Erfolgsstrategien im Zeichen der digitalen Transformation
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Interview Blauer Ozean Kindermedienmarkt Erfolgsstrategien im Zeichen der digitalen Transformation Sigrun Kaiser Print lebt – und Sigrun Kaiser, Vorstandsvor- zum Marktführer in Deutschlands Kinderzeit- sitzende der Blue Ocean Entertainment AG, schriftenmarkt gebracht – mit umfassender liefert mit ihrem jungen Unternehmen den Analyse, klarer Strategie, gelebter Konsequenz Beweis. Der Stuttgarter Kindermedienverlag und einem verbindlichen Motto: „Qualität ist hat es in den 13 Jahren seit seiner Gründung kein Zufall“. Schlüsselbegriffe: Kindermedienmarkt | Zeitschriften | Lizenzgeschäft | Geschäftsmodell MedienWirtschaft: „Der Spiegel“ und das „Lego Ninjago Magazin“ haben etwas gemeinsam: Sie sind am Kiosk ähn- lich erfolgreich. Für das „Lego Ninjago Magazin“ konnten Sie im vergangenen Jahr mit 211.000 im Einzelverkauf abge- setzten Exemplaren das Durchbrechen einer vermeintlichen Schallmauer vermelden. Gleich fünf Titel Ihres Verlags do- minieren die Top 10 der Kinderzeitschriften nach verkaufter IVW-Auflage im 1. Quartal 2018. Ganz platt gefragt: Was macht den Erfolg von Blue Ocean Entertainment aus? Sigrun Kaiser: Vier Dinge: ein großartiges Team, echtes Ta- lent, harte Arbeit und klare Ziele! Wir vereinen Können, Er- fahrung und Leidenschaft, um die besten Themen zu finden und konsequent an unser Haus zu binden, Produkte in ein- zigartiger Qualität umzusetzen und schließlich bis ins kleins- te Detail durchdacht in den Markt zu bringen. „Business as usual“ steckt nicht in unserer DNA. Ein Leitspruch von Blue Ocean, der uns seit dem Marktstart unseres allerersten Pro- duktes, dem „Prinzessin Lillifee“-Magazin im Sommer 2006, begleitet, lautet: „Qualität ist kein Zufall!“ Und wir wissen: Erfolg auch nicht! Uns als Mannschaft eint das Wissen, dass wir für Erfolg die Extrameile gehen müssen. MedienWirtschaft: Ihr Unternehmen trägt nicht von unge- fähr im Namen die Begriffe „Blue Ocean“. Sie nehmen damit Anklang an die „Blue Ocean Strategy“ von W. Chan Kim und Renee Mauborgne von der INSEAD Business School, die An- fang der 2000er Jahre intensiv diskutiert wurde. Wie war das bei BOE: Ergab es sich eher zufällig, dass Sie einen Blauen Ozean entdeckt und erobert haben – oder machten Sie sich gezielt und strategisch auf die Suche nach einem solchen Blauen Ozean? Foto: Gert Krautbauer Sigrun Kaiser, CEO Blue Ocean Entertainment AG https://doi.org/10.15358/1613-0669-2018-2-8, am 06.06.2022, 10:50:07 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 8 MedienWirtschaft 2/2018
Interview „Burdas Einstieg hat Blue Ocean auf ein neues Level gebracht.“ Sigrun Kaiser: In den Anfangstagen von Blue Ocean lagen ren existiert. Wie haben Sie dieses Wachstum forciert und die Kernkompetenzen der Gründermannschaft neben dem strategisch genauso wie operativ gesteuert? Was waren da- verlegerischen Know-how vor allem im Segment „Kinder bei die zentralen Erfolgsfaktoren? & Jugend“ sowie in der Auswertung von Lizenzen. Entspre- chend war die Stoßrichtung der Unternehmung Blue Ocean Sigrun Kaiser: Wie schon erwähnt, lautet unser zentrales Entertainment AG von der ersten Idee bis zur Gründung klar: Unternehmensmotto „Qualität ist kein Zufall“. An dieser Wir wollten – natürlich nach einer absichernden gründlichen Maßgabe orientieren wir uns