FÜR EINE FAIRE PARTNERSCHAFT ZWISCHEN AFRIKA UND EUROPA - Zivilgesellschaftliche Forderungen zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020

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FÜR EINE FAIRE PARTNERSCHAFT ZWISCHEN AFRIKA UND EUROPA - Zivilgesellschaftliche Forderungen zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020
POSITIONSPAPIER   |   2020

FÜR EINE FAIRE PARTNERSCHAFT
ZWISCHEN AFRIKA UND EUROPA
Zivilgesellschaftliche Forderungen zur
deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020
Für eine Faire Partnerschaft 2

FÜR EINE FAIRE PARTNERSCHAFT
Am 1. Juli 2020 übernimmt Deutschland für             den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030, zu
sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen      den Zielen der Afrikanischen Union in der Agenda
Union. Die Bundesregierung hat in Vorbereitung        2063, zum Pariser Klimaabkommen und weiteren
der Ratspräsidentschaft angekündigt, Europa als       internationalen Vereinbarungen. Sie erkennt die
eine solidarische Kraft weiterentwickeln zu wollen,   wichtige Rolle der Zivilgesellschaft an und sieht
die Verantwortung für Frieden und Sicherheit          Afrika als Partner in einer multipolaren Welt.
in der Welt übernimmt. Die vertiefte Partner-
schaft zwischen Afrika und Europa soll dabei          Nun muss Deutschland im Rahmen seiner Rats-
von zentraler Bedeutung sein.                         präsidentschaft für eine faire Partnerschaft ein-
                                                      stehen und Afrika und Europa näher zusammen-
Eine vertiefte Partnerschaft muss jedoch mehr         bringen, um aktuellen Krisen gemeinsam zu
sein als ein Prozess zwischen Regierungen.            begegnen. Die afrikanische und die europäische
Sie lebt von menschlichen Begegnungen und             Zivilgesellschaft müssen an diesen politischen
muss Austausch und Teilhabe ermöglichen. Im           Prozessen umfassend und wirksam beteiligt
Mittelpunkt müssen die Lebensrealität und das         werden. Gelegenheit dazu bieten vor allem die
Wohlergehen der Menschen stehen. Aus diesem           Erarbeitung der neuen AU-EU-Strategie, der
Grund hat VENRO rund 70 Organisationen                geplante AU-EU-Gipfel, die Verhandlungen zum
der afrikanischen, europäischen und deutschen         EU-Gender-Aktionsplan (GAP) III, zum Post-
Zivilgesellschaft im Rahmen seines Digital            Cotonou-Abkommen und zum Mehrjährigen
Africa Forum 2020 eingeladen, die Rahmen-             Finanzrahmen sowie nicht zuletzt die Umsetzung
bedingungen für die Partnerschaft zwischen            des European Green Deal. Als Teil der Trio-
Afrika und Europa zu diskutieren. Die Ergebnisse      Präsidentschaft mit Portugal und Slowenien muss
der Konsultationen sind in diesem Positions-          Deutschland auch über 2020 hinaus die Kontinui-
papier zusammengefasst.                               tät und Nachhaltigkeit der partnerschaftlichen
                                                      Bemühungen sicherstellen.
Wir brauchen vor allem eine faire Partnerschaft,
die niemanden zurücklässt. Eine möglichst breite      Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für
Beteiligung der Bürger_innen ist dabei von            folgende Schwerpunkte einzusetzen:
besonderer Bedeutung. Zivilgesellschaftliches
Engagement muss geschützt und gefördert werden.       z   Globale Gesundheit,
Die afrikanische und die europäische Zivil-           z   Mitbestimmung aller Generationen,
gesellschaft stehen dafür ein und bauen Brücken       z   globale Klimagerechtigkeit,
zwischen den Kontinenten und Menschen.                z   friedliche Gesellschaften,
                                                      z   faire Wirtschafts- und Handelsbeziehungen,
Die Grundsätze für eine faire Partnerschaft mit       z   gerechte Digitalisierung.
Afrika gibt es bereits: Die EU hat sich im Vertrag
von Lissabon dazu verpflichtet, weltweit Frieden      In allen diesen Bereichen sind Querschnitts­themen
und soziale Gerechtigkeit zu fördern und Armut        wie die Gleichstellung der Geschlechter und der
zu beseitigen. Die Bundesregierung bekennt sich       Menschenrechtsschutz von zentraler Bedeutung.
in ihren afrikapolitischen Leitlinien eindeutig zu
Für globale Gesundheit 3

