ERFOLGREICH LESEFÖRDERUNG IM GANZTAG GESTALTEN - Ergebnisse und Beobachtungen aus dem Projekt "LeseOasen - Leseförderung im Ganztag" - Save the ...
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ERFOLGREICH LESEFÖRDERUNG IM GANZTAG GESTALTEN Ergebnisse und Beobachtungen aus dem Projekt „LeseOasen – Leseförderung im Ganztag“ 1
ERFOLGREICH LESEFÖRDERUNG IM GANZTAG GESTALTEN ERGEBNISSE UND BEOBACHTUNGEN AUS DEM PROJEKT „LESEOASEN – LESEFÖRDERUNG IM GANZTAG“ IMPRESSUM Berlin, September 2021 Save the Children Deutschland e. V. Seesener Straße 10–13 10709 Berlin Telefon: 030 – 27 59 59 79 0 E-Mail: info@savethechildren.de Titelfoto: Kinder der OGS Funckepark in Hagen mit der mobilen www.savethechildren.de LeseOase im Garten der Schule. www.leseOasen.de © Caroline Seidel V. i. s. d. P.: Susanna Krüger Layout: HEILMEYERUNDSERNAU■GESTALTUNG Das Projekt „LeseOasen – Leseförderung im Ganztag“ wurde Korrektorat: Edda Vorrath-Wiesenthal gefördert von der Postbank. Die Projektinhalte wurden in Fotos: Caroline Seidel: Seiten 5, 6, 7, 10, 11, 17, 21, 29, 30, 31, 32, 33 (unten) Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main Christoph Schieder: Seiten 9, 22, 26, 27, 28, 33 (oben), 34 erarbeitet. Das Projekt wurde durch die InterVal GmbH evaluiert. Illustrationen: Wyn Tiedmers 1
INHALT Susanna Krüger Vorwort von Save the Children 03 Tim Alexander Vorwort der Postbank 04 Johannes Freund, Jessica Scharf Räume zum Lesen – Räume für Kinderrechte 05 Vorstellung des Projekts, seiner Ziele und zentralen Inhalte Nikola Ornig, Anne Valtin, Isabelle Suchowitz, Anna Alles „Hier können wir schön lesen und es uns gemütlich machen.“ 11 Evaluation des Projekts im Projektjahr 2019/20 Nikola Ornig, Carina Kraft, Isabelle Suchowitz „Der Vergnügungsfaktor der Bücher stand im Vordergrund.“ 17 Evaluation des Projekts im Projektjahr 2020/21 Moritz Jörgens, Julia Sander, Sybille Werner Kinder mit Bildungsbenachteiligung stärken – ihre Lesekompetenz fördern 22 Lese- und literaturdidaktische Grundlagen des Projekts Tanja Kasischke Der Raum macht die Geschichte 27 Eine Reportage aus dem Projekt „LeseOasen – Leseförderung im Ganztag“ 2
VORWORT VON SAVE THE CHILDREN Liebe Leser*innen, „Die Menschheit schuldet den Kindern das Beste, was waren so für unsere Projektschulen, für die pädagogi- sie zu geben hat.“ Das war die feste Überzeugung von schen Fachkräfte vor Ort und somit letztendlich für Eglantyne Jebb, der Gründerin von Save the Children, die Kinder auch in diesen schwierigen Zeiten da. im Jahr 1919. Betroffen vom großen Leid des Ersten Weltkriegs rief sie eine Kinderrechtsorganisation ins Dabei waren wieder einmal die vulnerabelsten Kinder Leben. Die ersten Hilfsempfänger waren hungernde die Leidtragenden der Corona-Krise. Vielerorts bra- Kinder in Deutschland und Österreich. chen Unterstützungsangebote außerhalb der Familien weg. Die Pandemie hat Spuren bei Kindern und Ju- Heute ist Save the Children die größte unabhängige gendlichen hinterlassen. Dank Projekten wie diesem Kinderrechtsorganisation der Welt. Wir sind in rund ist es uns gelungen, ihnen in diesen Zeiten ein kleines 120 Ländern weltweit aktiv, seit 2013 auch wieder ver- Stück Stabilität zu bieten. stärkt mit eigenen Projekten in Deutschland. Wir ma- chen uns für die Rechte geflüchteter Kinder in Ich möchte Sie ganz herzlich einladen, von den Er- Deutschland stark. Wir setzen uns dafür ein, dass Kin- kenntnissen und Beobachtungen aus unserem Projekt der, die Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung erfahren, „LeseOasen – Leseförderung im Ganztag“ zu profi- besser geschützt sind. Und wir setzen uns für gerech- tieren. Werden Sie zu Mitstreiter*innen für gerechtere tere Bildungschancen für bildungsbenachteiligte Kin- Bildungschancen und für die Umsetzung der Kinder- der in Deutschland ein. Denn noch immer hängt der rechte im eigenen Land. spätere Bildungserfolg davon ab, in welche Familie und in welches soziale Umfeld ein Kind hineingeboren Ihre wird. Von Anfang an hatten wir mit der Postbank einen starken Partner für die Arbeit in Deutschland an un- serer Seite. Im Mittelpunkt der verlässlichen und lang- Susanna Krüger jährigen Zusammenarbeit stehen dabei stets die Kin- Vorstandsvorsitzende der und ihre Bedürfnisse. Dies zeigte sich nicht zuletzt von Save the Children Deutschland im März 2020, als überall in Deutschland in der Coro- na-Pandemie die Schulen schließen mussten. Dank unkomplizierter Unterstützung der Postbank konnten wir die Arbeit im Projekt LeseOasen fortsetzen und 3
VORWORT DER POSTBANK VORWORT DER POSTBANK VORWORT DER POSTBANK Liebe Lese�innen, Liebe Lese�innen, Unternehmen sollten Verantwortung für das Wohl der Deswegen stellen wir neben unserer finanziellen Un Gesellschaft übernehmen, in der sie agieren. Die Post terstützung auch unsere Infrastruktur zur Verfügung. Unternehmen sollten Verantwortung für das Wohl der Deswegen stellen wir neben unserer finanziellen Un Liebe Freundinnen und bank tut dies unter dem Motto „Wir für Kinder", in Gesellschaft übernehmen, in der sie agieren. Die Post Kundinnen Deswegen und Kunden stellen können wir neben sich in finanziellen unserer terstützung auch unsere Infrastruktur zur Verfügung. unseren Filialen Un- dem wir Kinder und Jugendliche in Deutschland und über das Projekt informieren und vor Ort für das Pro Freunde der LeseOasen, bank tut dies unter dem Motto „Wir für Kinder", in weltweit unterstützen. Bereits seit 2013 fördern Save terstützung auch unsere Infrastruktur zur Verfügung. Kundinnen jekt undWir spenden. Kundinnen Kunden und Kunden können gebenkönnen sich in unseren auch unseren Filialen Mitarbeiter'in sich in unseren Filialen demthe wir Kinderund Children unddieJugendliche in Deutschland Postbank gemeinsam undBil über das Projekt informieren und vor Ortindem für das Pro Unternehmen sollten Verantwortung für dasgleiche Wohl der nen die Möglichkeit, vor Ort zu helfen, über das Projekt informieren und vor Ort für das Pro- sie sich weltweit unterstützen. dungschancen Bereits seit an deutschen 2013 fördern Save Kindergärten jekt spenden. Wir geben auch unseren Mitarbeiter'in Gesellschaft übernehmen, in der sie agieren.und Die Schu Post- an den teilnehmenden Schulen als sogenannte jekt spenden. Wir geben auch