strikt. Sie ist auf allen Ebenen Analyse des Marktes – einen Zeitschriftenverlag starten, der die Basis unseres Erfolgs. Wir wollen die Benchmark in un- sich auf die Magazinauswertung von Lizenzthemen fokussiert. serem Geschäftsumfeld sein – strategisch, redaktionell, ver- Zunächst erkannten wir einen Blauen Ozean in der qualitativ trieblich, marketingseitig, aber auch im Umgang mit unseren hochwertigen Umsetzung von Kinderbuchthemen wie „Prin- Kunden und Partnern wie miteinander, z. B. durch die Defini- zessin Lillifee“ für den Zeitschriftenmarkt. Das hatte vor uns tion effizientester Prozesse, gleich an welcher Stelle in unse- noch niemand gemacht. Wenig später entdeckten und entwi- rem Alltag. Wir kümmern uns gewissenhaft auch um kleine ckelten wir dann strategisch einen weiteren Blauen Ozean: Details, gehen bei all unseren Themen mit dem gleichen Tief- Magazine, die Spielzeugthemen mit tollem Storytelling zum Le- gang zu Werke, um aus jedem Produkt das individuell Beste ben erwecken, und neben Comics, Rätseln und Postern immer herauszuholen. mit original Spielware als Zugabe, dem sogenannten Extra, er- Und natürlich sind wir radikal in der Fokussierung auf unsere scheinen. Auch das hatte es vorher nicht gegeben. Wir haben Zielgruppe. Wir wollen nicht nur, dass die Kinder unsere Pro- diesen Markt eröffnet und nachhaltig erfolgreich besetzt. dukte monatlich millionenfach kaufen, sie sollen auch millio- nenfach begeistert sein. Neben dem Erfolg im Vertriebsmarkt MedienWirtschaft: In Ergänzung dazu: Wo sehen Sie heute konnten wir uns so von Anfang an und auf allen Ebenen als noch Blaue Ozeane in der Medienbranche? Verraten Sie uns Qualitätsanbieter bei Lizenzgebern positionieren. Der Wille zur welche? Qualität und der daraus resultierende Erfolg sind damit seit je- her das Fundament, an das mehr und mehr Lizenzgeber ando- Sigrun Kaiser: Die Frage ist so nicht zu beantworten. Es ist we- cken wollen, weil sie sich bei uns optimal aufgehoben fühlen: der so, dass wir Erkenntnisse über unrealisierte Blaue Ozeane WDR, Playmobil, ZDF, Lego, Kiddinx, Kosmos, Sony, Tessloff, in der Schublade haben, noch sitzen wir rund um Flipcharts Super RTL, Schleich, Fox, Simba, Mattel, Dreamworks, Hasbro im Kreis und suchen angestrengt nach ihnen. Es ist vielmehr und Disney, um nur einige zu nennen. Dieses Vertrauen in uns so, dass wir Blaue Ozeane aus unserem Tagesgeschäft ablei- haben wir uns konsequent erarbeitet – und tun alles dafür, es ten. „Erkenntnis by doing“, wenn man so will. Wir beobachten Tag für Tag zu bestätigen und weiter auszubauen. scharf, analysieren Zahlen bis ins Detail, verknüpfen Feed- backs, gleichen alles mit unseren Erfahrungen und weiteren MedienWirtschaft: Zwei Trends fallen einem auf, wenn man Daten ab, kombinieren neu - und lernen, lernen, lernen. Auf Ihre Geschäfts- und Portfolioentwicklung betrachtet: Ers- Basis spannender Erkenntnisse entwickeln wir eine Strategie tens, dass sich neben den klassischen Marken wie „Prin- und probieren sie aus – mit einer hervorragenden Trefferquo- zessin Lillifee“ oder der Lego-Markenwelt auch zunehmend te. Kurzum: Auch bei Blauen Ozeanen verlassen wir uns nicht Wissensmagazine finden. Zweitens, dass der Anteil der im auf den Zufall, auch geht es im ersten Schritt nicht um Kreativi- Ausland erwirtschafteten Erlöse dynamisch steigt und nun tät, sondern um harte, qualitativ hochwertige und