Erhaltung von modernen und zeitgenössischen Außenskulpturen
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Verband der Restauratoren e.V. Erhaltung von modernen und zeitgenössischen Außenskulpturen von Frederike Breder, Julia Giebeler, Kaska Kmiotek-Nogalski, Rutger Morelissen und Verena Panter 26. April 2011 Die Erhaltung von modernen und zeitge- über zu informieren, aktuelle Forschungspro- nössischen Außenskulpturen stellt für alle Ver- jekte zu vernetzen und somit zur Steigerung antwortlichen eine besondere Herausforderung der Wertschätzung von Außenskulpturen bei- dar. Durch den fehlenden Schutz des musealen zutragen. Als ersten Schritt hat die Arbeits- Raumes können Erhaltungsmaßnahmen nicht gruppe, basierend auf eigenen Untersuchungen in vergleichbarer Weise getroffen werden wie und praktischen Erfahrungen der Mitglieder, bei Kunstwerken, die innerhalb eines Muse- wichtige Basisinformationen für den Umgang ums präsentiert und bewahrt werden. Lange mit Außenskulpturen zusammengestellt. Für Zeit wurde die konservatorische und restaura- alle Interessierten und als Ausgangspunkt für torische Betreuung von Außenskulpturen und die weitere Arbeit der „Gruppe Außenskulp- -installationen vernachlässigt, da die Kennt- tur“ werden Einflüsse und Risiken, denen Au- nisse über einen adäquaten Umgang nicht aus- ßenskulpturen ausgesetzt sind, vorgestellt so- reichend vorhanden waren. Die Tatsache, dass wie Möglichkeiten der Erfassung des Bestan- hier aktueller Forschungs- und Handlungsbe- des genannt. Die Frage welche Pflege und War- darf existiert, führte zu der Idee der Fach- tung Außenskulpturen benötigen und was bei gruppe Moderne Kunst – Kulturgut der Mo- der Restaurierung dieser Objekte zu beachten derne des VDR das Symposium „Stiefkinder ist, wird ebenfalls erörtert. Darüber hinaus soll in Sammlungen – moderne und zeitgenössi- ein erster Überblick über die verantwortlichen sche Außenskulpturen und der restauratori- Stellen gegeben und Möglichkeiten aufgezeigt sche Umgang mit ihnen“ am 24. und 25. Sep- werden, durch Öffentlichkeitsarbeit die Situa- tember 2009 in der Kunsthalle Mannheim zu tion von Außenskulpturen zu verbessern. veranstalten. Hier entwickelte sich die Idee der Gründung einer Arbeitsgruppe, die zum Ziel hat den fachlichen Austausch über die Erhal- tung von Außenskulpturen zu fördern, dar- 1
Abb. 1: Ausgeblichene Wandmalerei auf Beton Abb. 2: Algen, Flechten und Moose auf einer Quelle: Archiv Panter & Kmiotek Restauratorinnen Partnerschaft Skulptur aus nichtrostendem Stahl Quelle: Archiv Museum Abteiberg Risikoanalyse und mäße Handhabung. Schließlich gibt es auch immaterielle schädigende Faktoren Schäden: Kunstwerke können durch Stand- ortwechsel nicht auffindbar sein. Durch Die Verwaltung einer Sammlung von Au- Veränderung der Umgebung und durch den ßenskulpturen gleicht in mancher Hinsicht Verlust der Kenntnis darüber oder das Feh- der einer Museumssammlung, zum Bei- len einer Dokumentation kann eine Skulp- spiel bei Neuerwerbungen, Standortfragen, tur einen Teil ihres Kontextes und dadurch Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit. ihrer Bedeutung verlieren. Es gibt jedoch einen gravierenden Unter- Die Erhaltung der Außenskulpturen wird schied: Es fehlt der Schutz des musealen durch die große Diversität der vorkom- Umfeldes. Schutzmaßnahmen, die Klima, menden künstlerischen Materialien und de- Licht und Sicherheit betreffen, können da- ren Kombinationen erschwert. Die spezifi- her nicht in vergleichbarer Weise getrof- schen Eigenschaften der eher in der tradi- fen werden. Dies hat zur Folge, dass die- tionellen Bildhauerei benutzten Materiali- se Kunstwerke zusätzlichen und oft schwer- en wie Stein und Bronze sind bereits gut wiegenden Risiken ausgesetzt sind. Ver- erforscht. Dies gilt jedoch nicht für moder- schiedene Umweltfaktoren beeinflussen den ne Materialien, für deren optimale Instand- Zustand der Werke. Dazu gehören klimati- haltung und Restaurierung eine vermehr- sche Einflüsse wie Regen, Wind, Sonne und te Forschungstätigkeit eine Grundvoraus- Temperaturunterschiede (Abb. 1). setzung darstellt. Neben der Erhaltung des Hinzu kommen Schäden, die durch Vege- Materials kommt bei komplexen Installa- tation wie Pflanzen-, Moos- und Algenbe- tionen zusätzlich die Herausforderung der wuchs sowie durch Vogelexkremente, Urin Aufrechterhaltung der Funktionalität hin- und Schädlingsbefall hervorgerufen werden zu. (Abb. 2). Aber auch der Mensch beeinflusst In Abhängigkeit von den Materialien häufig den Zustand der Kunstwerke, sei es des Kunstwerkes, vom Standort und den absichtlich durch Vandalismus und Dieb- Umweltbedingungen kann ein und dersel- stahl oder unabsichtlich bei Schädigungen be Schadensfaktor unterschiedliche Auswir- durch Berührung, Transport und unsachge- kungen auf Objekte haben. Um Risiko- und 2
