Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege 2. Aktualisierung 2017 - Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH Bettina Spahr ...
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Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege 2. Aktualisierung 2017 Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH Bettina Spahr Qualitätsmanagement Mitglied Expertenarbeitsgruppe DNQP, Modellpartnereinrichtung
RKH Planbetten ca. 2.522 Mitarbeiter ca. 7.700 Ambulante Fälle ca. 280.000 Stationäre Fälle ca. 112.000
Agenda • Veränderungen • Ebenen des Expertenstandards • Dekubituskategorien • Qualitätsindikatoren 28.11.2017 4
Für den schnellen Leser • Die Einrichtung verfügt über eine Verfahrensregelung zur Dekubitusprophylaxe • Screening für jeden Patient – Einschätzung der Mobilität – Hautzustand/Dekubitus in der Vergangenheit – Schlechte Durchblutung (kausal) • Differenziertes Assessment immer mit Hauteinschätzung einrichtungsinterne Festlegung der systematischen Risikoeinschätzung • Patienten-/Angehörigenschulung zur Förderung von Eigenverantwortung und Selbstpflegekompetenz • Druckentlastende, eigenbewegungsfördernde Maßnahmen • Haut- und gewebeschonende Bewegungstechniken • Berücksichtigung der Selbstbestimmung und der Lebensqualität des Patienten • Überprüfung der Wirksamkeit der Dekubitusprophylaxe (Kennzahlen) 5
Zielsetzung: jeder dekubitusgefährdete Patient erhält eine Prophylaxe, die die Entstehung eines Dekubitus verhindert. Begründung: …Das vorhandene Wissen zeigt, dass das Auftreten eines Dekubitus weitgehend verhindert werden kann. Ausnahmen: • pflegerisch oder medizinisch notwendige Prioritätensetzung • selbstbestimmte Entscheidung des informierten Patienten • begründet im Gesundheitszustand Wichtig: • systematische Risikoeinschätzung • Information, Schulung und Beratung des Patienten, ggf. seiner Angehörigen • Bewegungsförderung • Druckentlastung und –verteilung • Kontinuität und Evaluation prophylaktischer Maßnahmen 6
S1 Die Pflegefachkraft verfügt über aktuelles Wissen zur Dekubitusentstehung, sowie über die Kompetenz, das Dekubitusrisiko einzuschätzen. 7
Faktoren für das Dekubitusrisiko Relevante Risikofaktoren • Beeinträchtigung der Mobilität/Immobilität • Störung der Durchblutung • Beeinträchtigter Hautzustand bzw. bereits vorhandener Dekubitus 11
Risikofaktoren bei Kindern: • Verlängerte und/oder verstärkte Einwirkung von Druck- und Scherkräften: – Stark limitierte Mobilität/Eigenmobilität (Neugeborene/Säuglinge) – Neurologische Erkrankungen und Störungen • Intensität und Dauer von Druck auf bestimmte Körperareale • Reibung und Scherkräfte • Eingesetzte medizinische Geräte/Zu- und Ableitungen (Trachealkanülen, Tuben, Sonden) • Beeinträchtigung der Gewebetoleranz: • Mangelernährung/ernährungsbezogene Faktoren • Durchblutung und Sauerstoffversorgung der Haut • Hautfeuchtigkeit • Hauttoleranz und Auflageflächen (je nach Hautmilieu und Hautreife) 12
Einschätzung des Dekubitusrisikos • Screening (Überprüfung bestehender Verdacht auf Dekubitusrisiko): – Erhöhte und/oder verlängerte Einwirkung von Druck- und oder Scherkräften – Aktuell vorliegender oder abgeheilter Dekubitus – Informationen zur Mobilität/bestehender pflegerischer Unterstützungsbedarf und Hautzustand Erhobene Informationen schließen Dekubitusrisiko aus Risikoeinschätzung abgeschlossen, bis Hinweise auf vermehrte Druck- oder Scherkrafteinwirkung, Verschlechterung des Hautzustandes Bei positivem Screening weiter mit • Differenzierte Risikoeinschätzung 13
