Evaluation von RNA-Extraktionsmethoden zur Bestimmung von HLA-G im Überstand von Embryonenkulturen nach ART - unipub

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Evaluation von RNA-Extraktionsmethoden zur Bestimmung von HLA-G im Überstand von Embryonenkulturen nach ART - unipub
Manuela Mißbach

Evaluation von RNA-Extraktionsmethoden zur
 Bestimmung von HLA-G im Überstand von
 Embryonenkulturen nach ART

 Masterarbeit
 zur Erlangung des akademischen Grades
 Master of Science
 im Rahmen des Universitätslehrganges
 Klinische Embryologie

 Wissenschaftliche/r BegutachterIn:
 Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Ebner
 Ao.Univ.-Prof. Mag. DDr. Erwin Petek

 Karl-Franzens-Universität Graz
 und UNI for LIFE

 Aßling, Juni 2022
Evaluation von RNA-Extraktionsmethoden zur Bestimmung von HLA-G im Überstand von Embryonenkulturen nach ART - unipub
Evaluation von RNA-Extraktionsmethoden zur Bestimmung von HLA-G im Überstand von Embryonenkulturen nach ART - unipub
Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den
Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht
habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen
inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht
veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen
Version.

12.06.2022 Manuela Mißbach
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Danksagung

Mein besonderer Dank an dieser Stelle gilt Herrn Professor Dr. Dr. Wolfgang Würfel
für die Überlassung der interessanten Thematik und der fachlichen Expertise.

Des Weiteren bedanke ich mich bei Dr. Ralph Wirtz und all seinen Mitarbeitern der
STRATIFYER Molecular Pathology GmbH, Köln, die es ermöglichten, die
gesammelten Überstände aus Embryonenkulturen zu analysieren und die somit
grundlegend an der Entstehung dieser Studienarbeit beteiligt waren.

Ein großer Dank geht ebenso an Franziska Würfel, für die Vermittlung und
Bearbeitung der Proben im molekularpathologischen Labor STRATIFYER sowie der
Hilfe und Unterstützung bei wissenschaftlichen Fragen.

Außerdem möchte ich mich bei meinen Kollegen im IVF-Labor und der
Geschäftsleitung der Praxisklinik Kinderwunsch Centrum München bedanken, die mir
die Zeit zur Durchführung des Studiums zur Verfügung gestellt haben, um meine
beruflichen Ziele erreichen zu können.

Vielen Dank an meine Familie, die mir den Rücken für das Schreiben dieser
Masterarbeit freigehalten haben, für die mentale Unterstützung sowie für das
Vertrauen und die Zuversicht in die Fertigstellung dieser Studienarbeit.
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Inhaltsangabe

Unter den verschiedenen Mechanismen zum Schutz des Embryos/Fetus vor der Ab-
stoßungsreaktion durch das mütterliche Immunsystem spielt die Expression der HLA-
Klasse-Ib-Moleküle (HLA-E, -F, -G) eine besondere Rolle. Der Embryo blockiert
einen Angriff mittels der Interaktion von embryonalen HLA-Gruppen mit spezifischen
Rezeptoren der Immunzellen. Aus seiner geschützten Position heraus werden
uterine NK-Zellen durch das fremde HLA-C aktiviert und unterstützen somit den sich
einnistende Embryo durch die Freisetzung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren.
Ziel der vorliegenden Studie war es, durch die Evaluierung verschiedener
Extraktionsmethoden, HLA-G-mRNA aus dem Überstand von Embryonenkulturen zu
gewinnen und mittels qRT-PCR semiquantitativ nachzuweisen. Anschließend sollte
ein Zusammenhang zwischen dem HLA-G-Nachweis und dem Zyklusausgang in
Abhängigkeit der Behandlungsmethode (Frischzyklus versus Kryozyklus), der
Embryonenqualität (A, B, C) und der Kulturdauer (ET Tag 2/3 versus Tag 5) ermittelt
werden. Um die RNA-Extraktionsmethoden vergleichen zu können, erfolgte eine
statistische Auswertung basierend auf den Testgütekriterien der Sensitivität, der
Spezifität, des positiven und negativen Vorhersagewerts sowie der Korrekt- und
Falschklassifikationsrate.
Im ersten Durchlauf wurden verschiedene Methoden zur Gewinnung von mRNA
ausgetestet, wobei die Stratifyer Blutextraktion am häufigsten angewendet wurde.
Diese Gewinnungsmethode konnte aber wegen seiner geringen Spezifität (71% der
Leerproben mit positivem HLA-G-mRNA-Nachweis) nicht überzeugen. Auf Grund
dessen kam in der zweiten Testserie hauptsächlich der zuverlässigere miRNeasy
Serum/Plasma Kit (Qiagen) zum Einsatz (87% der Leerproben ohne HLA-G-RNA-
Nachweis). Insgesamt wurde in 55% der Proben HLA-G-mRNA nachgewiesen
(36,2% in E, 18,6% in L). In Kryozyklen wurde etwas häufiger HLA-G-mRNA
nachgewiesen als in Frischzyklen. Hinsichtlich der Embryonenqualität konnte eine
gleichmäßige Verteilung des HLA-G-Nachweises auf Embryonen guter und
schlechter Qualität festgestellt werden, wobei qualitativ gute Embryonen eine höhere
SSR ergaben. In Proben nach Kultur bis Tag 2/3 wurde häufiger HLA-G
nachgewiesen, jedoch bei einer geringeren SSR. Der Transfer von Tag-5-Embryonen
resultierte in einer hohen SSR, obwohl weniger als die Hälfte der Embry-
okulturproben einen HLA-G-mRNA-Nachweis zeigten. Im Gegensatz zur Literatur
konnte eine Korrelation zwischen HLA-G-Nachweis und Zyklusausgang nicht
dargestellt werden.
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Abstract

The expression of HLA class Ib molecules (HLA-E, -F, -G) plays a special role among
the various mechanisms for protecting the embryo/fetus from rejection by the
maternal immune system. The embryo blocks an attack through the interaction of
embryonic HLA groups with specific receptors on immune cells. From its protected
position, uterine NK cells are activated by the foreign HLA-C and thus support the
implanting embryo by releasing cytokines and growth factors.
The aim of the present study was to obtain HLA-G mRNA from the supernatant of
embryo cultures by evaluating different extraction methods and to detect it semi-
quantitatively using qRT-PCR. Subsequently, a connection between the HLA-G
detection and the cycle outcome depending on the treatment method (fresh cycle
versus cryocycle), embryo quality (A, B, C) and culture duration (transfer at day 2/3
versus day 5) should be determined. In order to be able to compare the RNA
extraction methods, a statistical evaluation was carried out based on the test quality
criteria of sensitivity, specificity, the positive and negative predictive value as well as
the correct and incorrect classification rate.
In the first run, various methods for obtaining mRNA were tested, with the Stratifyer
blood extraction being used most frequently. However, this extraction method was
not convincing due to its low specificity (71% of the blank samples with positive HLA-
G mRNA detection). For this reason, the more reliable miRNeasy Serum/Plasma Kit
(Qiagen) was mainly used in the second test series (87% of the blank samples
without HLA-G-RNA detection). Overall, HLA-G mRNA was detected in 55% of the
samples (36.2% in embryo culture sample, 18.6% in blank). HLA-G mRNA was
detected slightly more frequently in cryocycles than in fresh cycles. With regard to
embryo quality, HLA-G detection was evenly distributed between good and poor
quality embryos, with good quality embryos yielding a higher pregnancy rate. HLA-G
was detected more frequently in samples post-culture up to day 2/3, but at a lower
pregnancy rate. Transfer of day 5 embryos resulted in a high pregnancy rate,
although less than half of the embryo culture samples showed HLA-G mRNA
detection. In contrast to literature no correlation between HLA-G detection and cycle
outcome could be shown.
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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................... 1

Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ 4

Tabellenverzeichnis .................................................................................................... 5

Formelverzeichnis ...................................................................................................... 7

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... 8

1. Einführung.......................................................................................................... 11

2. Theorie ............................................................................................................... 12

 2.1 Das HLA-System (Human-Leukozyten-Antigen-System) ............................ 12

 2.1.1 HLA-Klasse-I ......................................................................................... 14

 2.1.2 HLA-Klasse-II ........................................................................................ 15

 2.1.3 HLA-Klasse-III ....................................................................................... 16

 2.2 Die nicht-klassischen HLA-Gruppen E bis G (Klasse Ib) ........................... 17

 2.2.1 HLA-E ................................................................................................... 17

 2.2.2 HLA-F ................................................................................................... 18

 2.2.3 HLA-G ................................................................................................... 19

 2.3 Der Sonderfall: Die klassische HLA-Gruppe C (Klasse Ia) .......................... 21

 2.4 Bedeutung einzelner immunkompetenter Zellen ......................................... 21

 2.4.1 Natürliche Killerzellen (NK) ................................................................... 21

 2.4.2 Lymphozyten......................................................................................... 23

 2.4.3 Makrophagen ........................................................................................ 24

 2.5 Die Schwangerschaft - ein Zusammenspiel von Fetus, Immunzellen und
 HLA-Molekülen ...................................................................................................... 25

 2.5.1 Die Rolle des HLA-Systems in der Schwangerschaft ........................... 25

 2.5.2 Immunologische Interaktion an der embryo-maternalen Grenzfläche ... 26

 2.5.3 Die Bedeutung von HLA-G in der Schwangerschaft ............................. 30

 1
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Inhaltsverzeichnis

3. Ziel ..................................................................................................................... 33

 3.1 Zielvorlage - ein Rückblick ........................................................................... 33

 3.2 Zielstellung .................................................................................................. 34

4. Material und Methoden ...................................................................................... 35

 4.1 Patientenkohorte ......................................................................................... 35

 4.2 Embryonenkultur und Probengewinnung ..................................................... 35

 4.3 RNA-Extraktionsmethoden .......................................................................... 37

 4.3.1 Stratifyer Blutextraktion (STLE)............................................................. 37

 4.3.2 Stratifyer Blutextraktion ohne Lysebuffer (STLE o. Lyse) ..................... 39

 4.3.3 Stratifyer Blutextraktion mit ExoQuick® Buffer....................................... 39

 4.3.4 exoRNeasy Kit Qiagen .......................................................................... 40

 4.3.5 QIAamp® DNA Blood Kit Qiagen ........................................................... 42

 4.3.6 miRNeasy Serum/Plasma Kit Qiagen ................................................... 43

 4.3.7 Desoxyribonuklease-Verdau ................................................................. 45

 4.4 Die PCR ...................................................................................................... 46

 4.4.1 Das Prinzip der PCR ............................................................................. 46

 4.4.2 Das Protokoll der qRT-PCR .................................................................. 47

 4.5 Datenerfassung zu den Embryonenkulturen ............................................... 48

 4.5.1 Behandlungsmethoden ......................................................................... 48

 4.5.2 Embryonenqualität ................................................................................ 48

 4.5.3 Embryonenkultur und Transfer.............................................................. 50

 4.5.4 Zyklusausgang ...................................................................................... 50

 4.6 Statistische Auswertung der Labormethoden .............................................. 51

 4.6.1 Die Sensitivität ...................................................................................... 53

 4.6.2 Die Spezifität ......................................................................................... 53

 4.6.3 Der positive und negative Vorhersagewert ........................................... 54

 4.6.4 Die Korrekt- und Falschklassifikationsrate ............................................ 55

2
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Inhaltsverzeichnis

5. Ergebnisse ......................................................................................................... 56

 5.1 Extraktionsmethoden und PCR-Ergebnisse ................................................ 56

 5.1.1 Stratifyer Blutextraktion ......................................................................... 56

 5.1.2 ExoRNeasy Kit Qiagen ......................................................................... 57

 5.1.3 QIAamp DNA Blood Kit Qiagen ............................................................ 57

 5.1.4 miRNeasy Serum/Plasma Kit Qiagen ................................................... 58

 5.1.5 Zusammenfassung Extraktionsmethoden ............................................. 58

 5.2 Ergebnisse der Embryonenkulturen ............................................................ 59

 5.2.1 Behandlungsmethode, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-Nachweis .. 60

 5.2.2 Embryonenqualität, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-Nachweis ....... 61

 5.2.3 Embryotransfertag, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-Nachweis ....... 63

6. Diskussion .......................................................................................................... 65

 6.1 Auswertung der Extraktionsmethoden und PCR-Ergebnisse ...................... 65

 6.2 Auswertung der Embryonenkulturen ........................................................... 66

 6.3 Fazit ............................................................................................................. 69

 6.4 Schlusswort ................................................................................................. 72

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 73

Anhang - Datenblätter............................................................................................... 80

 a. Stratifyer Blutextraktion ................................................................................... 80

 b. ExoRNeasy Kit Qiagen ................................................................................... 82

 c. QIAamp DNA Blood Kit Qiagen ...................................................................... 82

 d. miRNeasy Serum/Plasma Kit Qiagen ............................................................. 83

 e. Embryonenkultur 1. Lauf ................................................................................. 85

 f. Embryonenkultur 2. Lauf ................................................................................. 86

 3
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Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grafische Darstellung des HLA-Locus auf dem Chromosom 6............ 13
Abbildung 2: Grafische Darstellung des MHC-Klasse-I-Proteinkomplexes ............... 15
Abbildung 3: Grafische Darstellung eines MHC-Klasse-II-Moleküls ......................... 16
Abbildung 4: Schematische Darstellung von HLA-E (Würfel, 2019) .................... 17
Abbildung 5: Grafische Darstellung der mRNA-Splicevarianten und Proteinisoformen
................................................................................................................................. 18
Abbildung 6: Grafische Darstellung der mRNA-Splicevarianten und der Protein-
isoformen von HLA-G (Würfel, 2019)................................................................... 19
Abbildung 7: Funktion der uNK (Kuon, 2018) .................................................. 23
Abbildung 8: Die Plazenta mit ihrer HLA-Signatur als Pufferzone zwischen
embryonalem und maternalem Gewebe ................................................................... 25
Abbildung 9: Wichtige immunologische Grenzflächen zwischen Embryo/Fetus und
Mutter nach unterschiedlichem Gestationsalter ........................................................ 27
Abbildung 10: An der Immuntoleranz beteiligte Immunzellen mit Darstellung ihrer
Rezeptoren und Signalproteine (Chemokine, Zytokine, Wachstumsfaktoren) .......... 28
Abbildung 11: Expression der HLA-Klasse-I und -II in der menschlichen Plazenta .. 28
Abbildung 12: Übergang der Steuerung der Schwangerschaft von den uNKs auf die
Lymphozyten sowie Expression und Freisetzung von HLA-E, -F und -G im
Schwangerschaftsverlauf.......................................................................................... 29
Abbildung 13: Rolle von HLA-G an der embryo- / feto-maternalen Grenzfläche ...... 31
Abbildung 14: Qualitätsmerkmale der Embryonen im Teilungsstadium am Tag 2
und Tag 3……………………………………………………………………………………49
Abbildung 15: Morphologische Kriterien der Blastozyste am Tag 5 ...................... 49
Abbildung 16: Einteilung der Qualitätsmerkmale am Tag 5 zur Vergabe der Note
A, B oder C………………………………………………………………………………….49
Abbildung 17: Verteilung der Proben auf die Labormethoden ............................... 52

