Eine statistische Analyse zur Wetterabh angigkeit bei der Nutzung der MVG-Leihfahrr ader - Uni Mainz
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Eine statistische Analyse zur Wetterabhängigkeit bei der Nutzung der MVG-Leihfahrräder von Anna Lensch Bachelorarbeit in Meteorologie vorgelegt dem Fachbereich Physik, Mathematik und Informatik (FB 08) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz am 19. Januar 2018 1. Gutachter: Dr. Philipp Reutter 2. Gutachter: Prof. Dr. Peter Spichtinger
Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angege- benen Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie Zitate kenntlich gemacht habe. Anna Lensch Mainz, den 19.01.2018 Anna Lensch Matrikel-Nummer: 2714684 Binger Straße 11 D-55116 Mainz alensc01@students.uni-mainz.de
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Datengrundlage und Datenverarbeitung 3 2.1 Datengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Daten der MVGmeinRad GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.2 Daten der Wetterstation des IPA der Uni Mainz . . . . . . . . . . . . 3 2.2 Eingrenzung der meteorologischen Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.3 Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.3.1 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.3.2 Niederschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3.3 MVG-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3 Vergleich der Extrema in Wochensummen der MVG-Ausleihen mit Wet- terlagen 8 3.1 Vergleich der Jahresgänge der Temperatur und der Ausleihen . . . . . . . . 8 3.2 Vergleich zwischen Temperatur- und Ausleihenextrema . . . . . . . . . . . . 16 3.3 Fallbeispiel einer Wetterlage im Frühsommer 2016 . . . . . . . . . . . . . . 20 3.4 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4 Ergebnisse der statistischen Datenauswertung 26 4.1 Zusammenhang zwischen Temperatur- und MVG-Daten . . . . . . . . . . . 27 4.1.1 Absolute Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.1.2 Temperaturdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.2 Zusammenhang zwischen Niederschlags- und MVG-Daten . . . . . . . . . . 30 4.2.1 Auswirkung von Niederschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.2.2 Auswirkung von Niederschlag im Bezug auf Wochentage . . . . . . . 33 4.3 Änderung des Verhaltens der MVGmeinRad-Nutzer bei extremen Tempera- turen und Niederschlägen in den einzelnen Jahreszeiten . . . . . . . . . . . . 35 4.3.1 Unterschiede in der Nutzung zwischen den Jahreszeiten allgemein . . 35 4.3.2 Auswirkungen von extremen Temperaturen und Niederschlägen in je- weiliger Jahreszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 5 Fazit und Ausblick 40 A Appendix 42 A.1 Verwendete statistische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 A.2 Weitere Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 A.3 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 A.4 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 ii
1 Einleitung Immer mehr geraten die Fragen zum Beitrag des Menschen am Klimawandel durch Treib- hausgasemissionen in den öffentlichen Vordergrund. Dabei spielt vor allem die Belastung der Luft mit Feinstaub, welcher durch die enormen Mengen an Abgasen durch übermäßigen Verkehr in die Atmosphäre gelangt, eine große Rolle. Noch mehr diskutiert ist wohl das Thema CO2 -Ausstoß. Trotz gesteckter Klimaziele hat der Eintrag von Treibhausgasen durch den Verkehrssektor im Jahr 2016 gegenüber 2015 um 3.4 % zugenommen, das enspricht einer Menge von 5.4 Mio. Tonnen [1]. Damit verbucht dieser Sektor den stärksten Anstieg und trägt damit keinen guten Teil zur Reduktion der anthropogenen Treibhausgasemission bei. Um diesem Trend entgegen zu wirken, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist die Nutzung des Fahrrades statt des Autos, vor allem für Kurzstrecken, die man im Alltag zurücklegen muss. Der Vorteil ist, man trägt nicht nur einen Teil zum Schutz des Klimas bei, sondern fördert mit Bewegung auch die eigene Gesundheit. Das Fahrradverleihsystem MVGmein- Rad bietet in Mainz die Möglichkeit, sich ein Fahrrad zu leihen: für beliebige Zeiträume innerhalb von 24 Stunden und an den verfügbaren Stationen nach Wahl entnehm- und abstellbar. Natürlich ist man als Radfahrer immer dem Wetter ausgesetzt, so fällt die Entscheidung mancher Nutzer, den Weg zur Arbeit oder zum Einkauf mit dem Fahrrad zurückzulegen je nach Wetterlage bestimmt verschieden aus. Dieser Einfluss scheint sich jedenfalls in den Quoten der jährlichen Gesamt- fahrten widerzuspiegeln: 2015 wurden Abbildung 1: Station mit Mieträdern [2]. insgesamt ca. 4.2 % mehr Fahrten getätigt als im darauffolgenden Jahr und das trotz über 3000 Neuanmeldungen in 2016. Je ” nachdem, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten die Temperaturen schwankten oder es regnete, fuhren die Kunden weniger Rad. 2016 hatten wir zum Beispiel tendenziell mehr Regen.“, so ein Zitat des MVGmeinRad-Geschäftsführers Michael Kraus in einem Artikel der Allgemeinen Zeitung vom 06.04.2017 [3]. In dieser Arbeit wird der Einfluss des Wetters auf die Nutzung der MVG-Leihräder mit Hilfe des Vergleichs zwischen den stündlich aufgelösten Gesamtanzahlen ausgeliehener Fahrräder und den Wetterdaten der Wetterstation der Universität Mainz in Form von statistischen Analysen untersucht. Auf folgende grundlegende Fragen wird in der Analyse Bezug genommen: • Inwiefern beeinflusst die Lufttemperatur das Nutzerverhalten? • Haben größere Temperaturschwankungen eine stärkere Wirkung auf die Nutzung der Fahrräder als kleine? • Wie groß ist der Einfluss von Niederschlag auf die Leihfahrradfahrer? • Spielt die Niederschlagsmenge eine Rolle? 1
• Gibt es einen Unterschied zwischen den einzelnen Wochentagen, wenn es regnet? • Inwiefern wirken sich extrem warme, kalte oder niederschlagsreiche Tage in den einzel- nen Jahreszeiten auf die Nutzer der MVG-Leihräder aus? Am 21.04.2012 wurde das Fahrradverleihsystem offiziell eingeführt und steht seitdem Tag und Nacht zur Verfügung. Die meisten Stationen befinden sich im Innenstadtbereich, je nach Nachfrage werden immer wieder Stationen in umliegenden Stadtteilen neu auf- oder auch wieder abgebaut. Auf der Website der Mainzer Verkehrsgesellschaft [4] sowie in der MVGmeinRad-App lassen sich die aktuell verfügbaren Stationen mit jeweiliger Angabe über die Anzahl freier Fahrräder oder Radboxen nachsehen, wie beispielhaft in Abbildung 2 dargestellt ist. Eine der wichtigsten Zielgruppen sind Studenten, weshalb sich einige Statio- nen in der Umgebung der Universität befinden. Diese liegt im Vergleich zur Innenstadt auf einer Anhöhe, so werden meist mehr Fahrräder an den Stationen auf dem Campus entnom- men als dort wieder abgestellt. Nicht nur an der Universität, sondern im gesamten Einzugsgebiet müssen täglich Räder umverteilt werden, um eine relativ gleichmäßige Verfügbarkeit zu Abbildung 2: Übersichtskarte mit Anzahl freier gewährleisten. Grundsätzlich ist es für Räder und Radboxen je Station [4]. die Logistik des Unternehmens wich- tig, die Umverteilung der Fahrräder bestmöglich prognostizieren zu können. In der Software zur Verteilung werden aktuell schon Wetterdaten des ZDF implementiert, eine stetige Verbesserung der Prognosen ist jedoch wünschenswert, weshalb Informationen zum Einfluss des Wetters auf die Nutzer unter anderem wichtig für die Optimierung der Umverteilungsstrategie sind. In der Wettervorhersage ist ein essenzielles Ziel, die Vorhersagbarkeit stetig zu opti- mieren. Zur bestmöglichen Planung gehört auch eine eventuelle Vorhersagbarkeit des Nutzerverhaltens der MVGmeinRad-Kunden zu einer wesentlichen Intention. Mit Hilfe der Analyse zum Einfluss des Wetters auf die Nutzer der Leihfahrräder kann möglicherweise die Interpretation der Wettervorhersage zur bedingten Vorhersage der Fahrtenzahlen genutzt werden. Eine mögliche sich steigernde Prognostizierbarkeit kann Sicherheit in Planungsvorgängen schaffen und damit auch ein Voranschreiten in der Vorbildfunktion solcher Projekte. Sie können einen sehr wichtigen Beitrag im Umweltbewusstsein der Menschen leisten und das nicht nur passiv, sondern in erster Linie durch die direkte Vermeidung von Luftverschmutzung und CO2 -Ausstoß auch aktiv. 2
