KFW-GRÜNDUNGSMONITOR 2020 GRÜNDUNGSTÄTIGKEIT IN DEUTSCHLAND 2019: ERSTER ANSTIEG SEIT 5 JAHREN - 2020 IM SCHATTEN DER CORONA-PANDEMIE - KFW RESEARCH

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KFW-GRÜNDUNGSMONITOR 2020 GRÜNDUNGSTÄTIGKEIT IN DEUTSCHLAND 2019: ERSTER ANSTIEG SEIT 5 JAHREN - 2020 IM SCHATTEN DER CORONA-PANDEMIE - KFW RESEARCH
KfW Research

    KfW-Gründungsmonitor 2020
 Gründungstätigkeit in Deutschland
 2019: erster Anstieg seit 5 Jahren
 – 2020 im Schatten der Corona-
 Pandemie
Impressum

Herausgeber
KfW Bankengruppe
Abteilung Volkswirtschaft
Palmengartenstraße 5-9
60325 Frankfurt am Main
Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944
www.kfw.de

Autor
Dr. Georg Metzger, KfW Bankengruppe
Telefon 069 7431-9717

ISSN 1867 1489

Copyright Titelbild
Quelle: Getty Images / Fotograf Datacraft Co Ltd

Frankfurt am Main, Juli 2020
Gründungstätigkeit in Deutschland 2019: erster Anstieg seit
fünf Jahren – 2020 im Schatten der Corona-Pandemie

                                                         Gründungstätigkeit steigt nach langer Talfahrt –
Zahl der Existenzgründungen legt zu
                                                         Voll- und Nebenerwerb driften wieder auseinander
Gestützt durch die Entwicklung von Konjunktur und
                                                         Seit etwa 15 Jahren drückt der gut laufende Arbeits-
Arbeitsmarkt konnte die Gründungstätigkeit in
                                                         markt auf die Gründungstätigkeit in Deutschland. Durch
Deutschland 2019 erstmals seit Jahren wieder an-
                                                         das Abflauen des Rekordbooms nimmt die Absorpti-
ziehen. Die Zahl der Existenzgründungen ist auf
                                                         onskraft des Arbeitsmarkts jedoch ab, was der Grün-
605.000 gestiegen (+58.000). Maßgeblich dafür war
                                                         dungstätigkeit zugute kommt. Unterstützt durch die
ein deutliches Plus bei Nebenerwerbsgründungen,
                                                         Entwicklung der Binnenkonjunktur, ist die Zahl der
bei Vollerwerbsgründung ging es dagegen abwärts
                                                         Existenzgründungen 2019 auf 605.000 gestiegen, das
auf einen neuen Tiefpunkt. Dabei konnte die Zahl
                                                         sind 58.000 Personen mehr als im Jahr zuvor (Tabel-
der Chancengründungen auf 439.000 überpropor-
                                                         le 4). Die Gründerquote legte dabei von 1,06 auf
tional zulegen.
                                                         1,17 % zu und ist somit vorerst an der Ein-Prozent-
                                                         Marke „abgeprallt“ (Grafik 1). Der Anstieg ist jedoch al-
Gründungstätigkeit wieder innovativer,
                                                         leinig auf Nebenerwerbsgründungen zurückzuführen.
wachstumsorientierter, vor allem aber digitaler
                                                         Sie nahmen auf 377.000 zu (+85.000), während die
Innovative Gründungen und Wachstumsgründungen
                                                         Zahl der Vollerwerbsgründungen nach dem positiven
sind bei den Existenzgründungen 2019 etwas häufi-
                                                         Vorjahr wieder auf 228.000 Personen (-27.000) gesun-
ger zu finden als im Vorjahr. Deutlich zugelegt haben
                                                         ken ist.
dagegen internetbasierte und digitale Gründungen
– vor allem im Vollerwerb. Wurden solche Gründun-
                                                         Grafik 1: Rückgang der Gründungsquote prallt
gen aufgrund niedrigerer Eintrittsbarrieren bisher
                                                         vorerst an der Ein-Prozent-Marke ab
stärker im Nebenerwerb genutzt, hat ihr Anteil nun
bei den Vollerwerbsgründungen aufgeholt.                 Gründungsquote in Prozent

                                                         2,76
Gründungen erneut kapitalintensiver
Der durchschnittliche Kapitaleinsatz bei Existenz-
gründungen hat sich in den vergangenen Jahren er-
                                                         1,50
höht. Insbesondere bei Vollerwerbsgründungen ist         1,26                                                                             1,17
der Kapitaleinsatz gestiegen. Hierin spiegelt sich un-   1,00
                                                                                                                                          0,73
ter anderem die stärkere Konzentration der Grün-                                                                                          0,44
dungstätigkeit auf Chancengründungen wider.
                                                                '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19

Corona-Krise trifft Selbstständige hart                           Existenzgründungen, davon:
Konjunkturelle Sorgen werden wieder zu einer                      Vollerwerb                                 Nebenerwerb

Gründungsbarriere, nachdem sie jahrelang weniger         Gründungsquote: Anteil der Existenzgründungen an der Erwerbsbe-
wichtig waren. Die Corona-Krise dürfte diese Ent-        völkerung (18 bis 64 Jahre).
wicklung weiter beschleunigen. Selbstständige sind       Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
von der Corona-Krise hart getroffen. Anfang April
hatten 90 % der Selbstständigen Umsatzrückgänge,
                                                          Box 1: Der KfW-Gründungsmonitor
jeder Dritte hatte gar keine Einnahmen mehr. Nur ein
                                                          Der KfW-Gründungsmonitor basiert auf Angaben
Drittel der Selbstständigen kann diese Situation län-
                                                          von 50.000 zufällig ausgewählten, in Deutschland
ger als 3 Monate mit eigenen Mitteln durchhalten.
                                                          ansässigen Personen. Sie werden jährlich im Rah-
                                                          men einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung
Ausblick 2020
                                                          interviewt. Gründer werden dabei breit erfasst: Ob
Der Ausblick für die Gründungstätigkeit 2020 war
                                                          im Voll- oder Nebenerwerb, ob Freiberufler oder
positiv – die Corona-Pandemie verändert aber eini-
                                                          Gewerbetreibender, ob Neugründung oder Über-
ges. Viele Gründungspläne, von denen es erneut
                                                          nahme. Der KfW-Gründungsmonitor liefert damit ein
mehr gab, dürften nun verschoben werden. Aller-
                                                          umfassendes Bild der Gründungstätigkeit in
dings sind krisenbedingt mehr Notgründungen zu
                                                          Deutschland.
erwarten.
KfW Research

Binnenwachstum gibt entscheidenden Impuls für                                Das hat auch mit der demografischen Entwicklung zu
positive Entwicklung der Gründungstätigkeit                                  tun. Die (schrumpfende) Bevölkerung wird im Durch-
Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung war 2019 merk-                         schnitt immer älter. Der Wunsch nach beruflicher
lich schwächer als in den Vorjahren. So hat sich das                         Selbstständigkeit nimmt aus verschiedenen Gründen
Wachstum der Binnennachfrage halbiert und legte                              aber mit steigendem Lebensalter ab.5 Somit schwindet
preisbereinigt um 1,0 % zu (2018: +2,1 %).1 Auch ist                         der Gründergeist in der Gesamtbevölkerung, je älter
die Erwerbslosenquote weniger stark gefallen als im                          sie strukturell wird.
Vorjahr: Sie ging um 0,2 Prozentpunkte auf 3,0 % zu-
rück (2018: -0,4 PP)2. Der Rekordboom am Arbeits-                            Grafik 3: Wunsch nach beruflicher Selbstständig-
markt scheint abzuflauen. Zwar ist der im Jahresver-                         keit ist seit dem Jahr 2000 gesunken
gleich geringere Rückgang der Erwerbslosenquote al-                          Anteil der Bevölkerung im Alter von 18 bis unter 67 Jahren, die lieber
lein kein Beweis dafür, die Indizien mehren sich aber.                       beruflich selbstständig sein würde, in Prozent
So ist auch der Bestand an offen gemeldeten Arbeits-
stellen erstmals seit Jahren gesunken. Trotz des hal-
                                                                             69
bierten Binnenwachstums konnte, anders als im Vor-
jahr, der konjunkturelle Wachstumseffekt 2019 die                            51                                                   52
Sogwirkung des Arbeitsmarkts überkompensieren, so-                           45

dass ein Anstieg der Gründungszahl zu Buche schlug.                                                                               36
                                                                                                                                                     26
                                                                                                                             30        28
                                                                                                                                             25
Grafik 2: Gründerquote und Bestand an offenen
Arbeitsstellen korrelieren stark
                                                                               2000                                         '12        '17 '18 2019
Entwicklung Gründerquote und offene Arbeitsstellen
                                                                                         Deutschland      EU15           USA

                                                                             Quellen: Flash Eurobarometer Entrepreneurship für die Jahre
                                                                                                                                      6
                                                                             2000–2012, KfW-Gründungsmonitor für die Jahre ab 2017.