unseren Mitarbeiter*in- ,Schul thelen. Children So und konnten die wirPostbank mit gemeinsam unterschiedlichen gleiche Bil Projekten nen die Möglichkeit, vor Ort zu helfen, indem sie sich bank tut dies unter dem Motto „Wir für Kinder“, in- botschafter' zu engagieren. nen die Möglichkeit, vor Ort zu helfen, indem sie sich dungschancen mehr an deutschen als 30.000 Kindergärten und Schu an den teilnehmenden Schulen als sogenannte ,Schul dem wir Kinder Kinder in Deutschland und Jugendliche erreichen. in Deutschland und an den teilnehmenden Schulen als sogenannte „Schul- len. So konnten wir mit unterschiedlichen Projekten botschafter' zu engagieren. weltweit unterstützen. Bereits seit 2013 fördern Save Die Corona botschafter*innen“ Pandemie hat uns alle vor große engagieren. mehr als 30.000 Durch Kinder in Deutschland die Unterstützung desgemeinsam erreichen. Projekts „LeseOasen" Herausforderungen gestellt, auch in der Umsetzung the Children und die Postbank gleiche Bil- möchten wir die Chancengleichheit für Kinder in Die des Corona Pro-jekts. Pandemie Die Corona-PandemieSie hat jedoch hat uns hat unsauch alle alle gezeigt, vor dass vor große große Her-es dungschancen an deutschen Kindergärten und Schu- Durch die Unterstützung Deutschland verbessern. des Projekts Besonders „LeseOasen" spannend finden Herausforderungen wichtiger gestellt, ist gestellt, denn auch auch in je, in Kinderder Umsetzung in ihrer len. So konnten wir mit unterschiedlichen Projekten ausforderungen der Umsetzung des möchten wir die Chancengleichheit für von Kinder in des Pro-jekts. Siezu hatstärken, jedoch auchdiese gezeigt, wir mehrden als Mix 30.000beiKinder der Projektgestaltung in Deutschland erreichen. „LeseOa- Lesekompetenz Projekts. Sie hat jedoch auchdenn gezeigt, esdass bestimmt dass es die wichti- Deutschland verbessern. 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Zudemsowie die sehen liegt uns am Herzen, gesellschaftliche weil Teilhabe. ein gutes Leseverständnis wir die Wichtigkeit bei der Vermittlung von Lesekom- wesentlich petenz inist derfürGanztagsbetreuung das spätere Berufsleben, sowie die auch außerhalb des gesellschaftliche Teilhabe. Unterrichts. Das Thema „Leseförderung“ liegt uns am Alexander Tim Alexander Herzen, weil ein gutes Leseverständnis wesentlich ist Chief Marketing MarketingOfficer Officer(CMO) & & (CMO) Chief Experience Officer (CXO) für das spätere Berufsleben sowie die gesellschaftliche Tim ChiefAlexander Experience Postbank Officer (CXO) Teilhabe. Postbank Chief Marketing Officer (CMO) & Chief Experience Officer (CXO) Postbank 5 5 4
JOHANNES FREUND, JESSICA SCHARF RÄUME ZUM LESEN – RÄUME FÜR KINDERRECHTE VORSTELLUNG DES PROJEKTS, SEINER ZIELE UND ZENTRALEN INHALTE Lesetipis und Bücherkisten können auch im Schulgarten aufgebaut werden. Ziele und Referenzrahmen Frühkindliche Lesesozialisation findet zuallererst in des Projekts der Familie statt, aber auch die Kindertagesbetreu- ung kann eine wichtige Rolle spielen. Mit Eintritt in Bereits im Titel „Leseförderung im Ganztag“ sind die die Grundschule liegt der Fokus auf Unterricht, und zwei zentralen Eckpfeiler formuliert, auf denen das Pro- Lesekompetenz wird als Ziel und Mittel schulischer, jekt ruht. Ziel ist die Förderung der Lesekompetenz von curricularer Bildung gesehen. Ganztag als ein Ort, an Kindern, die schwierige Ausgangsvoraussetzungen im dem immer mehr Kinder zunehmend Zeit verbringen, Zugang zur Schriftsprache haben. Dabei ist Lesekompe- wird nicht zwangsläufig mit Leseförderung assoziiert. tenz ganzheitlich gedacht und weit gefasst. Neben der Dabei liegen hier viele ungenutzte Potenziale brach. technischen Lesefähigkeit auf Prozessebene werden Prinzipiell haben sich die Hoffnungen kaum erfüllt, auch die soziale sowie die individuelle Ebene adressiert. dass der Ganztag in all seinen vielfältigen Formen Das Projekt will Kinder nicht nur dabei unterstützen, gerechtere Bildungschancen befördern würde. Hier geschriebene Texte sinnentnehmend zu lesen, sondern setzt das Projekt an, indem es zur Ausgestaltung von sie auch für sich ganz persönlich mit Sinn zu füllen und Räumen und Anlässen für ganztägige Bildung ihnen einen Platz in ihrem Leben einzuräumen. animiert. 5
Zu den beiden Eckpfeilern Leseförderung und Ganz- Zentrale Bausteine und tag gesellen sich als dritter Begriff die Kinderrechte, die auf Initiative der Gründerin von Save the Children, Maßnahmen des Projekts Eglantyne Jebb, in der Genfer Erklärung von 1924 Das Projekt „LeseOasen – Leseförderung im Ganz- aufgeschrieben und schließlich 1989 in der Kinder- tag“ unterstützt Einrichtungen der Ganztagsbetreu- rechtskonvention der Vereinten Nationen in 54 Arti- ung in freier wie kommunaler Trägerschaft, in gebun- keln verabschiedet wurden. dener wie in offener Form dabei, Kindern ein außerunterrichtliches Bildungsangebot zur Förderung „Lesen ist der Schlüssel zur Welt“, lautet eine häufig der Lesekompetenz zu bieten. Dabei werden folgende zitierte Binsenweisheit. Dass Lesen die Grundlage für Projektbausteine umgesetzt: schulischen Bildungserfolg ist und somit für die Um- setzung der Bildungsrechte, wie sie in Artikel 28 und 29 der Konvention formuliert sind, liegt auf der Hand. LESEFREUNDLICHE RÄUME: Darüber hinaus ist die Fähigkeit zu lesen Grundlage DIE LESEOASEN für gesellschaftliche Teilhabe und nicht nur Ziel, son- dern auch Mittel der Verwirklichung der Kinderrechte. Dies wird beispielsweise in der Berücksichtigung des Kindeswillens (Artikel 12), der Meinungs- und Infor- mationsfreiheit (Artikel 13), dem Zugang zu Medien (Artikel 17) oder der Beteiligung an Freizeit, kulturel- lem und künstlerischem Leben (Artikel 31) deutlich. Neben den Bildungsrechten bilden auch Schutz- und Beteiligungsrechte den Referenzrahmen für das Pro- jekt. 1 Lesen braucht sichere Orte, an denen Kinder geschützt und ohne Angst vor Misserfolgen Zugänge zu Büchern ausprobieren. Dies gilt umso mehr, wenn Gemütliche bunte Sitzkissen und eine einladende Atmosphäre sie bisher wenig positive Erfahrungen mit Büchern gemacht haben. Und Lesen braucht Partizipation. Zu Beginn des Projekts entstehen lesefreundliche Kinder dürfen in der Leseförderung nicht bloß als Räume – die LeseOasen – als Orte zur außerunter- Empfänger*innen von Bildung