2 Datengrundlage und Datenverarbeitung 2.1 Datengrundlage Zur Untersuchung, inwiefern die Nutzung der Fahrräder des Mietradsystems MVGmeinRad von verschiedenen meteorologischen Größen abhängig ist, werden die statistischen Daten der MVGmeinRad GmbH (nachfolgend “MVG-Daten“ genannt), das heißt die stündlichen Anzahlen ausgeliehener Fahrräder, und die Daten der Wetterstation der Universität Mainz genutzt. Die Datensätze und ihre Verarbeitung werden im Folgenden vorgestellt. Die MVG-Daten wurden von der MVGmeinRad GmbH bereitgestellt, eine Erklärung zur ausschließlichen Verwendung dieser Daten für diese Arbeit wurde unterzeichnet und liegt der MVGmeinRad GmbH vor. Die Wetterdaten wurden aus der Wetterstation des Instituts für Physik der Atmosphäre der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bezogen. 2.1.1 Daten der MVGmeinRad GmbH Die von der MVGmeinRad GmbH bereitgestellten Daten enthalten die Anzahl ausgeliehener Mieträder pro Stunde im gesamten MVGmeinRad-Netz. Sie liegen ab dem 19.02.2014 um 10.00 Uhr vor. Das Fahrradverleihsystem existiert seit dem 21.04.2012, am 19.02.2014 gab es eine Softwareumstellung, sodass die hier verwendeten stündlichen Daten erst ab dann verfügbar sind. Vorher waren die Daten lediglich täglich aufgelöst, daher werden die Daten erst ab diesem Datum verwendet. Die zeitliche Auflösung der Daten ist, wie bereits erwähnt, stündlich. Aufgenommen werden die Daten in der Zeitzone MEZ (Mitteleuropäische Zeit), beziehungsweise über Sommer in der Zeitzone MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit). 2.1.2 Daten der Wetterstation des IPA der Uni Mainz Diese Daten sind für den kompletten Zeitraum der Untersuchung (19.02.2014 - 10.10.2017), dessen Beginn durch die Verfügbarkeit der MVG-Daten begrenzt ist, ebenfalls abrufbar. Messfeld Das Messfeld (Abb. 3) ist ein Teil der institutseigenen Wetterstation des Instituts für Physik der Atmosphäre (IPA) der Uni Mainz und befindet sich auf dem Campusgelände zwischen der Hauptpforte der Universität und dem Bretzenheimer Friedhof auf ungefähr 130 m über NN [5]. Die Koordinaten des Standorts sind 49.59◦ nördliche Breite und 8.13◦ östliche Länge [6]. Dort werden unter anderem die Lufttemperatur in verschiedenen Höhen über dem Erdboden, der Druck, die Windstärke und -richtung oder auch die relative Feuchte gemessen. Für diese Untersuchung wird die Temperatur, welche zwei Meter über dem Boden gemessen wird, genutzt. Die zeitliche Auflösung dieser Daten ist eine Minute, aufgenommen werden sie in der Zeitzone UTC. Messplattform Der andere Teil der Wetterstation, die Messplattform, befindet sich auf dem Dach der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Mainz, ca. 800 m nordöstlich des Messfeldes 3
auf ungefähr 157 m über NN. Dort werden Strahlungsgrößen (Sonnenscheindauer, globale und diffuse Strahlung) und die Niederschlagsmenge gemessen. In dieser Arbeit werden die Niederschlagsdaten verwendet, welche eine zeitliche Auflösung von 20 Sekunden haben.. Abbildung 3: Wetterhütte und Messmast an der Wetterstation der Uni Mainz, [7]. Abbildung 4: Messplattform auf dem Dach der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni- versität Mainz [8]. 4
2.2 Eingrenzung der meteorologischen Variablen Aus allen verfügbaren meteorologischen Größen, die theoretisch zur Untersuchung des Ein- flusses des Wetters auf die Nutzung der MVG-Fahrräder verwendet werden könnten, wird eine bestimmte Auswahl getroffen, da manche Größen in diesem Zusammenhang weniger sinnvoll sind als andere. Außerdem wäre die Betrachtung aller verfügbarer Variablen in die- ser Arbeit zu umfangreich. Daher wird der Fokus auf die nach eigener Einschätzung für diese Untersuchung sinnvollsten“, primären Klimagrößen Lufttemperatur und Niederschlag ” gelegt, da diese die größte Wirkung auf den Wohlfühlfaktor für Aktivitäten an der frischen Luft haben. Des Weiteren stehen diese beiden meteorologischen Größen bei der Definition des Wetters im alltäglichen Verständnis im Vordergrund. An der Wetterstation der Universität Mainz wird die Temperatur in verschiedenen Höhen über und auch unter dem Boden gemessen. Verwendet wird hier die Temperatur, die in zwei Metern über dem Grund gemessen wird. Diese Höhe gilt als Standard für die Messung der Lufttemperatur und ist eine internationale Festlegung nach der WMO [9]. Gemessen wird die 2-Meter-Temperatur in einer Wetterhütte, die das messende Thermometer vor Sonnen- einstrahlung und Wärmestau schützt. Neben der Temperatur ist auch der Niederschlag einer der entscheidenden Faktoren für Tätigkeiten im Freien. Dabei spielt wohl die größere Rolle, ob es regnet oder nicht, als die Niederschlagsmenge bzw. -intensität. Daher wird sich in der Auswertung der Daten meist darauf beschränkt, ob es in einer Stunde Niederschlag gab oder nicht. Weitere Gründe für diese Einschränkung sind in Abschnitt 4.2.1 erklärt. Als weitere fühlbare“ Größe könnte man auch den Wind als mögliche zu analysierende Va- ” riable in Betracht ziehen. So könnte ein eventueller negativer Einfluss durch besonders hohe Windgeschwindigkeiten, vor allem bei Windrichtungen, welche kalte Luft herantranspor- tieren (meist Nord oder Nord-Ost) gegeben sein. Allerdings treten genannte hohe Windge- schwindigkeiten am Messstandort selten auf. Man betrachte dazu Abbildung 50a im Anhang, die die Häufigkeitsverteilung der auftretenden stündlich gemittelten Windgeschwindigkeiten beispielhaft für das Jahr 2017 zeigt. Frischer Wind, welcher nach der Beaufort-Skala [10] ab ca. 8 ms definiert ist, tritt kaum auf, selbst mäßiger Wind ab ca. 5 ms vergleichsweise eher selten. Die Betrachtung der Windstärke und auch Windrichtung wäre in einem Ge- biet, in dem höhere Windgeschwindigkeiten kontinuierlicher vertreten sind, wie etwa in einer Küstenregion, interessant. In der für diese Untersuchung betrachteten Region lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Wind und der Veränderung der Leihfahrrad-Nutzung aller- dings aus genannten Gründen eher schwer ableiten (siehe Abbildung 50b im Anhang). Eine weitere vom Nutzer direkt gut wahrnehmbare meteorologische Variable ist die Bewölkung. Allerdings ist die Wahrnehmung der Bewölkung sehr subjektiv und die Ver- arbeitung der Strahlungswerte im Vergleich zu denen der Temperatur und des Niederschlags eher komplex. Gut mess- und verarbeitbare Größen wären beispielsweise auch der Luftdruck oder die re- lative Feuchte. Sie sind aber im Vergleich zur Lufttemperatur und zum Niederschlag nur indirekt oder sogar gar nicht vom Menschen wahrnehmbar, weshalb die Beschränkung in dieser Analyse bei den zuletzt genannten beiden Variablen bleibt. Sollte an diese Arbeit eine weitere angeschlossen werden, könnten allerdings beispielsweise Größen wie der Luftdruck, Wind oder auch die mit der relativen Feuchte verbundene Taupunkttemperatur untersucht werden. 5