Differenzierte Risikoeinschätzung Erwachsene Kinder • Mobilitätsbeeinträchtigung/Immobilität • Langanhaltender Druck auf Körperareal vor • Beeinträchtigter Hautzustand/vorliegender Aufnahme Dekubitus • Beurteilung Hinterhauptbereich • Durchblutungsstörungen • Grad der Aktivität/Mobilität • Verminderte Sensorische Wahrnehmung • Body Mass Index/Geburtsgewicht • Diabetes mellitus • Reife der Haut/Hautzustand • Allgemeiner • Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit Gesundheitszustand/Begleiterkrankungen • Ernährungsindikatoren; Flüssigkeitsstatus • Beeinträchtigter Ernährungszustand • Durchblutung und Sauerstoffversorgung der • Erhöhte Hautfeuchtigkeit Haut • Medikation (RR steigernde Medis) • Externe Geräte (z.B. Sonden • Dauer des Krankenhausaufenthaltes 14
E1 Eine aktuelle, systematische Einschätzung des individuellen Dekubitusrisikos liegt vor. • Vorsehen eines initialen Screening anstelle eines „impliziten“ Risikoausschlusses • Keine alleinige Verwendung von Einschätzungsinstrumenten, beim differenzierten Assessment gehört grundsätzlich eine Hauteinschätzung dazu Einrichtungsinterne Festlegung zum systematischen Vorgehen bei der Risikoeinschätzung 15
Verfahrensregelung S 2a: Die Pflegefachkraft verfügt über Planungs- und Steuerungskompetenz zur Dekubitusprophylaxe. S2b: Die Einrichtung verfügt über eine Verfahrensregelung zur Dekubitusprophylaxe. 16
P2 Die Pflegefachkraft plant individuell mit dem dekubitusgefährdeten Patienten (ggf. Angehörigen) Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe und informiert die an der Versorgung Beteiligten über das Dekubitusrisiko und die Notwendigkeit der kontinuierlichen Fortführung von Interventionen. 17
E2 Die Dekubitusgefährdung und die notwendigen Maßnahmen sind allen an der Versorgung des Patienten/Bewohners Beteiligten bekannt und werden kontinuierlich fortgeführt. • Verfahrensregelung • Verantwortlichkeit der Pflegefachkraft • Betonung der Mit-Einbeziehung des Patienten/Bewohners Verschriftlichung des Vorgehens in einer Verfahrensregelung Konzept für Schulung und Beratung 18
P3 Die Pflegefachkraft erläutert dem Patienten (ggf. Angehörigen) die Dekubitusgefährdung und die Durchführung von prophylaktischen Maßnahmen und deren Evaluation. • Schulung/Beratung (Konzept) bei allen Patienten mit einem Risiko • Förderung von Eigenverantwortung und Selbstpflegekompetenz 19
E3 Der Patient und gegebenenfalls seine Angehörigen kennen die Dekubitusgefahr sowie die geplanten Maßnahmen und wirken auf der Basis ihrer Möglichkeiten an deren Umsetzung mit. 20
P4 Die Pflegefachkraft fördert soweit möglich die Eigenbewegung des Patienten. Sind Eigenbewegungen nicht oder nicht ausreichend möglich, gewährleistet die Pflegefachkraft auf Basis einer individuellen Bewegungsförderungsplanung sofortige Druckentlastung durch haut- und gewebeschonende Bewegung des Patienten und die vollständige Druckentlastung (Freilage) gefährdeter Körperstellen. 21
Druckentlastung durch Beeinflussende Faktoren • Förderung der Eigenbewegung • Individuell bestehende • angemessene Körperpositionen Dekubitusrisikofaktoren (inkl. Prognose) regelmäßiger Positionswechsel zu erwartende Entwicklung der Mobilität, des Hautzustandes oder der Gewebetoleranz • Vollständige Entlastung stark • Individuell vorhandene Ressourcen zur gefährdeter Körperstellen von äußerer Kompensation wie Motivation und Fähigkeit zur Druck- und Scherkrafteinwirkung Mitwirkung an der Druckentlastung sowie • Vermeidung bzw. Reduktion Verfügbarkeit von Hilfsmitteln therapiebedingter Druck- und • Individuelle Bedürfnisse und Scherkräfte (z.B. Zu- und Ableitungen) • Pflege-/Therapieziele in Bezug zu: • Schmerz, • Dyspnoe, • Übelkeit, • Bedürfnis nach störungsfreiem Schlaf • Lage in bestimmten Körperpositionen • Individuelle gesundheits- und therapiebedingte Anforderungen an Interventionen zur Druckentlastung, z.B. Machbarkeit von Wechselpositionierung, Beeinflussung durch Körpergewicht, Zu- und Ableitungen 22
