KFW-GRÜNDUNGSMONITOR 2013 - KFW RESEARCH - GRÜNDUNGSGESCHEHEN AUF DEM TIEFPUNKT - KEIN ANSTIEG IN SICHT
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KfW Research °KfW-Gründungsmonitor 2013 Gründungsgeschehen auf dem Tiefpunkt – kein Anstieg in Sicht
Impressum Herausgeber KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft Palmengartenstraße 5-9 60325 Frankfurt am Main Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944 www.kfw.de Autoren Dr. Georg Metzger, KfW Bankengruppe Dr. Katrin Ullrich, KfW Bankengruppe ISSN 1864 0788 Frankfurt am Main, Mai 2013
KFW ECONOMIC RESEARCH KfW-Gründungsmonitor 2013 Gründungsgeschehen auf dem Tiefpunkt – kein Anstieg in Sicht Autoren: Dr. Georg Metzger, Telefon 069 7431-9717, Dr. Katrin Ullrich, Telefon 069 7431-9791, research@KfW.de Rückgang der Gründungsaktivität setzt sich fort: Im Jahr 2012 haben sich erneut weniger Menschen in Deutschland selbstständig gemacht (-7 % ggü. 2011). Mit 775.000 Gründern wurde der niedrigste Stand seit dem Start der Befragung im Jahr 2000 erreicht. Die schwache Konjunktur, die gute Arbeitsmarktlage und die letzten Änderungen in der Existenz- gründungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) sind die Hauptgründe dafür. Im laufenden Jahr dürfte ei- ne spürbare Belebung der Gründungsaktivität ausbleiben. Durch den Rückgang der Gründerzahl reduziert sich der direkte Bruttobeschäftigungseffekt durch Neugründun- gen: Von Neugründern wurden insgesamt 383.000 vollzeitäquivalente Stellen geschaffen (-14 % ggü. 2011). Davon 212.000 Stellen für die Gründer im Vollerwerb selbst und 171.000 für angestellte Mitarbeiter. Es gibt deutlich mehr Chancengründer: Gründer des Jahres 2012 haben mit ihrem Gründungsprojekt also häufiger ei- ne explizite Geschäftsidee umgesetzt als Gründer des Vorjahres (2012: 47 %; 2011: 35 %). Mehr Gründer in den Freien Berufen: Im Jahr 2012 ist der Anteil von Gründern in den Freien Berufen auf 39 % gestie- gen (2011: 36 %). Seit dem Jahr 2005 hat der Anteil fast kontinuierlich zugenommen. Die Zahl der Gründer in den Freien Berufen hat sich somit gegen den Trend entwickelt (2005: 187.000; 2012: 303.000). Folgende Gründungshemmnisse sind weiter verbreitet als noch vor fünf Jahren: Bürokratische Hürden und Verzö- gerungen, die Belastung für die Familie, das finanzielle Risiko, Finanzierungsschwierigkeiten sowie der Verzicht auf Vor- teile aus abhängiger Beschäftigung (wie Sicherheitsaspekte oder begrenzte Arbeitszeiten). Zügige Umsetzung von Gründungsplänen: Drei Viertel der Vollerwerbsgründer brauchen meist deutlich weniger als ein Jahr von der ersten Idee bis zur Umsetzung der Gründung. Im Durchschnitt sind es sieben Monate, die Gründer von der Idee bis zum Start der Selbstständigkeit benötigen. Die Hälfte der Gründer braucht weniger als drei Mo- nate. Gründer arbeiten durchschnittlich mehr als Arbeitnehmer: Vollerwerbsgründer haben im Durchschnitt eine 48-Stunden-Woche, Nebenerwerbsgründer arbeiten durchschnittlich 13 Stunden pro Woche im Rahmen ihrer Selbst- ständigkeit. Die meisten Nebenerwerbsgründer haben noch eine Vollzeitbeschäftigung. Bei ihnen addiert sich die Ar- beitszeit für die Selbstständigkeit und diejenige in abhängiger Beschäftigung daher zu einer mit Vollerwerbsgründern vergleichbaren Arbeitszeit. Gemessen an der Veränderung des Haushaltseinkommens zahlt sich die Selbstständigkeit meist aus. Der rech- nerische Stundenlohn von Gründern liegt aufgrund der hohen Arbeitszeit aber häufig auf Niedriglohnniveau. Gründer fallen mit ihrem Haushaltseinkommen häufiger in höhere Einkommenskategorien als Arbeitnehmer. Ein großer Teil der Gründer (42 %) erzielt mit dem Schritt in die Selbstständigkeit ein höheres Haushaltsnettoeinkommen als davor. Weniger Gründer aus der Arbeitslosigkeit: Infolge der restriktiveren Ausgestaltung der Förderung durch die BA kamen erwartungsgemäß weniger Gründer aus der Arbeitslosigkeit (-32 % ggü. 2011). Viele Menschen wagen aber auch ohne BA-Förderung den Schritt aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit. Der Anteil der Nebenerwerbsgründer ist dabei auf 41 % gestiegen (+10 % ggü. 2011). ISSN 2194-9433
KFW ECONOMIC RESEARCH An Gründer werden hohe volkswirt- Grafik 1: Gründerquoten in Deutschland 2000–2012 schaftliche Erwartungen gestellt. Sie sol- (Anteil der Gründer an der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren) len Arbeitsplätze schaffen, das Innovati- 3,5 % onsgeschehen beleben und Bestandsun- ternehmen im Wettbewerb herausfor- 2,92 2,84 3,0 % 2,76 dern. Eine Voraussetzung dafür ist, dass 2,59 sich hinreichend viele Personen für den 2,43 2,47 2,5 % Schritt in die Selbstständigkeit entschei- 2,10 den. Seit dem Gründungsboom Anfang 2,0 % 1,83 1,76 der 2000er-Jahre ist das Gründungsge- 1,60 1,66 1,69 1,62 1,49 1,54 1,50 schehen in Deutschland allerdings rück- 1,5 % 1,31 1,34 1,30 1,24 läufig und hat im Jahr 2012 seinen bis- 1,05 1,05 herigen Tiefstpunkt erreicht. Entspre- 1,0 % 1,26 1,24 1,24 1,17 0,90 0,92 0,88 0,89 1,12 1,16 chend gering war auch der Beschäfti- 0,86 gungsbeitrag durch Gründer im Jahr 0,5 % 0,78 0,78 0,74 0,61 0,64 0,61 2012. 0,0 % Erneuter Rückgang der Gründungs- 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 tätigkeit Alle Gründer Vollerwerb Nebenerwerb Im Jahr 2012 haben sich 775.000 Per- Anmerkung: Für die Jahre 2000 und 2001 beruhen die Gründerquoten auf Fragestellungen, die sowohl voneinan- sonen selbstständig gemacht. Dies ent- der als auch von den Gründerfragen in den nachfolgenden Jahren abweichen. Die Quoten dieser Jahre sind des- halb nur eingeschränkt miteinander und mit den Gründerquoten der nachfolgenden Jahre vergleichbar. spricht einer Gründerquote von 1,5 % Quelle: KfW-Gründungsmonitor. (siehe Grafik 1). Es waren damit 60.000 Gründer weniger als im Jahr 2011 (siehe Box 1: Entwicklung der Gründerzahlen Box 1). Der Rückgang ist auf eine gerin- gere Gründungstätigkeit im Vollerwerb 2010 2011 2012 zurückzuführen, während die Zahl der Alle Gründer 941.000 835.000 775.000 Nebenerwerbsgründer mit 460.000 Per- Vollerwerbsgründer 401.000 381.000 315.000 sonen nahezu konstant blieb.i Nebenerwerbsgründer 540.000 454.000 460.000 Chancengründer 356.000 292.000 361.000 Die wichtigsten Einflussfaktoren: Gründer in Freien Berufen 270.000 300.000 303.000 Quelle: KfW-Gründungsmonitor. (1) Im Jahr 2012 hat sich der Arbeits- markt positiv entwickelt. Die Erwerbslo- ging vom Arbeitsmarkt ein negativer Im- Höherer Anteil Chancengründer senquote ging im Jahresvergleich um puls auf die Gründungstätigkeit aus. Für die Gründer des Jahres 2012 spielt 0,4 Prozentpunkte auf 5,3 % zurück.1 (2) Im Jahresdurchschnitt wuchs das ka- das Chancenmotiv – also die explizite Diese Entwicklung – sowie die leichte lenderbereinigte reale Bruttoinlandspro- Umsetzung einer Geschäftsidee als Zunahme gemeldeter Arbeitsstellen2 – dukt um 0,9 %.3 Die ohnehin schwache Grund für den Eintritt in die Selbststän- signalisiert, dass die Aussichten, in ab- konjunkturelle Dynamik ließ im Jahres- digkeit – eine deutlich stärkere Rolle als hängiger Beschäftigung Arbeit zu finden, verlauf