Eine Endocannabinoid-Hypothese der Belohnung durch Drogen

 
WEITER LESEN
Cannabinoids 2007;2(3):25-30 [deutschsprachige Fassung]

Originalartikel

Eine Endocannabinoid-Hypothese der Belohnung
durch Drogen
Emmanuel S. Onaivi
Institut für Biologie, William-Paterson-Universität, 300 Pompton Road, Wayne, NJ, 07470, USA.

            Zusammenfassung
            Die Dopaminhypothese der Belohnung durch Drogen bleibt ein schwieriges Forschungsgebiet und
            vielleicht ein großes Problem und Hindernis beim Fortschritt zur Entschlüsselung der Biologie der
            Sucht. Die pharmakologische Behandlung der Drogenabhängigkeit ist enttäuschend, und neue the-
            rapeutische Angriffspunkte und Hypothesen werden gebraucht. Da es zunehmende Hinweise auf
            eine zentrale Rolle des physiologischen Endocannabinoid-Kontrollsystems (PEKS) bei der Regu-
            lierung der belohnenden Wirkungen missbrauchter Substanzen gibt, wird eine Endocannabinoid-
            hypothese der Belohnung durch Drogen postuliert. Endocannabinoide vermitteln eine retrograde
            Signalübertragung im Nervengewebe und unterdrücken die Freisetzungen klassischer Neurotrans-
            mitter. Diese starke modulatorische Wirkung der synaptischen Übertragung hat signifikante funk-
            tionelle Bedeutungen und Wechselwirkungen mit den Effekten missbrauchter Substanzen. Canna-
            binoide und Endocannabinoide scheinen an der Verstärkung der belohnenden Wirkungen von
            Sucht erzeugenden Substanzen, inklusive Nikotin, Opiate, Alkohol, Kokain und Benzodiazepine,
            beteiligt zu sein. Daher könnte das PEKS ein wichtiger natürlicher regulatorischer Mechanismus
            für Belohnung und ein Angriffspunkt für die Behandlung von Suchtstörungen sein.
            Stichwörter: Marihuana, Endocannabinoide, CB1, CB2-Rezeptoren, Dopamin, Drogenabhängig-
            keit, Belohnung

Dieser Artikel kann unter der Maßgabe, dass die Originalarbeit korrekt zitiert ist (siehe die unten stehenden Copyright-Informatio-
nen), für alle nicht-kommerziellen Zwecke frei aus dem Internet herunter geladen, gedruckt und verteilt werden. Verfügbar online
unter www.cannabis-med.org

Adresse des Autors: Emmanuel S. Onaivi, Onaivie@wpunj.edu

Einleitung                                                              [1]. Daher ist Dopamin nicht ein einfacher Marker für
                                                                        Belohnung und könnte nicht länger geeignet erschei-
Wenn man die Geschichte der menschlichen Drogen-                        nen, um nahe zu legen, dass Drogen einfach das "natür-
sucht betrachtet, so findet man fehlerhafte Konzepte                    liche Belohnungssystem" des Gehirns aktivieren [2]. In
wie die, dass Menschen, die drogensüchtig sind, einen                   diesem Artikel schlage ich vor, dass die Dopaminhy-
schwachen Willen haben oder moralisch schwach sind.                     pothese ein weiteres fehlerhaftes Konzept darstellt. Das
Heute wissen wir, dass Drogensucht eine chronisch                       Dopamin im Gehirn vermittelt kein "Belohnungssig-
rezidivierende Hirnerkrankung ist, die durch einen                      nal", da eine Dopaminfreisetzung nicht nur nach der
zwanghaften Drogenkonsum trotz schädlicher Konse-                       Einnahme von Drogen, sondern auch bei Stress, elekt-
quenzen charakterisiert ist. Es wurde gezeigt, dass                     rischem Schock, unangenehmen und salzigen Reizen
missbrauchte Drogen Dopamin im Belohnungssystem                         erfolgt [3,4]. Mäuse, die kein Dopamin herstellen kön-
des Gehirns freisetzen, um Wohlbefinden und Euphorie                    nen, wurden verwendet, um die Dopaminhypothese zu
zu verursachen, die bei anfälligen Personen zur Sucht                   untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, das Dopamin
führen [1,2]. Allerdings aktivieren Schnüffelstoffe,                    nicht für eine natürliche Belohnung und für eine Be-
Barbiturate oder Benzodiazepine nicht konsistent Do-                    lohnung nach Morphiumgabe erforderlich ist [5,6].
pamin im Mittelhirn, auch wenn diese Drogen beloh-                      Daher sind eine Vielzahl von Problemen mit der Do-
nende Eigenschaften besitzen und missbraucht werden                     paminhypothese der Belohnung assoziiert (Tabelle 1).
                                                                        Beispielsweise tritt eine Selbstverabreichung von Opia-

