Ein Brückenbau mit Risiken und Nebenwirkungen: Die Fed, Corona und drei Billionen Dollar aus dem Nichts - Zweites makroökonomisches Update zur ...

Die Seite wird erstellt Daniela Link
 
WEITER LESEN
Ein Brückenbau mit Risiken und Nebenwirkungen: Die Fed, Corona und drei Billionen Dollar aus dem Nichts - Zweites makroökonomisches Update zur ...
Zweites makroökonomisches
Update zur Corona-Krise

Ein Brückenbau mit Risiken
und Nebenwirkungen: Die
Fed, Corona und drei Billionen
Dollar aus dem Nichts

Oktober 2020
Ein Brückenbau mit Risiken und Nebenwirkungen: Die Fed, Corona und drei Billionen Dollar aus dem Nichts - Zweites makroökonomisches Update zur ...
Ein Brückenbau mit Risiken und Nebenwirkungen:
Die Fed, Corona und drei Billionen Dollar aus dem Nichts

                  In «Das Ende der Alchemie» forderte Mervyn King, der angesehene
              ehemalige Gouverneur der Bank of England, im Nachgang der Finanzkrise
              2007-2009 die Zähmung «unheimlicher» Finanzkräfte, welche nicht mit
              dem gesunden Menschenverstand vereinbar zu sein scheinen. Viele Inves-
              toren fühlen sich durch die beispiellosen Eingriffe von Staaten und Noten-
              banken rund um die Corona-Krise sowie durch die Reaktion der Märkte da-
              rauf genau an solche Kräfte erinnert. Sie fragen sich ob das alles gut gehen
              kann. Wir analysieren deshalb die wahren Mechanismen im Hintergrund
              und wagen einen systematischen Blick auf die Risiken von morgen.

                                             Autor:
                                             Dr. Alexander Gruber
                                             Head of Economic Research & Advisory und
                                             Lehrbeauftragter an der Universität St.Gallen (HSG)

                                             alexander.gruber@finreon.ch

1. Vier Gründe scheinen die Eingriffe in der Corona-Krise durchaus zu rechtfertigen

                   Nun scheint die Coronavirus-Krise grundsätzlich ja jedwede Staats- und Notenbankeingriffe
              zu rechtfertigen.
                   • Erstens ist die Krise absolut einzigartig. So wurden die Angebots- und Nachfrageseite der
                     Wirtschaft noch nie so plötzlich und gleichzeitig getroffen. Dies kreiert beispiellose Unsi-
                     cherheit und könnte für nachhaltige Verhaltensänderungen sowie einen teilweisen Rück-
                     bau globaler Lieferketten sorgen.
                   • Zweitens schlägt die Pandemie auch mit einer beeindruckenden und abrupten Härte zu.
                     Ganze Staaten haben sich über Monate «eingesperrt». Erste Schätzungen zu Beginn der
                     Krise waren von einem Einbruch des US-Bruttoinlandsproduktes (BIP) für 2020 von bis zu
                     10% ausgegangen (Gourinchas, 2020, IMF, 2020). Die bekannten Ökonomen Carmen und
                     Vincent Reinhart (2020) sprachen deshalb gar von einer „Pandemic Depression“, von der
                     wir uns nur langsam erholen würden.
                   • Drittens ist die Krise auf einen exogenen Schock zurückzuführen. Sie ist also nicht – wie
                     beispielsweise die Finanzkrise – endogen aus dem Wirtschaftssystem heraus entstanden.
                   • Zu guter Letzt sind der Vorlauf zu dieser Krise und die jüngere Wirtschaftsgeschichte zu
                     beachten. Die Eingriffe der Notenbanken in der Globalen Finanzkrise haben zu kei-
                     ner nennenswerten Güterpreisinflation geführt. Ein bedeutendes Gegenargument für
                     entschlossene Eingriffe fällt dieses Mal also weg.

2. Die Grössenordnungen der US Wirtschaft sind eindrücklich

                    Um die aktuellen Eingriffe aber wirklich fundiert beurteilen zu können, bedarf es einer struk-
              turierten Analyse. Zunächst einmal ist es wichtig, sich die Grössenordnungen der US Wirt-
              schaft ganz bewusst vor Augen zu führen. So betrug das nominale US BIP Ende 2019 21,75 Billi-
              onen USD. Sofort ins Auge sticht dabei die verhältnismässig grosse Konsumabhängigkeit des
              Landes. 67,9% des BIP entfallen auf den Konsum. Kaum eine andere Volkswirtschaft ist von diesem
              Baustein derart abhängig wie die amerikanische.1 Nicht zu unterschätzen sind aber auch die

                                                                                                                 2
Ein Brückenbau mit Risiken und Nebenwirkungen: Die Fed, Corona und drei Billionen Dollar aus dem Nichts - Zweites makroökonomisches Update zur ...
BIP-Beiträge von privaten Investitionen (17 ,1 %) und Staatsausgaben (17,5 %). Abbildung 1 setzt
             diese Grössenordnungen in ein einprägsames Verhältnis. Der Beitrag der US Nettoexporte von mi-
             nus 2,5% sei hier im Sinne einer möglichst klaren Darstellung übrigens vernachlässigt.

             Abbildung 1: Grössenordnungen der US Wirtschaft

                 Staatsausgaben             Investitionen                Konsum                              BIP
                3,81 Billionen USD        3,73 Billionen USD

                                                                   14,76 Billionen USD
                                                                                                   21,75 Billionen USD

                                                                       Zahlen in Billionen USD per Ende 2019, Quelle: Bloomberg

3. Einbruch der US Wirtschaft, Anstieg des Schuldenstandes und die Rolle der Fed

                  Vor allem der grosse Konsumblock und die Investitionen wurden von der Corona-Krise massiv
             negativ getroffen. Der Staat sprang deshalb in die Bresche, um den erwarteten BIP Rückgang durch
             Staatsausgaben zu kompensieren. Die Staatsausgaben waren aber schon in den vergangenen Jah-
             ren kontinuierlich gewachsen und hatten den Schuldenstand der USA so per Ende 2019 bereits auf
             22,95 Billionen USD (105,5% des US BIP) getrieben. In den vergangenen Monaten kamen nun
             noch einmal mehrere Billionen USD an Staatsschulden hinzu.
                  Für den Staat verursacht der hohe Schuldenstand schon heute jährliche Zinskosten von 1,7 %
             des BIP (0,375 Billionen USD). Mit ihren Staatsanleihen-Käufen versucht die Fed deshalb
             aktuell, das Zinsniveau zu drücken, um eben diese Zinskosten für den Staat trotz eines Rekord-
             volumens an Neuemissionen im Rahmen der Corona-Krise möglichst tief zu halten. Die Fed
             musste aus dieser Überlegung heraus so schnell so viele US Staatsanleihen kaufen wie nie
             zuvor. 2,0 Billionen USD hat sie seit Start der Krise bereits in solche Anleihen investiert.2 Auch für
             künftige Staatsanleihenemissionen steht die Fed bereit. Damit ist sie auf bestem Wege, das US
             Staatsschuldenwachstum 2020 fast im Alleingang zu finanzieren.
                   Diese neu gefundene, vertiefte Zweisamkeit zwischen der US Fed und dem US Treasury
             zielt vor allem darauf ab, das aufgrund der Corona-Krise weggebrochene Stück im US-BIP-Kuchen
             so zu ersetzen, dass Firmen, Arbeitsplätze und Schuldentragbarkeit bestehen bleiben und die
             Wirtschaft auf diese Weise nach dem Corona-Schock möglichst nahtlos durchstarten kann. Fed
             Chef Powell bezeichnet die koordinierte Vorgehensweise der beiden Institutionen sodann
             auch als Versuch eines «Brückenbaus» ausgehend vom soliden Fundament vor der Krise hin zu
             einer Position wiedergewonnener Stärke danach.