weiter nach und fiel im vierten noch im Jahr zuvor (2012: 47 % der nach wie vor gut sind. Entsprechend Quartal sogar negativ aus. Die Sogwir- Gründer, 2011: 35 %). Da der Anteil der kung der konjunkturellen Entwicklung auf Chancengründer in den vergangenen die Gründungstätigkeit war entsprechend Jahren ohne erkennbaren Zusammen- i gering. hang mit gesamtwirtschaftlichen Ent- Die gesamtwirtschaftliche Situation bildet den Rah- men für die individuellen Gründungsentscheidungen. wicklungen schwankte, sehen wir auch Entsprechend lassen sich makroökonomische Push- (3) Die Neuordnung der Förderung der hinter diesem großen Anstieg keine sys- und Pull-Faktoren identifizieren, die die Gründungs- Selbstständigkeit durch die Bundesagen- tematische Ursache. Trotzdem ist der tätigkeit beeinflussen. Sowohl der Push-Effekt der Arbeitslosigkeit als auch der Pull-Effekt der konjunk- tur für Arbeit (siehe Box 2) hat ebenfalls Anstieg positiv zu bewerten. Denn turellen Entwicklung waren nicht so stark wie im Jahr zum Rückgang der Gründerzahl beige- Chancengründer führen häufiger Markt- 2011, sodass die Gründungsaktivität insgesamt tragen. Die Zahl der Gründer aus der Ar- neuheiten ein und sind deshalb innovati- nachließ. Die verbesserte Arbeitsmarktsituation ist vor allem auf einen Zuwachs der sozialversiche- beitslosigkeit fällt im Vorjahresvergleich ver. Analysen zeigen, dass innovative rungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung zurückzufüh- um 32 % niedriger aus. ii Unternehmen auch in Zukunft eher inno- ren (Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge- vativ bleiben und deshalb besonders samtwirtschaftlichen Entwicklung (2012), Stabile Ar- chitektur für Europa – Handlungsbedarf im Inland. Jahresgutachten 2012/13). Ein Teil des Drucks zur ii Der Rückgang um 32 % ergibt sich aufgrund eines Aufnahme einer selbstständigen Beschäftigung wur- Anteils der Gründer aus der Arbeitslosigkeit an allen de somit vom Voll- auf den Nebenerwerb umgeleitet. Gründen 2012 von 10,4 %. Dieser Anteil wurde ent- KfW-Gründungsmonitor sind alle Personen als Entsprechend sehen wir im Vorjahresvergleich we- gegen dem üblichen Ansatz nur auf Basis der Grün- Gründer erfasst, die in den 12 Monaten vor dem Be- niger Vollerwerbsgründer und eine nahezu konstante der berechnet, bei denen der tatsächliche Grün- fragungszeitpunkt eine Selbstständigkeit begonnen Anzahl von Nebenerwerbsgründern. dungszeitpunkt im Beobachtungsjahr 2012 liegt (im haben). 2
KfW-Gründungsmonitor 2013 stark zur Erneuerung und zum Wachs- Grafik 2: Gründerquoten nach Bundesländern (Durchschnitt 2007–2012) tum der Volkswirtschaft beitragen.4 (Anteil der Gründer an der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren nach Bundesländern) Berlin 1,15 1,40 2,55 Freie Berufe gegen den Trend Hamburg 1,03 1,27 2,30 Im Jahr 2012 ist der Anteil von Gründern Bremen 0,83 1,36 2,19 in den Freien Berufen auf 39 % gestie- Rheinland-Pfalz 0,70 1,17 1,87 Schleswig-Holstein 0,90 0,88 1,78 gen (2011: 36 %). Damit wurde der posi- Baden-Württemberg 0,78 0,93 1,71 tive Trend der letzten Jahre fortgesetzt. Hessen 0,59 1,12 1,71 So liegt der Anteil heute um mehr als Nordrhein-Westfalen 0,68 0,99 1,66 das 2,5-fache höher als noch 2005 Bayern 0,66 0,99 1,65 (15 %). Diese strukturelle Verschiebung Niedersachsen 0,55 0,98 1,53 war so stark, dass die Anzahl der Grün- Sachsen 0,69 0,58 1,27 Thüringen 0,70 0,55 1,25 der in den Freien Berufen zunahm Mecklenburg-Vorpommern 0,60 0,55 1,14 (2005: 187.000; 2012: 303.000), obwohl Sachsen-Anhalt 0,60 0,54 1,13 in dieser Zeit die Gründerzahl insgesamt Saarland 0,40 0,69 1,09 um 40 % zurückging. In den vergange- Brandenburg 0,42 0,60 1,02 nen beiden Jahren hat beispielsweise 0,0 % 0,5 % 1,0 % 1,5 % 2,0 % 2,5 % 3,0 % die zunehmende Anzahl an Tagesmüt- tern zum Anstieg beigetragen. Gründer Vollerwerb Nebenerwerb in den Freien Berufen bieten per Definiti- Anmerkung: Die regionalen Gründerquoten wurden aus den kumulierten Gründerzahlen der Jahre 2007 bis 2012 be- rechnet, um statistisch belastbare Ergebnisse zu erhalten. Die Gesamtgründerquote ergibt sich aus der Summe der on wissenschaftliche, beratende, künst- Gründerquoten im Voll- und Nebenerwerb. lerische, erziehende, unterrichtende oder Quelle: KfW-Gründungsmonitor. sonstige geistige Dienstleistungen an.5 trachtung nur geringfügige Änderungen Wirtschaftsleistung in den wohlhabenden Im Vergleich zu anderen Gründern be- in der Rangfolge der Bundesländer nach Flächenländern zurückgeführt werden. finden sie sich häufiger in einem mittle- der Gesamtgründerquote gegeben: Sie führt zu günstigen Nachfragebedin- ren Lebensalter, verfügen über höhere gungen und eröffnet Gründungschancen. Bildungsabschlüsse und gründen öfter Das Saarland und Brandenburg ha- Das Nachfragepotenzial ist insbesondere im Vollerwerb. ben die Plätze am Ende der Rangfolge für die Gründungstätigkeit im Nebener- getauscht. werb ein Anreiz. Keine Belebung der Gründungsakti- vität im Jahr 2013 erwartet Sachsen führt nun wieder den Block Entsprechend schlechter schneiden die der ostdeutschen Bundesländer an und ostdeutschen Bundesländer im Gesamt- Wir erwarten im laufenden Jahr eine hat damit Thüringen von diesem Platz ranking ab: Dort ist die Wirtschaftsleis- Seitwärtsbewegung der Gründerzahl. verdrängt. tung geringer als in den westdeutschen Nach unseren Prognosen wird die reale Wirtschaftsleistung im Jahr 2013 nicht Hessen hat sich auf den zweiten Platz Bundesländern und die Nachfragebedin- stärker zunehmen als im Jahr 2012.6 Für der westdeutschen Flächenländer vor- gungen sind entsprechend schlechter. den Arbeitsmarkt erwarten wir eine stabi- geschoben. Somit fällt die Gründerquote im Neben- le Entwicklung ohne große Veränderun- erwerb geringer aus, was wiederum die gen der Erwerbslosenquote. Da die Die Gründungsaktivität in den Ballungs- gesamte Gründerquote als Summe von Gründungstätigkeit in Deutschland relativ räumen Berlin, Hamburg und Bremen Voll- und Nebenerwerb nach unten zieht. stark auf Veränderungen der Arbeits- profitiert von Agglomerationseffekten. In diesen Ballungsräumen sind die Entfer- Geringster Beschäftigungsbeitrag marktsituation reagiert, wird diese letzt- nungen und damit die Transportkosten durch Neugründungen seit dem Jahr lich den Ausschlag geben. vergleichsweise niedrig und es sind gro- 2005 Stadtstaaten Spitzenreiter bei der ße lokale Absatzmärkte vorhanden. Die Von Neugründungen, das sind Unter- Gründungsaktivität Gründer können Mitarbeiter auch mit nehmen, die vor dem Schritt ihres Grün- Bei der Betrachtung der Gründungs- speziellen und unterschiedlichen Qualifi- ders in die Selbstständigkeit noch nicht tätigkeit nach Bundesländern führen kationsanforderungen in den lokalen Ar- existierten, wird gemeinhin ein positiver nach wie vor die Stadtstaaten die Rang- beitsmärkten finden. Hinzu kommt die Beitrag zur Beschäftigung erwartet. liste an (siehe Grafik 2). Danach folgen räumliche Konzentration von Unterneh- Denn Neugründungen bieten Erwerbs- die westdeutschen Bundesländer, wäh- men, die die Übertragung von Wissen möglichkeiten für die Gründer selbst und rend die Gründungsaktivität in den ost- zwischen Gründungen, aber auch den schaffen neue Arbeitsplätze für ange- deutschen Bundesländern niedriger aus- Austausch in Branchenclustern mit ande- stellte Mitarbeiter. Im Jahr 2012 haben fällt. Das Saarland und Brandenburg bil- ren Unternehmen erleichtert. gut drei Viertel der Gründer neue Unter- den das Schlussduo. nehmen eröffnet, während 10 % ein be- In den westdeutschen Bundesländern stehendes Unternehmen übernommen Unter Berücksichtigung des Jahres 2012 mit Ausnahme des Saarlands startet haben und 14 % sich an einem beste- hat es im Vergleich zur letztjährigen Be- mehr als die Hälfte der Gründer im Ne- henden Unternehmen beteiligten. benerwerb. Dies kann auf die höhere 3
