Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

    Der Deutsche Alterssurvey (DEAS)

    Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung
    von Personen in der zweiten Lebenshälfte. Im Rahmen der Studie werden seit mehr als zwei
    Jahrzehnten Frauen und Männer auf ihrem Weg ins höhere und hohe Alter regelmäßig befragt
    (1996, 2002, 2008, 2011, 2014, 2017, 2020). Dieser lange Beobachtungszeitraum von mehr
    als zwei Jahrzehnten erlaubt einen umfassenden Einblick in das Älterwerden und die
    Lebenssituationen von Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Zudem kann durch das
    kohortensequenzielle Design der Studie Älterwerden im sozialen Wandel untersucht werden.
    Der Deutsche Alterssurvey ist daher die zentrale Studie zu Alter und Altern in Deutschland.
    Mehr als 20.000 Personen haben bislang an der Studie teilgenommen. Befragt werden
    Personen, die zum Zeitpunkt der ersten Teilnahme 40 Jahre und älter sind. Die
    Teilnehmenden werden auf Basis einer nach Alter, Geschlecht und Region geschichteten
    Einwohnermeldeamtsstichprobe ausgewählt. Die Daten des Deutschen Alterssurveys sind
    daher repräsentativ für die in Privathaushalten lebende Wohnbevölkerung Deutschlands in der
    zweiten Lebenshälfte. Durch den Deutschen Alterssurvey können auch die Lebenssituationen
    in Krisenzeiten – wie wir sie aktuell aufgrund der Corona-Pandemie erleben – näher beleuchtet
    und besser verstanden werden.

    Die jüngste Befragung fand im Zeitraum vom 8. Juni bis zum 22. Juli 2020 statt. Im Zentrum
    dieser Befragung standen Fragen zur aktuellen Lebenssituation sowie zu erlebten
    Veränderungen während der Corona-Pandemie in verschiedenen Lebensbereichen, etwa in
    sozialen Beziehungen, im Wohlbefinden und in der Erwerbsarbeit. Es haben 4.823 Personen
    ab einem Alter von 46 Jahren an der Befragung teilgenommen. Aufgrund der Corona-
    Pandemie wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutschen Alterssurveys, die
    bereits zuvor mindestens einmal an der Studie teilgenommen hatten, mit einem schriftlichen
    Fragebogen (anstatt wie bisher im persönlichen Interview) befragt. Diese jüngste schriftlich-
    postalische Kurzbefragung stellt den ersten Teil der siebten Welle des Deutschen
    Alterssurveys dar. Im zweiten Teil werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
    Deutschen Alterssurveys telefonisch interviewt – von November 2020 bis April 2021.

    Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie,
    Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

    Weitere Informationen zum Deutschen Alterssurvey (DEAS) finden sich
    unter www.deutscher-alterssurvey.de
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                                               7

Die Ergebnisse dieses Berichts basieren auf                    Gesundheitszustand?“. Beantwortet
Auswertungen der siebten Welle des                             wurde die Frage auf einem
Deutschen Alterssurveys (DEAS; Vogel,                          Antwortformat von 1 (sehr gut) bis 5
Klaus, Wettstein, Simonson, & Tesch-                           (sehr schlecht). In den folgenden
Römer, 2020). Für die vorliegenden                             Analysen werden die Werte 1 und 2 als
Auswertungen wurden die Angaben von                            "sehr gute/gute subjektive Gesundheit"
4.762 Personen im Alter zwischen 46 und 90                     und Werte von 3 bis 5 als "mittlere bis
Jahren berücksichtigt.                                         schlechte subjektive Gesundheit"
                                                               interpretiert.
Für die Analysen wurden die folgenden
Maße verwendet:                                            −   Das subjektive Wohlbefinden wurde mit
                                                               zwei Indikatoren erhoben,
−   Die wahrgenommene Bedrohung durch
                                                               Lebenszufriedenheit und depressive
    die Corona-Krise wurde mit der Frage
                                                               Symptome. Lebenszufriedenheit wurde
    erfasst: „Inwiefern empfinden Sie die
                                                               mit der deutschsprachigen Version der
    Corona-Krise derzeit als Bedrohung für
                                                               Satisfaction with Life Scale erfasst
    sich selbst?“. 1 Die Befragten
                                                               (Diener, Emmons, Larsen, & Griffin,
    beantworteten diese Frage, indem sie
                                                               1985). Diese besteht aus 5 Aussagen
    eine Zahl zwischen 1 (überhaupt keine
                                                               (z. B. „Ich bin zufrieden mit meinem
    Bedrohung für mich) und 10 (extreme
                                                               Leben“), welche auf einer Skala von 1
    Bedrohung für mich) vergaben.
                                                               (trifft genau zu) bis 5 (trifft gar nicht zu)
                                                               beantwortet werden. Über die fünf
−   Der subjektive Einfluss auf eine
                                                               Aussagen hinweg wird ein Mittelwert
    mögliche Ansteckung mit dem Corona-
                                                               gebildet und so transformiert, dass
    Virus wurde mit der Frage erfasst:
                                                               höhere Werte eine höhere
    „Inwieweit haben Sie das Gefühl, dass
                                                               Lebenszufriedenheit anzeigen. Werte,
    Sie selbst beeinflussen können, ob Sie
                                                               die über dem Wert 3,3 liegen, werden
    sich mit dem Corona-Virus anstecken
                                                               als hohe Lebenszufriedenheit
    oder nicht?“. 2 Diese Frage wurde von
                                                               interpretiert (Wolff & Tesch-Römer,
    den Befragten auf einer Skala von 1
                                                               2017). Depressive Symptome wurden
    (überhaupt nicht) bis 7 (voll und ganz)
                                                               anhand einer Kurzversion der CES-D
    beantwortet.
                                                               Depressionsskala (Radloff, 1977)
                                                               erfasst. Diese Kurzversion umfasst zehn
−   Um Corona-Infektionen im eigenen
                                                               Aussagen (z. B. „Während der letzten
    Umfeld zu erfassen, wurde die Frage
                                                               Woche war alles anstrengend für mich“),
    gestellt: „Haben sich Personen aus
                                                               die jeweils auf einer Skala von „selten“
    Ihrem persönlichen Umfeld mit dem
                                                               (1) bis „immer“ (4) beantwortet wurden.
    Corona-Virus infiziert?“.3
                                                               Pro Person wurde ein Summenwert über
    Antwortmöglichkeiten auf diese Frage
                                                               alle Aussagen gebildet. Werte über dem
    waren „Ja“, „Nein“, oder „Weiß nicht“. 4
                                                               Skalenmittelwert von 15 wurden in den
−   Zur Erfassung der subjektiven                              folgenden Analysen als ausgeprägte
    Gesundheit wurde die Frage gestellt                        depressive Symptome interpretiert.
    „Wie bewerten Sie Ihren derzeitigen