4
Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Arbeitsprotokoll XTRAKT BLOOD Kit, Firma Stratifyer ............................. 39
Tabelle 2 Arbeitsprotokoll ExoQuick®-Fällung vor der Anwendung von STLE und
Qiagen DNA-Extraktion ............................................................................................ 40
Tabelle 3 Arbeitsprotokoll exoRNeasy Kit Qiagen .................................................... 41
Tabelle 4 Arbeitsprotokoll QIAamp® DNA Blood Kit Qiagen ..................................... 43
Tabelle 5 Arbeitsprotokoll miRNeasy Serum/Plasma Kit Qiagen .............................. 45
Tabelle 6 Arbeitsprotokoll DNase I Verdau ............................................................... 45
Tabelle 7 Statistik für Stratifyer Blutextraktion .......................................................... 56
Tabelle 8 Statistik für ExoRNeasy Kit ....................................................................... 57
Tabelle 9 Statistik für QIAmp DNA Blood Kit ............................................................ 57
Tabelle 10 Statistik für miRNeasy Serum/Plasma Kit ............................................... 58
Tabelle 11 Ergebnisse und Testgütekriterien der Extraktionsmethoden nach PCR-
Analyse………………………………………………………………………………………59
Tabelle 12 Zusammenfassung Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-Nachweis ......... 59
Tabelle 13 Übersicht zu Behandlungsmethode, HLA-G-mRNA-Nachweis und
Zyklusausgang des 1. Laufs ..................................................................................... 60
Tabelle 14 Übersicht zu Behandlungsmethode, HLA-G-mRNA-Nachweis und
Zyklusausgang des 2. Laufs ..................................................................................... 60
Tabelle 15 a) - d) Darstellung des Verhältnisses HLA-G-Nachweis zu Zyklusausgang
von Frisch- und Kryozyklen im 1. und 2. Lauf ........................................................... 61
Tabelle 16 Übersicht zur Embryonenqualität, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-
Nachweis des 1. Laufs.............................................................................................. 62
Tabelle 17 Übersicht zur Embryonenqualität, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-
Nachweis des 2. Laufs.............................................................................................. 62
Tabelle 18 a) - b) Darstellung des Verhältnisses HLA-G-mRNA-Nachweis zu
Zyklusausgang entsprechend der Embryonenqualität A+B sowie C jeweils im 1. und
2. Lauf……………………………………………………………………………………….63
Tabelle 19 Übersicht zu Embryotransfertag, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-
Nachweis des 1. Laufs.............................................................................................. 63
Tabelle 20 Übersicht zu Embryotransfertag, Zyklusausgang und HLA-G-mRNA-
Nachweis des 2. Laufs.............................................................................................. 64

 5
Tabelle 21 a) - b) Darstellung des Verhältnisses HLA-G-Nachweis zu Zyklusausgang
am Tag 2 bzw. 3 des Embryotransfers ..................................................................... 64

6
Formelverzeichnis

Formelverzeichnis

Formel 1 Berechnung der Sensitivität der Labormethode .................................... 53
Formel 2 Berechnung der Spezifität der Labormethode....................................... 53
Formel 3 Berechnung des positiven Vorhersagewerts ......................................... 54
Formel 4 Berechnung des negativen Vorhersagewertes ..................................... 54
Formel 5 Berechnung der Korrektklassifikationsrate ............................................ 55
Formel 6 Berechnung der Falschklassifikationsrate ............................................. 55

 7
Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

APC antigen presenting cells
ART artificial reproductive technology
Breg regulatorische B-Zellen
BZ Blastozyste
Calm2 Calmodulin2
COC cumulus oocyte complex
CT Zytotrophoblast
DC dendritische Zellen
E Embryokulturprobe
ELISA Enzyme-Linked Immunsorbet Assay
ER Endoplasmatisches Retikulum
ERA endometrial receptivity array
ET Embryotransfer
EtOH Ethanol
EV extrazelluläre Vesikel
EVTs extravillöse Trophoblastzellen
Ex Exon
FKR Falschklassifikationsrate
G-CSF Granulocyte-Colony Stimulating Factor,
GM-CSF Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor
HCG humanes Choriongonadotropin
HELLP Haemolysis Elevated Liver enzymes Low Platelet count
HLA Human-Leukozyten-Antigen
ICM Inner Cell Mass
ICSI Intrazytoplasmatische Spermieninjektion
IFN-γ Interferon-gamma
IL Interleukin
ILT Lymphozyten-immunglobulinähnliche Transkripte
IVF In-Vitro-Fertilisation

8
Abkürzungsverzeichnis

KIR Killer-immunglobulinähnlicher Rezeptor
KKR Korrektklassifikationsrate
KLAR Killer-lezithinähnlicher Rezeptor
L Leerprobe
LILR Lymphozyten-immunglobulinähnlicher Rezeptor
LILRB1 Lymphozyten-immunglobulinähnlicher-Rezeptor-B1
MHC Major Histocompatibility Complex
MMIF/MIF Makrophagen-Migrations-Inhibitionsfaktor
MMP Matrix-Metalloproteasen
NK Natürliche Killerzellen
NKG/NKG2 NK-Rezeptoren der Gruppe 2
NKR NK-Rezeptoren
NPV negative predictive value
OC open conformer
PIBF Progesteron-induzierter Blockierfaktor
PID Präimplantationsdiagnostik
PN Pronuclei
pNK periphere Natürliche Killerzellen
PPV positive predictive value
PRP Pattern Recognition Receptors
RIF recurrent implantation failure
RSA recurrent spontaneous abortion
RT Reverse Transkription
SE Sensitivität
sHLA soluble HLA
SNPs Single Nucleotide Polymorphism
SS Schwangerschaft
ß2m beta-2-Mikroglobulin
SSR Schwangerschaftsrate
SSW Schwangerschaftswoche
ST Syncytiotrophoblast
STLE Stratifyer Blutextraktion
SZ Spezifität

 9
Abkürzungsverzeichnis

TE Trophektoderm
TH T-Helferzellen
TNF-α Tumornekrosefaktor-alpha
Treg regulatorische T-Zellen
TRP thrombozytenreiches Plasma
uNK uterine Natürliche Killerzellen

