Epidemiologisches Bulletin 50 2020 - RKI
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 50 Epidemiologisches 2020 Bulletin 10. 3. Dezember 2020 Seroepidemiologische Studien zu SARS-CoV-2 in Deutschland Reiseassoziierte Krankheiten 2019
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 2 Inhalt Ergebnisse seroepidemiologischer Studien zu SARS-CoV-2 in Stichproben der Allgemeinbevölkerung und bei Blutspenderinnen und Blutspendern in Deutschland (Stand 3.12.2020) 3 Seroepidemiologische Studien geben Aufschluss über den Anteil der Bevölkerung, der bereits eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hat, und schließen dabei nicht erkannte Infektionen ein. So können Verlauf und Dynamik der Pandemie besser eingeschätzt und die Maßnahmenplanung verbessert werden. Die vorliegende Übersicht fasst tabellarisch bislang bekannt gewordene Ergebnisse epidemiologischer Studien zur Seroprävalenz von SARS-CoV-2 in Zufallsstichproben der Allgemeinbevölkerung (Fokus Erwachsene) und bei Blutspenderinnen und Blutspendern in Deutschland zusammen. Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten – Reiseassoziierte Krankheiten 2019 7 Der Bericht zu den Reiseassoziierten Krankheiten 2019 basiert auf Meldedaten nach Infektionsschutzge- setz, die dem Robert Koch-Institut mit Stand 1. März 2020 übermittelt wurden. Dabei wird das Auftreten von Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber, Giardiasis, Typhus oder Hepatitis A mit den Vorjahren, insbesondere aber dem Jahr 2018, verglichen. Einige der berichteten Infektionen sind auch von der epidemiologischen Situation in den Infektionsländern sowie von Veränderungen in den Reise strömen abhängig. Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten 21 Hinweise24 ▶▶ Nationales Antibiotika-Sensitivitätstest-Komitee (NAK): Webinar ▶▶ Beitragsreihe zu COVID-19 im Journal of Health Monitoring Aktuelle Situation bei ARE/Influenza (49. KW 2020) 25 In eigener Sache 26 Impressum Herausgeber Allgmeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon 030 18754 – 0 Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise Redaktion die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Dr. med. Jamela Seedat Telefon: 030 18754 – 23 24 Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons E-Mail: SeedatJ@rki.de Namensnennung 4.0 International Lizenz. Nadja Harendt (Redaktionsassistenz) Telefon: 030 18754 – 24 55 Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) E-Mail: EpiBull@rki.de ISSN 2569-5266 Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 3 Ergebnisse seroepidemiologischer Studien zu SARS-CoV-2 in Stichproben der Allgemeinbevölkerung und bei Blutspenderinnen und Blutspendern in Deutschland (Stand 3.12.2020) Einleitung ntersucht haben, vor (Stand 3.12.2020): aus Studien u Seroepidemiologische Studien geben Aufschluss in fünf Gemeinden mit hohem Ausbruchsgesche- über den Anteil der Bevölkerung, der bereits eine hen („Hotspots“),2–7 aus einer für München reprä- SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hat, und schlie sentativen Studie,8 sowie aus einer Kohortenstudie, ßen dabei nicht erkannte Infektionen (Unter die auf einer Stichprobe der Allgemeinbevölkerung erfassung) ein. So können Verlauf und Dynamik der in Bonn9 beruht (s. Tab. 1). Die Ergebnisse zeigen, Pandemie besser eingeschätzt und die Maßnah- dass sich im Frühjahr und Frühsommer zwar in menplanung verbessert werden. Die vorliegende einigen Hotspots ein Anteil von bis zu 16 % der Übersicht fasst tabellarisch bislang bekannt gewor- Erwachsenen mit SARS-CoV-2 infiziert hat, jedoch dene Ergebnisse epidemiologischer Studien zur außerhalb von umschriebenen Hotspots die Sero- Seroprävalenz von SARS-CoV-2 in Zufallsstichpro- prävalenz noch sehr viel niedriger ist. Der Unterer- ben der Allgemeinbevölkerung (Fokus Erwachsene) fassungsfaktor lag bei den genannten Studien zwi- und bei Blutspenderinnen und Blutspendern in schen 4 und 6. In einer Studie, bei der fast der ganze Deutschland zusammen (Stand 3.12.2020). Ort 6 Wochen vor Studienbeginn mit PCR getestet wurde, lag der Untererfassungsfaktor nur bei einem Faktor von 2.3 Weiterhin liegen Ergebnisse aus ano- Methode nymisierten Untersuchungen von Blutspenden bis Seit dem 1.7.2020 wird auf der Webseite des Robert November 2020 vor. Die Untersuchungen zeigen Koch-Instituts (RKI) eine Übersicht über seroepide- sowohl bei den lokalen Analysen als auch bei der miologische Studien in Deutschland veröffentlicht. bundesweiten Testung in 28 Regionen in Deutsch- Studien werden über systematische Recherchen in land10 niedrige Seroprävalenzen zwischen 0,3 % und Studienregistern, Literaturdatenbanken einschließ- 1,4 % sowie regionale Unterschiede11–13 (s. Tab. 2). lich Vor-Veröffentlichungen sowie Medienberichten gesucht.1 Die Webseite mit der Studienübersicht, die Angaben zum Studiendesign und Links zu ver- Diskussion öffentlichten Studienprotokollen, Studienwebseiten Lokale bzw. regionale Ergebnisse seroepidemiologi- und Ergebnismitteilungen bzw. Publikationen ent- scher Studien geben Aufschluss über die Verbrei- hält, kann unter www.rki.de/covid-19-ak-studien tung von SARS-CoV-2 in der entsprechenden Bevöl- bzw. auf Englisch unter www.rki.de/covid-19-sero- kerung einschließlich der nicht erkannten Fälle be- studies-germany aufgerufen werden. Für jede zogen auf die untersuchte Zeitperiode. Sie spiegeln Studie werden die Ergebnisse aus peer-reviewten das lokale bzw. regionale Ausbruchsgeschehen zu Publikationen, Vor-Veröffentlichungen sowie Presse dem jeweiligen Zeitpunkt wider und können nicht mitteilungen tabellarisch zusammengefasst. auf ganz Deutschland übertragen werden. Große regionale Unterschiede bestätigen sich auch aus internationalen Studien. Kürzlich ist als Preprint Ergebnisse eine systematische Übersichtsarbeit und Meta- Ergebnisse zur Seroprävalenz von SARS-CoV-2 in Analyse erschienen, die bis Ende August 2020 der Allgemeinbevölkerung in Deutschland im ersten 338 Seroprävalenzstudien mit 2,3 Millionen Teilneh- Halbjahr 2020 liegen aus einigen Studien mit Zu- menden aus 50 Ländern umfasst.14 Nur ein Drittel fallsstichproben, die überwiegend Er wachsene dieser Studien beruhte auf Zufallsstichproben.