1                                                          3
  Diese Frage stammt ursprünglich aus der Mannheimer         Diese Frage wurde in einem ähnlichen Wortlaut auch in
Corona-Studie des German Internet Panel (GIP;              anderen Studien gestellt (Mannheimer Corona-Studie;
https://www.uni-mannheim.de/gip/corona-studie/), und die   COVID-19 Snapshot Monitoring (COSMO).
Originalformulierung wurde in dieser Studie minimal        4
                                                             Die Angabe „Weiß nicht“ wurde nur sehr selten gemacht
angepasst.                                                 (in 3,5 Prozent der Fälle) und wurde in den folgenden
2
  Diese Frage stammt ebenfalls aus der Mannheimer          Auswertungen nicht berücksichtigt.
Corona-Studie des German Internet Panel (GIP;
https://www.uni-mannheim.de/gip/corona-studie/) und
wurde hier in angepasster Form verwendet.
8                          Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Alter, Geschlecht sowie Bildungsstatus            Zudem wurden Frauen (n=2.434; 51,1
basierten auf Selbstauskünften bzw. waren         Prozent) und Männer (n=2.328; 48,9
aufgrund vorheriger Teilnahmen der                Prozent) miteinander verglichen. Bildung
Personen am Deutschen Alterssurvey                wurde gemäß ISCED-Klassifizierung in drei
bereits bekannt. Um die Rolle des                 Gruppen unterteilt: Personen mit niedrigem
Lebensalters zu untersuchen, wurden drei          Bildungsabschluss (n=205; 4,3 Prozent),
Altersgruppen gebildet: 46- bis 60-Jährige        mittlerem Bildungsabschluss (n=2.250;
(n=996; 20,9 Prozent), 61- bis 75-Jährige         47,3 Prozent) und hohem
(n=2.166; 45,5 Prozent) sowie Personen            Bildungsabschluss
zwischen 76 und 90 Jahren (n=1.600;               (n=2.306; 48,4 Prozent).
33,6 Prozent).
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                                       9

Wahrgenommene Bedrohung durch die Corona-Krise
Menschen in der zweiten Lebenshälfte                           Bedrohungserleben widerspiegeln, werden
nehmen die Corona-Krise überwiegend nicht                      von weniger als 4 Prozent der Personen
als starke Bedrohung wahr                                      angegeben.

Die Antworten der Befragten auf die Frage,                     Teilt man die Werte in drei Gruppen auf
ob sie die Corona-Krise als Bedrohung für                      (s. Abbildung 1), so zeigt sich, dass knapp
sich selbst erleben, verteilen sich sehr                       die Hälfte der Befragten (48,5 Prozent)
ungleich auf die zehn Antwortmöglichkeiten                     Werte zwischen 1 und 3 angeben (geringe
(s. Abbildung 1): Der Anteil der Personen,                     wahrgenommene Bedrohung durch die
die die Corona-Krise als eher geringe                          Corona-Krise). Werte zwischen 4 und 7,
Bedrohung einschätzt, ist deutlich größer als                  die ein mittleres Bedrohungserleben
der Anteil der Personen, die die Corona-                       widerspiegeln, werden von 42,3 Prozent
Krise als hohe Bedrohung einschätzt. Am
                                                               angegeben. Und schließlich gibt knapp
häufigsten werden die Werte 3 (23,5
                                                               jeder Zehnte (9,2 Prozent) einen Wert
Prozent) sowie die Skalenmitte 5 (16,9
                                                               über 7 und somit das Erleben einer hohen
Prozent) angegeben. Die Werte von 9 und
                                                               persönlichen Bedrohung an.
10, die ein extrem hohes

Abbildung 1: Wahrgenommene Bedrohung durch die Corona-Pandemie, Verteilung auf
             zehn Antwortkategorien von 1 (überhaupt keine Bedrohung für mich) bis 10
             (extreme Bedrohung für mich), Anteile in Prozent

                Geringe wahrgenommene            Mittlere                               Hohe
                       Bedrohung             wahrgenommene                         wahrgenommene
                     (Werte 1 bis 3)            Bedrohung                            Bedrohung
                                              (Werte 4 bis 7)                      (Werte 8 bis 10)

           30

           20
 Prozent

                                  23,5
           10
                                                       16,9
                          14,1
                 10,9                       11,3
                                                                  7,6    6,5     6,0
                                                                                         1,5     1,7
            0
                   1        2       3         4          5         6      7       8       9       10
            Überhaupt keine                                                               Extreme Bedrohung
           Bedrohung für mich                                                                  für mich