FÜR GLOBALE GESUNDHEIT
Weltweit hat die Corona-Pandemie die              Zudem muss die EU ihre verschiedenen Ansätze
strukturellen Schwächen von Gesundheits-          und Instrumente für globale Gesundheitspolitik
systemen und die Verletzlichkeit sozial und       strategisch zusammenführen, um die Handlungs-
anderweitig benachteiligter Menschen verstärkt    fähigkeit der EU zu verbessern. Erst auf dieser
ins öffentliche Bewusstsein gerufen. Rund eine    Grundlage kann eine intensivere Kooperation
Milliarde Menschen haben keinen Zugang            mit AU-Institutionen und der Weltgesund-
zu bezahlbarer und qualitativ ausreichender       heitsorganisation (WHO) gegenseitigen Nutzen
medizinischer Grundversorgung im Sinne einer      bringen.
Universal Health Coverage (UHC) wie in der
Agenda 2030 gefordert (SDG 3.8). Die Stärkung     Anfang Mai 2020 hat die Geberkonferenz für
von Gesundheitssystemen muss daher ein            eine globale Corona-Reaktion gezeigt, dass
­Schwerpunkt politischen Handelns sein.           gemeinsame Initiativen im Gesundheitsbereich
                                                  erfolgreich sein können. Es braucht jedoch
Gerade in Afrika spielen zivilgesellschaftliche   transparente und verbindliche Regelungen bei
Organisationen mangels staatlicher Kapazitäten    der Umsetzung, damit Diagnostika, Impfstoffe,
eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung       Medikamente und Gesundheitsleistungen für
der Corona-Pandemie. Sie kennen den lokalen       alle Menschen zugänglich und bezahlbar sind.
Kontext und müssen aktiv unterstützt werden,      Auch mit Blick auf andere Infektionskrankheiten
damit präventive Maßnahmen, Gesundheitsauf-       muss daher die WHO deutlich gestärkt und die
klärung und Gesundheitsdienstleistungen alle      Zusammenarbeit mit Organisationen wie der
Menschen erreichen. Starke Gesundheitssysteme     Coalition for Epidemic Preparedness Innovations
auf lokaler Ebene sind eine Grundvoraus-          (CEPI) und der Impfallianz Gavi ausgeweitet
setzung für eine erfolgreiche Eindämmung von      werden. Der Ausbau von Gesundheitssystemen
Pandemien.                                        muss zudem bei der Umsetzung von Agenda 2030
                                                  und Agenda 2063 eine höhere Priorität erhalten.
Die EU muss im Rahmen der AU-EU-Partner-          Die EU kann in diesem Kontext die Erreichung
schaft ganzheitliche Ansätze im Gesundheits-      des AU-Ziels befördern, dass die AU-Mitglieds-
bereich fördern. Es geht dabei nicht allein       staaten 15 Prozent ihrer Ausgaben für Gesundheit
um die Bekämpfung von Krankheiten. Eine           aufwenden.
ganzheitliche Betrachtung muss alle Faktoren
in den Blick nehmen, die die Gesundheit der       Die EU muss die afrikanischen Partner_
Bevölkerung beeinflussen. Dazu zählen vor         innen unterstützen, ihre Kompetenzen und
allem Armut und soziale Ungleichheit, fehlende    Erfahrungen aus früheren Epidemien wie
Ernährungssicherheit, ­Diskriminierung und        Ebola und neue Erkenntnisse aus der Corona-
fehlende politische Mitbestimmung oder            Pandemie für n­ achhaltige Verbesserungen ihrer
auch der Klimawandel und die Zerstörung von       Gesundheitssysteme zu nutzen. Dazu zählen
Lebensräumen.                                     die systematische Erfassung und Analyse von
                                                  möglichen negativen Auswirkungen auf die Prä-
                                                  vention und Behandlung anderer Krankheiten.
Für globale Gesundheit 4

  Für eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und Europa im ­Gesundheitsbereich fordern
  wir von der Bundesregierung, sich für die folgenden Maßnahmen einzusetzen:

  → Die EU muss ihre Mittel für eine              → AU und EU müssen gemeinsam die
    gemeinsame AU-EU-Partnerschaft zur              Erforschung, Entwicklung und lokale
    medizinischen Grundversorgung in                Produktion von Diagnostika, Impf-
    afrikanischen Staaten erhöhen, damit            stoffen und Medikamenten in Afrika mit
    alle Menschen gesund leben (SDG 3)              Organisationen wie der Africa Vaccine
    und eine flächendeckende Gesundheits­           Manufacturers Initiative (AVMI) ausbauen.
    versorgung (UHC) nutzen können.
                                                  → Die EU braucht einen Sonderbeauf-
  → Die EU muss enger mit den African               tragten für globale ­Gesundheit und
    Centres for Disease Control (Africa CDC)        Pandemiebekämpfung, um ihre Initiativen
    kooperieren und diese bei ­Ausbildung,          und Kompetenzen zu bündeln, die Effektivi-
    Diagnostik, Fachkräfteaustausch und             tät europäischer Gesundheitspolitik zu
    Primärversorgung unterstützen.                  steigern und die Kohärenz mit anderen
                                                    EU-Politikbereichen sicherzustellen.

FÜR EINE MITBESTIMMUNG
ALLER GENERATIONEN
Die junge Generation in afrikanischen Gesell-     in die Lösung gesellschaftlicher Probleme
schaften lebt zunehmend vernetzter und nutzt      und die Veränderung von diskriminierenden
digitale Plattformen und soziale Medien, um       und entmündigenden Normen einbezogen
sich politisch zu informieren und ihr Recht auf   werden. Hierbei muss auch die Vielfalt der
Mitbestimmung einzufordern. Sie ist jedoch        Geschlechteridentitäten, Lebensrealitäten und
in politischen Debatten und Entscheidungs-        Meinungen junger Menschen abgebildet sein,
findungsprozessen extrem unterrepräsentiert:      um Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zu
Während nahezu die Hälfte der wahlberechtigten    ermöglichen.
Bevölkerung unter 30 Jahre alt ist, gibt es nur
sehr wenige Parlamentsabgeordnete aus dieser      Die Einbeziehung und Förderung junger
Altersklasse.                                     Menschen in Afrika und Europa müssen aber
                                                  auch mit einer besseren finanziellen Ausstattung
Eine verbesserte politische Teilhabe junger       und Qualität öffentlicher Bildungssysteme ein-
Menschen, insbesondere von Mädchen und            hergehen. In Afrika haben vor allem Mädchen
jungen Frauen, muss daher ein Kernziel der        und junge Frauen oft nur einen eingeschränkten
AU-EU-Partnerschaft sein. Die Perspektiven        Zugang zu Bildung. Kinder und Jugend-
und Ideen der Jugend müssen systematisch          liche müssen zudem die Möglichkeit haben,
Für eine Mitbestimmung aller Generationen 5

auf lokaler, regionaler und internationaler      Schließlich ist ein generationenübergreifender
Ebene vielfältige interkulturelle Lern- und      Dialog notwendig, um ein umfassendes Ver-
Entwicklungs­angebote wahrnehmen zu können.      ständnis von Gerechtigkeit zu entwickeln, das
Dabei geht es nicht nur um individuelle,         auch die heutige Verantwortung für kommende
sondern auch um gemeinschaftliche Lern­          Generationen beinhaltet. Solche Wertedis-
prozesse mit dem Ziel, gesellschaftliche         kussionen zu den Bedingungen für ein gutes
­Herausforderungen zu verstehen und eigene       Leben für alle Menschen bilden eine wichtige
 Lösungsansätze zu entwickeln.                   Grundlage für Geschlechtergerechtigkeit,
                                                 gesellschaftliche Kohäsion und eine inklusive
                                                 politische Entscheidungsfindung.