4. Der Schlüssel: Fed-Chef Powell und Finanzminister Mnuchin als «Brückenbauer»

                  Die Kursavancen an den Märkten zeigen, dass dieser Brückenbau mit viel Wohlwollen aufge-
             nommen wurde. Gleichzeitig signalisiert aber beispielsweise der CBOE Volatility Index (VIX), auch
             „Fear Index“ genannt, dass man dem Konstrukt noch nicht ganz traut. Wie wird diese Brücke
             also überhaupt gebaut?

                   Die Darstellung in Abbildung 2 dient uns als Grundlage für eine aufschlussreiche Analy-
             se zu dieser Schlüsselfrage. Sie illustriert noch einmal die Grössenordnungen und Bausteine des US
             BIP: Staatsausgaben, Investitionen und Konsum. Wichtiger ist aber die bewusste Erkenntnis,
             dass die Investitionstätigkeit – sofern überhaupt Investitions-Opportunitäten vorhanden sind
             – vor allem von den Finanzierungskosten über das Bankensystem oder direkt am Kapital-
             markt abhängt (Schritt 1). Diese Finanzierungskosten wiederum setzen sich zusammen aus
             dem US Leitzins, der sogenannten Federal Funds Rate, als Sockel sowie einem Risikoauf-
             schlag, welcher beispielsweise von der mit einer Investition verbundenen Unsicherheit, der gene-

                                                                                                                             3
rellen Risikoaversion am Markt und der Laufzeit einer Investition abhängt (Schritt 2). Eine hohe
Federal Funds Rate und hohe Risikoaufschläge erhöhen die Finanzierungskosten für Investitionspro-
jekte auf allen Märkten (Staatsanleihen, Mortgage Backed Securities (MBS), Firmenanleihen etc.)
und sind dem Investitionsklima und der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts daher abträglich.

A) Phase 1: Konventionelle Geldpolitik

     In Phase 1 der wirtschaftlichen Corona-Bekämpfung versuchte die Fed vor allem die
Federal Funds Rate, also den Sockel, zu drücken (konventionelle Geldpolitik). Im Unter-
schied zu anderen globalen Notenbanken hatte die Fed Anfang März aufgrund der damals positiven
Federal Funds Rate überhaupt noch diese Option. Diesen Spielraum und die Möglichkeit zur zügi-
gen Umsetzung dieses Instruments (die Fiskalpolitik musste ja erst in Kongress und Senat bewilligt
werden) hat die Fed genutzt, um die Federal Funds Rate in einer Reihe rascher, ausserplanmässi-
ger Zinsschritte auf beinahe 0% zu senken (Schritt 3).
     Um diese Zinssenkung zu erreichen hat die Notenbank Banken kurzlaufende US Staatsanlei-
hen abgekauft bzw. Repo-Geschäfte mit ihnen abgeschlossen. So verlängerte die Fed im ersten
Schritt die Aktivseite ihrer Bilanz und injizierte Geld in das Bankensystem, um das Geldangebot bei
gleichbleibender Nachfrage zu erhöhen (Schritt 4). Dabei handelt es sich um sogenannte Open
Market Operations (die Fed handelt ja auf dem «offenen Markt»), welche zu steigenden (Min-
dest-)Reserven von Banken bei der Fed führen, die dann wiederum auf der Passivseite der Noten-
bank aufscheinen und die Bilanz so wieder ausgleichen (Schritt 5).3 Die Leitzinssteuerung über die
Reserven auf der Passivseite der Notenbankbilanz ist dabei das eigentliche Ziel der Fed, während
die Käufe auf der Aktivseite (Staatsanleihen) lediglich das Mittel zum Zweck darstellen.

Abbildung 2: Konventionelle Geldpolitik – Mit Open Market Operations die Zinsen drücken

          Staatsausgaben                                 Investitionen                            Konsum                               BIP
        3,81 Billionen USD                          3,73 Billionen USD

                                                                                           14,76 Billionen USD
                                                                                                                             21,75 Billionen USD
                                          Finanzierung               Finanzierung direkt
                                          über Banken
                                                              1      am Kapitalmarkt
Kapitalmarkt

    Federal Funds       Finanzierungskosten (Federal Funds Rate plus Risikoaufschlag)
        Rate
                                                         2

     kurzlaufende       langlaufende              MBS        Firmen- Municipal Bonds,
    Staatsanleihen     Staatsanleihen                        anleihen   ABS etc.

    3

    Federal                   4
    Funds Rate

      Bankensystem

                     Bank A                             Bank B

4     Federal Reserve Bank                                                      5
                                                                                                                       1. Phase
                                             Eigenkapital & weitere
        Staatsanleihen kurzlaufend
        und weitere
                                             Banknoten im Umlauf                                                       Offenmarktgeschäfte
                                             Reserven der Banken                                                       der Fed

                                                                       * Zahlen in Billionen USD per Ende 2019, Darstellung und Bilanzen stark vereinfacht

B) Phase 2: Gewaltige Staatsausgaben

      Weil ja aber weniger die Federal Funds Rate, also der Sockel, und viel mehr die Risikoaufschlä-
ge in verschiedenen Märkten (wie z.B. im Markt für Firmenanleihen) dafür verantwortlich waren,

                                                                                                                                                        4
dass Firmen und damit auch ihre Börsenkurse in die Bredouille geraten sind, ist der Effekt dieser
Interventionen zur Gänze verpufft.4 Wenn überhaupt haben diese ersten Eingriffe der Fed nur wei-
tere Angst und Unsicherheit über das tatsächliche Ausmass der Krise kreiert.
     An erhöhten Staatsausgaben in Phase 2 der wirtschaftspolitischen Krisenbekämpfung
führte dieses Mal also kein Weg vorbei. Die US Regierung brachte folglich den sogenannten CARES5
Act auf den Weg. Konsum, Investitionen und der Erhalt von Arbeitsplätzen sollten dadurch direkt
durch staatliche Mittel und unabhängig von den Finanzierungsbedingungen am Kapital-
markt gefördert werden. Dafür hat der Staat, wie in Abbildung 3 in grün dargestellt, zum Bei-
spiel Schecks an Konsumenten verschickt und Zuschüsse sowie günstige Kredite an Fir-
men gesprochen oder über das Bankensystem garantiert (Schritt 1). Finanziert hat er diese
Ausgaben ganz klassisch über kurz-, aber vor allem auch über langlaufende US Staatsanleihen
(Schritt 2).

Abbildung 3:
Staatsausgaben – Ausgaben über den CARES Act und Emission von US Staatsanleihen

                           Cares Act
                     1

      Staatsausgaben                                    Investitionen                          Konsum                               BIP
    3,81 Billionen USD                           3,73 Billionen USD

                                                                                        14,76 Billionen USD
                                                                                                                          21,75 Billionen USD
                              2
                                         Finanzierung             Finanzierung direkt
Kapitalmarkt                             über Banken              am Kapitalmarkt

 Federal Funds       Finanzierungskosten (Federal Funds Rate plus Risikoaufschlag)
     Rate

  kurzlaufende       langlaufende              MBS        Firmen- Municipal Bonds,
 Staatsanleihen     Staatsanleihen                        anleihen   ABS etc.

