Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Hier bitte ein Titelbild einfügen, dass gut zum
                                                     Thema Vereinbarkeit Familie & Beruf
                                                        und/oder Frauenförderung passt

Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in
Unternehmen – Eine verhaltensökonomische Perspektive
Vortrag Verein Unternehmen Zukunft, Florian Spitzer, 10.06.2021

                                                     Projekt mit
Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Homo oeconomicus vs. Mensch

Der Homo oeconomicus handelt perfekt rational. Er …

•   verarbeitet alle ihm verfügbaren Informationen

•   hat eine unbegrenzte Aufmerksamkeitsspanne

•   wählt nach einer Kosten-Nutzen-Kalkulation die
    Alternative mit dem größtmöglichen Nutzen

•   ist nur an seinem eigenen Wohlergehen interessiert

•   fühlt immer gleich

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Homo oeconomicus vs. Mensch

Menschen handeln oft nicht rational, weil sie…
•    sich an ihren Mitmenschen orientieren

•    auf ihr Bauchgefühl, ihre Emotionen hören

•    komplexe Informationen nicht schnell verarbeiten
     können

•    systematischen Fehleinschätzungen unterliegen

•    begrenzt Selbstkontrolle haben, prokrastinieren
     und somit gute Vorsätze oft nicht umsetzen

•    …

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Wie Auswahlmöglichkeiten formuliert sind…

  „Stellen Sie sich vor, Österreich bereitet sich auf den Ausbruch einer
  ungewöhnlichen Krankheit vor, die voraussichtlich 600.000 Menschen töten wird. Es
  wurden zwei alternative Eindämmungsprogramme vorgeschlagen. Welches der
  beiden Programme würden Sie bevorzugen?“

                 A: 200.000 Menschen werden gerettet
                 B: 1/3 Wahrscheinlichkeit, dass 600.000 Menschen gerettet werden und 2/3
                 Wahrscheinlichkeit, dass niemand gerettet wird

                 C: 400.000 Menschen werden sterben
                 D: 1/3 Wahrscheinlichkeit, dass niemand stirbt und 2/3 Wahrscheinlichkeit, dass
                 600.000 Menschen sterben

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
…. hat einen großen Einfluss auf das Entscheidungsverhalten

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                                                                                 niemand stirbt und 2/3
                      100%                                                       Wahrscheinlichkeit, dass
                200.000 Menschen
                                                                                 600.000 Menschen sterben.
                werden gerettet.
                       80%
                                                                        78%
                                      72%
                       60%

                       40%

                       20%                      28%
                                                                22%

                        0%
                                            Häufigkeit der Antworten

                          Antwort A    Antwort B            Antwort C         Antwort D       Kahneman & Tversky (1984)

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Verlustaversion

• Menschen beurteilen Veränderungen anders, je nachdem
  ob sie als Gewinne oder Verluste präsentiert werden
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• Verlustaversion = Verluste wiegen schwerer als Gewinne

• Menschen sind gewillter, Risiken einzugehen um Verluste
  zu verhindern als um Gewinne zu realisieren

• Menschen lassen sich davon beeinflussen, wie ein und

                                                            Verlust
  dieselbe Option dargestellt wird = Framing

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Alltagsbeispiel: Framing

                     Zu 20% aus
                                                    Zu 80% aus
                     Recycling-
                                                    Neumaterial
                      Material
                                                                  Entman (1993)

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Beispiel Familienkontext: Framing KBG

                „12 + 2“                                  „7 + 7“

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Überblick: Verhaltenswissenschaftliche Konzepte und Maßnahmen

                                                                          Limitierte
                 Verlustaversion                Zeitinkonsistenz       Aufmerksamkeit

     Begrenzte                 Status quo                      Konformität
 kognitive Kapazität            Tendenz

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Familienfreundlichkeit, Diversität und Frauenförderung in Unternehmen - Eine verhaltensökonomische Perspektive
Der BI (Behavioral Insights) Ansatz
                       Analyse                          Maßnahmen-                        Evaluation
                                                        entwicklung

    Tieferes Verständnis von Verhalten       Entwicklung von potenziell wirksamen   Ausrollen von effektiven Maßnahmen
                                             & umsetzbaren Maßnahmen
    • Identifikation des relevanten                                                 • Messen des kausalen Einflusses der
      Verhaltens                             • Basierend auf den Ergebnissen der      Maßnahmen auf Zielverhalten
                                               Analyse
    • Analyse von Kontextfaktoren,                                                  • Statistische Quantifizierung der
      Motivatoren und Barrieren              • Überprüfung von Umsetzungs-            Effektivität
                                               möglichkeiten
    Mittels Literaturanalyse + Befragungen                                          Idealerweise mittels Feldexperiment!