  Für eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und Europa im Sinne
  der Jugend und Generationengerechtigkeit fordern wir von der
  ­Bundesregierung, sich für die folgenden Maßnahmen einzusetzen:

  → In den Beziehungen zwischen Afrika und         können und insbesondere bei der
    Europa braucht es neue gemeinsame Formen       Visavergabe unterstützt werden.
    politischer Willensbildung und Ent-
    scheidungsfindung, die jungen Menschen       → Gemeinsam mit europäischen und
    echte Repräsen­ta­tion, Beteiligung und        afrikanischen Partner_innen muss Deutsch-
    Einflussnahme ermöglichen und eine             land einen Aktionsplan für die gegenseitige
    rein symbolische Ver­ein­nahmung               Anerkennung von formellen Bildungs-
    (Youthwashing) vermeiden. Deutschland          abschlüssen auf den Weg bringen. Kennt-
    soll dafür im Programm des AU-EU-Gipfels       nisse und Kompetenzen, die afrikanische
    eine Gesprächsplattform anbieten, in deren     Kinder und Jugendliche an Bildungs-
    Rahmen über eine formelle Einbindung           institutionen in Afrika erworben haben,
    der jungen Generation bei der Umsetzung        müssen in der EU nach transparenten
    der AU-EU-Partnerschaft diskutiert und         Kriterien verbindlich anerkannt werden.
    konkrete Empfehlungen formuliert werden.
                                                 → Die Bundesregierung soll sich dafür ein-
  → AU und EU müssen Begegnungs- und               setzen, dass im kommenden Mehrjährigen
    Dialogräume für den Austausch der              Finanzrahmen der EU 2021-2027 ausreichend
    afrikanischen und europäischen Jugend          Mittel bereitgestellt werden, um die Zahl von
    schaffen und finanzieren. Dabei kann die       afrikanischen Studierenden und Hochschul-
    afrikanische Diaspora in Europa Brücken        mitarbeitenden am Nachfolgeprogramm zu
    bauen, um Perspektiven und Anliegen            Erasmus+ von zuletzt 8.500 Teilnehmenden
    gegenseitig besser zu verstehen. An einem      jährlich zu erhöhen. Auch hierbei muss auf
    solchen Austausch müssen junge Frauen,         eine Gleichbehandlung der Geschlechter
    junge Menschen mit Behinderungen               und die gleichberechtigte Einbeziehung
    und anderweitig benachteiligte Jugend-         junger Menschen aus verschiedenen sozio-
    liche stets gleichberechtigt teilnehmen        kulturellen Milieus wert gelegt werden.
Für globale Klimagerechtigkeit 6

FÜR GLOBALE
KLIMAGERECHTIGKEIT
Klima- und Generationengerechtigkeit gehen             Die EU muss aber vor allem ihr eigenes Verhalten
Hand in Hand. Inspiriert von einer selbst-             an die neuen Realitäten anpassen. Der European
bewussten globalen Jugend protestieren Millionen       Green Deal und die Maßnahmen zur wirtschaft-
von Menschen auf allen Kontinenten für mehr            lichen Belebung nach der Corona-Pandemie
Klimaschutz und den Erhalt unserer natürlichen         müssen dazu genutzt werden, klimaschädliche
Lebensgrundlagen für kommende Generationen.            Praktiken zu beenden, eine ökologische Energie-
                                                       wende zu vollziehen und die europäischen CO2-
Am stärksten vom Klimawandel betroffen sind            Reduktionsziele schneller zu erreichen. Dazu ist
Menschen im Globalen Süden und insbesondere in         eine umfassende Überprüfung und kohärente
Afrika, obwohl sie am wenigsten zur Entstehung der     Ausrichtung der europäischen Handels- und
Klimakrise beigetragen haben. Gleichzeitig fehlen      Subventionspolitik und anderer klimarelevanter
ihnen die Ressourcen, um sich an die Folgen des        Bereiche nötig.
Klimawandels anzupassen. Laut dem Entwicklungs-
programm der Vereinten Nationen (UNDP) leiden          Eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und
Frauen und Mädchen überproportional unter              Europa kann es nur geben, wenn die soziale und
klimabedingten Vertreibungen. Die afrikanische und     ökologische Transformation Europas auf allen
europäische Zivilgesellschaft sind Mittler, um diese   Ebenen energisch vorangetrieben wird und die
vielschichtigen lokalen Erfahrungen und Interessen     Umsetzung des Green Deal nicht zu Lasten Afrikas
in der internationalen Klimapolitik zu vertreten.      erfolgt.

Die EU muss die Proteste und die lokale
Dimension des Klimawandels in Afrika noch
stärker berücksichtigen. Vor allem die ärmsten           Für eine faire Partnerschaft zwischen Afrika
und vulnerablen Gruppen der Bevölkerung                  und Europa beim Klimaschutz fordern
müssen von afrikanisch-europäischen Klima-               wir von der Bundesregierung, sich für die
schutzmaßnahmen profitieren. Unterstützung bei           folgenden Maßnahmen einzusetzen:
der Anpassung an und der Minderung von Folgen
des Klimawandels muss lokalen und regionalen             → Für die afrikanische und europäische
Initiativen zugutekommen und eine partizipative            Zivilgesellschaft steht und fällt die klima-
und partnerschaftliche Grundlage haben, zum Bei-           politische Glaubwürdigkeit der EU mit
spiel durch die Unterstützung dezentraler erneuer-         ihren eigenen Ambitionen. Die Bundes-
barer Energieerzeugung.                                    regierung muss die bereits gesetzten
                                                           Klimaziele erreichen und sich dafür
Die EU muss diese lokale Dimension mit multi-              stark machen, dass die EU im Rahmen
lateralen Anstrengungen verknüpfen und die AU-             des Green Deal noch in diesem Jahr ihr
EU-Partnerschaft für ein gemeinsames Vorgehen              Klimaziel für 2030 auf mindestens 55
in der Klimapolitik nutzen. Zusammen können                Prozent Emissionsreduktion erhöht und
Afrika und Europa die Umsetzung des Pariser                eine Verringerung um 65 Prozent prüft.
Klimaabkommens effektiver voranbringen.
Für globale Klimagerechtigkeit 7