                                     2
                                             1
        US Staatsanleihen
                      16,67
                     langlaufend
 Federal
 Funds Rate

   Bankensystem

                  Bank A                             Bank B

   Federal Reserve Bank                                                                                             2. Phase
                                           Eigenkapital & weitere
    Staatsanleihen kurzlaufend
    und weitere
                                           Banknoten im Umlauf                                                      Staatsausgaben
                                           Reserven der Banken

                                                                    * Zahlen in Billionen USD per Ende 2019, Darstellung und Bilanzen stark vereinfacht

C) Phase 3: Unkonventionelle Geldpolitik und Koordination mit dem Staat
     Nun fanden sich anfangs allerdings nicht genügend Käufer für das riesige Emissionsvolumen
an US Staatsanleihen. Die Zinsen auf mittel- und langfristige Staatsanleihen sind unter anderem
auch deshalb6 im März zwischenzeitlich etwas gestiegen.
      So kam wohl oder übel in Phase 3 des Brückenbaus wieder die Fed ins Spiel. Sie versprach
die neu ausgegebenen Staatsanleihen am Sekundärmarkt zu kaufen (Schritt 1 in Abbildung
4), schritt auch sogleich zur Tat und hielt so den Risikoaufschlag (im Falle von langlaufenden US
Staatsanleihen war dies das Durations-Risiko) auf dem mittlerweile 16,67 Billionen USD grossen
Markt erfolgreich tief – siehe Schritt 2.
    Massnahmen, bei denen Notenbanken durch Bilanzausweitungen so direkt auf eine Sen-
kung des Risikoaufschlags abzielen, nennt man auch unkonventionelle Geldpolitik oder

                                                                                                                                                     5
Quantitative Easing (oft auch präziser Credit Easing). Einzelne «defekte» Märkte wie der MBS
Markt (Schritt 3) lassen sich so viel direkter und deutlich effektiver «reparieren» als über den kon-
ventionellen Zinskanal (siehe Phase 1), welcher ja lediglich auf den Sockel der Finanzierungskosten
abzielt. Bei letzterem ist die Zentralbank für die Transmission der Geldpolitik in die Realwirtschaft
immer noch auf die Kreditvergabe über das Bankensystem oder auf die Mittelbereitstellung über
spendable Kapitalmärkte angewiesen, welche beide aufgrund der aufgeblähten Risikoaufschläge oft
eben genau in diesen Phasen äusserst gehemmt sein können. Ausserdem kann so neben den Inves-
titionen über den Finanzierungskanal (Schritt 4) auch der Konsum über eine ganz bewusste
Vermögenspreisinflation angekurbelt werden (Schritt 5).7 Auch für Banken sind solche Asset-
Käufe äusserst vorteilhaft, weil sie oftmals genau diese Assets auf ihren Bilanzen halten (Schritt 6).
      Weil die Erlöse der Asset-Verkäufe an die Fed allerdings direkt oder indirekt immer bei den Ban-
ken landen (Keister und McAndrews, 2009), führen diese Notenbankinterventionen auch zu gewalti-
gen Überschussreserven. Die Banken wissen mit diesem Geld nämlich nicht wirklich etwas anzufan-
gen und halten es deshalb wieder bei der Fed (Schritt 7). Ganz anders als bei der konventionellen
Geldpolitik (siehe Phase 1) sind die Änderungen auf der Passivseite der Fed (die Überschuss-
reserven) hier also lediglich eine Folge ihrer gezielten Asset-Käufe auf der Aktivseite und
nicht umgekehrt. Die Tatsache, dass diese Überschussreserven so eben nicht wirklich produktiv in
den Wirtschaftskreislauf geraten, erklärt übrigens in Teilen die (bisher) ausbleibende Inflation der
Güterpreise.
      Jedenfalls ist die Fed mit ihren Quantitative Easing (QE) Programmen unheimlich effektiv. So
reichte die blosse Ankündigung von möglichen Firmenanleihenkäufen am 23. März 2020 – die
Fed hat ja im Nachgang kaum Firmenanleihen gekauft – um die Risikoaufschläge auf dem fast 10
Billionen USD grossen Markt markant zu drücken (Schritt 8).

Abbildung 4:
Unkonventionelle Geldpolitik – Mit Quantitative Easing direkt den Risikoaufschlag drücken

                              Cares Act

         Staatsausgaben                                  Investitionen                                   Konsum                        BIP
       3,81 Billionen USD                           3,73 Billionen USD

                                                                                               14,76 Billionen USD
                                                                                                                              21,75 Billionen USD

                                          Finanzierung               Finanzierung direkt
Kapitalmarkt                              über Banken                am Kapitalmarkt

    Federal Funds       Finanzierungskosten (Federal Funds Rate plus Risikoaufschlag)
        Rate
                              2                          4

                                                                                           5    Vermögenspreisinflation
     kurzlaufende       langlaufende              MBS        Firmen- Municipal Bonds,
    Staatsanleihen     Staatsanleihen                        anleihen   ABS etc.

           US Staatsanleihen                                       US MBS               US Firmen-        Municipal
                                                                                         anleihen        Bonds, ABS
                         16,67                                     10,33                  9,60             7,48
    Federal
    Funds Rate

      Bankensystem                                                                                   8
                     Bank A                             Bank B               6                    Blosse
                                                                                               Ankündigung

      Federal Reserve Bank
                                             Eigenkapital & weitere
1      Staatsanleihen kurzlaufend
                                             Banknoten im
                                             Banknoten im Umlauf
                                                          Umlauf
       kurz- und langlaufend
       und weitere
       4,47                                  Reserven der
                                                      der Banken
                                                          Banken
                                             Reserven
                                                                                                                          3. Phase
                                             Überschussreserven der
       MBS und weitere                       Banken
       2,6                                   2,8                                 7                                        Quantitative Easing
               3

                                                                       * Zahlen in Billionen USD per Ende 2019, Darstellung und Bilanzen stark vereinfacht

                                                                                                                                                        6
Natürlich waren aber auch die schieren Grössenordnungen des aktuellen QE Programmes
                   ganz entscheidend für die Effektivität der Eingriffe. Insgesamt weitete die Fed seit Beginn der
                   Krise ihre Bilanz nämlich um ca. 3 Billionen USD aus. In etwa 2,0 Billionen USD dieser Expan-
                   sion entfielen dabei auf US Staatsanleihen, während 0.6 Billionen USD in Mortgage Ba-
                   cked Securities flossen (siehe Fed Vermögenswerte links in Abbildung 5).8 Die oben beschrie-
                   benen Überschussreserven der Banken bei der Fed sind als Resultat um etwa 1,3 Billionen
                   USD angeschwollen (rechte Abbildung).

                   Abbildung 5: Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Fed

                           Vermögenswerte der Fed in Mrd. USD                                                                                                                                                                           Verbindlichkeiten der Fed in Mrd. USD
          8'000                                                                                                                                                                          8'000

          7'000                                                                                                                                                                          7'000

          6'000                                                                                                                                                                          6'000

          5'000
                                                                                                       +2,0 Billionen                                                                    5'000

          4'000                                                                                                                                                                          4'000

          3'000                                                                                                                                                                          3'000                                                                                                                                            +1,3 Billionen
          2'000                                                                                        +0,6 Billionen                                                                    2'000
                                                                                                                     8'000
          1'000                                                                                                                                                                          1'000
                                                                                                                     7'000

                                                                                                                     6'000
             0                                                                                                                                                                                              0
                                                                                                                     5'000
                  2003

                         2004

                                2005

                                       2006

                                              2007

                                                     2008

                                                            2009

                                                                   2010

                                                                          2011

                                                                                 2012

                                                                                        2013

                                                                                               2014

                                                                                                      2015

                                                                                                             2016

                                                                                                                    2017

                                                                                                                           2018

                                                                                                                                             2019

                                                                                                                                                           2020

                                                                                                                                                                                                                    2003

                                                                                                                                                                                                                                   2004

                                                                                                                                                                                                                                                  2005

                                                                                                                                                                                                                                                                    2006

                                                                                                                                                                                                                                                                                  2007

                                                                                                                                                                                                                                                                                         2008

                                                                                                                                                                                                                                                                                                2009

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       2010

                                                                                                                                                                                                                                                                                                              2011

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     2012

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            2013

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   2014

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          2015

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 2016

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        2017

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               2018

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      2019

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             2020
                                                                                                                     4'000

                                                                                                                     3'000

                                                                                                                     2'000
                          Mortgage Backed Securities (MBS)                                       US Staatsanleihen
                                                                                                           1'000
                                                                                                                                                                  Rest                                                                  Überschussreserven von US Banken bei der Fed                                                                           Rest
                                                                                                                           0