umfassende bereits ein Viertel ausmacht. Sind das die beiden zentralen Analyse. Wir suchen Blaue Ozeane nicht, wir finden sie, weil Stoßrichtungen Ihres Unternehmens für das weitere Wachs- wir gründlich sind, weil wir reflektieren und permanent Rück- tum: thematische Verbreiterung und weitere Internationali- schlüsse für unsere kleinen wie großen Strategien ziehen. Al- sierung? les in allem denke ich, dass es eine geradezu unbeschränkte Zahl kleiner Blauer Ozeane gibt, man muss nur bereit sein, hart Sigrun Kaiser: Das trifft es ganz gut, ja. Ohne thematische genug an ihrer Entdeckung zu arbeiten. Verbreiterung wäre in der Vergangenheit kein derartiges Wachstum möglich gewesen – und ohne diese wird es auch MedienWirtschaft: Blue Ocean Entertainment erwirtschafte in der Zukunft kein Wachstum geben. Allerdings gibt es recht te in 2017 rund 74,3 Millionen Euro Umsatz – ein stolzer Wert klare Grenzen: Nach „Frag doch mal die Maus“ zur „Sen- für ein Unternehmen, das erst seit etwas mehr als zehn Jah- dung mit der Maus“ unser Portfolio etwa im Rhythmus von https://doi.org/10.15358/1613-0669-2018-2-8, am 06.06.2022, 10:50:07 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 2/2018 MedienWirtschaft 9
Interview zwei Jahren um „Löwenzahn“, „WAS IST WAS“ und „Wooz- cherheit gibt. Wenn wir eine Lizenz kaufen, tun wir dies na- le Goozle“ zu ergänzen, war für uns wie für die Lizenzgeber türlich, weil wir von einer Marke und ihrem Inhalt überzeugt jeweils ein logischer Schritt und mit der Zeit ist daraus tat- sind. Ohne den Glauben an ein Thema geht nichts. Gleichzei- sächlich eine tragende Säule unseres Geschäftes gewor- tig haben wir die Gewissheit, mit dem Markenaufbau nicht den. Dennoch sind wir immer bei unserem Leisten geblieben. komplett bei null anfangen zu müssen, was heutzutage für Thematisch verbreitern und diese Verbreiterungen ausbauen ein einzelnes Unternehmen zu einem immer schwierigeren und festigen, ja, dafür jedoch das Segment Kinder zwischen Unterfangen wird. Im Lizenzgeschäft sorgen der Urheber drei und 13 Jahren als unsere Zielgruppe verlassen, nein. In und seine Lizenznehmer mit ihren Produkten vom Start weg diesem Markt haben wir nicht nur Kompetenz und Standing, für eine hohe Markensichtbarkeit und somit im Idealfall bei der Kinderzeitschriftenmarkt ist auch stabil und lebendig, Gefallen auch für Relevanz, Begehrlichkeit und Nachfrage. während z. B. das früher unfassbar erfolgreiche Jugendseg- Hier das initiale Buch, da die TV-Serie, das Spielzeug – und ment unwiederbringlich tot ist. Deshalb: Schuster, bleib bei von uns das Magazin zum Thema. Jeder Partner übernimmt deinem Leisten. den Part, den er am besten kann, fördert so das Markener- Große Wachstumspotenziale sehen und heben wir zudem lebnis und stärkt damit die gemeinsamen Erfolgsaussichten. mehr und mehr im Ausland, natürlich auch dort im Kinder- Der potenzielle Kunde bekommt auf vielen Wegen Zugang zu segment. Wir haben das Talent und das Können, wir haben einem Thema und kann vielfältig inspiriert entscheiden, ob die Rechte und den Content. Wir haben zudem ein internatio- ihm das Thema gefällt oder nicht. nal funktionierendes Netzwerk oder bauen eigene Strukturen auf, um unsere Magazine in regionalisierten Versionen über- all von New York bis Moskau, von London über Rom bis Pe- „Im Lizenzgeschäft sorgen der Urhe- king in den Handel zu bringen und für