© International Association for Cannabis as Medicine                                                                                  25
Originalartikel

ten und Alkohol auch dann auf, wenn das mesolimbi-         Tabelle 1: Probleme im Zusammenhang mit der Dopa-
sche Dopaminsystem verletzt ist [7]. Daher kann die        min-Hypothese der Belohnung
Aktivierung des "natürlichen Belohnungssystems", das       • Nicht alle Studien weisen eine einzigartige Rolle für
durch das Dopamin des Accumbens vermittelt wird,               Dopamin als relevantestes System beim Drogenmiss-
vernünftigerweise nicht als eine allgemeine Erklärung          brauch hin.
der Drogensucht verwendet werden [2]. Auch wenn            • Dopamin könnte nicht an Hirnbelohnungsmechanis-
wir die Rolle des Dopamins im zentralen Nervensys-             men beteiligt sein, wie bisher gedacht.
temen nicht unterschätzen können, so zeigen jüngere        • Dopamin-unabhängige Mechanismen, die andere
Studien bei der Schizophrenie, wo die Dopaminhy-               Neurotransmitter wie Glutamat, GABA, Serotonin,
pothese die Behandlungsansätze dominiert hat, dass der         Endocannabinoide, Stresshormone und Dynorphin
Glutamatrezeptor einen viel versprechenden Angriffs-           einbeziehen, sind mögliche Substrate für belohnende
punkt für eine neue Klasse von antipsychotischen Sub-          Wirkungen von missbrauchten Substanzen.
stanzen darstellt (siehe neuer Bericht in Nature Medi-     • Belohnungszentren im Gehirn bestehen aus verschie-
cine, 2007, http://ealerts.nature.com/cgi-bin24/DM/y/          denen anderen Systemen und neuroanatomischen Re-
                                                               gionen als dem mesoaccumbischen Dopaminre-
ef6D0SoYzX0HjT0Bbiv0EH).
                                                               gelkreis.
In der Forschung zu Drogensucht und Belohnung passt
                                                           • Bei der Schizophrenie verursacht ein Übermaß an
es zeitlich gut, dass es zunehmende Hinweise gibt, die
                                                               Dopamin einen verstärkten Zustand von Wachheit
eine zentrale Rolle des physiologischen Endocannabi-           und kein Vergnügen.
noid-Kontrollsystems (PEKS) bei der Regulierung            • Raucher und Kokainabhängige nehmen weiterhin
belohnender Wirkungen missbrauchter Substanzen                 Züge, lange nachdem die Zigaretten nicht mehr
nahe legen. Die Studien zeigen, dass das Endocannabi-          schmecken oder nachdem die Wirkungen verschwun-
noidsystem an dem üblichen neurobiologischen Me-               den sind.
chanismus, der der Drogensucht zu Grunde liegt, betei-         http://dericbownds.net/bom99/Ch10/Ch10.html
ligt ist [9-12] (Tabellen 2 und 3). Daher wird aus Daten   • Abhängigkeit entsteht aus einem komplexen Muster
unserer Studien und denen anderer eine Endocannabi-            aus pathogenetischen und umweltbezogenen Situatio-
noidhypothese der Belohnung durch Drogen postuliert.           nen.
Es ist ein vorsichtiges Herangehen wichtig, da jene, die   • Die Beeinflussung des Dopaminregelkreises als ein
diese Hypothese ablehnen, dargelegt haben, dass die            pharmakologisches Ziel liefert kein Medikament für
Endocannabinoidhypothese in die gleiche "Falle" ge-            Drogenabhängigkeit.