KFW ECONOMIC RESEARCH Grafik 3: Direkter Bruttobeschäftigungseffekt von Neugründungen (siehe Grafik 4).iv Dabei beschränken (Anzahl der Personen) sich die Aussagen auf den Anteil der Gründer, die diese Hemmnisse als Prob- 900.000 lem oder Schwierigkeit im Gründungs- 800.000 prozess sehen, nicht auf die jeweilige 700.000 Stärke der Probleme. 600.000 500.000 (1) Gründer nehmen Bürokratie stärker 400.000 als Hemmnis wahr: 300.000 200.000 Bürokratische Hürden und Verzögerun- 100.000 gen werden sowohl von den Voller- 0 werbs- als auch den Nebenerwerbs- 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 gründern als häufigstes Gründungs- Bruttobeschäftigungseffekt Neugründer im Vollerwerb Beschäftigte Mitarbeiter hemmnis genannt – in den letzten fünf Anmerkung: Jahresspezifische Berechnung. Um den Einfluss von Ausreißern und potenziellen Falschangaben bei Jahren sogar immer häufiger, obwohl es Teampartnerzahl und Mitarbeiterzahl zu reduzieren, wurden nur solche positiven Angaben zur Teampartner- und Mit- arbeiterzahl in die Mittelwertberechnung einbezogen, die höchstens so groß wie das 95 %-Perzentil der positiven Fortschritte beim Bürokratieabbau gab.8 Wertangaben sind. Angaben von „Null“ Teampartnern und Mitarbeitern sind in die Mittelwertberechnungen einbezo- So sind die Kosten für eine Gründung gen. Beobachtungszahlen zu Mitarbeiter- und Teampartnerzahl bewegen sich für einzelne Wellen im einstelligen Be- reich. Beispielsweise basiert die Schätzung der mittleren Teamgröße von Teamneugründern ohne Mitarbeiter im Jahr merklich gesunken. Auch die Anzahl der 2011 auf acht Beobachtungen. Im Jahresvergleich zeigen sich trotzdem robuste Muster. Arbeitstage, mit denen ein Gründer für Quelle: KfW-Gründungsmonitor. die administrative Umsetzung seines Vorhabens rechnen muss, ist von 18 im Die Gesamtzahl der Arbeitsplätze, die nehmen vorziehen. Neben der Arbeits- Jahr 2008 auf 15 Tage im Jahr 2012 ge- Gründer neuer Unternehmen eines be- platzsicherheit können etablierte Unter- fallen. Die Anzahl der notwendigen stimmten Jahres zum Gründungszeit- nehmen oft eine attraktivere Entlohnung Schritte für die Umsetzung einer Grün- punkt schaffen, wird als direkter Brutto- bieten als Neugründungen.7 dung ist allerdings gleich geblieben. beschäftigungseffekt von Neugründun- Möglicherweise hat sich die Erwartungs- gen bezeichnet. Im Jahr 2012 betrug Gründungshemmnisse nehmen partiell zu haltung der Gründer aufgrund der Be- dieser Bruttobeschäftigungseffekt rund schleunigung und Vereinfachung von 383.000 vollzeitäquivalente Stellen. Da- Viele Gründer nehmen mit dem Schritt in Prozessen im privaten Sektor dahinge- von entfielen 212.000 Stellen auf die ei- die Selbstständigkeit eine persönliche hend verändert, dass sie diese Ge- genen Arbeitsplätze von Vollerwerbs- Chance wahr. Sie setzen eine Ge- schwindigkeit und Einfachheit auch vom gründern und 171.000 auf Arbeitsplätze schäftsidee um, probieren die Alternative Staat erwarten. Gibt es diese nicht, kann für angestellte Mitarbeiter.iii Im Vergleich zu einer abhängigen Beschäftigung aus, die Bürokratieverdrossenheit aufgrund zum Jahr 2011 ging der Beschäftigungs- erfüllen sich den Wunsch nach selbstbe- der enttäuschten Erwartungen steigen, beitrag um 14 % zurück (siehe Grafik 3). stimmtem Arbeiten oder nutzen eine ohne dass sich die Situation tatsächlich Die Zahl der neu geschaffenen Stellen Hinzuverdienstmöglichkeit. Dabei ist un- verschlechtert hat. liegt damit auf dem niedrigsten Niveau sicher, ob sich ihr Gründungsprojekt als seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2005. tragfähig erweisen wird. Rund ein Drittel (2) Auch Gründer wollen eine bessere Der Rückgang des Beschäftigungsef- der Gründungen ist nach drei Jahren Work-Life-Balance: fekts geht dabei sowohl auf die im Ver- nicht mehr am Markt. Gründer müssen gleich zum Vorjahr geringere Anzahl von Ebenfalls weiter verbreitet als noch vor willens und fähig sein, mit diesem Risiko Vollerwerbsgründern zurück, als auch fünf Jahren sind die Bedenken der Voll- umzugehen. Zudem müssen sie unter- auf weniger neue Arbeitsplätze für ange- erwerbsgründer, dass die Selbstständig- schiedliche Herausforderungen meistern. stellte Mitarbeiter. keit ihre Familie zu stark belastet. Für die Diese reichen von administrativen und Nebenerwerbsgründer ist diese Entwick- organisatorischen Schwierigkeiten bei Der Grund hierfür ist, dass die gute Ar- lung etwas geringer ausgeprägt. Gründer der Gründungsvorbereitung bis hin zu beitsmarktsituation nicht nur die Anreize haben insgesamt eine deutlich höhere Finanzierungsproblemen bei der Umset- gesenkt hat, in die Selbstständigkeit ein- Wochenarbeitszeit als abhängig Be- zung der Gründungsidee. zutreten, sondern sich für die Gründer schäftigte (siehe Abschnitt S. 7 f.). Für auch die Suche nach geeigneten Mitar- Bürokratische Hürden und Verzögerun- Arbeitnehmer hat zudem seit Anfang der beitern erschwerte. Stellen sich hinrei- gen, die Belastung für die Familie, das 1990er-Jahre die Jahresarbeitszeit ab- chende Karrieremöglichkeiten in abhän- finanzielle Risiko, Finanzierungsschwie- genommen und auch die Zahl der be- giger Beschäftigung, dürften Arbeitneh- rigkeiten sowie Vorteile als abhängig Be- zahlten Überstunden ist leicht zurückge- mer in der Regel einen Arbeitsplatz in schäftigter sind die fünf Gründungs- einem Bestandsunternehmen einer Stel- hemmnisse, die bei Vollerwerbsgründern le in weniger robusten, neuen Unter- in den Jahren 2008 bis 2012 am stärks- iv Im KfW-Gründungsmonitor wird den Befragten eine Liste von insgesamt 17 möglichen Schwierigkeiten ten an Bedeutung gewonnen haben vorgelesen, die während des Gründungsprozesses iii Nebenerwerbsgründer an sich werden nicht mitge- aufgetreten sein können, worin eine Kategorie zählt. „Sonstige“ enthalten ist. 4