leuchtende Augen bei hunderttausenden Kindern, unseren Partnern, aber natürlich ber und seine Lizenznehmer mit ihren auch bei uns selbst zu sorgen. Um auch dies wieder konkret Produkten vom Start weg für eine hohe zu machen: Anfang 2014 sind unsere Lego-Magazine neben Markensichtbarkeit und somit im Ideal- Deutschland, Österreich und der Schweiz noch in vier wei- teren europäischen Ländern erschienen. Heute publizieren fall bei Gefallen auch für Relevanz, Be- wir sie in 18 europäischen Ländern und China, Mexiko sowie gehrlichkeit und Nachfrage.“ ganz frisch in den USA. Nach der Eroberung der Marktfüh- rerschaft im Segment der Kindermagazine im deutschspra- chigen Raum in den letzten zwei Jahren haben wir uns ein Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine Anmerkung: neues großes Ziel gesteckt: 2025 wollen wir Marktführer im Das Lizenzgeschäft wird gerne gerade im Printmarkt als etwas europäischen Kinderzeitschriftenmarkt sein. sehr Spezielles wahrgenommen, weil wir Rechte einkaufen, die uns eine exklusive Berichterstattung garantieren, was wie- MedienWirtschaft: Ihr Geschäftsmodell ist geprägt vom Li- derum Begehrlichkeit seitens des möglichen Konsumenten zenzgeschäft. Sie treten sowohl als Lizenznehmer wie auch auslösen soll. Genau das will, soll und muss aber jede Publi- als Lizenzgeber auf. Was macht die Spezifität von lizenzba- kumszeitschrift. Nur die Zeitschiene ist eine andere. Während siertem Geschäft aus Management-Sicht im Medienbereich wir eine Lizenz kaufen, weil wir meinen, ein Thema könnte in aus? einem bestimmten Zeitraum funktionieren, kauft ein People- Magazin exklusive Hochzeitsfotos ein oder interviewt ein Sigrun Kaiser: Zunächst ist eine Lizenz ein Blauer Ozean. Be- Nachrichtenmagazin einen Politiker und holt sich so Relevanz setze ich hier eine Produktkategorie, habe ich eine gewisse ins Blatt. Größter Unterschied zu unserem Geschäft: Während Angebotsexklusivität, die mir als Unternehmen Planungssi- wir eine Lizenz meist für mehrere Jahre kaufen, entscheiden https://doi.org/10.15358/1613-0669-2018-2-8, am 06.06.2022, 10:50:07 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 10 MedienWirtschaft 2/2018
Interview People- und Nachrichtenmagazin von Woche zu Woche, was Generell muss man aber sagen, dass wir als Verlag mit unse- für sie der beste Inhalt ist. Lizensieren tun sie diesen aber ren Möglichkeiten des Storytellings in der Lage sind, Themen letztlich auch, wenngleich wir es nicht gewohnt sind, dies so emotional aufzuladen und ihren Lebenszyklus so zu verlän- zu nennen. Die Hochzeitsfotos werden aber über Agenturen gern oder auch einmal eine Pause zu überbrücken, zwischen gehandelt oder über das Brautpaar direkt vergeben, und auch der Veröffentlichung von Büchern oder Filmen etwa; aber al- wenn sein Interview sicher nicht mit Geld bezahlt wird, so ent- les in allem wird ein Magazin, das auf einer TV-Serie basiert, scheidet der Politiker selbstverständlich bewusst, wo er seine auf Dauer auch bei uns kaum überleben können, wenn keine Ankündigungen macht, um die größte Reichweite zu bekom- neuen Staffeln mehr kommen und auch die Ausstrahlung men oder eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen. Und das von Wiederholungen eingestellt wird. Aber das ist bei uns Nachrichtenmagazin geht auf das Interview nur ein, wenn das kein Drama, da wir mit aktuell 58 regelmäßig erscheinenden