Schadensfaktoren entgegenzuwirken, müs- wert2 , ein Kunstwerk permanent zu schüt- sen diese bei einer Bestandsaufnahme er- zen. Allerdings können periodische Maß- kannt und deren Risikopotenzial einge- nahmen wie der Winterschutz von Kunst- schätzt werden. Davon ausgehend kann be- werken aus empfindlichen Materialien (z.B. stimmt werden, welche Risiken als erstes porösem Kalkstein oder Marmor) das Risi- oder am leichtesten ausgeräumt werden ko während der Frostperiode erheblich re- können. In der Museumswelt besteht schon duzieren. seit langem das Bewusstsein für diese Not- wendigkeit. Demzufolge wurde bereits eine Methodik zur Risikoanalyse und zum Ri- Bestands- und sikomanagement entwickelt.1 Nach dieser Methodik werden die Risiken in folgende Zustandserfassung zehn Gruppen eingeteilt: Eine Bestandserfassung bildet die Grundla- • Physikalische Kräfte ge der Betreuung der Außenskulpturen, der wissenschaftlichen Bearbeitung und dient • Diebstahl, Vandalismus und Transport nicht zuletzt auch als Nachweis für die • Feuer Versicherung im Falle eines Schadens oder Diebstahls. Ein Bestandsverzeichnis, bei- • Wasser spielsweise für Skulpturen in einer Stadt sollte Basisinformationen wie die genaue • Verschmutzung Bezeichnung des Objektes, Künstler, Titel, • Schädliche Organismen Material, Maße, Datierung und Standort sowie den Eigentümer bzw. die zuständi- • Strahlung ge Institution aufführen. Darüber hinaus müssen Informationen zur Aufstellung er- • Temperatur fasst werden: Aus wie vielen Elementen besteht die Skulptur? Gehört der Sockel • Relative Luftfeuchtigkeit zum Kunstwerk? Ist eine Objektbeschrif- • Dissoziation tung vorhanden? Sind der Standort und das Umfeld wichtig für den Kontext? Ist Durch die Anwendung der Methodik der eine bestimmte Ausrichtung gewünscht? Risikoanalyse und des Risikomanagements Als erster Schritt bei der Bestandserfas- kann möglichen Schadensursachen vorge- sung ist ein Abgleichen und Zusammenfüh- beugt werden. Die Verwitterung eines ren der zur Verfügung stehenden Quellen Kunstwerkes kann durch Schutz vor dem durchzuführen.3 Einfluss eines oder mehrerer der aufgeführ- In einem zweiten Schritt wird gezielt ten Faktoren reduziert werden. Nicht in je- nach Kunst im öffentlichen Raum gesucht, dem Fall ist es möglich oder wünschens- die in den bisher bekannten Quellen nicht 1 2 Jonathan Ashley-Smith (Victoria & Albert Muse- Dabei sind beispielsweise die Intention des Künst- um, London), Robert Waller (Canadian Museum of lers und die Wahrnehmbarkeit des Kunstwerkes zu Nature, Ottawa), Stefan Michalski (Canadian Con- beachten. 3 servation Institute, Ottawa), Bart Ankersmit und Zu diesen Quellen können gehören: Agnes Brokerhof (Netherlands Institute for Cultu- Außenskulpturen-Listen städtischer Ämter, Inven- ral Heritage) lieferten wichtige Beiträge zu diesem tarlisten der Museen, Hinweise kunstinteressierter Forschungsgebiet. BürgerInnen etc. 3
dokumentiert ist. Die Verwaltung der Ob- (Tab. 1). Für die Bearbeitung vor Ort ha- jektdaten erfolgt im Idealfall innerhalb ei- ner Datenbank, da diese leicht zu aktuali- Vandalismus Graffiti, Aufkleber, Abfall, Ritzun- sieren ist und eine komplexe Recherche er- gen, Kaugummis möglicht. Es empfiehlt sich, auf ein beste- Biologisch Pflanzenbewuchs, Moos-, Algen- bewuchs, Biofilm, Vogelexkremen- hendes und bei den lokalen städtischen In- te, Urin stitutionen bereits verwendetes System zu- Physikalisch- Wasserlaufspuren, Korrosion, Kalk- rückzugreifen.4 Chemisch ablagerungen, Verschwärzungen Durch eine reine Bestandserfassung ist es Mechanisch Kratzer, Dellen, Fehlstellen, Aus- möglich, erste Aussagen über die Anzahl brüche, Abreibungen der Oberflä- che durch Anfassen und Verteilung der Objekte zu machen, al- Sonstiges Taubennetz über der Skulptur, an- lerdings nicht über die Richtigkeit dieser gebrochene Ecke des Sockels Daten und den Zustand der Objekte. Ne- ben dem inhaltlichen Abgleichen von Quel- Tab. 1: Zustandsbeschreibung in Stichworten nach Gruppen len ist es unerlässlich die Objekte aufzusu- chen, um die Angaben zu überprüfen, zu aktualisieren und zu vervollständigen. Die ben sich Formblätter bewährt, deren Inhalt Position der Objekte kann dabei zusätz- später in die Datenbank übertragen wer- lich durch GPS-Daten ergänzt werden. Die den kann. Eine Beschreibung des Umfeldes somit aktualisierte Bestandsliste muss den ist ebenfalls wichtig, um entsprechend den Ämtern5 , die mit den Außenskulpturen zu Anforderungen einer Risikoanalyse mögli- tun haben, zur Verfügung gestellt werden. che Quellen (z.B. eine Baustelle, ein Spiel- Die Koordination und die Verwaltung der platz) für Schäden zu identifizieren und ge- Daten sollte an zentraler Stelle vorgenom- gebenenfalls Maßnahmen einleiten zu kön- men werden. Wünschenswert ist es, dass ei- nen. ne solche Liste online verfügbar ist und bei Der Zustand sollte neben einer Beschrei- Bedarf herunter geladen werden kann. bung auch durch Noten von 1 bis 4 fest- Parallel zur Überprüfung der Basisin- gehalten werden, denen Dringlichkeitsstu- formationen muss eine Zustandserfassung, fen im Hinblick auf konservatorische und d.h. eine fachliche Begutachtung der Ob- restauratorische Maßnahmen entsprechen. jekte und ihrer Umgebung vorgenommen Um eine aussagekräftige Beurteilung auch werden. Der Erhaltungszustand muss de- im Hinblick auf eine spätere Auswertung tailliert beschrieben. Dazu bietet sich ei- der Datenbank zu erreichen, ist es zu emp- ne Unterteilung in Schadensgruppen an fehlen die Klassifizierung nach Susanne Keene6 zu wählen (Tab. 2). Auf Grundla- 4 Als Beispiel kann hier die Software zur Dokumen- ge dieser Bewertung lässt sich eine Prio- tation kunsttechnologischer und restauratorischer Informationen, MIDAS – KuR, genannt werden, ritätenliste erstellen, die Objekte mit ei- die bereits in Köln verwendet wird. (Tobias Nagel: nem akutem Bedarf an Maßnahmen hervor- MIDAS – KuR1.0. Regelwerk zur EDV-gestützten hebt. Mithilfe der Zustandsbeurteilung und Dokumentation kunsttechnologischer und restau- ratorischer Informationen. In: Uwe Peltz, Olivia der Prioritätenliste können auf lange Sicht Zorn (Hsrg.): KulturGUTerhalten. Standards in der Intervalle für eine regelmäßige Betreuung Restaurierungswissenschaften und Denkmalpflege. Berlin 2009, S. 53-56.) (Pflegeplan) der Außenskulpturen erarbei- 5 Hierzu gehören beispielsweise das Kulturamt, das 6 Denkmalamt, das Grünflächenamt, das Stadtpla- Suzanne Keene: Managing Conservation in Muse- nungsamt etc. ums. Oxford 2002. 4