Quelle: DEAS 2020 (n=4.739), gewichtete Analysen, gerundete Angaben.
10                         Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Vergleicht man diese drei Gruppen,                Bildung: 41,8 Prozent; mittlere Bildung:
welche die Corona-Krise entweder als              48,4 Prozent; hohe Bildung: 49,5 Prozent).
wenig bedrohlich, mittel bedrohlich oder          Zudem sind es unter denjenigen mit
sehr bedrohlich wahrnehmen, nach                  niedriger und hoher Bildung (9,1 Prozent
verschiedenen Merkmalen (Alter,                   und 8,8 Prozent) weniger, die sich sehr
Geschlecht, Bildung, Infektionen im               bedroht fühlen, als bei den Personen mit
persönlichen Umfeld und Geschlecht;               niedriger Bildung (12,7 Prozent).
s. Abbildung 2), so zeigt sich folgendes
Bild: In der ältesten Gruppe (76 Jahre und        Dagegen scheint es keinen Unterschied
älter) ist der Anteil derjenigen, die sich        für das Bedrohungserleben zu machen, ob
wenig bedroht fühlen, etwas kleiner               Personen Infektionen mit dem Corona-
(46,3 Prozent) als bei den 46- bis 60-            Virus in ihrem näheren Umfeld erlebt
Jährigen (49,4 Prozent) und als bei den           haben oder nicht: Es sind jeweils um die
61- bis 75-Jährigen (48,4 Prozent).               50 Prozent (Infektionen im Umfeld ja: 47,6
Allerdings ist der Anteil an Personen, die        Prozent; Infektionen im Umfeld nein: 48,9
sich sehr bedroht fühlen, ebenfalls kleiner       Prozent), die sich wenig bedroht fühlen,
in der ältesten Gruppe (8,1 Prozent) als in       sowie unter 10 Prozent (Infektionen im
der jüngsten Gruppe (11,6 Prozent) und            Umfeld ja: 9,7 Prozent; Infektionen im
sehr ähnlich zur Gruppe der 61- bis 75-           Umfeld nein: 8,8 Prozent), die sich sehr
Jährigen (6,9 Prozent). Insgesamt sind            bedroht fühlen.
diese Altersunterschiede klein: In jeder          Menschen mit eingeschränkter subjektiver
Altersgruppe fühlen sich knapp die Hälfte         Gesundheit erleben die Corona-Pandemie
der Personen wenig bedroht, aber                  stärker als Bedrohung für sich selbst als
immerhin auch zwischen 7 und 12 Prozent           Personen, die ihre Gesundheit als gut
stark bedroht.                                    oder sehr gut bewerten
                                                  Am deutlichsten fallen die Unterschiede
Beim Vergleich von Frauen und Männern             nach subjektivem Gesundheitszustand
fällt auf, dass sich mehr Männer (51,4            aus: Während mehr als die Hälfte (56,8
Prozent) als Frauen (45,7 Prozent) wenig          Prozent) der Personen mit sehr guter oder
bedroht fühlen. Allerdings fühlen sich auch       guter subjektiver Gesundheit die
etwas mehr Männer (9,6 Prozent) als               Bedrohung als gering wahrnimmt, sind es
Frauen (8,9 Prozent) sehr bedroht. Dieser         bei Personen mit mittlerer bis schlechter
Geschlechterunterschied ist jedoch                Gesundheit mit 37 Prozent deutlich
vernachlässigbar, Frauen und Männer               weniger. Hier liegen die Gruppen also um
fühlen sich also offenbar in einem sehr           20 Prozentpunkte auseinander.
ähnlichen Ausmaß durch die Pandemie               Umgekehrt fühlen sich 5 Prozent der
bedroht.                                          Personen mit sehr guter bis guter
                                                  Gesundheit stark bedroht, bei den
Zudem gibt es Unterschiede nach Bildung:
                                                  Personen mit mittlerer bis schlechter
Mit steigender Bildung wird der Anteil
                                                  Gesundheit sind es mit 15,4 Prozent
derjenigen größer, die sich wenig bedroht
                                                  ungefähr dreimal so viele.
durch die Pandemie fühlen (niedrige
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                                                       11

Abbildung 2: Wahrgenommene Bedrohung durch die Corona-Pandemie nach Alter,
             Geschlecht, Bildung, Infektionen im persönlichen Umfeld und subjektivem
             Gesundheitszustand, Anteile in Prozent

                          Inwiefern empfinden Sie die Corona-Krise derzeit als
                                      Bedrohung für sich selbst?

               Insgesamt                         48,4                                  42,3                   9,2
                     Alter
                76+Jahre                        46,3                                   45,6                   8,1
             61-75 Jahre                         48,4                                   44,6                   6,9
             46-60 Jahre                         49,4                                  38,9                 11,6
             Geschlecht
                   Frauen                      45,7                                    45,4                   8,9
                  Männer                           51,4                                   39,0                9,6
                 Bildung
                   Niedrig                    41,8                                 45,5                     12,7
                     Mittel                      48,4                                  42,5                   9,1
                     Hoch                          49,5                                 41,7                  8,8
  Infektion im Umfeld
                         Ja                     47,6                                   42,7                   9,7
                      Nein                       48,9                                   42,4                  8,8
Subjektive Gesundheit
      Mittel bis schlecht                   37,0                                47,6                       15,4
             Sehr gut/gut                            56,8                                     38,2              5,0

                              0               20               40               60                 80              100

                                                                    Prozent
            Geringe Bedrohung                          Mittlere Bedrohung                        Hohe Bedrohung

Quelle: DEAS 2020 (n=4.739), gewichtete Analysen, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant für Alter
und subjektive Gesundheit (p
12                                  Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Subjektive Einflussmöglichkeiten auf das Corona-Infektionsrisiko
Die Mehrheit hat das Gefühl, die                                  in dem Wertebereich 6 und 7, der hohe
Ansteckungsgefahr durch das Corona-Virus                          wahrgenommene Einflussmöglichkeiten
zumindest in einem mittleren Ausmaß selbst                        widerspiegelt, mehr als ein Fünftel (22,9
beeinflussen zu können                                            Prozent). Knapp zwei Drittel (64,9 Prozent)
                                                                  geben Werte zwischen 3 und 5 an und
Die Antworten auf die Frage, inwieweit
                                                                  liegen somit im Bereich mittlerer
Personen das Gefühl haben, eine Infektion
                                                                  wahrgenommener Einflussmöglichkeiten.
mit dem Corona-Virus selbst beeinflussen
                                                                  Am häufigsten wird der Wert 5 angegeben
zu können, verteilen sich sehr ungleich auf
                                                                  (32 Prozent), während die
die sieben Antwortmöglichkeiten
                                                                  Extremausprägungen 1 (überhaupt kein
(s. Abbildung 3): Während mehr als jeder
                                                                  Einfluss: 7,3 Prozent) und 7 (völliger
Zehnte (12,2 Prozent) den Wert 1 oder 2
                                                                  Einfluss: 6,1 Prozent) jeweils von weniger
angibt, also eher geringe
                                                                  als 10 Prozent der Befragten angegeben
Einflussmöglichkeiten für sich sieht, liegen
                                                                  werden.