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Der BI (Behavioral Insights) Ansatz

Veranschaulichung des BI Ansatzes anhand von zwei Studien

1. Vereinbarkeit Familie & Beruf, Väterbeteiligung
    Dörfler, S.; Greiner, B.; Kittel, B.; Sausgruber, R.; Schwaninger, M. und Spitzer, F. (2020).
    Verhaltensökonomie und die Vereinbarkeit von Familie und Erwerb. Mögliche Anwendungen mit Fokus auf
    Väterbeteiligung und die Gewährleistung von Vereinbarkeit auf Unternehmensseite. ÖIF Projektbericht.

2. Frauen in Führungspositionen
    Grosch, K.; Gangl, K.; Spitzer, F. and Walter, A. (2020). Frauen in Führungspositionen insbesondere in
    technischen Berufen. Identifikation von Barrieren und Maßnahmen. IHS Research Report.

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Hier bitte ein Titelbild einfügen, dass gut zum
                                                             Thema Vereinbarkeit Familie & Beruf
                                                                und/oder Frauenförderung passt

Studie 1:
Verhaltensökonomie und Familie – Innovative Ansätze zur
Vereinbarkeit und Väterbeteiligung

Sonja Dörfler   Ben Greiner         Bernhard Kittel      Florian Spitzer
Wolgang Mazal   Rupert Sausgruber   Manuel Schwaninger
                                                             Projekt mit

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Hintergrund des Projekts

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Hintergrund des Projekts

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Hintergrund des Projekts

Grafik: Kleven et al. (2017)
          Juni 21              Insight Austria   15
Hintergrund des Projekts

Grafik: Kleven et al. (2017)
          Juni 21              Insight Austria   16
Hintergrund des Projekts

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Hintergrund des Projekts

               Aufteilung der Kinderbetreuung in Paarhaushalten mit Kindern unter 13 (BFS 2013)

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Ziele der Studie

               Verbesserung der Vereinbarkeit
                von Familie und Erwerb durch
               Maßnahmen von Unternehmen

                                                    Erhöhung der Beteiligung von
                                                    Vätern in der Kinderbetreuung

  … mithilfe von verhaltensökonomisch inspirierten Maßnahmen

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Herangehensweise

                             Literaturanalyse
              Stand der Literatur verhaltensökonomischer Maßnahmen in der
                                       Familienpolitik

                     Fokusgruppeninterviews
               Hintergrundanalyse, Identifikation von Entscheidungsfaktoren

                Vorschläge für Interventionen
              Verhaltensökonomisch inspirierte Maßnahmen, experimentelle
                                     Überprüfung
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Fokusgruppeninterviews
  Ablauf, Methode, Inhalt,
        Auswertung
Details zu den Fokusgruppeninterviews

                        Arbeitnehmer/innen                                Arbeitgeber/innen

                   •     2 Hauptinterviews (2 x 7 TN)               •     2 Hauptinterviews (7/9 TN)
                   •     1 Einzel-Interview (Pflege)
                   •     Väter, Mütter, pflegende                   •     Auditverantwortliche,
                         Angehörige                                       Personalabteilung,
                                                                          teilw. Geschäftsführung

               •       Alle Teilnehmer/innen aus auditierten Unternehmen
                       -> besserer Ansatzpunkte für niederschwellige Maßnahmen

               •       Diversität hinsichtlich Unternehmensgröße, Branchen, Regionen,
                       Geschlechterverhältnis innerhalb des Unternehmens, etc.

               •       Rekrutierung über Auditverantwortliche berufundfamilie
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Ablauf Fokusgruppeninterviews

•   Eintreffen der Teilnehmer/innen (Ort: Räumlichkeiten des ÖIF)

•   Begrüßung, Erläuterungen zum Ablauf
     – Kurze Vorstellung der 3 Interviewer/innen, Dauer ca. 2,5 Stunden
     – Audio-Aufnahme der Diskussion, zusätzlich Protokoll
     – Pseudonymisierte Auswertung, Kommunikation auf Vornamenbasis
     – Keine richtigen oder falschen Antworten, ehrliche Meinung wichtig
     – Aufwandspauschale in Höhe von 40 €

•   Vorstellungsrunde der Teilnehmer/innen

•   Inhaltlicher Teil (nächste Folie)

•   Kurzer Fragebogen: Sozidemographische Informationen und Kennzahlen des Unternehmens

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Inhaltlicher Teil: Interviewleitfäden

                   Gegenseitige      Optimalen Bedingungen, um
                   Erwartungen       Familienaufgaben mit Beruf zu vereinbaren?