1 gut aus Metall, Beton, Naturstein oder glasfa- 2 stabil, keine Sofortmaßnahmen erforderlich serverstärkten Kunststoffen besonders wi- 3 instabil, Maßnahmen empfehlenswert bis derstandsfähig sind. Doch oftmals präsen- notwendig tieren sich Außenskulpturen in einem dra- 4 inakzeptabel, dringende Maßnahmen erfor- matisch schlechten Zustand. Die vermeint- derlich lich stabilen Materialien sind, wie zuvor Tab. 2: Beurteilung des Zustandes in vier Scha- beschrieben, extremen Bedingungen und densklassen nach Keene zahlreichen, schädigenden Einflüssen aus- gesetzt. Die regelmäßige Pflege und War- tung dient dem Erhalt des Materials, der tet werden.7 Ästhetik im Sinne der intendierten Objekt- Nach Aufarbeitung und Aktualisierung wirkung und somit auch dem Werterhalt. der Bestandsliste ist es wichtig, die Da- Zudem steigt bei gut gepflegten Objekten ten durch die erwähnte „zentrale Stelle“ die Hemmschwelle und verhindert die ex- zu pflegen und stetig zu ergänzen. An den ponentielle Vermehrung von Vandalismus- Objekten durchgeführte Maßnahmen müs- schäden. Während Museen oft von ausge- sen mit Datum und Bearbeiter erfasst wer- wähltem Publikum besucht werden, sind den, wobei auch die verwendeten Materia- Außenskulpturen einer breiten Öffentlich- lien festgehalten werden sollen. Die Betreu- keit präsent. Die Verantwortlichen sollten ung der Außenskulpturen kann nur so gut erkennen, dass Außenskulpturen gepflegt sein wie die Kenntnis über sie. Somit bie- werden müssen und regelmäßige Erhal- tet eine Vertiefung der Recherche zum Kon- tungsmaßnahmen implementieren. Künst- text der Objekte, neben dem Wissen um ler versehen ihre Objekte oft schon nach technische Daten und Zustand, wichtige In- der Herstellung mit schützenden Schich- formationen zu Herkunft und ursprüngli- ten. Durch mangelnde Pflege aber können cher Intention. Erst die verschiedenen Be- Kunstwerke irreversibel verändert und ge- deutungsebenen erlauben es, den Wert ei- schädigt werden. nes Objektes zu erkennen und Maßnahmen darauf abzustimmen. Der Bedarf an Pflege ist unterschiedlich in Art und Regelmäßigkeit. Verschiedene Pflege, Wartung und Materialien erfordern angepasste Maßnah- Prävention men. Darüber hinaus spielt auch die künst- lerische Intention eine Rolle, denn manch- Eine wichtige Voraussetzung für die Erhal- mal kann Veränderung beabsichtigt sein. tung von Außenskulpturen ist das Bewusst- Doch ist nicht jede Form von beispielsweise sein für die Notwendigkeit ihrer Pflege. Bronzekorrosion unbedenklich, auch wenn Häufig wird angenommen, dass Skulpturen unter den Begriffen Patina und Grünspan meist positive und zusätzlich schützende 7 Ein erster Pflegeplan wurde 2007 im Rahmen eines Veränderungen verstanden werden. Wenn Pilotprojektes für 25 Skulpturen in Berlin entwi- ckelt und befindet sich in der Erprobung. (York sich aber durch Luftverschmutzung parti- Rieffel: Inspektion, Pflege und Wartung als Strate- ell schwarze Krusten gebildet haben, dann gisches Konzept in der Denkmalpflege am Beispiel der Standbilder Unter den Linden in Berlin. Auszug entspricht dies nicht einer gewünschten, na- aus der Masterarbeit. Berlin 2007, S. 8.) türlichen Patina (Abb. 3). Viele Bronze- 5
Abb. 3: Schwarze Konglomeratschichten beein- Abb. 5: Punktuelle Korrosion einer Skulptur aus trächtigen die Ablesbarkeit der Plastik Ar- nichtrostendem Stahl Quelle: Archiv Restaurie- chiv Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH rungsatelier „Die Schmiede“ GmbH satz zu sehr alten Bronzen, bei denen die Patina als wertvoll angesehen wird, kann es gerade bei modernen und zeitgenössischen Bronzeplastiken notwendig sein, entspre- chend der Künstlerintention eine Verände- rung der Oberflächen durch Pflegemaßnah- men zu vermieden. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die den Erhalt von Außenskulpturen unterstützen, gehört u.a. die regelmäßige Reinigung, die verschiedenen Schadensbildern entgegen- wirkt. Vermeintlich besonders beständige Abb. 4: Bronzeoberfläche mit künstlicher Patinie- rung Quelle: Archiv Restaurierungsatelier „Die Materialien, wie beispielsweise nichtrosten- Schmiede“ GmbH der Stahl benötigen Reinigung in bestimm- ten Abständen, da Schmutz die Passivität plastiken8 von Künstlern wie beispielswei- der Oberfläche beeinträchtigt (Abb. 5).11 se Henry Moore, wurden in schwarz, braun Luftverschmutzung und Staubniederschlag, oder changierenden Farbtönen künstlich der Metallionen und Salze enthält, besitzen patiniert (Abb. 3).9 Die Praxis zeigt aller- eine korrosive Wirkung. Desweiteren kann dings, dass dies oft nicht ausreichend be- Vogelkot zu