ECKPUNKTE STRUKTURREFORM PFLEGE UND TEILHABE II - PFLEGEPOLITIK ALS GESELLSCHAFTSPOLITIK EIN BEITRAG ZUM PFLEGEPOLITISCHEN REFORMDISKURS

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ECKPUNKTE STRUKTURREFORM PFLEGE UND TEILHABE II - PFLEGEPOLITIK ALS GESELLSCHAFTSPOLITIK EIN BEITRAG ZUM PFLEGEPOLITISCHEN REFORMDISKURS
Thomas Klie
                                  Michael Ranft
                          Nadine-Michèle Szepan

ECKPUNKTE Strukturreform
  Pflege und Teilhabe II
    Pflegepolitik als Gesellschaftspolitik
         Ein Beitrag zum pflegepolitischen Reformdiskurs

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ECKPUNKTE STRUKTURREFORM PFLEGE UND TEILHABE II - PFLEGEPOLITIK ALS GESELLSCHAFTSPOLITIK EIN BEITRAG ZUM PFLEGEPOLITISCHEN REFORMDISKURS
Thomas Klie
Michael Ranft
Nadine-Michèle Szepan

ECKPUNKTE
Strukturreform
Pflege und Teilhabe II
Pflegepolitik als Gesellschaftspolitik
Ein Beitrag zum pflegepolitischen Reformdiskurs

                                                           ng
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ECKPUNKTE STRUKTURREFORM PFLEGE UND TEILHABE II - PFLEGEPOLITIK ALS GESELLSCHAFTSPOLITIK EIN BEITRAG ZUM PFLEGEPOLITISCHEN REFORMDISKURS
Vorwort                                                     mas Klie, Nadine-Michèle Szepan und Michael
                                                            Ranft erstellten Text „Strukturreform PFLEGE
                                                            und TEILHABE II“2 mit Blick auf die kommende
                                                            Legislatur ein Reformpapier vorgelegt – diesmal
Vor gut 25 Jahren wurde die Pflegeversicherung in           eingebunden in einen Diskussions- und Dialog-
Deutschland eingeführt. Sie war und ist eine so-            prozess, der seit Februar 2019 im Kuratorium
zialpolitische Errungenschaft, die den Dynamiken            Deutsche Altershilfe (KDA) verortet war und ist.
des demografischen Wandels Rechnung trägt, in-
dem sie „Pflegebedürftigkeit“ als allgemeines und           Ebenso wie in dem Papier 2013 steht der auf Pfle-
sozialstaatlich abzusicherndes Lebensrisiko ver-            ge angewiesene Mensch und sein Umfeld im Fo-
steht. Sie ist darauf angelegt, im Zusammenspiel            kus der pflege- und teilhabepolitischen Überle-
der unterschiedlichen staatlichen Ebenen – Bund,            gungen: Es kommt darauf an, dass Menschen mit
Länder, Kommunen und Sozialversicherungsträ-                Pflegebedarf und ihre An- und Zugehörigen Be-
ger – gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, den              dingungen guten Lebens vor Ort vorfinden, dass
beteiligten Professionen und Leistungserbringern            ihre Grund- und Menschenrechte gewahrt und
(Verbänden) fachliche, infrastrukturelle und finan-         ihnen ein sozial integriertes, ihren Präferenzen
zielle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass              und Weltanschauungen entsprechendes Leben
Menschen mit Pflegebedarf gut versorgt und Teil             ermöglicht wird – flankiert und ermöglicht durch
der Gesellschaft sind und bleiben.                          gute professionelle Unterstützung. Pflegende An-
                                                            gehörige dürfen nicht durch unzureichende Infra-
Die Pflegeversicherung befindet sich in einem               struktur und aus finanziellen Zwangslagen in ihrer
Prozess der dauerhaften Weiterentwicklung und               Entscheidung zur Übernahme von Pflegeaufga-
Anpassung an fachliche, aber auch demografische             ben bestimmt werden.
Dynamiken. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie
hat gezeigt: Eine grundlegende Reform der Pfle-             Die Bedeutung des Ortes, an dem Menschen
geversicherung ist unabweisbar:                             mit Pflegebedarf leben, wird in den Vordergrund
                                                            gerückt. Vor Ort, in den Kommunen und in den
• Gleichwertige Lebensverhältnisse für auf Pfle-            Lebenswelten von auf Pflege angewiesenen
  ge angewiesene Menschen und ihre An- und                  Menschen entscheidet sich, ob ein Leben mit
  Zugehörigen sind zu gewährleisten – das ist               Pflegebedarf gelingt.
  aktuell nicht der Fall.
• Die Menschenrechte von auf Pflege angewie-                Eine dritte Kontinuität zwischen dem hier vorge-
  senen Menschen sind wirksamer zu sichern –                legten und dem 2013 vorgestellten Papier liegt
  eine der Lektionen der Corona-Krise.                      in der Betonung sozialer Teilhabe. Inzwischen ist
• Der neuen Professionalität und Eigenständig-              das Bundesteilhabegesetz vollständig in Kraft
  keit der Pflege ist Rechnung zu tragen – das              getreten. Die paradigmatischen Orientierungen
  verlangt etwa die generalistische Ausbildung.             – Personenzentrierung, die methodische Aus-
• Sektorengrenzen sind zu überwinden – sie                  richtung – aushandlungsorientierte Teilhabepla-
  stehen in der Praxis bedarfsgerechten Versor-             nung, sowie die Perspektive der Partizipation,
  gungskonzepten im Wege.                                   der sozialen Zugehörigkeit und sozialen Teilhabe
• Ihre Finanzierung bedarf einer Revision – das             spielen auch für ein Leben mit Pflegebedarf eine
  hat auch Bundesgesundheitsminister Spahn                  elementare Rolle: auch das ist eine Lektion der
  (an)erkannt.                                              Corona-Pandemie.

