Endlich digitaler?! Was bringt das DVG aus Sicht der Patientensicherheit? - Impulsvortrag beim "Fachtag Digitalisierung" Deutsche Rheuma Liga ...
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Endlich digitaler?! Was bringt das DVG aus Sicht der Patientensicherheit? Impulsvortrag beim „Fachtag Digitalisierung“ Deutsche Rheuma Liga Marcel Weigand, Generalsekretär Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. Berlin, 09.03.2020 APS
Agenda • Patientensicherheit?! • Was zeichnet eine sichere digitale Anwendung aus? • Digitalisierung und Patientensicherheit – 4 Beispiele • Aktivitäten des APS im Bereich Digitalisierung • Was bringt das DVG für die Versorgung? • Fazit / Take-Home Message DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 2
Patientensicherheit?! Wissenswertes zur Patientensicherheit • Patientensicherheit (PSI) → unerwünschte Ereignisse bei der Behandlung/ Versorgung von Patienten verhindern (z. B. Eingriffsseitenverwechslung, vermeidbare Infektionen, Medikationsfehler,…) • 4 von 10 Patienten werden in der ambulanten und stationären Versorgung „geschädigt“ („harmed“) https://www.who.int/patientsafety/en/ • 80-90% der unerwünschten Ereignisse gehen auf Faktoren wie Kommunikation und Leadership zurück https://www.jointcommission.org/assets/1/6/HumanFactorsThe_Source.pdf • Knapp die Hälfte der Fehler gelten als vermeidbar de Vries, Eefje N., et al. "The incidence and nature of in-hospital adverse events: a systematic review." BMJ Quality & Safety 17.3 (2008): 216-223. • Wir wissen in D. wenig über die tatsächliche Lage, weil entsprechende Daten fehlen → Kernaufgabe des APS, dies zu ändern DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 4
Was zeichnet eine sichere digitale Anwendung aus? 3 Dimensionen, damit digitale Anwendungen die PSI erhöhen: I. Safe Health-IT: Datenverfügbarkeit, Datenintegrität, Datenschutz II. Safe use of Health-IT: Anwendung läuft korrekt und Usability ermöglicht die korrekte Verwendung III. Using Health-IT to improve safety: Anwendung wird eingesetzt, um Behandlung/ zu verbessern Singh, H. & Sittig, D. (2015). Measuring and improving patient safety through health information technology: The Health IT Safety Framework. BMJ quality & safety. 25. 10.1136/bmjqs-2015-004486. → Alle drei Dimensionen nötig, damit IT-Anwendung Patientensicherheit erhöht! DVG und Patientensicherheit APS 6
Was soll Digitalisierung aus Sicht der Patientensicherheit leisten? - 4 Beispiele DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 7
Digitalisierung und Patientensicherheit (1) Was soll Digitalisierung aus Sicht der Patientensicherheit leisten? 1) Kommunikation und Verfügbarkeit von Daten verbessern - die Informationen zu Behandlungen, wie Medikamente, Allergien, Befunde Notfalldaten, können eingesehen & ausgetauscht werden mit elektronischer Patientenakte (ePA) 2) (Selbst-) Monitoring von Behandlungsprozessen - bessere Einbindung der Patienten kann Erfolg der Behandlung steigern & Selbstmanagement fördern (z. B. App, die bei Diabetes unterstützt) Elektronische Patientenakten. Bertelsmann Stiftung 2017 DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 8
Digitalisierung und Patientensicherheit (2) Was soll Digitalisierung aus Sicht der Patientensicherheit leisten? 3) KI kann Diagnostik unterstützen/ verbessern - KI sollte dort zum Einsatz kommen, wo sie einen Mehrwert für die Versorgung schafft: Verbesserung diagnostischer Prozesse. KI ist (nur) ein Werkzeug – wie bei allen Werkzeugen hängt es davon ab, zum welchem Zweck es von wem es wie eingesetzt wird. 4) Unnötige Behandlungen vermeiden & Leitlinien berücksichtigen Auch bei der Wahl der geeigneten Therapie helfen digitale Tools & ePA bewirkt, dass Ärzte Leitlinien stärker berücksichtigen DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 9
Digitalisierung und Patientensicherheit (3) Auf das WIE kommt es an … • Digitale Gesundheitsanwendungen wie ePAs können die Qualität der Behandlung und die PSI verbessern. • Digitale Interventionen adäquat einführen – sonst entstehen negative Effekte für die Behandlung • Die Art und Weise in der Systeme entwickelt und implementiert werden, determiniert, ob es positive oder negative Effekte gibt. → Digitale Anwendungen dürfen nicht als Plug-In- Technologien verstanden und implementiert werden – sonst verringern sich die positiven Versorgungseffekte! https://www.safetyandquality.gov.au/wp- content/uploads/2018/02/Report-The-Impact-of-Digital- Health-on-Safety-and-Quality-of-Healthcar....pdf DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 10