Studien mit Zufallsstichproben der Allgemeinbevölkerung Kohorten Ort Gangelt2 Neustadt3 Kupferzell4 Bad Feilnbach5 München8 Tirschenreuth6,7 Bonn, 2 Stadtbezirke9 Epidemiologisches Bulletin Einwohnerzahl 12.597 883 5.128 (> 18 J.) 6.882 (> 18 J.) 1,5 Millionen 71.804 k. A. Studie COVID-19 Case- CoNAN CORONA-MONI- CORONA-MONITO- KoCo19 TiKoCo Rheinland Cluster-Studie TORING lokal RING lokal Corona Studie Zeitraum 31.3. – 6.4.2020 13.5. – 22.5.2020 20.5. – 9.6.2020 23.6. – 4.7.2020 06.4. – 12.6.2020 29.6. – 17.7.2020 24.4. – 30.6.2020 Welcher Anteil der Bevölkerung war zum Kumulative 3,1 % 5,8 %a 2,0 % 2,3 % 0,4 % k. A. 0,2 % Zeitpunkt der Studie schon als positiv gemeldet? Melde-Inzidenz (ganz Bonn) 50 | 2020 Welcher Anteil der Eingeladenen hat Response 68 % der eingel. 71 % der 63 % der 59 % der 56,3 % der eingel. ca. 64 % der 88 % der Kohorten teilgenommen? Haushalte Bevölkerung Eingeladenen Eingeladenen Haushalte Eingeladenen teilnehmenden Wie groß war die untersuchte Stichprobe? Unters. Stichpr. 919 626 2.203 2.152 5.313 > 4.200 4.771 Alter Altersrange 1 – 90 Jahre 1 – 97 Jahre 18 – 94 Jahre 18 – 98 Jahre ≥ 14 Jahre ≥ 14 Jahre 30 – 100 Jahre Wie viele akute Infektionen wurden festgestellt PCR+ während 3,6 % 0% 0% 0% k. A. k. A. k. A. (Abstrich)? Studie Auf welchen Antikörper-Test beziehen sich die AK-Test Euroimmun 6 AK-Tests: Euroimmun Euroimmun Elecsys Anti- k.A. (Einsatz von Euroimmun Hauptergebnisse? S1-SARS-CoV-2 IgG 2 ELISA, S1-SARS-CoV-2 S1-SARS-CoV-2 SARS-CoV-2 Roche drei Testsystemen) S1-SARS-CoV-2 (ratio ≥ 0,8) 4 Chemilumineszenz IgG (ratio ≥ 1,1) (ratio ≥ 1,1) anti-N pan-Ig (ratio ≥ 1,1)d d Wie wurde berücksichtigt, dass es bei den Rechnerische Korrigiert für Mind. 2 von Korrigiert für Korrigiert für Korrigiert für k. A. Antikörpertests auch falsch-positive und Korrektur für Sens. 90,9 %; 6 verschiedenen Sens. 88,3 %; Sens. 88,3 %; Sens. 88,6 %; 10. Dezember 2020 falsch-negative Ergebnisse geben kann? Testgüte Spez. 99,1 % AK-Tests Spez. 99,2 % Spez. 99,4 % Spez. 99,7 % Wie hoch war der Anteil der Bevölkerung mit Adj. Seropräva- 14,1 % 8,4 % 12 % 9,1 % 1,8 % 8,6 % 1,0 %d Antikörpern gegen SARS-CoV-2? lenz % (95 % KI) (11,2 – 17,3) (10,4 – 14,0) (7,6 – 10,9) (1,2 – 2,3) (0,72 – 1,30) Welcher Anteil der Bevölkerung war bislang Basierend auf 15,5 % 11,5 % 12 % 9,1 % k. A. k. A. k. A. infiziert? Seroprävalenz (12,3 – 19,0 %) (9,1 – 14,2) (10,4 – 14,0) (7,6 – 10,9) und ggf. PCR Wie viel Mal mehr Infektionen zeigt die gemeldete Fälle Faktor 5 Faktor 2b Faktor 6 Faktor 4 Faktor 4c Faktor 5 Faktor 4 Studie im Vergleich zu den bislang bekannten (dunkelblau) 15,5 % e (gemeldeten) Fällen (Untererfassungs-Faktor)? vs. Infizierte (hellblau) 12 % 11,5 % 9,1 % 5,8 % 3,1 % 2,3 % 2% 1,8 % 0,4 % Welcher Anteil der Infizierten war Heterogene % der AK-Positiven: asymptomatisch? Symptomliste 22 % 25 % 24 % 21 % k. A. k. A. k. A. Tab. 1 | Ergebnisse seroepidemiologischer Studien zu SARS-CoV-2 basierend auf Zufallsstichproben der Allgemeinbevölkerung in Deutschland (Fokus Erwachsene, Stand 3.12.2020) – a Eigene 4 Berechnung (51 gemeldete Fälle während des Ausbruchs); b PCR-Testung fast des ganzen Ortes 6 Wochen vor Studie; c basiered auf Seroprävalenz; d Seroprävalenz basierend auf zusätzlich positivem Test auf neutralisierende Antikörper: 0,4 % (95 % KI 0,2 – 0,6); e keine Berechnung bezogen auf die Bonner Stadtteile, aus der sich die Kohorte rekrutiert; k. A.: keine Angabe. KI: Konfidenzintervall
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 5 Ort Blutspendeproben aus Blutspendeseren aus Hamburg13 Blutspendeproben Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz und aus 28 bundesweit (NRW), Hessen (He) Rhein-Main12 verteilten Regionen und Niedersachsen (Ni)11 (SeBluCo)10 Zeitraum 9.3.2020 – 3.6.2020 März – Juni 2020 6.4. – 10.4.2020 27.4.2020 – 30.4.2021 4.5. – 6.5.2020 2.6. – 5.6.2020 Wie groß war die untersuchte Untersuchte 3.186 3.754 914 48.976 (bis 5.11.2020) Stichprobe? Stichprobe (NRW 1.700, (300, 288, 326) alle 14 Tage He 910, Ni 576) ca. 5.000 Proben Alter Altersrange überwiegend 18 – 71 Jahre k. A. überwiegend 18 – 72 18 – 65 Jahre Jahre (max. 83 Jahre) Vor der Studie bekannte, Kein Ausschlussgrund, k. A. k. A. Kein Ausschluss- durchgemachte vergangene aber 0 % grund, aber Anteil SARS-CoV-2-Infektion der in der Stichprobe nicht bekannt Blutspendenden? Auf welchen Antikörper- AK-Test Euroimmun S1-SARS- Architect (Abbott) Elecsys Anti- Euroimmun Test beziehen sich die CoV-2 IgG (ratio ≥ 1,1), SARS-CoV-2 NCP IgG, SARS-CoV-2 Roche S1-SARS-CoV-2 IgG Hauptergebnisse? bestätigt mit Architect bestätigt mit Elecsys anti-N pan-Ig (ratio ≥ 1,1) (Abbott) SARS-CoV-2 Anti-SARS-CoV-2 Roche NCP IgG (ratio ≥ 1,4) anti-N pan-Ig und Liaison (Diasorin) S1/S2 IgG (ratio ≥15) Wie wurde berücksichtigt, dass Rechnerische Bestätigung positiver Bestätigung durch k.A. Korrigiert für es bei den Antikörpertests auch Korrektur für Ergebnisse durch zwei zweiten Test Sens. 88,3 %; falsch-positive und falsch- Testgüte weitere AK-Tests Spez. 99,4 % negative Ergebnisse geben kann? Wie hoch war der Anteil der Adjustierte 0,9 % (0,6 – 1,2) 0,4 % April: 0,3 % (1/300) 1,4 % (1,3 – 1,5 %) Bevölkerung mit Antikörpern Seroprävalenz NRW: 0,9 % (0,5 – 1,4) Mai: 0,7 % (2/288) gegen SARS-CoV-2? % (95 % KI) He: 0,7 % (0,1 – 1,2) Juni: 0,3 % (1/326) Ni: 1,2 % (0,3 – 2,1) Tab. 2 | Ergebnisse seroepidemiologischer Studien zu SARS-CoV-2 bei Blutspenderinnen und Blutspendern in Deutschland (Stand 3.12.2020 ) – k. A.: keine Angabe; KI: Konfidenzintervall – Bei serologischen Studien mit Blutspendeseren werden Stichproben von anonymisierten Blutspendeseren getestet, daher hier keine Angabe zur Response. erechnet wurde eine Gesamt-Seroprävalenz in der B vom Verlauf der Pandemie (Verfügbarkeit von Tests, Allgemeinbevölkerung weltweit von 3,2 %, mit einer Teststrategie) und von lokalen Besonderheiten Spanne von 1 % in Südostasien, Ostasien sowie (lokale Ausbruchsbesonderheiten, Reihentestung, Ozeanien bis 18,8 % in Südasien. Der Untererfas- Demografie). Die bislang beobachtete Untererfas- sungsfaktor lag im Median bei 14,5 und nur bei sung in Hotspots und regionalen Studien im ersten einem Viertel der Studien unter 8. Die Untererfas- Halbjahr 2020 in Deutschland erscheint im inter- sung war zudem ausgeprägter in lokalen Studien nationalen Vergleich eher niedrig. Ergebnisse wei- verglichen mit regionalen und nationalen Studien. terer seroepidemiologischer Studien aus Deutsch- Der Untererfassungsfaktor ist kein biologischer land werden in Kürze erwartet. oder regional feststehender Faktor, er ist abhängig Literatur 3 Weis, S., et al. Antibody response using six different 1 Poethko-Müller, C., et al. Studien zur Seroprävalenz serological assays in a completely PCR-tested von SARS-CoV-2 in Deutschland und international. community after a COVID-19 outbreak – Journal of Health Monitoring, 2020. 5(S4): p. 2-16 The CoNAN study. Clin Microbiol Infect, 2020 2 Streeck, H., et al. Infection fatality rate of SARS- 4 Santos-Hovener, C., et al. Serology- and PCR-based CoV2 in a super-spreading event in Germany. Nat cumulative incidence of SARS-CoV-2 infection in Commun, 2020. 11(1): p. 5829 adults in a successfully contained early hotspot (CoMoLo study), Germany, May to June 2020. Euro Surveill, 2020. 25(47)
