Empfehlung des RKI zum Vorgehen bei Verdachtsfall Schweinegrippe (Influenza A/H1N1)

 
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Empfehlung des RKI zum Vorgehen bei Verdachtsfall
Schweinegrippe (Influenza A/H1N1)
Stand: 26.04.2009 17:40

Die Empfehlungen dieses Dokumentes gelten für die Anfangsphase des Auftretens
von Fällen mit Schweinegrippe A/H1N1, so lange die Inzidenz niedrig ist. Ggf.
notwendige Änderungen werden bekannt gegeben.

1. Ziele dieses Dokumentes
Den Ärzten und Gesundheitsämtern Hinweise auf die wichtigsten diagnostischen und
Infektionsschutz-Maßnahmen bei Verdacht auf Schweinegrippe (Influenza A/H1N1)
zu geben.

2. Maßnahmen Verdachtsfälle
Bei Erfüllung der Falldefinition (-> www.rki.de) für einen möglichen
Fall/Verdachtsfall sind folgende Maßnahmen einzuleiten:

2.1 Infektionsschutz für medizinisches Personal
Zum Schutz des medizinischen Personals in der ambulanten Praxis, im
Krankenhaus, für den Transport im und außerhalb des Krankenhauses: siehe
„Empfehlungen des Robert Koch-Instituts für die Hygienemaßnahmen bei Patienten
mit Verdacht auf Influenza“:
www.rki.de/cln_049/nn_200132/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Erreger__au
sgewaehlt/Influenza/Influ__pdf.html

2.2 Meldung als Schweinegrippe-Verdachtsfall
Der Verdacht auf Vorliegen einer Schweinegrippe (Influenza A/H1N1) beim
Menschen ist dem örtlichen Gesundheitsamt namentlich zu melden. Formular: ->
www.rki.de.

Der Fall ist als Verdachtsfall für Schweinegrippe zu behandeln, bis entweder eine
andere, gesicherte Ursache für die Erkrankung nachgewiesen wurde, z.B. Influenza
vom Typ B, oder ein Referenzlabor mit der Möglichkeit für den Nachweis von
Schweinegrippe A/H1N1, die Probe aus den Atemwegen als negativ befundet hat.

2.3 Diagnostik
2.3.1 Probenabnahme
- Unter Einhaltung adäquater persönlicher Schutzmaßnahmen Abnahme eines
Abstriches mit je einem Tupfers aus
        - Rachen
        - linkem Nasenloch
        - rechtem Nasenloch.
- Alternativ: Abnahme von Nasenspülflüssigkeit.
Vorgehen: Prozedur vor dem ersten Mal am besten „trocken“ üben: Patient soll den
Kopf zurücklegen und „K“-Laute aussprechen. Diese „K“-Laute bewirken, dass die
hinteren Nasenöffnungen geschlossen bleiben, wenn isotonische NaCl-Lösung

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instilliert wird.
5 ml NaCl 0,9% unter Zuhilfenahme einer 5 ml Einwegspritze aufziehen. Den
Patienten den Kopf zurückbeugen lassen und, während der Patient dauernd „K“-
Laute ausspricht, sehr langsam 5 ml NaCl 0,9% in das erste Nasenloch langsam
einspritzen. Der Patient soll danach, wenn möglich, 5 - 10 Sekunden in der Position
mit zurückgebeugtem Kopf verbleiben und weiterhin „K“-Laute sprechen. Danach soll
sich der Patient wieder nach vorne beugen, so dass das wieder heraustropfende
Nasenspülwasser direkt aus dem Nasenloch in einem Probenbecher aufgefangen
werden kann. Die gleiche Prozedur im anderen Nasenloch wiederholen. Aus dieser
Probe kann der Schnelltest durchgeführt werden, und der Rest kann an das
entsprechende Labor versandt werden, so dass keine weitere Probe abgenommen
werden muss.

2.3.2 Influenza Schnelltest
- Durchführung eines Schnelltestes mit einer der Proben aus einem der Nasenlöcher.
- Sollte der Schnelltest positiv auf Influenza A sein, so ist dies auf dem
Meldungsformular an das Gesundheitsamt zu vermerken (Meldung nach §7 IfSG und
Übermittlung nach §12 IfSG).
        - ist der Abstrich positiv auf Influenza B, so ist der Fall lediglich beim
        Gesundheitsamt als (saisonale) Influenza-Erkrankung zu melden. Darüber
        hinaus wären in diesem Fall keine weiteren Maßnahmen durchzuführen.