Bereits 2013 hat ein Autorenteam mit breiter                Schließlich knüpft das Papier an Vorstellungen
fachlicher und fachpolitischer Unterstützung                sektorenübergreifender Versorgungs- und Infra-
ein Papier zur „Strukturreform von PFLEGE und               strukturen an, die auch beim Papier „Struktur-
TEILHABE“ – unterstützt durch die Robert Bosch              reform PFLEGE und TEILHABE I“ leitend waren.
Stiftung – veröffentlicht.1 Anknüpfend an die sei-          Insofern wird aufeinander bezogener Case und
nerzeit vorgelegten Reformvorschläge, die eine              Care Management-Strukturen, einer systema-
breite Resonanz fanden, wird mit dem von Tho-               tischen Sozialraumentwicklung und regionalen
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
1 Hoberg et al. 2013.
2 Klie et al. 2021.

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und kommunalen Planung besondere Bedeutung
zugemessen.                                                  2
                                                             Professionelle Pflege stärken
Das Papier erscheint mit Blick auf die kommende              und nutzen
Legislatur und enthält Bausteine für eine Pflege-
politik der 20. Legislaturperiode, die – so ist zu           Eine pflegefachliche Begleitung ist in jedem Pfle-
hoffen – dem Thema Pflege das Gewicht gibt, das              gesetting zu gewährleisten. Nicht zuletzt die Co-
es verdient als eines der Top-Themen der Sozial-,            rona-Pandemie hat gezeigt, wie maßgeblich ein
Familien- und Gesellschaftspolitik.                          wirksamer Gesundheitsschutz für die Gewährleis-
                                                             tung der gesundheitlichen Versorgung von dem
                                                             eigenständigen Beitrag der Profession der Pflege
                                                             abhängt. Jeder auf Pflege angewiesene Mensch
                                                             hat – unabhängig vom Status der Pflegebedürf-
Die neun Reformbausteine                                     tigkeit – ein Recht auf pflegefachliche Begleitung.
der Strukturreform PFLEGE                                    Dies muss in jedem Pflegesetting gewährleistet
                                                             werden und unabhängig sein von der gewählten
und TEILHABE II                                              Leistungsart oder -form. Die Steuerung des Pfle-
                                                             geprozesses ist gem. § 4 Pflegeberufegesetz eine