starker partieller Schädigung kannt ist und diese Oberflächengestaltung von Oberflächen führen, da dieser säure- bei ungeschützten Werken im Freien durch haltig ist (Abb. 8). Graffiti können je nach natürliche Patina- beziehungsweise Korro- Porösität des Materials in die Struktur sionsschichten verändert wird.10 Im Gegen- eindringen und auch nach der Entfernung 8 Der Begriff Bronze wird im Text für Kupferbasisle- temporary outdoor sculpture conservation – chal- gierungen verwendet. lenges and advances. S. 4-6. In: The Getty Conser- 9 Julie Summers: Guilding the Lily. The patination of vation Institute Newsletter Volume 22, Number 2, Hernry Moore’s bronze sculptur. S. 145. In: From 2007. marble to chocolate, The conservation of modern 11 Nancy Baddoo, Informationsstelle Edelstahl Rost- sculpture. London 1995. frei, Merkblatt 965: Reinigung nichtrostender Stäh- 10 Derek Pullen and Jackie Heuman: Modern and con- le im Bauwesen. Brüssel 2009, S. 2. 6
Abb. 6: Auseinanderaltern der Beschichtung auf- grund partieller Abdeckung durch Graffiti Abb. 8: Vogelkot auf einer Bronzeoberfläche Quelle: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH und Aufkleber Quelle: Archiv Museum Abteiberg Abb. 7: Veränderung der Korrosion durch Graffiti Abb. 9: Reinigung einer Bronzeplastik Quelle: Archiv Quelle: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmie- Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH de“ GmbH einen Schatten zurücklassen. Wenn Graffi- derdruckstrahlen mit Wasser oder Dampf ti über Monate oder Jahre auf der Ober- erfolgen. In jedem Falle muss auf eine fach- fläche verbleiben, können sich ihre Spuren kundige Ausführung geachtet werden, da in die Oberfläche einbrennen (Abb. 6). Bei zu starke Reinigungs- und Hilfsmittel zu Bronzen beispielsweise kann die Korrosion verheerenden Schäden führen können. Kor- der Oberfläche im Bereich des Graffitilacks rosionsminderung, Entfernung von Krusten partiell verhindert werden, während sich und geschädigten Lacken sind keinesfalls die Umgebung entsprechend der Umwelt- Teil einer präventiven Reinigung, sondern bedingungen verändert (Abb. 7). Daher ist stellen weitreichende Maßnahmen dar. meist schnelles Handeln erforderlich. Für Neben der Reinigung ist es empfehlens- die grundsätzlich gebotene Oberflächenrei- wert die Oberflächen durch das Aufbrin- nigung ist die Verwendung von geeigne- gen einer Schutz- und Verschleißschicht ten Schwämmen, Tüchern oder Bürsten mit zu konservieren. Diese sind wasser- und Zusatz von neutralen Tensiden und ent- schmutzabweisend und ermöglichen somit sprechender Nachreinigung bereits ausrei- eine leichte Entfernung von beispielsweise chend (Abb. 9). Bei entsprechender Bestän- Graffiti und Vogelkot bevor diese die Ober- digkeit des Materials kann auch das Nie- fläche angreifen können. Bei porösen Ober- 7
mischungen, Acrylate und sogenannte Bio- polymere (Polysaccaride und Stärke) ein- gesetzt.14 Temporäre Schutzschichten wir- ken als Opferschicht und werden mit dem Graffiti entfernt. Im kommerziellen Bereich erfolgt die Entfernung meist mit warmem Wasser und Hochdruck oder Chemikalien. Bei Reinigung von Außenskulpturen soll- te dass Hochdruckstrahlen weitestgehend vermieden werden, da durch die Strahlwir- kung möglicherweise Schädigungen entste- hen können und der Prozess während der Abb. 10: Konservierung einer Bronzeplastik Quel- Anwendung nur unzureichend zu kontrol- le: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH lieren ist. Als permanenter Graffitischutz ist ein Überzug mit zweikomponentigen Po- flächen wird zudem das Eindringen von lyurethanharzen und Epoxidharzen zu ver- im Wasser gelösten Salzen verhindert und stehen.15 Von diesen Überzügen ist jedoch bei Objekten aus Metall die Korrosion ge- abzuraten, da beispielsweise Epoxidharze bremst. Je nach Materialbeschaffenheit des mit der Zeit vergilben. Polyurethane sind Kunstwerkes kommen verschiedene Schutz- zwar je nach Auswahl der Einzelkomponen- möglichkeiten in Frage. Zu den meist ver- ten besonders widerstandsfähig und ver- wendeten Schutzüberzügen gehören Wach- gilbungsbeständig, dennoch sollten unbe- se, Öle, Kunstharze und Kunstharzdisper- schichtete Objekte nicht im Rahmen einer sionen.12 Für Bronzen haben sich beispiels- Pflege mit einem permanenten Schutz ver- weise mikrokristalline Polyethylenwachse sehen werden. Permanente Beschichtungen bewährt (Abb. 10).13 Häufig eignen sich sind nur mit erheblichem Arbeitsaufwand, auch wasserbasierte Konservierungsmittel starken Lösungsmitteln oder abrasiven Ver- wie Wachsacrylemulsionen. Da die Haltbar- fahren zu entfernen, die sich meist verbie- keit von Schutzüberzügen von Umgebungs- ten. Ein Nacharbeiten von lackierten Flä- und Witterungsbedingungen abhängig ist, chen ist schwer möglich, da Übergänge von empfiehlt sich erfahrungsgemäß eine jähr- neuem und altem Klarlack sichtbar bleiben liche Kontrolle und ein Nachkonservieren können. nach spätestens drei Jahren. Im kommerzi- Kunstwerke aus nichtrostendem oder ellen Graffitischutz unterscheidet man zwi- phosphorlegiertem Stahl (Cor Ten Stahl) schen temporären und permanenten Syste- sollten weder mit Wachsmischungen noch men. Als temporärer Schutz werden Wachs- mit Kunstharzen beschichtet werden, da ih- re Wirkung auf sich nachbildenden Schutz- 12 B. Considine, J. Wolfe, K. Posner und M. Bouchard: schichten beruht und ihre Optik nicht be- Conserving outdoor sculpture. Los Angeles 2010, S. einflusst werden sollte. Bei allen zur Kon- 76. 13 14 Vgl. B. Considine, J. Wolfe, K. Posner und M. Landesdenkmalamt Berling: Merkblatt Graffitient- Bouchard: Conserving outdoor sculpture. Los An- fernung und Graffitiprophylaxe an denkmalgeschüt- geles 2010, S. Xi-Xv und Josef Riederer: Der der- zeten Objekten. Berlin 2004, S. 2. 15 zeitige Kenntnisstand bei der Restaurierung von Gütegemeinschaft Antigraffiti e.v. URL: http: // Metalldenkmälern. S. 182-183. In: Metallrestaurie- www . anti - graffiti - verein . de / produkte . html rung/Metal Restauration, München 1998. (13.12.2010). 8