Abbildung 3: Subjektive Einflussmöglichkeiten auf das Corona-Infektionsrisiko, Verteilung
             auf sieben Antwortkategorien von 1 (überhaupt nicht) bis 7 (voll und ganz),
             Anteile in Prozent

                    Geringe subjektive              Mittlere subjektive               Hohe subjektive
                    Einflussmöglichkeit             Einflussmöglichkeit              Einflussmöglichkeit
                      (Werte 1 bis 2)                 (Werte 3 bis 5)                  (Werte 6 bis 7)

           40

           30
 Prozent

           20
                                                                          32,0

           10                                               20,7
                                                                                      16,8
                                             12,1
                      7,3                                                                          6,1
                                  4,9
           0
                      1            2           3              4             5          6            7
                Überhaupt nicht                                                               Voll und ganz

Quelle: DEAS 2020 (n=4.604), gewichtete Analysen, gerundete Angaben.
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                          13

Vergleicht man diese drei Gruppen, die           als 7 Prozent bei Personen mit hoher
entweder einen geringen, mittleren oder          Bildung um 10 Prozentpunkte kleiner.
hohen Einfluss auf eine Ansteckung mit           Dafür nehmen mehr Personen mit hoher
dem Corona-Virus erleben, gemäß                  Bildung einen mittleren oder hohen
verschiedener Merkmale (s. Abbildung 4),         Einfluss wahr als Personen mit niedriger
zeigt sich folgendes Muster: Was das             oder mittlerer Bildung.
Lebensalter betrifft, sind es offenbar die
„jungen Alten“ im Altersbereich zwischen         Ob Infektionen im persönlichen Umfeld
61 und 75 Jahren, die ihren Einfluss             aufgetreten sind, ist offenbar weniger
tendenziell am höchsten einschätzen. In          relevant für den wahrgenommenen
dieser Gruppe nimmt ein niedrigerer Anteil       Einfluss: Bei Personen, die keine
(9,3 Prozent) seinen Einfluss als gering         Infektionen im näheren Umfeld erlebt
wahr als in der ältesten Gruppe (16,5            haben, nehmen etwas mehr einen
Prozent) und in der jüngsten Gruppe (12,8        geringen Einfluss wahr (12,2 Prozent) als
Prozent). Bei diesen „jungen Alten“ gibt es      bei Personen mit Infektionen im
zudem mehr Personen, die einen mittleren         persönlichen Umfeld (9,9 Prozent). Dies
Einfluss wahrnehmen (67,2 Prozent) als           gleicht sich jedoch dadurch aus, dass
bei den über 76-Jährigen (60,8 Prozent)          auch mehr Personen innerhalb derer, die
sowie den 46- bis 60-Jährigen (64,7              keine Infektionen im Umfeld berichten,
Prozent). Dagegen sind die Anteile               einen hohen Einfluss erleben (23,9
derjenigen mit einem hohen                       Prozent) als bei den Personen mit
Einflusserleben in allen drei Gruppen            Infektionen im persönlichen Umfeld (17,8
ähnlich, sie liegen im Bereich zwischen 20       Prozent).
und 25 Prozent.                                  Schließlich zeigen sich auch für den
Kein Unterschied im wahrgenommenen               subjektiven Einfluss Unterschiede in
Einfluss tritt zwischen Frauen und               Abhängigkeit der selbst eingeschätzten
Männern auf. Mehr als jede fünfte Frau           Gesundheit: Bei guter subjektiver
und jeder fünfte Mann glauben, einen             Gesundheit nehmen mehr Personen (24,5
hohen Einfluss auf eine mögliche                 Prozent) einen hohen Einfluss wahr als bei
Ansteckung zu haben, während etwas               weniger guter subjektiver Gesundheit
mehr als jede zehnte Frau und jeder              (20,9 Prozent). Ebenso glauben mehr
zehnte Mann der Meinung sind, ihr                Personen (14,3 Prozent) mit mittlerer bis
Einfluss sei gering.                             schlechter subjektiver Gesundheit, dass
                                                 sie einen geringen Einfluss auf eine
Bildung spielt dagegen durchaus eine             mögliche Ansteckung haben, während es
Rolle für den erlebten Einfluss: Während         bei den Personen mit sehr guter oder
dieser bei ca. 17 Prozent der Personen mit       guter subjektiver Gesundheit weniger sind
niedriger und mittlerer Bildung gering           (10,6 Prozent).
ausgeprägt ist, ist dieser Anteil mit weniger
14                                  Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Abbildung 4: Subjektive Einflussmöglichkeiten auf das Corona-Infektionsrisiko nach Alter,
             Geschlecht, Bildung, Infektionen im persönlichen Umfeld und subjektivem
             Gesundheitszustand, Anteile in Prozent

                Inwieweit haben Sie das Gefühl, dass Sie selbst beeinflussen
              können, ob Sie sich mit dem Corona-Virus anstecken oder nicht?