adressiert werden, son- richtlichen Leseförderung von Kindern mit unter- dern von Anfang an als Mitgestaltende. Und zuletzt schiedlich stark ausgeprägter Leseaffinität. Als ein leistet das Projekt einen Beitrag zur Bekanntmachung physischer Raum im Ganztagsbereich bietet die Lese- der Kinderrechte, wozu Artikel 42 der Kinderrechts- Oase eine kleine, attraktive Auswahl an Büchern und konvention die Vertragsstaaten verpflichtet. Dies war anderen Medien. Zugleich können Kinder den Raum ursprünglich nicht im Konzept intendiert, hat sich als Rückzugsort zum Ausruhen und zur Geselligkeit aber organisch in der kreativen Auseinandersetzung nutzen. Oftmals fehlen in Ganztagseinrichtungen sol- mit Kinderbüchern ergeben. Kinderbücher, die bei der che Orte des Rückzugs. Lebenswirklichkeit und den Interessen von Kindern ansetzen, bieten viele Zugänge zu Kinderrechten. Die Die mit dem Raumkonzept verbundene Erwartung ist, Kinderrechte sind in den Geschichten bereits ange- zur Lesesozialisation der Kinder beizutragen, die legt, man muss nur wissen, wonach man suchen muss. Lesemotivation zu fördern. Gerade auch für weniger leseaffine Kinder sollen Bücher nicht länger als Attri- 1 Die Kinderrechte werden in Schutz-, Beteiligungs- und Bildungs- bzw. Förderrechte von Kindern unterschieden, oftmals in Form eines so genannten Kinderrechtehauses visualisiert. 6
Sich wie die Figuren der Geschichte zu verkleiden ist eine beliebte Aktivität wie hier zum „Handbuch für Superhelden“. bute der anderen wahrgenommen, sondern auch Teil zimmer im Ganztag. Es ist ein freundlicher und einla- der eigenen Welt werden. Wenn Lesen positiv konno- dender Raum für alle Kinder – auch für jene, die bis- tiert wird, erhöht sich die Erwartung, beim Lesen her wenig Bezug zu Büchern hatten. Er wird jedoch selbstwirksam zu sein, sodass die Bereitschaft zu lesen nicht durch Bücher und Regale dominiert. LeseOasen unterstützt wird. sind behagliche Rückzugsorte, die Einzelnen oder Gruppen Aktivitäten ermöglichen, bei denen das Le- LeseOasen zeichnen sich durch fünf Merkmale aus, sen mal mehr, mal weniger deutlich im Vordergrund die gleichermaßen das Ergebnis als auch den Prozess steht. Wichtig ist, dass Gemütlichkeit nicht aus der zur Gestaltung des Raums beschreiben. Diese wurden Erwachsenenperspektive gedacht wird. Was Kinder in der ersten Projektphase gemeinsam mit der Goethe- als gemütlich empfinden, kann nur durch ihre Partizi- Universität Frankfurt am Main entwickelt. pation bei der Gestaltung des Raums herausgefunden werden. 1. Raum der Kinder Die LeseOase ist ein Ort, mit dem sich alle Kinder der 3. Ein Leseraum mit vielfältigem Ganztagseinrichtung identifizieren können. Die Gestal- Medienangebot tung des Raums sowie die Auswahl der Bücher und Das Herzstück des Raums ist ein vielfältiges, aber anderer Medien orientieren sich an den Interessen und nicht ausuferndes Medienangebot. LeseOasen dürfen der Lebenswirklichkeit der Kinder. Von zentraler Be- nicht mit Schulbibliotheken verwechselt werden. Sie deutung ist daher die Partizipation der Kinder bei Ein- können aber im engen Zusammenhang stehen und richtung, Gestaltung, Nutzung und Weiterentwicklung gewissermaßen eine Brücke zu dieser bilden. Bei der der Räume, die zu einer Identifikation mit dem Raum Anschaffung der Medien werden die Interessen der führt und die Bereitschaft der Kinder erhöht, den Raum Kinder und ihr Lebensweltbezug berücksichtigt. Gut zu nutzen. Partizipation wird als Mitentscheiden, Mit- ist, was den Kindern Freude bereitet. Hier ist bei der machen und Mitgestalten verstanden. Erstausstattung und bei späteren Neuanschaffungen unbedingt auf Partizipation zu achten. Neben Kinder- 2. Ein Leseraum – ein Wohlfühlort zum literatur im Print können lesefreundliche Räume auch Alleinsein und zur Geselligkeit ein Ort für elektronische Medien wie Tablets, Hörbü- Der lesefreundliche Raum ist das gemütliche Wohn- cher und audiovisuelle Medien sein. 7
4. Ein Erlebnisraum mit vielen Aktivitäten oder die direkte Ansprache durch Bezugspersonen rund ums Lesen werden jene Kinder zur Teilnahme motiviert, die sonst LeseOasen bieten Raum für ein vielfältiges Angebot wenig Interesse am Lesen haben. Die Ansprache muss an Aktivitäten und Veranstaltungen rund ums Lesen, stigmatisierungsfrei und positiv erfolgen: Nicht der aber auch darüber hinaus. Gerade diese Multifunktio- Ausgleich von Schwächen steht im Vordergrund, nalität macht sie interessant und spricht möglichst sondern Freude oder Begeisterung sollen geweckt viele Kinder an. Je intensiver die Schulgemeinschaft werden. den Raum nutzt, desto lebendiger wird er und desto häufiger wird er besucht. Auch hier schafft Partizipati- Im Zentrum des Angebots steht die kreative Ausein- on Identifikation. Die Kinder müssen zu den Entschei- andersetzung mit dem ersten Band einer Kinder- dungen, wie der Raum genutzt wird, gehört und ihre buchreihe. Die einzelnen Termine setzen sich jeweils Wünsche ernst genommen und möglichst umgesetzt aus drei Elementen zusammen: Vorlesegespräch, Bud- werden. dy-Reading sowie lesebezogene Aktivität. Diese wer- den durch ein Begrüßungs- und ein Abschlussritual 5. Ein Raum, der flexibel ist und sich umschlossen, die den Terminen einen stabilen, verläss- weiterentwickelt lichen Rahmen geben und den Gruppenzusammenhalt Lesefreundliche Räume halten nicht starr an einem fördern. Nutzungskonzept fest. Sie sind ein Ort des Experi- ments rund ums Lesen, den die Kinder zu unterschied- Gemeinsame Buchauswahl lichen Zwecken aufsuchen können. Damit dies gelingt, Eine in einem partizipativen Auswahlprozess gemein- muss es ein Raum der Kinder und ein Wohlfühlort sam mit den Kindern bestimmte Kinderbuchreihe bil- bleiben, gerade wenn die Kinder im Ganztag gewech- det die Klammer um die verschiedenen Elemente des selt haben. Der Raum, das Medienangebot und die Umsetzungsprogramms. Drei durch pädagogische Nutzungsmöglichkeiten müssen sich entsprechend Fachkräfte vorausgewählte Bände werden der Grup- der Wünsche der neuen Kinder anpassen und das pe auf attraktive und spielerische Weise vorgestellt. Nutzungskonzept in kontinuierlichen Abständen über- Dabei werden aktivierende Präsentationsmethoden dacht und angepasst werden. gewählt, die besonders geeignet sind, Neugierde zu wecken. Bei der Vorauswahl der vorgestellten Reihen ist neben dem Schwierigkeitsgrad und dem Umfang FREIZEITORIENTIERTE LESEFÖRDE- der Bücher auch auf die motivationale Stimulanz der RUNG: DAS UMSETZUNGSPROGRAMM Texte, beispielsweise durch eine hohe Ereignisfre- „AN DIE GESCHICHTEN, LOSGELESEN“ quenz, die zum Weiterlesen animiert, zu achten. Fer- Sind die lesefreundlichen Räume eröffnet, so gilt es, ner ist der Lebensweltbezug und ein stärkeorientier- sie gemeinsam mit Kindern mit Leben zu füllen. Hier- ter Blick auf Kinder wichtig, der vielfältige für wurde in Zusammenarbeit mit der Goethe-Uni- Lebenswirklichkeiten berücksichtigt und Stereotype versität das Leseförderprogramm „An die Geschich- vermeidet. ten, losgelesen“ konzipiert. 