hen könnte wie die Dopaminhypothese. Es ist nun            • Es gibt keine kausale Beziehung in einem Sinn, dass
akzeptiert, dass Drogensucht von einer Konvergenz              Dopamin einen Transmitter für Vergnügen oder Be-
genetischer und umweltbezogener Parameter abhängt,             lohnung darstellt, der durch missbrauchte Substanzen
die zweifellos viele Neurotransmitter in vielen Regel-         getriggert wird.
kreisen des Gehirns einbezieht. Allerdings, wenn ein       • Unterschiedliche Wirkungen von missbrauchten
System Sucht erklären kann, dann könnte es das Endo-           Substanzen auf das komplexe Netzwerk von Genen,
cannabinoidsystem sein. Es ist ein komplexes System,           Hormonen, Neurotransmittern und -modulatoren un-
das wir gerade erst zu verstehen beginnen. Cannabi-            terstützen nicht das Konzept eines einzigen Beloh-
noidrezeptoren sind die am weitesten verbreiteten Bin-         nungstransmitters.
dungsstellen im menschlichen Gehirn.                       • Die Aktivierung von Dopaminleitungswegen ist nicht
Das Cannabinoidsystem scheint eine starke modulato-            an der mit der Belohnung verbundenden Gehirnsti-
rische Wirkung auf die retrograde Signalübermittlung           mulierungen aller für Abhängigkeit relevanten Hirn-
                                                               regionen beteiligt.
auszuüben, verbunden mit einer Hemmung der synapti-
                                                           • Studien zur elektrolytischen Schädigung oder 6-OH-
schen Übertragung durch Cannabinoide, zur Hemmung
                                                               Dopamin-induzierten Schädigung von Dopamin-
der Neurotransmitterfreisetzung durch präsynaptische
                                                               Zellkörpern in der ventralen Region des Teguments
Cannabinoidrezeptoren. Diese starke modulatorische             und anderen Hirnregionen verringerte nicht die mit
Wirkung auf die synaptische Übertragung hat signifi-           einer Belohnung verbundene Gehirnstimulierung.
kante funktionale Implikationen und Wechselwirkun-
gen mit den Wirkungen von missbrauchten Substanzen.
Cannabinoidrezeptoren befinden sich in den meisten         noiden oder Marihuana auf die Signalwege des Beloh-
biologischen Systemen, was dem Cannabinoidsystem           nungssystems, die der anderer missbrauchter Substan-
unbegrenzte Signalmöglichkeiten von Rückmeldungen          zen ähnelt. Zudem übt die Gabe von Cannabinoiden
innerhalb und möglicherweise zwischen Rezeptorfami-        oder die Verwendung von Marihuana eine Vielzahl
lien erlaubt, was die Vielzahl der verhaltensbezogenen     pharmakologischer Wirkungen durch Wechselwirkun-
Wirkungen im Zusammenhang mit dem Rauchen von              gen mit verschiedenen Neurotransmittern und Neuro-
Marihuana erklären kann. In der Tat wurde vorge-           modulatoren aus (Tabellen 2 und 3). In Studien zur
schlagen, dass der Vanilloidrezeptor-1 ein Teil des        Testung der Endocannabinoidhypothese haben wir die
Cannabinoidsystems ist. Zusätzliche Unterstützung für      Wechselwirkung zwischen Vanilloid- und Cannabinoi-
die Endocannabinoidhypothese der Belohnung durch-          dagonisten und -antagonisten in einem Mausmodell für
Drogen ergibt sich durch die Wirkung von Cannabi-          Aversion untersucht. Wir haben auch die Wirkung von