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 6 5 Corona-Monitoring lokal – Eckdaten für Bad Autorinnen und Autoren b) Feilnbach. https://www.rki.de/DE/Content/Ge- PD Dr. Hannelore Neuhauser | b) Dr. Roma Thamm | c) sundheitsmonitoring/Studien/cml-studie/Doku- Nina Buttmann-Schweiger | c) Julia Fiebig | d) mente/Factsheet_Bad%20Feilnbach.pdf?__blob=- Dr. Ruth Offergeld | b) Dr. Christina Poethko-Müller | e) publicationFile Dr. Franziska Prütz | f ) Dr. Claudia Santos-Hövener | b) Dr. Giselle Sarganas | e) Angelika Schaffrath Rosario | 6 Zweite Runde für Corona-Antikörper-Studie im a) Prof. Dr. Lothar Wieler | a) Prof. Dr. Lars Schaade Landkreis Tirschenreuth. https://www.onetz.de/ a) oberpfalz/tirschenreuth/zweite-runde-fuer-coro- Robert Koch-Institut na-antikoerper-studie-landkreis-tirschen- b) Robert Koch-Institut, Abt. 2 Epidemiologie und reuth-id3131281.html Gesundheitsmonitoring, FG 25 Körperliche Gesundheit 7 Erste Runde der Blutabnahmen erfolgreich abge- c) schlossen. https://www.kreis-tir.de/buergerservice/ Robert Koch-Institut, Abt. 2 Epidemiologie und aktuelles/news/news/detail/News/erste-run- Gesundheitsmonitoring, ZfKD Zentrum für Krebs de-der-blutabnahmen-erfolgreich-abgeschlossen/ registerdaten d) Robert Koch-Institut, Abt. 3 Infektionsepidemiologie, 8 Hölscher, M., et al. Prospektive COVID-19 Kohorte FG 34 HIV/AIDS und andere sexuell oder durch Blut München (KoCo19): Zusammenfassung der epide- übertragbare Infektionen miologischen Ergebnisse der Erstuntersuchung. e) http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Abtei- Robert Koch-Institut, Abt. 2 Epidemiologie und lung-fuer-Infektions-und-Tropenmedizin/down- Gesundheitsmonitoring, FG 24 Gesundheitsbericht- load/de/KoCo191/Zusammenfassung_KoCo19_ erstattung Epi_dt_041120.pdf f) Robert Koch-Institut, Abt. 2 Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, FG 28 Soziale Determinan- 9 Aziz, N.A., et al. Seroprevalence and correlates of ten der Gesundheit SARS-CoV-2 neutralizing antibodies: Results from a population-based study in Bonn, Germany. me- Korrespondenz: NeuhauserH@rki.de dRxiv, 2020: p. 2020.08.24.20181206 10 Serologische Untersuchungen von Blutspenden auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 (SeBluCo-Studie). Vorgeschlagene Zitierweise Neuhauser H, Thamm R, Buttmann-Schweiger N, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuarti- Fiebig J, Offergeld R, Poethko-Müller C, Prütz F, ges_Coronavirus/Projekte_RKI/SeBluCo_Zwischen- Santos-Hövener C, Sarganas G, Schaffrath Rosario A, bericht.html Wieler L, Schaade L: Ergebnisse seroepidemiolo 11 Fischer, B., C. Knabbe, and T. Vollmer. SARS-CoV-2 gischer Studien zu SARS-CoV-2 in Stichproben der IgG seroprevalence in blood donors located in Allgemeinbevölkerung und bei Blutspenderinnen und three different federal states, Germany, March to Blutspendern in Deutschland (Stand 3.12.2020) June 2020. Euro Surveill, 2020. 25(28) Epid Bull 2020;50:3 -6 | DOI 10.25646/7728 12 Runkel, S., et al. Prevalence of Severe Acute Respi- ratory Syndrome Coronavirus-2-specific Antibodies in German Blood Donors during the COVID-19 Interessenkonflikt Pandemic. Clin Lab, 2020. 66(10) Die Autorinnen und Autoren erklären, dass kein 13 Nur geringe Anzahl an Blutspendenden weist Anti- Interessenkonflikt besteht. körper gegen neuartiges Corona-Virus auf. https:// www.uke.de/allgemein/presse/pressemitteilungen/ detailseite_95424.html 14 Bobrovitz, N., et al. Global seroprevalence of SARS- CoV-2 antibodies: a systematic review and meta- analysis. medRxiv, 2020: p. 2020.11.17.20233460
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 7 Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten Reiseassoziierte Krankheiten 2019 Der Bericht basiert auf den Meldedaten nach Infek- Im Jahr 2019 wurden dem RKI insgesamt tionsschutzgesetz (IfSG), die dem Robert Koch- 993 Malaria-Erkrankungen gemeldet, die die Refe- Institut (RKI) mit Datenstand 1. März 2020 übermit- renzdefinition erfüllten (Labornachweis durch telt worden waren. Durch die Meldepflicht werden Mikroskopie oder Antigen-Test, Hauptwohnsitz des nur Erkrankungen erfasst, die in Deutschland Falls nicht im Ausland). Die Fallzahl ist damit ge- diagnostiziert werden. Entsprechend werden Infek- genüber 2018 (899 Fälle) um 10 % gestiegen. Seit tionen, die von Reisenden im Ausland erworben Einführung des IfSG im Jahr 2001 hatte sich die und dort noch vor der Rückkehr erfolgreich behan- Zahl der gemeldeten Fälle zunächst von Jahr zu delt werden, in der Regel nicht berücksichtigt. Dies Jahr verringert, war dann seit 2006 relativ konstant betrifft in erster Linie Erkrankungen mit kurzer bis zu einem sprunghaften Anstieg im Jahr 2014 Inkubationszeit. (s. Abb. 1). Im Jahresverlauf 2019 wurden wie im Vorjahr die wenigsten Fälle im März (41 Fälle) und Für Leishmaniosen besteht in Deutschland keine die meisten Fälle im August (145 Fälle) diagnosti- Meldepflicht. Die bisherige freiwillige Erfassung ziert. von in Deutschland diagnostizierten Leishmaniose- Fällen durch das Institut für Tropenmedizin der Erregerspezies Charité wurde 2019 nicht mehr fortgesetzt. Unter den 955 Fällen mit Angaben zur Erreger spezies (96% aller Fälle) wurde Plasmodium (P.) Im Jahr 2019 wurden keine Fälle von Läuserückfall- falciparum mit 814 Fällen (85%) am häufigsten fieber, Pest, Poliomyelitis oder Tollwut übermittelt. diagnostiziert. Mit 39 Fällen (4%) lag P. vivax wie im Vorjahr an zweiter Stelle, gefolgt von P. malariae (34 Fälle), P. ovale (32 Fälle) und Malaria tertiana Malaria (P. vivax oder P. ovale, ohne weitere Differenzie- rung des Erregers; 17 Fälle). Bei 19 Fällen wurde Meldezahlen eine Mischinfektion angegeben. Die Zahl der Für Malaria-Erkrankungen besteht nach § 7 (3) eine P.-falciparum-Infektionen ist im Vergleich zu 2018 nicht-namentliche Meldepflicht direkt an das RKI. (701 Fälle) gestiegen. Der Rückgang der gemelde- Anzahl gemeldeter Fälle 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Diagnosejahr Abb. 1 | Gemeldete Malaria-Fälle nach Diagnosejahr, Deutschland 2001 – 2019