                                                                             Chancengründungen legen zu
                                                                             Existenzgründungen werden typischerweise in „Chan-
                                                                             cengründungen“ und „Notgründungen“ unterschieden.7
                                                                             Ein Großteil der Gründungen sind Chancengründun-
                                                                             gen, bei denen sich Gründerinnen und Gründer selbst-
                                                                             ständig machen, um eine Geschäftsgelegenheit aus-
   '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19
                                                                             zunutzen (Grafik 4). Die Zahl der Chancengründungen
          Gründerquote             Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen
                                                                             ist 2019 auf 439.000 überproportional gestiegen
Gründerquote: Anteil der Existenzgründungen an der Erwerbsbevöl-             (+57.000, Tabelle 4), ihr Anteil legte auf 73 % zu. Wur-
kerung (18 bis 64 Jahre).                                                    de gegründet, weil keine bessere Erwerbsalternative
Quellen: KfW-Gründungsmonitor und Bundesagentur für Arbeit.
                                                                        3
                                                                             gegeben war, handelt es sich um Notgründungen. De-
                                                                             ren Zahl ging 2019 auf 141.000 zurück (-7.000).
Der Anstieg der Gründerzahl im Jahr 2019 ist vorerst
aber nur eine Momentaufnahme vor dem Hintergrund
                                                                             Grafik 4: Günstige Geschäftsgelegenheiten – Anteil
einer seit Jahren sinkenden Gründungstätigkeit in
                                                                             der Chancengründungen legt leicht zu
Deutschland. Eine Hauptursache für den langfristig ne-
gativen Trend ist der außergewöhnlich lang anhaltende                        In Prozent an allen Existenzgründungen
Arbeitsmarktaufschwung. Eine weitere Ursache ist der                              2017                     70                           24           6
schwindende Gründergeist. Diese Entwicklung könnte                                2018                     70                            27          3
langfristig noch kritischer für die Gründungstätigkeit
                                                                                  2019                     73                               23       4
sein. Denn sie betrifft nicht konjunkturelle Rahmenbe-
dingungen, die sich relativ schnell ändern können,                                Geschäftsgelegenheit   Keine bessere Erwerbsalternative        Beides

sondern Einstellungen. So hat der Wunsch nach beruf-
                                                                             Die Frage zum Gründungsmotiv lautet: „Was trifft eher auf Sie zu:
licher Selbstständigkeit abgenommen – nicht nur in                           Haben Sie sich selbstständig gemacht, um eine Geschäftsgelegen-
Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern                          heit [Chance] wahrzunehmen oder weil es keine bessere Erwerbsal-
(Grafik 3).4                                                                 ternative [Not] gab?“

                                                                             Quelle: KfW-Gründungsmonitor.

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KfW-Gründungsmonitor 2020

Ein Grund für die steigende Zahl von Chancengrün-             gentlichen Erwerbstätigkeitswunsch vernachlässigen
dungen ist die gegenläufige Entwicklung bei Voll- und         zu müssen.
Nebenerwerbsgründungen. So gibt es bei Nebener-
werbsgründungen einen höheren Anteil von Chancen-             Mehr Existenzgründungen durch Männer
gründungen (78 %) als bei Vollerwerbsgründungen               Die höhere Gründungstätigkeit 2019 ist auf mehr Exis-
(66 %). Legt die Zahl der Nebenerwerbsgründungen              tenzgründungen durch Männer zurückzuführen (Grafik
überproportional zu, wirkt sich dies somit positiv auf        6). Ihre Zahl legte auf 390.000 zu (+59.000), nachdem
den Anteil der Chancengründungen aus.                         es hier 4 Jahre bergab ging. Die Zahl der Gründerinnen
                                                              stagnierte dagegen und liegt mit 215.000 kaum verän-
Notgründungen sind stärker als Chancengründungen              dert (-1.000) auf Vorjahresniveau. Der Gründerinnen-
vom Arbeitsmarkt beeinflusst. Denn von der Anzahl             anteil ging somit auf 36 % zurück (2018: 40 %). Die
und Güte der ausgeschriebenen Stellen hängt es maß-           stagnierende Zahl der Gründerinnen resultiert aus zwei
geblich ab, ob sich eine Erwerbsalternative finden            gegenläufigen Entwicklungen: Bei Nebenerwerbs-
lässt, die den eigenen Ansprüchen an beispielsweise           gründungen steigt sie auf 153.000 (+34.000), während
Verdienst, Unabhängigkeit oder Karriere genügt. Die           sie bei Vollerwerbsgründungen um 35.000 auf 62.000
andauernde Stärke des Arbeitsmarkts wirkte sich daher         Gründerinnen und somit einen neuen Tiefpunkt fällt.
hauptsächlich auf die Anzahl der Notgründungen aus,
die sich seit den Jahren vor 2012 mehr als halbierte.         Grafik 6: Gründerinnenanteil sinkt – Zahl der
                                                              Gründerinnen verändert sich aber kaum
Notgründungen sind in gewisser Weise durch fehlende           Existenzgründungen in Tausend
bessere Alternativen „erzwungen“, können aber den-
                                                              1.600 –
noch der eigentlichen Wunscherwerbstätigkeit ent-
                                                              1.400 –                                              43 %
sprechen. So ist bei etwa zwei Drittel der Notgründun-
gen die Selbstständigkeit gleichzeitig die eigentliche        1.200 –

Wunscherwerbstätigkeit der Gründerinnen und Grün-             1.000 –
der (Grafik 5). Möglicherweise wollten sie ihren               800 –                                                                               36 %
                                                                             34 %
Wunsch von der Selbstständigkeit zu einem späteren             600 –
Zeitpunkt erfüllen, wurden dann aber durch ein Ereignis
                                                               400 –                                                                           390
wie einer unerwarteten Arbeitslosigkeit zur vorzeitigen
                                                               200 –
Existenzgründung „gezwungen“. Bei etwa einem Drittel                                                                                          215
der Notgründungen haben sich die Gründerinnen und                 0–
                                                                         '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19
Gründer selbstständig gemacht, obwohl sie lieber an-
                                                                        Gründerinnen                   Gründer
gestellt erwerbstätig sein würden.                                      Gründerinnenanteil

                                                              Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
Grafik 5: Bei einem Drittel der Notgründungen ist
eigentlich lieber eine Anstellung gewünscht                   Die Zahl der Existenzgründungen durch Männer ist
Wunscherwerbstätigkeit in Prozent
                                                              sowohl im Voll- als auch im Nebenerwerb gestiegen.
                                                              Im Vollerwerb legte sie auf 167.000 zu (+9.000), im
  Existenzgründungen (insg.)              72        24    4
                                                              Nebenerwerb auf 223.000 (+50.000). In beiden Seg-
        Chancengründungen                 75         21   3
                                                              menten konnte sich die Zahl der Existenzgründungen
             Notgründungen              65          35        durch Männer somit wieder von den Tiefpunkten des
                                                              vergangenen Jahres lösen.
    Selbstständig     Angestellt    Unentschieden

Quelle: KfW-Gründungsmonitor.                                 Gründungstätigkeit wird wieder innovativer,
                                                              wachstumsorientierter und vor allem digitaler
Bei jeder fünften Chancengründung ist die eigentliche
                                                              Mit bestimmten Gründungen gehen volkswirtschaftliche
Wunscherwerbstätigkeit der Gründerinnen und Grün-
                                                              Erwartungen einher. Aufgrund ihrer Nähe zu neuen
der, angestellt zu sein. Dies erscheint zunächst wider-
                                                              Technologien kommt innovativen Gründungen und digi-
sprüchlich, da Gründerinnen und Gründer von Chan-
                                                              talen Gründungen8 die Rolle von Schumpeters „schöp-
cengründungen typischerweise nicht zur Selbststän-
                                                              ferischem Zerstörer“ zu. Denn insbesondere sie greifen
digkeit gezwungen sind. Ein Blick auf die Art der
                                                              etablierte Märkte an oder kreieren gänzlich neue Märk-
Selbstständigkeit klärt aber auf: 95 % dieser Gründun-
                                                              te und treiben so den strukturellen Wandel voran. Mit
gen sind Nebenerwerbsgründungen. Hier wird also ei-
                                                              Wachstumsgründungen ist – aufgrund ihres Anspruchs
ne Geschäftsgelegenheit wahrgenommen ohne den ei-
                                                              „so groß wie möglich“ zu werden – die Hoffnung ver-

                                                                                                                                                   Seite 3
KfW Research

bunden, dass sie langfristig einen nachhaltigen Be-                     Grafik 8: Mehr Gründungen mit Marktneuheiten
schäftigungsbeitrag leisten.                                            Gründungen mit Marktneuheiten in Prozent