E4 Die Pflegefachkraft verfügt über Wissen zu druckentlastenden und die Eigenbewegung fördernden Maßnahmen und beherrscht haut- und gewebeschonende Bewegungs-, Positionierungs- und Transfertechniken. 23
P5 Die Pflegefachkraft wendet zusätzlich zu druckentlastenden Maßnahmen geeignete druckverteilende und entlastende Hilfsmittel an, wenn der Zustand des Patienten eine ausreichende Bewegungsförderung nicht zulässt. 24
Auswahlkriterien zum Einsatz druckverteilender Hilfsmittel • Entsprechend den prioritären Pflege- und Therapiezielen • Nach den Möglichkeiten der Eigenbewegung des Patienten • Unter Berücksichtigung der gefährdeten Körperstellen • Nach dem Gewicht des Patienten • In Abwägung von Kosten und Nutzen • Nach den Präferenzen/Wünschen des Patienten • Patienten mit Querschnittlähmung sollten jederzeit eine druckreduzierende Sitzunterlage erhalten. 25
Arten von Wechseldruck- und Weichlagerungssysteme: • Intermittierende Entlastung (Wechseldruckmatratze) • Kontinuierliche Weichlagerung (Schaumstoff-, Elastomer-, Fluid- Gelmatratzen) – Weichlagerungssystem sollen Standardmatratzen vorgezogen werden • Kombinierte Systeme (automatische Schaumstoff-Luftkissenmatratzen) • Für Ganz- oder Teilkörper • Schwache Evidenz: scherkräftereduzierende Auflagen z.B. Silikonschaumauflagen geringer Empfehlungsgrad 26
Lagerung und Lagerungsintervalle Empfehlung: 30o beziehungsweise 40 o Seitenwechsellagerung in liegender Position bei Erwachsenen (Wechsel zwischen Rechtsseitenlagerung, Rückenlagerung und Linksseitenlagerung) . Oberkörperhochlagerung max. 30o oder weniger Immer Kontrolle des Drucks auf Knochenvorsprünge besonders Fersen Sitzende Position: • Körperstabilität und Handlungsfreiheit gewährleisten • Komfort, Hautinspektion und Minimierung des Drucks auf Prädiletionsstellen • Heruntergleiten des Patienten durch Arm- und Fußstützen vermeiden • Sichere Position der Füße direkt auf dem Boden/Fußstütze (optimale Ausrichtung der unteren Extremitäten Hüfte, Knie und Füße) 27
Hautpflege und Hautschutz Hautpflege: Empfehlung: Haut trocken und sauber zuhalten. Die Applikation von Produkten, die die Hautbarriere schützen wird empfohlen sowie Pflegeprodukte, die die Hautfeuchtigkeit erhöhen. Keine Empfehlung für Massage Ernährungsbezogene Maßnahmen: Mangel- bzw. Unterernährung ist ein Risikofaktor für eine Dekubitusentstehung Empfehlung: Durchführung eines Ernährungsscreenings 28
E5 Der Patient/Bewohner befindet sich unverzüglich auf einem für ihn geeigneten druckverteilenden und-entlastenden Hilfsmittel. • Druckverteilende und –entlastende Hilfsmittel (wenn Druckentlastung nicht ausreicht) • Pflegerische Einschätzung, ob ein Hilfsmittel notwendig ist. 29
