Entwicklung der Spielfähigkeit im Sportspiel Handball

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Entwicklung der Spielfähigkeit im Handball (Sek I und II)
Dipl.-Sportwiss. Janet Höhne

Entwicklung der Spielfähigkeit im Sportspiel Handball
Der veränderte Ansatz im Sportunterricht vom Erlernen reiner Bewegungstechniken zur
Funktionalität übergeordneter gesellschaftlicher Ziele wie Fairness/ Kooperation, Gesundheit
und Umwelt verlangt insbesondere eine Umorientierung bei den traditionellen Sportarten des
Schulsports. Während sogenannte Freizeit- oder Trendsportarten hier sehr schnell
gesellschaftlichen Entwicklungen folgen können, sind die Traditionssportarten häufig in
bestimmten Mustern erstarrt und verlieren an Attraktivität.
Durch den Weltmeistertitel im Februar 2007 im eigenen Land, hat die Spielsportart Handball
gerade was Anpassung an neue Trends anbelangt ihr Image aufgebessert. In den Schulen wie
auch im Kinderhandball in den Vereinen ist das Spielen mit Hand und Ball ein wesentliches
Mittel, um Kinder altersgerecht zu fördern und für den Sport zu begeistern. Veränderungen
bzw. Anpassungen des Regelwerks sollen im Schulsport dazu führen, dass Handball sowohl
als mannschaftliches Zusammenspiel als auch als „faires“ Spiel wieder akzeptiert wird.

Die in den letzten Jahren erfolgten Kürzungen im Sportunterricht, die größeren (Sport-)
Klassen, sowie das geringe Raumangebot sind Faktoren, die alle Bereiche des Sport-
unterrichts stark beeinflussen.

Es ist sinnvoll in der Schule über kleine Spiele sehr schnell zu handballähnlichem Spiel zu
finden. Hier ist die kleine Halle durchaus nicht hinderlich, es bietet sich sogar an, auch im
Hinblick auf die Größe der Klassen, diese nochmals zu unterteilen. Dies sollen die folgenden
Abbildungen verdeutlichen. Durch Regelvereinfachung, Begrenzung der Turmbänke etc. kann
sehr schnell eine adäquate Spielfähigkeit erreicht werden.
Entwicklung der Spielfähigkeit im Handball (Sek I und II)
Dipl.-Sportwiss. Janet Höhne

Neben sportspielübergreifenden Zielsetzungen, machen handballspezifische Grundfertig-
keiten des Passens, Fangens, Dribblings und Werfens, das Handballspiel für den Sport-
unterricht interessant. Der Mannschaftsspielcharakter fördert die Interaktion zwischen den
Handball spielenden SchülerInnen. Wichtige pädagogische Perspektiven des Schulsports, z.B.
die „Wahrnehmungsfähigkeit verbessern, Bewegungserfahrungen erweitern“, und
„Kooperieren, wettkämpfen und sich verständigen“ können mit dem Sportspiel Handball in
besonderem Maße thematisiert werden.

Ziel dieses Workshops ist es, Hinweise zur Entwicklung einer umfassenden und
ganzheitlichen Spielfähigkeit zu geben. Im Spiel erleben SchülerInnen sich selbst in der Aus-
einandersetzung mit MitspielerInnen. In der Schulzeit lernen SchülerInnen eine Vielfältigkeit
von Spielen kennen, die miteinander, nebeneinander oder gegeneinander gespielt werden.

Als Spielfähigkeit wird die individuelle Handlungsfähigkeit im Sportspiel Handball definiert.
Sie umfasst den situationsgerechten Einsatz von angemessenen Techniken, in sich ständig
verändernden Spielsituationen in Abhängigkeit von Gegenspielern und Mitspielern unter
Raumnot und Zeitdruck, d.h. Grundtechniken wie Werfen, Fangen, Zuspielen, Laufen,
Springen, etc. situationsgemäß unter den speziellen Bedingungen, z.B. kleine Halle, kleines
Spielfeld, geringe Mannschaftsgröße, veränderte Regeln einsetzen zu können.