               Insgesamt           12,3                         64,9                                22,9
                     Alter
                76+Jahre            16,5                           60,8                             22,7
             61-75 Jahre          9,3                          67,2                                 23,5
             46-60 Jahre           12,8                           64,7                              22,4
             Geschlecht
                  Frauen           12,8                         64,1                                23,1
                  Männer           11,6                         65,7                                22,7
                 Bildung
                  Niedrig           16,9                            62,0                             21,2
                     Mittel         16,8                            61,3                             21,9
                     Hoch         6,4                        69,3                                   24,3
  Infektion im Umfeld
                        Ja         9,9                            72,3                                17,8
                     Nein          12,2                         64,0                                23,9
Subjektive Gesundheit
      Mittel bis schlecht           14,3                          64,8                               20,9
            Sehr gut/gut          10,6                         64,9                                24,5

                              0              20              40               60              80              100

                                                                   Prozent
           Geringer Einfluss                         Mittlerer Einfluss                       Großer Einfluss

Quelle: DEAS 2020 (n=4.604), gewichtete Analysen, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede für Bildung und subjektive
Gesundheit statistisch signifikant (p
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                                                15

Zusammenhang zwischen wahrgenommener Bedrohung und subjektiven
Einflussmöglichkeiten auf das Infektionsrisiko
Wahrgenommene Bedrohung und subjektive                        denen, die eine niedrige (58,3 Prozent)
Einflussmöglichkeiten hängen nur schwach                      oder hohe (49,1 Prozent) Bedrohung
miteinander zusammen                                          angeben. In der Gruppe derer, die sich
                                                              sehr bedroht fühlen, nehmen mehr
Wie hängen das Bedrohungserleben und
                                                              Personen einen hohen Einfluss wahr (31,5
der wahrgenommene Einfluss auf eine
                                                              Prozent) als in den anderen Gruppen (bei
mögliche Ansteckung zusammen? Es gibt
                                                              geringer Bedrohung: 27,6 Prozent; bei
einen positiven Zusammenhang (mehr
                                                              mittlerer Bedrohung: 15,8 Prozent).
wahrgenommene Einflussmöglichkeiten
                                                              Gleichzeitig erleben jedoch in dieser
bei stärkerem Bedrohungserleben), der
                                                              Gruppe auch mehr Personen einen
jedoch komplex ist und nicht deutlich
                                                              geringen Einfluss (19,5 Prozent) als in den
ausfällt (s. Abbildung 5): Mehr Personen
                                                              anderen Gruppen (bei geringer
nehmen einen mittleren Einfluss wahr,
                                                              Bedrohung: 14,1 Prozent; bei mittlerer
wenn sie auch eine mittlere Bedrohung
                                                              Bedrohung: 8 Prozent).
angeben (76,2 Prozent) im Vergleich zu

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen der Bewertung der persönlichen Bedrohung und
             dem wahrgenommenen Einfluss auf eine Ansteckung mit dem Corona-Virus,
             Anteile in Prozent

          100
                                                                                               Großer Einfluss
                                             15,8
                                                                                               Mittlerer Einfluss
                     27,6                                            31,5                      Geringer Einfluss
           80

           60
Prozent

                                             76,2
                     58,3                                            49,1
           40

           20

                                                                     19,5
                     14,1
                                              8,0
            0
                   Geringe                 Mittlere                 Hohe
                  Bedrohung               Bedrohung               Bedrohung

Quelle: DEAS 2020 (n=4.594), gewichtete Analysen, gerundete Angaben, der Zusammenhang von Bedrohungserleben und
subjektivem Einfluss ist statistisch signifikant (p
16                                  Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Wahrnehmung der Corona-Krise und subjektives Wohlbefinden
Personen, die sich durch die Corona-Krise                        Es zeigt sich in der Tat ein deutlicher
stärker bedroht fühlen und die weniger                           Zusammenhang (Abbildung 6): Je
Einflussmöglichkeiten auf eine mögliche                          geringer die Bedrohung durch die Corona-
Ansteckung mit dem Corona-Virus sehen,                           Krise eingeschätzt wird, desto größer sind
sind weniger zufrieden mit ihrem Leben und                       die Anteile derer, die eine hohe
häufiger depressiv verstimmt                                     Lebenszufriedenheit berichten. Mehr als
                                                                 80 Prozent der Personen mit geringer
Das Ausmaß, in dem sich Personen von
                                                                 erlebter Bedrohung sind sehr zufrieden mit
der Corona-Krise bedroht fühlen sowie in
                                                                 ihrem Leben, bei denjenigen mit hoher
dem sie Einfluss auf eine mögliche
                                                                 erlebter Bedrohung sind es nur 50
Ansteckung erleben, hängt womöglich
                                                                 Prozent, und damit mehr als 30
damit zusammen, wie zufrieden sie mit
                                                                 Prozentpunkte weniger. Ähnlich deutlich
ihrem Leben sind und ob sie depressive
                                                                 fallen die Unterschiede in den depressiven
Symptome aufweisen. Um dies zu
                                                                 Symptomen aus: Während weniger als 10
untersuchen, wurde verglichen, welche
                                                                 Prozent der Personen, die eine geringe
Anteile von Personen mit niedriger,
                                                                 Bedrohung wahrnehmen, ausgeprägte
mittlerer und hoher erlebter Bedrohung
                                                                 depressive Symptome aufweisen, sind es
sowie von Personen mit geringem,
                                                                 mit 37,6 Prozent in der Gruppe derer, die
mittlerem und hohem subjektiven Einfluss
                                                                 sich stark bedroht fühlen, mehr als fünfmal
auf das Ansteckungsrisiko eine hohe
                                                                 so viele.
Lebenszufriedenheit berichten bzw.
ausgeprägte depressive Symptome
aufweisen.