Abb. 11: Korrosion entlang der Pinselstriche durch Abb. 12: Kontaktkorrosion durch die Verbindung einen unregelmäßigen, nicht gewarteten von Normalstahl und nichtrostendem Schutzanstrich Quelle: Archiv Restaurierungs- Stahl Quelle: Archiv Restaurierungsatelier „Die atelier „Die Schmiede“ GmbH Schmiede“ GmbH servierung aufgetragenen Materialien ist auf eine gleichmäßige Applikation zu ach- festigungselemente durch dauerhafte Mate- ten, vor allem wenn sie nicht in regelmä- rialien ausgetauscht werden. Dabei ist dar- ßigen Intervallen kontrolliert und erneu- auf zu achten, dass das eingebrachte Mate- ert werden. Andernfalls kann es zum Aus- rial nicht in Wechselwirkung mit der Origi- einanderaltern der unterschiedlich stark nalsubstanz tritt. So kann Normalstahl bei- geschützten Bereiche kommen. Bei un- spielsweise durch Korrosion zu Verfärbun- regelmäßigem Konservierungsmittelauftrag gen des Originals führen. Bei der Kombina- können sich beispielsweise Pinselspuren ab- tion von unterschiedlichen Metallen kann zeichnen (Abb. 11). Pflegemaßnehmen für es aufgrund von Potentialunterschieden zu Außenskulpturen sollten für jede Skulp- verstärkter Korrosion kommen (Abb. 12). tur individuell ausgewählt werden. Ob eine Daher sollte bei Überprüfung und Herstel- Konservierung erforderlich ist, welche Mit- lung von Standsicherheit auf geeignete Ma- tel und Auftragstechniken verwendet wer- terialkombinationen geachtet werden. Zum den, muss immer auf das Objekt und seine Schutz vieler Objekte reichen oft schon ein- Materialiebeschaffenheit abgestimmt wer- fache Pflegemaßnahmen aus und die Kos- den. ten für Prävention sind im Vergleich zu um- Neben der Pflege der Oberfläche spielen fangreichen Restaurierungsmaßnahmen ge- Standsicherheit und Statik eine wichtige ring. Darüber hinaus sind Schäden durch Rolle, vor allem wenn Objekte für Besucher mangelnde Pflege oft irreversibel und mit und Passanten frei zugänglich sind. Denn einem Verlust an originaler Optik und Ma- Kunstwerke werden meist nicht nach DIN- terial verbunden. Neben den beschriebe- Normen gefertigt, die Eigentümer aber da- nen Pflegemaßnahmen sind Standortpfle- für verantwortlich, die Sicherheit der Um- ge und Sicherungsmaßnahmen nicht zu un- gebung zu gewährleisten. Die Überprüfung terschätzen. Reduzierung von Pflanzenbe- der Standsicherheit sollte daher Teil der wuchs, die Installation von Beleuchtung, regelmäßigen Wartung sein. Bei Bedarf Bewegungsmeldern und Kameras sowie ei- können entsprechende zusätzliche statische ne Diebstahlsicherung sind ein wichtiger Einbauten vorgenommen werden oder Be- Teil der präventiven Konservierung. 9
Abb. 13: Demontage einer Außenskulptur Quel- Abb. 14: Zustand einer Betonplastik vor und nach le: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ Betonsanierung und Neufassung Quel- GmbH le: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH Restaurierung Die Restaurierung von modernen Außens- kulpturen stellt den Restaurator vor vielsei- tige Aufgaben. Zum einen ist er mit einer Vielfalt an Materialien befasst, deren Re- staurierung fundierte Kenntnisse erfordert, zum anderen handelt es sich häufig um großformatige und schwere Objekte. Viele Werke können nur vor Ort behandelt wer- den, bei anderen erfordert die Handhabung während des Transports und der Restaurie- Abb. 15: Betonsanierung Quelle: Archiv Restaurierungs- atelier „Die Schmiede“ GmbH rung eine entsprechende Infrastruktur aus Kran und Hebewerkzeugen (Abb. 13). Die Praxis zeigt, dass zum Erhalt ei- grunde liegen. Allerdings darf nicht auf nes Werkes im Außenbereich weitreichende Maßnahmen verzichtet werden, die für Maßnahmen erforderlich werden können. einen langfristigen Erhalt und die Erlebbar- Ist beispielsweise eine Lackschicht stark ge- keit eines Werkes notwendig sind.16 schädigt, kann eine vollständige Erneue- Teils noch heute werden viele Objekte rung notwendig werden. Schäden an Be- nicht von Restauratoren bearbeitet, son- tonskulpturen durch Korrosion der Stahl- dern von Betrieben mit handwerklichem bewehrung im Inneren erfordern beispiels- Hintergrund, die zum Teil technisch ein- weise eine tiefgreifende Sanierung (Abb. 14 wandfreie Lösungen finden, aber keinerlei und Abb. 15). Solche Maßnahmen be- Sensibilität für den Wert von Originalober- schränken sich nicht allein auf die Erhal- flächen besitzen. Beispiele dafür sind sand- tung des ursprünglichen Materials und kön- 16 Für die Konzeptentwicklung für moderne und zeitge- nen nicht wieder Rückgängig gemacht wer- nössische Kunstwerke hat sich das Decision-Making den. Die Kenntnis der restaurierungsethi- Model (Entscheidungsfindungsmodell) bewährt. In: Ijsbrand Hummelen (Hrsg.) und Dionne Sillé: Mo- schen Grundsätze aus der klassischen Re- dern Art: Who cares? Amsterdam 2005, Zweite staurierung sollten den Entscheidungen zu- Auflage, S. 164-171. 10