Angebot auch seinen Vorstellungen entspricht – und lizensiert Magazinen breit aufgestellt sind und ständig neue Themen in einer Win-Win-Situation damit quasi Name, Gesicht und suchen und finden. Aussagen für die nächste Ausgabe. MedienWirtschaft: Die ganze Branche redet seit einigen MedienWirtschaft: Gerade die Medienbranche ist starken Jahren über nichts Anderes als über Digitalisierung und di- Aufmerksamkeits-Konjunkturen unterworfen: Stars und The- gitale Transformation von Medien-Geschäftsmodellen. Be- men, Formate und „brands“ kommen und gehen. Insofern trachtet man Ihre Produktpalette, dann wirkt diese noch im- spielt das Management von Lebenszyklen der Marken wie mer sehr physisch, recht analog und vornehmlich gedruckt. „Prinzessin Lillifee“, „Olchis“ „Bussi Bär“ gewiss eine große Wird das im Kindermedienmarkt Ihrer Meinung nach auch Rolle. Was muss man tun, was kann man tun als Medienunter- in Zukunft so bleiben? Wo sehen Sie für BOE die digitalen nehmen, um Lebenszyklen von solchen Marken zu verlängern? Herausforderungen, vor allem aber die digitalen Chancen? Sigrun Kaiser: Was viele immer überrascht: Im Kinderseg- Sigrun Kaiser: Die Digitalisierung auch im Kinderzimmer ist ment sind die Lebenszyklen von Themen weit länger als ge- eine Realität. Anders jedoch als in erwachsenen Umfeldern meinhin angenommen. Selbst wenn das einzelne Kind seine gibt es bei Kindern kein Entweder-oder. Die App auf dem Tab- Interessen im Halbjahresrhythmus wechselt – oder gefühlt let ist von hoher Begehrlichkeit, das sagt aber nichts über die auch jeden Monat – sind Themen, die Kinder interessieren, Begehrlichkeit eines Magazins im Vergleich aus. Zeitschrift, in der Regel so archetypisch, dass jedes Kind früher oder TV, Tablet – Kinder denken in Themen, nicht in Medienschnitt- später an vielen von ihnen Interesse hat, sodass es zwar na- stellen. Außerdem bietet eine TV-Serie eine andere Art von türlich schnelldrehende Hypethemen gibt, die kommen und Unterhaltung als die Spiele-App und wiederum das Magazin. gehen, die Mehrzahl der Themen haben aber echten und ver- Und solange jedes Medium für sich Exklusives bieten kann, lässlichen Klassikerstatus: Bibi Blocksberg, Lego, die Maus, bleibt die Relevanz gleichermaßen hoch. Playmobil, Barbie, Löwenzahn, WAS IST WAS, Star Wars, Mit Blick auf Magazine heißt das: Immer neue Comics, große Batman – alles Themen aus unserem Portfolio, von denen ein Poster, physische Mal- und Bastelvorlagen, ein dreidimensio Großteil älter als 40 Jahre ist. Der von Ihnen angesprochene nales Extra – all das bietet nur ein Magazin. Außerdem er- Bussi Bär ist 1966 geboren, die Olchis immerhin schon vor freuen sich Magazine wie auch Bücher größter Beliebtheit etwa 25 Jahren und auch das Thema Prinzessin Lillifee ist bei den Eltern, weil Lesen von Papier als Kulturgut gilt und der inzwischen 14 Jahre alt und damit weit davon entfernt, ein Umgang mit Gedrucktem gleichbedeutend ist mit Display- Hype zu sein. Für uns läuft Prinzessin Lillifee unter Moderner Pause. Wir haben daher keinen Grund, uns bange zu machen Klassiker – und ist auch nach zwölf Jahren in unserem Port- vor den digitalen Neuerungen und ihren Begehrlichkeiten. folio noch immer das erfolgreichste Magazin überhaupt für Unsere Zahlen von Verkauf bis Umsatz geben uns recht. Pa Mädchen im Vorschulalter. rallel machen wir mit eigenen Apps seit fünf Jahren unsere