2 Das Angebot wird mit einer festen Gruppe von bis zu zehn Schüler*innen Dialogisches Vorlesen im Vorlesegespräch der zweiten und dritten Klassenstufen an regelmäßi- Das Vorlesegespräch ist ein dialogischer Akt der sozia- gen, etwa einstündigen Terminen durchgeführt. len Interaktion. Kinder werden nicht als passive Rezi- pienten angesprochen, sondern zur aktiven Auseinan- Die Teilnahme ist freiwillig und zugleich verbindlich. dersetzung mit Inhalten angeregt. Es schafft Zugänge Über attraktive Werbeveranstaltungen wie Book Tastings zu Büchern und ermöglicht gemeinsame Leseerlebnisse. 2 Ursprünglich firmierte das Angebot unter dem Titel „Jetzt lese ich mein erstes Buch“. Aufgrund kritischer Rückmeldungen im Rahmen der Evaluation wurde dieser neue Titel gewählt, unter dem das Angebot seit Sommer 2020 läuft. 8
Vorlesen und Gespräch finden nicht nacheinander 250 Wörtern, wobei zu den ersten Terminen kürzere statt, sondern sind eng miteinander verwoben. Um die Abschnitte gewählt und die Textmenge ggf. sukzessive Vorstellungskraft und Fragen der Kinder anzuregen, gesteigert werden kann. Abschließend erhalten die sind ein lebendiges Vorlesen (und insofern eine gute Kinder die Möglichkeit, den Textabschnitt gemeinsam Vorbereitung), aber auch die geschickte Inszenierung oder einzeln laut vor der Gruppe vorzulesen. Dabei von Fragen bedeutsam. Die Kinder werden animiert, geht es nicht darum, die Leseflüssigkeit zu beurteilen, sich zu dem Gehörten zu äußern und Haltungen dazu sondern den Kindern die Möglichkeit lesebezogener einzunehmen. Das Vorlesegespräch darf keinesfalls im Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Abfragen von Wissen oder einfachen Frage-Antwort- Sequenzen aufgehen. Eigene Überlegungen zum Fort- Kreative Auseinandersetzung in den gang der Geschichte, szenisches Vorlesen, Fragen nach lesebezogenen Aktivitäten den Empfindungen der Kinder zu den Geschichten Ähnlich wie beim Vorlesegespräch zielen die lesebezo- oder kurze, spielerische Auseinandersetzungen sind genen Aktivitäten darauf ab, sich mit dem Gelesenen Möglichkeiten. Hier können auch vielfältige Bezüge zu auseinanderzusetzen und eigene Bezüge herzustellen. den Kinderrechten genommen und darüber eine Brü- Die Auseinandersetzung wird jedoch über andere cke von den Geschichten zur Lebenswirklichkeit der Zugänge als im Vorlesegespräch geführt. Über hand- Kinder geschlagen werden. werkliche (Malen, Basteln etc.), körperbetonte (Thea- ter, Verkleidung, Bewegung etc.) oder digitale Zugänge (Fotografie, Film etc.) können Kinder per- sönliche Berührungspunkte mit der Geschichte aus- drücken oder Aspekte der Geschichte individuell weiterspinnen. Sie erleben sich selbst als Schaffende im Kontext von Literatur. Es entstehen vielfältige Produkte und Ergebnisse, in denen sich die Beschäfti- gung der Kinder mit dem Buch und den Geschichten widerspiegelt. Diese Ergebnisse werden angemessen gewürdigt, indem sie beispielsweise ausgestellt oder als Büchlein gebunden werden. WISSENSVERMITTLUNG VOR ORT: Lesetechnik durch gemeinsames Lautlesen trainieren DAS TRAINING-ON-THE-JOB Das Projekt „LeseOasen – Leseförderung im Ganz- Das Lautleseverfahren Buddy-Reading tag“ versteht sich als Beitrag zur Erhöhung der Ange- Das Buddy-Reading als Lautleseverfahren trainiert botsqualität in der außerunterrichtlichen Ganztags- die Leseflüssigkeit und bildet somit die technische Ba- betreuung von Grundschulkindern. Es zielt darauf ab, sis für das Textverständnis. Es unterstützt damit auch, nachhaltige Impulse zur Ausgestaltung von Bildungs- eine eigene regelmäßige Lesegewohnheit auszubilden. anlässen im Alltag der Kinder zu bieten. Daher ist es Jeweils zwei Kinder lesen hierbei gemeinsam dreimal zentral, das pädagogische Personal zu befähigen, es hintereinander einen kurzen Textauszug chorisch selbstständig über das Projektende hinaus fortzu halblaut. Die Textausschnitte entstammen dem zuvor führen. Es ist ein Qualifizierungsangebot für päda im Vorlesegespräch vorgetragenen Text und werden gogische Fachkräfte im Ganztag im Rahmen einer idealerweise in vergrößerter Schrift ausgehändigt. Professionalisierung von Leseförderung auf Basis wis- Als Orientierung empfiehlt sich ein Umfang von senschaftlicher Erkenntnisse. 9
Trainer*innen von Save the Children begleiten das selbst noch keine oder wenig Erfahrung mit der Aus- Personal der Einrichtungen der Ganztagsbetreuung gestaltung von Leseförderangeboten hat. Es dockt bei der Projektumsetzung. Sie beraten zur Raumge- zugleich an die Vorerfahrungen und pädagogischen staltung entlang der Merkmale der lesefreundlichen Qualifikationen an. Das Training durchläuft dabei vier Räume. Neben der Auswahl attraktiver und geeigne- Schritte der Wissensvermittlung und -aneignung: Ler- ter Lesestoffe gilt hier ein besonderes Augenmerk der nen, Erleben, Anwenden und Reflektieren. Die Vermitt- Gestaltung einladender und verbindlicher Partizipati- lung der Methoden und des Hintergrundwissens zur onsprozesse. Die Verantwortung für die Raumgestal- Leseförderung mündet in eine eigene Umsetzung der tung liegt letztendlich bei den Einrichtungen. Aktivitäten mit einer Kindergruppe. Diese wird eng durch die Trainer*in begleitet und gemeinsam mit ihr Auch das Umsetzungsprogramm „An die Geschich- ausgewertet. Sehr gute Erfahrungen wurden damit ten, losgelesen“ wird durch das pädagogische Perso- gemacht, vor der eigenen Umsetzung die pädagogi- nal der Einrichtungen umgesetzt. Dieses wird durch schen Fachkräfte in die Rolle von Teilnehmenden die Trainer*innen vor Ort in einem praxisnahen Trai- schlüpfen zu lassen. In einer Simulation wird so einmal ning-on-the-job-Ansatz vermittelt. Dabei richtet sich eine komplette Sitzung des Programms durchgespielt das Angebot an pädagogisch geschultes Personal, das und die Methoden aus Perspektive der Kinder erlebt. Ein einladender Name hilft, den Raum im Bewusstsein zu verankern. Dabei muss der Raum nicht zwangsläufig LeseOase genannt werden. 10