KfW-Gründungsmonitor 2013 Grafik 4: Gründungshemmnisse im Jahresvergleich Tabelle 1: Ausgewählte Merkmale von Gründungsprojekten 45 % 2008 2012 40 % Finanzierungs- 8.900 13.200 35 % volumen in EUR 30 % Höhe eigener 5.400 6.900 Mittel in EUR 25 % Anteil von Gründern mit Finanzierungs- 20 % schwierigkeiten Im Vollerwerb 14 % 25 % 15 % Im Nebenerwerb 12 % 16 % 10 % Aus der AL 20 % 34 % 5% Anteil innovativer Gründer Deutschland- oder 6% 8% 0% weltweite Neuheit 2008 2009 2010 2011 2012 2008 2009 2010 2011 2012 2008 2009 2010 2011 2012 2008 2009 2010 2011 2012 2008 2009 2010 2011 2012 Anmerkung: Durchschnittliche Finanzierungsvolu- Bürokratische Hürden Hohe Belastung Hohes finanzielles Finanzierungs- Vorteile in abhängiger mina (Ausreißerbereinigung am 95 %-Perzentil), ge- und Verzögerungen für die Familie Risiko schwierigkeiten Beschäftigung rundet auf Hunderter. Im Unterschied zu vorange- gangenen Auswertungen wird für das Jahr 2008 auf Vollerwerbsgründer Nebenerwerbsgründer die Angaben aus Sekundärinterviews verzichtet. Anmerkung: Im Unterschied zu vorangegangenen Auswertungen wird für das Jahr 2008 auf die Angaben aus Se- Gründer aus der Arbeitslosigkeit ab Januar 2012 kundärinterviews verzichtet. Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Quelle: KfW-Gründungsmonitor. gangen.9 Wenn die Belastung für die der eingesetzten eigenen Mittel – tragen dies gilt in stärkerem Maße für die Voll- Familie mit mangelnder Zeit gleichge- zur weiteren Verbreitung dieses Grün- erwerbsgründer als die Nebenerwerbs- setzt wird, scheinen die Gründer dem dungshemmnisses bei. gründer. Dabei werden Finanzierungs- allgemeinen gesellschaftlichen Trend zu schwierigkeiten wahrscheinlicher, je einem ausgeglichenen Verhältnis von Vermutlich hat aber auch die Finanz- mehr Finanzmittel eingesetzt werden. Familie und Beruf folgen zu wollen.10 markt- und Wirtschaftskrise dazu beige- Zum einen haben die Gründer nur be- tragen, dass finanzielle Risiken eine grö- grenzte Reserven, um diese in das (3) Gründer achten verstärkt auf ihr ßere Rolle in der Wahrnehmung der Gründungsprojekt zu investieren. Zum finanzielles Risiko: Gründer spielen.vi Je überzeugter Grün- anderen kann sich die Finanzierung über der vom Erfolg ihres Gründungsprojekts dritte Kapitalgeber als problematisch er- Im Gründungsprozess ist die Ressour- sind, desto geringer dürften sie ihr finan- cenbeschaffung eine wesentliche Aufga- weisen, wenn Informationsprobleme zwi- zielles Risiko einschätzen. Das seit dem schen Gründer und Kapitalgeber die be von Gründern. Wenn beim Schritt in Jahr 2008 krisengeschüttelte makroöko- die Selbstständigkeit Investitionen getä- Bewertung der Finanzierungsanfragen nomische Umfeld erschwert die Bewer- erschweren. Die tendenziell etwas höhe- tigt werden, sollen diese sich nach einer tung der Erfolgschancen jedoch und gewissen Zeit auch amortisieren. Ob ren Finanzierungsvolumina und der im dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, Jahr 2012 höhere Anteil von Gründun- dies gelingt, ist unsicher. Vollerwerbs- dass Gründer ihr finanzielles Risiko hö- gründer sind zudem schlecht diversifi- gen mit Marktneuheiten werden zur Zu- her einschätzen. nahme der Finanzierungsschwierigkeiten ziert, da sie nicht nur Finanzkapital in ihr Gründungsprojekt investieren, sondern (4) Finanzierungsschwierigkeiten neh- beigetragen haben (siehe Tabelle 1). auch ihr Humankapital darin binden. men zu: (5) Abhängige Beschäftigung zuneh- Dementsprechend ist es verständlich, mend verlockender: Parallel zur stärkeren Wahrnehmung fi- dass gerade sie Bedenken wegen eines nanzieller Risiken gibt ein höherer Anteil zu großen finanziellen Risikos der Als Gegenstück zur stärkeren Risiko- von Gründern an, auf Finanzierungs- Selbstständigkeit haben. Werden dar- wahrnehmung infolge des unsicheren schwierigkeiten gestoßen zu sein.vii Auch über hinaus eigene Mittel wie Ersparnis- makroökonomischen Umfelds ist zu er- se in das Gründungsprojekt eingebracht, warten, dass Erwerbspersonen sichere vi dann betrifft dies unmittelbar die persön- Die Risikoeinschätzung wird jedoch nicht von der Erwerbsalternativen der selbstständigen Einschätzung zu den konjunkturellen Risiken getrie- liche Vermögenssituation der Gründer. ben. Nur für das Krisenjahr 2009 war hier ein Spit- Entsprechend intensiv werden sie sich zenwert zu verzeichnen. Für die Nebenerwerbs- den Personen, die in den letzten 12 Monaten Grün- mit dem finanziellen Risiko der Grün- gründer sind die Bedenken wegen der wirtschaftli- dungspläne verworfen haben, Finanzierungsschwie- chen Entwicklung sogar seltener als noch vor fünf rigkeiten das am weitesten verbreitete Gründungs- dung auseinandersetzen.v Die im Ver- Jahren. hemmnis darstellen. Hier ist kein Trend zu beobach- gleich zu früheren Jahren tendenziell vii Die Zahl wird insofern relativiert, als dass darin ten, im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 betrifft höheren Finanzierungsvolumina – auch auch Gründer enthalten sind, die von vornherein dies 64 % der verhinderten Gründer. Für die weitere keine Finanzmittel einsetzen wollten und daher nicht Einordnung der erhobenen Finanzierungsschwierig- auf Finanzierungsprobleme stoßen konnten. Eben- keiten sei auf Hagen, T., Metzger, G. und K. Ullrich v Für verhinderte Gründer ist ein zu hohes finanziel- falls nicht erfasst sind Personen, die aufgrund von (2012): Boom auf dem Arbeitsmarkt dämpft Grün- les Risiko sogar das meistgenannte Hemmnis, wel- Finanzierungsengpässen ihr Gründungsvorhaben dungsaktivität. KfW-Gründungsmonitor 2012, KfW ches zum Abbruch des Planungsprozesses für die nicht umgesetzt haben. Die Bedeutung letzteren Bankengruppe, Frankfurt M, Exkurs 9, S. 32, verwie- Gründung geführt hat. Problems kommt darin zum Ausdruck, dass unter sen. 5
KFW ECONOMIC RESEARCH Tätigkeit vorziehen werden. Tatsächlich aber unterlassen haben, berichten er- Für Gründer aus der Arbeitslosigkeit, die hatte in den vergangenen Jahren ein wartungsgemäß häufiger von Finanzie- den Gründungszuschuss in Anspruch größerer Teil der Vollerwerbsgründer als rungsproblemen (53 %). Der Anteil der nehmen möchten, ist die Dauer der Vor- noch im Jahr 2008 Bedenken, dass ih- Erfolg versprechenden Gründungsideen bereitungszeit durch die Zugangsvor- nen Vorteile in abhängiger Beschäfti- dürfte unter den verhinderten Gründern aussetzungen zur Förderung begrenzt. gung (wie Arbeitsplatzsicherheit, Ar- jedoch niedriger sein als unter den Denn der Zuschuss kann nur gewährt beitszeit- und Urlaubsregelungen) ent- Gründern, die ihre Idee umgesetzt ha- werden, wenn noch ein Restanspruch gehen könnten, wenn sie sich für die ben. auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen be- Selbstständigkeit entscheiden. Dazu wird steht. Entsprechend dürfen zwischen auch die positive Arbeitsmarktentwick- In sieben Monaten zur Selbstständig- dem Eintritt in die Arbeitslosigkeit und lung beigetragen haben, die entspre- keit der Gründung höchstens sieben Monate chend gute angestellte Beschäftigungs- Gut sieben Monate – soviel Zeit ist bei vergehen. verhältnisse als potenzielle Alternative Gründern des Jahres 2012 im Durch- für die Gründer bereit hielt. Ein Monat für Umsetzung des schnitt von der ersten Projektidee bis Vorhabens zum Schritt in die Selbstständigkeit ver- Für Nebenerwerbsgründer, die sich nicht gangen. Allerdings verhalten sich die Die Zeit zwischen erster Projektidee und allein auf das Einkommen aus ihrer neu- einzelnen Gründer höchst unterschied- dem Schritt in die Selbstständigkeit um- en selbstständigen Tätigkeit stützen lich. So verzerren Gründer, die außer- fasst den gesamten