– Entfernung von Graffiti und Aufklebern – Erneuerung von Lack- und Farbschichten – Retusche – Bearbeitung von Kratzern • Substanzsicherung – Festigung von Lack- und Farbschichten – Materialfestigung – Kittung – Korrosionsschutz – Konservierung Abb. 16: Raue, sandgestrahlte Bronzeoberfläche Quelle: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmie- de“ GmbH • Strukturelle Maßnahmen – Befestigung von abgebrochenen Elementen – Schließen von Rissen gestrahlte Bronzen sowie die unnötige Er- – Bearbeitung von Deformationen neuerung von Farbschichten und Patinie- – Verstärkung von Standfestigkeit und Be- rungen (Abb. 16). Häufig fehlt auch das festigungselementen Wissen über die Künstlerintention, das bei der Restaurierung moderner Kunstwerke Der Umgang mit Kunstwerken im Außen- essentiell ist. Beispielsweise kann die Auf- bereich erfordert die Bereitschaft teils weit- tragstechnik einer Farbe sowie ihr Glanz- reichende Maßnahmen auszuführen. Be- grad oder ein spezieller Farbton für den dingt durch die Belastungen im Außen- Künstler wichtig sein. Durch die Bearbei- bereich unterscheidet sich die Restaurie- tung fern von restauratorischen Grundla- rung von Außenskulpturen vor allem bei gen, wurden einige Skulpturen stark verän- der Wahl von Materialien, Techniken und dert. Verfahren von der Bearbeitung von Skulp- Grundlage für jede Restaurierung ist al- turen, die in Innenräumen aufbewahrt wer- so die genaue Untersuchung der verwen- den. deten Materialien und Konstruktionstech- Bei umfangreichen Restaurierungen sind niken sowie ihre Dokumentation. Darüber häufig strukturelle Schäden zu beheben. hinaus sollten die Umgebungsbedingungen Dazu gehören die Befestigung von abgebro- am Standort und das ursprünglich ge- chen Elementen, die Überarbeitung einer wünschte Erscheinungsbild einer Skulptur mangelhaften Innenkonstruktion (Abb. 17) ermittelt werden. Auf dieser Basis kön- und die Behebung von Rissen (Abb. 20). nen dann Restaurierungskonzepte entwi- Zunächst sollte festgehalten werden, welche ckelt werden.17 Häufig durchzuführende, re- Kräfte auf die Verbindung oder die gesamte stauratorische Maßnahmen an modernen Konstruktion wirken. Bei großen und kom- Außenskulpturen sind die folgenden: plexen Objekten kann ein statisches Gut- • Maßnahmen an Oberflächen achten eingeholt werden. – Oberflächenreinigung Es liegt in der Verantwortung des Re- – Korrosionsminderung staurators zu entscheiden, welche Maßnah- 17 men erforderlich sind. Wann beispielsweise Haftor Yngvason: Conservation and maintenance of contemporary public art. Cambridge, Mass., USA ein abgebrochenes Element einer Metalls- 2002, S. 138-143. kulptur verklebt werden kann oder wann 11
Abb. 17: Verstärkung einer Innenkonstruktion Abb. 18: Festigung von Lackschichten an ei- durch zusätzliche Profile Quelle: Archiv ner Skulptur aus glasfaserverstärketem Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH Kunstharz Quelle: Archiv Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ GmbH es mechanisch verbunden, gelötet oder ge- schweißt werden muss. Airbrush-Technik. Der restauratorische Anspruch an Rever- Farbschichten und Lacke sind im Au- sibilität und Wiederbearbeitbarkeit wider- ßenbereich jedoch nicht unbegrenzt halt- spricht oft der essentiellen Notwendigkeit bar. Die Lebensdauer ist stark von unter- Materialien zu wählen, die im Außenbe- schiedlichen Faktoren wie Untergrundma- reich beständig sind. Wenn beispielsweise terial, Umgebungsbedingungen und Pflege Risse in glasfaserverstärkten Kunststoffen abhängig. Hersteller geben die Haltbarkeit verklebt werden, bleibt kaum eine Alterna- von Farbschichten meist mit maximal zehn tive zu zweikomponentigen Klebstoffen. Jahren an. Manche Farbmaterialien halten Für die Restaurierung von Farbschichten sich nur wenige Jahre, andere mehr als vier- sollten ebenfalls besonders beständige Ma- zig Jahre. In letzter Konsequenz kann je- terialien gewählt werden. Kittungen oder doch die vollständige Erneuerung einer Be- Festigungsmittel müssen sehr haltbar sein, schichtung oder Farbschit erforderlich wer- dürfen nicht wasserempfindlich sein, nicht den.18 Priorität hat immer der Erhalt der vergilben oder verspröden (Abb. 18). ursprünglichen Beschichtung oder Farbfas- Retuschemedien dürfen im Sonnenlicht sung. Es liegt indes in der Verantwortung nicht ausbleichen. Die ästhetischen An- des Restaurators zu bestimmen, wann der sprüche an monochrome Lackierungen sind Zeitpunkt für einen Neuanstrich erreicht beispielsweise besonders hoch. Eine befrie- ist. digende Oberflächenerscheinung lässt sich Ein Verzicht auf tiefgreifende Maßnah- meist nur erzielen, wenn auf Methoden men bei der Restaurierung von Außens- aus dem Bereich der professionellen Lackie- kulpturen im Sinne einer reinen Materialer- rung zurückgegriffen wird. Dies bedeutet haltung würde für eine Vielzahl von Objek- beispielsweise, dass ein ausreichend großer ten das Ende ihrer Ausstellbarkeit als Au- Bereich angeschliffen wird, um eine gu- ßenskulptur bedeuten. Oft sind komplexe te Haftung für Grundierungen und Lacke 18 B. Considine, J. Wolfe, K. Posner und M. Bouchard: zu erreichen sowie Übergänge zu schaf- Conserving outdoor sculpture. Los Angeles 2010, S. fen. Der Farbschichtauftrag erfolgt dann in 125. 12