26                                                                       Cannabinoids ΠVol 2, No 3 Π30. September 2007
Onaivi

Tabelle 2: Rahmen für eine Endocannabinoidhypothese          Tabelle 3: Rahmen für eine Endocannabinoidhypothese
der Belohnung durch Drogen (I)                               der Belohnung durch Drogen (II)
• Die Existenz eines physiologischen Endocannabi-            • Die Mechanismen der Abhängigkeit von verschiede-
    noid-Kontrollsystems (PEKS) mit einer zentralen              nen Substanzen scheinen hinsichtlich ihrer Auswir-
    Rolle bei der Regulierung belohnender Wirkungen              kung auf das PEKS unterschiedlich zu sein.
    missbrauchter Substanzen                                 • Die Endocannabinoidübertragung ist eine Komponen-
• Das PEKS ist in nahezu alle bilogischen Prozesse des           te des Gehirnbelohnungssystems und scheint eine
    menschlichen Körpers und Gehirns verwickelt.                 Rolle bei Abhängigkeit und Entzug von missbrauch-
• Das PEKS scheint eine starke modulatorische Wir-               ten Substanzen zu spielen.
    kung auf die retrograde Signalübermittlung, assoziiert   • Die reduzierte Empfänglichkeit für Belohnung bei
    mit einer Hemmung der synaptischen Übertragung               CB1-Knockout-Mäusen. Mäuse, die kein Dopamin
    durch Cannabinoide, auszuüben.                               produzieren können (Mäuse ohne Tyrosinhydrolase),
• Die retrograde Signalübermittlung scheint in die               reagieren jedoch auf belohnende Reize und zeigen
    Modulierung der Neurotransmitterfreisetzung durch            Belohnung ohne Dopamin an.
    Cannabinoide und Endocannabinoide involviert zu          • Übermäßige Nahrungsaufnahme, Alkoholund Zu-
    sein.                                                        ckerkonsum ist bei Mäusen ohne CB1-Rezeptoren
• Die reichliche Verteilung von Cannabinoidrezeptoren            verringert.
    ermöglicht dem PEKS grenzenlose Signalübermitt-          • Die Beteiligung des Endocannabinoidsystems im
    lungsmöglichkeiten von Wechselwirkungen in und               neuralen Regelkreis, der Alkoholkonsum und die Mo-
    möglicherweise zwischen Rezeptorfamilien.                    tivation zum Alkoholkonsum reguliert.
• Eine Missense-Mutation der menschlichen Fettsäu-           • Hinweise für die Existenz einer funktionalen Bezie-
    reamidhydrolase kann mit problematischem Drogen-             hung zwischen dem Cannabinoidund dem Opiodre-
    konsum bei empfänglichen Personen assoziiert sein.           zeptorsystem bei der Kontrolle der Alkoholaufnahme
• Cannabinoide verursachen Veränderungen der Ge-                 und der Motivation zum Alkoholkonsum.
    hirnverfügbarkeit und pharmakologischen Wirkungen        • Eine reduzierte Selbstverabreichung von Alkohol und
    missbrauchter Drogen.                                        eine verstärkte Alkoholempfindlichkeit und –
• Veränderungen der Endocannabinoidkonzentrationen               Entzugssymptomatik bei CB1-Rezeptor-Knockout-
    im Gehirn von Ratten, die chronisch mit Nikotin, Ä-          Mäusen.
    thanol oder Kokain behandelt wurden.                     • Das Endocannabinoidsystem moduliert die Beloh-
• Das "Läufer-High", ein Gefühl euphorischen Wohlbe-             nung durch Opioide und suchterzeugende Wirkungen
    findens, das bei anspruchsvollen Trainingsläufen auf-        durch eine Wechselwirkung zwischen dem endoge-
    tritt, stimuliert die Freisetzung von und führt zu er-       nen Opioidund Endocannabinoidsystem bei der Be-
    höhten Konzentrationen von Endocannabinoiden.                lohnung durch Drogen.
                                                             • Die Beteiligung der Endocannabinoidund Glutamat-
Rimonabant auf Entzugsaversionen durch eine chroni-              nervenübertragung in Gehirnregelkreisen, die eine
sche Behandlung mit Drogen bestimmt. Unsre Ergeb-                Beziehung zur Belohnung und zu Erinnerungsprozes-
nisse legen nahe, dass das Endocannabinoidsystem ein             sen besitzen. Die Ausschaltung von LTP bei Mäusen,
wichtiger natürlicher regulatorischer Mechanismus für            denen mGluR5-Rezeptoren fehlen, und verstärkte
die Belohnung durch Drogen sein könnte.                          LTP und verbessertes Gedächtnis bei Mäusen ohne
                                                                 CB1-Rezeptoren.
                                                             • Die Beteiligung des Endocannabinoidsystems bei der
Das physiologische Endocannabinoid-
                                                                 Gedächtnis-bezogenen Plastizität könnte ein allge-
Kontrollsystem und Belohnung, Drogenmissbrauch                   meiner Mechanismus bei der Kontrolle konditionier-
und Sucht                                                        ten Drogensuchens durch Cannabinoide sein.

