Einmal rund um Korsika und Elba in sieben Tagen

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Einmal rund um Korsika und Elba in sieben Tagen
April 2008

Einmal rund um Korsika und Elba in sieben Tagen

Die Übernahme in Portoferraio auf Elba verläuft freundlich und reibungslos. Alles
bestens, alles OK, die Yacht ist in ausgezeichnetem Zustand. Nur sie ist 8 foots
größer als vereinbart. Die 42-er liegt noch an Land, Saisonbeginn. Ob ich auch eine
Bavaria 50 Cruiser nehmen würde? Klar würde ich! Gute Gelegenheit, mal so ein
großes Boot auszufahren. Auch sind damit alle Fragen geklärt, wohin mit den sieben
Leuten und wohin mit dem vielen Proviant? Platz ist reichlich an Bord.

Man sollte mal wieder Korsika machen, die Westküste, Calvi, Ajaccio, Bonifacio, oder
Rund-Korsika, oder... , oder... , oder,... träumten wir im winterlich kalten Deutschland.
Rund-Korsika klang gut, aber geht das in einer Woche überhaupt? Mehr Segelurlaub
ist im Frühjahr leider nicht drin.
Langsam reifte der Plan: Anfahrt bis Piombino auf dem italienischen Festland, mit der
Fähre nach Portoferraio auf Elba, dann einmal Rund-Korsika und zurück nach Elba.
Bei günstigen Bedingungen gut machbar!

Natürlich ist Elba allein schon eine Woche Wert, und für Korsika sollte man sich auch
viel mehr Zeit nehmen. Aber die Crew will segeln, viel segeln. Da sind auch mal ein,
zwei lange Schläge machbar. Überhaupt hängt von der Mannschaft, respektive
Frauschaft maßgeblich der Törn ab. Passt die Crew, dann passt das Wetter, dann
passt der Törn! Mit Ko-Skipper Peter bin ich schon einige tausend Seemeilen
geschaukelt, auch Erik, Reiner und Thomas sind erfahrene Segler. Zwei Frauen sind
mit an Bord, Bruni und Madlen.

 Wir laufen am ersten Tag mit Sonnenaufgang aus, Frühstück auf der Kante. Es gilt
die alte Regel, nach der halben Törnzeit zwei Drittel des Weges gefahren zu sein,
möglichst viel Zeitreserve zu haben, man weiß ja nie...

Also beginnen wir von Portoferraio aus mit einem großen Schlag gen Westen, Ziel ist
Calvi im Nordwesten Korsikas. An Steuerbord liegt die Insel Capraia, vorab der
kleine Hafen Macinaccio im Nordosten Korsikas als Notvariante, falls das Wetter ...

Aber alles läuft gut an, nach
einigen Stunden können wir mit
aufkommenden Westwind um das
Cap Corse segeln, volles Tuch, ein
herrliches Erlebnis gleich am
ersten Tag. Wir haben den
nördlichsten Punkt unserer Tour,
die befeuerte Ile de la Giraglia
passiert und gehen langsam auf
Südwest.

Mit der untergehenden Sonne
verabschiedet sich aber leider
auch der Wind. Uns bleibt eine
                                          Cap Corse, der nördlichste Punkt von Korsika, Ile de la
                                          Giraglia
                                                                                              -1-
Einmal rund um Korsika und Elba in sieben Tagen
recht unangenehme Dünung von den südlichen Winden, die an den vergangenen
Tagen hier kräftig geblasen hatten. Eine echte Herausforderung gleich am ersten
Tag an unsere Seefestigkeit! Wir ändern das Abendmenü freiwillig auf zunächst
mittlere, später auf ganz auf leichte Kost.

Calvi ist auch nachts gut anzulaufen, uns strahlt dazu noch hell der Vollmond, eine
Inszenierung wie im Film! In der Vorsaison ist leicht Platz zu finden für die große
Yacht. Peter steuert uns perfekt in eine freie Lücke. Im Hafen von Calvi ist noch
großer Trubel, Musik, Lärm, Wochenende. Wir betrachten das bunte Treiben vom
Steg aus, ein verdientes Anlegebier, und dann ab in die Kojen, es war ein langer
Tag.