2.3 Datenverarbeitung Alle Daten werden mit der Skripsprache Python 2.7 verarbeitet. Dazu zählt das Einlesen der Dateien, die Verarbeitung und Anpassung der Daten, verschiedene Berechnungen und das Plotten der Daten in Diagrammen. Bevor Zusammenhänge zwischen den Ausleihe-Daten der MVG und den Wetterdaten hergestellt werden können, müssen diese Daten in ein gleiches Format gebracht werden. Das bedeutet vor allem, dass die Daten so bearbeitet werden müssen, dass sie in gleicher zeitlicher Auflösung und in der gleichen Zeitzone vorliegen. Bei den Temperaturdaten bedeutet dies eine stündliche Mittelung und bei den Niederschlagsdaten das Einteilen in stündliche Summen, da die MVG-Daten nur stündlich vorliegen. Das Datums- bzw. Zeitformat der Wetterdaten wird von UTC nach Lokalzeit verschoben, da die Daten der MVG in MEZ bzw. MESZ aufgenommen sind und die Nutzer ebenfalls in dieser Zeitzone agieren. Die Daten der Wetterstation liegen als txt-File für jedes gesamte Jahr vor, daraus werden das Datum mit Uhrzeit als datetime-Objekte eingelesen und die Temperatur- und Nieder- schlagsdaten als floats (Gleitkommazahlen). Jeder Stunde wird außerdem eine Zahl zugeordnet, welche den Wochentag angibt, zu dem diese Stunde gehört. Dabei wird folgende Zuordnung vorgenommen: 0 = Montag 1 = Dienstag 2 = Mittwoch 3 = Donnerstag 4 = Freitag 5 = Samstag 6 = Sonntag 7 = Feiertag 8 = Brückentag Feier- und Brückentage [11], [12] werden extra eingeteilt, da diese später zusammen mit den Wochenenden gesondert betrachtet werden. Diese Tage werden manuell zugeordnet, da die meisten nicht für jedes Jahr gleich sind. Beim Verarbeiten der Daten ist aufgefallen, dass es in den Wetterdaten zum einen manchmal Fehlwerte und zum anderen teilweise doppelt aufgenommene Werte gibt. Da die Temperaturdaten nachher zeitlich gemittelt und die Niederschlagsdaten stündlich akkumuliert werden, sollten die Daten zeitlich konsistent sein. Dazu werden die Duplikate zunächst eliminiert; es wird vorher überprüft, ob bei den mehrfach aufgenommenen Zeiten auch die Werte der verwendeten meteorologischen Größen entsprechend identisch sind. Ist dies der Fall, werden diese überflüssigen Wertepaare gelöscht. Die Fehldaten werden mit Hilfe eines erstellten zeitlichen Gitters aufgefüllt. Ihnen wird jeweils der Wert -99.99 zugeordnet. Dieser Wert ist sowohl als Temperatur- als auch als Niederschlagswert nicht realistisch, so dass er für spätere Berechnungen leicht identifiziert und gefiltert werden kann. 2.3.1 Temperatur Um die Temperaturdaten auf die gleiche Auflösung (stündlich) wie die MVG-Daten zu be- kommen, besteht die Möglichkeit, entweder einen punktuellen, repräsentativen Wert für jede Stunde zu wählen oder alle Werte einer Stunde zu einem Wert zu mitteln. Aufgrund der ein- facheren Berechnung wird zunächst die Variante des repräsentativen Wertes für eine Stunde, 6
nämlich der zur jeweiligen 30. Minute, gewählt. Durch die Wahl des punktuellen Wertes ergeben sich allerdings mehr Fehlwerte als bei der Bildung des arithmetischen Mittels der 1- Minuten-Werte zu einem Stundenmittelwert. Außerdem sind die Differenzen zwischen diesen beiden Varianten doch erheblich. Vor allem bei starken Temperaturschwankungen kann es beim punktuellen Temperaturwert schnell zu Über- oder auch Unterschätzungen kommen. Als maximale Abweichung haben sich für das Jahr 2017 beispielsweise 1.73◦ C am 12.07.2017 um 15.30 Uhr ergeben. Aufgrund dieser Ergebnisse wird als repräsentativer Temperatur- wert einer Stunde nicht der punktuelle zur 30. Minute, sondern der Mittelwert aus 60 × 1-Minuten-Werten verwendet. Zur Bewertung, wie sich Temperaturschwankungen auf die Nutzung der Fahrräder auswirken könnten, wird die Differenz dT zwischen zwei stündlichen Mittelwerten berechnet. 2.3.2 Niederschlag Die Niederschlagsdaten der Wetterstation liegen als monatlich akkumulierte Werte mit einer zeitlichen Auflösung von 20 Sekunden vor. Um zu berechnen, wie viele Millimeter es in einer Stunde geregnet hat, wird aus den gesamten Daten immer der Wert zur vollen Stunde gefiltert (xx:00:00). Die Differenz zum Wert aus der vorhergehenden Stunde ergibt dann entsprechend die Summe des Niederschlags aus dieser Stunde. Die Niederschlagswerte sind also stündliche Summen. Zusätzlich zu den absoluten Werten wird eine logische (boolean) Liste erstellt: hat es in einer Stunde nicht geregnet, wird dieser eine 0“ zugeordnet. Entsprechend erhalten Stunden, die ” einen Niederschlagswert > 0 mm aufweisen, die Zuordnung einer 1“. ” 2.3.3 MVG-Daten Die stündlichen Ausleihen der Leihfahrräder wurden von der MVGmeinRad GmbH als csv-Files bereitgestellt. Zur einheitlichen Verarbeitung mit den Wetterdaten werden diese csv-Files zunächst in txt-Files konvertiert. Auch hier werden das Datum und die Zeit als datetime-Objekte eingelesen, die Anzahlen der stündlichen Ausleihen als integer (ganze Zahlen). Nach der Verarbeitung der verschiedenen Daten zu einer einheitlichen zeitlichen Auflösung werden sie sowohl für den gesamten Beobachtungszeitraum als auch einzeln für die jeweiligen Jahre 2014, 2015, 2016 und 2017 in txt-Files geschrieben. Die zur statistischen Analyse dann verfügbaren Variablen sind: Wochentag (als Zahl zwischen 0 und 8), Datum, Uhrzeit, stündlich gemittelte Temperatur [◦ C], Differenz zur vorangehenden Stunde [◦ C], stündlich akkumulierter Niederschlag [mm], Zuordnung ob in dieser Stunde Niederschlag gefallen ist oder nicht ( 1“ oder 0“) und ” ” Anzahl stündlicher Fahrradausleihen. 7
3 Vergleich der Extrema in Wochensummen der MVG-Ausleihen mit Wetterlagen In diesem Kapitel werden die Jahresgänge der Lufttemperatur mit denen der wöchentlichen Fahrtenanzahlen in Bezug gesetzt, um einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen der Nutzung des Leihradsystems und der Temperatur herzustellen. Außerdem werden Anomalien in beiden Jahresgängen verglichen. Zur weiterführenden Analyse wird anhand eines Fallbeispiels die Situation zu einer speziellen Wetterlage mit Hilfe weiterer Größen (Niederschlag, Sonnenscheindauer, Wind) untersucht. Es werden weitere Beispiele zu markanten Wetterlagen kurz aufgeführt und den Reaktionen der Nutzer der Leihfahrräder gegenübergestellt. 3.1 Vergleich der Jahresgänge der Temperatur und der Ausleihen Die Anzahlen der ausgeliehenen MVG-Fahrräder schwanken sowohl im Tages- als auch im Jahresverlauf. Der Tageszyklus scheint dabei deutlich durch den grundsätzlichen Tagesablauf der Nutzer bestimmt zu sein. Erkennbar ist dies am Verlauf des Graphen in Abbildung 5, wo es Extrema zu bestimmten Uhr- bzw. Tageszeiten gibt. Inwiefern und wie stark sich die Amplituden der Ausleihenzahlen während Stunden mit und ohne Niederschlag unterscheiden, ist in Abschnitt 4.2.1 genauer erläutert. Die Abbildungen für die einzelnen Jahre 2014 bis 2017 finden sich im Appendix in Abschnitt A.2. Abbildung 5: Mittelwert der stündlichen Fahrradausleihen, berechnet für den Zeitraum vom 19.02.14 bis 10.10.2017. Bei der zeitlich größerskaligen Betrachtung der Anzahl der Fahrrad-Ausleihen im Jahresver- lauf lässt sich ein klarer Jahresgang ausmachen. Man betrachte dazu das gleitende Mittel der wöchentlichen Ausleihensummen aus allen Jahren (rote Kurve in Abbildung 6 bis 9). 8