Abb. 19: Airbrusch-Retusche Quelle: Archiv Restaurie- Abb. 20: Einsetzen von Verbindungsankern in eine rungsatelier „Die Schmiede“ GmbH gerissene Skulptur aus glasfaserverstärk- tem Kunstharz Quelle: Archiv Restaurierungs- atelier „Die Schmiede“ GmbH Entscheidungen zu treffen. Aufwändige Re- staurierungsmaßnahmen sind kosteninten- siv und beispielsweise Retuschen können serwänden, auf Dächern, in Innenhöfen, nicht jedes Jahr erneuert werden. Der Re- auf Straßen und Plätzen und berühren da- staurator sollte sich der Verantwortung be- bei verschiedene Zuständigkeiten. Auf die- wusst sein, dass die Maßnahmen nicht ohne se Weise ist es oft schwierig einen An- weiteres wieder rückgängig gemacht werden sprechpartner ausfindig zu machen, um An- können und auf eine akkurate Ausführung fragen zu stellen, Schadensmeldungen zu achten. Hier kann eine enge Zusammen- machen, Maßnahmen einzuleiten, sich be- arbeit von Restauratoren und handwerk- raten zu lassen oder Hintergrundinforma- tionen zur Objektgeschichte zu erhalten. lichen Fachkräften besonders gute Ergeb- Zu den Ämtern, die mit Kunst im öffent- nisse erzielen. Im Idealfall lassen sich Me- lichen Raum befasst sein können, zählen thoden entwickeln, die einerseits eine dau- u.a. die städtischen Museen, das Ordnungs- erhafte Präsentierbarkeit im Außenbereich amt, die Gebäudewirtschaft, das Stadtpla- ermöglichen und andererseits vorschnelles nungsamt, das Grünflächenamt, das Kultu- erneuern von Oberflächen vermeiden sowie ramt oder der Stadtkonservator. Dies be- sowohl dem Alter der Skulptur als auch der deutet für die Betreuung und Pflege der künstlerischen Intention gerecht werden. Objekte nicht nur, dass keine zuständige Stelle mit eigenem Personal vorhanden ist, sondern auch, dass keine finanziellen Res- Verantwortliche Stellen sourcen vorgesehen sind, um die Betreu- ung systematisch angehen zu können. Dar- Die Verantwortung für Außenskulpturen ist aus ergeben sich viele Fragen: Was pas- meist auf eine Vielzahl von Institutionen, siert also, wenn eine Skulptur Schäden auf- Behörden und Ämtern verteilt. In den meis- weist? Wer ist der Ansprechpartner? Wie ten Städten gibt es keine alleinverantwortli- gelangt eine Schadensmeldung an die rich- che Stelle im städtischen Gefüge, weswegen tige Stelle? Wer verwaltet den Gesamtbe- sich die Betreuung und Pflege von Außens- stand und pflegt die Daten? Wie können kulpturen schwierig gestaltet. Außenskulp- Schäden vermieden werden? Wie lässt sich turen befinden sich an den unterschiedlichs- der Zustand fortlaufend kontrollieren? Wer ten Orten, beispielsweise in Parks, an Häu- hat Zugang zu den Objektinformationen? 13
Das Bewusstsein, sich mit dieser Proble- • Anlegen eines Bestandsverzeichnisses matik auseinanderzusetzen, drückt sich auf Seite der Restauratoren in der Bearbei- • Schaffung und Pflege einer Datenbank tung der Thematik „Kunst im öffentlichen Raum“ in Hochschularbeiten und in der • Verwaltung aller relevanten Daten Organisation von Tagungen und Symposi- en wie „’Erwünschte’ und ‚Unerwünschte’ • Koordination der Zustandserfassung der Monumente. Welche Kunst für den (Köl- Außenskulpturen ner) öffentlichen Raum?“19 aus, das 2008 in Köln stattfand oder das eingangs genann- • Erstellung einer Prioritätenliste te Symposium „Stiefkinder der Sammlun- gen“. Auf städtischer Seite bilden sich Ar- • Entwicklung eines langfristigen Pflege- beitsgruppen und Kommissionen, die ver- plans bzw. Betreuungsprogramms suchen, Lösungen für die unbefriedigende Betreuung zu finden und den Stellenwert • Koordination der Erhaltungsmaßnahmen der Kunst im öffentlichen Raum durch an- • Einführung von einheitlichen Objektbe- gemessene Pflege zu verdeutlichen. So wur- schriftungen de in Hannover 2006 eine Kommission ge- bildete, die mit einer „kritischen Bestands- • Förderung von Öffentlichkeitsarbeit aufnahme aller künstlerischen Objekte in der Innenstadt“ beauftragt wurde.20 Wei- • Aufbau und Pflege einer Internetseite terhin wurde in Köln 2009 eine Arbeits- gruppe mit Vertretern kultureller Institu- tionen zusammengestellt, die ein Konzept für die Kunst im öffentlichen Raum entwi- Öffentlichkeitsarbeit ckeln soll.21 Hier wird deutlich, dass eine zentrale Stelle, die über ein eigenes Budget Es ist leider sehr verbreitet, dass Kunst im verfügt und alle Angelegenheiten betref- öffentlichen Raum als minderwertige Kunst fend der Außenskulpturen koordiniert, un- angesehen wird. Dies ist vor allem dar- verzichtbar ist. Zu den Tätigkeitsfeldern22 auf zurück zu führen, dass sich Außens- gehören beispielsweise: kulpturen oftmals in einem desolaten Zu- 19 stand befinden, so dass sie nicht mehr ih- Barbara Hess, Anja Nathan-Dorn (Hrsg.): ’Er- re volle Wirkung entfalten können. Mit wünschte’ und ’Unerwünschte’ Monumente. Welche Kunst für den (Kölner) Raum? 22. Februar 2008. biogenen Filmen und Flechten bewachsen, Köln 2008. mit Graffiti beschmiert, korrodiert, mecha- 20 Thomas Kaestle, Peter Rautmann, Barbara Stra- nisch beschädigt und nicht mehr vollstän- ka: Tradition und Innovation. Stand der Kunst im öffentlichen Raum im Innenstadtbereich Hannover dig