Sonnenschein am Morgen
in Calvi, herrlich gelegen zu
Füßen      der      schneebe-
deckten Berge, die sich
östlich von Calvi bis 2.700
Meter erheben.
(Monte Cinto 2.706 m)

In der Nacht hat man unser Stromkabel gelöst und in das Hafenbecken geworfen.
Wir nehmen`s nicht persönlich, Idioten gibt`s halt überall, leider. Die Fachleute Peter,
Thomas und Erik legen den Stecker trocken, frisch geölt mit ein paar Tröpfchen
Olivenöl können die Stromtierchen bald wieder kommen.

Die Hafenstadt lädt zu
einem Stadtbummel ein,
soviel Zeit muss sein.

Grüße in die Heimat:
“Wir sind in Calvi, alles OK!“

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Einmal rund um Korsika und Elba in sieben Tagen
Am frühen Nachmittag laufen wir in Richtung Süden aus, müssen unter Motor fahren,
der Wind reicht nicht aus. Da das Meer heute ruhig ist, wird ein anderes Erlebnis
möglich, die extrem enge Passage bei Gargalu zu durchfahren. Das ist bei Wind und
Welle wirklich nicht zu empfehlen! Zwischen steil aufsteigenden, roten Felsen, vorbei
an Klippen und Untiefen muss man am Steuer höllisch aufpassen, denn an der
flachsten Stelle sind auch noch einige Klippen zu beachten. Ile di Gargalu ist eine
vorgelagerte kleine, felsige Insel, über 120 Meter hoch, ein Paradies für Vögel und
Seetiere und gleichzeitig der westlichste Punkt von Korsika.

Wir konzentrieren uns auf diese Passage. Erik und Peter gehen auf das Vorschiff,
Thomas       steht    mittschiffs
Ausschau zu halten. Madlen
wird mir die Tiefe ansagen.
Schnell zählt sie abwärts, als
wir uns zwischen die steilen, bis
zu 60 Meter aufragenden
Felsen wagen: 10, 8, 6, 5, 3,
...Ich nehme die Fahrt noch
weiter raus.
Bei 2,8 Meter halte ich die Luft
an („Atemberaubende Durch-
fahrt“ hatte ich im Horn/Hopp
gelesen - wie wahr - ) und
stehe auf den Zehenspitzen.
Endlich zählt Madlen wieder
aufwärts,       wir      können
durchatmen, jetzt nur noch die
versteckten Klippen an backbord
                                     Die Passage Gargalu
umschiffen.
Geschafft!!

Zu Belohnung gibt`s eine Ehrenrunde in einer der schönsten Buchten Korsikas,
Girolata, tief zurückgelegen und gut geschützt, von einem alten Genueserturm
bewacht. Im Sommer ist hier kaum ein Ankerplatz zu bekommen. Heute sind wir die
einzigsten Gäste.

Am Abend gibt es frischen Fisch in Cargèse. Der Hafen wurde in den vergangenen
Jahren gut ausgebaut. Noch vor einigen Jahren musste man zum Landgang eine
hohe Kaimauer erklimmen.
Freundliche Restaurants laden heute ein, das kleine Städtchen liegt 60 Meter höher.
Ein Aufstieg nach dem Abendessen wird mit herrlichem Ausblick in die Bucht und in
den Hafen belohnt. Leider können wir den Hafenservice in der Vorsaison noch nicht
nutzen, nur die Gebühren sind schon saisonal, hochsaisonal!

Als wir am nächsten Tag Cargèse verlassen, ist etwa die Hälfte des Törns
zurückgelegt. Fahren wir weiter südlich, dann wird es Rund-Korsika. Wir sind am
„point of no return“, auch wenn dieser Begriff hier missverständlich sein sollte, denn
zurück wollten wir ja auf jeden Fall, so oder so.

In der Vorbereitung auf diesen Törn hatte ich mich mit GRIB-Software ausgerüstet.
Von jeder Stelle unseres Törns um Korsika und Elba war über UMTS-Karte am

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Notebook der Empfang aktueller GRIB-Daten gut möglich. Die Wind-Vorhersagen
stimmten generell in Richtung und Stärke, natürlich musste man immer die örtlichen
und orografischen Gegebenheiten zusätzlich noch mit beachten. (Thermische Winde,
Düseneffekte, Kap-Effekte, usw.)