  → Deutschland muss die AU-EU-Partnerschaft in          Energien, Waldschutz und Anpassung sowie
     der Klimapolitik stärken, um ein koordiniertes      für die Bewältigung der Klimaschäden.
     multilaterales Vorgehen zu ermöglichen und
     die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens          → Die EU muss ihre Klimafinanzierung
     inklusive des 1,5-Grad-Ziels zu beschleunigen.      für Afrika so ausrichten, dass lokale und
                                                         regionale Initiativen unterstützt werden
  → Es muss sichergestellt werden, dass im               und dazu beitragen, die Effektivität und
     Mehrjährigen Finanzrahmen ausreichende              Reichweite afrikanischer Programme
     Mittel für klimapolitische Maßnahmen                wie der African Renewable Energy
     der EU vorhanden sind. Dies betrifft zum            Initiative oder der African Adaptation
     einen die Umsetzung des Green Deal und              Initiative zu erhöhen. Zudem muss der
     die Finanzierung des „EU-Wiederaufbau­              Zivilgesellschaft ein besserer Zugang zu
     plans“, die die soziale und ökologische Trans-      diesen Programmen ermöglicht werden.
     formation befördern müssen. Zum anderen             Mit partizipativen Konsultationen und
     müssen afrikanische Staaten mehr Finanz-            einem Bottom-Up-Ansatz können bereits
     mittel und Unterstützung beim notwendigen           funktionierende Ideen und Maßnahmen
     Umbau hin zu Klimaneutralität erhalten,             für Klimaschutz und Klimaanpassung
     vor allem in den Bereichen Erneuerbare              identifiziert und repliziert werden.

FÜR FRIEDLICHE
GESELLSCHAFTEN
Ohne Frieden und die Wahrung von Menschen-             aktuellen Bericht zu Frauen, Frieden und Sicher-
rechten kann es keine nachhaltige Entwicklung          heit beklagt der UN-Generalsekretär, dass jede
geben. Möglich wird dies erst in friedlichen und       fünfte Frau in komplexen humanitären Lagen
inklusiven Gesellschaften, in denen Menschen ihr       sexualisierter und geschlechterspezifischer Gewalt
Leben frei von existenzieller Not gestalten können.    ausgesetzt ist. Seit Mitte der 1990er Jahre haben
Staatliche Institutionen haben auf allen Ebenen        allein auf dem Weg über das Mittelmeer mehr als
die Aufgabe, diese Sicherheit zu gewährleisten         36.000 Menschen ihr Leben verloren.
und rechtlich abzusichern. Dazu braucht es gute
Regierungsführung und verantwortungsbewusstes          AU und EU müssen sich diesen Themen
politisches Handeln.                                   gemeinsam stellen und zum Wohle ihrer
                                                       Bevölkerungen bearbeiten. Es braucht eine
Die Realität sieht derzeit jedoch anders aus: Rund     gemeinsame Friedensarchitektur, die die
zwei Drittel der 55 Staaten mit erhöhter ­Fragilität   Beteiligung lokaler Akteur_innen und zivil-
im „Fragile States Index“ stammen aus Afrika.          gesellschaftlicher Organisationen bei der Konflikt-
Laut „Atlas der Zivilgesellschaft“ werden in mehr      transformation fördert und eine unbeabsichtigte
als jedem dritten afrikanischen Staat die eigenen      Stärkung von Regimen oder Milizen verhindert,
Bürger_innen massiv unterdrückt. In seinem             die Menschenrechte missachten oder Gewalt gegen
Für friedliche Gesellschaften 8

die eigene Bevölkerung anwenden. Ursachen            sicheren Zugang zu vulnerablen Bevölkerungs-
und direkte Folgen von Konflikten zeigen sich        gruppen erhalten und die Betroffenen ihre Lebens-
vor Ort, deshalb muss die Zivilbevölkerung ein       situation verbessern und an Friedensgesprächen
wesentliche Akteurin von Friedensprozessen           oder Wiederaufbaumaßnahmen teilnehmen
sein. Alle Bemühungen im Bereich Frieden und         können.
Konfliktprävention müssen durch nachvollziehbare
und transparente Strukturen gestützt werden.         Politische Restriktionen (Shrinking Spaces)
                                                     und eine unzureichende Finanzierung behindern
Umfassende Konfliktanalysen unter Berück-            die Arbeit großer Teile der afrikanischen Zivil-
sichtigung von Do-No-Harm-Kriterien und              gesellschaft. Ihr Mitwirken an gesellschaftlichen
detaillierte Kenntnisse lokaler Zusammenhänge        Debatten ist jedoch unverzichtbar, um politische
sind wichtige Grundlagen für ein konfliktsensibles   Macht zu begrenzen und strukturelle Ver-
Engagement. Dies gilt besonders für fragile          änderungen zu erreichen.
Kontexte, etwa bei der Zusammenarbeit mit
Geflüchteten und einheimischer Bevölkerung.          In vielen afrikanischen Ländern erschweren
Der unerlässliche Beitrag von Frauen zu Gewalt­      Arbeits- und Perspektivlosigkeit junger Menschen,
prävention und Friedenskonsolidierung, wie in        fehlende soziale Absicherung, Geschlechter-
der UN-Resolution 1325 festgeschrieben, muss         ungerechtigkeit, Korruption und Ämterhäufung,
mehr Raum einnehmen und durch das deutsche           die Zerstörung von Lebensräumen und die Folgen
Engagement für friedliche Gesellschaften gestärkt    des Klimawandels den Aufbau friedlicher und
werden.                                              inklusiver Gesellschaften.

Geflüchtete und Binnenvertriebene sowie Opfer        Nicht zuletzt müssen die EU und ihre Mitglieds-
von bewaffneten Konflikten und sexualisierter und    staaten destruktive Praktiken verhindern, die in
geschlechterspezifischer Gewalt brauchen Unter-      Europa ihren Ausgang nehmen und in Afrika
stützung, die nicht Bittsteller_innen aus ihnen      nachhaltige Entwicklung erschweren, vor allem
macht, sondern ihre Menschenwürde und Selbst-        unfaire Handelsbeziehungen, nicht nachhaltige
bestimmung achtet. Durch einen menschenrechts-       Geschäftsmodelle europäischer Unternehmen und
basierten Ansatz für humanitäre Hilfe muss die       ihrer afrikanischen Partner oder illegale Finanz-
EU gewährleisten, dass Hilfsorganisationen einen     ströme und Steuerflucht von Afrika nach Europa.