Das Endocannabinoidsystem [13,14] ist als ein wichti-        Grunde liegen, indem es die motivationalen Wirkungen
ger Spieler und wahrscheinlich als ein allgemeiner           von drogenbezogenen Umweltreizen und der Drogen-
neurobiologischer Mechanismus an der Belohnung               reexposition vermittelt [11]. Daher existiert eine Rolle
durch Drogen beteiligt. Es gibt starke Hinweise, die         des Endocannabinoidsystems bei der Auslösung
eine Rolle für das Endocannabinoidsystem bei der             und/oder der Verhinderung von erneutem drogensu-
Modulation der dopaminergen Aktivität in den Basal-          chenden Verhalten [12]. Es scheint, dass die Wirkun-
ganglien unterstützen [15]. Das Endocannabinoid-             gen der Störung des Endocannabinoidsystems durch
system ist daher an den primären belohnenden Wir-            missbrauchte Drogen verbessert werden können, indem
kungen von Alkohol, Opioiden, Nikotin, Kokain, Am-           das gestörte System durch Cannabinoidliganden wie-
phetaminen, Cannabinoiden und Benzodiazepinen                derhergestellt wird. Es ist nicht überraschend, dass
beteiligt, indem es Endocannabinoide freisetzt, die als      vorläufige Studien mit Cannabinoidantagonisten viel
retrograde Botenstoffe klassische Transmitter wie Do-        versprechend hinsichtlich der Reduzierung des Dro-
pamin, Serotonin, GABA, Glutamat, Acetylcholin und           genkonsums sind, bei der Einstellung des Rauchens
Noradrenalin hemmen [13]. Zudem ist das Endocanna-           und der Reduzierung des Alkoholkonsums, und Rimo-
binoidsystem an allgemeinen Mechanismen beteiligt,           nabant wurde natürlich in Europa für die Behandlung
die einem Rückfall zu drogensuchendem Verhalten zu           des Übergewichts zugelassen. Es wird gehofft, dass

Cannabinoids ΠVol 2, No 3 Π30. September 2007                                                                   27
Originalartikel

diese ermutigenden positiven Ergebnisse zu neuen            geschlossenen Armen, die durch eine zentrale Platt-
therapeutischen Substanzen zur Behandlung der Dro-          form verbunden sind und wie ein Plus-Zeichen (+)
genabhängigkeit führen. Das PEKS scheint daher eine         angeordnet sind. Der Plus-Labyrinth-Test wurde ver-
zentrale Rolle bei der Regulierung des neuralen Sub-        wendet, um die mit einem Entzug von ausgewählten
strats zu spielen, das vielen Aspekten der Drogensucht      Drogen mit Missbrauchpotenzial verbundene Angst zu
inklusive dringendem Verlangen und Rückfall zu              untersuchen. Männliche C57BI/6-Mäusen wurden nach
Grunde liegt [8]. Die Beobachtung, dass das PEKS am         plötzlichem Absetzen einer chronischen zweimal tägli-
Wiederherstellungsmodell beteiligt ist, lieferte Hinwei-    chen intraperitonealen Behandlung mit Kokain (1,0
se für die Beteiligung des PEKS bei den neuralen Me-        mg/kg), Diazapam (1,0 mg/kg), Äthanol (8%) und
chanismen, die einem Rückfall zu Grunde liegen.             Methanandamid (10 mg/kg) hinsichtlich ihres Verhal-
Rückfall, die Wiederaufnahme des Drogenkonsums              tens im Plus-Labyrinth-Test beurteilt. In einer separa-
nach einer Zeitspanne der Drogenabstinenz, wird als         ten Gruppe von Mäusen wurde die Fähigkeit von Ri-
eine der größten Hürden bei der Behandlung der Dro-         monabant (3 mg/kg) 30 Minuten vor der Behandlung,
gensucht betrachtet, und die pharmakologische Modu-         die Entzugsaversionen zu blockieren, bestimmt.
lierung des Endocannabinoidtonus mit Rimonabant hat         Capsaicin, das Cannabinoidrezeptoren und Vanil-
in Studien mit Menschen positive Ergebnisse gebracht.       loidrezeptoren aktiviert, wurde verwendet, um die
Da der Nutzen der pharmakologischen Behandlung des          Beteiligung des Endocannabinoidsystems bei seinen
Substanzmissbrauchs bisher limitiert ist, gibt es ausrei-   belohnenden Wirkungen bei Mäusen zu untersuchen.
chende vorklinische Hinweise für die Rechtfertigung         Die Wechselwirkung zwischen dem Vanilloid- und
klinischer Studien zur Untersuchung der Wirksamkeit         dem Cannabinoidsystem wurde durch die Verwendung
von Medikamenten auf Cannabinoidbasis bei der Be-           ihrer selektiven Agonisten und Antagonisten untersucht
handlung der Drogenabhängigkeit.                            (Daten nicht gezeigt). Die Daten wurden mittels Vari-
                                                            anzanalyse, gefolgt von Dunnetts t-Test für multiple
Wechselwirkungen zwischen CB1- und CB2-                     Vergleiche, analysiert. Das Signifikanzniveau wurde
Rezeptoren bei Drogenmissbrauch und Sucht                   mit p
Onaivi