Die Wettervorhersage für uns: In den
kommenden Tagen zunehmend NW
bis West, Stärke 6-8. Segler im
Mittelmeer wissen, Mistral ist im
Anzug. Kräftige und kalte Winde, die
aus den Alpen in den Golf von Lion
einfallen und bis in die Straße von
Bonifacio und nach Sardinien
wehen. Damit stand fest, wir können
und müssen weiter in Richtung Süd
und Südost, gegen den Mistral
wollten    wir   auf   keinen    Fall
ankämpfen.

Wir nutzen den aufkommenden Wind für Segelmanöver, Kreise über steuerbord und
backbord, Wenden, Halsen, Über- Bord- Manöver, Quickstopp mit der großen Yacht
funktioniert gut, auch das Münchner Manöver klappt. Jeder steht einmal am Ruder,
jeder mal an den Winschen und an den Schoten. Endlich sehe ich die Mannschaft
auch richtig schwitzen, von der Arbeit und nicht nur in der Sonne.

Damit unter Deck der Kaffee in Ruhe vorbereitet werden kann, drehe ich die Yacht
bei. Das ist eine gute Gelegenheit, das Abdriftverhalten einer Segelyacht beiliegend
zu untersuchen. Unterschiedlichste Darstellungen habe ich dazu schon in den
Büchern gesehen. Wir bestimmen also die wahre Windrichtung und mittels GPS den
Abdrift-Kurs. Die Strömung können wir an dieser Stelle vernachlässigen, das Groß
hatten wir gefiert, das Ruder liegt hart gegen.
Ergebnis: Das beiliegende Boot wird vorlich um 45° abgedriftet (mit dicht gesetztem
Groß ist der Abdrift-Kurs sogar noch vorlicher, nämlich ca. 70°).
D.h. käme der Wind genau aus West und der Bug ist nördlich ausgerichtet, dann
bewegt sich die Yacht auf dem Abdriftkurs 45°, mit dichtem Groß auf Kurs 20°.

Mit dem Stolz auf unseren gewichtigen Beitrag zur Segeltheorie schmeckt der Kaffee
besonders köstlich.

Badespaß dann am Abend in der Bucht von Campomoro, die uns gut gegen den
zunehmenden NW- Wind schützt. Eigentlich war auch ein Hafenstopp in Ajaccio
geplant, den hatten wir aber aus Zeitgründen gegen die Segelmanöver tauschten.
Schade, dass wir die Geburtsstadt des großen Korsen Napoleon auslassen mussten.

Am Morgen ist es noch ruhig in der Bucht. Aber in der Ferne hinter dem Kap hört
man bereits, dass der Mistral kräftig zugelegt hat und die Wellen gegen die
Felsklippen und die Westküste wirft. Wir bereiten uns und das Boot auf starken Wind
bis Sturm vor. Und das war gut so, kaum hatten wir den Bug um das Kap gedreht,

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zog uns der Mistral in seinen Bann, Segeln der besonderen Art: Sonnenschein, keine
Wolke am Himmel, Wind mit 6 bis 7 Stärken und wie gewünscht aus Nordwest. Ich
rechnete damit, dass der Wind weiter zunehmen würde und heiße nur das Vorsegel
auf. Das ist nach meiner Erfahrung optimal, um bei starkem raumer Wind oder bei
Sturm die Yacht sicher und stressfrei zu segeln. Das Vorsegel lässt sich leicht reffen
bzw. einholen und das Boot ist ruhig zu steuern. Das Großsegel wird
erfahrungsgemäß stark an die Salings und Wanten gedrückt oder es droht zu halsen,
wenn man es dichter setzt. Und wir fahren mit 6 – 8 Knoten, was wollen wir mehr.