   Für eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und Europa zur Förderung friedlichen Zusammen-
   lebens fordern wir von der ­Bundesregierung, sich für die folgenden Maßnahmen einzusetzen:

  → Bei Vorbereitung und Durchführung des              Diese Beteiligung muss repräsentativ und
    AU-EU-Gipfels müssen die afrikanische und          mit echter Einflussnahme verbunden sein.
    die europäische Zivilgesellschaft umfassend
    beteiligt werden, um die kulturelle und          → Die Bundesregierung muss darauf hinwirken,
    soziale Vielfalt der beiden Kontinente             dass die EU in ihrem Mehrjährigen Finanz-
    angemessen abzubilden und die Grundlagen           rahmen die notwendigen finanziellen Mittel
    einer fairen Partnerschaft zwischen Afrika         vorsieht, um den eigenen Ansprüchen als
    und Europa gemeinsam zu erarbeiten.                friedensfördernde Akteurin in Afrika gerecht
Für friedliche Gesellschaften 9

    werden zu können. Im neuen Instrument             Entscheidungen zu Menschenrechtsfragen
    für Nachbarschaft, Entwicklung und Inter-         und zivilgesellschaftlichem Engagement in
    nationale Zusammenarbeit (NDICI) dürfen           Afrika nicht ohne die Beteiligung lokaler
    Mittel für Entwicklungszusammenarbeit             Akteur_innen stattfinden. Die Außen-
    und zivile Krisenprävention nicht für sicher-     struktur der EU muss entsprechend umgebaut
    heitspolitische Maßnahmen wie Grenzüber-          werden, um solche lokalen Partizipa­tions­
    wachung, Migrationsabwehr oder militärische       möglichkeiten anbieten zu können.
    Ertüchtigung zweckentfremdet werden.
                                                    → Die EU muss die Dominanz von militä­
  → Die EU muss ihre diplomatische und                rischen und sicherheitspolitischen Ansätzen
    finanzielle Unterstützung für die                 im Bereich Flucht und Migration aufgeben.
    Afrikanische Friedens- und Sicherheits-           Die Bundesregierung muss sich dafür ein-
    architektur (AFSA) ausweiten, damit               setzen, dass in der kommenden AU-EU-
    afrikanische Kapazitäten und Konzepte im          Strategie der Schutz von Geflüchteten,
    Einklang mit den Zielen der Agenda 2063           humanitäre Hilfe und legale und sichere
    und der Agenda 2030 den Vorrang vor               Verfahren zur Aufnahme von afrikanischen
    europäischen Sicherheitsstrategien haben.         Migrat_innen im Mittelpunkt stehen.

  → Die Konsultationsverfahren der EU in            → Die Bundesregierung muss sich dafür ein-
    afrikanischen Partnerländern schließen            setzen, dass die afrikanische Zivilgesellschaft
    gegenwärtig eine Vielzahl von Akteur_innen        und die afrikanische Diaspora in Europa in
    aus. Deutschland sollte im Rahmen der             der kommenden AU-EU-Strategie bei den
    EU-Ratspräsidentschaft dafür eintreten, dass      Themen Flucht und Migration als wichtige
    eine breite Einbindung der Bevölkerung            Akteur_innen anerkannt und ihre speziellen
    möglich wird, damit Diskussionen und              Kenntnisse fortlaufend miteinbezogen werden.

FÜR FAIRE WIRTSCHAFTS-
UND HANDELSBEZIEHUNGEN
Die Umbrüche in der multilateralen Ordnung           Menschen beachtet werden. In vielen Ländern sind
und die aktuelle Wirtschaftskrise machen es umso     bis zu 80 Prozent der Erwerbsbevölkerung ohne
dringlicher, dass Afrika und Europa gemeinsam        sonstige soziale Absicherung in der Landwirtschaft
eine sozial-ökologische Transformation des           beschäftigt. Lokale Bedürfnisse, Perspektiven
globalen Wirtschaftssystems zum Wohle aller          und Strategien müssen daher im Mittelpunkt der
Menschen voranbringen. Gerade in Afrika können      ­Wirtschaftsbeziehungen zwischen Afrika und
Investitionen und wirtschaftliche Zusammen-          Europa stehen.
arbeit nur nachhaltig erfolgreich sein, wenn
die kulturellen und sozialen Rechte indigener       Handel kann ein Motor für Entwicklung
Gruppen sowie die Land- und Besitzrechte der        sein, wenn die Handelsbeziehungen auf
Für faire Wirtschafts- und Handelsbeziehungen 10

Armutsreduzierung und die Überwindung                   Handelshemmnissen für weiterverarbeitete
globaler Ungleichheit ausgerichtet werden. Dies         afrikanische Produkte und der Abbau von handels-
muss daher ein Kernanliegen der deutschen               verzerrenden Subventionen, die die europäische
Ratspräsidentschaft sein. Bisherige Kooperations-       Landwirtschaft einseitig bevorzugen.
strukturen der EU mit den Ländern Afrikas, der
Karibik und des Pazifiks (AKP) mit ihrem Fokus          Die Ausgestaltung des Green Deal und die Ver-
auf Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs)            handlungen zum Post-Cotonou-Abkommen
werden einem entwicklungsfördernden Anspruch            bieten Deutschland die Möglichkeit, während
nicht ausreichend gerecht.                              der Ratspräsidentschaft für gleichberechtigte
                                                        Handelsbeziehungen und nachhaltige
Die EU kann jedoch wichtige Beiträge zur                Investitionen zum gegenseitigen Nutzen einzu-
sozialen und wirtschaftlichen Stabilität in Afrika      treten. Die Zivilgesellschaft in ihrer Vielfalt muss
leisten. Dazu zählen die Förderung des inner-           dabei systematisch eingebunden werden, um
afrikanischen Handels und die konstruktive              Regierungshandeln kritisch zu begleiten und ein-
Begleitung bei der Umsetzung des afrikanischen          seitige Handels- und Investitionsvereinbarungen
Freihandelsabkommens, die Beseitigung von               zu verhindern.