                                                                                                                                                                                                     Quelle: Finreon Research, Board of Governors of the Federal Reserve System (US)
                                                                                                                               2003
                                                                                                                                      2003
                                                                                                                                             2004
                                                                                                                                                    2005
                                                                                                                                                           2006
                                                                                                                                                                  2007
                                                                                                                                                                         2008
                                                                                                                                                                                2008
                                                                                                                                                                                       2009
                                                                                                                                                                                              2010
                                                                                                                                                                                                     2011
                                                                                                                                                                                                            2012
                                                                                                                                                                                                                   2013
                                                                                                                                                                                                                          2013
                                                                                                                                                                                                                                 2014
                                                                                                                                                                                                                                        2015
                                                                                                                                                                                                                                               2016
                                                                                                                                                                                                                                                      2017
                                                                                                                                                                                                                                                             2018
                                                                                                                                                                                                                                                                    2018
                   Noch mehr unkonventionelle Geldpolitik als Ausweg aus der Sackgasse?                                                                                                                                                                                    2019

                        Im internationalen Vergleich mit der EZB und der Bank of Japan ist die Bilanzsumme der Fed,
                   welche sich auf 7,1 Billionen USD beläuft und damit ca. 33% des US BIP ausmacht, allerdings noch
                   immer «klein». Ein Nachlegen der Fed und ein Ausbau des orchestrierten Zusammenspiels
                   zwischen Staat und Notenbank erscheinen aus dieser Sicht jedenfalls möglich. Gerade auch
                   deshalb, weil aufgrund der exogenen Natur des Virusschocks der «Direkt-Schuldige» im Wirtschafts-
                   system in dieser Krise fehlt und es somit politische Unterstützung für grosse Rettungspakete gibt.
                        Auf Aktienkäufe hat die Notenbank ausserdem bisher noch verzichtet. Weil die Fed in
                   den vergangenen Jahren aber immer weniger oft Halt vor solchen roten Linien gemacht hat, er-
                   scheint auch diese drastische Massnahme auf dem 36 Billionen USD grossen amerikanischen Akti-
                   enmarkt bei entsprechender Notwendigkeit durchaus denkbar. Davon abgesehen kann die Fed
                   auch durch naheliegendere Mittel, wie ganz explizite Forward Guidance oder eine direkte Steu-
                   erung der Zinsstrukturkurve, noch positiven Einfluss auf die Märkte nehmen. Zudem liegt es im
                   Ermessen der Fed, die Komposition der Asset-Käufe bei gleichbleibendem Volumen so zu än-
                   dern, dass die Käufe stimulierender wirken.
                         Auf einen kleinen Trick hat die Fed kürzlich bereits zurückgegriffen. Durch ihre Ankündi-
                   gung, dass die Inflation durchaus auch ein wenig überschiessen darf ohne dass die Leitzin-
                   sen sofort erhöht würden, verlieh die Fed den Märkten zusätzlichen Schub. Ausserdem skizzier-
                   te sie damit den geplanten Ausweg aus der aktuellen Sackgasse: Die bestehenden Schulden
                   sollen bei auf tiefem Niveau gedeckelten Zinsen und leicht erhöhter Inflation kontrolliert
                   „weginflationiert“ werden. Dies ist finanzielle Repression (Reinhart und Sbrancia, 2015)
                   mit Ankündigung!

5. Positive Effekte der Eingriffe auf Investmentklassen bisher offensichtlich

                         Die positiven Implikationen der bisherigen Interventionen für alle Assetklassen sind in Ab-
                    bildung 6 offensichtlich. Sowohl die Kreditmärkte als auch die Aktienmärkte haben seit dem
                    23. März eine beeindruckende Rally erlebt, während die Yields auf US Staatanleihen trotz Rekor-
                    demissionen so tief wie nie geblieben sind.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               7
«Game changer» waren dabei aber weder die Zinssenkungen (Phase 1), noch die angekün-
                                     digten Staatshilfen (Phase 2) oder die Asset-Käufe selbst sondern vielmehr die Ankündigungen
                                     der Fed am 23. März zu den Interventionen am Kreditmarkt und zur generellen Bereit-
                                     schaft zu unlimitiertem QE in enger Koordination mit dem Staat (Phase 3).

                                     Abbildung 6: Einfluss der Interventionen auf verschiedene Assetklassen

                                                                                                                                                                                                                                              4
                             3'600

                                                                                                                                                                                                                                                    Bloomberg Barclays US Agg Avg OAS
                                                                                                                                                                                                                                                     Yield 10jährige US Staatsanleihen,
                                                                                                                                                                                                                                              3,5
                             3'400
       S&P 500 Indexstand

                             3'200                                                                                                                                                                                                            3
                                                                                                                                                              Aktienkurse gestiegen
                             3'000                                                                                                                                                                                                            2,5

                             2'800                                                                                                                            Kreditaufschläge (Credit                                                        2

                                                                                                                                                              Spreads) gefallen                                                               1,5
                             2'600

                             2'400                                                                                                                                                                                                            1

                             2'200                                                                                                                                                                                                            0,5
                                                                                                                                                              Zinsen bleiben tief
                             2'000                                                                                                                                                                                                            0
                                    20               20              20               20              20              20                          20                       20                         20                         20
                                  20               20              20               20              20              20                          20                       20                         20                         20
                                n.             b               r                r               i               n                       L                          g                           p                      t
                             .Ja             Fe              Mä               Ap              Ma              Ju                      Ju                         Au                          Se                     Ok
                            1              1.              1.               1.              1.              1.                      1.                         1.                          1.                     1.

                                         Phase 1: konventionelle Geldpolitik (Zins)        Phase 2: Staatsausgaben                      Phase 3: unkonventionelle Geldpolitik (QE) & Koord. mit Staat

                                           S&P 500 Index              Yield auf 10-jährige Staatsanleihen            Bloomberg Barclays US Agg Corporate Avg OAS

                                     Phase 1: Die konventionelle Geldpolitik über den Leitzins verpuffte gänzlich. Phase 2: Der Staat
                                     musste einschreiten. Zunächst gab es aber nicht genügend Käufer für seine Anleihen. Phase 3: Die Fed
                                     füllte diese Lücke schliesslich mit riesigen Käufen und stützte auch noch andere Märkte. Erst diese ext-
                                     reme Phase 3, in welcher der Staat und die Fed höchst koordiniert vorgingen, trieb die Aktien,
                                     drückte die Kreditaufschläge (Credit Spreads) und hielt die Zinsen trotz neuer Anleihen tief.

                                                                                                                                                                                      Quelle: Finreon Research, Bloomberg

6. Die Interventionen schaffen aber auch bedenkliche Divergenzen

                                          Während die Märkte von den beispiellosen geld- und fiskalpolitischen Eingriffen in Summe
                                     ohne Zweifel profitieren, sind diese leider nicht ohne bedenkliche Nebenwirkungen zu haben.
                                     So nehmen Divergenzen und Ungleichheit auf verschiedenen Ebenen zu. Vier solche Problem-
                                     felder seien an dieser Stelle herausgegriffen:

                                     1. Divergenz: Wall Street vs. Main Street

                                     Die Finanzwirtschaft entwickelte sich über die ver-
                                                                                                                    180                                                  Wert per 11.10.2020: 184%
                                     gangenen Monate stark losgelöst von der Real-                                                WALLST
                                                                                                                                                MAIN
                                                                                                                                                       ST

                                                                                                                    160
                                     wirtschaft. Die Abbildung rechts zeigt, dass das
                                                                                                                    140
                                     Verhältnis der Marktkapitalisierung des US Aktien-
                                     marktes (approximiert durch den Wilshire 5000                                  120

                                     Total Market Index) zum nominalen US BIP über                                  100

                                     den Höchststand vor der Corona-Krise geklettert                                80

                                     ist. Der Aktienmarkt ist derzeit (per                                          60

                                     11.10.2020) um 84% mehr wert als das BIP                                       40

                                     des Landes. Ein Haupttreiber dafür ist sicherlich
                                                                                                                          1990

                                                                                                                                 1992

                                                                                                                                         1994

                                                                                                                                                1996

                                                                                                                                                       1998

                                                                                                                                                               2000

                                                                                                                                                                      2002

                                                                                                                                                                             2004

                                                                                                                                                                                    2006

                                                                                                                                                                                            2008

                                                                                                                                                                                                   2010

                                                                                                                                                                                                          2012

                                                                                                                                                                                                                 2014

                                                                                                                                                                                                                        2016

                                                                                                                                                                                                                                2018

                                                                                                                                                                                                                                       2020

                                     der von den Notenbanken gedrückte Diskontie-
                                                                                                                                        Wilshire 5000 in % des nominalen Bruttoinlandsproduktes
                                     rungsfaktor, welcher gängigen Aktien-Bewer-
                                     tungsmodellen zugrunde liegt.
                                                                                                                                                                                      Quelle: Finreon Research, Bloomberg