vorhanden, werden sie oftmals eher – Perspektiven für deren Pflege und Entwicklung. als Schandfleck denn als Bereicherung des Gutachten der Kommission für Kunst im öffentli- Stadtbildes angesehen. Die Kunstwerke fin- chen Raum der Landeshauptstadt Hannover. Hrsg. v. Landeshauptstadt Hannover. Hannover 2008. den sich im gesamten Stadtbild verteilt und 21 Freundliche, mündliche Mitteilung: Frau Brigitte es ist keine Seltenheit, dass aktuelle Be- Rönn, Kulturdezernat der Stadt Köln, 25.06.2009. standslisten nicht vorhanden sind. In der 22 Virginia N. Naudé, Glenn Wharton: Guide to the Maintenance of Outdoor Sculpture. Washington Folge fehlt es an Verantwortlichen, die sich D.C. 1995, S. 6; Verena Panter: Kunst im öffent- um die Pflege der Außenskulpturen und - lichen Raum nach 1945. Ausarbeitung eines Kon- installationen kümmern. Um dies ermögli- zeptes für den Umgang mit Skulpturen und Plasti- ken im Stadtraum Köln. Unveröffentlichte Diplom- chen und finanzieren zu können, ist es von arbeit. FH Köln 2009, S. 78 großer Wichtigkeit, das nötige Bewusstsein 14
dafür zu schaffen. Dafür müssen sich Insti- • Patenschaften tutionen wie Museen zunächst ihrer Kunst- werke im öffentlichen Raum bewusst wer- Da der schlechte Zustand von Außenskulp- den und sie stärker in ihre museale Pra- turen auch auf den ungepflegten Zustand xis einbeziehen. Es ist wichtig, ihnen den ihrer Umgebung zurückzuführen ist, könn- gleichen Stellenwert zukommen zu lassen, ten Patenschaftsprojekte für Plätze, Parks wie sich im musealen Kontext befindlichen oder auch für einzelne Kunstwerke initiiert Werken. Im Folgenden sollen einige Mög- werden. Paten könnten die Pflege der Um- lichkeiten zur Öffentlichkeitsarbeit vorge- gebung des jeweiligen Kunstwerks überneh- stellt werden, die Kunstwerken im öffent- men. Auch beim Monitoring ist der Einsatz lichen Raum wieder ein höheres Ansehen solcher Hilfskräfte für den zuständige Re- verleihen, um in der Konsequenz bewusster staurator hilfreich, da dieser nicht täglich wahrgenommen und gepflegt zu werden: alle Außenskulpturen warten kann. Auf die- se Weise kann er über neue Vandalismus- • Beschilderung schäden (Graffiti, Aufkleber...) informiert Nicht für jeden ist Kunst als Kunst erkenn- werden. Dabei ersetzen Patenschaften in bar. Allein sichtbar angebrachte Beschilde- keinem Fall ein Monitoring durch einen Re- rungen der Kunstwerke können schon eini- staurator, der gezielt Veränderungen/neue ges bewirken und die Aufmerksamkeit von Schadensbilder dokumentiert und anschlie- Passanten erregen. Da Beschilderungen oft- ßend ein Maßnahmenkonzept ausarbeiten mals gestohlen werden, beschädigt oder un- kann. Die Verantwortung, die den Paten leserlich sind, wird Passanten der Zugang – durch ihre Mitarbeit an der Pflege der gerade zu modernen und zeitgenössischen Außenskulpturen zuteil wird, führt zu ei- Kunstwerken – erschwert. ner intensiven Auseinandersetzung mit der Kunst und schafft ein Bewusstsein dafür, • Museumspädagogik dass Kunstwerke sich frei zugänglich für al- Außenskulpturen können auch sehr gut le Bürger im Alltag erschließen lassen. Dar- in den museumspädagogischen Bereich über hinaus können Firmen oder Privatper- an Museen mit einbezogen werden. Dazu sonen als Paten gewonnen werden, die eine gehören: Führungen, Audioguides (z.B. in Finanzierung von Instandhaltungsmaßnah- Zusammenarbeit mit den Kulturämtern men ermöglichen. der Städte), Apps sowie Stadtpläne mit • Kontaktpflege eingezeichneten Kunstwerken und Routen zum selber erkunden. Zusätzlich könn- Neben Patenschaften ist ein intensiver ten interaktive Stadtpläne im Internet Kontakt zu den Besitzern (gemeint sind eingerichtet werden, die den Bürgern die Kindergärten, Schulen, Ämter, die auf Möglichkeit geben, Kunstwerke einzuzeich- ihrem Gelände Kunstwerke besitzen, die nen und diese mit Fotos, Bemerkungen, von der Stadt gepflegt werden) von Kunst- etc. zu hinterlegen. Dies bietet den Anwoh- werken im öffentlichen Raum wichtig, nern eine Plattform sich über Kunstwerke da ihnen ist oft nicht bewusst, dass sie in ihrer Stadt auszutauschen, wodurch ein im Besitz von Kunstwerke sind. Durch Identifikationsprozess mit den Kunstwer- Personalwechsel kann das Wissen über ken in Gang gesetzt und somit ein breiteres die zu betreuenden Werke verloren ge- Bewusstsein und ein Verantwortungsgefühl hen, wodurch Kunstwerke unwissentlich für die vorhandenen Werke geschaffen vernachlässigt oder gar entsorgt werden werden kann. können. 15
• Sponsoren Mit dem gesteigerten Bewusstsein über die Vielfalt und Einzigartigkeit der Kunst imöffentlichen Raum können Sponsoren ge- funden werden, die Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen sowie eine re- gelmäßige Pflege finanzieren. An dieser Stelle ist es sinnvoll mit gemeinnützigen Vereinen zusammenzuarbeiten, die sich für ein gepflegtes Stadtbild einsetzen. • Pressearbeit Nicht zuletzt sollte die Lokalpresse, Kunst- werke im öffentlichen Raum positiv her- vorheben. Dies kann über regelmäßig er- scheinende Artikel zu einzelnen Kunstwer- ken oder die Berichterstattung über erfolg- te Restaurierungen oder Neuaufstellun von Skulpturen. Information und Öffentlichkeitsarbeit könnten so einen wichtigen Beitrag zur Er- haltung der Außenskulpturen leisten. 16
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