Abbildung 6: Lebenszufriedenheit und depressive Symptome nach Bewertung der
             persönlichen Bedrohung, Anteile in Prozent

           100
                                                                                                 Hohe Bedrohung
                                                                                                 Mittlere Bedrohung
            80
                                                                                                 Geringe Bedrohung

            60
 Prozent

            40                        82,9
                             77,8

                   50,1
            20                                           37,6

                                                                   13,6
                                                                             7,1
             0
                          Hohe                              Ausgeprägte
                    Lebenszufriedenheit                 depressive Symptome

Quelle: DEAS 2020 (Lebenszufriedenheit: n=4.729, Depressivität: n=4.720), gewichtete Analysen, gerundete Angaben,
Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                                                    17

Nicht ganz so deutlich, aber ebenfalls sehr                      Einfluss erleben (65,1 Prozent). Ebenso ist
markant fallen die Unterschiede im                               der Anteil an Personen mit ausgeprägten
Wohlbefinden in Abhängigkeit des erlebten                        depressiven Symptomen fast doppelt so
Einflusses auf die Ansteckung mit dem                            hoch bei denen mit geringem erlebten
Corona-Virus aus: Wesentlich mehr                                Einfluss (18,2 Prozent) im Vergleich zu
Personen unter denjenigen, die einen hohen                       denen, die einen hohen Einfluss auf eine
subjektiven Einfluss berichten, sind mit                         mögliche Ansteckung wahrnehmen (10,7
ihrem Leben sehr zufrieden (81,3 Prozent),                       Prozent).
als bei denjenigen, die einen geringen

Abbildung 7: Lebenszufriedenheit und depressive Symptome nach subjektivem Einfluss auf
             eine mögliche Ansteckung mit dem Corona-Virus, Anteile in Prozent

           100
                                                                                                 Geringer Einfluss
                                                                                                 auf Ansteckung
            80                                                                                   Mittlerer Einfluss
                                                                                                 auf Ansteckung
                                                                                                 Großer Einfluss
            60                                                                                   auf Ansteckung
 Prozent

            40               78,5     81,3
                   65,1

            20

                                                         18,2
                                                                   12,3     10,7
             0
                          Hohe                              Ausgeprägte
                    Lebenszufriedenheit                 depressive Symptome

Quelle: DEAS 2020 (Lebenszufriedenheit: n=4.593, Depressivität: n=4.586), gewichtete Analysen, gerundete Angaben,
Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
18                         Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

Fazit
Die Ergebnisse zu wahrgenommener                  bestätigen auch andere Studien, die zeigen,
Bedrohung und subjektiven                         dass die Angst vor Covid-19 relativ
Einflussmöglichkeiten auf eine Ansteckung         unabhängig vom Alter ist (Pearman,
mit dem Corona-Virus zeigen: Die meisten          Hughes, Smith, & Neupert, 2020).
Personen, ungefähr 91 Prozent, fühlen sich
in einem geringen bis mittleren Ausmaß            Das bedeutet auch: Auch wenn das Risiko
bedroht durch die Pandemie, und die               schwerer Covid-19-Krankheitsverläufe mit
meisten Menschen (88 Prozent) erleben             dem Alter ansteigt, verbietet sich eine
mittlere bis hohe Einflussmöglichkeiten, um       paternalistische Haltung gegenüber älteren
sich selbst vor einer Infektion zu schützen.      Personen und deren pauschale
Die Ergebnisse zeigen jedoch auch: Knapp          Stigmatisierung als besonders verletzliche
jeder Zehnte fühlt sich durchaus stärker          Gruppe. Vor dem Virus müssen letztlich alle
bedroht, und ebenso gibt mehr als ein             Bevölkerungsgruppen geschützt werden,
Zehntel der Personen an, wenig Einfluss auf       denn es gibt ja auch bedeutsame
eine mögliche Ansteckung mit dem Corona-          Risikomerkmale (wie bestimmte
Virus zu haben.                                   Vorerkrankungen) jenseits des
                                                  chronologischen Alters von 50 bis 60
Die Rolle des Lebensalters für                    Jahren, ab dem etwa das Robert-Koch-
Bedrohungserleben und subjektive                  Institut ältere Menschen zur Risikogruppe für
Einflussmöglichkeiten                             schwere Verläufe einer Covid-19-
                                                  Erkrankung einordnet (Robert-Koch-Institut,
Wie kann man diejenigen charakterisieren,         2020). Ebenso müssen alle
die sich stark bedroht fühlen von der             Bevölkerungsgruppen dazu beitragen,
Pandemie? Personen mit höherer Bildung            andere und sich selbst zu schützen. Zu
fühlen sich weniger stark bedroht durch die       Beginn der Corona-Pandemie wurden
Corona-Krise als Personen mit niedrigerer         Befürchtungen geäußert, dass es zu einer
Bildung. Dagegen unterscheiden die                Zunahme von Altersdiskriminierung und
Faktoren Lebensalter, Geschlecht, Corona-         Generationenkonflikten kommen könnte
Infektionen im eigenen Umfeld kaum                (Ayalon et al., 2020; Ehni & Wahl, 2020;
zwischen Personen, die ein höheres vs. ein        Meisner, 2020), und es gibt inzwischen auch
niedrigeres Bedrohungserleben haben. Dies         Befunde, die diese Befürchtung bestätigen
bedeutet auch: In jedem Lebensalter und bei       (Jimenez-Sotomayor et al., 2020).
Männern wie bei Frauen gibt es einen Anteil       Altersdiskriminierung und pessimistische
an Personen von über 10 Prozent, die sich         gesellschaftliche Altersbilder wirken sich
sehr bedroht fühlen.                              bekanntermaßen negativ darauf aus, wie
                                                  Menschen ihr eigenes Älterwerden erleben,
Personen im mittleren Erwachsenenalter
                                                  und dies wiederum hat schädliche
fühlen sich nicht zwingend weniger bedroht
                                                  Konsequenzen für das Wohlbefinden, die
als ältere Personen. Dies mag auf den
                                                  Gesundheit und sogar die Lebenserwartung
ersten Blick überraschen, da ältere
                                                  (Levy, Slade, Chang, Kannoth, & Wang,
Personen ja objektiv ein höheres Risiko für
                                                  2020; Westerhof & Wurm, 2015). Um also zu
schwere und sogar tödliche Covid-19-
                                                  verhindern, dass sich negative Altersbilder
Krankheitsverläufe haben. Dennoch sind
                                                  etablieren und die beschriebenen widrigen
ältere Menschen offenbar überwiegend dazu
                                                  Konsequenzen mit sich bringen, ist es
in der Lage, mit dieser Bedrohungssituation
                                                  wichtig, dass Politik und Medien einseitigen
umzugehen, ohne allzu besorgt zu sein.
                                                  Altersbildern entgegentreten, welche die
Lebenserfahrung und in der Vergangenheit
                                                  Verletzlichkeit älterer Menschen
gemeisterte Krisen könnten hier Faktoren
                                                  überbetonen. Vielmehr können die meisten
sein, die älteren Menschen dazu verhelfen,
                                                  älteren Personen mit der Krise umgehen, sie
sich nicht allzu bedroht zu fühlen. Dies
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                            19