Als Wellen höher werden, können wir die Gesetze der max. Rumpfgeschwindigkeit
überlisten, sekundenlang surfen wir auf den Wellen und erreichen mit Bruni am
Steuer bis zu 15 Knoten SoG. Wir sehen die felsige Westküste in der Sonne, die
Gischt in der Brandung und an den Klippen und halten respektvoll Abstand zum
Land. Der Wind wird stärker, je tiefer wir in die Straße von Bonifacio kommen. In den
Büchern steht, dass der Mistral hier mit 1-2 Bft stärker weht. Wir werden jetzt mit 40
bis 45 kn Wind geschoben! Windstärke 8-9! Auch scheint mir, dass die Wellen höher
und steiler werden, hier zwischen Korsika und Sardinien.

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Jeder steht heute mal am Ruder, um dieses herrliche Segeln zu erleben. Aber man
muss konzentriert steuern, um bei diesem Sturm ja nicht quer zur Welle zu laufen.
Die Bavaria 50 liegt gut in dem raumer Wind und ist sicher zu steuern.

           Mistral in der Straße von Bonifacio

Viel früher als gedacht sehen wir in der Ferne die hohen, weißen Felsen, auf denen
Bonifacio über dem Meer thront.

Obwohl durch die zunehmende Gischt etwas diesig – diese Küste ist einmalig
anzusehen.

Seit Wochen haben wir uns darauf gefreut!

Gern würden wir noch ein paar Stunden weiter segeln, aber das hieße, an Bonifacio
vorbei zu fahren und dann zurück gegen dieses Wetter aufzukreuzen. Das dann
lieber doch nicht. Wir bekommen demonstriert, wie das etwa aussähe. Aus dem
Hafen von Bonifacio kommt uns eine Fähre (MOBY) entgegen, stampft tief ein in die
Wellen, die Buggischt überzieht das gesamte Schiff, das sich schon wieder
aufrichtet, um erneut tief in die Wellen zu stoßen.

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Bloß gut, dass wir diesen Wind und diese Welle nicht gegen uns haben. Das wäre
hart für Crew und Material. Wir bedauern die Passagiere an Bord des Schiffes. Aber
vielleicht tun wir denen auch leid? Peter und Reiner winken freundlich zur
galoppierenden Fähre rüber, ohne Antwort. Keine Hand frei an Bord?

Vorbereitung auf die Einfahrt in den Hafen. Schnell ist das Vorsegel geborgen, auch
den Sprayhood legen wir um. Das sollte sich bald als sehr klug erweisen. Wir
nehmen die Einfahrt in die Felswand etwas luvseitig und mit ordentlicher Drehzahl.
Die Welle ist sofort weg, als wir die Abdeckung der Landzunge erreichen, die sich
900 Meter bis zum Stadthafen erstreckt. Aufatmen. Aber was ist das?? Der kräftige
Mistral wird in der schmalen, von hohen Felsen gesäumten Einfahrt wie in einem
Windkanal gebündelt. Unsere 50 Füße rennen und sind trotz Aufstopper kaum zu
bemsen. Glücklicherweise steht der Sprayhood nicht mehr, sonst liefen wir wie unter
Spi hier ein. Bonifacio ist einer der schönsten Orte im Mittelmeer! Immer wieder ein
Erlebnis ist auch diese Einfahrt vorbei an den weißen Kreidefelsen, vorbei an den
vielen Befestigungen aus vergangenen Jahrhunderten und vorbei an der Festung,
die 60 Meter über der Wasser wacht.

                                     Unfreundlicher Empfang dann im Yachthafen.
                                     Zwischen den Stegen sind Leinen verspannt,
                                     freie Liegeplätze durch kleine Boote versperrt,
                                     an den Stegenden keine Klampen oder Poller
                                     für den kurzen Halt. Wohin mit den 50 Füßen?
                                     Elegante Hafenmanöver sind bei 7- 8 Bft
                                     unmöglich, also längsseits ran! Mit Mühe
                                     können wir einen Festmacher am Steg
                                     anhängen, eine halbe Stunde später ist das
                                     Heck mit drei Festmachern gegen den Sturm
                                     verzurrt. Man kann sich kaum freihändig an
                                     Deck bewegen. Der Bug liegt in Lee, da ist
                                     nicht viel zu tun, wir stabilisieren uns mit an
                                     Nachbars Mooring. Dann noch eine kräftige
                                     Leine zum Mittschiff. Zwar ungeschützt in
                                     diesem Windkanal, aber wir liegen jetzt fest
                                     und sicher. Das Anlegebier haben wir uns hart
                                     erarbeitet.