10
Einführung

1. Einführung

Die Geburt eines einzelnen gesunden Kindes und die Vermeidung von Mehrlings-
schwangerschaften, die nicht nur mit medizinischen sondern auch mit sozial-
ökonomischen Problemen verbunden sind, ist zentrales Ziel einer erfolgreichen re-
produktionsmedizinischen Behandlung. Dabei ist die Übertragung von nur einem
Embryo anzustreben. Es wurden große Fortschritte erzielt, um Kriterien zu etablie-
ren, die den Präimplantationsembryo identifizieren, der das höchste Potential hat,
sich im Uterus der Frau nach Transfer einzunisten und sich weiterzuentwickeln.
Hauptsächlich wird die Qualität der Präimplantationsembryonen immer noch an Hand
der Morphologie bewertet, die aber oftmals nicht mit der Fähigkeit zur Einnistung
übereinstimmt. Zunehmend rücken weitere nicht-invasive Methoden in den Fokus der
Forschung, wie z. B. die Bestimmung von Stoffwechselprodukten (sog. Metabolom)
in der Embryonalkultur. Solch ein nicht-invasiver Marker kann ein wichtiges Instru-
ment sein, um die Implantationsrate zu erhöhen und gleichzeitig die Zahl der zu
transferierenden Präimplantationsembryonen, zur Eindämmung von Mehrlings-
schwangerschaften, zu reduzieren. (Rebmann, 2010; Diaz, 2019)
Der entscheidende Schritt für den Eintritt einer Schwangerschaft ist die erfolgreiche
Implantation. Durch den Einsatz der Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Untersu-
chung der Präimplantationsembryonen vor dem Transfer in die Gebärmutter konnte
gezeigt werden, dass ein wiederholtes Implantationsversagen (RIF) auch bei Embry-
onen stattfindet, die morphologisch und genetisch unauffällig sind. Ursache dafür
kann neben der Embryonenqualität eine schlechte Rezeptivität des Endometriums
sein. (Kuon, 2018)
Neben der Interaktion des Präimplantationsembryos mit dem Endometrium spielen
möglicherweise immunologische Faktoren eine Rolle. Folgt man den Gesetzen der
Transplantationsmedizin, so müsste der Fötus als semiallogenes Transplantat vom
Immunsystem der Mutter abgestoßen werden (Kuon, 2018). Stattdessen entwickelt
sich eine maternale Immuntoleranz, vermittelt durch eine komplexe Interaktion im-
munkompetenter Zellen der Mutter mit dem Embryo. Defekte in der gegenseitigen
immunologischen Anpassung zwischen Embryo und Mutter können die Plazentaent-
wicklung und das Wachstum des Embryos beeinträchtigen (Tersigni, 2020). Eine
Fehlsteuerung immunologischer Prozesse kann zu Schwangerschaftskomplikatio-

 11
Theorie

nen, wie Aborten und rezidivierendem Implantationsversagen (RIF), schlechter Pla-
zentation und gestörter utero-plazentare Perfusion führen (Kuon, 2018; Tersigni,
2020).
Circa ein bis drei Prozent der Kinderwunschpaare sind von wiederholten spontanen
Fehlgeburten (RSA) betroffen. In der Hälfte der Fälle ist die Ursache unklar, weshalb
die Diagnostik von infektiologischen und immunologischen Faktoren zielführend sein
kann (Kuon, 2018).
Unter den verschiedenen Schutzmechanismen, die beim Menschen in der Schwan-
gerschaft involviert sein können, scheint die Expression nicht-klassischer HLA-
Klasse-I-Moleküle und das völlige Fehlen der Expression von HLA-Klasse-II-
Molekülen im trophoblastischem bzw. plazentarem Gewebe die wichtigsten embryo-
fetalen Escape-Mechanismen zu sein. Die Bedeutung von HLA-Molekülen für die
embryofetale Toleranz gegenüber dem mütterliche Immunsystem wird durch
Schwangerschaftskomplikationen verdeutlicht, die in Fällen einer abnormalen Ex-
pression der HLA-Moleküle an der embryo-/fetomaternalen Grenzfläche verursacht
werden (Tersigni, 2020).

2. Theorie

2.1 Das HLA-System (Human-Leukozyten-Antigen-System)

Das Human-Leukozyten-Antigen-System steht im zentralen Fokus der zellulären und
immunologischen Kommunikation. Es spielt eine essentielle Rolle in der immunologi-
schen Identifikation von körpereigenen, körperfremden und entarteten Zellen (Würfel
F. M., 2019). Gegenwärtig existieren Studien über die Expression von HLA-
Molekülen im Zusammenhang mit Fertilität, Krankheiten, Tumorerkrankungen und
der Transplantation von Organen (Arnaiz-Villena, 2020).
Die Durchführung des HLA-Matchings ist ein wichtiger diagnostischer Schritt vor ei-
ner Organ- oder Knochenmarkstransplantation, denn bei Transplantationen besteht
direkter Kontakt zwischen dem Spenderorgan, typisiert durch die HLA-Klasse I und II,
und dem Immunsystem des Empfängers, das mehr oder weniger stark darauf rea-
giert. Auch bei hoher HLA-Übereinstimmung ist zusätzlich eine immunsuppressive
Therapie notwendig, damit das transplantierte Gewebe nicht abgestoßen wird.

12
Theorie

Der Fetus besitzt humane Leukozyten-Antigene zu jeweils 50 Prozent von der Mutter
und vom Vater, die in verschiedene Untergruppen gegliedert und von unterschiedli-
chen Genorten codiert werden (Kuon, 2018). Auf Grund dessen wird der Embryo oft
als „Semiallotransplantat“ bezeichnet, da er für das mütterliche Immunsystem zur
Hälfte als „fremd“ erscheint. Bei z.B. der Eizellspende stimmen bekanntermaßen die
Mutter und der Embryo zu 100 Prozent genetisch nicht überein, so dass man in die-
sem Fall von einem „Allotransplantat“ oder „Holotransplantat“ spricht. Um eine er-
folgreiche Schwangerschaft, auch aus Eizellspende, Leihmutterschaft oder Embryo-
nenspende, zu ermöglichen, ist ein enges zelluläres Netzwerk zwischen Trophoblast
und mütterlichen Gewebe erforderlich. Die Zellen des Trophoblasten exprimieren in
dieser speziellen Situation die nicht-klassischen HLA-Gruppen zur Erhaltung der
Schwangerschaft und um die Abwehrreaktion des mütterlichen Immunsystems zu
umgehen.
Das HLA-System ist Teil des Haupthistokompatibilitätskomplexes (engl. Major Histo-
compatibility Complex, MHC) der Wirbeltiere, deren Oberflächenmoleküle durch eng
gekoppelte Gene auf dem kurzen Arm von Chromosom 6 kodiert werden (Abbildung
1) (Mayer, 1997). Jeder Mensch erbt jeweils ein Allel von der Mutter und vom Vater
und besitzt zwei HLA-Merkmale pro Genort. Das HLA-System wird aufgrund seiner
biologischen Funktion in drei Klassen mit ihren entsprechenden Untergruppen unter-
teilt.