                                                                        25 –
Innovative Gründungen und Wachstumsgründungen
sind bei den Existenzgründungen 2019 zwar häufiger                                                                 5
                                                                        20 –
zu finden als im Vorjahr, allerdings nur marginal mehr
(Grafik 7). Deutlich häufiger kommen jetzt dagegen in-                  15 –   3   4       1                  4
                                                                                                                   5
                                                                                                                                                 16
                                                                                       4              2   2             3           2
ternetbasierte und digitale Gründungen vor. Nachdem                            4   5       5                                4   3
                                                                                                                                            5
                                                                                                2     2       5                         4
                                                                                                          4
im Vorjahr noch ein Viertel der Existenzgründungen in-                  10 –           4        2
                                                                                                                        4   3       5
                                                                                                                                6
ternetbasiert waren, ist 2019 das Internet bei knapp ei-                                                                                4   4
                                                                                                                   12
nem Drittel Kernelement des Unternehmens. Der Anteil                     5–    11 10       10       10    9   10
                                                                                       8        9                       9   9       8
                                                                                                                                5       6   6
digitaler Gründungen ist von 22 auf 28 % gestiegen.
Besonders bei Vollerwerbsgründungen erhöhte sich                         0–
                                                                               '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19
der Anteil internetbasierter und digitaler Gründungen                      Weltweite Marktneuheiten                Deutschlandweite Marktneuheiten
deutlich (von 19 und 21 % auf jeweils 28 %). Sie sind                      Regionale Marktneuheiten

durch niedrigere Eintrittsbarrieren gekennzeichnet als                  Anmerkung: Marktneuheiten sind Angebote, die laut Einschätzung
andere Gründungen, weshalb sie bisher stärker im Ne-                    der Befragten entweder auf dem regionalen, deutschlandweiten oder
                                                                        weltweiten Markt neu sind.
benerwerb vertreten waren.
                                                                        Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
Grafik 7: Knapp ein Drittel der Gründungen 2019 ist                     Gründungen mit Marktneuheiten machen 2019 15 %
internetbasiert                                                         der Existenzgründungen aus (Grafik 8). Das sind zwar
In Prozent an allen Existenzgründungen                                  2 Prozentpunkte mehr als noch 2018, aber dennoch
                                                                        weniger als im Durchschnitt seit 2005. Der Anstieg
Innovativ                            Wachstumsorientiert
2016                          9      2016                         17    kommt durch leichte Verschiebungen der Anteile von
2017                         14      2017                         23    regionalen, deutschland- und weltweiten Marktneuhei-
2018                         11      2018                         24
2019                         13      2019                         25    ten zu Stande, sie haben sich alles in allem aber kaum
                                                                        verändert.
Internetbasiert                      Digital
2016                         26      2016                         21
2017                         26      2017                         26    Neugründungen und Sologründungen dominieren
2018                         25      2018                         22    Existenzgründungen können auf verschiedenen
2019                         32      2019                         28
                                                                        Wegen erfolgen: als Neugründungen, also dem erst-
Anmerkung: Bei digitalen Gründungen ist deren Angebot nur durch
                                           8
                                                                        maligen Aufbau „unternehmerischer Strukturen“, bei-
den Einsatz digitaler Technologien nutzbar; bei internetbasierten
Gründungen ist das Internet ein Kernelement des Geschäftsmodells;
                                                                        spielsweise für Kundenakquise / Vertrieb, sowie als
bei innovativen Gründungen wird Forschung und Entwicklung durch-        Übernahmen oder Beteiligungen an bestehenden Un-
geführt, um eine technologische Innovation zur Marktreife zu bringen;   ternehmen. Neugründungen sind dabei am häufigsten.
bei Wachstumsgründungen besteht der Anspruch, „so groß wie mög-
                                                                        Im Jahr 2019 waren 8 von 10 Existenzgründungen
lich“ zu werden. Die beschriebenen Gruppen können sich über-
schneiden, die Anteile dürfen daher nicht addiert werden.               Neugründungen. Im langfristigen Vergleich ist ein
                                                                        Trend hin zu Neugründungen sichtbar. So lag ihr Anteil
Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
                                                                        in den 2010-ern noch meist bei unter 70 %. Übernah-
Auch Gründungen, deren Angebot Marktneuheiten                           men und Beteiligungen wurden 2019 jeweils etwa bei
sind, haben das Potenzial zur „schöpferischen Zerstö-                   1 von 10 Existenzgründungen genutzt.
rung“. Sie umfassen allerdings mehr als beispielsweise
innovative Gründungen, die technologisch Neues ent-                     Ein großer Teil der Existenzgründungen sind Solo-
wickeln. Bei den meisten Marktneuheiten handelt es                      gründungen. Anders als bei Teamgründungen macht
sich um anderswo bereits existierende Angebote, die                     sich dabei eine Person ohne weitere Co-Gründerinnen
neu auf einen räumlich anderen Markt gebracht wer-                      oder -Gründer selbstständig. Sologründungen machen
den: aus anderen Regionen in die eigene oder aus an-                    2019 79 % der Existenzgründungen aus, das entspricht
deren Ländern nach Deutschland. Im langjährigen                         etwa dem langjährigen Durchschnitt. Bei den meisten
Durchschnitt bieten 16 % der Gründungen Marktneu-                       Sologründungen sind auch keine Beschäftigten ange-
heiten an. Die meisten davon (9 %) im regionalen und                    stellt: 64 % der Existenzgründungen 2019 sind solche
deutschlandweiten (4 %) Kontext. Am seltensten sind                     absoluten Sologründungen. Bei Neugründungen sind
weltweite Marktneuheiten (3 %), die definitionsgemäß                    diese mit 72 % noch häufiger zu finden.
tatsächlich „noch nie dagewesen“ sind.

Seite 4
KfW-Gründungsmonitor 2020

    Gründungstätigkeit in den Bundesländern:                        Folglich dürfte die höhere Verdichtung der westdeut-
    Hamburg und Brandenburg tauschen die Plätze                     schen (Flächen-) Länder ein Grund dafür sein, dass
    In der Rangliste der Gründungstätigkeit nach Bun-               sie im Gründerranking typischerweise auf die Stadt-
    desländern steht Berlin souverän an der Spitze                  staaten Berlin und Hamburg folgen. Individuell spielt
    (Tabelle 1). Dort haben im Durchschnitt der Jahre               aber auch die jeweilige Wirtschaftsstruktur der Bun-
    2017–2019 von 10.000 Erwerbsfähigen jährlich 198                desländer eine wichtige Rolle. So wird die Grün-
    Personen eine selbstständige Tätigkeit begonnen                 dungstätigkeit in Hamburg und Berlin stark von der
    (Grafik 9). Brandenburg tauscht mit Hamburg den                 Medien- und IT-Branche mit ihren hohen Anteilen
    Platz und liegt mit 155 Existenzgründungen erstmals             von freiberuflichen Gründern gespeist. Eine industri-
    an zweiter Stelle. Es ist zu vermuten, dass die über-           elle Prägung geht dagegen eher mit einer geringe-
    durchschnittliche Gründungstätigkeit in Berlin in               ren Gründungstätigkeit einher: Großbetriebe haben
    dessen Peripherie ausstrahlt, weil Gründerinnen und             typischerweise attraktive Arbeitsplätze zu bieten, die
    Gründer ihre Stand- oder Wohnorte beispielsweise                auch für potenzielle Gründer interessant sind. Am
    kostenbedingt in den „Speckgürtel“ verlagern. Da                Ende des Länderrankings sind regelmäßig ostdeut-
    Brandenburg Berlin vollständig umgibt, profitiert es            sche Flächenländer vertreten. Dort belastet eine im
    direkt von einer solchen Entwicklung – insbesondere             Durchschnitt geringere Kaufkraft die Gründungstä-
    weil jede(r) Zugezogene aufgrund der relativ gerin-             tigkeit. Auch die ältere Bevölkerungsstruktur wirkt
    gen Einwohnerzahl ein hohes Gewicht hat. Hamburg                sich negativ auf die Gründungstätigkeit aus, da die
    kann mit 122 Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige                 Gründungsneigung in der Regel mit dem Alter ab-
    knapp Platz 3 vor Bayern mit 121 Gründungen                     nimmt.9 Diese Merkmale treffen nach wie vor auf
    behaupten. Auf Platz 5 liegt Niedersachsen mit                  Brandenburg zu, auch wenn es nun auf Platz drei
    116 Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige.                         des Gründungsrankings liegt. Der positive Effekt der
                                                                    Gründungstätigkeit in Berlin scheint den negativen
    Gründungstätigkeit in Ballungsräumen höher                      Einfluss dieser Merkmale zu überkompensieren.
    Ballungsräume sind durch kurze Wege sowie eine
                                                                    Grafik 9: Berlin strahlt auf Brandenburg aus
    hohe Personen- und Unternehmensdichte gekenn-
    zeichnet. Dienstleistungen und Handel profitieren               Anzahl an Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige
                                                                    im Zeitraum 2017–2019,  p. a.
    davon am meisten. Genau in diesen Sektoren ist die
    Selbstständigkeit als Erwerbsform stärker verbreitet.
    Tabelle 1: Berlin bleibt an der Spitze
    Bundeslandranking der Gründungstätigkeit                                                Schleswig-
                                   Rang                Rang                                 Holstein:90
                                               ∆                                                                 Mecklenburg-
                                    neu                 alt                                                      Vorpommern: 41
     Berlin                            1                1
                                                                                            Hamburg:
     Brandenburg                       2                3                     Bremen:          122
                                                                                    37                                      Berlin: 198
     Hamburg                           3                2
                                                                                                Nieder
     Bayern                            4                4                                     sachsen:
                                                                                                 116                          Brandenburg:
     Niedersachsen                     5                6                                                                        155
                                                                                                              Sachsen-
     Baden-Württemberg                 6                7
                                                                         Nordrhein-
                                                                                                              Anhalt: 83
                                                                         Westfalen:
     Nordrhein-Westfalen               7                5
                                                                            109                                                Sachsen:
     Hessen                            8               10
                                                                                                          Thüringen:
                                                                                                                                  86
                                                                                                             71
     Rheinland-Pfalz                   9                8                              Hessen:
                                                                                          108
     Schleswig-Holstein               10               11
                                                                      Rheinland-
     Sachsen                          11                9             Pfalz: 94
     Sachsen-Anhalt                   12               15
                                                                        Saarland:
     Saarland                         13               12              74