sind nicht übermäßig belastet und nicht          Krankheitsverläufe (Robert-Koch-Institut,
besorgter als jüngere Personen.                  2020). Der selbsteingeschätzte
                                                 Gesundheitszustand sowie Sorgen um die
Beim wahrgenommenen Einfluss auf eine            eigene Gesundheit sind also von hoher
mögliche Ansteckung mit dem Corona-Virus         Relevanz für Ängste und
zeigt sich das Muster, dass offenbar „junge      Bedrohungserleben während der Corona-
Alte“ (61-75 Jahre) einen stärkeren Einfluss     Pandemie (Jungmann & Witthöft, 2020;
auf eine mögliche Ansteckung wahrnehmen          Traunmüller et al., 2020). Menschen mit
als „alte Alte“ (über 75 Jahre), aber auch als   eingeschränkter subjektiver Gesundheit
Personen im mittleren Erwachsenenalter           sollten daher auch und gerade in Zeiten der
(46-60 Jahre). Auch Bildung spielt eine Rolle    Corona-Pandemie optimal medizinisch
für den wahrgenommenen Einfluss:                 versorgt und behandelt werden. Auch im
Personen mit höherer Bildung glauben eher,       Alltag sollten diese Personen mit
dass sie einen Einfluss auf eine mögliche        gesundheitlichen Einschränkungen dabei
Ansteckung mit dem Corona-Virus haben.           unterstützt werden, ihr Ansteckungsrisiko zu
Tatsächlich geht höhere Bildung mit              minimieren. Maßnahmen wie das Tragen
gewissen Schutzfaktoren vor einer                von Mund-Nasen-Schutz und das Einhalten
Ansteckung, etwa der Möglichkeit von Home        des Mindestabstands tragen dazu bei, auch
Office, einher (Schröder et al., 2020). Mehr     diese Personengruppe zu schützen – wenn
sollte getan werden, damit auch Personen         sie konsequent und von allen eingehalten
mit niedrigerer Bildung, die häufig in           werden.
exponierteren Berufen tätig sind, ein
niedrigeres Infektionsrisiko mit dem Corona-     Der Zusammenhang zwischen
Virus haben und wahrnehmen. Dies könnten         Bedrohungserleben und subjektiven
neben dem Arbeiten im Home Office, soweit        Einflussmöglichkeiten
möglich, auch schützende Maßnahmen für
bestimmte Berufsgruppen sein, wie sie            Interessanterweise sind Bedrohungserleben
teilweise bereits ergriffen wurden (etwa eine    und wahrgenommener Einfluss relativ
stärkere räumliche Trennung zwischen             unabhängig voneinander. Tendenziell
Dienstleistern wie Verkäufern und Kunden;        nehmen sogar etwas mehr Personen einen
Ausstattung mit hochwertiger                     großen Einfluss auf ihr Ansteckungsrisiko
Schutzausrüstung wie Masken,                     wahr, wenn sie sich stärker bedroht fühlen.
Bereitstellung von Schnelltests in besonders     Möglicherweise sind Menschen mit hohem
gefährdeten Einrichtungen).                      Bedrohungserleben besonders konsequent
                                                 in Bezug auf schützende Maßnahmen wie
Die Rolle der subjektiven Gesundheit für         dem Tragen von Masken und dem
Bedrohungserleben und subjektive                 Abstandhalten, sodass sie in der Folge
Einflussmöglichkeiten                            einen höheren Einfluss auf ihr
                                                 Ansteckungsrisiko wahrnehmen. Gleichzeitig
Deutlicher als alle anderen Faktoren hängt       ist jedoch auch der Anteil derjenigen, die
die subjektive Gesundheit mit dem Erleben        einen geringen Einfluss wahrnehmen, am
von Bedrohung und Einfluss zusammen:             größten in der Gruppe, die sich sehr bedroht
Personen, die sich weniger gesund fühlen,        fühlen, was zeigt, dass es hier keinen ganz
erleben auch die Pandemie für sich als           eindeutigen Zusammenhang gibt. Bedroht
bedrohlicher und nehmen geringere                fühlen können sich auch Menschen, die
Einflussmöglichkeiten auf eine potenzielle       zuversichtlich sind, dass sie sich selbst nicht
Ansteckung mit dem Covid-19-Virus wahr.          mit dem Corona-Virus anstecken werden,
Dies ist plausibel, da Personen, die sich        denn die Pandemie kann ja nicht nur als
weniger gesund fühlen, im Allgemeinen auch       Bedrohung der eigenen Gesundheit erlebt
weniger gesund sind, und bestimmte               werden, sie kann darüber hinaus auch den
Vorerkrankungen sind ja in der Tat ein           Arbeitsplatz, die finanzielle Situation oder die
Risikofaktor für schwere Covid-19-
20                         Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