Mit zunehmenden Anforderungen ist ein höheres Niveau einzelner koordinativer
Fähigkeiten notwendig, sie verdienen eine große Beachtung. Durch die Vorstellung einer
Reihe von Übungsformen zur Entwicklung der koordinativen Fähigkeiten sollen Wege
aufgezeigt werden, um die Spielfähigkeit der SchülerInnen zu verbessern.

Mit spezifischen Zielsetzungen innerhalb der Spielformen können grundlegende Fähigkeiten,
wie Reaktions-, Umstellungs-, Wahrnehmungs- und Antizipationsfähigkeit, sowie
grundlegende Fertigkeiten und Verhaltensregeln, wie Ballsicherung, Ball regelgerecht
herausspielen, gezielte Wahrnehmung eines Beobachtungsfeldes, komplex verbessert werden.
Spieltaktische Grundfähigkeiten, wie das Raum-/Zeitgefühl, fördern die allgemeine
Spielfähigkeit und erweitern damit das koordinative Grundgerüst der SchülerInnen
Entwicklung der Spielfähigkeit im Handball (Sek I und II)
Dipl.-Sportwiss. Janet Höhne

Praxis:
Im Folgenden sollen unterrichtspraktische Hinweise gegeben werden, die es ermöglichen,
attraktiv und sicher Handball zu spielen. Weiterhin sollen Übungsformen mit dem
Schwerpunkt koordinativer Fähigkeiten vorgestellt werden.
Je nach Ziel des Spiels werden Regelveränderungen/ -vereinfachungen vorgenommen. Sie
dienen der Überschaubarkeit, der Klarheit, der Einfachheit. Variationen der äußeren
Bedingungen ermöglichen dabei neue Spielerfahrungen.

Entwicklung und Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten mit dem Ball
   Übungen mit einem Bällen
   o Ball rollen und mit unterschiedlichen Körperteilen stoppen (Bauch, Knie etc.).
   o Ball hoch werfen, halbe Drehung, Ball hinter dem Rücken wieder auffangen.
   o Ball gegen die Wand werfen, ganze Drehung, Ball wieder auffangen
   o Über Hohlkreuz aus dem Stand Ball von hinten durch die gegrätschten Beine werfen
      und vorne nach einmaligem Aufprellen auffangen.
   o Ball prellen und sich dabei fortbewegen, hinsetzen, aufstehen
   o Ball im Gehen seitwärts durch die Beine prellen. Ein Schritt = 1 x Prellen
   o Auf Rücken liegen, Ball hochwerfen, um Körperlängsachse drehen und Ball fangen
   o Der springende Ball (a) Den Ball mit beiden Händen von unten hochwerfen –
      Ballaufspringen lassen – im Sitzen fangen! (b) Den Ball, wie oben aufwerfen und
      springen lassen – Ball am höchsten Punkt im Sprung fangen! (c) Springenden Ball
      hinterm Rücken fangen!
   Übungen mit zwei Bällen
   o Bälle hochwerfen, halbe Drehung, beide Bälle fangen. Zuerst Aufprellen dann ohne
   o Bälle im Wechsel links/ rechts - auf dem Boden aufprellen lassen und wieder fangen,
   o Links und rechts je einen Ball prellen, - dabei: Stützhüpfvariationen
   o Mit zwei Bällen dribbeln
   Partnerübungen
   o Zwei Spieler stehen im Abstand zueinander. Der Ballbesitzer wirft den Ball über den
      Partner, dieser erläuft den Ball, bevor er auf dem Boden aufprellt
   o Zwei Bälle gleichzeitig zupassen, den dritten mit dem Fuß spielen
   o Jeder tippt einen Ball, danach schneller Platzwechsel (auch mit Zusatzaufgaben, z.B.
      Liegestütz), dann den Ball des Partners auffangen, bevor einer der Bälle auf den
      Boden fällt
   o Gassenaufstellung 2 Bälle (a)Partner spielen sich Bälle zu (im Sitzen durch rollen,
      werfen), (b) A und B werfen sich den Ball gleichzeitig und direkt zu, (c)A und B
      werfen den Ball so, dass sie sich in der Mitte treffen; den zurückspringenden Ball
      fangen, (d) A und B stehen mit dem Rücken zueinander; die Bälle werden durch die
      gegrätschten Beine geworfen / gerollt; umdrehen und fangen, (e) A und B werfen ihre
      Bälle gleichzeitig senkrecht hoch, wechseln ihre Positionen, fangen den Ball des
      Partners, (f) A passt zu B direkt; B gibt gleichzeitig Bodenpass zu A, (d) in der Halle
      werden durch Markierungen Tore aufgebaut, in begrenzter Zeit versucht A so viel
      Tore wir möglich zu erreichen
   Gruppe
   o Kreisklatschen: Gruppe steht im Innenstirnkreis, in der Mitte spielt einer mit
      Täuschungen die Bälle zu, Spieler müssen vorher in die Hände klatschen, wenn nicht
      ausgeschieden
   o Drehung mit Ball: Schüler liegen nebeneinander, außen beginnt, wirf Ball hoch,
      Schüler drehen sich um Körperlängsachse und Ball nächste fängt Ball