     Thüringen                        14               16                                                        Bayern:
                                                                                        Baden-                     121
     Mecklenburg-Vorpommern           15               14
                                                                                      Württemberg:
     Bremen                           16               13                                115

    Platzierung gemäß der Anzahl an Gründungen je 10.000 Erwerbs-
    fähige in den Zeiträumen 2017–2019 (Rang neu) und 2016–2018
    (Rang alt).

    Quelle: KfW-Gründungsmonitor.                                   Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
9

                                                                                                                                          Seite 5
KfW Research

Gründer als Arbeitgeber: Gegenläufige Trends in                          Grafik 11: Beschäftigungseffekt sinkt auf 454.000
Voll- und Nebenerwerb                                                    Anzahl vollzeitäquivalenter Arbeitsplätze in Tausend
Bei den meisten Existenzgründungen sind keine Be-                                                773
schäftigten angestellt. Im langjährigen Durchschnitt ha-
                                                                                          636     33     645
ben gut ein Viertel der Existenzgründungen Beschäftig-                     597
                                                                                  568
                                                                                                 258      48     546
te (26 %), 2019 sind es geringfügig weniger (24 %,                                        37                                    499
                                                                            50                                                         454
                                                                                   63                                    437
Grafik 10). Beschränkt auf Neugründungen – also ohne                       121
                                                                                  108
                                                                                          172            191     49
                                                                                                                                 30
                                                                                                                 166                    29
                                                                                                 139                     26
Übernahmen oder tätige Beteiligungen, bei denen es in                      136            162                            119    189    122
                                                                                  149                    151
den Unternehmen oft schon vor der betrachteten Exis-                                                             107
                                                                                                                                       107
                                                                                                                         90      96
tenzgründung Beschäftigte gab – sind es im langfristi-                                           342
                                                                           290    248     265            256
gen Durchschnitt gut ein Fünftel (21 %) der Existenz-                                                            224     201    184    196

gründungen, die Angestellte haben. Auch bei den Neu-
                                                                          2011    2012   2013    2014   2015    2016    2017    2018   2019
gründungen 2019 ist der Wert leicht unterdurchschnitt-
lich (19 %).                                                                Mitarbeiter von Nebenerwerbsneugründungen
                                                                            Mitarbeiter von Vollerwerbsneugründungen
                                                                            Gründerinnen und Gründer im Nebenerwerb selbst
Grafik 10: Bei etwa jeder vierten Existenzgründung                          Gründerinnen und Gründer im Vollerwerb selbst
sind Beschäftigte angestellt
                                                                         Anmerkung: Die Berechnung der vollzeitäquivalenten Arbeitsplätze
Gründungen mit Angestellten in Prozent                                   für die Neugründer selbst wurde im Vergleich zur letztjährigen Veröf-
                                                                                               10
                                                                         fentlichung geändert.

                                                                         Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
                                                   26
 24                                                                 24   Der rückläufige Beschäftigungseffekt hat maßgeblich
 19                      21                                        19   zwei Gründe: die gesunkene Zahl der Vollerwerbs-
                                                                         gründungen und einen Rückgang ihrer durchschnittli-
                                                                         chen Beschäftigtenzahl. Neugründungen im Vollerwerb
                                                                         leisteten somit einen deutlich geringen Beitrag zum
      '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19        Beschäftigungseffekt. Dennoch wurden 2019 durch
          Existenzgründungen (insg.), darunter:     Neugründungen        Neugründungen im Voll- und Nebenerwerb insgesamt
                                                                         151.000 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze geschaffen.
Quelle: KfW-Gründungsmonitor.                                            Gestiegen ist dagegen die vollzeitäquivalente Zahl an
Im langjährigen Durchschnitt sind bei Vollerwerbsgrün-                   Arbeitsplätzen, die Gründerinnen und Gründer für sich
dungen etwa doppelt so häufig Beschäftigte angestellt                    selbst geschaffen haben – sowohl im Voll- als auch im
(37 %) wie bei Nebenerwerbsgründungen (18 %). Seit                       Nebenerwerb. Das erscheint widersprüchlich zur gerin-
dem Jahr 2012 geht hier allerdings eine Schere auf.                      geren Zahl an Vollerwerbsgründungen insgesamt. Die-
Bei Nebenerwerbsgründungen sind immer seltener Be-                       ser Rückgang wird allerdings dadurch überkompen-
schäftigte angestellt, bei Vollerwerbsgründungen ist der                 siert, dass zum einen der Anteil an Neugründungen bei
Trend dagegen leicht positiv. Bis 2019 sind die Anteile                  Vollerwerbsgründungen im Jahresvergleich leicht ge-
so auf 40 % bei Vollerwerbsgründungen und 11 % bei                       stiegen ist, zum anderen die durchschnittliche Wo-
Nebenerwerbsgründungen auseinandergedriftet.                             chenarbeitszeit der Gründerinnen und Gründer bei
                                                                         Neugründungen im Vollerwerb 2019 höher ist als im
Beschäftigungsbeitrag durch Neugründungen sinkt                          Vorjahr.
Bei Existenzgründungen durch Übernahme oder Betei-
ligung gibt es in den bestehenden Unternehmen häufig                     Dienstleistungen dominieren – wieder mehr
bereits angestellte Beschäftigte. Diese bei der Berech-                  wirtschaftliche als persönliche Dienstleistungen
nung eines Beschäftigungseffekts der Gründungstätig-                     Die Branchenstruktur der Gründungstätigkeit ist über
keit mitzuzählen würde ihn ungerechtfertigt überzeich-                   die Zeit sehr stabil. Im Dienstleistungsbereich wird am
nen. Für eine Bewertung des Beschäftigungsbeitrags                       meisten gegründet. Etwa zwei Drittel der Existenzgrün-
ist also ein separater Blick auf Neugründungen not-                      dungen 2019 sind Dienstleistungen (Grafik 12). Dienst-
wendig. Der direkte Bruttobeschäftigungseffekt wird in                   leistungen mit Fokus auf Gewerbekunden („wirtschaftli-
Vollzeitäquivalenten (VZÄ) gemessen, die Zahl der Ar-                    che Dienstleistungen“) sind gemeinhin häufiger als
beitsplätze wird dabei auf eine 40-Stunden-Arbeits-                      Dienstleister mit Fokus auf Privatkunden („persönliche
woche standardisiert.10 Im Jahr 2019 ist der Bruttobe-                   Dienstleistungen“). Sie machen 2019 die Hälfte der
schäftigungseffekt auf 454.000 VZÄ zurückgegangen.                       Dienstleistungsgründungen aus. In den beiden Vorjah-
                                                                         ren waren – außer der Reihe – persönliche Dienstleis-
                                                                         tungen die größte Gruppe.