Abbildung 6: Wöchentliche Ausleihensummen für 2014 (hellblau). dunkelblau: gleitendes Mittel mit w =3 (siehe Gl. 4 in A.1 im Appendix), rot: gl. Mittel (w =3) des Mittelwerts 2014 - 2017. Abbildung 7: Wöchentliche Ausleihensummen 2015, Bedeutung der Kurven wie in Abb. 6. 9
Abbildung 8: Wöchentliche Ausleihensummen 2016, Bedeutung der Kurven wie in Abb. 6. Abbildung 9: Wöchentliche Ausleihensummen 2017, Bedeutung der Kurven wie in Abb. 6. Die wöchentlichen Ausleihen verzeichnen einen stetigen Anstieg von ca. 4 000 zu Beginn des Jahres bis zu einem Maximum von bis zu ca. 16 000 im Sommer. Dieses liegt ungefähr im Zeitraum der 24. bis 30. Kalenderwoche, also Anfang/Mitte Juni bis Ende Juli. In dieser Zeit werden in der Woche im Durchschnitt 12 000 bis 13 000 Fahrten getätigt. Danach fällt die Summe der wöchentlichen Ausleihen wieder relativ kontinuierlich bis auf etwas weniger als 5 000 am Ende des Jahres. Diese Trends sind ähnlich denen der Lufttemperatur (gemessen in zwei Metern über dem Boden) in Mainz. Dazu sind in den Abbildungen 10 bis 13 die Tagesmittel-, -maximum- und -minimumtemperaturen für die Jahre 2014 bis 2017 dargestellt. Die dickeren Kurven zeigen zur besseren Übersichtlichkeit die gleitenden Mittel über 7 Tage, also eine Woche. Auch hier lässt sich das Minimum der Kurve wie beim Verlauf der wöchentlichen Fahrrad-Ausleihen im zwei- bis dreimonatigen Zeitraum um den Jahreswechsel verordnen. Ebenfalls ist ein Anstieg bis zum Maximum im Sommer und danach wieder ein Rückgang zu beobachten. Unterschiede zwischen den beiden Jahresgängen lassen sich lediglich in der Lage der 10
Maxima (Ausleihen-Maximum ungefähr im Juni/Juli, Temperatur-Maximum ungefähr im Juli/August) feststellen. Ein Grund hierfür könnte der hohe Einfluss der Nutzergruppe der Studenten sein, welche aufgrund der vorlesungsfreien Zeit im Hochsommer das Leihradsys- tem möglicherweise weniger nutzen als über das Semester. Abbildung 10: Temperaturen 2014, schwarz: Tagesmitteltemperatur, rot: Tagesmaximum- temperatur, blau: Tagesminimumtemperatur. Die dickeren Kurven stellen jeweils das glei- tende Mittel mit w = 7 (siehe Gleichung 4 in Abschnitt A.1 im Appendix) dar. Abbildung 11: Temperaturen 2015, Bedeutung der Kurven wie in Abb. 10. 11
Abbildung 12: Temperaturen 2016, Bedeutung der Kurven wie in Abb. 10. Abbildung 13: Temperaturen 2017, Bedeutung der Kurven wie in Abb. 10. 12
Vor allem in den Sommermonaten und auch teilweise im Frühjahr und Herbst schwankt die Quote der Ausleihen von Woche zu Woche mitunter stark. Erkennbar ist dies zum einen am Unterschied zwischen dem gleitenden Mittel der wöchentlichen Ausleihen des jeweiligen Jahres (blaue Kurven in Abbildungen 6 bis 9) und dem gleitenden Mittel des Mittelwerts aus allen Jahren (hellrote Kurve in Abbildungen 6 bis 9). In diesem Zeitraum liegen die beiden Kurven oftmals weit auseinander, positive Anomalien gegenüber dem Mittelwert (blaue Kurve über hellroter Kurve) bedeuten, dass in der Woche des entsprechenden Jahres mehr Fahrräder ausgeliehen wurden als im Durchschnitt der vier Jahre. Umgekehrt bedeuten negative Anomalien (hellrote Kurve über blauer Kurve), dass in der Woche des betrachteten Jahres die Zahl der Ausleihen eher unterdurchschnittlich gewesen ist. In den Wintermonaten, im zeitigen Frühjahr und im Spätherbst sind die beiden Kurven ähnlicher, die Differenzen zwischen jeweiligem Jahr und Mittelwert aller Jahre sind weniger groß. Es bleibt zu beachten, dass der Mittelwert aus den vier Jahren nur bedingt aussagekräftig ist, da mit n = 4 der Stichprobenraum sehr klein ist. Außerdem sind die Kalenderwochen der einzelnen Jahre nicht vollkommen übereinstimmend im Datum. Daher dient das gleitende Mittel des Mittelwertes aus den vier Jahren mehr zu einer groben Orientierung, in welchem Bereich sich die wöchentlichen Fahrrad-Ausleihensummen befinden. Weiterhin sind die größeren Schwankungen der Ausleihen in der wärmeren Jahreshälfte direkt in den Wochensummen erkennbar: die Differenzen zwischen den einzelnen Wochen sind in diesen Monaten meist größer (größere “Zacken“) als in denen der kühleren Jah- reshälfte (kleinere “Zacken“). Dies ist vergleichbar mit den verschieden hohen Amplituden des Hintergrundrauschens einer Signalmessung. Verdeutlicht wird dies auch noch einmal in den Abbildungen 14 bis 17: Die größeren Differenzen der Ausleihen zur vorangehenden Woche konzentrieren sich eher in der Jahresmitte. Abbildung 14: Differenzen der wöchentlichen Ausleihensummen 2014. 13
Abbildung 15: Differenzen der wöchentlichen Ausleihensummen 2015. Abbildung 16: Differenzen der wöchentlichen Ausleihensummen 2016. 14
Abbildung 17: Differenzen der wöchentlichen Ausleihensummen 2017. Dieses Ergebnis lässt darauf schließen, dass äußere Einwirkungen wie das Wetter in der wärmeren Jahreshälfte möglicherweise größere Einflüsse auf die Entscheidung der Nutzer haben, sich ein Rad zu leihen oder nicht, als in der kühleren Jahreshälfte. So kann man davon ausgehen, dass es bei wärmeren Temperaturen, zusätzlich zu den re- gelmäßigen Vielfahrern, mehr Gelegenheitsfahrer gibt, die durch das schöne Wetter zum Radfahren motiviert sind. Ebenso werden diese Gelegenheitsfahrer aber auch bei Schlecht- wetterphasen im Sommer, Frühjahr oder Herbst wahrscheinlich eher auf das Radfahren ver- zichten als die Vielfahrer. Dies würde ebenfalls die stärkeren Schwankungen zur Jahresmitte erklären. 15
3.2 Vergleich zwischen Temperatur- und Ausleihenextrema Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen die Annahme, dass größere und/oder längerfristige Extrema in den Anzahlen der Fahrradausleihen durch starke und/oder länger anhaltende Temperaturanomalien beeinflusst werden. 2014: In den Kalenderwochen 29 bis 32 (14.07.14 bis 10.08.14) ist ein prägnantes Maximum in den Ausleihenzahlen zu erkennen, gefolgt von einem starken Einbruch in den darauffolgenden drei Wochen (KW 33 bis 35, 11.08.14 bis 31.08.14). Äquivalent dazu gab es Mitte Juli bis Mitte August eine hochsommerliche Periode mit Tagesmaximumtemperaturen zwischen 25 und 30 ◦ C. Daran schloss sich eine kühlere Phase an, in der die Tageshöchstwerte unter 20 ◦ C sanken. Abbildung 18: Wöchentliche Ausleihensummen 2014, Extrema im Juli / August. Abbildung 19: Temperaturen 2014, Extrema im Juli / August. 16