                                                                                                                                                                                                                                         8
2. Divergenz: New Economy vs. Old Economy

             Zudem offenbart sich eine USA verschiedener Ge-         3.5
                                                                                                                                                                 Höchstwert am 1.9.2020: 3.49
             schwindigkeiten. Die bärenstarken Tech Konzerne           3                                      vs.
             gehen ganz klar als Gewinner dieser Krise hervor.       2.5
             So bewegte sich das Verhältnis des in seiner
                                                                       2
             Komposition deutlich moderneren NASDAQ 100
                                                                     1.5
             zum S&P 500 Index, welcher mit seiner Gewich-
             tung eher eine breitere Wirtschaftsstruktur abbil-        1

             det, Anfang September deutlich über dem                 0.5

             bisherigen Höchstwert, der auf der Spitze                 0

             der Dotcom Blase erreicht worden war.

                                                                            1900

                                                                                           1992

                                                                                                            1994

                                                                                                                           1996

                                                                                                                                         1998

                                                                                                                                                        2000

                                                                                                                                                                    2002

                                                                                                                                                                                   2004

                                                                                                                                                                                                2006

                                                                                                                                                                                                             2008

                                                                                                                                                                                                                             2010

                                                                                                                                                                                                                                         2012

                                                                                                                                                                                                                                                      2014

                                                                                                                                                                                                                                                                    2016

                                                                                                                                                                                                                                                                                  2018

                                                                                                                                                                                                                                                                                                2020
                                                                                                    NASDAQ 100 Indexstand vs. S&P 500 Indexstand

                                                                                                                                                                                                      Quelle: Finreon Research, Bloomberg

             3. Divergenz: Unternehmen vs. Arbeitnehmer

             Letztlich ist die Diskrepanz der Krisenauswirkun-     70 Mio
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            3‘400
             gen auf Unternehmer/Aktionäre einerseits und          60 Mio
                                                                                                                       vs.
             Arbeitsnehmer andererseits durch nichts besser        50 Mio                                                                                                                                                                                                                                   3‘200

             darzustellen, als durch eine Gegenüberstellung        40 Mio
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            3‘000
             der wöchentlichen Kursentwicklung des S&P 500
                                                                   30 Mio
             Index und der rekordhohen wöchentlichen Erst-                                                                                                                                                                                                                                                  2‘800

             anträge auf Arbeitslosenhilfe. Fast 70 Millionen      20 Mio

                                                                                                                                                                                                                                                                                                            2‘600
             Menschen haben seit den zündenden Ein-                10 Mio

             griffen der Fed erstmals Arbeitslosengelder               0                                                                                                                                                                                                                                    2‘400
                                                                             21. März 20

                                                                                              4. April 20

                                                                                                              18. Apr 20

                                                                                                                              2. Mai20

                                                                                                                                            16. Mai20

                                                                                                                                                            30. Mai20

                                                                                                                                                                           13. Jun 20

                                                                                                                                                                                          27. Jun20

                                                                                                                                                                                                        11. Jul 20

                                                                                                                                                                                                                        25. Jul 20

                                                                                                                                                                                                                                      8. Aug 20

                                                                                                                                                                                                                                                     22. Aug 20

                                                                                                                                                                                                                                                                   5. Sep 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                  19. Sep 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                3. Okt 20
             beantragt. Aktionäre hingegen profitierten
             just in dieser Phase von stark steigenden
             Märkten. Weil sich der grösste Teil aller Aktien in
                                                                                                    Erstanträge auf Arbeitslosenversicherung aufaddiert (linke Achse)
             Besitz einer kleinen, wohlhabenden Minderheit
                                                                                                    S&P 500 Indexstand (rechte Achse)
             befindet, nahm/nimmt die Ungleichheit rapi-
                                                                             Quelle: Finreon Research, Board of Governors of the Federal Reserve System (US)
             de zu.

             4. Divergenz: Zombies vs. solide Unternehmen

             Besonders Zombie-Unternehmen (hier definiert           80 %

             als Firmen mit einem EBIT / Zinskosten Verhältnis      70 %

             von unter 1) gehörten in den Wochen nach den           60 %
                                                                                                                                                                                                                                                                               28 %
             Fed-Interventionen zu den überraschenden Ge-           50 %

             winnern der Eingriffe. Ein gleichgewichteter           40 %

             S&P 500 Index bestehend nur aus Zom-                   30 %

             bie-Firmen hat den gleichgewichteten Index             20 %

             aller anderen S&P Unternehmen in dieser                10 %

             Phase ab dem 23. März um 28% geschlagen.                0 %
                                                                              20.03
                                                                                           27.03
                                                                                                     03.04
                                                                                                              10.04
                                                                                                                           27.04
                                                                                                                                   24.04
                                                                                                                                            01.05
                                                                                                                                                         08.05
                                                                                                                                                                  15.05
                                                                                                                                                                           22.05
                                                                                                                                                                                        29.05
                                                                                                                                                                                                05.06
                                                                                                                                                                                                        12.06
                                                                                                                                                                                                                     19.06
                                                                                                                                                                                                                              26.06
                                                                                                                                                                                                                                      03.07
                                                                                                                                                                                                                                                  10.07
                                                                                                                                                                                                                                                           17.07
                                                                                                                                                                                                                                                                   24.07
                                                                                                                                                                                                                                                                               31.07
                                                                                                                                                                                                                                                                                        07.08
                                                                                                                                                                                                                                                                                                14.08

             Langfristig überleben so relativ schlechte Firmen
             aufgrund der Rettungseingriffe und absorbieren
                                                                                                   Zombie-Unternehmen                                                                                   Solide Unternehmen
             Ressourcen, die in anderen Unternehmen produk-
             tiver eingesetzt werden könnten.                                                                                                                                                         Quelle: Finreon Research, Bloomberg

7. Durch die Rettungseingriffe steigt ausserdem die Sparquote

                  Abgesehen von diesen vier Divergenzen haben die Rettungspakete noch einen weiteren nega-
             tiven Nebeneffekt: Die tiefen Zinsen und die gewaltigen QE Programme treiben die Men-
             schen wie in Abbildung 8 dargestellt nämlich gerade nicht wie gewünscht in den Konsum
             sondern verleiten sie stattdessen dazu, ihre Sparquote – definiert als der Prozentsatz des per-
             sönlichen, verfügbaren Einkommens, der in die Kapitalmärkte oder in reale Vermögenswerte inves-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    9
tiert wird – zu erhöhen. In den sechs Monaten nach Beginn der Corona-Krise ist die Spar-
              quote bei rekordtiefen Zinsen im Durchschnitt gar auf über 20,3% geklettert.
                   Dies ist unter anderem wohl vor allem deshalb der Fall, weil sich die Menschen zunehmend
              davor fürchten, sonst nicht genügend Reserven für das Alter bilden zu können. Während der Coro-
              na-Krise fehlen wegen Ausgangssperren und Lieferunterbrechungen aber oft schlicht auch ganz
              einfach die Möglichkeiten, zu konsumieren. Der Zusammenhang zwischen fallenden Yields auf
              Staatsanleihen und einer ansteigenden Sparquote ist – wie an den dunklen Punkten in Abbildung
              8 ablesbar – bereits seit Anfang des Jahrtausends zu beobachten. Dadurch steigen die von der
              Sparquote getriebenen Vermögenspreise während der Konsum stagniert und die konsumgetriebe-
              nen Inflationszahlen tief bleiben oder sogar fallen.