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 8 ten P.-vivax-Infektionen (2017: 73 Fälle; 2018: Infektionsland Fälle 50 Fälle) hat sich fortgesetzt. Die Zahl der P.-ovale- Malaria tropica (P. falciparum) Infektionen lag nach einem Anstieg auf 45 Fälle im Nigeria 107 Jahr 2018 wieder auf dem Niveau von 2017 (33 Fälle). Kamerun 76 Ghana 64 Infektionsländer Togo 61 Das wahrscheinliche Infektionsland (inklusive Uganda 38 Angaben wie „Westafrika“ oder „Südamerika“) wur- Kenia 27 de im Jahr 2019 für 683 Malaria-Fälle (69 %) ange- geben. Der weitaus größte Teil (661 Fälle, 97 %) der Elfenbeinküste (Côte d‘Ivoire) 24 Erkrankten hatte sich – wie schon in den Vor Kongo, Demokratische Republik 21 jahren – in einem afrikanischen Land infiziert. Die Guinea 18 Zahl der in Asien erworbenen Infektionen war mit Sierra Leone 18 16 Fällen fast genauso hoch wie 2018 (15 Fälle); am Benin 16 häufigsten genannt wurden Indien mit 7 Fällen Äquatorialguinea 10 (2018: 1 Fall) und Afghanistan mit 3 Fällen (2018: Sambia 7 7 Fälle). Bei 2 Fällen wurde Ozeanien (2018: 4 Fälle) Tansania 7 und nur bei 1 Fall Südamerika (2018: 10 Fälle) als Malawi 6 Infektionsort angegeben. Mali 6 Mosambik 6 Für 623 Fälle sind Angaben zu Infektionsland und Burkina Faso 5 Erregerspezies verfügbar. In Tabelle 1 sind die am Sudan 5 häufigsten genannten Infektionsländer für Fälle von Angola 4 Malaria tropica (Erreger P. falciparum), Malaria ter- Andere (< 3 Fälle pro Land) 24 tiana (Erreger P. vivax oder P. ovale) und Malaria Summe 550 quartana (Erreger P. malariae) aufgeführt. Malaria tertiana (P. vivax oder P. ovale) Für P.-falciparum-Infektionen wurde nur bei 5 Fällen Kamerun 11 ein Infektionsland außerhalb Afrikas angegeben: Ghana 8 Deutschland (2 Fälle), Indonesien, Salomoninseln, Nigeria 8 Kasachstan. Bei den in Deutschland erworbenen Indien 6 Erkrankungen handelt es sich um 2 Männer, die auf Afghanistan 3 dem Flughafen Frankfurt/Main in der Nachtschicht Sierra Leone 3 im Bereich der Flugzeugwartung arbeiteten. Da bei- Eritrea 2 de nicht in ein Malaria-Endemiegebiet gereist waren, Uganda 2 ist von einer Flughafen-assoziierten Malaria auszu- Andere (1 Fall pro Land) 11 gehen (s. Wieters et al. in der Literaturliste). Indone- Summe 54 sien und die Salomoninseln sind bekannte Ende- miegebiete für P. falciparum. Der Übertragungsweg Malaria quartana (P. malariae) des Falls mit Angabe Kasachstan als Infektionsland ist unklar, möglicherweise handelt es sich ebenfalls Nigeria 5 um eine Flughafen-assoziierte Malaria. Kamerun 4 Liberia 2 Drei Fälle von Malaria quartana (P. malariae) traten Andere (1 Fall pro Land) 8 bei Reiserückkehrern aus Tunesien bzw. Ägypten Summe 19 auf, deren Rückflüge am selben Tag in Frankfurt/ Tab. 1 | Am häufigsten genannte Infektionsländer bei Main gelandet waren. Da beide Urlaubsländer als gemeldeten Malaria-Fällen mit Angaben zur Erregerspezies, malariafrei gelten, ist auch in diesen Fällen die Deutschland, 2019 (N = 623)
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 9 I nfektion möglicherweise auf dem Flughafen Frank- Unter den 323 Fällen (54 %) mit einem anderen Her- furt erfolgt. kunftsland als Deutschland wurde für 298 Fälle eine Auslandsreise angegeben. Reiseanlass war mit gro- Demografische Verteilung ßer Mehrheit der Besuch von Freunden und Ver- Bezogen auf die gesamte Bevölkerung betrug die wandten (85 %), gefolgt von Tourismus (5 %) und Inzidenz 1,2 Erkr./100.000 Einw. Die Inzidenz bei Geschäftsreisen (4 %) sowie anderen Gründen bzw. Jungen und Männern war mit 1,6 Erkr./100.000 fehlenden Angaben. Einw. doppelt so hoch wie bei Mädchen und Frauen mit 0,8 Erkr./100.000 Einw. Der Altersgipfel der Bei den 25 Fällen (2017: 49 Fälle) ohne Angabe einer Inzidenz lag beim männlichen Geschlecht bei den Auslandsreise dürfte es sich überwiegend um kürz- 40- bis 49-Jährigen, beim weiblichen Geschlecht bei lich in Deutschland eingetroffene Geflüchtete bzw. den 25- bis 29-Jährigen (s. Abb. 2). Die seit vielen Asylsuchende handeln, die sich in ihrem Herkunfts- Jahren zu beobachtende höhere Inzidenz bei Män- land oder auf der Fluchtroute infiziert haben. Aller- nern ist vermutlich auf ein unterschiedliches Reise- dings ist aus den Meldedaten teilweise nicht ersicht- oder Präventionsverhalten zurückzuführen, sowie lich, seit wann und mit welchem Status Personen auf den hohen Anteil von Männern unter den aus ausländischer Herkunft in Deutschland leben. Im Malaria-Endemiegebieten neu nach Deutschland Vergleich zu 2015, als schätzungsweise 298 Malaria Einreisenden. fälle bei Geflüchteten bzw. Asylsuchenden in Deutschland auftraten, lag die Zahl 2019 wie bereits Herkunftsländer und Reiseanlässe in den Vorjahren deutlich darunter. Das Herkunftsland der Erkrankten wurde bei 602 Fällen (61%) angegeben, davon bei 279 Fällen (46% Prophylaxe der Fälle mit Angabe) Deutschland. Von diesen hat- Angaben zur Einnahme einer medikamentösen ten sich 30% als Touristen, 38% um Freunde oder Malaria-Prophylaxe lagen für 570 Fälle vor. Für Verwandte zu besuchen und 14% im Rahmen von 87 Fälle (15 %) wurde die Einnahme einer Malaria- humanitärer Hilfe, Entwicklungsdienst, Freiwilligem Prophylaxe berichtet. Die häufigsten zur Prophylaxe Sozialem Jahr oder Missionsdienst in Endemielän- verwendeten Medikamente waren Atovaquon- dern aufgehalten. Es folgten Geschäftsreisen (11%) Proguanil (34 %), Doxycyclin (22 %) und Mefloquin oder sonstige beruflich oder zu Ausbildungszwecken (15 %). Chloroquin oder andere Medikamente wur- veranlasste Reisen einschl. Militäreinsätzen (6%). den nur in Einzelfällen verwendet oder es wurde Für 1% wurde der Reisegrund nicht übermittelt. kein Medikament angegeben. Eine regelmäßige Fälle/100.000 Einwohner 3,5 männlich weiblich 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 79 Altersgruppe Abb. 2 | Gemeldete Malaria-Fälle pro 100.000 Einwohner nach Alter und Geschlecht, Deutschland, 2019 (Angaben für 973 Fälle)