Entscheidungs- und müssen, hat sich der Anteil derjenigen, gewöhnlich lange für die Umsetzung Umsetzungsprozess. Nur ein Teil des die Vorteile in abhängiger Beschäftigung brauchen, diesen Durchschnittswert zeitlichen Vorlaufs entfällt jedoch tat- als Gründungshemmnis angeben, kaum nach oben: Bei der Hälfte der Gründer sächlich auf die intensive Planung und verändert.viii vergehen höchstens drei Monate von der Vorbereitung der Gründung. Darunter Finanzierungsschwierigkeiten im Ein- Projektidee bis zur Realisierung. sind Tätigkeiten wie die Optimierung der zelnen Geschäftsidee, die Ausarbeitung eines Wie viel Zeit sich die Gründer lassen, Businessplans oder notwendige Behör- Finanzierungsschwierigkeiten müssen hängt stark von der Bedeutung der dengänge zu verstehen. nicht zwingend zu Finanzierungslücken Selbstständigkeit als Erwerbsquelle ab. führen. Haben Gründer mit einer Finan- Vollerwerbsgründer lassen im Durch- Gründer wenden im Durchschnitt knapp zierungsquelle Probleme, können sie schnitt deutlich mehr Zeit vergehen als zweieinhalb Monate auf, um ihren Schritt versuchen, auf andere Kapitalgeber aus- Nebenerwerbsgründer (neun vs. sechs in die Selbstständigkeit intensiv vorzube- zuweichen. Monate). Hierin spiegelt sich auch die reiten. Allerdings ist auch hier der Tragweite der jeweiligen Entscheidung Durchschnittswert durch besonders aus- Rund 80 % der Gründer konnten ihre wider. Während für Nebenerwerbsgrün- führliche Gründer nach oben verzerrt. Projekte ohne finanzielle Probleme um- der die Selbstständigkeit oft eine zusätz- Die Zeit der intensiven Umsetzung dau- setzen. Vier von fünf Gründern hatten liche Erwerbsquelle ist, geben Voller- ert bei den meisten Gründern (56 %) entweder keinen Finanzierungsbedarf werbsgründer für die Selbstständigkeit nicht länger als einen Monat. oder konnten ihren Finanzierungsbedarf häufig eine andere Erwerbsalternative problemlos aus eigenen oder fremden auf. Eine solche Entscheidung muss gut Bestimmte Gruppen von Gründern inves- Mitteln decken. überlegt sein und benötigt entsprechend tieren mehr Zeit für die intensive Vorbe- mehr Zeit. Im Vergleich zu Nebener- reitung. So bereitet beispielsweise die Von den verbleibenden Gründern mit Fi- Hälfte der Vollerwerbsgründer ihre nanzierungsschwierigkeiten berichten werbsgründern, die – egal ob Mann oder Frau – den Schritt in die Selbstständig- Selbstständigkeit mindestens zwei Mo- 64 %, dass ihre eigenen Mittel für die nate intensiv vor. Allerdings ist dies Umsetzung ihres Projekts nicht ausreich- keit durchschnittlich in rund sechs Mona- ten umsetzen, zeigen sich bei Voller- hauptsächlich auf Vollerwerbsselbst- ten; 41 % erhielten einen beantragten ständigkeiten von Frauen zurückzufüh- Bankkredit nicht und 4 % nicht im ge- werbsgründern geschlechterspezifische Unterschiede. So dauert es bei Männern ren. Das heißt, Frauen überdenken ihr wünschten Umfang; 15% verweisen auf Gründungsprojekt nicht nur länger als schlechtere Kreditkonditionen als erhofft. mit acht Monaten durchschnittlich ein Quartal kürzer bis sie eine Projektidee Männer, sondern gehen dieses auch in- Verhinderte Gründer, also Personen, die tatsächlich im Vollerwerb realisieren als tensiver vorbereitet an. sich selbstständig machen wollten, es bei Frauen (elf Monate). Frauen über- 38-Stunden-Woche? Für Gründer ein denken den Schritt in die Voll- Traum! erwerbsselbstständigkeit offenbar länger. viii Eine Ausnahme bildet das Jahr 2009, das durch Zum einen dürfte sich darin die größere Wie vorstehend beschrieben, müssen einen deutlich reduzierten Anteil von Nebenerwerbs- Gründer bereits vor der Realisierung ih- gründern gekennzeichnet war, die Vorteile in abhän- Risikoaversion von Frauen widerspie- giger Beschäftigung sahen. Ein Erklärungsansatz geln.11 Zum anderen ist es jedoch auch res Gründungsprojekts einen zeitlichen hierfür ist, dass im Rezessionsjahr der Arbeitsmarkt möglich, dass Frauen weniger optimis- Einsatz für ihre Selbstständigkeit leisten. vor allem durch die Ausnutzung von Kurzarbeit stabil Nach erfolgter Umsetzung beginnt die gehalten wurde. Das heißt, die Arbeitsmarktsituation tisch sind12 und daher ihre Gründung gab nicht wirklich Nebenerwerbsgelegenheiten für länger vorbereiten. zeitliche Belastung allerdings erst richtig. Arbeitnehmer her. 6
KfW-Gründungsmonitor 2013 Tabelle 2: Gründer haben eine sehr hohe Arbeitsbelastung Selbstständigen weisen eine sehr ähnli- che Einkommensstruktur auf. Die oberen Durch- 1. Quartil Median 3. Quartil Klassen sind jedoch etwas stärker be- schnitt Stunden Wochenarbeitszeit setzt als bei den Arbeitsnehmern. Damit Alle Gründer 9 20 50 28,0 verfügen Selbstständige tendenziell über Vollerwerbsgründer 40 50 60 48,2 höhere Haushaltsnettoeinkommen als davon: Männer 40 50 60 49,4 Arbeitnehmer. Frauen 30 50 60 45,5 Nebenerwerbsgründer 5 10 20 13,3 Um einschätzen zu können, ob diese davon: Männer 5 10 20 14,6 höheren Einkommen möglicherweise Frauen 5 10 15 11,8 durch andere Haushaltsmitglieder ent- Anmerkung: Das erste Quartil ist die Grenze zwischen den unteren 25 % und den oberen 75 % einer stehen, die zum Gesamteinkommen des Verteilung; der Median ist die Grenze, die die Gründer in zwei gleich große Gruppen teilt; das dritte Quartil ist die Grenze zwischen den unteren 75 und den oberen 25 % einer Verteilung. Haushalts beitragen, ist ein Vergleich von Haushalten von Alleinstehenden sinnvoll.x Bei diesen zeigt sich allerdings Tabelle 3: Höhere Einkommensklassen bei Selbstständigen häufiger als bei noch stärker, dass Selbstständige häufi- Arbeitnehmern ger in höheren Einkommensklassen zu Haushaltsnettoeinkommen: Bis 1.500 bis 2.500 EUR 3.500 EUR finden sind als Arbeitnehmer. 1.500 EUR 2.500 EUR und mehr und mehr (Anteile in Prozent) Diese Struktur lässt sich auch bei Grün- Alle Haushalte 24 29 47 25 dern feststellen, die erst frisch in die Arbeitnehmer 16 30 54 28 Selbstständigkeit eingetreten sind. Sie darunter: Alleinstehende 40 42 19 6 unterscheiden sich hinsichtlich der Ein- Selbstständige 15 25 60 38 kommensstruktur von bereits länger darunter: Alleinstehende 37 29 34 16 Gründer 2012 17 25 58 34 Selbstständigen kaum. Anmerkung: Alle Haushalte beinhalten neben Arbeitnehmern und Selbstständigen auch Arbeitslose und Schlechter Stundenlohn – rein rech- nicht Erwerbstätige. Selbstständige sind ausschließlich Vollerwerbsselbstständige. Nebenerwerbsselbst- ständige sind entsprechend auch unter den Arbeitnehmern zu finden. Da sich die Struktur bei Voll- und Ne- nerisch benerwerbsgründern nicht unterscheidet, haben wir alle Gründer 2012 (Voll- und Nebenerwerb) im Aggre- gat ausgewiesen. Dem erzielten Haushaltsnettoeinkom- Quelle: KfW-Gründungsmonitor 2012. men steht bei Gründern eine hohe Wo- chenarbeitszeit gegenüber. Der durch- Abhängig beschäftigte Vollzeitarbeit- schen Männer und Frauen. Die mittlere schnittliche Stundenlohn, der sich da- nehmer haben in Deutschland eine Wochenarbeitszeit von Männern beträgt durch rein rechnerisch für Gründer er- durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 31 Stunden, die von Frauen 23 Stunden. gibt, ist