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                                                             Vorbehaltsaufgabe der Fachpflege. Sie ist als ei-
                                                             gener Leistungstatbestand in ihrer Bedeutung für
                                                             die Gewährleistung guter Pflege und des Gesund-
Vom Objekt zum Subjekt:                                      heitsschutzes im Leistungsrecht der gesetzlichen
Der Mensch, seine Bedarfe, seine                             Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu ver-
Präferenzen und seine Rechte stehen                          ankern.
im Mittelpunkt
Jeder auf Pflege angewiesene Mensch ist anders.
Jeder auf Pflege angewiesene Mensch hat ein Recht
und einen Anspruch darauf, dass seine Menschen-
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                                                             Sektorengrenzen überwinden:
und Grundrechte gewahrt werden. Es kommt darauf              Eine Pflegewelt ohne Barrieren
an, so das Credo des Papieres, dass sich die Leistun-
gen der Pflegeversicherung, aber auch der anderen            Eine effiziente, bedarfsgerechte und auf den So-
Leistungsträger konsequent an der Person orien-              zialraum hin ausgerichtete pflegerische Versor-
tieren, an seinen Ressourcen, seinen Präferenzen             gung muss die bisher dominanten System- und
und seinen Bedarfen. Es reicht nicht aus, auf Pflege         Sektorengrenzen zwischen ambulant und statio-
angewiesenen Menschen einen Pflegegrad zuzu-                 när, zwischen gesetzlicher Krankenversicherung
weisen. 52 Prozent der Pflegebedürftigen beziehen            und sozialer Pflegeversicherung überwinden.
Pflegegeld. Sie, aber auch alle anderen auf Pflege           Insofern gilt es, die Leistungen aus unterschied-
angewiesenen Menschen, verdienen eine aufmerk-               lichen Sektoren aufeinander zu beziehen, eine
same Begleitung und Beratung, die Präventions-               übergreifende Hilfeplanung zu institutionalisie-
und Rehabilitationspotentiale ebenso in den Blick            ren und auf diese Weise eine effiziente, perso-
nehmen, wie die Überlastung von pflegenden An-               nenzentrierte Versorgung zu ermöglichen. In der
gehörigen, Risiken fachlich unangemessener Pflege            Langzeitpflege wurden – nicht nur in den letzten
und Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen.                 Jahren, sondern vor allem in der aktuellen Legis-
Vorgeschlagen wird, dass die Aufgaben des Medi-              latur – die Sektorengrenzen zwischen ambulant
zinischen Dienstes (MD) erweitert werden. Durch              und stationär vertieft: Die vollstationäre Pflege
ein systematisches Risikoscreening der Lebens- und           folgt anderen Finanzierungsregeln als die häusli-
Pflegesituation im Begutachtungsverfahren lassen             che und ambulante Versorgung. Auch diese Sek-
sich rechtzeitig die benannten Risiken identifizieren,       torengrenzen gilt es im Sinne einer Pflegewelt
kann ihnen begegnet werden und kann man Men-                 ohne Sektoren zu überwinden. Dies kann durch
schen mit Pflegebedarf die Hilfe und Unterstützung           eine Angleichung der Finanzierungsbedingungen
angedeihen lassen, die ihnen eine bedarfsgerech-             und flexibilisierte, modularisierte respektive bud-
te, an ihren Präferenzen orientierte und ihre Men-           getbasierte Leistungen gelingen. In diesem Sin-
schenrechte schützende Begleitung eröffnet.                  ne werden vier für alle Sektoren gleichermaßen