Abbildung 1: Grafische Darstellung des HLA-Locus auf dem Chromosom 6
Quelle: Acta Naturae 11(4):4-12 (Zakharova, 2019)

 13
Theorie

2.1.1 HLA-Klasse-I
Die HLA-Klasse-I-Antigene bestehen auf der Peptidebene aus drei alpha-Ketten, die
die Bindungsstelle für das fremde Antigen, für den T-Zell-Corezeptor CD8 und dem
löslichem beta-2-Mikroglobulin bilden (Butzeck, 2020). Die MHC der Gruppe I formen
Heterodimere mit dem ß2-Mikroglobulin (Abbildung 2) (Würfel, Würfel, & Seelbach-
Göbel, 2019). Für das ß2-Mikroglobulin sind keine Polymorphismen beschrieben. Es
wird auf dem Chromosom 15 codiert.
HLA-Klasse-I-Moleküle kommen nahezu auf allen kernhaltigen somatischen Zellen
und Thrombozyten vor und sind sehr variabel, d.h. polymorph (Würfel, Würfel, &
Seelbach-Göbel, 2019).
Die Klasse Ia beinhaltet die klassischen MHC-I-Proteine HLA-A, HLA-B und HLA-C
(Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019).
Die nicht-klassischen Merkmale HLA-E, HLA-F und HLA-G der Klasse Ib sind wenig
variabel, d.h. sie sind nahezu monomorph, gegebenenfalls finden sich Spleißvarian-
ten. Die sog. Pseudogene (HLA-H bis -Z) in dieser Klasse zeichnen sich durch eine
genetische Kodierung aus, die nach derzeitigem Kenntnisstand nicht für eine Pro-
teinsynthese translatiert wird. Eine Ausnahme scheint HLA-H bei der Hämatochro-
matose darzustellen (Feder, 1997).
Die HLA-Antigene der Klasse Ib kommen so gut wie nicht im adulten Gewebe vor,
davon ausgenommen sind Spermien, Hodengewebe oder einige ovarielle Zelleinhei-
ten (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019). Im Unterschied zur HLA-Klasse II
werden auf den MHC-Gruppe-I-Molekülen intrazellulär produzierte Proteinfragmente,
wie z. B. virale Antigene, gekoppelt, was zur Erkennung und Abtötung infizierter oder
entarteter Zellen führt.

14
Theorie

 polymorphe
 α-Kette

 monomorphes ß2-
 Mikroglobulin

Abbildung 2: Grafische Darstellung des MHC-Klasse-I-Proteinkomplexes
Quelle: Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed.
2018 (Abul K. Abbas, 2018)

In der vorliegenden Arbeit steht vor allem das embryofetale Merkmal HLA-G der
Klasse Ib im Mittelpunkt.

2.1.2 HLA-Klasse-II
Der Proteinkomplex besteht aus zwei α- und zwei ß-Ketten. Die α1- und ß1-Kette
bilden die Antigenbindungstelle und die ß2-Kette stellt die Bindungsstelle für den T-
Zell-Corezeptor CD4 dar (Butzeck, 2020). Die Proteine der MHC-Klasse-II bilden
ebenfalls Heterodimere (Abbildung 3). Sie besteht einerseits aus den drei großen
Proteinen HLA-DP, -DQ und -DR, deren α-Ketten des Heterodimers im A-Lokus und
deren ß-Ketten im B-Lokus kodiert werden, wonach sich die einschlägige Nomenkla-
tur orientiert. Andererseits enthält die HLA-Klasse-II die zwei kleinen Proteine HLA-
DM, -DO, die intrazellulär z.B. die Aufgabe des Processing von Antigenen erfüllen.
Die HLA-Klasse-II-Moleküle werden auf phagozytierenden Zellen, wie Monozyten,
Makrophagen und B-Lymphozyten exprimiert und kommen hauptsächlich auf den
antigenpräsentierenden Zellen (APC) vor, die v.a. den T-Lymphozyten fremde Anti-
gene von phagozytierten extrazellulären Erregern präsentieren sollen (Würfel,
Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019).
Das HLA-II-Molekül liegt in inaktiver Form im Endoplasmatischem Retikulum (ER)
vor. Fremdantigene werden in den Endosomen durch Proteasen in kurze Peptid-
fragmente umgebaut (Richard, 2013). Das HLA-II-Molekül gelangt über den Golgi-
Apparat zu den Endosomen und wird aktiviert. Somit wird im Endosom das fremde

 15
Theorie

Peptid an HLA gebunden und der Komplex an der Zelloberfläche präsentiert,
wodurch T-Helferzellen angelockt werden (Butzeck, 2020).

Abbildung 3: Grafische Darstellung eines MHC-Klasse-II-Moleküls
Quelle: Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed.
2018 (Abul K. Abbas, 2018)

Die grafische Abbildung verdeutlicht die verschiedenen Regionen des MHC-
Moleküls. Klasse-II-Moleküle bestehen aus einer polymorphen α-Kette, die nicht-
kovalent an eine polymorphe ß-Kette gebunden ist. Beide Ketten sind glykosyliert;
Kohlenhydratreste werden nicht dargestellt. Das Banddiagramm zeigt die Struktur
des extrazellulären Teils des HLA-DR1-Moleküls mit einem gebundenen Peptid, das
durch Röntgenkristallographie aufgelöst wurde (Abbildung 3).

2.1.3 HLA-Klasse-III
Die Komplementfaktoren C2, C4, Properdinfaktor Bf und verschiedene Zytokine, wie
z.B. der Tumornekrosefaktor (TNF) gehören zu den Klasse-III-Komplexen, die zwi-
schen dem MHC-I- und -II-Komplex auf dem Chromosom 6 lokalisiert sind (Abbildung
1). Diese Plasmaproteine sind durchwegs an der unspezifischen Immunabwehr be-
teiligt, im Gegensatz zu den anderen oben genannten Gruppen (Miller, 2020).

16
Theorie

2.2 Die nicht-klassischen HLA-Gruppen E bis G (Klasse Ib)

2.2.1 HLA-E

Abbildung 4: Schematische Darstellung von HLA-E (Würfel, 2019)

Das HLA-E-Antigen ist ein nicht-polymorphes HLA-Klasse-I-Molekül. Es sind von ihm
13 Allele bekannt, aus denen 5 Proteine resultieren (Nattermann, 2005). Für eine
stabile Oberflächenexpression muss HLA-E an intrazelluläre Peptidsequenzen bin-
den (Abbildung 4), die von Signalpeptiden der klassischen HLA-Klasse I und HLA-G
bereitgestellt werden; es ist von ihnen abhängig. Ist die Expression von HLA-Ia und
-G reduziert, dann wird auch HLA-E reduziert exprimiert. HLA-E wird in verschiede-
nen kernhaltigen Zellen des menschlichen Organismus exprimiert. Die Expression
findet aber hauptsächlich durch den Trophoblasten im ersten Trimester der Gestation
statt und sie nimmt im weiteren Verlauf ab (Würfel F. M., 2019).
HLA-E zielt vor allem auf die Natürlichen Killerzellen (NK). Es interagiert mit den NK-
Rezeptoren der Gruppe 2 und wirkt z.B. via den NKG2A-Rezeptor inhibierend. Die
NK-Zellaktivierung und -vermehrung wird gehemmt und die antikörperabhängige Zy-
totoxizität vermindert. Durch die Aktivierung anderer Rezeptoren, besonders von
NKG2D, können demgegenüber Zytokine und Wachstumsfaktoren durch die uterinen
NKs freigesetzt werden. HLA-E besitzt auch antigenpräsentierende Eigenschaften,
indem es zeitweise Teile der adulten HLA-Signatur des Embryos (HLA-A bis -DR)
präsentiert und demzufolge immunkompetente Zellen anlockt. Die Darbietung der
fremden Antigene findet unter dem Schutzmantel von HLA-E und der anderen emb-
ryofetalen HLA-Gruppen statt, so dass das embryonale bzw. fetale Gewebe nicht
abgestoßen wird. (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019)