Die Crew macht einen Aufstieg in die Festung und Stadt. Die Straße von Bonifacio
vom windigen Balkon. Man musste sich festhalten, so kräftig packte der Mistral hier
zu. Ich war an Bord geblieben, man weiß ja nie.

Am Abend gibt es Soup de Poison und gegrillten Fisch in einer der viele, guten
Hafenrestaurants. Die Soup de Poisson müssen alle mitessen, sonst ist der Bord-
frieden gefährdet. (Knoblauch ist das Wesen dieser lokalen Spezialität).

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Am Morgen noch ein Landgang
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                                                    Darauf hatten wir uns seit
                                                    Wochen gefreut!

                                                    Viel mehr Zeit könnte man hier
                                                    verbringen in der südlichsten
                                                    Stadt Korsikas. Aber wir wollten
                                                    ja Segeln!

                                                      Unser Zeitplan stimmt. Wenn wir
                                                      die      kommende        Nacht
                                                      durchfahren, werden wir am 6.
                                                      Tag des Törns wieder auf Elba
                                                      sein. Auch die Windvorhersage
drängt zum Aufbruch. Der Mistral hatte zwar etwas nachgelassen, 6 bis 7 Bft
schieben uns zügig bis zum südlichsten Punkt der Tour, zur Tonne Lavezzi Süd. Das
ist eine schreckliche Gegend, in der vielen Schiffen Sturm und Welle zum Verhängnis
wurden. Allein 750 Menschen ertranken 1855 hier, als die französische Fregatte
„Sèmillante“ an den Lavezzi-Klippen zerschellte. Eine Tafel am Felsen erinnert an
diese entsetzliche Tragödie.

Nun zählt die Nordkoordinate wieder aufwärts, wir haben ca. 100 sm bis nach Elba
vor uns. Überraschend für mich, an der Ostküste von Korsika empfängt uns ein
starker Südwind. Was ist das für ein Wind? Wird der Mistral so weit „abgelenkt“?
Egal, er weht aus der richtigen Ecke und treibt uns einige Stunden nördlich bis in
Höhe von Porto Vecchio.

Einige Minuten fahren wir mit Delphinen „um die Wette“, haben da aber keine
wirkliche Chance. Die Wachen sind schnell eingeteilt, drei mal drei Stunden, es wird
eine ruhige Nacht, wenig Schiffe sind unterwegs.

Am Morgen erlebe ich mit Thomas unter Segeln den Sonnenaufgang vor der kleinen
Insel Montechristo. Unbeschreiblich!

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Sonnenaufgang vor Montechristo

Man darf die 650 m hohe Insel mit dem berühmten Namen nicht betreten,
Naturschutzgebiet.
Aus der anderen Seite an Backbord liegt die flache Insel Pianosa, die Jahrhunderte
als Gefängnisinsel diente, aber heute wieder zugänglich ist.

Nach 20 Stunden sind wir vor
Elba und entscheiden uns für
Porto Azzurro und legen in
der kleinen Bucht Barbarossa
unterhalb der Festung an.
Auch hier empfangen uns
Mooringbojen.        Schnell,
bequem und sicher liegen wir
nach der Nachtfahrt in dieser
Traumbucht, Badevergnügen,
kurze Wanderung in die
kleine, lärmige Hafenstadt
Azzurro, Eis essen, Urlaub
pur.

Zurück an Bord wollten wir grad´ eine Flasche Rotwein öffnen, da dröhnt grau und
bedrohlich ein Boot der GUARDI DI FINANZA in die Bucht. Wir sind die einzigen weit
und breit, man kommt direkt auf uns zu und geht kommentarlos längsseits. Das
kommt uns sehr spanisch vor, jetzt wird es international. Eine deutsche Crew unter
griechischer Flagge, gerade aus Frankreich, respektive Korsika kommend, wird von
vier italienischen Beamten in schlechtem Englisch kontrolliert. Schnell sind die
Zuständigkeiten geklärt, ich lege die Schiffspapiere vor und an Bord der
schwimmenden Behörde beginnt reges Treiben.