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geltende Finanzierungssäulen der Langzeitpflege                   Versorgungsauftrag sich jeweils auf die Bedarfe
vorgeschlagen. Auch aus diesem Grund kann einer                   der Regionen respektive des Sozialraums bezie-
allein den stationären Bereich berücksichtigende                  hen. Der Sicherstellungsauftrag beschränkt sich
Finanzierungsreform, die nur ihr Augenmerk auf                    nicht auf die Vorhaltung von Heimplätzen, son-
eine Begrenzung der Eigenanteile richtet – nicht                  dern ist in dem Sinne einzulösen, dass auf Pfle-
zugestimmt werden. Eine Finanzreform darf nicht                   ge angewiesene Menschen dort, wo sie leben,
ohne eine Strukturreform bleiben (vgl. Abb. 1).                   auf entsprechende sie unterstützende vielfälti-
                                                                  ge Infrastrukturen zurückgreifen können. Dies

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                                                                  setzt voraus, dass die in den bisherigen Katego-
                                                                  rien als vollstationär, teilstationär und ambulant
                                                                  agierenden Akteure ihren Versorgungsauftrag
Innovation fördern, das Leistungs­                                erweitern können, dass neue und innovative
recht flexibilisieren: Vom Leistungs­                             Wohn- und Versorgungsformen unter zivilgesell-
komplex bis zum Budget                                            schaftlicher Beteiligung unterstützt und indivi-
                                                                  duelle Pflegearrangements ermöglicht werden.
Das Ziel, die Sektorengrenzen zu überwinden, ist                  Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Flexibili-
zu verbinden mit einer konsequent sozialraumo-                    sierung des Leistungserbringungsrechts vorge-
rientierten Infrastrukturentwicklung, in der der                  schlagen (vgl. Abb. 2).

Abb. 1: Strukturreform mit Finanzierungreform verbinden | Quelle: Klie 2021

Abb. 2: Leistungserbringungsrechtliche Optionen | Quelle: Klie 202o
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Effektive Pflege- und Teilhabegover­
                                                         die Rechtsansprüche, die die Pflegeversicherung
                                                         einräumt, einlösen können. Die Infrastrukturde-
                                                         fizite sind eklatant. Keinesfalls ist eine bedarfs-
nance: Case und Care Management                          deckende und präferenzorientierte pflegerische
regional gewährleisten                                   Infrastruktur gewährleistet. Die Einlösung des
                                                         gesetzlich geregelten Sicherstellungsauftrages
Eine subsidiär ausgerichtete Pflegesicherung un-         wird im geltenden Recht der Pflegeversicherung
terstützt solidarische Formen informeller Pflege         nicht eingelöst. Ohne eine Gesamtkonzeption
durch Beratung, Case Management und flankie-             der Infrastrukturverantwortung und die Sanktio-
rende sowie entlastende Unterstützung. Sie sorgt         nierung derselben sind gleichwertige Lebensbe-
schließlich für eine effiziente Kooperation der an       dingungen in der Pflege in Deutschland nicht zu
der Versorgung beteiligten Professionen und Ins-         gewährleisten. Eine unzureichende Infrastruktur
titutionen und dies in einer sektorenübergreifen-        geht auf Kosten der auf Pflege angewiesenen
den Perspektive. Um in diesem Sinne eine effizi-         Menschen und der pflegenden Angehörigen. Von
ente Governance vor Ort zu gewährleisten, sind           daher wird es für dringend erforderlich gehalten,
für besonders komplexe Fallkonstellationen Case          im Zusammenwirken von Bund, Ländern und
Management-Angebote vorzusehen und weiter-               Kommunen den Sicherstellungsauftrag auch und
zuentwickeln, die verbunden mit einem systema-           gerade dort, wo Marktmechanismen versagen
tischen regional verankerten und kommunalen              oder ihn gefährden, klar zu regeln, ein Monitoring
Care Management auf eine qualitätsgesicherte             über die bedarfsgerechte Infrastrukturentwick-
und bedarfsgerechte Infrastruktur einerseits und         lung und -prognose landesrechtlich zu verankern
effiziente Kooperationsstrukturen und Koordina-          und auf kommunaler Ebene Planungsverpflich-
tion andererseits hinwirken. Schließlich sind auf        tungen vorzusehen. Da es sich bei der Pflege um
regionaler und kommunaler Ebene datenbasier-             eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt,
te Planungsprozesse für die weitere Infrastruk-          sie davon lebt, dass sich die jeweilige örtliche Zi-
turentwicklung zu verankern. Die Länder haben            vilgesellschaft an der Sorgepolitik beteiligt, ist die
die Kommunen durch Aufbereitung relevanter               Planung stets unter Beteiligung der Bürgerschaft
Daten, die sich sowohl auf den Personalbedarf,           und zivilgesellschaftlichen Akteure zu gestalten.
als auch auf den Bedarf an unterschiedlichen