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KfW-Gründungsmonitor 2020

Grafik 12: Ein Drittel der Existenzgründungen sind                                  Bei außergewöhnlich vielen Existenzgründungen be-
wirtschaftliche Dienstleistungen                                                    schränkte sich der Finanzmitteleinsatz dieses Mal al-
Branchenanteile in Prozent                                                          lerdings auf die eigenen Mittel der Gründerinnen und
                                                                                    Gründer. Bei über der Hälfte der Gründungen im Jahr
    2017         15          22               27                  32            5
                                                                                    2019 wurden ausschließlich solche Eigenmittel genutzt
    2018       14           19            27                     31             9   (56 %). Der Anteil der Gründungen, für die externe Mit-
    2019       14           20                 33                     25        7   tel von dritten Kapitalgebern mobilisiert wurden, ging
   PG      HAN        WDL   PDL    SDL                                              dagegen deutlich zurück (15 %). Sie teilen sich auf in
                                                                                    9 % Mikrofinanzierungen (höchstens 25.000 EUR ex-
Anmerkung: Branchenzuordnung gemäß Klassifikation der Wirt-                         ternes Kapital) und 6 % Makrofinanzierungen (mehr als
schaftszweige, Ausgabe 2008 des Statistischen Bundesamtes, auf
                                                                                    25.000 EUR externes Kapital). Bei Mikrofinanzierungen
Basis von Projektbeschreibungen der Gründer. Branchen: Produzie-
rendes Gewerbe (PG), Handel (HAN), Wirtschaftliche Dienstleistun-                   sind meist Familie und Freunde Kapitalgeber, bei Mak-
gen (WDL), Persönliche Dienstleistungen (PDL), sonstige Dienstleis-                 rofinanzierungen dagegen eher Kreditinstitute.
tungen (SDL).

Quelle: KfW-Gründungsmonitor.                                                       Wenn sich die Ressourcennutzung bei der Gründungs-
                                                                                    tätigkeit im Zeitverlauf ändert, liegt dies meist an ver-
Sonstige Dienstleistungen (das sind die Sektoren Fi-
                                                                                    änderten Zusammensetzungen der Existenzgründun-
nanzdienstleistungen, Verkehr und Nachrichtenüber-
                                                                                    gen. Gibt es mehr Gründungen mit Angestellten, sind
mittlung) machen 2019 7 % der Gründungstätigkeit
                                                                                    auch bei mehr Gründungen Finanzmittel vonnöten, da
aus. Die Anteile von Gründungen im Handel (20 %)
                                                                                    der Großteil dieser auf Gründungskapital angewiesen
und im produzierenden Gewerbe (14 %) haben sich
                                                                                    ist (2019: 82 %). Andererseits können beispielsweise
kaum verändert.
                                                                                    Sologründungen häufig ganz ohne Finanzmittel reali-
                                                                                    siert werden. Im Jahr 2019 war das bei 34 % der So-
Kapital ist eine wichtige Gründungsressource
                                                                                    logründungen (ohne Beschäftigte) so. Wenn bei So-
Die Gründungstätigkeit ist vielschichtig. Motive und
                                                                                    logründungen doch Finanzmittel benötigt werden, rei-
Geschäftsmodelle der Gründerinnen und Gründer wir-
                                                                                    chen häufig die Eigenmittel der Gründerinnen und
ken sich auf ihren erforderlichen Ressourceneinsatz
                                                                                    Gründer aus. Pure Eigenmittelfinanzierungen sind da-
aus. Generell zeigt sich aber: Für die Mehrheit der
                                                                                    bei im Vorjahresvergleich deutlich häufiger geworden:
Existenzgründungen werden Finanzmittel benötigt – im
                                                                                    ihr Anteil ist von 39 auf 59 % der Sologründungen (oh-
langfristigen Vergleich bei 60–70 % jährlich (Grafik 13).
                                                                                    ne Beschäftigte) gestiegen. Daraus ergab sich auch
Im Jahr 2019 lag der Anteil mit 70 % an der oberen
                                                                                    der Anstieg der puren Eigenmittelfinanzierungen insge-
Grenze der Spanne.
                                                                                    samt (Grafik 13).
Grafik 13: Mehr als die Hälfte der Gründungen
                                                                                    Der Kapitaleinsatz bei Existenzgründungen ist im Ver-
ausschließlich durch Eigenmittel finanziert
                                                                                    lauf der Jahre deutlich gestiegen. Wurden sowohl bei
Gründungen nach Ressourcennutzung in Prozent                                        Voll- als auch bei Nebenerwerbsgründungen 2008
   5       4     5     5     5    5      6         8   9    8         9    6        durchschnittlich noch rund 10.000 EUR eingesetzt, wa-
        16                        15                                       9        ren es 2019 16.700 EUR je Gründung (inkl. Gründun-
  17             17    18    17          16     14     13   13        14
                                                                                    gen ohne Finanzmittel). Dabei öffnete sich die Schere
                                                                                    zwischen Voll- und Nebenerwerbsgründungen deutlich.
                                  44     40                 39             56
                                                43     40
  48    51       47    51    48                                       44            Aufgrund steigender Spitzenbeträge erhöhte sich bei
                                                                                    Vollerwerbsgründungen der durchschnittliche Kapital-
                                                                                    einsatz bis zum Jahr 2019 auf 36.400 EUR, während
                                         29                 30
                 18               28            26     29             27            der Durchschnitt bei Nebenerwerbsgründungen mit
  22    19             18    22                                            24

        10       13                                         11
                                                                                    6.900 EUR kleiner wurde.
   8                   7     8    8      9         9   8              6    6
 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019
  Ohne Sach- / Finanzmittel           Nur Sachmittel
                                                                                    Weniger Finanzierungsprobleme bei Gründungen
  Nur Eigenmittel                     Mikrofinanzierungen                           Der Anteil von Existenzgründungen, bei denen es
  Makrofinanzierungen
                                                                                    Schwierigkeiten bei der Finanzierung gab, ist 2019 auf
Anmerkung: Bei Mikrofinanzierungen wird externes Kapital bis zu                     12 % gesunken (2018: 17 %). Das ist der niedrigste
25.000 EUR, bei Makrofinanzierungen mehr als 25.000 EUR für die                     Wert seit Jahren. Finanzierungsschwierigkeiten treten
Gründung genutzt. Rundungsdifferenzen sind möglich.
                                                                                    auf, wenn die Gründungsfinanzierung nicht wie erwar-
Quelle: KfW-Gründungsmonitor.                                                       tet realisiert werden kann. Beispielsweise wenn die ei-
                                                                                    genen Mittel der Gründerinnen und Gründer nicht aus-
                                                                                    reichen, externes Kapital nicht oder nur eingeschränkt

                                                                                                                                       Seite 7
KfW Research

 Abbruchraten von Existenzgründungen
 Für die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen                                  Nur ein kleiner Bruchteil der Beendigungen erfolgt
 zeigt sich im KfW-Gründungsmonitor ein stabiles                                    aufgrund von Insolvenz. Abbruchquoten können da-
 empirisches Muster: Im Lauf von drei Geschäftsjah-                                 her nicht mit „Ausfallquoten“ gleichgesetzt werden.
 ren beenden rund 30 % der Gründer ihre Existenz-                                   Dies wäre auch deshalb falsch, da ein Großteil der
 gründung wieder (3-30-Faustregel). 36 Monate nach                                  Existenzgründungen ohne den Einsatz von exter-
 Start sind also noch etwa 70 % der Existenzgrün-                                   nem Kapital erfolgt und es bei diesen somit gar nicht
 dungen aktiv (Grafik 14, links). Die Abbruchgründe                                 zu einem „Ausfall" kommen kann. Im Vergleich
 sind vielfältig. Der weitaus größte Teil der Gründe-                               schneiden Gründungen, bei denen höhere Summen
 rinnen und Gründer bricht aus persönlichen Gründen                                 über 25.000 EUR eingesetzt werden (unabhängig ob
 ab, ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Zwang (Gra-                                Eigenmittel oder Fremdkapital), bei der Bestands-
 fik 15, rechts). Beispiele für persönliche Gründe sind                             festigkeit deutlich besser ab (Grafik 14, rechts). Ins-
 familiäre Belastung, Stress, Krankheit, Unzufrieden-                               besondere Gründerinnen und Gründer, die ganz oh-
 heit mit dem erzielten Einkommen oder weil sich ei-                                ne Finanzkapital starten, zeigen höhere Abbruchra-
 ne bessere Jobalternative ergab.9 Auch sind viele                                  ten. Hier spielt der Gründungszweck eine Rolle: Sol-
 Gründungen von vornherein befristet geplant, dies                                  che Gründungen erfolgen häufiger zur vorüberge-
 gilt insbesondere für Nebenerwerbsgründungen.                                      henden Einkommenserzielung, während höher kapi-
                                                                                    talisierte Gründungen langfristiger angelegt sind.10
  Grafik 14: Bestandsfestigkeit von Existenz-
  gründungen steigt mit Kapitalausstattung                                          Grafik 15: Abbruch meist aus persönlichen
  Bestandsquoten von Gründungen in Prozent                                          Gründen, ohne wirtschaftlichen Zwang
  (Kaplan-Meier Überlebensfunktion)                                                 Anteile in Prozent
 100                                      100
                                                                                                     8
  90                                       90                                                                             24
                                                                              86                           11                                   32
  80                                       80
                                                                                                Art der                         Grund der
  70                                       70                                                 Beendigung                       Beendigung
                                     68                                       67
                                                                              63                                       18
  60                                       60
                                                                                            80                                             19
  50                                       50                                                                                   5 2
       0        12       24     36              0       12      24      36
                       Monate nach                             Monate nach                                          Persönliche Gründe
                                                                                     Verkauf                        Befristet angelegt
                          Gründung                               Gründung            Übergabe                       Insolvenz
           Existenzgründungen                                                        Auflösung                      Anderer Grund
                                                    Gründungen ohne
           (insg.)                                                                                                  Besserer Job
                                                    Kapitaleinsatz
           Datenreihen2                                                                                             Unwirtschaftlichkeit
                                                    Gründungen mit Kapital-
                                                    einsatz bis zu 25.000 EUR       Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
                                                    Gründungen mit Kapital-
                                                    einsatz über 25.000 EUR