                         5

                         4
Open Arms
            Time Spent

                         3

                         2

                                 *
                         1                                                     *
                                                        *                                              *

                         0
                             V   A           A          C       C              E      E                D     D
                                     SR      SR                SR                     SR                     SR
Abbildung 1: Antagonismus der Entzugsaversion von einer Drogenmissbrauchsbehandlung von Rimonabant im Plus-Labyrinth-
Test. Veränderung der Entzugsaversionen bei Mäusen nach chronischer Applikation von Kokain (1,0 mg/kg) C, Diazepam (1,0
mg/kg) D, Äthanol (8% w/v) E, Methanandamid (10 mg/kg) A, durch Rimonabant (SR, 3 mg/kg). V ist die Trägersubstanz 1:1:18,
Emulphor, Äthanol (75%) und Wasser.

von Gehirnsdispositionen von missbrauchten Drogen                  sondern Endocannabinoide sein - das Marihuana des
erhalten wurden, die gut mit Verhaltensänderungen bei              Gehirns und des Körpers und darüber hinaus [13].
Mäusen korrelierte [22].
                                                                   Danksagungen
Schlussfolgerungen                                                 Diese Arbeit wäre nicht möglich gewesen ohne die
                                                                   Unterstützung des Zentrums für Forschung des Kollegs
Die Beziehung zwischen der Aktivierung von Canna-                  für Wissenschaft und Gesundheit der William-
binoid- und Vanilloidrezeptoren zeigt, dass die Wech-              Paterson-Universität,      dem      Dr.     DeYoung-
selwirkung zwischen missbrauchten Substanzen mit                   Studentenstipendiat für die Unterhaltung von Tieren zu
dem Endocannabinoidsystem von elementarer Bedeu-                   Forschungszwecken und dem Provost-Büro für die
tung bei der Gewöhnung ist und eine neurale Basis der              Überlassung der Zeit. Ich danke meinen Kollegen im
Belohnung darstellt. Rimonabant blockierte das mit                 Institut für Biologie, besonders dem Leiter, Dr. Gard-
Aversionen verbundene Verhalten in den offenen Ar-                 ner, und Norman Schanz im Mäuselabor. Ich möchte
men des Plus-Labyrinths, die durch einen Entzug von                mich für die Hilfe und Unterstützung bei Dr. Patricia
missbrauchten Drogen ausgelöst worden waren. Die                   Tagliaferro und meinem Mitarbeiter Dr. Hiroki Ishigu-
Ergebnisse legen nahe, dass das PEKS einen wichtigen               ro bedanken. Ich möchte auch den Drs. John McPart-
natürlichen regulatorischen Mechanismus für Beloh-                 land, Richard Rothman, Mike Baumann und William
nung im Gehirn darstellt und auch zur Reduzierung                  Freed für konstruktive Kommentare danken. Großer
aversiver Konsequenzen missbrauchter Drogen bei-                   Dank gebührt Dr. George Uhl, dem Leiter des Zweigs
trägt. Es ist eine gute Sache, dass Kontroversen ein               für molekulare Neurobiologie beim NIDA-NIH, an
Antrieb für wissenschaftliche Untersuchungen darstellt.            dem ich ein Gastwissenschaftler bin.
Daher erfordert es noch viel mehr Forschung, um die
Natur und Neurobiologie des Endocannabinoidsystems                 Literaturliste
in Gesundheit und bei Krankheit besser zu verstehen.               1.    Spanagel R, Weiss F. The dopamine hypothesis
Am Ende könnte das ewige Glück nicht Dopamin,                            of reward: past and current status. Trends Neu-
                                                                         rosci. 1999; 22: 521-527.