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Versorgungsformen beziehen, zu unterstützen.
Auf der Basis systematisch ausgewerteter Case
Management-Fälle, der in Care Management-Zu-
sammenhängen gewonnenen Erkenntnisse, mit                Pflege findet vor Ort statt: Kommu­
Hilfe verlässlicher und prognostischer Daten wer-        nale Handlungsebene stärken
den die Grundlagen für eine bedarfsorientierte In-
frastrukturentwicklung vor Ort geschaffen. Dies          Ob Pflege gelingt, ob ein gutes Leben mit Pflege-
gelingt im engen Zusammenwirken zwischen                 bedürftigkeit möglich ist, hängt zentral von den
Pflege- und Krankenkassen, Kommunen, Leis-               Lebensbedingungen, aber auch von den infra-
tungserbringern und der örtlichen Bürgerschaft           strukturellen Voraussetzungen vor Ort ab. Pflege
und Zivilgesellschaft. Infrastrukturdefizite, die        dient der Teilhabe, dient einem Leben, das dem
einer bedarfsgerechten Versorgung entgegenste-           pflegebedürftigen Menschen elementar bedeut-
hen, und notwendige und erfolgversprechende              same Dimensionen menschlichen Lebens sichert.
Innovationen sind durch die Kommunen aufzu-              Dazu gehört die Integration in Dorf- und Quar-
greifen.                                                 tierszusammenhänge, dazu gehören Teilhabeop-
                                                         tionen am kulturellen und gesellschaftlichen Le-

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                                                         ben, der Zugang zur Natur und die Bedeutsamkeit
                                                         in sozialer Interaktion. Ob und wie dies gelingt, ist
                                                         abhängig von der Sorgekultur und -struktur vor
Infrastrukturdefiziten begegnen:                         Ort. Insofern kommt den Gemeinden und Kreisen
Gleichwertige Lebensbedingungen in                       im Rahmen der Daseinsvorsorge eine zentrale
der Pflege schaffen                                      Funktion für die Gestaltung von Lebensbedin-
                                                         gungen für auf Pflege angewiesene Menschen zu.
Die Bürger*innen in Deutschland können keines-           Ihre Kompetenzen sind zu stärken und ihre Res-
wegs sicher sein, dass sie überall in Deutschland        sourcen zu verbessern.