 17
Theorie

2.2.2 HLA-F

Abbildung 5: Grafische Darstellung der mRNA-Splicevarianten und Proteinisoformen
 von HLA-F (Würfel, 2019)

HLA-F ist von den nicht-klassischen HLA-Genen am wenigsten bekannt. Bisher wur-
den 22 HLA-F-Allele beschrieben, die für vier separate Proteine kodieren (Pan, 2013;
Pyo, 2006). Es sind drei mRNA-Transkriptvarianten (HLA-F 1, 2, 3) bekannt
(Abbildung 5). Die Expression ist hauptsächlich auf den intrazellulären Teil der Zelle
begrenzt, speziell auf das ER. Das Molekül kann aber auch an der Oberfläche von
extravillösen Trophoblastzellen und aktivierten lymphatischen Zellen (z.B. B-
Lymphozyten) exprimiert werden (Würfel F. M., 2019; Lee, 2010; Langkilde, 2020).
HLA-F tritt in zwei verschiedenen Formen auf, als Komplex mit beta-2-Mikroglobulin
(ß2m) und einem Peptid (peptidgebundenes HLA-F-ß2m) und als offener Konformer
(OC) ohne Peptid und ß2m (peptidfreies OC) (Lin, 2019). Im Komplex mit ß2m prä-
sentiert es insbesondere Eigenpeptide. Der peptidgebundene HLA-F-ß2m-Komplex
fungiert dagegen als Ligand für den inhibierenden Rezeptor LILRB1 (Lymphozyten-
immunglobulinähnlichen-Rezeptor-B1), einen Hauptakteur bei der maternal-fetalen
Toleranz. HLA-F ist fähig an aktivierenden und hemmenden NK-Zellrezeptoren zu
binden (Ho, 2019). Die Expression von HLA-F nimmt im Schwangerschaftsverlauf zu.
Es erscheint auf den Trophoblastzellen im ersten Trimenon erst in geringer Konzent-
ration. Diese steigt in der Mitte des zweiten Trimenons dann deutlich an, zu einem
Zeitpunkt, wo die Steuerung der Schwangerschaft von den Lymphozyten dominiert
wird (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019; Würfel F. M., 2019).

18
Theorie

2.2.3 HLA-G
Das bekannteste Gen innerhalb der nicht-klassischen HLA-Gruppe ist HLA-G
(Abbildung 6). Es ist ein sehr polymorphes Gen mit 75 Single Nucleotide Polymor-
phismen (SNPs) auf der HLA-G-codierten Region. Es beinhaltet 74 Allele, die 24 Pro-
teine in voller Länge kodieren und 4 Null-Allele, die die verkürzte Proteinform kodie-
ren (IPD78/IMGT/HLA; März 2020).
Der HLA-G-Locus besteht aus 8 Exons und 7 Introns, ähnlich wie andere klassische
HLA-I-Loci (Amodio, 2020). Exon 1 kodiert das Signalpeptid. Die Exons 2, 3, 4 kodie-
ren jeweils die extrazelluläre α1-, α2- und α3-Domäne. Die transmembrane und zyto-
plasmatische Domäne der schweren Kette werden durch Exon 5 und 6 kodiert. In der
Gegenüberstellung mit den klassischen Gruppe-I-Molekülen hat HLA-G eine kurze
zytoplasmatische Domäne, angesichts eines vorzeitigen Stop-Codon in Exon 6. Exon
7 ist deshalb nicht in der reifen mRNA vorhanden. Exon 8 wird nicht gelesen, da es
eine untranslatierte Region (3’UTR) besitzt (Carosella, 2008).
Durch alternatives Splicing der primären mRNA können bekanntermaßen sieben
HLA-G-Transkripte entstehen, vier membrangebundene Isoformenen (HLA-G1 bis -
G4) und drei lösliche (engl. soluble, s) Isoformen (sHLA-G5 bis -G7).

 primäre mRNA

Abbildung 6: Grafische Darstellung der mRNA-Splicevarianten und der Protein-
 isoformen von HLA-G (Würfel, 2019)

 19
Theorie

G1 und G5 repräsentieren die komplette Extrazellular-Protein-Struktur, bestehend
aus den Alpha-Domänen (α1 - α3) und dem Beta-2-Mikroglobulin (ß2m), das auf
Chromosom 15 kodiert ist. Andere Isoformen sind nicht mit ß2m verbunden und wei-
sen unterschiedliche Proteinstrukturen auf. Die löslichen HLA-G-Isoformen zeigen
eine hohe strukturelle Ähnlichkeit mit den membrangebundenen Varianten HLA-G1
und -G2 (Li, 2021). Das sHLA-G7 enthält nur die α1-Domäne und ähnelt deshalb der
membranständigen HLA-G3-Proteinisoform (Zhao, 2012). Die genetischen und struk-
turellen Ähnlichkeiten zwischen klassischen HLA-Klasse-I-Genen und HLA-G bzw.
der weiteren HLA-G-Peptide und -Proteine werden durch posttranskriptionelle Modifi-
kation generiert (Rodríguez, 2012; Ishitani, 2003). Es wird angenommen, dass sie
einen Einfluss auf die T-Zell-Antwort haben. HLA-G kann zusätzlich in verschiedenen
Proteinkomplexen vorkommen. Genauso wie die klassischen HLA-Proteine existiert
HLA-G1 als Monomer, gebunden an ß2m. HLA-G1 und -5 können Heterodimere bil-
den, aber auch Homotrimere durch Ausbildung von Disulfidbrücken zwischen den α1-
Domänen. Die verbleibenden membrangebundenen Isoformen bilden keinen Kom-
plex mit ß2m. Sie können aber Hetero- und Homodimere bilden, wie HLA-G1 und
-G5.
Die HLA-G-Expression ist auf die Trophoblastzellen beschränkt. Der Hauptvertreter
HLA-G1 wird in extravillösen Trophoblastzellen (EVTs), wie z. B. in den endothelialen
EVTs, den interstitiellen EVTs und den villösen Zellen des Trophoblasten exprimiert
(HoWangYin, 2012). Die EVTs exprimieren außerdem die Isoformen HLA-G2, -G5
und -G6. Dagegen exprimieren die villösen Trophoblastzellen nur das lösliche Homo-
log von HLA-G1, nämlich HLA-G5, das in den mütterlichen Blutkreislauf freigesetzt
wird (Würfel F. M., 2019).
HLA-G hat eine hemmende Wirkung auf NK-Zellen und Lymphozyten, die solublen
Isoformen 4-7 wirken also immunsuppressiv. HLA-G interagiert mit Rezeptoren von
Zellen des adaptiven und angeborenen Immunsystems. Die Expression nimmt nach
der 12. Schwangerschaftswoche (SSW) ab und ist in der 16. bis 18. SSW am ge-
ringsten (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019).