entsprechend gering. Viele 38 Stunden.13 Die durchschnittliche Wo- Dieser Unterschied kommt jedoch zum Gründer bzw. Selbstständige im Allge- chenarbeitszeit von Gründern erscheint überwiegenden Teil dadurch zu Stande, meinen kommen so auf einen Stunden- demgegenüber auf den ersten Blick mo- dass sich Frauen im Vergleich zu Män- lohn, der mit dem von Arbeitnehmern im derat: Sie beträgt 28 Stunden (siehe Ta- nern zu einem höheren Anteil im Neben- Niedriglohnsektor vergleichbar ist.xi belle 2). Dieser Durchschnittswert ist je- erwerb selbstständig machen (67 vs. Der direkte Vergleich von Stundenlöhnen doch durch den großen Anteil an Ne- 51 %). Jeweils bezogen auf die beiden Selbstständiger und von Arbeitnehmern benerwerbsgründern (59 %) nach unten Gruppen Voll- und Nebenerwerbsgrün- hinkt jedoch. Für Arbeitnehmer ist der verzerrt. So kommen Vollerwerbsgründer der kommen Männer nur auf eine gering- Stundenlohn in der Regel fixiert, da er auf durchschnittlich 48 Stunden Wo- fügig höhere Stundenanzahl (durch- sich aus der zu leistenden Arbeitszeit chenarbeitszeit, während Nebener- schnittlich vier und drei Stunden mehr und dem Monatsgehalt ergibt. Eine Aus- werbsgründer im Rahmen ihrer Selbst- pro Woche). ständigkeit im Durchschnitt 13 Stunden pro Woche arbeiten. Hier ist allerdings Der Mühe Lohn I: Bundesamtes. Gemäß dieser haben 26 Prozent der zu bedenken, dass beim Großteil der Ein höheres Einkommen? deutschen Haushalte ein Einkommen von bis zu Nebenerwerbsgründer noch die Arbeits- 1.500 EUR und 45 Prozent (28 Prozent) von mehr Welche Entlohnung können Gründer für als 2.600 EUR (3.600 EUR), zeit hinzukommt, die sie in ihrem Haupt- ihre große Arbeitsbelastung erwarten? https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesellsch erwerb ableisten. Die Gesamtbelastung 16 % der deutschen Arbeitnehmer- aftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ein für die Erwerbstätigkeit summiert sich kommenEinnahmenAusga- haushalte verfügen über ein Nettoein- ben/Tabellen/Haushaltsnettoeinkommen.html. entsprechend. Etwa die Hälfte aller Ne- kommen von bis zu 1.500 EUR und gut x Wir definieren einen Alleinstehendenhaushalt als benerwerbsgründer (49 %) geht im die Hälfte kommt auf 2.500 EUR und Haushalt, in dem nur eine Person im Alter von 18 Haupterwerb einer abhängigen Vollzeit- mehr (28 % sogar auf 3.500 EUR und oder mehr Jahren lebt. beschäftigung nach. mehr, siehe Tabelle 3).ix Haushalte von xi Berechnungen auf Basis des KfW-Gründungs- monitors 2012. Als Niedriglohn gilt laut OECD ein Die wöchentliche Arbeitszeit in der Lohn von weniger als zwei Dritteln des nationalen ix Dies deckt sich mit den Daten der Einkommens- Medianlohns. Siehe auch DIW Wochenbericht Selbstständigkeit unterscheidet sich zwi- 7/2013. und Verbrauchsstichprobe 2010 des Statistischen 7
KFW ECONOMIC RESEARCH Grafik 5: Einkommenschancen und -risiken von Gründern vornehmen, wird das Ausmaß des Prob- (Veränderung des Haushaltsnettoeinkommens von Gründern nach dem Schritt in die Selbstständigkeit) lems prekärer Einkommensverhältnisse bei Selbstständigen letztlich überschätzt. Anteil "verschlechtert" in Prozent Anteil "verbessert" in Prozent 60 40 20 0 20 40 60 Der Mühe Lohn II: Ein verbessertes Einkommen! Branche: Baugewerbe 13 43 56 Der Schritt in die Selbstständigkeit lohnt Art: Beteiligung an einem Unternehmen 13 42 55 sich für viele Gründer trotz der hohen Arbeitsbelastung. Bei 42 % der Gründer Vorheriger Erwerbsstatus: Selbstständig 14 40 54 des Jahres 2012 war die Einkommenssi- tuation nach ihrem Schritt in die Selbst- Vorheriger Erwerbsstatus: arbeitslos 23 16 39 ständigkeit besser als vorher. Nur 16 % der Gründer berichten von einer Ver- Branche: Verarbeitendes Gewerbe 26 10 36 schlechterung ihres Haushaltsnettoein- kommens. Die Chance für eine Einkom- Personen: Team ohne Mitarbeiter 26 11 36 mensverbesserung war also zweieinhalb -60 -40 -20 0 20 40 60 Mal größer als das Risiko einer Einkom- Saldo aus Anteilen "verbessert" und "verschlechtert" mensverschlechterung. Verbessert Verschlechtert Saldo Die Chancenverteilung war dabei für Anmerkung: Die Grafik zeigt die sechs Charakteristika von Gründern oder Gründungsprojekten, die die jeweils drei Vollerwerbs- und Nebenerwerbsgründer größten Chancen für eine Einkommensverbesserung (Anteil der Gründer mit verbessertem Haushaltsnettoeinkom- gleich: 42 % der Vollerwerbsgründer und men, obere Teilgrafik) und Risiken für eine Einkommensverschlechterung (Anteil der Gründer mit verschlechtertem Haushaltsnettoeinkommen, untere Teilgrafik) aufweisen. Die Anteile wurden mithilfe einer Ordered-Probit-Regression 41 % der Nebenerwerbsgründer berich- berechnet und entsprechen dem sich daraus ergebenden Predictive Margin für die genannten Gruppen.xiii Abgebro- chene Gründungsprojekte sind nicht in der Regression enthalten. Eine Regression spezifiziert als Heckman- teten über eine Einkommensverbesse- Selektions-Modell ergibt sehr ähnliche Schätzkoeffizienten. rung im Vergleich zum Zustand vor der Quelle: KfW-Gründungsmonitor 2008–2012. Gründung. Die Risikoverteilung hingegen unterschied sich zwischen Voll- und Ne- weitung der Arbeitszeit führt nur bei be- keit im Vergleich zu Arbeitnehmern eine benerwerbsgründern deutlich. Während zahlten Überstunden – die gesetzlich höhere Arbeitszufriedenheit haben; ins- sich die Einkommenssituation bei 27 % begrenzt sind – zu einer Einkommenser- besondere für die Vielarbeiter lässt sich der Vollerwerbsgründer nach dem Schritt höhung. Selbstständige hingegen kön- dies feststellen.15 in die Selbstständigkeit verschlechtert nen mit einem höheren Arbeitseinsatz Die Vielarbeiter unter den Gründern sind hat, war dies nur bei 8 % der Nebener- grundsätzlich ein höheres Einkommen relativ proportional auf die verschiede- werbsgründer der Fall. Hierin äußert erreichen, wenn sich der vermehrte Ar- nen Einkommensklassen verteilt, wes- sich, dass Nebenerwerbsselbstständig- beitseinsatz in einen größeren Ge- halb sich die mittlere Arbeitszeit von keiten eben oft Hinzuverdienste sind, für schäftserfolg übersetzt. Gründern zwischen diesen Klassen nur die kein anderes Einkommen aufgege- Für die lange Arbeitszeit von Selbststän- um wenige Stunden unterscheidet. Da ben werden muss. digen gibt es verschiedene Gründe. So die Mehrheit der Gründer über mittlere Der Anteil der Vollerwerbsgründer, die können die Vielarbeiter unter den bis hohe Nettoeinkommen verfügt, dürfte eine Verbesserung ihres Haushaltsein- Selbstständigen grob in drei „Arbeitszeit- der Großteil der Vielarbeiter unter den kommens nach dem Schritt in die typen“ unterteilt werden. Selbstständige, Gründern entsprechend zu den zuletzt Selbstständigkeit erreichen, ist in den deren Einkommenssituation prekär ist beschriebenen Arbeitszeittypen gehören, vergangenen Jahren sukzessive zurück- und die deshalb keine Einnahmen ver- für die lange Arbeitszeiten weniger Not- gegangen. Im Jahr 2009 waren es noch passen wollen. Sie sind auf jeden Kun- wendigkeit als Neigung sind. Für ein Drit- 56 %. Im Vergleich zu den 27 % im Jahr den angewiesen und arbeiten besonders tel der