                                                     5
8
Grenzen standardisierter Qualitäts­
                                                            9
                                                            Digitalisierungspotentiale nutzen und
sicherung: Investitionen in Innova­                         vom Bedarf der Menschen her entwi­
tionen fördern                                              ckeln
Das deutsche System der Langzeitpflege braucht              Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie
Innovation. Dies wird auch von der Bevölkerung              wichtig digitale Kommunikation und digitale Unter-
gefordert und präferiert. Sowohl die Hospize als            stützung in der Pflege sein können. Ob über Teleme-
auch ambulant betreute Wohngemeinschaften                   dizin, digitale Beratungstools, Instrumente digitaler
stehen für Innovationen in der Langzeitpflege.              Kommunikation bis hin zur sozialen Plattform sind
In ihnen verwirklichen sich Formen des Zusam-               die Potentiale der Digitalisierung auch für Pflege-
menwirkens von Profis, An- und Zugehörigen und              haushalte zu erschließen und dies in einer Weise, dass
der Zivilgesellschaft. In ihnen werden effiziente           (möglichst) alle Bürger*innen von den Potentialen
Formen gemeinsamer Sorge und geteilter Ver-                 der Digitalisierung in der Pflege profitieren können.
antwortung experimentiert. Das Walzbachtaler
Modell und Buurtzorg stehen für sozialraumori-              Diese neun Reformbausteine bilden den Kern des
entierte Konzepte, die die Solidaritätsressourcen           Papiers „Strukturreform PFLEGE und TEILHABE
des Ortes systematisch einbeziehen. Derartige               II“. Fragen mit einer Strukturreform verbundenen
Innovationen gilt es im Sinne der Einlösung der             Finanzierungsreform werden in der Langfassung3
Infrastrukturverantwortung ebenso zu stärken,               aufgegriffen. Dabei wird die Forderung erhoben,
wie die Entwicklung von Angeboten für bisher                keine Finanzierungsreform ohne Strukturreform
vernachlässigte Zielgruppen, wie etwa FTD-Be-               auf den Weg zu bringen. Der im Frühjahr 2021 vom
troffene, für junge Pflegebedürftige und Men-               BMG in die fachpolitische Diskussion beförderte Re-
schen mit Pflegebedarf, die über eine Migrations-           formvorschlag, der i.W. eine Deckelung des Eigen-
geschichte verfügen. Die lokale Kultur, aber auch           anteils von Heimbewohner*innen zum Gegenstand
bestimmte Formen der Diversität (LSBTTIQ)                   hat, vernachlässigt den dringenden Reformbedarf
verlangen nach besonderen Wohn- und Versor-                 in der häuslichen Pflege und hinsichtlich einer sek-
gungsformen. Nicht die Investition des Staates in           torenübergreifenden Versorgungsstruktur in der
Heimplätze, sondern vielmehr die Investitionen              Langzeitpflege. Auch Fragen der Personalgewin-
in die Infrastruktur ergänzende und sicherstel-             nung für die Langzeitpflege werden in der Langfas-
lende Innovationen sind gefragt. Hierfür sollte             sung behandelt. Dabei werden eine deutliche Erwei-
im Zusammenhang mit Konzepten regionaler in-                terung des Berufsgruppenkonzeptes und eine klare
tegrierter Versorgung im Gesundheitswesen ein               Profilierung der professionellen Pflege gefordert.
Innovationsfonds jenseits von Modellprojekten               Schließlich werden in der Langfassung auch die Be-
geschaffen werden.                                          lange pflegender Angehöriger in den Blick genom-
                                                            men, auf denen bis heute das System der deutschen
                                                            Pflegeversicherung kalkuliert ist.

                                                            Das Thema Langzeitpflege ist eine der wichtigsten
                                                            sozial-, gesellschafts- und familienpolitischen Fra-
                                                            gen unserer Zeit. Die Corona-Pandemie hat dies
                                                            allen vor Augen geführt. Wie schaffen wir im Gene-
                                                            rationen- und Geschlechterverhältnis faire Voraus-
                                                            setzungen für die soziale Sicherung von Pflege, wie
                                                            gelingt es vor Ort das Thema Bedingungen guten
                                                            Lebens für Menschen mit Pflegebedarf kulturell und
                                                            politisch zu verankern, wie kann die Versorgung im
                                                            Gesundheitswesen und der Langzeitpflege über die
                                                            Sektorengrenzen hinweg regional effizient gestal-
                                                            tet werden? Diese Themen sollten prominent auf
                                                            die Agenda einer Bundesregierung der 20. Legisla-
                                                            turperiode gehören.
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
3 Klie et al. 2021.
                                                        6
Zum Autorenteam
Prof. Dr. habil. Thomas Klie, geb. 1955 in Ham-            Kontakt:
burg, ist Professor für öffentliches Recht und Ver-        AGP Sozialforschung
waltungswissenschaften an der Evangelischen                Bugginger Straße 38
Hochschule Freiburg, Privatdozent an der Alpen             79114 Freiburg
Adria Universität Klagenfurt. Er leitet die For-           klie@eh-freiburg.de
schungsinstitute AGP Sozialforschung und das               Tel. 0761-47812-696
Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung in          www.thomasklie.de
Freiburg und Berlin, arbeitet als Rechtsanwalt, ist
Justitiar der VdPB in München und war Vorsitzen-
der der Zweiten Engagementberichtskommisson,
Mitglied in der 6. und 7. Altenberichtskommission
der Bundesregierung sowie der Zukunftskommis-
sion Niedersachsen 2030. Seit 2001 ist er Kurator
beim KDA.