20
Theorie

2.3 Der Sonderfall: Die klassische HLA-Gruppe C (Klasse Ia)

Das väterlicherseits vererbte fremde Gen HLA-C ist die einzige HLA-Gruppe aus
dem HLA-Komplex A bis DR des Embryos, die auf dem Trophoblasten bzw. der Pla-
zenta exprimiert wird und aktivierend auf die uNK-Zellen wirkt. Das Antigen agiert nur
mit einigen aktivierenden KIR (Killer-immunglobulinähnlichen Rezeptor), wodurch
Zytokine und Wachstumsfaktoren von den uterinen Natürlichen Killerzellen (uNK) zur
Förderung des zellulären Wachstums des Embryos und des Trophoblasten freige-
setzt werden. Stimmen die HLA-C-Merkmale der Partner weitestgehend überein oder
sind die paternalen HLA-C-Gruppen nur schwach wirksam, werden die NK-Zellen nur
geringfügig aktiviert. Zusammenfassend entfaltet das Immunsystem der Mutter via
HLA-C seine wichtige unterstützende Funktionen, da die Entwicklungsfähigkeit von
Säugetierembryonen allgemein eher als schlecht bewertet wird und sie sehr empfind-
lich auf äußere Einflüssen reagieren (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019).

2.4 Bedeutung einzelner immunkompetenter Zellen

2.4.1 Natürliche Killerzellen (NK)
Die NK gehören zum angeborenen Immunsystem und bilden die Brücke zum adapti-
ven Immunsystem über die Ausschüttung verschiedener Immunmediatoren. NK-
Zellen besitzen keine antigenspezifischen Rezeptoren, dafür aber inhibierende und
aktivierende Rezeptoren sowie Mustererkennungsrezeptoren (Pattern Recognition
Receptors, PRRs, z.B. CD56) (Doebis, 2019). Zu den Rezeptoren mit hemmender
Wirkung gehören die Killer-immunglobulinähnlichen Rezeptoren (KIR, D-Rezeptoren)
und die Lymphozyten-immunglobulinähnlichen Rezeptoren (LILR) oder die Lympho-
zyten-immunglobulinähnlichen Transkripte (ILT) (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel,
2019). ILT-2 kann z.B. an HLA-G koppeln. Die NK-Rezeptoren der Gruppe 2
(NKG/NKG2) oder die Killer-lezithinähnlichen Rezeptoren (KLR) gehören zu den ak-
tivierenden Rezeptoren, der HLA-E erkennt. Die inhibierenden Rezeptoren binden an
MHC-I-Moleküle (HLA-A, -B, -C) und erkennen somit körpereigene Zellen. Dadurch
werden die NK-Zellen inhibiert, was der Selbsttoleranz dient. Die aktivierenden Re-
zeptoren, die sog. NKRs (+S-Rezeptoren), interagieren mit stressinduzierten Ligan-
den auf Zellen (z.B. Tumorzellen, virusbefallenen Zellen). Eine folgende Aktivierung
der NK-Zellen führt zur Mobilisierung lytischer Granula und zur Produktion von pro-

 21
Theorie

entzündlichen Zytokinen (IFN-γ, TNF-α) sowie dem Granulozyten-Makrophagen-
Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) und anderer Chemokine. Zytotoxische
Granula lösen in der Zielzelle die Apoptose aus, wodurch z.B. eine entartete Zelle
zerstört wird (Doebis, 2019).
Die Granula der NKs enthält außerdem Wachstumsfaktoren und Zytokine, die durch
die Aktivierung synthetisiert und freigesetzt werden, wodurch der Embryo zu Beginn
seiner Einnistung und Entwicklung einen wichtigen Booster für Wachstum und Diffe-
renzierung erfährt (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019).
Nach der Aktivierung der NK kann eine zytotoxische als auch regulatorisch Reaktion
ausgelöst werden (Kuon, 2018). NK kommen im peripheren Blut (sog. pNK CD56dim)
und im uterinen Endometrium (sog. uNK CD56bright) vor. Der größte Teil der uNK (ca.
90%) zeichnen sich durch eine niedrige Zytotoxizität bei hoher Zytokinproduktion
aus. Im Gegensatz dazu weisen die pNK eine hohe Zytotoxizität bei niedriger Zyto-
kinproduktion auf. Eine erhöhte Zahl der uNK und v.a. der pNK wurde bei Fehlgebur-
ten, Hypertonie, Präeklampsie und fetaler Wachstumsretardierung nachgewiesen
(Kuon, 2018).
Die uNK machen mit ca. 70 Prozent den hauptsächlichen Anteil der Immunzellen in
der embryo-/fetomaternalen Grenzzone in der frühen Phase der Schwangerschaft
aus (Kuon, 2018). Die Anzahl der uNK variiert im weiblichen Zyklus und in der
Schwangerschaft. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Plazentation (Abbildung 7).
Eine erhöhte uNK-Zellzahl führt zu einer Aggregatbildung um die Spiralaterien im
Endometrium und beeinflusst dadurch den Umbau uteriner Spiralaterien vermutlich
negativ (Kuon, 2018). Folglich kommt es durch die Neubildung von Blutgefäßen am
Einnistungsort zu einem vermehrten Blutfluss, wodurch die Nidation beeinträchtigt
werden kann. Bei Patientinnen mit RSA wurde eine signifikante Erhöhung der uNK-
Zellzahl festgestellt (Kuon, 2018).

22
Theorie

 - Regulation der uterinen Spiralaterien
 - Schutz des Embryos vor Infektionen
 - Abschirmung väterlicher Antigene vor den Im-
 munzellen der Mutter
 - Regulation der Trophoblasteninvasion

Abbildung 7: Funktion der uNK (Kuon, 2018)

2.4.2 Lymphozyten
Die Aktivierung der Lymphozyten erfolgt über die Präsentation von fremden Antige-
nen. Antigenpräsentierende Zellen (APC), wie Monozyten oder Vorstufen der B- und
T-Lymphozyten, haben die Aufgabe fremde Antigene zu erkennen und dem Immun-
system zu präsentieren (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019). Dendritische Zel-
len (DC) wie DC-10 repräsentieren die Mehrheit innerhalb der APC, der zweithäufigs-
te Leukozytenpopulation in der Dezidua und vermitteln die Induktion der feto-
maternalen Immuntoleranz in einem hohen Maße. Das Interleukin-10, ein immun-
suppressives Zytokin, wird von DC-10-Zellen synthetisiert, die als einzige Untergrup-
pe die HLA-G-Expression auslösen können (Xu D. P., 2016). DC sind ebenfalls in der
Lage, Fremdantigene zu präsentieren und zudem eine spezifische Immunreaktion
über B- und T-Lymphozyten auszulösen (Souza-Fonseca-Guimaraes, 2012). Unreife
DC im Endometrium nehmen Antigene durch Phagozytose abgestorbener Zellen,
Pinozytose von Molekülen oder rezeptorvermittelter Endozytose gezielt ausgewählter
Substanzen auf (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019). Gesteuert durch den Rei-
fungsprozess der DC stoppt die Antigenaufnahme und die Antigenpräsentation auf
der Zelloberfläche erfolgt über die Kopplung an Moleküle der HLA-Klasse-II (Bachy,
2008). Die DC wandern in das nächstgelegene lymphatische Organ (z.B. regionale
Lymphknoten), wo sie auf B- und T-Lymphozyten treffen (Boddy, 2015). Es kommt
zur Rekrutierung sog. regulatorischer T-Zellen (Treg) und ebenso der B-Zellen (Breg)
(Kinder, 2014; Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019). Diese Zellen leisten einen
wichtigen Beitrag zu einer gesteigerten Immuntoleranz hinsichtlich der vom Embryo
präsentierten fremden Antigene (Betz, 2012).