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 10 Einnahme wurde bei 28 Fällen (32 % der Fälle mit senden Personen aus Herkunftsländern erklärbar, medikamentöser Prophylaxe) angegeben. Im Ver- in denen P. vivax endemisch vorkommt. gleich zum Vorjahr ist der Anteil von Mefloquin an den von Malaria-Erkrankten zur Prophylaxe einge- Hinsichtlich der Infektionsländer fällt eine deutliche nommenen Medikamenten von 30 % auf 15 % ge- Zunahme der in Uganda (von 11 Fällen 2018 auf sunken. Vermutlich ist dies Ausdruck einer generell 38 Fälle 2019) und Kenia (von 15 auf 27 Fälle) selteneren Verwendung von Mefloquin zur Malaria- erworbenen P. falciparum-Infektionen auf. Mögliche Prophylaxe; wegen neuropsychiatrischer Nebenwir- Ursachen sind ein gestiegenes Infektionsrisiko in kungen soll Mefloquin nur noch in Ausnahmefällen Uganda und Kenia oder eine Zunahme von Reisen eingesetzt werden. dorthin. Todesfälle Die Zahl der außerhalb Afrikas erworbenen Infek Für 2 der im Jahr 2019 gemeldeten Malaria-Erkran- tionen hat weiter abgenommen, vermutlich infolge kungen wurde ein tödlicher Verlauf berichtet. Es besserer Malaria-Kontrolle in vielen Ländern. Auch handelt sich um eine Frau und einen Mann im denkbar ist ein sorgfältigerer Schutz vor Mücken Alter von 57 Jahren und 69 Jahren, die sich in Togo stichen, insbesondere bei Reisen in Länder mit bzw. der Demokratischen Republik Kongo mit erhöhtem Vorkommen anderer durch Mücken über- P. falciparum infiziert hatten. Es wurde nicht ange- tragener Krankheiten wie beispielsweise Dengue- geben, ob die beiden Personen eine medikamentöse Fieber. Prophylaxe eingenommen hatten. Datenqualität Shigellose Für 671 Fälle (68 %; Vorjahr: 73 %) lagen die Melde- Im Jahr 2019 wurden insgesamt 627 Shigellosen bögen sowohl vom Labor als auch vom Arzt vor, für übermittelt. Die Zahl der Shigellosen ist damit im 316 Fälle nur der Laborbogen, für 6 Fälle nur der Vergleich zum Vorjahr um 8 % gesunken. Die Inzi- Arztbogen. Angaben zum wahrscheinlichen Infek- denz betrug wie in den beiden Vorjahren 0,8 Erkran- tionsland, zu Herkunftsländern, Reiseanlässen und kungen pro 100.000 Einwohner. Seit Einführung zur durchgeführten Prophylaxe sind in der Regel der Meldepflicht zeigte sich ein deutlich rückläufiger nur im Arztbogen vorhanden. Trend der übermittelten Fallzahlen von 1.605 im Jahr 2001 auf den bisher niedrigsten Wert von 427 im Malaria in Europa Jahr 2016. Die WHO-Region Europa wurde 2016 als erste der weltweit 6 WHO-Regionen als frei von autoch Bei 514 Erkrankungen (82 %) lagen Angaben zum thoner Malaria erklärt. Ein Überblick über das wahrscheinlichen Infektionsland vor. Bei 531 Nen- Vorkommen von Malaria in Europa in den letzten nungen (Mehrfachnennungen möglich) wurde 319- Jahrzehnten findet sich im Kapitel Malaria im mal ein anderes Land als Deutschland angegeben Epidemiologischen Bulletin 39/2016. (60 %). Unter der Annahme, dass die Infektion in dem jeweils zuerst genannten Land erworben wur- Fazit de, ergibt sich die Zahl von 302 (48 %; Vorjahr: 306) Die Zahl der gemeldeten Malaria-Fälle ist 2019 ge- im Ausland erworbenen Shigellosen. Die am häu- genüber 2018 um 94 Fälle (10 %) gestiegen. Der figsten genannten nicht-deutschen Infektionsländer Zuwachs beruht auf einem überproportionalen waren Ägypten, Indien und Indonesien (s. Tab. 2). Anstieg von Malaria tropica-Fällen (P. falciparum) um 16 % bei gleichzeitigem Rückgang der Malaria Im Median waren die Fälle mit importierter Shigel- tertiana-Fälle (P. vivax und P. ovale). Der bereits seit lose 37 Jahre alt (Spanne: 1 – 79 Jahre, n = 302) und 2016 beobachtete Rückgang von P.-vivax-Infektio- es waren mehr weibliche (184/299, 62 %) als männ- nen ist durch eine im Vergleich zu 2014 und 2015 liche Personen betroffen. verminderte Anzahl von nach Deutschland einrei-
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 11 Für 84 übermittelte Erkrankungen (98 %) lagen Infektionsland Nennungen Anteil Ägypten 53 17 % Angaben zum Infektionsland vor, davon wurden Indien 23 7% 82 (98 %) wahrscheinlich im Ausland erworben. Indonesien 15 5% Insgesamt 78 % der Nennungen entfielen auf Infek- Marokko 13 4% tionsländer in Asien. Im Jahr 2019 wurde ein deut- Mexiko 13 4% licher Anstieg von Erkrankungen nach Aufenthalt Spanien 10 3% in Pakistan beobachtet und erstmals in Deutschland Tansania 9 3% Infektionen mit extensiv antibiotikaresistenten Kolumbien 8 3% (XDR) Salmonella Typhi bei Reiserückkehrern aus Kosovo 8 3% Pakistan registriert (s. Epid Bull 30/2019). Die 3 am Kuba 8 3% häufigsten genannten nicht-deutschen Infektions- Andere 159 50 % länder waren Pakistan, Indien und Mexiko Summe 319 100 % (s. Tab. 3). Tab. 2 | Shigellose in Deutschland 2019 – am häufigsten genannte nicht-deutsche Infektionsländer, IfSG-Meldedaten Angaben zum Geschlecht lagen für 81 (99 %) der im (Mehrfachnennungen möglich) Ausland erworbenen Erkrankungen vor; davon be- trafen 43 (53 %) männliche Personen. Das mediane Alter war 23,5 Jahre (Spanne 0 – 74) und 30 reise Bei 258/302 (85 %) der importierten Erkrankungen assoziierte Erkrankungen betrafen Kinder und Ju- wurden Angaben zur Spezies übermittelt. Bei 73 % gendliche. Für 67 (82 %) Erkrankte mit Reiseanam- handelte es sich um Infektionen mit S. sonnei, nese lagen Informationen zum Impfstatus vor. Von es folgten S. flexneri (21 %), S. boydii (3 %) und diesen waren 64 (96 %) nicht gegen Typhus geimpft. S. dysenteriae (3 %). Im Jahr 2019 wurden keine Todesfälle aufgrund von Shigellose übermittelt. Im Jahr 2019 wurden 6 Ausbrüche von Typhus abdominalis übermittelt. Zwei Ausbrüche betrafen jeweils 2 Kinder mit gemeinsamer Exposition in In- Typhus dien. Vier Ausbrüche betrafen jeweils 2 Personen, Im Jahr 2019 wurden 86 Typhus-Erkrankungen die sich zur gleichen Zeit in Pakistan aufgehalten übermittelt. Dies liegt deutlich über dem Median- hatten, darunter waren auch Infektionen mit XDR wert der jährlichen Erkrankungen der 5 Vorjahre Salmonella Typhi. Es wurden keine Todesfälle auf- (s. Abb. 3). Die Gesamtinzidenz betrug 0,1 Erkran- grund von Typhus abdominalis übermittelt. kungen (Erkr.)/100.000 Einwohner (Einw.). Anzahl übermittelter Erkrankungen 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Meldejahr Abb. 3 | Typhus in Deutschland 2001 – 2019, IfSG-Meldedaten