Staatssekretär Michael Ranft, geb. 1957 in Bre-            Kontakt:
men, ist Verwaltungsjurist und politischer Beamter.        Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration
In den Jahren 1991 bis 2019 hatte Michael Ranft Lei-       und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
tungspositionen im Landtag Brandenburg sowie im            Henning-von-Tresckow-Straße 2-13
Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Frau-        14467 Potsdam
en und Familie des Landes Brandenburg inne.                sts.ranft@msgiv.brandenburg.de
Seit Dezember 2019 ist Michael Ranft Staatsse-             Tel. 0331-866-5007/5020
kretär für Soziales, Gesundheit und Integration im
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration
und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg.
Staatssekretär Michael Ranft ist seit 2019 Kurator
beim KDA.

Nadine-Michèle Szepan, geb. 1972 ist Diplom-               Kontakt:
Volkswirtin und seit 2010 Abteilungsleiterin für           KDA e.V.
den Bereich Soziale Pflegeversicherung und pfle-           Michaelkirchstr. 17-18
genahe Themen der gesetzlichen Krankenversi-               10179 Berlin
cherung im AOK-Bundesverband.                              nadine-michele.szepan@kda.de
                                                           Tel. 030-2218298-0
Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die systemische,
strategische und operative Gestaltung der sozi-
alen Pflegeversicherung und von pflegenahen
Themen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nadine-Michèle Szepan ist u.a. Kuratorin im Zen-
trum für Qualität in der Pflege (ZQP), Mitglied im
Fachausschuss Qualität in der Pflege bei der Deut-
schen Gesellschaft für Qualität (DGQ), Hauptaus-
schussmitglied im Deutschen Verein, Mitglied der
AG2/3/4 der Konzertierten Aktion Pflege, des 18c
Begleitgremiums, in diversen AGs beim Bundes-
ministerium für Gesundheit, beteiligt an der Pro-
grammarbeit zum Deutschen Pflegetag und im
Herausgeberbeirat Monitor Pflege. Seit 2019 ist
Nadine-Michèle Szepan Kuratorin beim KDA.

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Literaturverzeichnis                                    Impressum
Hoberg, Rolf; Klie, Thomas; Künzel, Gerd (2013):        Kurzfassung des Strategiepapiers
  Strukturreform Pflege und Teilhabe. Langfas-          „Strukturreform PFLEGE und TEILHABE II“,
  sung. Freiburg: FEL Verlag Forschung - Ent-           erarbeitet im Rahmen des KDA Dialogs
  wicklung - Lehre.                                     „Pflegereform als Gesellschaftsreform?!“
                                                        Berlin, Februar 2021
Klie, Thomas (2020): Eckpunkte einer Struktur-
   reform und Gestaltungsoptionen: So radikal           Herausgeber
   kann man denken! Strukturreform Pflege und           Kuratorium Deutsche Altershilfe
   Teilhabe II. Unveröffentlichte Präsentation im       Wilhelmine-Lübke-Stiftung e. V. (KDA)
   Rahmen des KDA-Kongresses am 13.02.2020.             Michaelkirchstraße 17-18
   Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Berlin,       10179 Berlin
   2020.
                                                        www.kda.de
Klie, Thomas; Ranft, Michael; Szepan, Nadine-           info@kda.de
   Michèle (2021): Strukturreform PFLEGE und
   TEILHABE II. Pflegepolitik als Gesellschafts-        Autoren und Autorin:
   politik. Ein Beitrag zum pflegepolitischen Re-       Prof. Dr. habil. Thomas Klie,
   formdiskurs. Langfassung. Hg. v. KDA. Berlin.        Staatssekretär Michael Ranft,
                                                        Nadine-Michèle Szepan

                                                        Gesamtgestaltung: H. J. Wiehr, Mainz
                                                        Fotos: © H. J. Wiehr, Mainz

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