S 6a Die Pflegefachkraft verfügt über die Kompetenz, die Effektivität der prophylaktischen Maßnahmen zu beurteilen. P6 Die Pflegefachkraft begutachtet den Hautzustand des gefährdeten Patienten in individuell zu bestimmenden Zeitabständen. E 6a Der Patient hat keinen Dekubitus. E 6b In der Einrichtung liegen Zahlen zur Dekubitushäufigkeit sowie zur Wirksamkeit der Dekubitusprophylaxe vor. Wichtig: • Einschätzung des Hautzustandes (besonders Prädilektionsstellen, Säuglinge Hinterkopf) • Zusätzlich Wirksamkeit der Dekubitusprophylaxe prüfen durch Pflegevisiten, Audits, Indikatorenerhebung. • Dokumentation des Ergebnisses der Überwachung des Hautzustandes und ggf. vorgenommene Anpassung der prophylaktischen Maßnahmen. 30
E6a Der Patient/Bewohner hat keinen Dekubitus E6b In der Einrichtung liegen Zahlen zur Dekubitushäufigkeit sowie zur Wirksamkeit der Dekubitusprophylaxe vor. 31
Begriffsbestimmung Dekubitus Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes, typischerweise über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder in Verbindung mit Scherkräften. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmaßlich mit Dekubitus assoziiert sind, deren Bedeutung aber noch zu klären ist. NPUAP/EPUAP/PPPIA (2014) Ein Dekubitus kann in der Haut (Schädigung der Epidermis und Dermis) und/oder darunter liegenden Gewebeschichten (z.B. subcutanes Fettgewebe, Muskulatur) entstehen können. Die Haut kann dabei (zunächst) intakt sein. Nicht wegdrückbare Rötungen oder dunkle Verfärbungen bei intakter Haut werden als ein Indikator für eine bereits stattgefundene Gewebeschädigung angesehen. Die Dekubitusentstehung hängt von einer Vielzahl weiterer, bisher nicht endgültig geklärter Faktoren ab, weshalb auch eine maximal erreichte Druckentlastung oder – verteilung unter Umständen nicht ausreichend sein kann, um die Entstehung eines Dekubitus zu verhindern. 32
Klassifikation der Dekubituskategorien NPUAP/EPUAP/PPPIA (2014) Dekubitusentstehung: • Länger andauernde Verformung (Kompression und Scherung) weicher Gewebe zwischen festen körperinneren Strukturen wie Knochen, Sehnen, Bänder oder Knorpeln an äußeren festen Körpern wie Sitz- und Auflageflächen oder anderen harten Gegenständen (z.B. körpernahe medizinische Geräte), die auf die Haut und darunter liegende weiche Gewebe von außen mechanisch einwirken. • Länger andauernd ist nicht exakt definiert. Prozess muss mehrere Minuten bis Stunden anhalten, um zu einem Dekubitus zu führen. • Abgrenzung: traumatische Verletzung, welche innerhalb vom Zehntel einer Sekunde stattfindet. • Im englischsprachigen Raum eher pressure injury (Druckverletzung) statt pressure ulcer (Druckgeschwür) 33
Dekubitusprophylaxe 34 Bettina Spahr
Dekubitusprophylaxe 35 Bettina Spahr
Qualitätsindikatoren Dekubitusprophylaxe Begriffsbestimmung Qualitätsindikator Ein Qualitätsindikator dient der Bewertung, ob ein Qualitätsziel erreicht wird. Ein Indikator ist kein direktes Maß der Qualität. Es ist ein Werkzeug, das zur Leistungsbewertung dient und das die Aufmerksamkeit auf Problembereiche lenken kann, die einer intensiven Überprüfung innerhalb einer Organisation bedürfen (BQS Qualitätsreport 2008, S. 12) Anwendung von Indikatoren: • Evaluation • Monitoring • Alarmfunktion 36
Vorgeschlagene und sich in der Erprobung befindende Qualitätsindikatoren • Neu-Auftreten eines Dekubitus (Inzidenz) – Dekubitus Kategorie 2,3,4 • Wissen der Patienten – Anzahl der Patienten (ohne kognitive Einbußen), die von ihrem Risiko wissen • Geplante Intervention – Anzahl der Patienten mit einem Dekubitusrisiko, mit denen ein Beratungsgespräch geführt wurde • Qualifikation der Mitarbeiter – Anzahl der Mitarbeiter, die im vergangenen Jahr an einer Fortbildung zum Thema Dekubitusprophylaxe teilgenommen haben 37
für Ihre Aufmerksamkeit Fragen? 28.11.2017 38
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