 23
Theorie

Die Kommunikation zwischen APC, DC und Lymphozyten erfolgt über Rezeptor-
Liganden-Systeme (sog. Immuno-Checkpoints) und einem Zusammenspiel aus Akti-
vierung und Hemmung bezüglich der TH-1- und TH-2-Antwort, also der Ausschüttung
von pro- oder antiinflammatorischer Zytokine (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel,
2019). Mitte des II. Trimenons nimmt die HLA-F-Expression zu und somit auch die
Population der Lymphozyten und ihre Bedeutung in der Regulation der Schwanger-
schaft (Abbildung 12).

2.4.3 Makrophagen
In der zweiten Zyklushälfte findet man Makrophagen in allen Schichten des Endomet-
riums, d.h. im superfiziellen und luminalen Epithel sowie im Stroma (Würfel, Würfel, &
Seelbach-Göbel, 2019). Zu ihren Aufgaben gehört es, eingedrungene pathogene
Keime zu eliminieren und sich an der Desquamationsphase vor und während der
Menstruation zu beteiligen (Thiruchelvam, 2013). Im Rahmen der Dezidualisierung
und Nidation reichern sich Makrophagen (sog. Hofbaur-Zellen) in der Decidua basalis
an (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019). Ihre Konzentration in der Decidua pa-
rietalis ist jedoch gering. Vermutlich ist ihre Hauptfunktion während der Einnistung
und in der frühen Schwangerschaft, die Migration des villösen und extravillösen Tro-
phoblasten sowie die Invasionstiefe vermittels des Makrophagen-Migrations-
Inhibitionsfaktors (MMIF/MIF) zu steuern (Jovanović Krivokuća, 2021). MIF wird au-
ßerdem von uNK-Zellen und trophoblastären Zellen exprimiert (Würfel, Würfel, &
Seelbach-Göbel, 2019; Arcuri, 2001).
Neben den DC vermitteln die dezidualen Makrophagen den Umbau der Spiralaterien
im Endometrium und das Wachstum der Plazenta durch die Sekretion angiogener
Wachstumsfaktoren, Matrix-Metalloproteasen (MMP) und Zytokine, darunter Interleu-
kine und des Tumornekrosefaktors-α (TNF-α) (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel,
2019).

24
Theorie

2.5 Die Schwangerschaft - ein Zusammenspiel von Fetus, Immun-
 zellen und HLA-Molekülen

2.5.1 Die Rolle des HLA-Systems in der Schwangerschaft
Die Bedingungen während der Implantation und in der Schwangerschaft verändern
sich stetig. Der Embryo bzw. Fetus hat nur über den Trophoblasten bzw. der Plazen-
ta direkten Kontakt mit dem maternalen Immunsystem. Die trophoblastischen Zellen
haben zwar die gleiche ursprüngliche Herkunft wie die anderen embryonalen Zellen,
weisen dennoch nicht die originale adulte HLA-Signatur des Embryos/Fetus auf. Es
werden außer HLA-C keine klassischen HLA-I- und -II-Proteine, wie HLA-A, -B, -DP,
-DS exprimiert, stattdessen werden die nicht-klassischen HLA-Gruppen der Klasse
Ib, wie HLA-E, -F, -G präsentiert (Abbildung 8). Die nicht-klassischen HLA-Gruppen
unterdrücken immunkompetente Zellen des maternalen Immunsystems durch die
Interaktion mit spezifischen Rezeptoren der Natürlichen Killerzellen und der Lympho-
zyten. Bei gestörter Schwangerschaft bzw. Plazentalstörungen aufgrund untypischer
Expression der nicht-klassischen HLA-Gruppen läuft dieser Mechanismus nicht ord-
nungsgemäß ab. Tumorzellen nutzen oft den gleichen Funktionsweg, um das Im-
munsystem zu umgehen. In diesen Zusammenhang ist es von großem Interesse, die
nicht-klassischen HLA-Gruppen und ihre Interaktion mit Rezeptoren und Rezep-
torfamilien der verschiedenen immunkompetenten Zellen zu untersuchen (Würfel F.
M., 2019).

 HLA-C

Abbildung 8: Die Plazenta mit ihrer HLA-Signatur als Pufferzone zwischen embryona-
lem und maternalem Gewebe
Quelle: Vorlage aus dem Buch „Schwangerschaft mit 40 Plus“
 (Würfel, Würfel, & Seelbach-Göbel, 2019)

 25
Theorie

HLA-G und -E sind die Vertreter der HLA-Klasse-Ib, die hauptsächlich während der
Einnistung und im ersten bis zweiten Trimenon exprimiert werden, um sich mit Zellen
des angeborenen Immunsystems zu verständigen.
Die HLA-Gruppen -E bis -G interagieren dabei mit bestimmten Rezeptoren der NK-
Zellen (KIR, NKG/NKG2, KLR) und Lymphozyten (LILR / ILT). Die rezeptorvermittelte
Interaktion spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung der Plazenta und der Einstellung
eines immunsupressiven Milieus zur Erhaltung der Schwangerschaft (Würfel, Würfel,
& Seelbach-Göbel, 2019).
Die relevanten nicht-klassischen HLA-Klasse-Ib-Gruppen wirken rezeptorvermittelnd
inhibierend auf die uNK und andere Immunzellen des Endometriums, wodurch eine
Abstoßungsreaktion gegen den genetisch und immunologisch fremden Embryo aus-
bleibt.

2.5.2 Immunologische Interaktion an der embryo-maternalen Grenzfläche
Der semiallogene Trophoblast bildet je nach Gestationsalter und anatomischer Lage
mehrere Schnittstellen zum mütterlichen Immunsystem (Abbildung 9). Im frühen Sta-
dium der Implantation ist die Blastozyste von Trophektoderm umgeben, das sich so-
wohl zur endgültigen Zottenplazenta (villösen Plazenta), bestehend aus Zytotro-
phoblasten (CT) und Syncytiotrophoblasten (ST), als auch zu dem eindringenden
extravillösen Trophoblasten (EVT) entwickelt, der für den Austausch der Gase und
die Bereitstellung von Nährstoffen über den mütterlichen Blutkreislauf verantwortlich
ist (Pollheimer, 2018). Die früheste Schnittstelle (Nummer 1) umfasst den ST des
sich implantierenden Embryos und die Dezidua. Das ist das einzige Mal, dass der ST
an der Gewebegrenzfläche anliegt. Die Chorionzotten werden direkt von Sekret der
Uterusdrüsen umspült, was die histotrophische Ernährung ermöglicht bis sich der
intervillöse Kreislauf nach 8 Wochen durchgesetzt hat. Im zweiten Trimester ersetzen
drei neue Schnittstellen die Erstgenannte: Schnittstelle Nummer 2 - zwischen ein-
dringenden EVT und mütterlichen Immunzellen in der Dezidua, Schnittstelle Nummer
3 - zwischen Decidua parietalis und Amnionmembran und Schnittstelle Nummer 4 -
zwischen ST und mütterlichen Blut.
Der Syncytiotrophoblast gibt kontinuierlich extrazelluläre Vesikel (EV) in den intervil-
lösen Raum und somit in den Blutkreislauf der Mutter ab (Levine, 2020; Giacomini,
2017). Die EVs sind membrangebundende, von Zellen stammende Partikel und spie-

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