 Quelle: KfW-Gründungsmonitor.

beschafft werden kann oder mehr Planungs- und Über-                                Der Abbruch von Gründungsplänen geht häufig mit Fi-
zeugungsarbeit bei Kapitalgebern anfällt als gedacht.                              nanzierungsschwierigkeiten einher. Im langjährigen
Speziell bei Fremdfinanzierungen sind Gründungen                                   Durchschnitt gibt etwa die Hälfte der Planabbrecher an,
gegenüber bereits etablierten Unternehmern systema-                                Finanzierungsschwierigkeiten gehabt zu haben, so
tisch im Nachteil. So fehlen Gründerinnen und Grün-                                auch 2019 mit 54 %. Je häufiger ein bestimmtes Pro-
dern tendenziell vertrauensbildende und risikomindern-                             blem bei Planabbrüchen im Vergleich zu tatsächlichen
de Elemente wie eine Unternehmerhistorie oder Si-                                  Gründungen vorkommt, desto häufiger dürfte dieses
cherheiten. Zudem haben sie häufig einen relativ ge-                               Problem als Gründungsbarriere gewirkt und effektiv
ringen Kreditbedarf. Aufgrund von Fixkosten ist die                                Gründungen verhindert haben. Der entsprechende
Vergabe kleinvolumiger Kredite für Finanzinstitute aber                            Saldo zwischen den Anteilen von Planabbrüchen und
weniger attraktiv. Der Aufwand, eine Gründungsfinan-                               Gründungen mit Finanzierungsschwierigkeiten hat sich
zierung unter Dach und Fach zu bringen, kann daher                                 2019 auf 42 Prozentpunkte erhöht. Die Barrierewirkung
beträchtlich sein. Die Gründungsfinanzierung ist des-                              von Finanzierungsschwierigkeiten ist somit erneut stär-
halb eine Herausforderung, an der viele bereits bei der                            ker geworden.11 12
Gründungsplanung scheitern.

Seite 8
KfW-Gründungsmonitor 2020

Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen                  Grafik 16: Knapp ein Drittel der Selbstständigen hat
Selbstständige hart                                       Einnahmen in der Corona-Krise vollständig
Auch konjunkturelle Sorgen haben eine Barrierewir-        verloren
kung, die aber in den letzten Jahren nicht sonderlich     Verteilung Umsätze                    Verteilung Umsatzrückgänge
                                                          in Prozent                            in Prozent
stark war. Zuletzt hatten sie in der Finanzkrise einen
größeren Effekt auf die Gründungstätigkeit. Dies könn-                                 13
                                                                     20.000 EUR –                                  Keine Einnahmen
te 2020 wieder so sein. Denn die Maßnahmen zur Be-                                     12              34                mehr
kämpfung der Corona-Pandemie haben zu einer welt-                    10.000 EUR –

weiten Rezession geführt. Selbstständige sind durch                                    16                     – 100 %
                                                                      5.000 EUR –
die Corona-Krise hart getroffen. Das zeigen die Ergeb-                                                 19
nisse einer Blitzbefragung in Kooperation mit der                                      27                     – 75 %
Gründerplattform (siehe Box 2) Anfang April 2020.13                                                    15
                                                                      2.000 EUR –                             – 50 %
                                                                                       17              12
Schon bevor die Pandemie in Deutschland ankam, wa-                                                            – 25 %
                                                                      1.000 EUR –                       9
ren Unternehmen und Selbstständige in Deutschland                                      15
                                                                                                              – 0%
                                                                                                       10         Keine Rückgänge
von Umsatzrückgängen betroffen. So schlugen sich
beispielsweise Reisewarnungen in den Umsätzen von         Quelle: Corona-Blitzbefragung von KfW Research und Gründerplattform
Reisebüros nieder. Nach dem Nachweis der ersten
                                                          Grafik 17: Zeitplan und Geschäftsmodell sollen bei
Corona-Infektionen in Deutschland wurden die Ein-
                                                          je 4 von 10 Gründungsstarts angepasst werden
schränkungen schrittweise verschärft – zuerst auf Län-
                                                          Reaktionen in Prozent
derebene, dann auch bundesweit. So waren Unter-
nehmen und Selbstständige nicht nur durch eine indi-      Zeitplan

rekte Kaufzurückhaltung von Kunden betroffen, son-                               57                                41             2
dern teilweise ganz direkt durch die amtlich angeordne-
                                                             Start wie geplant    Planverschiebung   Planabbruch
te Einschränkung oder Stilllegung der Geschäftstätig-
keit.14                                                    Geschäftsmodell

                                                                                 60                           25             16

Viele Selbstständige kamen so in eine existenzbedro-        Keine Anpassung       Vorübergehende Anpassung    Dauerhafte Anpassung
hende Lage. Von den Teilnehmern der Blitzbefragung
                                                          Quelle: Corona-Blitzbefragung von KfW Research und Gründerplattform
Anfang April verzeichneten 90 % Umsatzrückgänge,
jeder Dritte hatte gar keine Einnahmen mehr (Grafik
16). Nach eigenen Aussagen kann nur knapp ein Drittel      Box 2: Weitere Datengrundlagen
der befragten Selbstständigen länger als 3 Monate mit      Blitzbefragung auf der Gründerplattform16
eigenen Mitteln durchhalten. Gerade jene mit begrenz-      Im April diesen Jahres hat KfW Research in Koope-
ter Durchhaltefähigkeit nutzen die staatlichen Hilfsan-    ration mit der Gründerplattform eine Blitzbefragung
gebote, um ihre Zahlungsfähigkeit zu verlängern.           unter dort registrierten Nutzer durchgeführt. Inner-
                                                           halb einer Woche lagen 596 auswertbare Antworten
Viele Unternehmen und Selbstständige versuchen, ihre       aus der Online-Umfrage vor; 429 von aktuell Selbst-
pandemiebedingten Umsatzeinbrüche dadurch abzufe-          ständigen und 167 von Personen in der Gründungs-
dern, dass sie ihr Geschäftsmodell anpassen. Gastro-       planung. Aufgrund des Befragungsdesigns sind die
nomiebetrieben wurde beispielsweise eine Möglichkeit       Ergebnisse der Blitzbefragung nicht repräsentativ.
zur Anpassung bereits bei der amtlichen Verfügung,         Sie geben jedoch einen wichtigen Einblick in die Be-
dass sie keine Gäste mehr empfangen dürfen, aufge-         troffenheit der Befragten durch die Corona-Krise.
zeigt: Speisen zum Mitnehmen zu verkaufen oder Es-
sen zu liefern bleibt weiter erlaubt. So haben viele       Zusatzbefragungen zum KfW-Gründungsmonitor
Gastronomiebetriebe ihr Angebot auf „To go“- oder Lie-     Seit dem Jahr 2015 wurde zu jeder Haupterhebung
feralternativen umgestellt. Daran nehmen sich auch         des KfW-Gründungsmonitors im Frühjahr des Folge-
Unternehmen und Selbstständige anderer Branchen            jahres eine Zusatzbefragung durchgeführt. Bei die-
ein Beispiel: über die Hälfte der Selbstständigen passt    sen Zusatzbefragungen wurden alle in der jeweiligen
ihr Angebot zumindest vorübergehend den neuen Be-          Hauptbefragung identifizierten Gründerinnen und
dingungen an. Die Krise hinterlässt auch bei Grün-         Gründer, die ihr Einverständnis für eine erneute Be-
dungsplanungen Spuren: 4 von 10 der Gründungspla-          fragung gaben, zur Beantwortung weniger Vertie-
nerinnen und -planer wollen ihre Gründungspläne ver-       fungsfragen noch einmal angerufen.
schieben, ähnliche viele wollen ihr Geschäftsmodell
anpassen (Grafik 17).15

                                                                                                                             Seite 9
KfW Research

Gründungsstandort Deutschland ist gut, hat aber            Tabelle 2: Experten sehen Verbesserung der
Luft nach oben                                             Rahmenbedingungen über die Zeit
Bereits mehr als ein Jahr bevor die Corona-Pandemie        Bewertung durch Expertinnen und Experten auf Basis einer Likert-
in Deutschland ankam, ist die Bundesregierung in die       Skala (, höher ist besser)
„Gründungsoffensive“ gegangen: GO!17 Die Grün-                                              2015     2017     2018      2019
dungsoffensive umfasst Maßnahmen wie den Ausbau             Physische Infrastruktur          3,8       4,0      3,6      3,6
bestimmter Förderinstrumente zur Gründungsfinanzie-         Berater und Zulieferer           3,5       3,4      3,4      3,6
rung, aber auch schwieriger zu bewältigende Vorhaben
                                                            Öffentliche Förderprogramme      3,4       3,4      3,5      3,6
wie die Stärkung der Gründungskultur in Deutschland.
                                                            Marktdynamik                     2,7       2,8      3,1      3,4