NIKOLA ORNIG, ANNE VALTIN, ISABELLE SUCHOWITZ, ANNA ALLES „HIER KÖNNEN WIR SCHÖN LESEN UND ES UNS GEMÜTLICH MACHEN.“ EVALUATION DES PROJEKTS IM PROJEKTJAHR 2019/20 Kreative Rückzugsorte zum Lesen erhöhen die Attraktivität der lesefreundlichen Räume. Aufgabe sowie Datenbasis Die Evaluation setzte standardisierte und qualitative der Evaluation Primärerhebungen um: explorative Interviews mit pä- dagogischen Fachkräften und Trainerinnen (n = 3 Be- Aufgabe der externen, projektbegleitenden Evaluati- fragte), eine schriftliche Erhebung bei den teilnehmen- on durch die InterVal GmbH (Januar 2019 bis April den Einrichtungen (n = 33) sowie Fallstudien an fünf 2020) war es, die Praxistauglichkeit und Umsetz ausgewählten Standorten mit (Gruppen)Interviews barkeit des Projekts und seiner Methoden (Output) mit beteiligten Leitungs-, Fach- und Lehrkräften sowie die Wirksamkeit des gewählten Projektansat- (n = 14) sowie Kindern (n = 29). Eine Herausforderung zes (Outcome) zu untersuchen. Auch die Frage, wel- für die Evaluation war, dass durch Vorgaben von Save che kurzfristigen Veränderungen bei teilnehmenden the Children die Erhebungen zu einem frühen Zeit- Einrichtungen und Kindern aus einem bildungsbe- punkt in der Projektumsetzung stattfanden. Dennoch nachteiligten Umfeld bewirkt werden konnten, wurde konnten belastbare Erkenntnisse generiert werden. beleuchtet. Die folgenden Abschnitte berichten zentrale Ergebnis- se der Evaluation. 11
Zentrale Ergebnisse pro Einrichtung involviert; teils setzten sie sowohl den Aufbau des Raums als auch die Aktivitäten um, teils waren die beiden Projektbereiche unter den Fach- VORERFAHRUNGEN UND ZIEL kräften aufgeteilt. Nach Einschätzung der Evaluation STELLUNGEN DER TEILNEHMENDEN waren beide Vorgehensweisen zielführend. Die Leitun- GANZTAGSEINRICHTUNGEN gen des Ganztags waren an fast allen Standorten in Das Projekt konnte in der Regel auf Vorerfahrungen strategische Entscheidungen und Beratungstermine der Einrichtungen im Bereich Leseförderung aufbauen involviert. An 70 % der Einrichtungen waren sie beim und an bestehende Aktivitäten anknüpfen. Rund zwei Aufbau der Räume beteiligt, an rund 40 % zudem bei Drittel der Einrichtungen hatten zuvor Erfahrungen der Vermittlung von teilnehmenden Kindern und den mit regelmäßigen Aktivitäten rund um das Lesen ge- Aktivitäten. In geringerer Häufigkeit und in geringe- macht, aber nur knapp ein Drittel hatte zuvor Maß- rem Maße waren auch Leitungen und Lehrkräfte der nahmen gezielt für „leseferne“ Kinder umgesetzt. Mit Grundschulen beteiligt. Teilweise waren weitere Perso- der Teilnahme am Projekt verfolgten die befragten Ein- nen involviert, darunter z.B. Bibliotheksmitarbeitende, richtungen das Ziel, ihre Leseförderung auszubauen Schulsozialarbeiter*innen, Integrationsassistent*innen bzw. zu verbessern – sowohl fachlich („einen anderen oder Mitarbeitende im Schulamt. Zugang zum Lesen“ schaffen) als auch räumlich („mehr“, „besseren“ oder auch besser zugänglichen Raum und Insbesondere der fachliche Austausch und Erfahrungs Rückzugsmöglichkeiten für das Lesen schaffen). transfer im erweiterten Kollegium (z. B. mit Schullei- tung, Trägervertretung, Lehrkräften, anderen pädago- gischen Fachkräften im Rahmen von Planungsrunden ROLLEN UND ZUSAMMENARBEIT oder regelmäßigen Teammeetings) und die Verzahnung AN DEN TEILNEHMENDEN von Schul- und Ganztagsbereich erwiesen sich als för- EINRICHTUNGEN derlich. Dies äußerte sich in mehr „Rückendeckung“ Sowohl an Einrichtungen des offenen als auch des ge- für das Projekt und in einer größeren Sichtbarkeit im bundenen Ganztags ist es gelungen, Verantwortliche Ganztag bzw. in der Schule. Nicht zuletzt trugen die aus dem Schul- und Ganztagsbereich an der Umset- Synergieeffekte, die durch die unterschiedlichen Fach- zung zu beteiligen und das Projekt so mit dem Schul- kenntnisse, persönlichen Erlebnisse mit den Kindern betrieb zu verzahnen. Dies erwies sich als förderlich und pädagogischen Aufträge der Beteiligten entstehen, für die Umsetzung des Projekts. Erwähnenswert ist zu einer bedarfsgerechten Vermittlung von Kindern in dabei, dass sich grundsätzlich die Zusammenarbeit die Angebote des Projekts und damit zur Förderung von Schule und Ganztag (unabhängig von den der Kinder bei. Zugleich wurde deutlich, dass es in der Projektaktivitäten) sehr unterschiedlich gestaltete: In alltäglichen Praxis für alle Beteiligten eine große Her- einigen Einrichtungen gab es hier kaum Schnittstellen, ausforderung darstellte, ausreichend Zeit für den fach- in anderen erfolgte eine enge Zusammenarbeit. lichen Austausch aufzubringen. Zentrale Akteur*innen in der Projektumsetzung wa- ren die pädagogischen Fachkräfte, die mit den Traine- PARTIZIPATIVER AUFBAU UND rinnen von Save the Children zusammenarbeiteten, NUTZUNG DER LESEFREUNDLICHEN Kinder für das Projekt auswählten und den Aufbau RÄUME LESEOASEN der LeseOasen sowie die Aktivitäten mit den Kindern Die LeseOasen wurden an knapp der Hälfte der durchführten. Im Durchschnitt waren drei Fachkräfte Standorte in einem Raum aufgebaut, der auch für 12