                    Angebote &       Welche Angebote gibt es, welche Angebote sind
                  Kommunikation      besonders hilfreich, wie werden sie kommuniziert?

                  Entscheidungs-     Welche Faktoren beeinflussen Entscheidungen im
                     kriterien       Kontext Beruf & Familie, welche sind besonders wichtig?

                    Berufliche       Inwiefern wirkt sich die Übernahme von Familien-
                   Auswirkungen      aufgaben auf Karriere und berufliche Entwicklung aus?

                 Familienbetreuung   Väterbeteiligung, Aufteilung innerhalb Partnerschaft,
                   durch Männer      unterschiedliche Erwartungen des Arbeitgebers?

                  Verbesserungs-     Konkrete Verbesserungsvorschläge an Unternehmen
                    potenziale       (oder auch an Politik)

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Inhaltlicher Teil: Interviewleitfäden

                   Gegenseitige      Erwartungen an Mitarbeiter/innen mit
                   Erwartungen       Betreuungsaufgaben, was sind deren Erwartungen?

                    Angebote &       Angebote des Unternehmens, welche Angebote sind beliebt,
                  Kommunikation      Kommunikation der Angebote?

                  Entscheidungs-     Einschätzung Entscheidungsfaktoren Mitarbeiter/innen,
                     kriterien       Kriterien, Angebote zu kommunizieren oder anzubieten

                    Berufliche       Aufstiegschancen & Beurteilung von Mitarbeiter/innen mit
                   Auswirkungen      Betreuungsaufgeben?

                 Familienbetreuung   Unterschiede zwischen Vätern und Müttern, Möglichkeit der
                   durch Männer      Einflussnahme seitens Unternehmen?

                  Verbesserungs-     Verbesserungsvorschläge an eigenes Unternehmen, Wünsche für
                    potenziale       politische Rahmenbedingungen?

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Fokusgruppeninterviews
       Ergebnisse
Übersicht – Struktur der Ergebnisse
•   Unternehmenskultur
    − Gegenseitiges Verständnis zwischen Reziprozität und Wettbewerb
    − Führungskräfte als Rollenbilder
    − Fairness zwischen Mitarbeiter/innen
    − Information über familienfreundliche Angebote
•   Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes
•   Arbeitszeitreduzierung
    − Unmittelbar nach der Geburt: Karenz
    − Langfristig / nach der Karenz: Teilzeit
    − Unsicherheit beim Wiedereinstieg: Planbarkeit und Jobsicherheit
•   Kinderbetreuung
•   Pflege

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Gegenseitiges Verständnis zwischen Reziprozität und Wettbewerb
                                                                         „Wechselseitigkeit, ganz klar.
•   Reziproke Beziehung zwischen AG und                         Also auch die Flexibilität, die
    AN in familienfreundlichen Unternehmen                      wir entgegenbringen, erwarte
                                                                    ich dann auch von den
    −     AN: Verständnis der AG als zentrale                    Mitarbeitern, wenn’s wir als
          Voraussetzung für Vereinbarkeit                         Unternehmen brauchen.“
    −     AG: Erwartungshaltung gegenüber                            (Ferdinand, AG1: 73)
          AN, Flexibilität „zurückzugeben“
    −     Wird von AN antizipiert und als „fairer Deal“ empfunden
    −     AG profitieren tendenziell stärker von
          reziproker Beziehung
                                                                          „Ich arbeite dafür aber auch in
•   Weitere Argumente aus AG-Perspektive:                                    Situationen, wo man nicht
    −    Wettbewerbsvorteil – in erster Linie im höher-                    arbeiten sollte vielleicht, oder
                                                                            zu Uhrzeiten, aber das stört
         qualifizierten Bereich -> weniger Angebote                        mich nicht, weil ich halt in der
         im niedrigqualifizierten Bereich                                  anderen Hand die Flexibilität
    −    Intern jedoch oft als Ausnahmen dargestellt,                        ohne Ende habe.“ (Laura,
                                                                                      AN2: 30)
         um keine Anspruchshaltung zu erzeugen