sozialen Beziehungen von Menschen                 schützen, haben gesteigerte, durch die
gefährden.                                        Pandemie ausgelöste Sorgen womöglich
                                                  negative Konsequenzen für die
Was bedeutet es, wenn sich Menschen               Lebensqualität. Unsere Ergebnisse zeigen,
wenig bedroht oder sehr bedroht durch die         dass dies ungefähr jeweils um die zehn
Pandemie fühlen? Im Allgemeinen scheinen          Prozent der Personen in der zweiten
Menschen tendenziell ihr Risiko zu                Lebenshälfte betrifft, die sich stark bedroht
überschätzen, lebensgefährlich an Covid-19        fühlen und die wenig Kontrolle über eine
zu erkranken (Hertwig, Liebig, Lindenberger,      mögliche Ansteckung erleben und die
& Wagner, 2020). Dies könnte einerseits           ebenso eine geringere Lebenszufriedenheit
positive Auswirkungen haben, weil diese           und mehr depressive Symptome berichten.
Personen möglicherweise besonders                 Allerdings ist ebenso möglich, dass
vorsichtig in ihrem Alltag sind und sich          depressive Symptome zu einem erhöhten
konsequenter vor einer möglichen                  Bedrohungserleben führen, oder dass sich
Ansteckung schützen. Andererseits können          beide Faktoren gegenseitig beeinflussen.
übersteigerte Sorgen die psychische
Gesundheit gefährden. Politik und Medien          Zusammenfassung
sollten daher ausgewogen über die
Gefährdung durch Covid-19 informieren.            Zusammenfassend lässt sich also
Leichtsinn und Panik in der Bevölkerung           feststellen: Die meisten Personen in der
sind gleichermaßen zu vermeiden. Zudem            zweiten Lebenshälfte fühlen sich von der
haben diejenigen, die sich gut über die           Pandemie nicht übermäßig bedroht, und sie
Pandemie und das Corona-Virus informiert          halten auch einen eigenen Einfluss über
fühlen und mit den verfügbaren                    eine eigene Ansteckung in einem gewissen
Informationen zufrieden sind, tendenziell         Ausmaß für möglich. Nichtsdestotrotz gibt es
auch weniger Angst vor diesem Virus               in jeder Bevölkerungsgruppe Personen, die
(Jungmann & Witthöft, 2020; Traunmüller et        sich stärker bedroht fühlen und glauben,
al., 2020).                                       weniger Einfluss auf eine Ansteckung zu
                                                  haben.
Wahrnehmung der Corona-Krise und
subjektives Wohlbefinden                          Unterschiede im Bedrohungs- und
                                                  Einflusserleben hängen nur gering mit dem
Personen mit sehr starker                         Lebensalter zusammen. Vielmehr sind es
Bedrohungswahrnehmung und sehr                    diejenigen, die sich weniger gesund fühlen,
geringem Einflusserleben sind psychisch           die sich sowohl stärker bedroht fühlen durch
stärker belastet, wie andere Studien, die         die Pandemie als auch eher glauben, wenig
während der Corona-Pandemie durchgeführt          Einfluss auf eine mögliche Ansteckung mit
wurden (Kivi et al., 2020; Losada-Baltar et       Covid-19 zu haben. Einen geringeren
al., 2020; Zacher & Rudolph, 2020),               Einfluss nehmen auch Niedrig- und
nahelegen. Auch unsere Befunde zeigen,            Mittelgebildete gegenüber Hochgebildeten
dass das Wohlbefinden, erfasst über               wahr. Diese Gruppen, Personen mit
Lebenszufriedenheit und depressive                eingeschränkter subjektiver Gesundheit und
Symptome, derjenigen Personen niedriger           mit niedrigerer Bildung, müssen noch besser
ist, die sich stärker durch die Pandemie          dabei unterstützt werden, ihr Infektionsrisiko
bedroht fühlen und die einen geringeren           zu minimieren und ohne allzu hohe
Einfluss auf eine mögliche Ansteckung             Besorgnis durch die anhaltende Corona-
wahrnehmen. Auch wenn ein nicht                   Krise zu kommen. Medizinische
bagatellisierendes Bedrohungserleben und          Maßnahmen, die zu einer besseren –
eine realistische Einschätzung der eigenen –      wahrgenommenen und tatsächlichen –
durchaus auch begrenzten –                        Gesundheit führen, sind hier ebenso wichtig
Einflussmöglichkeiten sicherlich                  wie Maßnahmen, durch die Menschen einen
angemessen sind und vor Leichtsinn                höheren persönlichen Einfluss auf eine
Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?                        21

mögliche Ansteckung erleben (z. B.               Sicherlich hat dies dazu beigetragen, dass
Möglichkeit von Home Office, Unterstützung       sich im Juni und Juli nur wenige Menschen
von anderen etwa durch Übernahme von             stark durch die Pandemie bedroht fühlten.
Einkäufen etc.).                                 Das Erleben von Bedrohung und Kontrolle
                                                 ist dynamisch und sehr wahrscheinlich stark
Zu den beschriebenen Studienergebnissen          abhängig von Rahmenbedingungen wie den
ist festzuhalten, dass diese eine                aktuellen Infektionszahlen und -trends.
Momentaufnahme aus dem Sommer (Juni              Wiederholte Messungen sind nötig, um
und Juli) des Jahres 2020 darstellen. In         diese Dynamik abzubilden, und auch um
diesem Zeitraum waren etliche Maßnahmen          besser zu verstehen, welche Faktoren
zur Eingrenzung des Virus bereits wieder         Veränderungen im Bedrohungs- und
gelockert, und die Zahl an Personen, die am      Kontrollerleben während der Corona-Krise
Corona-Virus erkrankt waren, war niedrig.        vorhersagen.
22                          Wie erleben Menschen in der zweiten Lebenshälfte die Corona-Krise?

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Impressum

Markus Wettstein, Claudia Vogel, Sonja
Nowossadeck, Svenja M. Spuling, Clemens Tesch-
Römer: Wie erleben Menschen in der zweiten
Lebenshälfte die Corona-Krise? –
Wahrgenommene Bedrohung durch die Corona-
Krise und subjektive Einflussmöglichkeiten auf eine
mögliche Ansteckung mit dem Corona-Virus

Erschienen im November 2020.

DZA Aktuell ist ein Produkt des Deutschen
Zentrums für Altersfragen (DZA), Berlin. Das DZA
wird gefördert durch das Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

www.dza.de
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