2015: Anfang April gab es einen relativ starken Temperaturanstieg im Tagesmittel von ca. 6 ◦ C auf ca. 14 ◦ C. Analog dazu lässt sich ein extremer Zuwachs an Ausleihen beobachten. Eine noch größere Temperaturzunahme erkennt man Anfang Juli, wo Temperaturen über 30 ◦ C erreicht wurden. Auch in dieser Zeit ist ein Wachstum in den Ausleihen-Zahlen zu sehen (KW 27, 29.06.15 bis 05.07.15), allerdings ist dieses nicht so ausgeprägt. Möglicherweise hat ersteres ein “Frühlingserwachen“ hervorgerufen, wohingegen es bei dem Anstieg im Juli teilweise schon zu heiß gewesen sein könnte. Ein weiterer Grund für einen nicht so extremen Zuwachs wäre die Ausgangslage: im April lag die Anzahl der wöchentlichen Ausleihen bei ca. 6 000 vor dem Ereignis, im Juli aber schon bei ca. 11 000, sodass das mögliche Ausmaß eines Anstiegs auch zu einer Kapazitätsfrage wird. Abbildung 20: Wöchentliche Ausleihensummen 2015, Extrema im April und Juli. Abbildung 21: Temperaturen 2015, Extrema im April und Juli. 17
2016: Ein ähnliches Beispiel wie im April 2015 findet man auch im fast gleichen Zeitraum im Jahr 2016: ein starker Temperaturanstieg Ende April / Anfang Mai (KW 16 bis 18) korreliert mit einem extremen Anstieg in den Fahrradausleihen. Im Spätsommer (KW 34 bis 38, 22.08.16 bis 25.09.16) wurde es noch einmal sehr warm (Tagesmaxima über 30 ◦ C), man erkennt entsprechend eine positive Anomalie in den Ausleihen-Zahlen; davor gab es ein kleines “Sommerloch“ - sowohl bei den Quoten der Ausleihen als auch bei den Lufttemperaturen. Abbildung 22: Wöchentliche Ausleihensummen 2016, Extrema im April / Mai und August / September. Abbildung 23: Temperaturen 2016, Extrema im April / Mai und August / September. 18
2017: Ende März gab es erste sommerliche Temperaturen, die Auswirkung ist deutlich in der Quantitätssteigerung der Fahrradausleihen erkennbar (KW 13 bis 14, 27.03.17 bis 09.04.17). Gefolgt wurde dieser Aufschwung von einem Temperatursturz von über 20 ◦ C Tagesmaximaltemperatur auf weniger als 10 ◦ C, verbunden mit einem Einbruch in den Aus- leihen. Abbildung 24: Wöchentliche Ausleihensummen 2017, Extrema im März / April. Abbildung 25: Temperaturen 2017, Extrema im März / April. 19
3.3 Fallbeispiel einer Wetterlage im Frühsommer 2016 Neben der Temperatur scheint auch der Niederschlag einen enormen Einfluss auf die Leihfahrrad-Nutzer zu haben. Durchschnittlich geht die Zahl der Ausleihen im Fall von Regen um ca. 45 % zurück (dieses Ergebnis ist in Abschnitt 4.2.1 ausführlich erläutert). Da Niederschlagsereignisse aber meist auf einer deutlich kürzeren Zeitskala stattfinden als Temperaturschwankungen (bei gefiltertem Tagestrend), lässt sich diese Feststellung im Jahresverlauf nicht deutlich genug widerspiegeln. Daher wird als Beispiel zur Erläuterung dieser Auswirkungen ein kürzerer Zeitraum gewählt und die Wetterlage Mitte Mai bis Mitte Juni 2016 genauer betrachtet. Abbildung 26: Wöchentliche Ausleihensummen 2016, extreme Schwankungen Ende Mai bis Mitte Juni. Abbildung 26 zeigt die wöchentlichen Summen der Fahrradausleihen im Jahr 2016. In den Kalenderwochen 21 bis 24 (23.05.16 bis 19.06.16) lässt sich ein deutlicher Einbruch erkennen, mit Ausnahme eines lokalen Maximums in der 23. Woche. Die Zahlen sinken von mehr als 12 000 in KW 20 über nur noch 10 600 in KW 21 auf ca. 10 000 in KW 22. Nach einem kurzen positiven Ausreißer in KW 23 mit knapp 13 000 gehen die Zahlen noch weiter zurück, bis auf etwas über 9 000 Ausleihen in der Woche, danach steigen sie wieder an. Die Quoten dieses Zeitraumes (ausgenommen KW 23) liegen somit deutlich unter dem Durchschnitt der vier Jahre, welcher in dieser Zeit bei etwa 11 500 - 12 500 liegt. Der erste Einbruch in KW 21 - 22 könnte mitunter durch viel Niederschlag zu erklären sein. Ab dem 22.05.16 gab es über mehrere Tage viele Gewitter in der Region. Da eher geringe Windgeschwindigkeiten herrschten (siehe dazu Abbildung 28, Ende Mai durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von maximal 5 ms an der Wetterstation), zogen die Gewitter nur langsam, sodass es lokal zu viel Regen kam (an der Wetterstation der Uni Mainz gemessen: 47 mm im Zeitraum vom 26. - 30.05.16, siehe Abbildung 27). Außerdem war es in dieser Zeit relativ kühl, mit durchschnittlich ungefähr 16 ◦ C. In der darauffolgenden Woche (KW 23, 06.06. - 11.06.16) ließ sich sowohl in den Quoten der Fahrradausleihen als auch in den Wetterdaten ein kurzer sommerlicher Aufschwung ver- zeichnen. Es war weiterhin relativ windstill (Abb. 29), wurde aber wärmer, regnete fast gar nicht (Abb. 27) und die Sonne schien täglich viele Stunden (Abb. 30b) In den vorangehenden 20
beiden Wochen gab es vergleichsweise nicht extrem wenig Sonnenstunden, man sollte aller- dings beachten, dass der viele Niederschlag hauptsächlich durch Gewitter verursacht wurde. Diese existieren auf einer eher kurzen Zeitskala, sodass es zwischendrin sehr wohl auch zu sonnenreichen Stunden gekommen sein kann. Nach der kurzen Schönwetterphase schloss sich der Durchzug eines Tiefdruckgebietes an, welches wieder sinkende Temperaturen, auffrischenden Wind, viel Niederschlag und entspre- chend weniger Sonne mit sich brachte (Abb. 27, 29, 30b). Außerdem gab es auch in dieser Zeit wieder Gewitter; der Durchgang der Böenfronten der Gewitter lässt sich an den Wind- spitzen zum Beispiel am 14.06. und 25.06. in Abbildung 29 in Verbindung mit Regenmaxima an den gleichen Tagen in Abbildung 27 erkennen. Abbildung 27: An der Wetterstation der Universität Mainz (Messplattform Naturwissen- schafliche Fakultät) gemessene tägliche Niederschlagssummen [mm] Mai und Juni 2016. Abbildung 28: An der Wetterstation der Universität Mainz (Messfeld) gemessene Windge- schwindigkeiten [ ms ] im Mai 2016, rot: Maxima, grün: 10-min-Mittel, [13]. 21
Abbildung 29: An der Wetterstation der Universität Mainz (Messfeld) gemessene Windge- schwindigkeiten [ ms ] im Juni 2016, rot: Maxima, grün: 10-min-Mittel, [13]. (a) Tägliche Sonnenscheindauer, Mai 2016 (b) Tägliche Sonnenscheindauer, Juni 2016 Abbildung 30: An der Wetterstation der Universität Mainz (Messplattform Naturwissen- schaftliche Fakultät) gemessene tägliche Sonnenscheindauern [min] im Mai und Juni 2016. Insgesamt war der Sommer im Jahr 2016 durchaus wechselhaft, es konnte sich keine stabile Hochdrucklage einstellen, welche den Durchzug von Tiefdruckgebieten blockieren konnte. Die Großwetterlagen bestimmen sehr das Sommerwetter über Mitteleuropa. Vergleicht man dazu die Situation im Jahr davor, lässt sich möglicherweise auch erklären, warum die Gesamtzahlen der Fahrradausleihen im Jahr 2016 (ca. 460 000 Fahrten) gegenüber 2015 (ca. 480 000 Fahrten) zurückgegangen waren. Der Sommer 2015 war geprägt durch mehrere Hitzewellen, hervorgerufen durch stabile Hochdrucklagen. Der dadurch ausbleibende Regen machte 2015 zum trockensten Jahr der letzten Dekade in Mainz, wohingegen 2016 eines der nassesten Jahre war und nur von 2010 übertroffen wird. So wurde im Juni 2016 bereits die Niederschlagsmenge erreicht, die 2015 im ganzen Jahr gefallen war - dies zeigen die Pfeile in Abb. 31. Im oben betrachteten Zeitraum der KW 21 bis 24 (Mitte Mai bis Mitte Juni) lagen die Zahlen der wöchentlichen Summen der Fahrradausleihen im Jahr 2016 mit ∼9 200 bis 10 500 (Ausnahme KW 23, ∼13 000) wie schon erwähnt unter dem Durchschnitt der vier vorliegenden Jahre. Die Zahlen dieses Zeitraums in 2015 liegen dagegen im Durchschnitt mit ∼11 200 bis 14 000 deutlich darüber. Ein Beispiel der Großwetterlage über Europa für einen Tag in KW 24 des Jahres 2016 ist in Abbildung 32b, für 2015 in Abbildung 32a dargestellt. 22