digitalen Gehversuche und sind dabei im Rahmen unserer be- grenzten Aktivitäten sehr erfolgreich. Dennoch ist das Print- geschäft unser Unternehmenskern und wird dies auch blei- ben. Seien wir ehrlich: Nur weil das Thema Digital hypt und in aller Munde ist, heißt das leider nicht, dass nicht noch oft Das Lizenz- mehr Geld mit digitalem Content verbrannt als verdient wird. geschäft mit Brands wie MedienWirtschaft: Vor einigen Jahren hat Hubert Burda Prinzessin Media, und damit einer der größten Medienkonzerne in Lillifee prägt Deutschland, die Mehrheit an Blue Ocean Entertainment das Portfolio übernommen. Was hat sich für BOE und auch für Sie als Un- von Blue ternehmerin durch diesen Mehrheitsaktionär geändert? Ocean Sigrun Kaiser: Der Einstieg von Hubert Burda Media war und ist ein großer Glücksfall für uns und für mich persönlich! https://doi.org/10.15358/1613-0669-2018-2-8, am 06.06.2022, 10:50:07 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 2/2018 MedienWirtschaft 11
Interview Auch der Zeitpunkt im Frühjahr 2014, etwa ein Jahr, nachdem nichts. Und ich bin stolz darauf, dass wir bei Blue Ocean in- wir von Lego zum Master Publisher Magazine – damals noch tern, wie aber auch in Form unserer externen Dienstleister für Europa, heute global – ernannt wurden, war ideal, weil und Partner, genau die Personen an Bord haben, die den Un- wir mit Burda als starkem, international aufgestelltem Part- terschied machen. ner im Rücken die nächste Stufe unserer Entwicklung starten konnten. Burda unterstützt uns, wann immer wir Unterstüt- MedienWirtschaft: Sie haben selbst an der Hochschule der zung wünschen und anfordern, gleichzeitig haben wir nichts Medien in Stuttgart Werbetechnik und Werbewirtschaft von unserer Eigenständigkeit eingebüßt, können immer noch studiert. Wenn Sie aus Ihrer jetzigen Perspektive einer das kleine, wendige Schnellboot sein, das wir immer waren. Unternehmensgründerin und Managerin auf Absolventen Burdas Einstieg hat Blue Ocean auf ein neues Level gebracht schauen: Welche Kompetenzen sind heute wichtig, welche und ermöglicht, dass unternehmerische Fantasien und Not- wünschen Sie sich? wendigkeiten Realität werden konnten und können, gerade was den Ausbau unserer Auslandsaktivitäten angeht. Sigrun Kaiser: Es sind die Klassiker, die ich jedem nur emp- fehlen kann, der eine erfolgreiche Berufskarriere anstrebt: MedienWirtschaft: Hubert Burda hat einmal gesagt: „Medien Fleiß, eine solide, möglichst breit angelegte Grundausbildung, sind people business“. Können Sie das bestätigen? Sie kom- die Bereitschaft, sich sowohl ständig fortzubilden wie sich mentierten das wirtschaftliche Ergebnis von Blue Ocean selbst und andere zu hinterfragen, dazu Demut vor den über Entertainment im vergangenen Jahr mit den Worten: „Eine tragenen Aufgaben, die Willigkeit zu kommunizieren sowie fantastische Teamleistung, die ihresgleichen sucht“. die Fähigkeit zur Transferleistung, um Daten, Fakten und Er- fahrungen möglichst effektiv einsetzen zu können. In meinem Sigrun Kaiser: Ich unterschreibe diesen Satz von Hubert persönlichen Alltag helfen mir konkret mein analytisches Burda sofort eins zu eins! Bei aller fortschreitenden und Gespür, meine Fähigkeit, scharf zu beobachten, logische notwendigen Technisierung der Medienwelt wird es für ein Schlüsse aus meinen Erkenntnissen zu ziehen und daraus besonderes redaktionelles Angebot doch