              Abbildung 8: Seit Jahrtausendwende führen tiefe Zinsen und QE zu einer höheren Sparquote

                                                                                                                                                                  20

                                                                                                                                                                       Persönliche Sparquote in den USA
                                                                                                                                                                  12

                    y = 0.6423x + 3.0647
                                                                                                                                                                  10
                         R² = 0.7206

                                                                                                                                                                  8

                                                                                                                                                                  6

                                                                                                                                                                  4
                                                                 y = -0.9564x + 9.3431
                                                                      R² = 0.5387                                                                                 2

                                                                                                                                                                  0
             16                 14              12         10               8                     6                   4                   2                   0

                                                         Yield auf 10jährige US Staatsanleihen

                  1980 – 2000        2000-Februar 2020     März 2020 – Aug. 2020             Linear (1980–2000)                 Linear (2000–Februar 2020)
                                                           (Durchschnitt)

                                                                                Quelle: Finreon Research, Board of Governors of the Federal Reserve System (US)

8. Die grösste Gefahr liegt aber in der dauerhaften Schuldentragbarkeit

                   Neben den erwähnten Divergenzen und der kontraproduktiven Sparneigung sind be-
              sonders die eskalierenden Schuldenstände von Staaten vielen besorgten Beobachtern ein
              Dorn im Auge. Nun entsprechen die aktuellen, schuldenfinanzierten Eingriffe der US Regierung
              gemäss volkswirtschaftlicher Theorie an und für sich ja gerade an der „Nullzinsgrenze“ durchaus
              einer adäquaten, Schock-absorbierenden Antwort auf die unvorhersehbare und hoffentlich tem-
              poräre Corona-Krise (Goodfriend, 2000). Die gewaltigen Steuererhöhungen, die man als Alternati-
              ve sonst einführen müsste, wären schliesslich eine gewaltige Verzerrung.

                   Nichtsdestotrotz befeuern sie aber natürlich diese Diskussion um die langfristige Tragbarkeit
              der Staatsschulden. Diese entwickeln sich ja über die Zeit grob gemäss folgender Formel:

                                                                                    100 + Zins
              Schulden morgen (% des BIP) = Schulden (% des BIP) x                                           +       Primärdefizit (% des BIP)
                                                                            100 + BIP Wachstum

                                                                                                                                                            10
Eine sinnvolle Analyse vergegenwärtigt sich sowohl die optimistische als auch die pes-
              simistische Sichtweise mit Blick auf diese Schuldendynamik:

                                         Die Optimisten rund um prominente Exponenten wie Larry Sum-
                                    mers (DeLong und Summers, 2012) oder Paul Krugman argumentieren
                                    folgendermassen: Die heutigen Staatsschulden sind zwar hoch. Aber
                                    das mittel- und langfristige Wirtschaftswachstum liegt weit über
                                    den tiefen Zinszahlungen, die auf Staatsschulden im Moment fällig
                                    werden. Für weiterhin tiefe Zinszahlungskosten sorgen zudem allein
                                    schon die Zentralbanken durch ihre Staatsanleihen-Käufe. Wenn das so-
                                    genannte Primärdefizit nicht zu gross wird, werden sich die Staats-
                                    schulden deshalb langfristig stabilisieren.
              Larry Summers
                                          Die Pessimisten rund um Ken Rogoff und John Cochrane sorgen
                                    sich eben genau um solche steigenden Primärdefizite. Sie glauben,
                                    dass Regierungen die tiefen Zinsen zunehmend dazu nutzen, zu-
                                    sätzliche Staatsausgaben oder Steuererleichterungen durchzubo-
                                    xen. Die Anhänger dieser Sichtweise sehen die Schulden deshalb weiter-
                                    steigen. Wenn die Märkte diese Schuldenlast letzten Endes als nicht mehr
                                    tragbar einstufen und die permanenten Liquiditätsspritzen zu steigender
                                    Inflation führen sollten, könnten Notenbanken gerade dann gezwun-
                                    gen sein, die Zinsen anzuheben. Die Schuldenproblematik würde sich
                                    schlagartig zuspitzen.
              Ken Rogoff

9. Die Fed fährt lediglich auf Sicht: eine Gefahr für die Schuldentragbarkeit

                   Eine langfristig angelegte und glaubwürdige Exit-Strategie aus der aktuellen Schul-
              denspirale wäre deshalb enorm wichtig. Besonders die offen kommunizierte Kurzsichtig-
              keit der Fed gibt aus diesem Schulden-Gesichtspunkt heraus aber wenig Grund zur Hoffnung.
              So gab Jerome Powell kürzlich folgende Sätze zu Protokoll:

                                               “We crossed a lot of red lines that had not been crossed before
                                          … I’m very confident that this is the situation where you do that and
                                          then you figure it out.” (Powell, 2020)

                                               Diese «Wir-werden-sehen-was-dabei-heraukommt»-Haltung
                                          scheint der Argumentation der Pessimisten mit Blick auf die Schul-
                                          dentragbarkeit und die obige Formel insbesondere deshalb Auftrieb
              Jerome Powell               zu verleihen, weil die Fed mit ihren jetzigen Interventionen ja
                                          drei Bausteine dieser Formel eher nachteilig beeinflusst:

                                         • Erstens ist es gerade die Fed, die mit ihrer aggressiven Niedrig-
                                           zins-Politik gepaart mit riesigem QE, im Rahmen dessen sie
                                           undifferenziert Finanzanlagen und sogar Junk Bonds kauft, Preis-
                                           mechanismen aushebelt und für Kapitalfehlallokationen
                                           (Stichwort Zombie-Firmen) sorgt. Dies dürfte das Wirt-
                                           schaftswachstum langfristig hemmen.
                                         • Zweitens ermuntert die Fed die US Regierung regelrecht dazu,
                                           weitere Schulden aufzunehmen und grosse Primärdefizite an-
                                           zuhäufen.
                                         • Drittens könnten die gewaltigen Liquiditätsspritzen künftig im
                                           Negativszenario zu einer zunehmenden Inflationsdynamik
                                           führen (auch wenn aktuell eher Deflationsgefahr besteht), welche
                                           Zinserhöhungen nötig machen und die Schuldentragbarkeit
                                           auch dadurch torpedieren würde.

                                                                                                             11
10. Staaten gewinnen die Oberhand über die Fed

                    Wasser auf die warnenden Mühlen der Pessimisten ist dabei die immer stärker werdende Ver-
              zahnung von Geld- und Fiskalpolitik und der damit einhergehende, gefährliche Verlust
              der wichtigen Notenbankunabhängigkeit (Cukierman, 1992). Die Politik dürfte (anders als
              Notenbanken) künftig nämlich kaum Anreize zur Rückabwicklung der aktuellen Inter-
              ventionen haben. Regierungen könnten gar Gefallen am scheinbar kostenlosen Perpetuum mo-
              bile des dauerhaften «Geld-Druckens» finden, was langfristig im schlimmsten aller Fälle zu Zwei-
              feln an der Schuldentragbarkeit und zu einem generellen Vertrauensverlust in den Wert des
              Geldes führen könnte.

                                                       Schliesslich sagte schon Milton Friedman: “Nothing is
                                                  so permanent as a temporary government programme.”