Abbildung 31: Akkumulierte Jahresniederschläge [mm] für 2009 bis 2017 [14], abgeändert. (a) Großwetterlage (Bodendruckkarte) (b) Großwetterlage (Bodendruckkarte) am 17.06.15, 00 UTC [15] am 16.06.16, 00 UTC [15] Abbildung 32: Bodendruckkarten für den 17.06.15 und 16.06.16; 2015: hohe Anzahl Fahrrad- ausleihen, Wetter: Hochdrucklage, trocken, warm; 2016: geringe Anzahl Fahrradausleihen, Wetter: Durchzug eines Tiefdruckgebietes, Regen, kühl, Gewitter. 23
3.4 Weitere Beispiele In den folgenden beiden Tabellen sind weitere Beispiele aufgeführt, an denen die Korrelation zwischen vorliegenden Merkmalen der Wetterlage und positiven beziehungsweise negativen Extrema in den Zahlen der Fahrradausleihen erkennbar ist. 2016: Zeitraum Extremum Merkmale der Wetterlage Ausleihen KW 12 - 18 positiv vorher viel Sonne, aber kalt; ab ca. 19.03. 21.03.16 - 08.05.16 KW 12: ∼ 6000 durchwachsener und wärmer; KW 18: ∼ 13500 April insgesamt typisch wechselhaft (aber Se- mesterbeginn!); erste Maiwoche (KW 18) warm, fast kein Nie- derschlag, sonnig KW 21 - 24 negativ siehe Abschnitt 3.3 23.05.16 - 19.06.16 (KW 21, 22, 24) positiv (KW 23) KW 31 negativ mehrere Tage beständiger Regen (keine Ge- 01.08.16 - 07.08.16 KW 30: ∼ 13500 witter!); KW 31: ∼ 10500 Temperaturen schwanken kaum im Tagesgang, aber insgesamt eher kühl (< 20 ◦ C) KW 34 - 38 positiv Großwetterlage: Hoch mit warmen bis heißen 22.08.16 - 25.09.16 ∼ 15 bis 20 % über Temperaturen > 30 ◦ C, kaum Regen, viel dem Mittelwert Sonne; warme bis heiße erste Septemberhälfte, danach frühherbstlich, aber im ganzen September sehr wenig Niederschlag (gesamt nur 14.7 mm) KW 40 negativ milde Temperaturen, aber viel Regen (ca. 03.10.16 - 09.10.16 -20 % zur Vorwo- 27 mm in 4 Tagen) und windig che Tabelle 1: Gegenüberstellung von markanten positiven und negativen Anomalien in wöchentlichen Ausleihensummen und entsprechenden Wetterlagen in diesen Zeiträumen für das Jahr 2016, [13], [16]. 24
2017: Zeitraum Extremum Merkmale der Wetterlage Ausleihen KW 12 - 14 positiv steigende Temperaturen, kein Niederschlag 20.03.17 - 09.04.17 KW 12: ∼ 7500 KW 13: ∼ 10500 KW 15 - 16 negativ Großwetterlage: Hoch im Westen → Nordwind 10.04.17 - 23.04.17 KW 14: ∼ 10000 → sinkende Temperaturen, sogar Frost; KW 16: ∼ 7300 viel Regen (Maximum am 17.04.17 (Ostermon- tag) mit ca. 10 mm) KW 19 - 20 positiv sommerlich warme Periode zwischen kalt- 08.05.17 - 21.05.17 KW 18: ∼ 8000 frostigem erstem Monatsdrittel und Gewitter KW 20: ∼ 12500 Ende Mai; eher wenig Niederschlag KW 33 - 36 positiv nach Unwettern Mitte August mäßige, nicht 14.08.17 - 10.09.17 KW 32: ∼ 9000 zu heiße Temperaturen (meist zwischen 20 und KW 34: ∼ 11500 25 ◦ C) bis Anfang September; wenig, Anfang September kein Regen KW 37 negativ Tiefdruckgebiet bringt viel Regen und 11.09.17 - 17.09.17 KW 36: ∼ 10000 Abkühlung; KW 37: ∼ 7000 gesamter September kühler im Vergleich zu 2016 Tabelle 2: Gegenüberstellung von markanten positiven und negativen Anomalien in wöchentlichen Ausleihensummen und entsprechenden Wetterlagen in diesen Zeiträumen für das Jahr 2017, [14], [16]. Die qualitative Auswertung zum Vergleich zwischen verschiedenen Wetterlagen und der Nut- zung der Leihfahrräder zeigt, dass der Einfluss des Wetters in den Quoten der wöchentlichen Fahrten deutlich sichtbar ist. Vor allem in der wärmeren Jahreshälfte zeigen sich die Auswir- kungen der unterschiedlichen Witterungen. So bewirken Schönwetterlagen, also angenehm warme Temperaturen und kein Regen, klare positive Extrema in den wöchentlichen Auslei- henzahlen. In kühleren Perioden, bei Unwettern oder anhaltendem Regen dagegen werden die Fahrräder weniger genutzt. 25
4 Ergebnisse der statistischen Datenauswertung Dieses Kapitel beinhaltet die statistische Analyse des Zusammenhangs der Temperatur- und Niederschlagsdaten mit den MVG-Daten. Im Vergleich zur weitgehend qualitativen Be- trachtungsweise in Kapitel 3 werden hier vor allem quantitative Zusammenhänge dargestellt. Bei der Beurteilung des Einflusses der Lufttemperatur auf die Nutzer der Leihfahrräder werden sowohl absolute Temperaturen als auch Temperaturschwankungen ausgewertet. Bei der Auswertung des Einflusses von Niederschlag auf das Verhalten der Nutzer wird der Fokus darauf gelegt, inwiefern Änderungen sichtbar sind, wenn es überhaupt regnet, also weniger auf den Einfluss der Niederschlagsmenge. Eine Begründung dafür ist die Nieder- ” schlagsarmut“ des Rhein-Main-Gebietes und die Seltenheit größerer Niederschlagsmengen innerhalb einer Stunde. Eine ausführliche Erläuterung dazu findet sich in Abschnitt 4.2. Für diese Ergebnisse werden jeweils die Daten des gesamten Beobachtungszeitraumes, also vom 19.02.2014 bis zum 10.10.2017, verwendet. Um herauszuarbeiten, inwiefern sich die Wirkung der meteorologischen Größen auf das Verhalten der Leihfahrradnutzer mit den Jahreszeiten ändert, wird zusätzlich noch eine Auswertung besonders warmer, kalter und niederschlagsreicher Tage jeweils im Frühling, Sommer, Herbst und Winter betrachtet. Zu einer ersten Einschätzung, wie die Anzahlen der stündlichen Fahrten mit den MVG-Rädern verteilt sind, ist in Abbildung 33 dargestellt, wie oft eine gewisse Anzahl im Beobachtungszeitraum aufgetreten ist. Der Mittelwert liegt bei 53 und der Median bei 45 Fahrten pro Stunde. Wie in Abbildung 33 erkennbar, treten geringere Werte häufiger auf, es gibt aber auch einige extreme Stunden, in denen das Fahrradverleihsystem sehr stark nachgefragt wurde. Abbildung 33: Histogramm auftretender stündlicher Fahrten vom 19.02.14 bis 10.10.17, In- tervallgröße: 10 stündliche Fahrten. 26
4.1 Zusammenhang zwischen Temperatur- und MVG-Daten 4.1.1 Absolute Temperaturen Abbildung 34 zeigt die Verteilung der Anzahl der Fahrradausleihen in Abhängigkeit von der Temperatur. Nachts (0 bis 6 Uhr) konzentrieren sich die Werte eher bei geringen Zahlen und sind prinzipiell gleichmäßiger verteilt als tagsüber (6 bis 24 Uhr), es gibt nur eine schwache Tendenz zu größeren Ausleihenzahlen bei höheren Temperaturen. Im Vergleich dazu ist der proportionale Zusammenhang tagsüber deutlicher zu erkennen: mit steigenden Temperaturen steigt auch die Anzahl der stündlichen Fahrten. Somit scheint das Nutzerverhalten tagsüber stärker von der Temperatur beeinflusst zu sein als nachts, man beachte dabei allerdings die Spannweite der auftretenden Temperaturen: Zwischen 0 und 6 Uhr wurden Temperaturen im Intervall von -11 ◦ C bis +27 ◦ C gemessen, davon die meisten im Intervall von 6 ◦ C bis 15 ◦ C. Zwischen 6 und 24 Uhr dagegen wurden Temperaturen im Intervall von -11 ◦ C bis +37 ◦ C gemessen, die meisten davon zwischen 4 ◦ C und 6 ◦ C sowie zwischen 8 ◦ C und 20 ◦ C. Abbildung 34: Anzahl Fahrradausleihen in Abhängigkeit von stündlich gemittelten Tempe- raturen [◦ C] tagsüber (blau) und nachts (orange). Zur Übersicht, wie oft Temperaturen innerhalb eines bestimmten Intervalls überhaupt an der Wetterstation innerhalb des Beobachtungszeitraumes gemessen wurden, dient Abbildung 35. Die Häufigkeitsverteilung ist annähernd gaußförmig, im Intervall von ca. ± 6 ◦ C um den Mittelwert, welcher bei 11.89 ◦ C liegt, ist sie etwas abgeflacht. Hierbei ist zu beachten, dass der genannte Mittelwert nicht dem der Jahresmittelwerte von 2014 bis 2017 entspricht, da aus 2014 die Zeiträume 01.01. - 18.02. und 24.10. - 09.11. fehlen, sowie aus 2017 der Zeitraum 11.10. - 31.12. Der eigentliche Mittelwert der Jahresmittelwerte ist also etwas geringer. Am häufigsten treten im Beobachtungszeitraum Temperaturen zwischen 4 und 5 ◦ C und zwischen 8 und 17 ◦ C auf. Die geringere Dichte der Punkte in Abbildung 34 bei hohen und niedrigen Tempera- turen ist also dadurch zu erklären, dass diese Temperaturwerte nicht so oft auftreten, was Abbildung 35 verdeutlicht ist. 27