   Für eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und Europa in den Bereichen Wirtschaft und
   Handel fordern wir von der Bundesregierung, sich für die folgenden Maßnahmen einzusetzen:

  → Deutschland muss sich dafür einsetzen,                Zentral ist dabei die Innovations- und Tat-
     dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten bei            kraft von Frauen, die oft ohne adäquate
     Investitionsförderung und in Handels-                Absicherung und Mitsprache die Hauptlast
     abkommen internationale Standards wie                tragen bei der Produktion von Lebens-
     die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und             mitteln und der Versorgung ihrer Familien.
     Menschenrechte konsequent anwenden
     und ein verbindliches europäisches Liefer-         → Deutschland muss bei der Ausgestaltung
     kettengesetz voranbringen. Die Ein-                  des neuen Nachbarschaftsinstruments
     haltung internationaler Abkommen                     NDICI und des „EU-Wiederaufbauplans“
     zu Menschenrechten, Sozialstandards                  darauf hinwirken, dass ausreichende Mittel
     und Umweltschutz muss Grundlage                      für Investitionen in Landwirtschaft und
     europäischer Investitionen in Afrika sein.           Ernährungssicherung bereitstehen. Es sollte
                                                          zudem darauf gedrängt werden, dass die
  → Die Förderung von kontinentalem Handel                afrikanischen Partnerregierungen das Ziel der
     und Wertschöpfungsketten in Afrika muss              Maputo Declaration on Agriculture and Food
     ganzheitlich gedacht und miteinander ver-            Security erfüllen, zehn Prozent ihres Staats-
     bunden werden. Nötig sind Investitionen in           haushalts in die Landwirtschaft zu investieren,
     die ländliche Infrastruktur, die kleinbäuerliche     und dass diese politischen Prozesse von einem
     Landwirtschaft und agrarökologische Ansätze,         unabhängigen Monitoring begleitet werden.
     damit höhere Produktivität nicht zuerst zu
     Exportsteigerungen, sondern zu Ernährungs-         → Die Bundesregierung muss sich dafür ein-
     sicherheit und Armutsbekämpfung beiträgt.            setzen, dass die EU ihre Wirtschaftsförderung
Für faire Wirtschafts- und Handelsbeziehungen 11

    in Afrika primär an den Bedürfnissen von         → Die EU muss Kompetenzen und
    Kleinstunternehmen sowie kleinen und               Potenziale der afrikanischen Diaspora
    mittleren Unternehmen ausrichtet. Dafür            stärker berücksichtigen. Rücküber-
    braucht es staatliche und kommunale                weisungen und Direktinvestitionen leisten
    Strukturen, die öffentliche Dienstleistungen       einen wichtigen Beitrag zur sozialen
    wie Infrastruktur und Energie bereit-              und wirtschaftlichen Entwicklung
    stellen, Rechtssicherheit gewährleisten,           Afrikas. Durchschnittliche Gebühren
    die berufliche Aus- und Weiterbildung              für Überweisungen sind mit fast zehn
    fördern und den Zugang zu Kapital etwa             Prozent des Betrags jedoch weit ent-
    durch Genossenschaftsbanken oder Spar-             fernt vom Ziel der Agenda 2030, die
    kassen ermöglichen. Solche nachhaltigen            Transaktionskosten bis 2030 auf drei
    Investitionen schaffen in der ländlichen wie       Prozent zu senken. Die Bundesregierung
    urbanen Ökonomie Arbeitsplätze für die             sollte dieses Thema während des AU-
    junge und schnell wachsende Bevölkerung.           EU-Gipfels auf die Agenda setzen.

FÜR EINE GERECHTE
DIGITALISIERUNG
Afrika und Europa brauchen eine faire und sichere    der Digitalisierung ist nötig und muss in einem
Digitalisierung, die jenseits aktuell bestimmender   bürgernahen partizipativen Prozess ­diskutiert
Modelle von Datenkapitalismus und Daten-             werden.
überwachung amerikanischer oder chinesischer
Prägung das Allgemeinwohl und eine nachhaltige       Digitale Instrumente können den Zugang zu
wirtschaftliche Entwicklung fördern. Gemeinsam       Informationen verbessern und die Reichweite
können Afrika und Europa einen dritten Weg           öffentlicher Diskussionen erhöhen, so dass eine
gestalten, der Demokratie und Teilhabe, nach-        breitere politische Teilhabe möglich wird. Direkte
haltige wirtschaftliche Entwicklung und den          Kommunikation und offene Beteiligungsverfahren
Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in       zwischen Regierungen und Bürger_innen schaffen
den Mittelpunkt rückt.                               mehr Transparenz und können die Legitimität
                                                     staatlichen Handelns steigern. Ein solcher Wandel
Gerechte Digitalisierung bedeutet, die Bedürf-       ist dringend notwendig, denn die Einschränkung
nisse und Rechte der Menschen zum Maßstab            zivilgesellschaftlicher Handlungsräume und die
zu machen, um die Herausforderungen der              Unterdrückung öffentlicher Debatten verletzt
digitalen Welt zu meistern. Frauen, die ältere       grundlegende Menschen- und Bürgerrechte.
Generation, Menschen mit Behinderungen
und andere Gruppen sind in der digitalisierten       Bislang haben jedoch in vielen Entwicklungs-
Welt beim Zugang strukturell benachteiligt. Ein      und Schwellenländern bis zu 90 Prozent der
Regulierungs­rahmen für die vielen Dimensionen       Frauen und Mädchen keine Basiskenntnisse zur
Für eine gerechte Digitalisierung 12