Kleine Spiele
Entwicklung der Spielfähigkeit im Handball (Sek I und II)
Dipl.-Sportwiss. Janet Höhne

Ziel- und Treffspiele
Wer kann ....
    o den Ball in den Basketballkorb werfen?
    o den Ball in ein Hütchen werfen?
    o in die an der Wand aufgezeichneten Kreise treffen?
    o in die vor einem Tor ausgelegten Reifen treffen?
    o die an einer Zauberschnur aufgehängten Zeitungen treffen?
    o den Ball in aufgestellte Kästen werfen? - 1. Reihe = 1 Punkt, - 2. Reihe = 2 Punkte
    o mit Ball die ausgelegten Matten treffen? - 1. Reihe = 1 Punkt, - 2. Reihe = 2 Punkte
    o Balltreiben: Spielgedanke: Zwei Mannschaften stehen sich hinter Wurflinien
        gegenüber. Jeder Spieler hat einen Ball. In der Mitte liegen mehrere Medizinbälle.
        Beide Mannschaften versuchen, die Medizinbälle durch Treffer mit dem Wurfball
        über die Wurflinie der Gegenmannschaft zu treiben Variationen:
        - Beide Mannschaften stehen sich zusätzlich an den Stirnseiten der Halle gegenüber
        - Balltreiben mit vier Mannschaften
    o Medzinball-Treffspiel: Spielgedanke: In der Mitte eines begrenzten Spielfeldes stehen
        zwei Bänke, auf denen Medizinbälle liegen. Es stehen sich zwei Mannschaften
        gegenüber, die mit Handbällen versuchen, in festgelegter Zeit so viele Medizinbälle
        wie möglich von den Bänken zu werfen.
    o Wer hat zuerst drei Bälle: Spielgedanke: In vier Ecken (begrenztes Feld) steht jeweils
        ein Schüler. In der Mitte liegen 7 Bälle. Einzeln müssen die Bälle an die Ecken
        gebracht werden. Liegen keine Bälle mehr in der Mitte können die Bälle aus den
        anderen Ecken geholt werden. Wer zuerst drei Bälle hat ist Sieger
Spielformen für die Ballführung (Prellen)
    o Prellen mit Begrüßen: Spielgedanke: Die Spieler laufend prellend in der Halle herum.
        Begegnen sich zwei Spieler, begrüßen sie sich.
        - 5 mal Prellen beim Begrüßen
        - Ballwechsel beim Begrüßen
    o Prellen durch die Gasse: Spielgedanke: Zwei Gruppen wechseln prellend die Seiten,
        erst im Gehen, dann im Laufen. Die Gasse in der Mitte wird immer enger.
    o Prellen im begrenzten Raum: Spielgedanke: Jeder Spieler prellt einen Ball im durch
        Linien begrenzten Raum. Keiner darf einen anderen Spieler berühren. Variationen:
        - Bewegungsfeld wird verkleinert
        - Prellen und gleichzeitiges Herausspielen des Balles des nächsten Spielers
    o Haltet den Kasten voll: Spielgedanke: In der Hallenmitte steht ein Kasten mit Bällen.
        Ein Spieler wirft die Bälle wahllos in die Halle. Alle übrigen Spieler nehmen die Bälle
        auf, prellen zur Hallenmitte und werfen die Bälle wieder in den Kasten. Wenn der
        Kasten leer ist, hat der Spieler am Kasten gewonnen.
    o Nummernfangen mit Prellen: Spielgedanke: Die Spieler sind nummeriert (1 – 6) und
        bewegen sich prellend in einem begrenzten Raum. Der Lehrer ruft einen Spieler mit
        seiner Nummer auf, der damit Fänger wird. Neuer Fänger wird: - wer abgeschlagen
        wird, - wer seinen Ball verliert Variationen: - nur mit der rechten/ linken Hand prellen