Gründer mit einem Haushaltsnet- 2012 war damals auch ihr Risiko für eine lange, um für so viele Kunden wie mög- toeinkommen von 1.500–2.500 EUR und lich erreichbar zu sein. Andere Selbst- immerhin für mehr als 10 % der Gründer ständige sind wiederum durch eine be- im Einkommensbereich von über 2.500 xiii In der gewichteten Ordered-Probit-Regression auf sonders ausgeprägte Karriereorientie- EUR ergibt sich bedingt durch ihre ho- die Zustände „verbessert“, „gleich geblieben“ und rung charakterisiert. Sie arbeiten extra hen Arbeitszeiten rein rechnerisch ein „verschlechtert“ wurde für die Angaben der Gründer zu ihrem vorherigen Erwerbsstatus, ihrem Alter, ih- lange, frei nach dem Motto: „Je mehr ich „Niedriglohn“-Stundensatz.xii Gründer mit rem Geschlecht, ihrem höchsten Bildungsabschluss, arbeite, desto erfolgreicher werde ich solch hohen Haushaltsnettoeinkommen ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Haushaltsgröße, ih- sein“. Daneben stehen die Selbstständi- faktisch nur aufgrund ihrer hohen Ar- rem Motiv für die Selbstständigkeit, dem Umfang und der Art und der Größe ihrer Selbstständigkeit gen, bei denen die Grenzen zwischen beitszeiten dem Niedriglohnsektor zuzu- kontrolliert. Zudem wurde berücksichtigt, ob sie in „Arbeit“ und „Nicht-Arbeit“ leicht ver- ordnen, wäre allerdings zweifelhaft. In West- oder Ostdeutschland wohnhaft sind, wie inno- schwimmen.14 Stimuliert wird eine lange Statistiken, die eine solche Zuordnung vativ ihr Angebot ist, in welcher Branche sie sich selbstständig machten, wie lange der Schritt in die Arbeitszeit bei Selbstständigen zusätz- Selbstständigkeit her ist (max. 36 Monate) und in lich oft dadurch, dass sie bei ihrer Tätig- xii Berechnungen auf Basis des KfW-Gründungs- welchem Jahr (2008–2012) die Angaben durch uns monitors 2012. erhoben wurden. 8
KfW-Gründungsmonitor 2013 Verschlechterung mit 19 % deutlich ge- Box 2: Geänderte Förderbedingungen beim Gründungszuschuss zum ringer. Diese Entwicklung ist mit der ver- 28. Dezember 2011 änderten Ausgangslage für die letzten Verschiedene Anpassungen des Instrumentariums zur Förderung der Selbststän- Gründungsjahrgänge zu erklären. Ob ei- digkeit durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatten in der Vergangenheit einen ne Verbesserung des Haushaltsein- Einfluss auf die Gründerzahl, so auch im Jahr 2012. Seit Ende des Jahres 2011 kommens durch die Selbstständigkeit gelten neue Förderbedingungen im Gründungszuschuss, dem Hauptinstrument möglich ist, hängt auch vom Ausgangs- der BA in diesem Bereich: niveau des Einkommens ab. In den ver- Der Gründungszuschuss wurde von einer teilweisen Pflicht- in eine vollstän- gangenen Jahren haben sich die Brut- dige Ermessensleistung umgewandelt. Dabei gilt insbesondere der soge- nannte Vermittlungsvorrang. Dies bedeutet: Unabhängig von ihrem Grün- tomonatsverdienste von abhängig Be- dungsprojekt sinkt für Arbeitslose, die auf dem Arbeitsmarkt als vermittlungs- schäftigten positiv entwickelt.16 Somit fähig gelten, die Wahrscheinlichkeit für die Gewährung des Zuschusses. wurde es für die Gründer immer schwie- Die für die Beantragung erforderliche Restanspruchsdauer auf Arbeitslosen- riger, mit dem Schritt in die Selbststän- geld wurde von 90 auf 150 Tage erhöht. Um sich die Chance auf den Grün- digkeit ihr letztes Einkommen zu errei- dungszuschuss zu erhalten, müssen sich Arbeitslose also schneller für eine chen oder noch zu übertreffen. Gründung entscheiden und diese umsetzen. Die erste Förderphase (Zuschuss in Höhe des Arbeitslosengeldes plus Pau- Wie sich die Einkommenssituation von schale von 300 EUR) wurde von neun auf sechs Monate verkürzt, während Gründern nach dem Schritt in die Selbst- die zweite Förderphase (Pauschale von 300 EUR) von sechs auf neun Mo- ständigkeit verändert, hängt auch mit nate verlängert wurde. den Eigenschaften des Gründungspro- Unmittelbar bewirkten diese Umstellungen, dass die Zugänge zum Gründungszu- jekts zusammen. Gute Chancen auf eine schuss im Jahr 2012 um 85 % niedriger ausfielen als im Jahr zuvor (Bundesagen- Einkommensverbesserung hatten in den tur für Arbeit (2012), Zeitreihen zu arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, Deutsch- vergangenen Jahren Gründer, die ihre land, Dezember 2012). Für die Zugänge zur BA-Förderung der Selbstständigkeit Unternehmungen im Baugewerbe starte- insgesamt (inklusive Einstiegsgeld und Leistungen zur Eingliederung von Selbst- ten oder die sich an einem bestehenden ständigen) betrug der Rückgang 74 %. Unternehmen beteiligten. Auch eine er- neute Gründung aus einer bestehenden Zusammenhang bei Gründern nur in den stärkt. Die BA fördert auch den Eintritt Selbstständigkeit heraus, war überwie- Extremfällen: Ihre Lebenszufriedenheit von Arbeitslosen in die Selbstständigkeit. gend mit einer Einkommensverbesse- ist bei Haushaltsnettoeinkommen unter rung verbunden. Unter sonst gleichen Die Neuordnung des Gründungszu- 500 EUR geringer und ab 3.500 EUR Bedingungen konnte bei solchen Projek- schusses (siehe Box 2) hat im Jahr 2012 höher als bei anderen Gründern.17 ten jeweils mehr als die Hälfte der Grün- die Zahl der geförderten Gründer aus der der eine Verbesserung ihres Haushalts- Gründen ist attraktiver als Arbeitslosigkeit drastisch reduziert. Der nettoeinkommens erreichen (siehe Gra- Arbeitslosigkeit Rückgang bei den Gründern aus der Ar- fik 5). Im Gegensatz dazu waren Grün- beitslosigkeit (-32 %) fällt aber längst Eine wirtschaftpolitisch wichtige Gruppe dungsprojekte, die mit einem Grün- nicht so stark aus wie der Rückgang bei im Gründungsgeschehen stellen Grün- dungsteam ohne Mitarbeiter erfolgten, den Zugängen zur BA-Förderung der der aus der Arbeitslosigkeit dar. Der An- die im Verarbeitenden Gewerbe ange- Selbstständigkeit (-74 %).xiv Viele Ar- teil dieser Gründer an allen Gründern ist siedelt waren oder bei denen die Grün- aber relativ gering. In den vergangenen der zuvor arbeitslos waren, am risiko- Jahren gab maximal jeder fünfte Gründer reichsten: Bei rund einem Viertel der xiv Der Rückgang um 32 % ergibt sich aufgrund des an, zuvor arbeitslos gewesen zu sein. Anteils der Gründer aus der Arbeitslosigkeit an allen Gründer mit solchen Gründungsprojek- Aufgrund der guten Arbeitsmarktlage Gründen 2012 von 10,4 %. Dieser Anteil wurde ent- ten verschlechterte sich das Haushalts- gegen dem üblichen Ansatz nur auf Basis der Grün- verringerte sich dieser Anteil zuletzt ste- nettoeinkommen, während die Chance der berechnet, bei denen der tatsächliche Grün- tig. Die Neugestaltung des Gründungs- dungszeitpunkt im Beobachtungsjahr 2012 liegt (im auf eine Einkommensverbesserung rela- zuschusses führte dazu, dass der Anteil KfW-Gründungsmonitor sind alle Personen als tiv gering war. Gründer erfasst, die in den 12 Monaten vor dem Be- noch einmal deutlich zurückging: Nur je- fragungszeitpunkt eine Selbstständigkeit begonnen Höheres Einkommen macht Gründer der zehnte Gründer gab 2012 an, aus haben). Nur so ist die Entwicklung der Zahl der nicht unbedingt glücklicher der Arbeitslosigkeit gestartet zu sein. Gründer aus der Arbeitslosigkeit