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Man hat eine eingespielte Arbeitsteilung, einer blättert, einer liest, einer schreibt und
der mit den meisten Streifen auf den Schultern redet pausenlos dazwischen. Bald will
man noch mehr Papiere von mir. Reiner rückt an meine Seite, zur mentalen
Unterstützung. Ich lege den Chartervertrag, die Crewliste und den Bordpass vor. Nur
sehr zögerlich reiche ich meine Segelscheine über Bord, ich hänge sehr an diesen
Papieren und bezweifele, ob ich jemals wieder den von amtlichen deutschen
Prüfstellen erdachten Lehrstoff zur geforderten Mindestpunktzahl erfolgreich
zusammenfassen könnte. Noch mehr Papiere kann ich nicht liefern, nur noch
Bedienungsanleitungen der Bordgeräte, der Rettungsinsel, des GPS usw. sind zu
finden. Der Meistgestreifte verkündet ein Zwischenergebnis, man habe nichts gegen
uns, „you O.K.“, aber vom griechischen Charterer fehlen offensichtlich Angaben oder
Papiere. Man hat Probleme mit dem Charterer in Athen. Sind die Italiener etwa
nachtragend wegen der Fußball-EM von 2004? Oder sind wir zwischen die Stühle
des von den Griechen angezettelten Charter-Streits gekommen?
Es gelingt Reiner immer schlechter, mich zu beruhigen. Ich soll mit der Charterfirma
in Athen telefonieren. Tue ich nicht. Ich soll ein italienisches Papier unterschreiben,
das ich weder lesen noch verstehen kann. Tue ich nicht. Endlich gibt man auf, der
Feierabend ist nahe. Wir erhalten die gesammelten Unterlagen zurück und die
schwimmende Finanz/Polizei-Behörde dreht ab.
Endlich wieder Azzurro, alles azurro, nur der Wein ist rot, und der herrliche
Sonnenuntergang!

Wehmütig gehen wir den letzten Segeltag an, heute wird sich (sinnbildlich) der Kreis
schließen. Bald sind die sieben Tage rund um Korsika und Elba vorbei. Leichter
Nordwind, wir kreuzen bis zum nordöstlichen Kap von Elba um den Poggio Fortino
herum.

Madlen hat heute Geburtstag und die Crew will ein Foto mit dem Geburtstagskind im
Bukkorb der Yacht unter Segeln schenken. Reiner ersinnt das Drehbuch. Wir lassen
das Beiboot aus mit den Fotografen und kreuzen gegen das Beiboot auf, Madlen
unter weißen Segeln vor der herrlichen Kulisse der Rada di Portoferraio!

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Ein interessanter und abwechslungsreicher Törn ist zu Ende, auf dem wir von allem
was erlebt hatten, Segeln bei Tag und Nacht, Flaute und Mistral, herrliche
Hafenstädtchen und Buchten, Korsika und Elba.

Auf der Rückfahrt, wieder im verregneten Deutschland, erwachen neue Träume: Man
müsste mal wieder Ostsee machen, oder Griechenland, oder... oder...

Ja, wir werden wieder segeln, das ist sicher!

                                                           Capraia

                                           Cap Corse

                                                                     Portoferraio

                                                                                         Azzurro
                                                                 ELBA

                                  Bastia               Pianosa

              Calvi

                                                                                    Montechristo
           Cargèse

                       KORS I KA
                                                                            Der Törn:

                                                                            Portoferraio – Calvi     ca. 95 sm
                 Ajjacio                                                    Calvi – Cargèse          ca. 30 sm
                                                                            Cargèse – Campomoro      ca. 43 sm
                                                                            Campomoro – Bonifacio    ca. 35 sm
                                                                            Bonifacio – Azzurro      ca.100 sm
                                                                            Azzurro – Portoferraio   ca. 30 sm
                      Campomoro
                                                                            Gesamt:                  ca. 333
                           Bonifacio

Die Törnroute und die gefahrenen Seemeilen

                                                                 Gunter Wiedemann, April 2008

                                                                                                                 - 12
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