Cannabinoids ΠVol 2, No 3 Π30. September 2007                                                                              29
Originalartikel

2.     Salamone JD, Correa M, Mingote SM, Weber           14.   Di Marzo. Cannabinoids. Handbook of experi-
       SM. Beyond the reward hypothesis: alternative            mental pharmacology. Ed. Pertwee. Springer-
       functions of nucleus accumbens dopamine. Curr.           Verlag, Heidelberg. 2005.
       Opin. Pharmacology. 2005; 5: 34-41.                15.   Giuffrida A, Piomelli D. The endocannabinoid
3.     Horvitz JC. Mesolimbocortical and nigrostriatal          system: a physiological perspective on its role in
       dopamine responses to salient non-reward events.         psychomotor control. Chem. Phys. Lipids. 2000;
       Neuroscience. 2000; 651-656.                             108: 151-158.
4.     Roll ET. Emotion explained. 1st ed. Oxford. NY.    16.   Van Sickle MD, Duncan M, Kingsley PJ, Moui-
       2005.                                                    hate A, Urbani P, Mackie K, Stella N, Makriyan-
5.     Cannon MC, Palmiter RD. Reward without do-               nis A, Piomelli D, Davidson JS, Di Marzo V,
       pamine. J Neuroscience. 2003; 23: 10827-10831.           Pittman QJ, Patel KD, Sharkey KA. Identification
6.     Hnasko TS, Sotak BN, Palmiter RD. Morphine               and functional characterization of brainstem can-
       reward in dopamine-deficient mice. Nature. 2005;         nabinoid CB2 receptors. Science. 2005; 310: 329-
       438: 854-857.                                            332.
7.     Koob GF, Le Moal M. Drug abuse: hedonic ho-        17.   Gong JP, Onaivi ES, Ishiguro H, Liu QR, Taglia-
       meostatic dysregulation. Science. 1997; 278: 52-         ferro PA, Brusco A, Uhl GR. Cannabinoid CB2
       58.                                                      receptors: immunohistochemical localization in
8.     Yamamoto T, Anggadiredja K, Hiranita T. New              rat brain. Brain Res. 2006; 1071: 10-23.
       perspectives in the studies on endocannabinoid     18.   Onaivi ES. Neuropsychobiological evidence for
       and cannabis: A role for the endocannabinoid-            the functional presence and expression of canna-
       arachidonic acid pathway in drug reward and              binoid CB2 receptors in the brain. Neuropsycho-
       long-lasting relapse to drug taking. J Pharmacol         biology. 2006; 54: 231-246.
       Sci. 2004; 96: 382-388.                            19.   Ishiguro H, Iwasaki L, Teasenfitz L, Higuchi S,
9.     De Vries TJ, Schoffelmeer ANM. Cannabinoid               Horiuchi Y, Saito T, Arinami T, Onaivi ES. In-
       CB1 receptors control conditioned drug seeking.          volvement of cannabinoid CB2 receptor in alco-
       Trends Pharmacol Sci. 2005; 26: 420-426.                 hol preference in mice and alcoholism in humans.
10.    Parolaro D, Vigano D, Rubino T. Endocannabi-             The Pharmacogenomics J. 2006; Epub ahead of
       noid and drug dependence. Curr Drug Target –             print.
       CNS Neurol Disorders. 2005; 4: 643-655.            20.   Chaperon F, Soubrie P, Puech AJ, Theibot MH.
11.    Maldonado F, Valverde O, Berrendero F. Invol-            Involvement of central cannabinoid (CB1) in the
       vement of the endocannabinoid system in drug             establishment of place conditioning in rats. Psy-
       addiction. Trends Neurosci. 2006; 29: 225-232.           chopharmacology. 1999; 135: 324-332.
12.    Fattore L, Spano MS, Deiana S, Melis V, Cossu      21.   Poncelet M, Barnouin MC, Breliere JC, Le Fur
       G, Fadda P, Fratta W. An endocannabinoid me-             G, Soubrie P. Blockade of CB1 receptors by
       chanism in relapse to drug seeking: A review of          SR141716 selectively antagonizes drug-induced
       animal studies and clinical perspectives. Brain          reinstatement of exploratory behavior in gerbils.
       Res Rev. 2007; 53: 1-16.                                 Psychopharmacology. 2003; 144: 144-150.
13.    Onaivi ES, Sugiura T, Di Marzo V, editors. The     22.   Reid MJ, Bornheim LM. Cannabinoid-induced
       brain and body’s marijuana and beyond. 1st ed.           alterations in brain disposition of drugs of abuse.
       Boca Raton. CRC Taylor and Francis; 2006.                Biochem. Pharmacol. 2001; 61: 1357-1367.

30                                                                       Cannabinoids ΠVol 2, No 3 Π30. September 2007
Sie können auch lesen