Abbildung 35: Histogramm auftretender, stündlich gemittelter Temperaturen vom 19.02.14 bis 10.10.17, Intervallgröße: 1 ◦ C. 4.1.2 Temperaturdifferenzen Ein annähernd linearer Zusammenhang ist zwischen den absoluten Temperaturwerten und der Anzahl der Fahrradausleihen erkennbar. Interessant ist es auch, das Verhalten der Nut- zer bei unterschiedlich starken Temperaturschwankungen zu untersuchen. Dazu sind in Ab- bildung 36 die Temperaturdifferenzen dT innerhalb einer Stunde gegen die Anzahlen der stündlichen Fahrten aufgetragen. Abbildung 36: Anzahl Fahrradausleihen in Abhängigkeit von stündlichen Temperaturdiffe- renzen [◦ C] tagsüber (rot) und nachts (orange). Auch hier ist wie bei den absoluten Temperaturen in Abbildung 34 nachts eine Konzen- tration bei geringeren Werten zu beobachten. Insgesamt ist diese Verteilung annähernd glockenförmig mit einem Maximum bei dTmed = -0.04 ◦ C (Median) und einem Mittelwert von dTmean = 0.01 ◦ C. 28
Die Ausleihenzahlen konzentrieren sich bei großen Temperaturdifferenzen eher im mittleren Bereich, ungefähr zwischen 50 und 100. Eine mögliche Erklärung wären hier die Temperatur- schwankungen bei Sommergewittern mit großen dT auf kurzer Zeitskala, während gleichzeitig in der warmen Jahreszeit die Anzahlen der Fahrten tendenziell höher liegen als in der kühlen. Eine weitere mögliche Erklärung ist der Tagesgang der Ausleihenzahlen (siehe Abbildung 41 in Abschnitt 4.2.1): die Maxima liegen in Tageszeiten, in denen die Temperaturzunahmen (morgens) und -abnahmen (abends) im Tagesverlauf am größten sind. Auch die Drängung der Punkte nachts bei negativen dT und tagsüber eher bei positiven dT lässt sich mit Hilfe des Tagesganges der Anzahlen der Fahrten veranschaulichen: zwischen 0 und 6 Uhr nehmen die Temperaturen grundsätzlich eher ab als zu, zwischen 6 und 24 Uhr treten beide Fälle auf, weshalb die Verlagerung der Drängung tags (rot) auch nicht so stark ist wie nachts (orange). Abbildung 37: Histogramm auftretender stündlicher Temperaturdifferenzen vom 19.02.14 bis 10.10.17, Intervallgröße: 0.1 ◦ C. Durch die Erklärung der Verteilung mit Hilfe des mittleren Tagesganges der Ausleihen scheint die Abhängigkeit von Temperaturschwankungen weniger stark gegeben als die Abhängigkeit von den absoluten Temperaturen. Dies ist mit Sicherheit auch dadurch gegeben, dass sehr große Schwankungen tendenziell eher selten auftreten, wie in Abbildung 37 erkennbar ist. Die Randbereiche, also größere Temperaturdifferenzen, könnten wie oben beschrieben, durch Gewitterlagen vor allem im Sommer oder auch durch Frontdurchgänge von Tief- druckgebieten zu erklären sein. Da letztere das ganze Jahr über auftreten können, sind die Ausleihenzahlen in den Randbereichen bei großen dT eher weit gestreut. 29
4.2 Zusammenhang zwischen Niederschlags- und MVG-Daten 4.2.1 Auswirkung von Niederschlag Abbildung 38 zeigt den Zusammenhang zwischen stündlichen Niederschlagsmengen und der Anzahl stündlicher Fahrradausleihen. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass vor allem bei sehr geringem oder gar keinem Niederschlag viele Fahrten getätigt werden. Die Zahlen sinken bei Niederschlag sofort rapide ab und es ist eine leichte Tendenz dahingehend zu erkennen, dass, je mehr Regen in einer Stunde fällt, je weniger werden die Fahrräder genutzt. Allerdings lässt sich anhand dieses Diagramms auch feststellen, dass die meisten stündlichen Niederschlagswerte weniger als 3 mm betragen. Das bedeutet, dass starke Niederschlagser- eignisse in Mainz eher selten vorkommen. Daher wurde auch der Ausschnitt von 0 bis 10 mm gewählt, es gibt lediglich vier Ereignisse innerhalb des Zeitraums vom 19.02.14 bis 10.10.17, bei denen innerhalb einer Stunde mehr als 10 mm Niederschlag gemessen wurde, die beiden höchsten davon mit 19.3 mm und 19.9 mm am 10.07.14 und am 25.06.16. Alle markanten Stundensummen liegen im späten Frühjahr oder im Sommer, sodass diese extremen Werte aufgrund der Jahreszeit mit großer Wahrscheinlichkeit lokalen Gewitterereignissen zuzuord- nen sind. Abbildung 38: Anzahl Fahrradausleihen in Abhängigkeit von stündlich akkumulierten Nie- derschlagswerten [mm], Ausschnitt 0 bis 10 mm. Die Verteilung der stündlichen Niederschlagsmengen ist für den Beobachtungszeitraum in Abbildung 39 dargestellt. Abbildung 39b zeigt dabei die Vergrößerung des Histogramms im Bereich der Anzahlen von 0 bis 100, um die wenigen extremen Niederschlagswerte erkennbar zu machen. Nicht nur größere stündliche Niederschlagssummen kommen in Mainz eher selten vor, der gesamte Jahresniederschlag ist im Rhein-Main-Gebiet mit 500 - 600 mm im Vergleich zu anderen umgebenden Gebieten in Deutschland relativ gering. Dazu betrachte man die Übersichtskarte zur Niederschlagsklimatologie von 1961 - 1990 im Anhang (Abb. 51). 30
(a) (b) Abbildung 39: (a) Histogramm auftretender stündlich akkumulierter Niederschlagswerte vom 19.02.14 bis 10.10.17, Intervallgröße: 0.5 mm; (b) Vergrößerung von (a) im Bereich 0 bis 100. Im Beobachtungszeitraum von Mitte Februar 2014 bis Mitte Oktober 2017 wurde an der Wetterstation innerhalb 2 251 von insgesamt 31 896 Stunden Niederschlag detektiert, das sind nur etwa 7 %. Die tatsächliche Zeit sollte dabei noch geringer sein, da es sich bei den hier verwendeten Werten um Stundensummen handelt. Außerdem sollte grundsätzlich bedacht werden, dass der Niederschlag eine Variable ist, die lokal sehr unterschiedlich sein kann. Aus diesen Gründen wird sich nachfolgend nur darauf bezogen, ob es in einer Stunde geregnet hat oder nicht, da für die Unterscheidung nach Niederschlagsmengen der Stichprobenraum beziehungsweise die Spannweite der Werte zu gering ist. Wie sich das Nutzerverhalten der MVGmeinRad-Kunden verändert, wenn es regnet, ist in Abbildung 40 dar- gestellt. Ganz deutlich erkennbar ist, dass die Nutzung bei trockenem Wet- ter grundsätzlich höher ist als bei Re- gen. Der Median der Werte ohne Nie- derschlag liegt bei 48, der Mittelwert bei 55 Fahrten. Im Fall von Stunden, in de- nen es geregnet hat, liegt der Median bei 22, der Mittelwert bei 28 Fahrten. In beiden Fällen liegt der Median un- ter dem Mittelwert, das bedeutet, dass die Konzentration bei geringeren Wer- Abbildung 40: Vergleich stündliche Ausleihen mit ten liegt, es allerdings größere Extrema und ohne Niederschlag, Median ohne Niederschlag: nach oben als nach unten gibt (verglei- 48, Median mit Niederschlag: 22 che Abb. 33). Erkennbar ist dies auch an den Whiskers“ der Boxplots, welche ” hin zu den größeren Werten länger sind bzw. an den Ausreißern“, die nur bei großen Wer- ” ten existieren. Die Variabilität der stündlichen Anzahlen der Fahrradausleihen ist bei Regen außerdem geringer, erkennbar ist dies an der Größe der Box, die den Bereich der mittleren 50 % der Daten abdeckt. Eine ausführliche Erläuterung zum Aufbau der Boxplots findet sich im Appendix, in Abschnitt A.1. Ein Grund für die verringerte Variabilität bei Regen kann der erheblich kleinere Umfang an Stunden mit Niederschlag sein, die geringere Variabilität zeigt sich aber auch anschaulich in den Unterschieden des mittleren Tages“ in Abbildung ” 41. Die Differenzen zwischen Maxima und Minima sind an trockenen Tagen größer als an verregneten Tagen. 31