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 12 Infektionsland Nennungen Anteil wurden 25 (86 %) vermutlich im Ausland erworben. Pakistan 31 36 % Das am häufigsten genannte nicht-deutsche Infek Indien 24 28 % tionsland war Indien (n = 13). Indonesien, Kambod- Mexiko 6 7% scha, Myanmar, Pakistan und Peru wurden zweimal Irak 3 3% und Senegal, Singapur und Thailand jeweils einmal Myanmar 3 3% genannt. Ob es sich bei den 4 Erkrankungen mit Kambodscha 2 2% wahrscheinlichem Infektionsland Deutschland um Singapur 2 2% sekundäre Infektionen in Folge importierter Erkran- Andere 15 17 % kungsfälle handelt, bleibt unklar. Summe 86 100 % Tab. 3 | Typhus in Deutschland – am häufigsten genannte Von den 25 reiseassoziierten Erkrankungen betra- nicht-deutsche Infektionsländer, IfSG-Meldedaten (Angaben fen 14 (56 %) Männer. Das mediane Alter war 37 Jah- für 82 Erkrankungen, Mehrfachnennungen möglich) re (Spanne: 1 – 74 Jahre). Es wurden keine Todesfälle aufgrund einer Paratyphus-Erkrankung übermittelt. Impfempfehlung für Reisende: Bei Reisen in Ein Serotyp wurde bei 23 der reiseassoziierten Typhus-Endemiegebiete mit Aufenthalt unter Erkrankungen angegeben. Am häufigsten war S. Pa- schlechten hygienischen Bedingungen wird von der ratyphi A (n = 20), gefolgt von S. Paratyphi B (n = 2) Ständigen Impfkommission (STIKO) eine Typhus- und S. Paratyphi C (n = 1). Bei 2 Erkrankungen wur- Impfung empfohlen. de nur S. Paratyphi ohne weitere Differenzierung an- gegeben. Infektionsorte für Serotyp A lagen überwie- gend in Asien (Indien (n = 12), Asien außer Indien Paratyphus (n = 7), Senegal (n = 1)). Serotyp B wurde aus der Tür- Im Jahr 2019 wurden 36 Paratyphus-Erkrankungen kei (n = 1) und Afrika (n = 1) und Serotyp C aus Indo- übermittelt. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein An- nesien (n = 1) importiert. stieg um 20 % (s. Abb. 4), die Anzahl entspricht aber dem Median der letzten 5 Jahre. Die Inzidenz lag wie in den Vorjahren unter 0,1 Erkr./100.000 Einw. Brucellose Im Jahr 2019 wurden wie im Vorjahr 37 Brucellose- Die Mehrzahl der Erkrankungen war reiseassoziiert. Erkrankungen übermittelt (s. Abb. 5). Für 30 (81 %) Für 29 übermittelte Erkrankungen lagen Angaben Erkrankungen wurde mindestens ein wahrschein zum wahrscheinlichen Infektionsland vor; davon Anzahl übermittelter Erkrankungen 120 100 80 60 40 20 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Meldejahr Abb. 4 | Paratyphus in Deutschland 2001 – 2019, IfSG-Meldedaten
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 13 Anzahl übermittelter Erkrankungen 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Meldejahr Abb. 5 | Brucellose in Deutschland 2001 – 2019, IfSG-Meldedaten liches Infektionsland angegeben (31 Nennungen); Erkrankungen wurde mindestens eine mögliche für 25 Erkrankungen (83 %) lag dieses im Ausland. Infektionsquelle übermittelt. Am häufigsten wurde der Verzehr von Rohmilchkäse genannt (n = 9), Die am häufigsten genannten nicht-deutschen mög- gefolgt vom Verzehr von Rohmilch (n = 8) und Kon- lichen Infektionsländer waren die Türkei (n = 6), takt zu Nutztieren (n = 5). Irak (n = 5), Spanien (n = 3), Ägypten (n = 2), Bos nien und Herzegowina (n = 2) und die USA (n = 2). Bei allen 14 reiseassoziierten Erkrankungen, für die Syrien, Iran, Italien, Libanon und Saudi-Arabien eine Erregerdifferenzierung übermittelt wurde, wurden jeweils einmal genannt. wurde B. melitensis als Erreger angegeben. Im Jahr 2019 wurden keine Ausbrüche und keine Todesfälle Von den reiseassoziierten Erkrankungen betrafen 14 aufgrund von Brucellose übermittelt. (56 %) Frauen. Das mediane Alter war 46 Jahre (Spanne: 4 – 71 Jahre). Für 13 (52 %) reiseassoziierte Giardiasis Im Jahr 2019 wurden 3.296 Giardiasis-Erkran kungen übermittelt. Bei 2.303 Erkrankungen (70 %) Infektionsland Nennungen Anteil lagen Angaben zum wahrscheinlichen Infektions- Indien 222 18 % land vor (Mehrfachnennungen möglich); bei 1.178 Spanien 62 5% Kolumbien 51 4% (51 %) wurde mindestens ein ausländisches Infek Ägypten 38 3% tionsland genannt. Das mit Abstand am häufigsten Italien 35 3% genannte ausländische Infektionsland war Indien Türkei 35 3% (222 Nennungen, 18 %), gefolgt von Spanien, Ko- Mexiko 33 3% lumbien, Ägypten, Italien und der Türkei (s. Tab. 4). Marokko 32 3% Thailand 31 3% Von den reiseassoziierten Giardiasis-Erkrankungen Andere 688 56 % waren zu 52% Männer betroffen. Der Altersmedian Summe 1.227 100 % lag bei 37 Jahren (Interquartilsabstand [IQR]: 26 – 53 Tab. 4 | Giardiasis in Deutschland 2019 – am häufigsten Jahre); 88% der übermittelten Fälle waren 20 Jahre genannte nicht-deutsche Infektionsländer, IfSG-Meldedaten oder älter. Im Jahr 2019 wurden keine Todesfälle (Angaben für 1.178 Erkrankungen, Mehrfachnennungen infolge einer importierten Giardiasis übermittelt. möglich) Die importierten Giardiasis-Erkrankungen zeigten
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 14 einen saisonalen Verlauf mit einem deutlichen Infektionsland Anzahl Anteil Erkrankungsgipfel im Januar und zwei kleineren Marokko 21 10 % Erkrankungsgipfeln im April und Oktober. Türkei 17 8% Pakistan 15 7% Ägypten 13 6% Hepatitis A Indien 12 6% Im Jahr 2019 wurden 873 Hepatitis-A-Erkrankungen Spanien 10 5% übermittelt, 171 (16 %) weniger als im Vorjahr Rumänien 9 4% (s. Abb. 6). Angaben zum wahrscheinlichen Infek Italien 9 4% tionsland wurden für 584 Erkrankungen (67 %) Afghanistan 6 3% übermittelt. Davon wurden 201 Erkrankungen Mexiko 5 2% (34 %) wahrscheinlich im Ausland erworben, 97 Andere 95 45 % Summe 212 100 % (33 %) weniger als im Vorjahr. Die 3 am häufigsten genannten nicht-deutschen Infektionsländer waren Tab. 5 | Hepatitis A in Deutschland 2019 – am häufigsten Marokko, die Türkei und Pakistan (s. Tab. 5). genannte nicht-deutsche Infektionsländer, IfSG-Meldedaten (Angaben für 201 Erkrankungen, Mehrfachnennungen möglich) Von den 201 reiseassoziierten Hepatitis-A-Erkran- kungen betrafen 107 (53 %) Männer. Das mediane Alter war 28 Jahre (Spanne: 1 – 80 Jahre) und 53 Er- der zweiten Dosis eines monovalenten Hepatitis-A- krankungen betrafen Kinder im Alter bis 18 Jahre. Impfstoffes. Die vorliegenden Informationen spre- Angaben zum Impfstatus waren für 176 (88 %) chen hier für einen möglichen Impfdurchbruch. reiseassoziierte Erkrankungen verfügbar. Von die- sen waren 166 (94 %) nicht gegen Hepatitis A Von den reiseassoziierten Hepatitis-A-Erkran geimpft. Bei 10 Personen wurde eine Hepatitis-A- kungen wurden 32 insgesamt 17 Ausbrüchen zuge- Erkrankung trotz Impfung angegeben, für 5 (50 %) ordnet. Im Jahr 2019 wurden keine Todesfälle infol- dieser Erkrankten lagen für eine Bewertung des ge einer Hepatitis-A-Erkrankung übermittelt. Impfstatus ausreichende Angaben zu Impf- und Er- krankungszeitpunkten sowie Art und Anzahl der Impfempfehlung für Reisende: Bei Reisen in Impfstoffdosen vor. Demnach waren 4 Erkrankte Regionen mit hoher Hepatitis-A-Inzidenz wird von unvollständig oder nicht zeitgerecht geimpft. Eine der Ständigen Impfkommission STIKO eine Hepa Person im Alter > 65 Jahre erkrankte 4 Jahre nach titis-A-Impfung empfohlen. Anzahl übermittelter Erkrankungen 2.500 Expositionsort im Ausland übermittelt kein Expositionsort im Ausland übermittelt 2.000 1.500 1.000 500 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Meldejahr Abb. 6 | Hepatitis A in Deutschland 2001 – 2019, IfSG-Meldedaten