2.3.3 Bestätigungsdiagnostik
Bei Influenza A-positivem oder negativem Schnelltest sollen die zweite
Nasenabstrich- und Rachenabstrichprobe an ein Labor geschickt werden, das in der
Lage ist, eine Diagnostik auf Influenzasubtypen (A/H1, A/H3) durchzuführen. Im
Zweifelsfall können die Proben unter Beilage eines Erhebungsbogens (->
www.rki.de, oder beim örtlichen Gesundheitsamt verfügbar) geschickt werden an
das:

    Nationales Referenzzentrum für Influenza
    Am Nordufer 20
    13353 Berlin

Bei positivem Test auf Schweinegrippe muss unabhängig davon, ob bereits eine
Meldung nach § 7 IfSG vom befundenden Arzt erfolgte, eine Ergänzungsmeldung
über den Nachweis an das zuständige Gesundheitsamt und von dort (gemäß §12
IfSG) über die Landesbehörde an das Robert Koch-Institut (RKI) erfolgen. Zusätzlich
zur elektronischen Übermittlung sollte das Gesundheitsamt unverzüglich eine
Faxmitteilung an die zuständige Landesbehörde (die an das RKI weiterleitet) senden.

2.3.3.1 Probenversand
Proben verdächtiger Influenza A/H1N1 Patienten sind als biologischer Stoff Kat. B
(UN-Nr. 3373) zu klassifizieren und nach Maßgabe der Verpackungsanweisung P650
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gemäß ADR / IATA DGR zu verpacken. Bei gewissenhafter Einhaltung dieser
Anweisung wird ein hoher Sicherheitsstandard beim Transport erfüllt.
Die Verpackung besteht aus 3 Komponenten:
1.        Probengefäß (z.B. Monovette) = Primärverpackung
2.       Schutzgefäß (flüssigkeitsdicht verschraubtes Plasteröhrchen mit saugfähigem
         Material) = Sekundärverpackung
3.       Einem möglichst gefütterten Umschlag aus reißfestem Material oder einer
         entsprechenden kistenförmigen Verpackung aus Pappe = Umverpackung.
Diese Verpackungen sind von einschlägigen Spezialfirmen beziehbar.
Die verschlossenen Versandstücke sind mit “UN 3373“ zu kennzeichnen.
Ein Versand mit der Deutschen Post ist als Maxi-Brief möglich.

2.4 Therapie
Alle Fälle, die die Falldefinition als Verdachtsfall, mit oder ohne Laborbestätigung
erfüllen, sollen bis zum Ausschluss einer Schweinegrippe mit antiviralen
Arzneimitteln therapiert werden. Nach bisherigem Kenntnisstand (25.04.2009) ist das
neue Schweinegrippevirus A/H1N1 suszeptibel gegenüber den
Neuraminidasehemmern Oseltamivir und Zanamivir, aber resistent gegenüber
Amantadin.

Antivirale Substanzen zum Einsatz in der Therapie der Influenza sind:

                                                            Alter
                                          1-12                          13-64          65 und älter
 Therapie
  Oseltamivir         Kinder ab 1 Jahr:                             75mg zweimal      75mg zweimal
                      ≤ 15 kg                    30 mg 2 x tgl.     pro Tag           pro Tag
                      > 15 kg bis 23 kg          45 mg 2 x tgl.
                      > 23 kg bis 40 kg          60 mg 2 x tgl.
                      > 40 kg                    75 mg 2 x tgl.

     Zanamivir         Kinder ab 5 Jahren:                          2 x tgl. 2        2 x tgl. 2
                      2 x tgl. 2 Inhalationen (2 x 10 mg)           Inhalationen (2   Inhalationen (2
                      innerhalb von 36 Stunden nach                 x 10 mg).         x 10 mg.
                      Symptombeginn.

Quellen: EMEA/H/C/402 European Public Assessment Report Tamiflu vom 12.04.2006-09-01
         Fachinformation Tamiflu®, Stand Januar 2006
         Fachinformation Relenza®, Stand Oktober 2005

2.5 Infektionsschutzmaßnahmen für den Haushalt
In den folgenden Konstellationen sind unmittelbar Infektionsschutzmaßnahmen
einzuleiten, die ggf., wenn das Ergebnis des Labors den Verdacht auf Influenza
entkräftet, wieder aufgehoben werden können:

(1) Klinische Symptomatik mit Falldefinition Schweinegrippe + Exposition zu
labordiagnostisch bestätigtem Fall von Schweinegrippe (Influenza A/H1N1)

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(2) Nachweis von Influenza A + Exposition in betroffenem Land oder Region (s.
Webseite der WHO www.who.org)
(3) Nachweis von Influenza A + Subtyp nicht eruierbar (z.B. weil der Primer für das
Schweinegrippevirus nicht passt und das Labor nicht auf Schweinegrippevirus zu
testen vermag)
(4) Nachweis von Influenza A + Nachweis des Subtyps H1N1(Schwein)