Bedienung des Internets und einfacher Computer-     mehr Rohstoffverbrauch, CO2-Emmissionen und
programme. Deshalb sind digitale Teilhabe und       Elektroschrott. Gewinne aus dem Ressourcen-
digitale Bildung für alle von entscheidender        abbau sind äußerst ungleich verteilt und fließen
Bedeutung. Viele Menschen wissen nicht, dass        zumeist aus lokalen Gemeinschaften ab, während
es digitale Informationen überhaupt gibt und        Folgekosten und Umweltschäden zurückbleiben.
wie neue Teilhabeformen ihr Leben verbessern
können. Auch Datensouveränität und der Schutz       Andererseits entstehen auf Grundlage digitaler
vor kommerzieller oder politischer Ausbeutung       Werkzeuge in vielen Ländern innovative und
persönlicher Daten sind unzureichend abgesichert.   replizierbare Lösungen und Geschäftsmodelle, die
Zudem gibt es viele offene Fragen zur Daten-        wichtige Grundbedürfnisse adressieren und gleich-
sicherheit, zum Schutz der Privatsphäre oder zum    zeitig Beschäftigung und wirtschaftliche Teilhabe
Urheberrecht.                                       schaffen. Sie können technische Lösungen etwa die
                                                    Direktvermarktung kleinbäuerlicher Produkte, die
Investitionen in digitale und technische Infra-     Auslieferung von Medikamenten oder die Nutzung
struktur müssen auch die ökologischen Aus-          von Lehrmaterialien erleichtern und Kapazitäts-
wirkungen stärker berücksichtigen. Die              lücken in der öffentlichen Daseinsfürsorge über-
­Herstellung und Nutzung elektronischer Geräte      winden helfen.
 sowie der steigende Internetgebrauch führen zu

   Für eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und Europa im Bereich Digitalisierung
   fordern wir von der Bundesregierung, sich für die folgenden Maßnahmen einzusetzen:

  → Der AU-EU-Gipfel sollte den Startschuss für       aufgebaut werden, die lokales Wissen
    ein AU-EU Digital Justice ­Network geben.         abbilden und für alle zugänglich sind.
    Darin kann eine Vielzahl von Akteur_innen
    konkrete Vorschläge zu digitaler Infra-         → AU und EU brauchen eine starke Digital-
    struktur, Datensicherheit und Daten-              partnerschaft, die allen Menschen Ent-
    souveränität diskutieren und zu einem             wicklungschancen gibt und ihre Kreativi-
    partizipativen Regulierungsprozess beitragen.     tät mit zukunftsfähigem Wirtschaften
                                                      verbindet. Vor allem lokale Plattformen,
  → Deutschland muss eine breite Allianz für          Start-Ups und zivilgesellschaftliche
    digitale Kompetenzen in Afrika fördern, um        Initiativen müssen gefördert werden, da
    die Möglichkeiten der Digitalisierung für         sie digitale Dienstleistungen besser an die
    par­ti­zipative und transparente Regierungs-      Bedürfnisse vor Ort anpassen können.
    führung, bessere Bildungschancen und              Diese Strukturen müssen genauso wie
    wirtschaftliche Entwicklung zu nutzen.            Digitalunternehmen von Startkapital
    Dafür sollten digitale Lernplattformen            und Technologietransfer profitieren.
Ausblick und Dank 13

AUSBLICK UND DANK
Eine faire Partnerschaft zwischen Afrika und          Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
Europa ist möglich – und sie ist nötig. Die Nach-     können AU und EU die richtigen Weichen stellen,
barschaft und die vielfältigen Beziehungen unserer    um die afrikanisch-europäischen Beziehungen auf
beiden Kontinente haben zu einer Vernetzung           eine neue Stufe zu heben. Gemeinsam mit vielen
geführt, die Austausch und Dialog auf allen           zivilgesellschaftlichen Akteur_innen aus Afrika
gesellschaftlichen Ebenen erfordert. Nur auf dieser   und Europa wird VENRO diese Arbeit kritisch
Grundlage können gemeinsame Lösungen für              begleiten und das Versprechen der Agenda 2030
wichtige Zukunftsfragen gefunden werden.              einfordern: Niemanden zurücklassen!

   Wir danken allen, die sich am Digital Africa Forum 2020 und der Erstellung
   dieses ­Positionspapiers beteiligt haben.

   Marion Aberle (Welthungerhilfe, Deutschland)  Iliassou Adamou (Actions pour un Sahel
   vert, Niger)  Jean Paul Brice Affana (Germanwatch, Deutschland)  Layla Aissatou Ndiaye
   (Association Sénégalaise des Amis de la Nature, Senegal)  Desmond Alugnoa (Green Africa Youth
   Organisation, Ghana)  Weema Askri (Mawjoudin We Exist, Tunesien)  Mufor Atanga (Centre
   for Peace, Dialogue and Mediation, Südafrika)  Rowan Ayman (Bedayaa Organization, Ägypten/
   Sudan)  Sophia Bachmann (UN-Jugenddelegierte für nachhaltige Entwicklung, Deutschland) 
   Alhaji Allie Bangura (Afro Deutsches Akademiker Netzwerk, Deutschland)  Constanze Blum
   (Brot für die Welt, Deutschland)  Leonie Bremer (Fridays for Future, Deutschland)  Vladimir
   Chilinya (FIAN International, Sambia)  Mohamed Conteh (Sierra Leone Network on the
   Right to Food/Mankind‘s Activities for Development Accreditation Movement, Sierra Leone) 
   Tanya Cox (CONCORD, Belgien)  Geraldine de Bastion (Konnektiv, Deutschland)  Ecclesia
   de Lange (Inclusive & Affirmative Ministries, Südafrika)  Silenou Demanou Blondel (Young
   Volunteers for the Environment, Kamerun)  Laure Diallo (Enda Pronat, Senegal)  Anne Diouf
   (Caritas, Senegal)  Francis Djomeda (Welthungerhilfe, Niger)  Joachim Fünfgelt (Klima-
   Allianz Deutschland, Deutschland)  Abdirahman Osman Gaas (NAFIS Network, Somaliland) 
   Mareike Haase (Brot für die Welt, Deutschland)  Eleanor Hagen (African Women for
   Empowerment, Deutschland)  Mischa Hansel (Stiftung Entwicklung und Frieden, Deutschland) 
   Sven Harmeling (CARE, Deutschland)  Sven Hilbig (Brot für die Welt, Deutschland)  Philipp
   Jahn (Friedrich-Ebert-Stiftung, Sudan)  Bianca Joester (Furahia, Tansania)  Bruce Kabwe
   (Weltwärts, Sambia)  Kevin Kadiri (Eriks Development Partner East Africa, Kenia) 
   Celestine Kakon (African Women for Empowerment, Deutschland)  Felix Kaminski
   (UN-Jugenddelegierter für nachhaltige Entwicklung, Deutschland)  Jean Patrice Kasongo
   Ngoyi (Justice, Development and Peace Commission, Nigeria)  Innocent Kaunda Kapwepwe
   (Catholic Agricultural Rural Youth Movement, Sambia)  Mali Ole Kaunga (IMPACT, Kenia) 
Ausblick und Dank 14