              Milton Friedman

11. Kollektive Kurzsichtigkeit, ein gefährlicher Teufelskreis und weitere Risiken

                     In den vergangenen Monaten schienen Investoren allerdings teilweise geradezu euphorisiert.
              Durch den gewaltigen «Brückenbau» von Fed und US Regierung werden sie zu leichtsinnigem
              Verhalten und kollektiver Kurzsichtigkeit (Davies et. al., 2014) animiert. Erste Anzeichen dafür
              sind bereits erkennbar. So denkt beispielsweise der kalifornische Pensionsfund CalPERS seit Kur-
              zem darüber nach, seine Leverage-Quote deutlich auszubauen, um durch gehebelte Investitionen
              in illiquide Anlageklassen sein gesetztes 7% Return Ziel zu erreichen. Das Tandem Fed und US
              Regierung manövriert sich so in einen selbstverschuldeten Teufelskreis: Das Finanzsystem als
              Ganzes verträgt grosse Kursverluste in einem solchen System nämlich immer weniger. Bei fallen-
              den Kursen muss die Notenbank deshalb immer rascher einspringen. Das System als Gan-
              zes wird «Too-big-to-fail».
                   Dabei lassen sich zugrundeliegende Probleme nicht dauerhaft überdecken. Mittelfristig wer-
              den Regierungen, Notenbanken, Firmen und Haushalte nicht darum herumkommen, sich auch
              mit den Themen monopolistische Marktstrukturen, nachhaltige Verhaltensänderungen
              von Konsumenten und Rückbau globaler Liefer- und Wertschöpfungsketten als mögliche
              Risiken befassen zu müssen. Weitere Viruswellen dürften ausserdem in nächster Zeit immer wie-
              der zu Herausforderungen führen.
                    Es ist völlig unklar, wie lange die aktuell errichtete Liquiditäts-Brücke von Notenban-
              ken und Staaten unter diesen Umständen wirksam aufrechterhalten werden kann: Trotz
              aller Liquiditätsspitzen und tiefer Zinsen werden sich viele Firmen und Haushalte nach der Krise
              nämlich mit einer gestiegenen Schuldenlast konfrontiert sehen. Diese Schulden müssen sie aus der
              laufenden Geschäftstätigkeit heraus erst bedienen können. Dies gilt insbesondere für jene Unter-
              nehmen, welche wegen ihrer bescheidenen Profite schon heute nicht einmal die Zinszahlungen auf
              ihre Schulden leisten können. Gemäss BIS (2018) beträgt der Anteil dieser Zombie-Firmen in den
              14 grössten Industrieländern mittlerweile immerhin etwa 12 % (BIS 2018). Solvenz-Risiken dieser
              Art lassen sich nicht dauerhaft unterdrücken. Gerade auch deshalb, weil viele Sektoren einem gros-
              sen strukturellen Wandel gegenüberstehen. Sollten sich Firmenpleiten folglich häufen, würde
              auch das Bankensystem und damit die Kreditvergabe in Schieflage geraten.
                   Auch die politischen Langzeitfolgen sind nicht zu unterschätzen: Geostrategisch liefern
              sich die USA durch ihre permanenten Handelsbilanzdefizite, welche sie sich vor allem von China

                                                                                                              12
finanzieren lassen, beispielsweise immer stärker ihrem künftigen Widersacher aus und gefährden
             so die Rolle des Dollar als globale Leit- und Reservewährung und damit seinen Wert. Populisti-
             sche Tendenzen aufgrund der geschilderten Divergenzen sind schon heute nicht von der Hand zu
             weisen. Ihr Einfluss auf Wahlergebnisse wird uns noch länger beschäftigen.

             Abbildung 9:
             14 Gründe warum die Brücke von Notenbanken und Staaten auf wackeligen Pfeilern steht

              Divergenzen                                                 Vertrauens-
                              Schulden-    Kapitalfehl-    abhängige                    Kurzsichtige
                  und                                                       verlust                     Teufelskreis
                             tragbarkeit   allokationen   Notenbanken                     Akteure
              Ungleichheit                                                & Inflation

               Monopolis-                    Rückbau                      Zombies /       Pleiten      Politik / Wahlen
                             Verhaltens-                     Weitere
                 tische                      globaler                     schwaches      & fragile     / Geostrategi-
                             änderungen                   Corona-Wellen
               Strukturen                  Lieferketten                   Wachstum       Banken              sches

12. Fazit: Hohe Erträge sind in dieser Erholung mit hohen Risiken verbunden

                  Für den Moment hat der von Geld- und Fiskalpolitik gemeinsam orchestrierte Brü-
             ckenbau in Bezug auf die die Renditedimension funktioniert. Die Märkte haben sich von
             ihren Tiefs am 23. März so rasch erholt wie nie zuvor nach einem derart grossen Crash. So haben für
             den S&P 500 Index 74 Handelstage gereicht um bereits 80% seiner Verluste in der Corona-Krise
             wiedergutzumachen. In der Finanzkrise dauerte dies 1100 und in der Dotcom Krise gar 1500 Tage.
             Klar ist allerdings auch, dass die Risiken, die Investoren für diese Kursgewinne in Kauf
             nehmen müssen, deutlich über jenen früherer Erholungsphasen liegen.

                  Viele Anleger scheinen sich der Risiken und Nebenwirkungen des Brückenbaus je-
             denfalls bewusst zu sein. Abbildung 10 zeigt klar, dass der CBOE Volatility Index (VIX)
             dieses Mal zum Zeitpunkt der 50% und 80% Recovery des S&P 500 Index deutlich höher
             stand als in vergleichbaren Krisen in der Vergangenheit. Zahlreiche oben aufgezeigte Proble-
             me wurden aufgrund der allgemein anerkannten Dringlichkeit der Corona-Krise eben in kollekti-
             ver Kurzsichtigkeit auf die lange Bank geschoben. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, auf das wir auch
             in unseren kommenden makroökonischen Updates wieder vertieft eingehen werden. Ein struktu-
             riertes und systematisches Risikomanagement ist in einem solchen Umfeld jedenfalls un-
             erlässlich.

                                                                                                                       13
Abbildung 10:
                Das Verhältnis von Risiko zu Ertrag ist in der Corona-Krise höher als in anderen Krisen

           40

                  An jenem Tag, an dem der S&P 500 Index 50% seiner
           35
                  Corona-Verluste wiedergutgemacht hatte, stand der
           30     VIX immer noch bei sehr hohen 37,8 Punkten...

           25     ... und damit deutlich höher als zum gleichen Zeitpunkt
                  in früheren Krisen
           20
                                                                                                                               WALLST          ST
                                                                                                                                        MAIN

           15

           10

           5

           0
                             Dotcom-Krise                                      Finanzkrise                                   Corona-Krise

                  Stand des VIX an jenem Tag, an dem der S&P 500 Index 50% seiner Verluste seit Beginn der Krise wiedergutgemacht hatte

                  Stand des VIX an jenem Tag, an dem der S&P 500 Index 80% seiner Verluste seit Beginn der Krise wiedergutgemacht hatte

                                                                                                                             Quelle: Finreon Research, Bloomberg

Schlussfolgerungen

                                    Die Dimensionen der Corona-Krise und des damit verbundenen
                                    Wirtschaftseinbruchs scheinen die enormen Rettungspakete der
                                    Fed und der US Regierung prinzipiell zu rechtfertigen

                                    Gemeinsam haben die beiden Institutionen versucht, in drei
                                    Phasen eine Brücke zu bauen, ausgehend vom soliden Funda-
                                    ment vor der Krise hin zu einer Position wiedergewonnener Stärke
                                    danach
                                              Die konventionelle Geldpolitik durch Zinssenkun-
                                              gen und Offenmarktgeschäfte ist zunächst wir-
                                              kungslos verpufft
                                              Zur Finanzierung der gewaltigen Staatsaus-
                                              gaben im Rahmen des CARES Act flutete die US
                                              Regierung den Markt mit neuen Staatsanleihen
                                              Mit unkonventioneller Geldpolitik und unlimitier-
                                              tem Quantitative Easing sowie in enger Koordina-
                                              tion mit dem Staat ist es der Fed letztlich gelun-
                                              gen, die Risikoaufschläge zu senken und den
                                              Markt zu stützen

                                    Mit der kürzlich erfolgten Anpassung des „Inflationsziels“
                                    verlieh die Fed den Märkten zusätzlichen Schub. Weitere Werke-
                                    zeuge stehen noch zur Verfügung

                                    Bisher sind die positiven Implikationen der Eingriffe über alle
                                    Investmentklassen hinweg offensichtlich

                                                                                                                                                             14
Die Interventionen schaffen aber auch bedenkliche Divergenzen
und treiben eher die Sparquote als den Konsum

Die grösste Gefahr liegt im Verlust der dauerhaften Schulden-
tragbarkeit

Gerade die Fed selbst scheint diese Tragbarkeit der Schulden
in einer ambivalenten Rolle zu gefährden

Der gewachsene Einfluss des Staates und der Verlust
geldpolitischer Unabhängigkeit stehen einer gezielten Rückab-
wicklung aktueller Eingriffe zudem künftig im Wege

Viele bedeutende Risiken werden in einem kollektiven Hang zur
Kurzsichtigkeit derzeit leider kaschiert oder sogar verstärkt

Hohe Erträge sind in dieser Erholung deshalb mit deutlich
höheren Risiken verbunden als in ähnlichen Marktphasen in der
Vergangenheit

Ein strukturiertes und systematisches Risikomanagement
ist in einem solchen Umfeld unerlässlich

                                                                15
Quellenverzeichnis

    Banerjee, R., & Hofmann, B. (2018). The rise of zombie firms: causes and consequences. BIS Quarterly Review September. Abgerufen von
    https://www.bis.org/publ/qtrpdf/r_qt1809g.pdf

    Cukierman, A. (1992). Central Bank Strategy, Credibility, and Independence: Theory and Evidence, Cambridge, Massachusetts, MIT
    Press.