Komplexe kleine Spiele mit Handballregeln
  o Zwei Mannschaften in einem begrenzten Feld. Ball muß versucht werden so lange wie
     möglich in den eigenen Reihen zu halten
     Variationen: - nur mit der rechten (der linken) Hand prellen
                  - ohne Prellen
  o Kastenhandball: Spielgedanke: Zwei Kästen werden in die Zonenkreise des
     Basketballfeldes gestellt, auf diese Kästen je ein Medizinball. Zwei Mannschaften
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Dipl.-Sportwiss. Janet Höhne

        spielen gegeneinander, jede Mannschaft versucht, den Medizinball vom Kasten der
        gegnerischen Mannschaft herunterzuwerfen.
    o   Drei-Tor-Aufsetzer-Ball: Spielgedanke: In einem Abstand von ca. acht Metern werden
        mit Hütchen im Dreieck drei Tore gebildet. Zwei Mannschaften spielen nach
        Handballregeln gegeneinander. Punkt wird erzielt, wenn einem Spieler ein Aufsetzer
        durch eines der Tore gelingt und ein Mitspieler der eigenen Mannschaft den Ball
        auffangen kann.
    o   Reboundball: Spielgedanke: Es wird eine Reboundfläche definiert, z.B.
        Basketballbrett oder Hallenwand. Gespielt wird nach Handballregeln. Ein Punkt wird
        erzielt, wenn ein Spieler gegen die Reboundfläche wirft und ein anderer Spieler seiner
        Mannschaft den Ball auffängt, bevor dieser zu Boden fällt.
    o   Mattenball/Endlinienball: Spielgedanke: Zwei Mannschaften auf dem Spielfeld,
        Handballregeln. In jedem Torraum liegt eine Weichbodenmatte. Ziel ist es, den
        Handball auf der gegnerischen Matte abzulegen. Variationen: - ohne Ballprellen
        - alle Spieler der angreifenden Mannschaft müssen in gegnerischen Spielhälfte sein,
        wenn Ballablegen gültig sein soll.
    o   Biathlonstaffel

Literatur
    o   DEUTSCHER HANDBALL BUND (DHB) (Hg.) (19953): Handball-Handbuch 2: Grundlagentraining für Kinder und
        Jugendliche. Münster und Handball - Handbuch Band 6: Handballspielen mit Schülern. Münster (Hg.) (1998)
    o   BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS: Konzept für die staatliche Lehrerfortbildung
        für Betreuer von Schulmannschaften im Handball
    o   Watzinger, K.: Handball aktuell – Neue Konzepte für den Schulsport – bayrischer Handballverband, 1. Auflage, November 2002,
        Münschen,
    o   Döbler Erika & Hugo: Kleine Spiele, Sportverlag, Berlin 1994
    o   KÖNIG, S./EISELE, A. (Hg.) (1997): Handball unterrichten. Schorndorf.
    o   KÖNIG, S./ZENTGRAF, K. (Hg.) (1999): Handball als Schulsport. In: SPORTUNTERRICHT 48/1999/7. S.269-279.
    o   MATZEIT, J. (1998): Das DHB-Konzept „Handball spielen mit Schülern – Konzeptanalyse und Umsetzungsmöglichkeiten im
        Sportunterricht (hektogr. Manuskript, 131 S.). Wuppertal.
    o   MINISTERIUM FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG DES LANDES
        NORDRHEIN WESTFALEN (MSWWF) (1999a): Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II –
        Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen. Frechen.
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