Der Gründungsstandort Deutschland steht im internati-       Finanzierung                     2,6       2,8      2,8      3,1

onalen Vergleich gut da, kann aber weiter gestärkt          Marktzugangsbarrieren            3,1       2,7      3,1      3,1
werden.18 Das zeigt auch die Bewertung gründungs-           Außerschulische
                                                                                             2,5       2,6      2,7      2,9
                                                            Gründungsausbildung
spezifischer Rahmenbedingungen durch Expertinnen
                                                            Gründungskultur                  2,5       2,6      2,7      2,9
und Experten im Rahmen des Global Entrepreneurship
                                                            Wissens- und
Monitors. Über die vergangenen Jahre lässt sich hier        Technologietransfer
                                                                                             2,4       2,6      2,8      2,9
tendenziell eine Verbesserung der durchschnittlichen        Regulierung und Steuern          2,3       2,5      2,6      2,6
Bewertungen erkennen (Tabelle 2). Es gibt aber auch         Priorität und Engagement
Faktoren mit Luft nach oben.                                                                 2,5       2,7      2,6      2,6
                                                            der Politik
                                                            Schulische
                                                                                             1,7       1,6      1,8      2,0
                                                            Gründungsausbildung
Gründerinnen und Gründer bewerten die spezifischen
Rahmenbedingungen tendenziell kritischer als die Ex-       Quelle: Global Entrepreneurship Monitor, Befragungen von Expertin-
                                                                             21
pertinnen und Experten (Tabelle 3). Dies zeigen die re-    nen und Experten.

gelmäßigen Zusatzbefragungen zum KfW-Gründungs-
monitor (siehe Box 2). Auch lässt sich bei deren Ein-
schätzung keine Verbesserung über die vergangenen          Tabelle 3: Gründerinnen und Gründer sehen nur
Jahre erkennen. So liegen die Bedingungen für die          wenige Fortschritte bei Rahmenbedingungen
Gründungsfinanzierung (Verfügbarkeit von Eigen- und
                                                           Bewertung durch Gründerinnen und Gründer anhand gängiger
Fremdkapital, öffentliche Förderung) bei Gründern eher     Schulnoten von 1 bis 6 ()
im unteren Mittelfeld, im Expertenranking dagegen im                                       2015      2017     2018      2019
oberen Drittel. Hinsichtlich der öffentlichen Förderung     Freier Marktzugang              2,5       2,5      2,4       2,4
gibt es im internationalen Vergleich kein Land, das in
                                                            Gründerimage                     2,3      2,5      2,5       2,5
der Experteneinschätzung signifikant besser abschnei-
                                                            Qualität der Infrastruktur       2,3      2,7      2,6       2,7
det als Deutschland. Die deutsche öffentliche Förderin-
frastruktur setzt international offenbar Maßstäbe.19 Die    Schutz geistigen Eigentums       2,9      2,9      2,8       2,8

vergleichsweise schlechte Bewertung durch die Grün-         Beratungsangebote                2,6      2,7      2,8       2,7
derinnen und Gründer kann daran liegen, dass es             Gesetzliche Regelungen           3,2      3,3      3,1       3,1
ihnen schwerfällt, den Überblick über die Fördervielfalt    Zugang zu Wagniskapital          3,3      3,4      3,3       3,3
zu behalten, es also einer besseren Informationspolitik     Zugang zu öff. Fördermitteln     3,2      3,4      3,4       3,3
über die Förderung und eines einfacheren Zugangs
                                                            Berichtspflichten                3,5      3,7      3,6       3,6
dazu bedarf.
                                                            Steuerliche Belastung            3,6      3,8      3,6       3,7

Es zeigen sich aber auch Übereinstimmungen zwi-             Kreditverfügbarkeit              3,7      3,6      3,7       3,7

schen Gründer- und Expertenmeinung. Am treffends-           Engagement der Politik*          3,6      3,9      3,8       3,7
ten ist diese, was die Vermittlung unternehmerischer        Bildungssystem**                 3,8      4,2      3,9       4,0
Kenntnisse und Fähigkeiten angeht. Dieser Aspekt           * Für Belange von Gründerinnen und Gründern, Selbstständigen und
landet in beiden Rankings auf dem letzten Platz. Der       Unternehmerinnen und Unternehmer
Bedarf, gründungsbezogene Inhalte in deutschen             ** In Bezug auf die Vermittlung unternehmerisch relevanter Kenntnis-
                                                           se und Fähigkeiten
Schulen stärker zu behandeln, ist also offenbar groß.20
Obwohl Gründerthemen auf der wirtschaftspolitischen        Quelle: Zusatzbefragungen zum KfW-Gründungsmonitor (siehe
Agenda stehen, nehmen Gründerinnen und Gründer             Box 2), ungewichtete Einschätzung der Antwortenden.

das Engagement der Politik für ihre Belange nur als
ausreichend wahr. Auch die Einschätzung von Grün-
dungsexperten zum Politikengagement liegt trotz
Gründungsoffensive auf dem vorletzten Platz.

Seite 10
KfW-Gründungsmonitor 2020

Gründungstätigkeit 2020: Der Schatten der Corona-           Grafik 18: Erneut mehr Gründungsplanungen
Pandemie legt sich über die positiven Signale               Erwerbsfähige mit Gründungsplänen in Prozent
Der Anstieg der Gründungstätigkeit 2019 hatte sich be-
reits 2018 angekündigt: die Zahl der „Nascent Entre-                                                                     6,1
                                                                                                                                    6,4
preneurs“ also Personen, die sich im Gründungspro-
zess befinden, nahm deutlich zu.22 Zwar werden viele
Gründungsplanungen nie in die Tat umgesetzt – so ist        4,1
                                                                                              3,5
                                                                                                                         3,2
                                                                                                                                    3,4
die Planungsquote im Vergleich zur Gründungsquote                                             2,6
                                                                                                                                    3,0
um ein Vielfaches höher – die Höhe der Planungsquote                                                                     2,9

ist allerdings zweitrangig, entscheidend ist ihr Verlauf.
Der Prozess von Idee bis Umsetzung dauert im Durch-
                                                              2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019
schnitt mehrere Monate, die Veränderung der Pla-
                                                                      Planungen (insg.), davon:
nungsquote ist daher ein guter Indikator für die Ent-                 Pläne für Vollerwerb                  Pläne für Nebenerwerb
wicklung der Gründerquote im Folgejahr.23
                                                            Die Anteile basieren auf den Antworten zu den beiden Fragen:
                                                            „Haben Sie sich in den letzten 12 Monaten einmal ernsthaft damit
Im Jahr 2019 ist die Planungsquote weiter gestiegen         beschäftigt, sich selbstständig zu machen – sei es im Voll- oder im
(Grafik 18). Das wäre unter normalen Umständen ein          Nebenerwerb?“ und „Haben Sie diese Pläne inzwischen wieder auf-
                                                            gegeben?“
positives Signal für die Gründungstätigkeit 2020. Durch
die Corona-Pandemie verliert dieses Signal jedoch an        Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
Aussagekraft, da die Auswirkungen des Ausnahmezu-
stands schwer abzuschätzen sind. So wird sich sowohl
                                                            Tabelle 4: Übersicht über die Anzahl von
die Rezession im Allgemeinen als auch der Eindruck
                                                            Gründungen nach verschiedenen Abgrenzungen
von der existenzbedrohenden Lage, in der sich Selbst-
ständige verschiedenster Branchen durch die aktuelle        Anzahl Existenzgründungen in Tausend
Krise befinden, auf die aktuellen Gründungsplanungen
                                                                                                     2017       2018           2019
auswirken. Die Blitzbefragung von KfW Research und
                                                             Existenzgründungen (insg.)               557         547           605
Gründerplattform.de hat dies ja bereits gezeigt: 4 von
10 Gründungsplänen sollen verschoben werden (Grafik          Vollerwerbsgründungen                    234         255           228
17).24 Die Krise wird jedoch auch einen, die Grün-           Nebenerwerbsgründungen                   323         292           377
dungstätigkeit antreibenden Effekt haben. So ist zu er-      Chancengründungen                        390         382           439
warten, dass dieses Jahr durch die krisenbedingt zu-         Notgründungen                            135         148           141
nehmende Erwerbslosigkeit die Zahl der Notgründun-           Frauen                                   208         216           215
gen steigen wird. Welcher Effekt letztlich überwiegen
                                                             Männer                                   349         331           390
wird, bleibt abzuwarten.
                                                             Neugründungen                            430         432           481
                                                             Übernahmegründungen                       58          72            67
                                                             Sologründungen                           487         488           531
                                                             davon: ohne Beschäftigte                 371         341           385
                                                             Gründungen mit Beschäftigte              115         147           147
                                                             Innovative Gründungen                     76          58            77
                                                             Digitale Gründungen                      144         122           170
                                                             Wachstumsgründungen                      127         130           149

                                                            Quelle: KfW-Gründungsmonitor.