ganz andere Zwecke als das Lesen genutzt wird (als bzw. bei denen sie namentlich genannt wurden, kamen Essensraum, Hausaufgabenraum, Raum für Freizeitak- ebenfalls sehr gut an. Hingegen äußerten sie sich kri- tivitäten u. Ä.). Etwas mehr als ein Viertel der Einrich- tisch, wenn Möbelstücke oder andere Gegenstände tungen baute die LeseOasen in einer bestehenden im Raum „abgestellt“ wurden, ohne hierzu gefragt Schulbibliothek auf, etwas weniger als ein Viertel in ei- worden zu sein. Insbesondere dort, wo Kinder von nem eigenen Raum, der ausschließlich als LeseOasen Anfang an am Aufbau des Raums und an der Auswahl genutzt wird. Sehr unterschiedlich waren die Aus- der Möbel bzw. Medien aktiv beteiligt waren und ihre gangsbedingungen auch hinsichtlich Erreichbarkeit Wünsche umgesetzt wurden, zeigte sich eine sehr und Sichtbarkeit der Räume. Teils lagen die LeseOa- starke Identifikation bzw. Verbundenheit mit dem sen an im Alltag des Schul- und Ganztags von Kindern Raum. Aus Sicht der Evaluation ist es daher wichtig, stark frequentierten Orten, teils in abgelegenen oder die Einrichtungen für die große Bedeutung von Kin- sogar separaten Gebäudeteilen. derbeteiligung auch für die weitere Nutzung der LeseOasen zu sensibilisieren und ihnen konkrete Tipps Je nachdem, ob der Aufbau mit einer festen Gruppe an die Hand zu geben, wie sie Kindern Mitgestal- von Kindern, z. B. in Form einer Arbeitsgemeinschaft tungsmöglichkeiten bieten können – sowohl beim (ca. 10 % der Einrichtungen), in einem komplett offenen Aufbau als auch bei der Weiterentwicklung der Lese- Beteiligungsprozess (ca. 30 %) oder in einer Kombina- Oasen (von der Dekoration bis zur Medienauswahl). tion erfolgte, waren unterschiedlich viele Kinder am Aufbau beteiligt; die Zahl reichte von 6 bis 500 Kin- Stimmen von Kindern aus dem Projekt: dern. Nach Einschätzung der Evaluation waren die in- volvierten Erwachsenen ernsthaft bemüht, die Beteili- „Ich mag das, weil hier genug Platz ist gung der Kinder in den verschiedenen Projektbereichen für ein großes Sofa, und dann können wir und -phasen zu ermöglichen und zu fördern. An den schön lesen und es uns gemütlich machen.“ meisten Standorten verfügten Kinder über Entschei- dungsmacht bei der Raumgestaltung und -einrichtung „Wenn man stolpert, fällt man einfach auf – Kinder machten Vorschläge und trafen auch Ent- die Sitzsäcke und fertisch.“ scheidungen zu Dekoration und Möbeln. Seltener wur- den Kinder an Entscheidungen bei der Auswahl der „Das hier ist schlecht [Litfaßsäule aus Medien beteiligt, die Evaluation konnte aber auch Karton], weil das mitten im Weg steht und hierzu Beispiele sehr guter Praxis identifizieren, die man sich da auch nicht draufsetzen kann.“ deutlich machten, dass eine Beteiligung bei der Medi- enwahl sehr gut möglich ist. Die geringste Mitsprache der Kinder bestand bei der Wahl des Raums. Der Aufbau der Räume war auch mit verschiedenen praktischen Herausforderungen verbunden, z. B. mit In den Interviews mit Kindern wurde sehr deutlich, langen Lieferzeiten für brandschutzkonforme Möbel. dass ihnen neben den Büchern bzw. Medien vor allem Um mehr zeitliche Flexibilität zu haben, entschieden wichtig war, dass der Raum „gemütlich“ ist. Dabei sich Einrichtungen dafür, mit den Aktivitäten nicht auf hatten sie ein sehr genaues Verständnis davon, was die Fertigstellung des Raums zu warten, sondern bei- einen solchen Raum mit Freizeitcharakter auszeich- des parallel umzusetzen. Bereits im Beobachtungs- net: dekorative Elemente wie Lichterketten, Bastel zeitraum der Evaluation standen die LeseOasen den eien, Baldachine oder Vorhänge, Kuscheltiere, und Kindern in Ganztagseinrichtungen nicht nur für Akti- neben gemeinsamen Sitzgelegenheiten auch Möglich- vitäten im Rahmen des Projekts, sondern darüber hin- keiten, sich zurückzuziehen bzw. alleine zu sein. Ele- aus auch zur freien, offenen Nutzung zur Verfügung. mente, welche die Kinder selbst gestalten konnten Über drei Viertel der Einrichtungen planten, weiterhin 13
organisierte Angebote zur Leseförderung in den Räu- gert. Der Einbezug mehrerer Personen war auch für men umzusetzen. Zudem sollen Kinder in mehr als die praktische Umsetzung der Aktivitäten eine Gelin- der Hälfte der Einrichtungen die Möglichkeit haben, gensbedingung: Insbesondere beim Buddy-Reading die LeseOasen spontan im Rahmen des Ganztags zu entstanden ohne ausreichend personelle Betreuung besuchen, selbstständig zu lesen oder sich zu entspan- oft Situationen, in denen die Kinder zu stark abge- nen und anderen Aktivitäten nachzugehen. lenkt wurden. Die Einrichtungen bewerteten das Angebot überwie- UMSETZBARKEIT VON „JETZT LESE gend als geeignet für die erreichten Kinder. Dies ist ICH MEIN ERSTES BUCH!“ 1 UND einerseits auf die Konzeption des Projekts, anderer- RESONANZ seits aber auch auf die gezielte Auswahl der Kinder Die einzelnen Bestandteile des Angebots „Jetzt lese (siehe unten) zurückzuführen. Es haben eher Kinder ich mein erstes Buch!“ – das Teambuilding, die der dritten als der zweiten Klassenstufe teilgenom- Buchauswahl in der Gruppe, das Vorlesegespräch, das men. Die oftmals sehr detailgetreuen und lebhaften Lautleseverfahren Buddy-Reading, lektürebezogene Erzählungen der Kinder von den Aktivitäten in den Aktivitäten und das Abschlussritual – wurden von den Interviews, z. B. von der Auswahl des Buches und den Kindern in der Regel sehr gut oder eher gut ange- Abschnitten, die daraus bereits gelesen wurden, deu- nommen. Auch die Umsetzbarkeit der Aktivitäten teten darauf hin, dass sie aufmerksam und mit Freude wurde unter den Bedingungen der Modellphase teilgenommen hatten. Positiv erlebt wurde die Kombi- durchgehend positiv bewertet. Die Zahl von sieben nation aus Selbstlesen und Vorlesen. Als schwierig und Terminen und die Dauer von einer Stunde pro Einheit teils als frustrierend wurden unterschiedliche oder waren für den Großteil der Einrichtungen passend. niedrige Ausgangsniveaus empfunden. Insgesamt er- Die Ausweitung der Termine auf das komplette Schul- lebten die Kinder ihren Beschreibungen nach die Ak halbjahr an einigen Standorten erwies sich als prakti- tivitäten als geschützten Raum, in dem unterschied kabel. Kritisch hingegen sieht die Evaluation eine liche Lesefertigkeiten mehr Akzeptanz sowohl in der mögliche Verlängerung der einzelnen Einheiten im Gruppe als auch bei den Fachkräften fanden als im Hinblick auf die Konzentrationsspanne und Diversität Unterricht. der Bedürfnisse teilnehmender Kinder. Relevante Fak- toren hierfür sind u. a. der kindliche Bewegungsdrang, Stimmen von Kindern aus dem Projekt: der individuelle Wunsch nach Freispiel ohne feste Ein- bindung in ein wöchentlich wiederkehrendes Projekt „Ich finde es sehr schön, dass uns jemand und die flexiblen Abholzeiten der Kinder durch die vorliest. Und ich finde es schön, dass wir Eltern. selbst lesen.“ Die Vorgabe, zwei Fachkräfte für das Umsetzungspro- „Laut lesen in der Schule ist doof, da wird gramm einzuplanen, war teilweise schwierig umzuset- man immer ausgelacht. Aber hier ist das zen. Dass auf diese Weise zwei Fachkräfte eine per- okay.“ sönliche und fokussierte Weiterbildung erfahren, ist jedoch eine Stärke des Programms. Im Tandem ent- steht eine zusätzliche Reflexionsebene unter den be- Auch nach Beobachtung der Fachkräfte hatten die teiligten Fachkräften, das Risiko des Wissensabflusses Kinder mehrheitlich Freude am Projekt, alle oder zu- wird reduziert, Ausfallsicherheit wird erhöht und so- mindest viele Kinder beteiligten sich über die gesamte mit die Wirkintensität an den Einrichtungen gestei- Stunde aktiv. Es gab kaum Abbrüche bei der Teilnahme. 1 Der Titel des Umsetzungsprogramms lautete ursprünglich „Jetzt lese ich mein erstes Buch!“. Er wurde nach kritischen Rückmeldungen im Sommer 2020 zu „An die Geschichten, losgelesen“ geändert. 14