immer den Men- Strategien abzuleiten. Generell kann ich jedem empfehlen, schen, seine Inspiration, seine Emotion, seine Leidenschaft, sich einen Job zu suchen, der einem auch wirklich Spaß seine Empathie brauchen. Von der Auswahl der Themen, macht. Man verbringt ja nicht wenig Zeit am Tag mit seinem die so neu sind, dass es noch keine Algorithmen gibt, die Beruf… Und für jeden, der sich selbstständig machen will: über Wohl oder Wehe entscheiden, über ihre kreative und Neben Mut und Konsequenz hilft auch Kritikfähigkeit. zielgruppengerechte Umsetzung bis hin zum persönlichen, überzeugenden Einsatz von Marketing bis Vertrieb, um ein MedienWirtschaft: Eine letzte persönliche Frage: Zu Beginn Produkt im Markt so sichtbar und verfügbar zu machen, wie Ihrer beruflichen Laufbahn haben Sie als Erzieherin gearbei- es ihm gebührt, geht gerade im Kinderzeitschriftensegment tet. Gibt es etwas aus dieser Zeit, wovon Sie noch heute als CEO eines Medienunternehmens profitieren? Sigrun Kaiser: Auch wenn wir in unserem Alltag mit tollen, Unternehmensgeschichte begeisternden Themen für Kinder arbeiten dürfen, habe ich Die Blue Ocean Entertainment AG wurde 2005 gegründet es natürlich überwiegend mit Erwachsenen zu tun, die mei- – u.a. von der heutigen Vorstandsvorsitzenden Sigrun ner erzieherischen Einflussnahme natürlich nicht mehr be- Kaiser. Im Sommer 2006 erschien mit „Prinzessin Lilli- dürfen. Wir sind ja nicht im Bällebad, sondern im Büro. (lacht) fee“ das erste Magazin und wurde zum Verkaufserfolg. Was aber unsere Produkte und unsere Zielgruppe angeht, ist Seither ist das Stuttgarter Medienhaus – Hubert Burda meine Ausbildung natürlich Gold wert. Da meine Arbeit meis- Media stieg 2014 als Mehrheitsgesellschafter ein – auf tens am Schreib- oder Konferenztisch passiert, ist mein Kon- Wachstumskurs: Aktuell verlegt Blue Ocean, meist auf takt zur Zielgruppe heute naturgemäß recht eingeschränkt. Basis von Lizenzen aus dem Buch-, TV-, Film- oder Spiel- Zu wissen wie Kinder aber ticken, wie sie auf potenzielle waren-Sektor, rund 60 Zeitschriften, darunter den Seg- Themen reagieren, ist für den Erfolg unseres Unternehmens ment-Primus „Lego Ninjago“ mit monatlich über 220.000 unerlässlich. Da helfen mir neben meiner inzwischen gut verkauften Exemplaren (IVW 2/2018), und ist damit 25-jährigen Erfahrung als Verlagsmanagerin und den Erleb- Marktführer für Kinderzeitschriften in Deutschland. Zum nissen mit meinen beiden Töchtern auch noch täglich meine Verlagsprogramm gehören neben Magazinen auch Sti- Erinnerungen an die Zeit als Erzieherin. Ist zwar inzwischen cker- und Kartensammelserien sowie Apps und eBooks. ein paar Tage her, aber Kinder ticken viel traditioneller, als Außerdem lizensiert Blue Ocean redaktionelle Inhalte an die meisten denken… zahlreiche Partnerverlage in Europa, Asien und Ameri- ka. 2017 lag der Firmenumsatz bei 74,3 Millionen Euro. MedienWirtschaft: Vielen Dank für das Gespräch! Blue Ocean beschäftigt in Stuttgart 121 festangestelle Mitarbeiter. Hubert Burda Media hält rund 90 % der Un- Das Interview führte Prof. Dr. Boris Alexander Kühnle, ternehmsanteile, Sigrun Kaiser die übrigen knapp 10 %. Hochschule der Medien Stuttgart https://doi.org/10.15358/1613-0669-2018-2-8, am 06.06.2022, 10:50:07 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 12 MedienWirtschaft 2/2018
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