                                                                                                                                Seite 11
KfW Research

     Box 3: Weitere Analysen zum Gründungsgeschehen und Datenzugang zum KfW-Gründungsmonitor
     Der Tabellen- und Methodenband zum KfW-Gründungsmonitor mit zusätzlichen Informationen zum Grün-
     dungsgeschehen sowie weitere KfW Research Publikationen zur Gründungstätigkeit in Deutschland sind auf
     unserer Themenseite zu Innovation und Gründung zu finden:
     KfW.de/KfW-Konzern/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Innovationen-und-Gründungen.

     Der KfW-Gründungsmonitor ist ein wissenschaftlicher Datensatz zum Zweck der volkswirtschaftlichen Analyse
     der Gründungstätigkeit in Deutschland. Er steht externen Wissenschaftlern für empirische Forschungsarbeiten
     unter bestimmten Zugangsvoraussetzungen offen. Mehr Informationen gib es unter:
     KfW.de/KfW-Konzern/KfW-Research/Über-KfW-Research/Forschungskooperationen.

1
    Statistisches Bundesamt (2020), Deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2019 um 0,6 % gewachsen, Pressemitteilung Nr. 018 vom 15.01.2020 (Link).
2
 Eigene Berechnungen auf Basis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, Einwohner und Erwerbsbeteiligung (Inländerkonzept) des Statistisches Bun-
desamts, Stand: 30.04.2020 (Link).
3
    Bundesagentur für Arbeit, Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Monatsberichte zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Dezember eines jeden Jahres.
4
    Metzger, G. (2019), Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit nimmt ab, Lichtblick durch Jüngere, Fokus Volkswirtschaft Nr. 261, KfW Research (Link).
5
  Der mit dem Lebensalter nachlassende Selbstständigkeitswunsch dürfte mit der typischen Berufserfahrung Erwerbstätiger zusammenhän gen. Je länger man in
seinem Berufsleben ausschließlich angestellt ist, desto stärker wird man von dieser Erwerbsform geprägt. Es tritt eine Gewöhnung ein, die vom Gründen abhält.
Darüber hinaus nimmt mit steigendem Alter die Offenheit des persönlichen Netzwerks ab, das eigene Spezialwissen nimmt zu, die finanzielle Abhängigkeit von
einem Arbeitgeber wird stärker ebenso wie die familiäre Gebundenheit. In der Literatur wird diesbezüglich auch von „career handcuffs“, „golden hand-cuffs“ und
„family handcuffs“ gesprochen, die Ältere stärker vom Gründen abhalten als Jüngere, siehe Wasserman (2012), The founder’s dilemmas: anticipating and avoi-
ding the pitfalls that can sink a startup, Princeton University Press.
6
 Es handelt sich dabei um die Flash Eurobarometer mit den Nummern 83, 107, 134, 146, 160, 192, 283 und 354. Die relevante Frage im Flash Eurobarometer
Entrepreneurship lautete bis 2009: „Angenommen, Sie könnten sich zwischen verschiedenen Arten von Berufstätigkeit entscheiden. Was würden Sie bevorzu-
gen: als Arbeitnehmer zu arbeiten oder selbstständig zu sein?“ Im Jahr 2012 lautete die Frage mit „Angenommen, Sie könnten zwischen verschiedenen Arten
von Berufstätigkeit wählen, wären Sie dann lieber angestellt oder selbstständig?“ geringfügig anders. Im KfW-Gründungsmonitor lautete die Frage: „Unabhängig
von Ihrer aktuellen persönlichen Situation: Wenn Sie zwischen verschiedenen Arten von Berufstätigkeit wählen könnten, wären Sie dann lieber angestellt oder
selbstständig?“ Die leicht unterschiedlichen Fragestellungen könnten das Antwortverhalten der Befragten beeinflusst haben. Da sich je nach betrachteter Perso-
nengruppe unterschiedliche, auch vom allgemeinen Trend abweichende Entwicklungen zeigen, ist eine Verzerrung der Ergebnisse in eine bestimmte Richtung
nicht zu erkennen.
7
 Mit der Berichterstattung zum KfW-Gründungsmonitor 2019 wurde die Definition von „Chancengründungen“ der Forschungspraxis angepasst. Für Chancen-
gründungen (englisch: opportunity entrepreneurs) ist das Ausnutzen einer Geschäftsgelegenheit (englisch: business opportunity) charakteristisch. Diese Definiti-
on wurde analog übernommen. Bisher wurden Chancengründungen über das Ausnutzen einer Geschäftsidee identifiziert. Anteil und Zahl der Chancengründun-
gen ist somit nicht mehr mit früheren Veröffentlichungen des KfW-Gründungsmonitors vergleichbar.
8
 Digitale Gründer sind Gründer, deren Angebot nur durch den Einsatz digitaler Technologien nutzbar ist. Die Geschäftsmodelle digitaler Gründer sind vielfältig:
Sie können rein digital sein, wie bei App-Anbietern, Betreibern von Webportalen oder Webhosting-Diensten; sie können eine wesentliche digitale Komponente
haben, wie bei Onlinehändlern oder Anbietern, die (selbst hergestellte) Produkte oder Dienstleistungen nur über Online-Marktplätze („Gig-Economy“) vertreiben;
oder sie umfassen eine Tätigkeit, die im Wesentlichen auf digitaler Technologie basiert, wie bei Softwareentwicklern, Webdesignern, IT-Consultants, im Online-
Marketing oder bei der Digitalfotografie.
9
    Metzger, G. (2015), Deutschland einig Gründerland? Mitnichten! Ein Bundesländervergleich, Fokus Volkswirtschaft Nr. 111, KfW Research (Link).
10
  Die Vollzeitäquivalente (VZÄ) der Neugründer entsprechen der Summe ihrer individuellen Wochenarbeitszeit bezogen auf eine Standardarbeitswoche von
40 Stunden. Da Neugründer im Vollerwerb typischerweise mehr, im Nebenerwerb aber deutlich weniger als eine Standardarbeitswoche arbeiten, ist ihr Beitrag
gemessen in VZÄ regelmäßig höher bzw. niedriger als ihre Kopfzahl. Während bei früheren Veröffentlichungen des KfW-Gründungsmonitors Ausreißer bei An-
gaben zur Wochenarbeitszeit unberücksichtigt blieben, werden ab jetzt die Angaben zur Wochenarbeitszeit bei 80 Stunden gedeckelt. Mit dieser Begrenzung
steht die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für vollzeitarbeitende Soloselbstständige mit der Erhebung des Arbeitszeitreports der Bundesanstalt für Arbeits-
schutz und Arbeitsmedizin in Einklang, siehe BAuA (2016), Arbeitszeitreport Deutschland 2016, Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(Link). Zur Berechnung der VZÄ von Mitarbeitern gehen jene in Vollzeit als ganze und jene in Teilzeit als halbe Arbeitsplätze ein. Ausreißer bei Angaben zu den
Belegschaften bleiben unberücksichtigt.
11
  Vergleiche auch Egeln, Falk, Heger, Höwer und Metzger (2010), Ursachen für das Scheitern junger Unternehmen in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens,
Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Mannheim und Neuss, März 2010 (Link).
12
  Zum Einfluss verschiedener Gründercharakteristika und Projektmerkmale auf die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen siehe Metzger, G. (2019),
KfW-Gründungsmonitor 2019, Tabellen- und Methodenband, KfW Research, Seite 22 (Link).
13
     Metzger, G. (2020), Blitzbefragung: Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen Selbstständige hart, Fokus Volkswirtschaft Nr. 282, KfW Research (Link).
14
   Nach gemeinsamen Beschluss des Bundes und der Länder vom 16.03.2020 müssen Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und Theater, Opern, Konzerthäuser,
Museen, Messen, Kinos, Freizeit- und Tierparks sowie Spielbanken, Spielhallen, Bordelle, Wettannahmestellen, Spielplätze, Sportanlagen, Schwimmbäder und
Fitnessstudios vorerst geschlossen werden. Übernachtungen in Hotels und Pensionen zu touristischen Zwecken sind nicht mehr erlaubt. Gottesdienste finden
nicht mehr statt. Restaurants, Cafés und Kneipen dürfen keine Gäste mehr empfangen. Speisen zum Mitnehmen zu verkaufen oder Essen zu liefern ist aber
weiter erlaubt.
15
     Metzger, G. (2020), Blitzbefragung: Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen Selbstständige hart, Fokus Volkswirtschaft Nr. 282, KfW Research (Link).

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