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 15 Virale Hämorrhagische Fieber Infektionsland Nennungen Anteil Zu den viral-hämorrhagischen Fiebern (VHF) zäh- Thailand 45 49 % len zum Beipiel Ebolafieber, Lassafieber, Gelbfieber, Myanmar 15 16 % Rifttalfieber und Krim-Kongo-Fieber. Im Jahr 2019 Malediven 6 7% wurden dem RKI keine Fälle von VHF übermittelt. Indien 5 5% Brasilien 3 3% Allerdings wurden im November/Dezember 2019 Sri Lanka 3 3% in Bayern 4 Flugcrew-Mitglieder als Kontaktperso- Frankreich 2 2% nen beobachtet, die einen (noch undiagnostizierten) Andere 12 13 % Lassafieber-Patienten von Sierra Leone zur medizi- Summe 91 100 % nischen Behandlung in die Niederlande ausgeflo- Tab. 6 | Chikungunya in Deutschland 2019 – genannte gen hatten. In Baden-Württemberg wurde eine Kon- Infektionsländer, IfSG-Meldedaten (Angaben für 85 Erkrankungen, Mehrfachnennungen möglich) taktperson zu dem gleichen lokalen Lassafieber-Aus- bruch in Sierra Leone beobachtet, bei dem sich auch der niederländische Patient infiziert hatte. Keine der deutschen Kontaktpersonen erkrankte. Der nieder- ner. Alle Erkrankungen traten in der Altersgruppe ländische Patient verstarb. der 25- bis 69-Jährigen auf. Todesfälle traten nicht auf. Als Fälle von VHF sind in Deutschland zuletzt im Jahr 2018 drei Gelbfiebervirus-Infektionen be- Für 85 Erkrankungen lagen 91 Nennungen zu wahr- kannt geworden. Betroffen waren ungeimpfte Rei- scheinlichen Infektionsländern vor (s. Tab. 6). Alle sende mit Infektionsorten in Brasilien, siehe Be- Infektionsländer lagen außerhalb Europas bzw. in richt Reiseassoziierte Krankheiten 2018 (Epid Bull französischen Überseegebieten. Die meisten 48/2019). Chikungunyavirus-Infektionen wurden in Thailand (45) erworben. Infektionsorte in Süd- und Mittel- amerika, die 2014/2015 von dem Neuauftreten von Chikungunya-Fieber Chikungunyavirus stark betroffen waren, verzeich- Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 88 (Vorjahr: neten auch 2019 einen weiter sinkenden Anteil an 26) importierte Chikungunyavirus-Erkrankungen den in Deutschland übermittelten Infektionen übermittelt, die die Referenzdefinition erfüllten (2017: 25 %, 2018: 10 %, 2019: 5 %). (s. Abb. 7). Es erkrankten 38 Frauen und 50 Män- Anzahl übermittelter Erkrankungen 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Meldejahr Abb. 7 | Chikungunya in Deutschland 2006 – 2019, IfSG-Meldedaten
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 16 Die Anzahl der Chikungunyavirus-Infektionen, die Infektionsland Nennungen Anteil jährlich durch Reisende nach Deutschland impor- Thailand 379 31 % tiert werden, ist von der epidemiologischen Situa Indonesien 101 8% tion in den Infektionsländern, die starken Schwan- Indien 79 6% kungen unterliegt, sowie von Veränderungen in den Kuba 78 6% Reiseströmen abhängig. Gegenüber den Vorjahren Mexiko 65 5% war die Fallzahl 2019 deutlich erhöht, da das belieb- Vietnam 50 4% te Reiseland Thailand von einem starken Ausbruch Sri Lanka 46 4% betroffen war. In Deutschland sind regional und Malediven 43 3% saisonal zur Übertragung geeignete Vektoren (Aedes Kambodscha 38 3% albopictus) aktiv. Autochthone Übertragungen von Philippinen 34 3% Chikungunyavirus in Deutschland wurden jedoch Andere 329 26 % Summe 1.242 100 % nicht übermittelt. Tab. 7 | Denguefieber in Deutschland, 2019 – die 10 am häufigsten genannten Infektionsländer, IfSG-Meldedaten (Angaben für 1.172 Erkrankungen, Mehrfachnennungen Dengue-Fieber möglich) Im Jahr 2019 wurden dem RKI 1.176 Denguefieber- Erkrankungen übermittelt, 23 % mehr als im Jahr 2016, in dem mit 956 die bislang höchste jährliche von Dengue-Schock-Syndrom oder Todesfälle an Fallzahl verzeichnet wurde (s. Abb. 8). Die Inzidenz Denguefieber wurden auch 2019 nicht übermittelt. betrug 2019 1,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwoh- ner – nahezu doppelt so hoch wie im Vorjahr 2018. Zu 1.172 Erkrankungen lagen 1.242 Nennungen Die höchsten Inzidenzen wurden in der Altersgrup- wahrscheinlicher Infektionsländer vor. In Tab. 7 pe der 20- bis 39-Jährigen beobachtet. Insgesamt sind die 10 meistgenannten Infektionsländer aufge- waren beide Geschlechter ähnlich stark betroffen. führt. Wie schon in den Vorjahren wurde Thailand am häufigsten angegeben (31% der Nennungen, Im Jahr 2019 wurden drei Fälle übermittelt, die die Vorjahr: 38%). Kriterien für einen hämorrhagischen Verlauf erfüll- ten: Alle drei Patienten hatten sich in Thailand infi- Im Vergleich zum Vorjahr wurden anteilig etwas ziert, für zwei von ihnen liegt die Information vor, mehr Infektionen in Süd- und Mittelamerika erwor- dass sie stationär behandelt werden mussten. Fälle ben (21%; Vorjahr: 12%), und etwas weniger in A sien Anzahl übermittelter Erkrankungen 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Meldejahr Abb. 8 | Denguefieber in Deutschland 2001 – 2019, IfSG-Meldedaten
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 17 (70%; Vorjahr: 77%). Auf afrikanische Länder entfie- ten, dass es sich hierbei um ein häufig besuchtes len 6% (Vorjahr: 8%), Australien/Ozeanien blieb bei Fernreiseziel handelt. In Deutschland kommen 1%. Für 21 Erkrankungen wurden e uropäische Staa- regional zumindest theoretisch zur Übertragung ten als Infektionsländer übermittelt (2%; Vorjahr: geeignete Vektoren (vor allem Aedes albopictus) vor, 13 Erkrankungen, 2%): 5-mal wurde neben einem die hiesigen klimatischen Bedingungen sind jedoch Aufenthalt in Dengue-Endemieregionen zusätzlich für Übertragungen wenig geeignet. ein Aufenthalt in Deutschland angegeben; 14 Er- krankte hatten Reiseanamnesen in französischen Überseegebieten oder Départements (11-mal Franz. Zikavirus-Erkrankung Polynesien, 3-mal La Réunion). Eine Patientin hatte Seit 2016 besteht eine Meldepflicht für labordiag- sich vor Erkrankungsbeginn Ende August in der Pro- nostizierte akute Infektionen gemäß der IfSG- vence (u. a. in Nizza und Cannes) aufgehalten. Zeit- Meldepflichtanpassungsverordnung. Die elektroni- lich und räumlich nahe wurde in Vallauris bei Can- sche Übermittlung der Fälle an das RKI war zu- nes ein kleines Cluster von autochthonen Dengue- nächst nur in einer Auffangkategorie möglich, in fieber-Fällen bekannt. Leider wurde der Fall erst spät der kaum strukturierte Daten zu Symptomen und gemeldet und es konnten keine weiteren Details zum Labornachweis eingegeben werden konnten. zum Aufenthalt in Frankreich erfragt werden; Erst seit 2018 können alle Gesundheitsämter Fälle als Labornachweis lagen