Abbildung 41: Tagesgang der stündlichen Ausleihenzahlen, orange: ohne Niederschlag, türkis: mit Niederschlag, schwarz: gesamt. Abbildung 42: Prozentualer Rückgang der stündlichen Ausleihenzahlen bei Niederschlag (türkis), prozentuale Steigerung bei Trockenheit (orange) gegenüber dem Mittelwert. Der mittlere Tag“ wird folgendermaßen erstellt: für jede Stunde des Tages wird aus den ” zugehörigen Anzahlen der Fahrradausleihen der Mittelwert gebildet, entsprechend (schwarz) für alle Stunden, (orange) für trockene Stunden und (türkis) für Regenstunden. Der Verlauf der türkisen Kurve entspricht also nicht einem gemittelten Tag, an dem es durchggängig geregnet hat und entsprechend der Verlauf der orangen Kurve nicht einem gemittelten Tag, an dem es durchgängig trocken war. Die Mittelung erfolgt separat für jede Stunde des Tages und unabhängig von den anderen Stunden. Wie auch in Abbildung 40, lässt sich ein starker Rückgang der Anzahlen der stündlichen Fahrten bei Regen ausmachen. Im Mittel sind es etwa 45 % weniger. Am stärksten hat Niederschlag in der Zeit zwischen 10 und 19 Uhr sowie spät abends einen negativen Einfluss, 32
wie man Abbildung 42 entnehmen kann. Zu diesen Zeiten liegt der Rückgang im Mittel sogar über 50 %. Nachts und in den frühen Morgenstunden sind die Auswirkungen nicht ganz so extrem wie tagsüber, liegen aber auch immerhin bei rund -30 %. Der stärkere Rückgang bei Regen am Nachmittag könnte mit der zu dieser Tageszeit laut Umfragen zusätzlich vermehrten Freizeitnutzung der Leihfahrräder neben dem Pendlerverkehr zusammenhängen. Der Verlauf der einzelnen Kurven in Abbildung 41 ist recht ähnlich, die Extrema liegen sowohl für die trockenen“ als auch die nassen“ Stunden bei gleichen Uhrzeiten. Das ” ” Minimum ist früh morgens gegen 5 Uhr mit durchschnittlich etwa zehn Fahrten in der Stunde erreicht, zu dieser Zeit fällt es auch am wenigsten ins Gewicht, ob es regnet. Ein erstes Maximum gibt es morgens gegen 8 Uhr. Wenn es regnet, liegt dieses im Durchschnitt bei ca. 30 Fahrten pro Stunde, wenn nicht, bei etwas über 50. Das nächste lokale, nicht ganz so stark ausgeprägte Maximum liegt in der Mittagszeit zwischen 12 und 13 Uhr. Bei Regen werden dann durchschnittlich ca. 35 Fahrten in der Stunde getätigt, wenn es trocken ist, knapp doppelt so viele. Die Zahlen steigen im Mittel über den Nachmittag weiter an bis zu einem absoluten Maximum zwischen 17 und 18 Uhr. Ist es trocken, werden dann stündlich etwas über 100 Fahrräder ausgeliehen, bei Regen nur ca. halb so viele. Insgesamt verläuft die Kurve für Regenstunden etwas flacher, das heißt der Unterschied zwischen hoch- und wenig-frequentierten Stunden ist nicht so groß wie im Fall von Trocken- heit. Vor allem nachmittags scheint es die Kunden bei Niederschlag also abzuhalten, ihre Wege mit dem Fahrrad zu bewältigen. Der Unterschied zwischen den gesamten stündlichen Mittelwerten und denen in trockenen Stunden ist im Vergleich zu den Mittelwerten der Regenstunden so gering, da die Anzahl der Stunden mit Niederschlag um vieles kleiner ist als die ohne. Daher erhalten die trockenen Stunden bei der Gesamtmittelwertbildung (schwarze Kurve) eine größere Gewichtung. 4.2.2 Auswirkung von Niederschlag im Bezug auf Wochentage Um zu untersuchen, ob Niederschlag einen unterschiedlichen Effekt an den einzelnen Wo- chentagen hat, sind die MVG-Daten zunächst nach Wochentagen eingeordnet. Außerdem werden Feier- und Brückentage jeweils gesondert betrachtet, um auch hier ein eventuell un- terschiedliches Ergebnis evaluieren zu können. (a) (b) Abbildung 43: (a) Boxplots der Anzahl Fahrradausleihen für Stunden ohne Niederschlag an jeweiligem Wochentag; (b) wie (a), aber für Stunden mit Niederschlag. 33
Abbildung 43a zeigt die Verteilung der stündlichen Ausleihenzahlen der einzelnen Wo- chentage in Stunden ohne Niederschlag, Abbildung 43b entsprechend in Stunden mit Niederschlag. Grundsätzlich lässt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Wochentagen ausmachen. Wie erwartet sind an allen Tagen die stündlichen Anzahlen der Ausleihen bei Niederschlag geringer als bei Trockenheit. Ein leichtes Maximum ist samstags zu finden, wenn es trocken ist. Bei Regen jedoch findet sich ein schwaches Maxi- mum freitags. Aus Tabelle 3 lässt sich entnehmen, dass die stündlichen Mittelwerte bzw. Mediane montags oder sonntags ein Minimum haben (rot gekennzeichnet). Dass die Media- ne in allen Fällen unter den Mittelwerten liegen, bedeutet, dass geringere Werte häufiger vorkommen, es vereinzelt aber auch stark positive Extrema, die sogenannten Ausreißer, gibt. Man könnte also festhalten, dass Niederschlag an verschiedenen Wochentagen unter- schiedlich starke Auswirkungen hat: am stärksten samstags und am schwächsten freitags. Wichtig ist dabei jedoch zu beachten, dass der Anteil von Stunden mit Niederschlag am jeweiligen Wochentag und wiederum bezogen auf den gesamten Beobachtungszeitraum sehr gering ist. So gab es beispielsweise an allen 187 Montagen, was 4 272 Stunden entspricht, im Zeitraum vom 19.02.14 bis 10.10.17 nur 303 Stunden mit Regen, das ist ein Anteil am Gesamtzeitraum von gerade einmal 0.95 %. Diese geringe Mächtigkeit der Wertemenge kommt noch stärker bei der Auswertung des Einflusses von Niederschlag auf die Fahrten- zahlen an Feier- und Brückentagen zum Tragen. Im gesamten Zeitraum gibt es lediglich 45 Feiertage und 11 Brückentage. Von diesen 1 076 und 264 Stunden sind jeweils nur 62 und 10 solche, in denen Niederschlag detektiert wurde. Daher ist besonders an diesen Tagen die statistische Aussagekraft der Auswirkung von Niederschlag im Bezug darauf, ob es zwischen den Wochentagen signifikante Unterschiede gibt, als eher gering einzuschätzen. Mo Di Mi Do Fr Sa So Fe Br Mittelwert trocken 50.0 52.1 54.0 55.7 58.3 62.2 51.9 49.1 66.5 Mittelwert mit N. 26.2 27.0 28.6 29.3 31.2 29.1 28.7 18.8 25.3 Median trocken 45 47 47 50 53 55 42 36 64 Median mit N. 20 22 24 23 27 22 22 12 20 # Tage gesamt 178 187 189 179 172 187 180 45 11 # Stunden gesamt 4272 4502 4550 4296 4128 4488 4320 1076 264 # Stunden mit N. 303 366 289 307 256 362 296 62 10 % Std. m. N. /Wochentag 7.1 8.1 6.4 7.1 6.2 8.1 6.9 5.8 3.8 % Std. m. N. 0.95 1.15 0.91 0.96 0.80 1.13 0.93 0.19 0.03 Tabelle 3: Zeilen 1 - 4: Mittelwerte und Mediane der stündlichen Anzahlen Fahrradausleihen mit und ohne Niederschlag für jeden Wochentag sowie für Feier- und Brückentage. Zeilen 5 - 9: Gesamtanzahl jedes Wochentages sowie Feier- und Brückentages in Tagen und Stunden, davon Stunden mit Niederschlag sowie deren prozentualer Anteil an der jeweiligen Wochentagesstundenzahl und Gesamtstundenzahl des Beobachtungszeitraums. 34
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