Aktivitäten des APS im Bereich Digitalisierung DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 11
Aktivitäten des APS im Bereich Digitalisierung (1) Handlungsempfehlung zum IT-Risikomanagement Ziele 1. Bei Ausfall/Störung der IT-Infrastruktur sichere Patientenbehandlung ermöglichen 2. Sicherer Betrieb digitaler, netzwerkangebundener Medizinprodukte 3. IT-Netz vor Manipulation und Datendiebstahl durch externe schützen 4. Digitale Daten vor unberechtigtem Zugriff schützen 5. Digitale Kompetenz aufbauen, um Störungen & Schwachstellen des IT-Systems zu erkennen Kostenfreier Download der Broschüre unter: https://www.aps-ev.de/wp-content/uploads/2018/05/2018_APS-HE_Digit_RM.pdf.pdf DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 12
Aktivitäten des APS im Bereich Digitalisierung (2) Checkliste zu Gesundheits-Apps Worauf ist bei Gesundheits-Apps zu achten? 1. Zweck und Funktionalität 2. Qualität/ Zuverlässigkeit/ Bewertung 3. Datenschutz (-erklärung) 4. Herausgeber/ Impressum 5. Finanzierungsform und finanzieller Hintergrund des Herstellers Kostenfreier Download der Broschüre & Kurzfassung sowie Webanwendung unter: https://www.aps-ev.de/wp- content/uploads/2018/05/2018_APS-Checkliste_GesundheitsApps.pdf DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 13
Was bringt das DVG für die Versorgung? DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 14
Aktuelle Gesetzesinitiativen 1. Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) 2. Digitale Gesundheitsanwendungen- Verordnung (DiGAV) 3. Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) Alle verfügbar unter: https://www.aps- ev.de/stellungnahme/ Gesetzesinitiativen zur Digitalisierung in hoher Schlagzahl DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 15
Stand der Digitalisierung in Deutschland Viel Aktionismus … • Keine flächendeckende Telematikinfrastruktur und digitale Akten – noch sind nicht alle Praxen und Kliniken angeschlossen & die Voraussetzungen fehlen: Patientenakten / Befunde sind in Praxen und Kliniken nicht vollständig digitalisiert • Die tägliche Versorgung sieht so aus: Zettelwirtschaft – Deutschland sucht den Impfpass ist unbeabsichtigt komisch vor diesem Hintergrund • Pilotprojekte, Pilotprojekte, Pilotprojekte – Wann ist die Zeit der rein zeitlich, regional und indikationsbezogenen Projekte endlich vorüber? Kriterien zur Übernahme in die Regelversorgung fehlen – erst jetzt soll dies erfolgen! • Vergleichsstudie der Bertelsmann Stiftung: D. auf dem vorletzten Platz → Es fehlt ein Zielbild für ein digitalisiertes Gesundheitswesen – alle im Bereich eHealth erfolgreichen Länder haben eine eHealth-Strategie mit konkreten Zielen DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 16
Digitale Versorgung Gesetz – DVG (1) „App auf Rezept“ (§33a, §134 und §139e SGB V) /DiGAV • Versicherte haben einen prinzipiellen Anspruch auf digitale Anwendungen (Apps) niedriger Risikoklassen (Klassen I u. IIa). Arzt kann verordnen u. Bezug über Krankenkassen möglich. • In einem Verzeichnis beim BfArM sollen digitale Gesundheitsanwendungen gelistet werden. • Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) über 120 Kriterien zu Datensicherheit, u. - schutz, Wirksamkeit, Patientensicherheit. • Fast Track: Anwendungen können für 12 Monate Quelle: Bundesministerium für Gesundheit https://www.bundesgesundheitsministerium.de/digitale-versorgung- vergütet werden, ohne dass Wirksamkeitsnachweis gesetz.html vorliegen muss (Pilotstudie reicht) DVG und Patientensicherheit APS 17
Digitale Versorgung Gesetz – DVG (2) Apps auf Rezept - Einschätzung • Gut dass sich endlich etwas tut – aber viele Fragen bleiben offen: • Wie Ärzte oder Versicherte informiert werden z. B. wenn Sicherheitsmängel auftreten oder Anwendungen aus dem Verzeichnis genommen werden? • Selbstangaben der Hersteller - stichprobenartige Überprüfung der Kriterien • Passende Bewertungssystematik fehlt. NHS zeigt, wie man für verschiedene Arten und Risikoklassen jeweilige Anforderungen definieren kann. • Die geplanten Fristen sind viel zu lang. Bis zu 9 Monate kann es dauern, bis eine Änderung einer App vollzogen ist. Das ist bei relevanten Mängeln viel zu lang. Was passiert bspw. in der Zwischenzeit? Apps sind agiler als das Gesetz. → Für bestimmte Patientengruppen können med. Apps hilfreich sein. Bei Umsetzung viele Fragen offen. Die Verordnung von Apps wird die Versorgung kaum digitaler machen. Erst durch sinnhafte Ein- und Anbindung der Anwendungen an ePA und Gesundheitseinrichtungen entstehen Vorteile für Ärzte u. Pateinten DVG und Patientensicherheit APS 18