Antigen- und Antikörper in der neuen Zikavirus-Kategorie übermitteln. nachweise vor. Ein gemeldeter Fall ging auf eine Nadelstichverletzung in Deutschland zurück Im Jahr 2019 wurden 11 Zikavirus-Erkrankungen (Details zur Übertragung nicht bekannt). übermittelt, die die Referenzdefinition erfüllten. Dies ist ein Rückgang im Vergleich zu den Jahren Insgesamt verteilt sich der starke Anstieg der Fall- 2018 (18 Fälle) und 2017 (69 Fälle). Aufgrund des zahlen auf viele Länder, vor allem in Asien und den häufig asymptomatischen oder oligosymptoma Amerikas. Die Anzahl der nach Malediven-Reisen tischen Verlaufs von Zikavirus-Infektionen ist auch gemeldeten Infektionen war ein zweites Jahr in Fol- nach Einführung der Meldepflicht von einer starken ge deutlich erhöht (2015 bis 2017 jeweils 17 Erkrank- Untererfassung aller Zikavirus-Infektionen unter te; 2018: 32; 2019: 43). Im Vergleich zum Vorjahr Reiserückkehrern auszugehen. stiegen in Asien die Fallzahlen aus Indonesien, den Philippinen und Nepal, in den Amerikas aus Jamai- Von den 11 Erkrankten waren 6 weiblich und 5 männ- ka, Brasilien, der Dominikanischen Republik und lich. Die Altersspanne betrug 15 bis 69 Jahre. Es Mexiko. traten 7 (64%) Erkrankungen in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen auf. Informationen über Nach Aufenthalten an der ägyptischen Küste des eventuelle Zikavirus-bedingte Fehlbildungen bei Roten Meeres wurden im Berichtsjahr 5 Fälle mit Kindern liegen dem RKI nicht vor. Todesfälle auf- Erkrankungsbeginn im April, Mai und Oktober grund einer Zikavirus-Erkrankung wurden 2019 2019 übermittelt. Im Jahr 2017 hatte es in Ägypten – nicht übermittelt. kein klassisches Dengue-Endemieland – einen grö- ßeren Ausbruch gegeben, in dessen R ahmen sich Das wahrscheinliche Infektionsland wurde für auch 7 Reisende aus Deutschland infiziert hatten; 9 Fälle übermittelt. Bei 4 Fällen wurden Länder in 2018 wurden 4 derartige Fälle gemeldet. Asien (3-mal Thailand und die Malediven), bei 3 Fäl- len Länder in Afrika (Kamerun, Kap Verde, Kenia) Die Anzahl der Denguevirus-Infektionen, die jähr- und bei 1 Fall Ozeanien (ohne Nennung eines Landes) lich durch Reisende nach Deutschland importiert genannt. Der in Deutschland erworbene Fall wurde werden, ist abhängig von der starken Schwankun- im Rahmen eines Unfalls in einem Forschungslabor gen unterliegenden epidemiologischen Situation in über eine Schnittverletzung übertragen. den Infektionsländern sowie von Veränderungen in den Reiseströmen. In Bezug auf die jährlich hohen Im Jahr 2019 wurden nochmalig weniger Fälle von Fallzahlen nach Thailand-Aufenthalt ist zu beach- Zikavirus-Erkrankungen übermittelt als in den Vor-
Epidemiologisches Bulletin 50 | 2020 10. Dezember 2020 18 jahren. Dies ist vermutlich mit dem Rückgang der Ländern rund um das Mittelmeer vorkommt. Mög- Zikavirus-Zirkulation in den Amerikas, aber auch licherweise treffen in Italien, insbesondere der Tos- mit einer zurückgegangenen Aufmerksamkeit für kana, hohe Reisendenzahlen und eine besonders die Infektion zu erklären. Die Anzahl der nach hohe Inzidenz aufeinander, vielleicht existiert aber Deutschland importierten Zikavirus-Infektionen auch ein differenzialdiagnostischer Bias für eine hängt stark von der Schwankungen unterworfenen Toskanavirus-Diagnostik bei Toskana- bzw. Italien- epidemiologischen Situation in den Reiseländern rückkehrern. sowie der Veränderung von Reiseströmen ab. Cholera Andere Arbovirosen Im Jahr 2019 wurde eine Cholera-Erkrankung über- Seit 2016 sind alle Infektionen mit Arboviren mittelt. Die Betroffene war 57 Jahre alt, ihr Impf gemäß IfSG, unabhängig vom klinischen Bild, status ist nicht bekannt. Die Infektion wurde durch explizit meldepflichtig. Bestimmte arbovirale Infek- Vibrio cholerae der Serogruppe O1 verursacht. Als tionen werden in eigenen Kategorien übermittelt wahrscheinliches Infektionsland wurde Indien an- und ausgewertet (in diesem Bericht Dengue-, gegeben. Seit 2001 wurde dem RKI im Median 1 Fall Chikungunya- und Zikafieber). Arbovirale virale (Spanne 0 bis 6 Fälle) pro Jahr übermittelt. Aus hämorrhagische Fieber (VHF) würden als VHF gehend von reiseassoziierten Erkrankungen sind berichtet werden (z. B. Krim-Kongo-Fieber). dem RKI seit 2001 keine Übertragungen innerhalb Deutschlands bekannt geworden. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 19 Infektionen mit sonstigen Arboviren übermittelt, die die Refe- renzdefinition erfüllen, darunter keine Todesfälle. Fleckfieber Unter den Fällen sind 4 Erkrankungen an Ross- Aus Baden-Württemberg wurde der Fall einer im River-Arthritis nach Australienaufenthalt (2017: August 2019 an Fleckfieber erkrankten 24-jährigen 3 Fälle, 2018: 1 Fall) und 3 Toskanavirus-Erkrankung Frau mit Expositionsland Indonesien übermittelt. nach Italienaufenthalt (2017 und 2018: jeweils Die Laborbestätigung erfolgte mittels Nachweis von 1 Fall): Dazu kommen 5 autochthone und 7 reise IgM-Antikörpern gegen den Erreger Rickettsia assoziierte Erkrankungen an West-Nil-Fieber. Ange- prowazekii. In den Jahren 2003, 2016 und 2017 wur- gebene Infektionsländer waren 2-mal Griechenland de dem RKI jeweils eine serologisch-diagnostizierte und jeweils einmal die Türkei, Bulgarien, Serbien Fleckfieber-Erkrankung übermittelt, zuvor 2 Erkran- und die USA; bei einem Fall handelte es sich um ei- kungen im Jahr 2001. Alle bisher bekannt geworde- nen Asylsuchenden, der von Afrika über Malta nach nen Infektionen wurden nicht in Deutschland Deutschland eingereist war (Infektionsort schlecht erworben. eingrenzbar). Seit 2018 verzeichnet Deutschland auch autochthone Übertragungen des West-Nil- Virus (2018: 1 Fall, 2019: 5 Fälle – Details sind hier Lepra beschrieben: Epid Bull 25/20). Im Jahr 2019 wurde eine Erkrankung an Lepra gemäß Referenzdefinition übermittelt. Die Erkran- Alle 8 seit 2016 gemeldeten Ross-River-Infektionen kung betraf einen Mann im Alter von 26 Jahren. wurden während Australienaufenthalten erworben. Das Infektionsland war Indien, als klinische Form Dies passt zum begrenzten geografischen Endemie wurde Borderline-Lepra angegeben. Seit 2001 wur- gebiet dieser Infektion. Der Erkrankungsbeginn lag den dem RKI im Median 2 Fälle (Spanne 0 bis jeweils zwischen Dezember und Anfang April. 5 Fälle) pro Jahr übermittelt. Erstaunlich dagegen ist, dass bislang auch alle 5 ge- meldeten Toskanavirus-Infektionen nach Italien aufenthalt diagnostiziert wurden (davon 4 mit der genaueren Spezifizierung des Infektionsortes auf die Toskana), während das Virus auch in anderen
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