2.4.1 Isolierung des Haushalts
   • Häusliche Absonderung des Erkrankten für 7 Tage, oder bei entsprechend
       schwerer Symptomatik Behandlung und Isolierung im Krankenhaus.
   • Beim Transport ins Krankenhaus sollte dieses vorab informiert werden.
   • Aktive Gesundheitsüberwachung für 7 Tage
   • Der gesamte Haushalt sollte, soweit möglich, zu Hause bleiben und Kontakte
       außerhalb des Haushalts vermeiden.
   • Sollte ein Haushaltsmitglied innerhalb dieser Zeit erkranken, wird die
       betreffende Person zum Krankheitsverdächtigen und die dafür vorgesehenen
       Maßnahmen sind durchzuführen. Entsprechende Zeiten, z.B. der Isolierung
       des Haushaltes, verlängern sich dann entsprechend.

2.4.2 Häusliche Verhaltensvorgaben
Verdachtsfälle auf Schweinegrippe A/H1N1 sollten über geeignete
Verhaltensmaßnahmen zur Reduktion des Übertragungsrisikos aufgeklärt werden.
Hierzu zählen insbesondere:
(i) Eine sorgfältige Händehygiene, d.h. insbesondere vor (erkrankte Person) bzw.
nach (nicht erkranktes Haushaltsmitglied) jedem körperlichen Kontakt zwischen der
erkrankten Person und nicht erkrankten Haushaltskontakten;
(ii) Hustenhygiene
(iii) gegebenenfalls Mundschutz, so lange der Abstand zwischen erkrankter Person
und Haushaltskontakt weniger als ca. 2m beträgt;
(iv) wenn räumlich möglich: Schlafen in getrennten Schlafzimmern;
(v) kein gemeinsames Einnehmen der Mahlzeiten, d.h. entweder räumlich oder
zeitlich getrennt von den nicht erkrankten Haushaltskontakten

2.4.3 Maßnahmen für engste Kontaktpersonen
Es wird empfohlen, dass das Gesundheitsamt die Einleitung einer Gabe von
Neuraminidasehemmern zur Verhütung von Krankheit für engste Kontaktpersonen,
d.h. die Mitglieder des Haushaltes, sowie in Einzelfällen wenigen weiteren Personen,
z.B. dem außerhalb des Haushaltes wohnenden Lebenspartner, koordiniert. Die
Durchführung sollte unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Voraussetzung für eine Gabe
von Neuraminidasehemmern zur Verhütung von Krankheit ist, dass bei den
betreffenden Personen noch keine Symptomatik vorliegt, die mit einer Erkrankung
durch Schweinegrippe vereinbar wäre.

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Dosierung der Neuraminidasehemmer zur Verhütung der Schweinegrippe

Oseltamivir: Kinder ab einem Jahr und Erwachsene
Die Behandlung sollte so früh wie möglich innerhalb von 48 Stunden nach Kontakt
mit der infizierten Person beginnen.

        Personengruppe               Dosis in mg Oseltamivir          Zeitraum
        Kinder von 1 – 12 Jahren
        < 15 kg                      30 mg 1 x tgl
        > 15 kg bis 23 kg            45 mg 1 x tgl                    10 Tage
        > 23 kg bis 40 kg            60 mg 1 x tgl
        > 40 kg                      75 mg 1 x tgl
        Jugendliche ab 13 Jahren und 1 x tgl. 1 Kps.                  10 Tage
        Erwachsene                   Tamiflu®
        Quelle: EMEA/H/C/402 European Public Assessment Report Tamiflu vom 12.04.2006

Bei Personen mit schwerer Niereninsuffizienz ist eine Dosisanpassung wie folgt
erforderlich:
        Kreatinin-Clearance             Empfohlene Dosis
                                        mit Oseltamivir bei Niereninsuffizienz zur
                                        Verhütung der Schweinegrippe
        > 30 ml/min                     75 mg 1 x tgl.
        > 10 bis ≤ 30 ml/min            75 mg jeden zweiten Tag oder 30 mg Suspension
                                        einmal täglich
        ≤ 10 ml/min                     Nicht empfohlen
        Dialysepatienten                Nicht empfohlen
        Quelle: Fachinformation Tamiflu®, Stand Januar 2006

Bei Patienten mit Leberinsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich!

Zanamivir: Kinder ab fünf Jahren und Erwachsene:
1-mal täglich 2 Inhalationen (entspricht 1-mal täglich 2 x 5 mg Zanamivir) über 10
Tage. Beginn so früh wie möglich und innerhalb von 36 Stunden nach Kontakt mit
infizierter Person (Quelle: Fachinformation Relenza®, Stand Dezember 2008).

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