direkt mit dem Rückgang der Zugänge zum Gründungszuschuss im Gemessen an der Veränderung ihrer Arbeitslosigkeit hat einen deutlichen und Jahr 2012 vergleichbar. Der Anteil von Gründern aus der Arbeitslosigkeit an allen Gründern beträgt nach Einkommenssituation ist der Schritt in anhaltend negativen Effekt auf die Le- dem üblicherweise im KfW-Gründungsmonitor ver- die Selbstständigkeit für einen Großteil benszufriedenheit.18 Entsprechend ist wendeten Ansatz 12,7 %. Dementsprechend wäre der Gründer ein Erfolg. Gründer schei- davon auszugehen, dass Arbeitslose an die Zahl der Gründer aus der Arbeitslosigkeit nur um 16 % zurückgegangen. Diese Entwicklung ist für ei- nen sich allerdings nicht über diesen fi- der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nen Vergleich mit dem Rückgang des Gründungszu- nanziellen Erfolg zu definieren. Während – sei es als Arbeitnehmer oder als schusses aber nicht geeignet, da sie aufgrund eines die Lebenszufriedenheit von Arbeitneh- Selbstständiger – interessiert sind. Die Vorzieheffekts zu moderat ausfällt: Viele Gründer aus der Arbeitslosigkeit zogen ihren Schritt in die mern deutlich mit ihrem erzielten Ein- Arbeitsmarktreformen des Jahres 2005 Selbstständigkeit auf einen Zeitpunkt im Jahr 2011 kommen steigt, zeigt sich ein solcher haben die entsprechenden Anreize ver- vor, zu dem der Gründungszuschuss noch als Pflichtleistung ausgestaltet war (siehe Box 2). 9
KFW ECONOMIC RESEARCH beitslose wagen den Schritt in die Tabelle 4: Gründer aus der Arbeitslosigkeit im Vergleich Selbstständigkeit offensichtlich auch oh- 2012 2008 bis 2011 Veränderung ne die Zuschüsse der BA. (Prozent) (Prozent) (Prozentpunkte) Nebenerwerb 40,7 30,9 9,8 Die Leistungen des Gründungszuschuss Frauen 38,8 33,3 5,5 erleichtern Arbeitslosen den Schritt in die Migrationshintergrund 28,5 24,3 4,2 Selbstständigkeit und schaffen einen An- Berufsabschluss reiz für eine Vollerwerbsgründung. Da Universität / FH 28,5 22,9 5,6 nun Gründer aus der Arbeitslosigkeit Fachschule / Meisterschule 5,9 8,8 -2,9 verstärkt ohne Zuschuss auskommen Lehre, Berufsfachschule 48,7 40,4 8,2 müssen, entfällt auch der Anreiz, die Kein Berufsabschluss 17,0 27,9 -10,9 Alter Gründung im Vollerwerb zu starten. Ent- 18–24 Jahre 8,7 10,3 -1,6 sprechend sehen wir im Jahr 2012 einen 25–34 Jahre 16,5 25,0 -8,6 höheren Anteil von Nebenerwerbsgrün- 35–44 Jahre 41,7 30,0 11,7 dern aus der Arbeitslosigkeit als in den 45–54 Jahre 20,9 20,8 0,2 Jahren zuvor (siehe Tabelle 4). Die 55–65 Jahre 12,2 13,9 -1,7 Gründer testen offenbar die Selbststän- Marktneuheiten 19,3 14,0 5,3 digkeit zunächst aus und haben dabei Anmerkung: Das Befragungskonzept des KfW-Gründungsmonitors erfasst Personen, die in den zwölf Mona- ten vor dem Befragungszeitpunkt in die Selbstständigkeit eingetreten sind. Die Auswertungen für die Gründer – solange sie die Nebenverdienstregeln aus der Arbeitslosigkeit im Jahr 2012 beziehen sich dem entgegen nur auf Gründer ab dem Januar 2012. erfüllen – durch die Unterstützungsleis- tungen für Arbeitslose Sicherheit für ei- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. nen Teil ihres Einkommens. (1) Im Jahr 2012 sind unter den Grün- weise auf die Bestandsfestigkeit der dern aus der Arbeitslosigkeit im Ver- Gründungsprojekte zu. Gründungszuschuss erleichtert gleich zu den Vorjahren deutlich mehr Finanzierung Frauen zu finden (2012: 39 vs. 2008– Was wir sehen 2011: 33 %). Der Frauenanteil entspricht Das Gründungsgeschehen in Deutsch- Eine zu knappe finanzielle Ausstattung nun eher dem Frauenanteil unter allen land wird auf vielfältige Art und Weise des Gründungsprojekts ist ein wesentli- Arbeitslosen (45 %).19 gefördert. Regelmäßig wird die Förder- cher Grund für das spätere Scheitern von Gründungsvorhaben. Bei Gründern infrastruktur in Deutschland auch im in- (2) Auch der Anteil der Gründer mit aus der Arbeitslosigkeit stellt sich die Fi- ternationalen Vergleich positiv bewer- Migrationshintergrund ist bei den Grün- nanzierungssituation als besonders pro- tet.20 Trotzdem ist die Gründungstätigkeit dern aus der Arbeitslosigkeit um vier blematisch dar, zumal wenn Ersparnisse schon seit längerem auf dem Rückzug. Prozentpunkte gestiegen. fehlen, um längere finanzielle Durststre- Dies ist besorgniserregend, da ein reges cken durchzuhalten. Daher verwundert Es gab allerdings auch strukturelle Ver- Gründungsgeschehen aus volkswirt- es nicht, wenn infolge der Neuordnung änderungen, die sich positiv auf die Fi- schaftlicher Sicht wichtig ist, um die In- der BA-Förderung der Anteil der zuvor nanzierungssituation der Gründer aus novationskraft und Wettbewerbsfähigkeit arbeitslosen Gründer mit Finanzierungs- der Arbeitslosigkeit ausgewirkt haben der Wirtschaft zu unterstützen. In den schwierigkeiten zuletzt gestiegen ist – dürften. So beispielsweise der Anteil an vergangenen Jahren hat die positive Ar- von durchschnittlich 21 % im Zeitraum Hochschulabsolventen, der sich 2012 in beitsmarktentwicklung einem nachhalti- 2008–2011 auf 34 % im Jahr 2012. Da- dieser Gruppe deutlich erhöhte. Die Al- gen Aufschwung im Gründungsgesche- bei sind Finanzierungsschwierigkeiten tersstruktur der zuvor arbeitslosen Grün- hen entgegengewirkt. Aufgrund der gu- bei den Gründern aus der Arbeitslosig- der hat sich hingegen deutlich zu den ten Arbeitsmarktsituation wurde die Be- keit beispielsweise signifikant wahr- mittleren Jahrgängen (35–44 Jahre) ver- deutung der Arbeitslosigkeit als Pool für scheinlicher:xv schoben, die nicht über vermehrte Fi- potenzielle Gründer und als Anreiz für nanzierungsprobleme berichten. die Aufnahme einer selbstständigen Tä- (1) für Frauen als für Männer tigkeit geringer. Entsprechend konnte die (+12 Prozentpunkte). Zudem ist der Anteil der Gründer aus der Einschränkung des Gründungszuschus- Arbeitslosigkeit, die Marktneuheiten ein- ses momentan keine gravierenden Aus- (2) für Personen mit Migrationshin- geführt haben, gestiegen (19 vs. 14 % wirkungen entfalten. Diese wirkte in die tergrund (+24 Prozentpunkte). 2008–2011). Dies ist positiv zu bewer- gleiche Richtung wie die allgemeine ten, da es als Indiz für innovativere und Entwicklung der Arbeitsmarktlage hin zu Da sich die Personen- und Projektmerk- somit zukunftorientierte Gründungs- weniger Gründern aus der Arbeitslosig- male der Gründer aus der Arbeitslosig- projekte gedeutet werden kann. keit. Damit einhergehend haben sich keit im Jahr 2012 von denen der Vorjah- re unterscheiden, beeinflusst dies das auch die soziodemografische Struktur Insgesamt sind die Veränderungen in Auftreten von Finanzierungsschwierig- der Gründer aus der Arbeitslosigkeit der Struktur der Gründer aus der Arbeits- keiten: 2012 und ihre Projekte verändert. Ohne losigkeit vielschichtig. Sie lassen in ihrer die Unterstützung durch den Grün- Gesamtheit noch keine Prognose zu ih- dungszuschuss wagen beispielsweise xv Die Ergebnisse der entsprechenden Schätzung rer langfristigen Wirkung wie beispiels- finden sich im Grafik- und Methodenband. anteilig mehr Gründer aus der Arbeitslo- 10
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