Irritation rief bei Kindern und Fachkräften hingegen weise zirkulären – Prozessen bestand. Dies reichte der Titel des Angebots „Jetzt lese ich mein erstes von der Information der Kinder, der gezielten Motiva- Buch!“ hervor, einerseits weil es für viele Kinder nicht tion und Einladung von Kindern mit Methoden, die das erste Buch war und andererseits, weil im Rahmen Auseinandersetzung mit Büchern für Kinder spannend der Aktivitäten nur ein Teil des gewählten Buches und greifbar zu machen, der Bewerbung durch die selbst gelesen wurde. Kinder bis zur Auswahl von Kindern nach Kriterien oder per Zufallsauswahl. Einschätzungen der Fachkräf- Auf Basis der Erfahrungen planten fast alle Einrich- te dazu, welche Kinder die passenden Ausgangsvor- tungen, die zum Befragungszeitpunkt eine Aussage aussetzungen für das Projekt und/oder besonderen zur Verstetigung treffen konnten bzw. wollten, das An- Bedarf hatten, flossen dabei ein. Auch Überlegungen gebot über die Förderdauer hinaus fortzusetzen, z. B. wie Geschlechterparität oder Freundschaften spielten als Arbeitsgemeinschaft (AG). Jedoch trafen knapp eine Rolle. Neben den Bedarfen der Kinder waren 40 % der Einrichtungen hierzu noch keine Aussage. Erwartungen der Fachkräfte an das Projekt und des- sen organisatorische wie methodische Herausforde- rungen weitere Faktoren, die Einfluss auf die Bildung ERREICHEN VON KINDERN MIT der Gruppen hatten. Es wurden demzufolge explizit (BESONDEREM) BEDARF AN auch Kinder angesprochen, von denen erwartet wur- LESEFÖRDERUNG de, dass sie sich kontinuierlich und konzentriert (ohne Es ist in der Regel gelungen, Kinder mit besonderem zu „stören“) beteiligen würden. Bedarf an Leseförderung zu erreichen und zugleich das Prinzip der Freiwilligkeit umzusetzen. Ein wichti- Stimmen von Kindern aus dem Projekt: ger Schritt hierfür war die gezielte Auswahl der Ein- richtungen auf Basis sozialräumlicher Kriterien durch „Wir haben uns gefreut, als wir Save the Children. Alle befanden sich an von sozialer den Brief bekommen haben.“ Benachteiligung betroffenen Standorten, der Anteil (Bestätigung der Teilnahme am Projekt) der Kinder aus sozial schwachen Familien (bspw. mit Anspruch auf Leistungen auf Bildung und Teilhabe) war entsprechend hoch. Damit korrespondierten die Es wurde in der Regel erreicht, dass Kinder sich be- Einschätzungen der Befragten in den Fallstudien: Bei wusst und freiwillig für die Teilnahme entscheiden konn- einem sehr hohen Anteil der betreuten Kinder wurde ten. Jene freiwillige Teilnahme erwies sich auch als ein Unterstützungsbedarf hinsichtlich Sprach- und Lese- Indikator dafür, dass die Kinder Freude am Angebot er- förderung gesehen (z. B. weil sie zu Hause wenig warteten und deshalb Interesse dafür entwickelten. Die Deutsch sprechen und/oder nicht in Kontakt mit Bü- Einrichtungen beschrieben zugleich einen Zielkonflikt chern kommen). Somit kamen prinzipiell sehr viele zwischen einem freiwilligen Zugang und dem Anspruch, Kinder der Einrichtungen für das Angebot infrage. Es gleichzeitig „leseferne“ Kinder in das Angebot aufzu- empfiehlt sich, die sozialräumlichen Förderkriterien nehmen, während zugleich Fachkräfte weitergebildet als effektive Maßnahme für die Erreichung dieser Ziel- werden sollen. Im besten Fall ist es gelungen, im Aus- gruppe auch zukünftig anzuwenden. tausch mit den Trainerinnen diesen Konflikt aufzulösen und die Ansprache „leseferner“ Kinder zu stärken. Da die Gruppengröße acht bis zehn Kinder umfassen sollte, waren Auswahlprozesse nötig. In der Evaluati- Nach Einschätzung der Evaluation wurde an den Ein- on wurde deutlich, dass die Gewinnung und die Aus- richtungen die Zielgruppe erreicht. Jeweils rund zwei wahl der Kinder für das Angebot in der Praxis aus Drittel der Einrichtungen gaben an, dass bei allen mehrstufigen – bei einigen Einrichtungen auch teil- oder vielen am Angebot teilnehmenden Kindern über- 15
durchschnittlicher Bedarf an Lese- und Sprachförde- » gleichzeitig ausreichend Gestaltungsspielräume rung bestand und die teilnehmenden Kinder zu Hause hatten, um die Methoden im Rahmen der Aktivitä- nicht in Kontakt mit Büchern kamen. An mehr als der ten auszuprobieren bzw. anzuwenden. Hälfte der Standorte hatten alle oder viele Kinder zuvor „nicht gerne gelesen“. Förderlich waren die gemeinsame Planung und klare Absprachen (bspw. auch zur Rollenteilung im Kontakt mit den Kindern), eine wertschätzende und klare ERFAHRUNGEN MIT DEM Kommunikation zu Erwartungen und Möglichkeiten TRAINING-ON-THE-JOB und die gemeinsame Reflexion der Erfahrungen. Die verschiedenen Aspekte der Unterstützung, die Save the Children über die Trainerinnen und Handrei- chungen im Rahmen des Projekts zur Verfügung stell- ERSTE EINSCHÄTZUNGEN ZU te, wurden von den Einrichtungen als sehr hilfreich EFFEKTEN DES PROJEKTS AUF empfunden. Die Handreichungen dienten einerseits EINRICHTUNGEN UND KINDER als Grundlage zum Einarbeiten und im weiteren Ver- Im Ergebnis führte die Beteiligung am Projekt nach lauf des Angebots als strukturierendes Element und ersten Einschätzungen der Einrichtungen wie inten- Ideenpool. Vereinzelt wurden diese aber auch als zu diert insbesondere zu mehr Sensibilität für das Thema unkonkret, textlastig bzw. umfangreich empfunden. Leseförderung im Ganztagsbereich, zu einem Zu- Dabei zeigte sich, dass die schriftlichen Materialien wachs an Fachwissen beim Personal sowie zur Befähi- ganz wesentlich durch die Verschränkung