    DeLong, J.B., & Summers, L.H. (2012). Fiscal Policy in a Depressed Economy. Brookings Papers on Economic Activity, Economic Studies
    Program, The Brookings Institution, 43(1), 233-297. Abgerufen von https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2012/03/2012a_de-
    long.pdf

    Davies, R., Haldane, A. G., Nielsen, M., Pezzini, S. (2014). Measuring the costs of short-termism. Journal of Financial Stability, 12, 16-25.

    Goodfriend, M. (2000). Overcoming the Zero Bound on Interest Rate Policy. Journal of Money, Credit and Banking, 32(4), 1007-1035.
    Abgerufen von https://www.jstor.org/stable/2601157?seq=1#metadata_info_tab_contents

    Gourinchas, P. O. (2020). Flattening the Pandemic and Recession Curves. Abgerufen von https://clausen.berkeley.edu/flat-
    tening-the-pandemic-and-recession-curves/

    Gourinchas, P. O., Govillot, N., & Rey, H. (2017). Exorbitant Privilege and Exorbitant Duty. Abgerufen von http://www.helenerey.eu/
    AjaxRequestHandler.ashx?Function=GetSecuredDOC&DOCUrl=App_Data/helenerey_eu/Working-Papers_en-GB/_Documen
    ts_2012-13/71510901685_67186463733_duty_23_10_2017.pdf

    International Monetary Fund. (2020). A Crisis Like No Other, An Uncertain Recovery (World Economic Outlook Update / June 2020).
    Abgerufen von https://www.imf.org/~/media/Files/Publications/WEO/2020/Update/June/English/WEOENG202006.ashx?la=en

    Keister, T., & McAndrews, J. (2009). Why Are Banks Holding So Many Excess Reserves? Current Issues in Economics and Finance, 15(8).
    Abgerufen von https://www.newyorkfed.org/medialibrary/media/research/current_issues/ci15-8.pdf

    Keynes, J. M. (1936). The General Theory of Employment, Interest and Money. Basingstoke: Palgrave Macmillan.

    Powell, J. (2020). At Griswold Center for Economic Policy Studies Princeton Reunions Talk: A Conversation with Jerome Powell, mode-
    rated by Alan Blinder (via webcast). Abgerufen von https://www.rev.com/blog/transcripts/fed-chairman-jerome-powell-princeton-on-
    line-forum-transcript

    Reinhart, C., & Reinhart, V. (2020). The Pandemic Depression - The Global Economy Will Never Be the Same. Abgerufen von https://
    www.foreignaffairs.com/articles/united-states/2020-08-06/coronavirus-depression-global-econo-my?utm_medium=newslet-
    ters&utm_source=pre_release&utm_campaign=&utm_content=20200806&utm_term=PressFA%2C%20Members%2C%20and%20
    Staff

    Reinhart, C., & Sbrancia, M. B. (2015). The Liquidation of Government Debt. IMF Working Paper. Abgerufen von https://www.imf.org/
    external/pubs/ft/wp/2015/wp1507.pdf

    Referenzen

1
    Der Fakt, dass die US Wirtschaft sich diese exzessive Konsumabhängigkeit primär über jahrzehntelange Handelsbilanzdefizite mit dem
    Ausland finanziert hat, ist Fluch und Segen zugleich. Das Land nutzt damit einerseits erfolgreich das «Exorbitante Privileg» mit dem
    US Dollar die globale Leitwährung zu stellen und so zu jederzeit willige Gläubiger zu finden, begibt sich aber zunehmend in die strate-
    gische Abhängigkeit seines Hauptfinanziers China (Gourinchas et. al., 2017).

2
    Die Fed hat dabei vor allem länger laufende Anleihen und Notes gekauft, während Geldmarkt-Funds als Käufer bei T-Bills eingesprun-
    gen sind.

3
    Nebenbei hat die US Fed durch Eingriffe auf den Repo-Märkten und durch die Ausweiterung von USD Swap Linien auch dem interna-
    tionalen Bankensystem unter die Arme gegriffen und die Welt mit stark nachgefragten US Dollars versorgt.

4
    Abgesehen davon werden weitere Zinssenkungen in negatives Territorium aufgrund ihrer potentiell schädlichen Wirkungen auf das
    Bankensystem, Pensionskassen und die Volkswirtschaft als Gesamtes sowie wegen einer möglichen «Liquidity-Trap» (Keynes, 1936) in
    den USA deutlich kritischer beäugt als beispielsweise in der Eurozone oder der Schweiz. Eine ausführliche Analyse dieser «Zero-Lower-
    Bound» Problematik sowie möglicher Auswege und Lösungen finden Sie beispielsweise in Goodfriend (2000).

5
    Kurz für Coronavirus Aid, Relief, and Economic Security Act.

6
    Nachschusspflichten in anderen Märkten, die Liquiditätsfalle, und ein Verlust der Pufferfunktion von Anleihen wegen der «Nullzins-
    grenze» in Portfolios spielte dabei natürlich ebenfalls eine Rolle.

7
    Dieser Vermögenspreiskanal ist vor allem in den USA von grosser Bedeutung, wo die Menschen einen grossen Teil des Konsumanstiegs
    über ihre Pensionsansprüche finanzieren.

8
    Zudem pumpte die Fed ca. 450 Milliarden USD über ihre USD Swap Linien in das globale Finanzsystem. Weitere Interventionen auf
    allen Staatsanleihen- und Kreditmärkten sind geplant.

                                                                                                                                              16
Finreon – Ein Spin-Off der Universität St.Gallen (HSG)

                   Das Unternehmen Finreon entstand als Spin-Off der Universität St.Gallen (HSG) und gilt
              heute als etablierte und kompetente Partnerin, wenn es um innovative Anlagekonzepte im Bereich
              der Vermögensverwaltung und dem Advisory institutioneller Kunden geht. Die Lösungen von Fin-
              reon basieren auf langjähriger Praxiserfahrung und neuesten Erkenntnissen aus der Forschung mit
              modernen Finanzmarkttheorien.

             CEO

              Dr. Ralf Seiz
              Lehrbeauftragter Universität St.Gallen

             Kontakt

              Finreon AG
              Oberer Graben 3
              CH-9000 St.Gallen

              +41 71 230 08 06

              info@finreon.ch
              www.finreon.ch

              Disclaimer
              Diese Unterlagen und die darin enthaltenen Informationen sind nur für ausgewählte qualifizierte Investo-
              ren bestimmt und vertraulich. Eine Reproduktion oder eine Weiterverwendung ist nicht erlaubt. Die vorlie-
              gende Dokumentation stellt weder eine Empfehlung noch eine Offerte zum Abschluss irgendeines Rechts-
              geschäfts dar. Sie dient lediglich zu Informationszwecken. Obwohl Finreon AG bestrebt ist, den Inhalt
              dieses Dokuments korrekt und vollständig zu halten, wird keine Garantie für dessen Richtigkeit, Aktualität
              und Vollständigkeit gegeben. Jede Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus diesen Informati-
              onen ergeben, wird ausgeschlossen. Historische Renditen sind keine Garantie für zukünftige Erträge.
Sie können auch lesen