Me Delphine Kemneloum Djiraïbé (Public Interest Law Center, Tschad)  Jan-Thilo Klimisch
(Christoffel-Blindenmission Deutschland)  Massa Koné (Union des Associations et Coordinations
d’Association pour le Développement et la Défense des Droits des Démunis, Mali)  Michael Kühn
(Welthungerhilfe, Deutschland)  Thomas Kuller (Misereor, Deutschland)  Melton Luhanga
(Churches Action in Relief and Development, Malawi)  Lena Luig (INKOTA, Deutschland) 
Boniface Mabanza (Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika, Deutschland)  Christine Meissler
(Brot für die Welt, Deutschland)  Sabine Minninger (Brot für die Welt, Deutschland)  Mathias
Mogge (Vorstand VENRO, Deutschland)  Magdi Mukhtar (Innovative Relief and Development
Solutions, Sudan)  Christopher Mumbi (Young Initiative for a Better and Sustainable Rural Africa,
Sambia)  Nyasha Freeman Musikambesa (Centre for Democracy and Development, Nigeria) 
Fidon Mwombeki (All Africa Conference of Churches, Kenia)  Georg Müller (Kindernothilfe,
Deutschland)  Mwinji Nachinga (Menschenrechtsanwältin, Sambia)  Jerioth Nchang (African
Women for Empowerment, Deutschland)  Francis Ngang (Inades Formation, Elfenbeinküste) 
John Charles Nije (The Association of NGOs, Gambia)  Chalwe Nyirenda (TearFund, Sambia) 
Diakalia Ouattara (La Convention de la Société Civile Ivoirienne, Elfenbeinküste)  Helen Owino
(Center for the Study of Adolescence, Kenia)  Reinhard Palm (Brot für die Welt, Deutschland) 
Marionka Pohl (Save the Children, Deutschland)  Daniela Röß (VENRO, Deutschland) 
Diogene Ruganzi (African Evangelist Enterprise, Ruanda)  Abbé Constantin Safanitié Sere
(Organisation Catholique pour le Développement et la Solidarité, Burkina Faso)  Antoine Sagara
(Caritas, Mali)  Mathayo Samwel (Muhimbili National Hospital, Tansania)  Gorden Simango
(All Africa Conference of Churches, Äthiopien)  Rachel Simon (Climate Action Network
Europe, Belgien)  Nataly Stimpel (Jugendbotschafterin ONE, Deutschland)  Olanrewaju Suraju
(Human and Environmental Development Agenda, Nigeria)  Jenny Tausch (African Women
for Empowerment, Deutschland)  Imke-Friederike Tiemann-Middleton (Brot für die Welt,
Deutschland)  Youssoupha Traoré (Senegalese Young Naturefriends in International Young
Naturefriends Council, Senegal)  Karin Ulmer (ACT Alliance EU, Belgien)  Bodo von Borries
(VENRO, Deutschland)  Jan Wenzel (VENRO, Deutschland)  Annette Wulf (Welthungerhilfe,
Deutschland)  Guy Yameogo (Centre d‘Etudes et d‘Expérimentations Economiques et Sociales
de l‘Afrique de l‘Ouest – Association Internationale, Burkina Faso)  Yuven Yerima (DIgSILENT
GmbH, Deutschland)  Raymond Younoussi Yoro (Caritas Développement, Niger)
15

IMPRESSUM
Herausgeber:
Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe
deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V. (VENRO)
Stresemannstr 72
10963 Berlin
Telefon: 030/2 63 92 99-10
E-Mail: sekretariat@venro.org

Redaktion: Anke Kurat, Ian Mengel, Daniel Wegner

Endredaktion: Janna Völker

Koordination Digital Africa Forum 2020: Andressa Barp Seufert

Für ihre Mitarbeit danken wir:
Asja Hanano (Welthungerhilfe), Maria Klatte (Misereor),
Dr. Boniface Mabanza Bambu (Kirchliche Arbeitsstelle Südliches
Afrika), Mathias Mogge (stellvertretender VENRO-Vorsitzender),
Georg Müller (Kindernothilfe), Reinhard Palm (Brot für die Welt),
Prof. Dr. h.c. Christa Randzio-Plath (Marie-Schlei-Verein) und
Grit Jany (Fokus Sahel)

Fotonachweis: axeptDESIGN (Titel)

Lektorat: Silke Pachal

Layout: axeptDESIGN, Rupert Maier

Berlin, Juni 2020
VENRO ist der Dachverband der ent-         VENRO
wicklungspolitischen und humanitären       → vertritt die Interessen der
Nichtregierungsorganisationen (NRO)          entwicklungspolitischen und
in Deutschland. Der Verband wurde            humanitären NRO gegenüber
im Jahr 1995 gegründet. Ihm gehören          der Politik
aktuell rund 140 Organisationen an.
Sie kommen aus der privaten und            → stärkt die Rolle von NRO
kirchlichen Entwicklungszusammen-            und Zivilgesellschaft in der
arbeit, der Humanitären Hilfe sowie          Entwicklungspolitik und der
der entwicklungspolitischen Bildungs-,       humanitären Hilfe
Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit.
                                           → vertritt die Interessen der
Das zentrale Ziel von VENRO ist die          Entwicklungsländer und armer
gerechte Gestaltung der Globalisierung,      Bevölkerungsgruppen
insbesondere die Überwindung der welt-
weiten Armut. Der Verband setzt sich für   → schärft das öffentliche Bewusstsein
die Verwirklichung der Menschenrechte        für entwicklungspolitische und
und die Bewahrung der natürlichen            humanitäre Themen
Lebensgrundlagen ein.
                                           VENRO – Verband Entwicklungspolitik
                                           und Humanitäre Hilfe deutscher
                                           Nichtregierungsorganisationen

                                           www.venro.org
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