Digitale Versorgung Gesetz – DVG (3) Elektronische Patientenakte (ePA) §291h SGB V • Ab 1.1.2021 haben Patienten das Anrecht auf die Anlage und „Erstbefüllung“ einer ePA in Arztpraxen und Kliniken. Nutzung bleibt für Patienten freiwillig. • Angeschlossen sind zunächst Apotheken, Arztpraxen und Kliniken. Später - und nicht verpflichtend - können sich Pflegeheime / ambulante Pflegedienste sowie Hebammen und Physiotherapeuten anschließen. • Ausbau in vier Schritten geplant - zu Beginn ist nur die Ablage von Behandlungsdokumenten möglich • Im ersten Jahr können Patienten nicht auswählen, welche persönlichen Informationen ein Arzt/ Therapeut sehen darf. Dies wird erst 2022 möglich sein. DVG und Patientensicherheit APS 19
Digitale Versorgung Gesetz – DVG (4) Elektronische Patientenakte (ePA) - Einschätzung • Die ePA ist die Königsdisziplin unter den digitalen Anwendungen und sollte als Behandlungsmangement-Plattform verstanden werden • Der Anfang ist gemacht und alle Beteiligten sollten ihr Bestes dafür tun, damit es die Vorteile für Patienten ausspielen kann. Vorteile der ePA überwiegen! • Keine Einzellösungen (eRezept) – alle Funktionen müssen mit/ in der ePA möglich sein - vorbildlich wurde dies in Dänemark mit www.sundhed.dk gelöst • Es fehlt ein klarer Ausbauplan: unklar ist, ab wann andere Gesundheitsberufe und Einrichtungen verpflichtend eingebunden werden. • Die ePA ist ein Netzwerk – das funktioniert nur wenn alle integriert werden → Was ab Januar 2021 zur Verfügung stehen wird, ist weit von einer nützlichen ePA entfernt. Der Erfolg wird wesentlich davon abhängen, welche Haltung Ärzte zur ePA haben: propagieren sie die ePA oder verweigern sie sich? DVG und Patientensicherheit APS 20
Digitale Versorgung Gesetz – DVG (4) Weitere Neuerungen bei Videosprechstunde, Telekonsil und eArztbrief • Videosprechstunde wird besser vergütet und Ärzte können auf ihrer Internetseite über ihr Angebot an Onlinesprechstunden informieren. • Telemedizin wird gestärkt, indem Telekonsile extrabudgetär vergütet werden. • Der Telefaxversand wird geringer vergütet als das Versenden eines eArztbriefes • Datenzentrum beim GKV-Spitzenverband geschaffen und die Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für Versorgungsforschungszwecke soll verbessert werden. • Innovationsfonds wird bis 2024 mit 200 Mio. € p.a. (bislang 300 Mio.) fortgeführt Einschätzung: Es ist sinnvoll Videosprechstunde und Telekonsile zu fördern. Gerade in ländlichen Regionen eine sinnvolle Option. Aber: jede Praxis muss individuelle Lösung schaffen. Dass zukünftig Versorgungsforschung mit Abrechnungsdaten möglich sein wird, ist ebenfalls sinnvoll. Aber: Datenschutz und -sicherheit müssen gewährleistet werden - Rückverfolgbarkeit von einzelnen Patienten muss unterbunden werden. DVG und Patientensicherheit APS 21
Fazit/ Take-Home Message „Wir sind bei der Digitalisierung erst beim ‚Gruß aus der Küche‘ angelangt“ (Dr. med. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer der gematik) • Nutzen für Behandlung u. Verbesserung der Patientensicherheit muss Ausgangspunkt bei Entwicklung und Einführung von Anwendungen sein • Digitale Anwendungen können Versorgung besserer und sicherer machen → sie dürfen aber nicht als Plug-In-Technologie verstanden werden! • Digitale Gesundheitskompetenz stärken - bei Gesundheitsberufen u. Patienten • Anschlussfähigkeit nicht nur technisch u. semantisch in Bezug auf andere Anwendungen, sondern zu bestehende Versorgungsstrukturen und -prozessen • eHealth-Strategie mit konkreten Versorgungszielen würde für Patienten & Gesundheitsberufe Orientierung bieten und erklären, wozu das Ganze dient! DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 22
Vielen Dank! Marcel Weigand Generalsekretär Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. & Leiter Kooperationen und digitale Transformation Unabhängige Patientenberatung Deutschland weigand@aps-ev.de marcel.weigand@patientenberatung.de Twitter: https://twitter.com/marcelweigand LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/marcel-weigand DVG und Patientensicherheit APS 09.03.2020 23
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