mit der per- gung der pädagogischen Fachkräfte zur Anwendung sönlichen Begleitung durch die Trainerinnen Wirkun- neuer Methoden zur Leseförderung. gen entfalteten. Mehr als die Hälfte der Einrichtungen beobachtete In den Beschreibungen der Befragten wurde insge- auch ein gestiegenes Interesse der Kinder im Ganz- samt deutlich, dass die Trainerinnen vielfach bedarfs- tagsbereich am Lesen und Vorlesen, z. B. durch eine gerechte, anschauliche und konkrete Hilfestellungen höhere Nachfrage von Angeboten wie den Lese geben konnten. Es ist demnach gelungen, beim Trai- Oasen. Auch Sekundäreffekte, wie ein stärkerer Aus- ning-on-the-job eine feine Balance zu finden, sodass tausch zum Thema Leseförderung zwischen den am die Fachkräfte Projekt beteiligten pädagogischen Fachkräften und anderen Personen, oder eine stärkere Verankerung » auf möglichst anschauliche Weise Anregungen und von Leseförderung im Konzept der Einrichtung Fortbildung (unter Berücksichtigung der Vorerfah- wurden von mehr als der Hälfte der Einrichtungen rungen) erhielten, wahrgenommen. » sich gemeinsam mit den Trainerinnen ein Ver- ständnis von guter Praxis der Anwendung der Methoden erarbeiteten und 16
NIKOLA ORNIG, CARINA KRAFT, ISABELLE SUCHOWITZ „DER VERGNÜGUNGSFAKTOR DER BÜCHER STAND IM VORDERGRUND.“ EVALUATION DES PROJEKTS IM PROJEKTJAHR 2020/21 Lesefreundliche Räume sind Orte zum Lesen, aber sie werden nicht durch Bücher dominiert. Aufgabe sowie Datenbasis ausgewählter Einrichtungen (n = 8 Einrichtungen). Die der Evaluation geplanten Erhebungen mit Kindern konnten aufgrund der Pandemie nicht umgesetzt werden. Die folgenden Auftrag der Evaluation im Projektjahr 2020/21 durch Abschnitte stellen zentrale Evaluationsergebnisse des die INTERVAL GmbH war die Untersuchung der Projektjahres 2020/21 vor. Projektumsetzung und des Projekterfolgs unter Be- dingungen der Covid-19-Pandemie. PROJEKTUMSETZUNG WÄHREND Das Design der Evaluation (September 2020 bis Mai COVID-19 2021) war rein qualitativ ausgerichtet. Es kombinierte Die Einschränkungen im Ganztagsbereich von Grund- Fokusgruppeninterviews zu zwei Zeitpunkten mit den schulen aufgrund von Covid-19 seit März 2020 wirk- Trainerinnen (n = 5 Trainerinnen), die als Honorarkräf- ten sich auch auf die Durchführung des Projekts Lese- te von Save the Children unmittelbar mit der Projekt Oasen aus: Die Umsetzung des Projekts während der umsetzung an den Einrichtungen betraut waren, und Pandemie war für alle Einrichtungen herausfordernd Vertiefungsinterviews mit pädagogischen Fachkräften und nur stark flexibilisiert möglich. 17
Eine wesentliche Veränderung war, dass die Trainings te sich, dass die Initiative und Ermutigung der Trainer- einheiten der Trainerinnen von Save the Children mit innen sowie ihre konkreten Anregungen für Adapti- den pädagogischen Fachkräften außerhalb des Ganz- onsmöglichkeiten in der Umsetzung maßgeblich tagsbetriebs (vor Ort oder digital) und entkoppelt begünstigten, dass die Angebote für Kinder aufrecht- von der Umsetzung mit den Kindern stattfanden. Die erhalten wurden: die (eingeschränkte) Nutzung der Termine mit den Kindern wurden dementsprechend in Räumlichkeiten und die Fortführung des Umsetzungs- der Regel von den pädagogischen Fachkräften eigen- programms. Auch positives Feedback der Kinder (z. B. ständig und ohne Präsenz der Trainerinnen durchge- durch Fragen, wann es weitergeht) bestärkte die führt. Das Umsetzungsprogramm „An die Geschich- Fachkräfte in der Umsetzung. ten, losgelesen“, 1 gemäß Konzept eine Reihe von insgesamt mindestens sieben wöchentlichen Terminen, Nach Beobachtung der Fachkräfte war es für Kinder fand z. B. mit längeren Pausen zwischen den Terminen während der Covid-19-Pandemie besonders wichtig, oder als Ferienangebot mit einer engeren Taktung Normalität im Ganztag zu erfahren. An den befrag- der Termine statt. An manchen Einrichtungen wurden ten Einrichtungen, die das Projekt LeseOasen fortge- auch einzelne Methoden des Umsetzungsprogramms führt haben, trug es dazu bei, ein Stück weit diese punktuell im Ganztag außerhalb von LeseOasen-Ter- Normalität zu bieten, d. h. Kinder erlebten soziale minen angewandt. Eine Voraussetzung für die Umset- Kontakte, Unterstützung bzw. Förderung und einen zung war, dass eine feste Kindergruppe gebildet wer- strukturierteren Tagesablauf. Fachkräfte dieser Ein- den konnte, d. h. es wurden Kinder, die verlässlich in richtungen machten die Erfahrung, dass die Kinder (in der Notbetreuung waren und Interesse zeigten, der Notbetreuung) sich über das Angebot freuten berücksichtigt. und sehr motiviert am Umsetzungsprogramm teil- nahmen, gerade weil viele andere Angebote entfielen. „[Ich habe] Möglichkeiten aufgezeigt, wie man das [Projekt] weiterführen kann.“ „Sicherheit in dieser unsicheren Zeit“ (Trainerin) (Fachkraft) „Unsere Trainerin hat uns motiviert, „[Der Raum bot] den Kindern […], eine das [Umsetzungsprogramm] trotz vertraute Umgebung […], wo die sich der strengen Hygienemaßnahmen einfach Ausruhen konnten, wo die zur durchzuführen und eine homogene Ruhe kamen.“ (pädagogische Fachkraft) Kindergruppe [d. h. Kinder aus einer OGS-Gruppe] zu nehmen.“ „Ort zum Zurückziehen, zum Ruhe finden, (pädagogische Fachkraft) zum Ausruhen, oder wie die Kinder sagen‚ zum Chillen“ (pädagogische Fachkraft) Entscheidend dafür, dass LeseOasen an den Ganz- tagseinrichtungen überhaupt weitergeführt werden konnten, waren sowohl der Projektansatz, der Mög- Auch der Raum der LeseOase gewann für Kinder (in lichkeiten für Flexibilisierung in der Umsetzung bot der Notbetreuung) während Covid-19 an Bedeutung, und so pandemiebedingten Vorgaben für Ganztags da dieser ein wichtiger Rückzugsort für sie blieb bzw. einrichtungen angepasst werden konnte, als auch die wurde. Jedoch konnte nicht an allen untersuchten Flexibilität der beteiligten Akteurinnen und Akteure Einrichtungen während Covid-19 eine freie Nutzung (Trainerinnen sowie umsetzende Fachkräfte). Es zeig- des Raums ermöglicht werden. 1 Das Umsetzungsprogramm trug im ersten Projektjahr den Titel „Jetzt lese ich mein erstes Buch!“. Es wurde in Reaktion auf Rückmeldungen im Rahmen der Evaluation, dass dieser Titel nicht immer zutreffend war, 2020 umbenannt. 18
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