     Juni 21                                           Insight Austria                                        28
Führungskräfte als Rollenbilder
                                                                                                 „Auf der einen Seite propagiert
•     Direkte Führungskräfte haben zentrale                                                     man, stellt das Unternehmen dar,
      Bedeutung                                                                                  Familie und Beruf ist vereinbar,
                                                                                                  ja, und auf der anderen Seite,
•     Wichtiger als Personalmanagement                                                           hast du dann diese Dinosaurier
                                                                                                sitzen oder so Supermanager die
      − Oft Diskrepanz in der Priorisierung                                                        einfach dem total entgegen-
                                                                                                     wirken.“ (André, AN1: 73)
           von Familienfreundlichkeit
•     Wahrnehmung: Entweder Karrieremensch
      oder Familienmenschen                                                              „Weil es wahrscheinlich so gedacht ist, die
      − Entscheidend bei Beförderungen                                                       Meinungen oder das Rollenbild der
                                                                                         erziehenden Mutter ist das Liebevolle und
•     Verantwortung bei Führungskräften,                                                immer noch so, das Geschäfts-leben soll die
                                                                                          harte knackige, taffe Geschäftsfrau sein,
      mit gutem Beispiel voranzugehen                                                    oder der Charakter sein.“ (Xandl, AN1: 65)

      „Das ist nur meine persönliche Einstellung, ich trage diese Erwartungshaltung nicht mit, weil ich
    keine einzige Email ab 18 Uhr anschaue am Freitag und schaue die nächste am Montag in der Früh
                                          an.“ (Xandl, AN1: 227)

        Juni 21                                                    Insight Austria                                                     29
Fairness zwischen Mitarbeiter/innen
•   Fairnessgedanke innerhalb von Teams                               Wenn sich die Teams
                                                                         untereinander die
    spielt eine entscheidende Rolle bzgl.                            Urlaubspläne ausreden -
                                                                      jemand sagt: ‚nur weil
    Barrieren für Familienfreundlichkeit                                   ich jetzt keine
    − „Neid“ von Kolleg/innen ohne Kinder                             schulpflichtigen Kinder
                                                                         habe, kann ich im
          oder Betreuungspflichten                                     August ned gehen‘.“
    − Im Bezug auf Urlaubsplanung, Telearbeit,                         (Anna T., AG2: 257)

          Verfügbarkeit zu Randzeiten, Reduktion
          auf Teilzeit
    − Grund für Ablehnung von Ansuchen
                                                           „Und die Vorgesetzten von
          durch Vorgesetzte, um alle                        dem der ausfällt, die sind
          Bedürfnisse im Team zu bedienen                   natürlich: Was mache ich
    − Während Karenz wird Arbeit oft auf                   jetzt, wer macht das? Weil
                                                             kein Kollege ist happy,
          verbliebene Mitarbeiter/innen auf-                muss man ehrlich sagen.“
                                                                (Laura, AN2: 178)
          teilt anstatt auf Karenzvertretung

     Juni 21                             Insight Austria                                        30
Arbeitsreduktion unmittelbar nach der Geburt: Karenz
                                                                             „Das klassische sind die zwei
•    Aufteilung Karenz zwischen Müttern                                       Monate, wo wir‘s uns schön
                                                                             teilen können, wo wir uns das
     und Vätern sehr ungleich. Genannt                                       Kinderbetreuungsgeld a bissl
     werden unterschiedliche Gründe dafür                                   erhöhen - aber wo ist es wirklich
     −    Finanzielle Gründe, höherer Verdienst                             so: Der ist ein halbes Jahr oder
                                                                              ein Jahr wirklich in Karenz?“
          des Mannes                                                              (AG1: Ferdinand: 186)
     −    Biologische Gründe (z.B. Stillen) in den
          Fokusgruppen sehr kontroversiell diskutiert
     −    Traditionelle Rollenbilder                                   „Meistens, oft verdient die Frau
     −    Keine Akzeptanz von (längeren) Väterkarenzen                 halt dann weniger als der Mann
                                                                        und dann geht die halt länger,
                                                                        damit der Einschnitt geringer
•   Negative Auswirkungen auf Frauen,                                       ist." (Anton, AN2: 150)
    nicht hingegen auf Männer
      −          Rückkehrmöglichkeiten auf frühere Position
      −          Verlust von Informationen / Projekten,               „(...) also bei uns in der Firma gab es
                 Veränderungen in schnelllebigen Branchen                jetzt gerade so einen Fall, wo ein
      −          Aufstiegschancen, Beförderungen                     Direktor in Karenz gegangen ist und es
                                                                     wurde ihm übel genommen auf vollster
                                                                          Ebene halt.“ (Anton, AN2: 154)
       Juni 21                                     Insight Austria                                              31
Zusammenfassung Ergebnisse Fokusgruppeninterviews

                                       Hindernisse
•   „Intention behaviour gap“: Partnerschaftliche Aufteilung von Familienarbeit von allen
    Beteiligten erwünscht – nötige Handlungen werden nicht gesetzt
•   Elternkarenz als Friktion, die derzeit vor allem Mütter trifft (Kontakthalten,
    Wiedereinstieg,…)
                                      Voraussetzungen
•   Familienfreundliche Unternehmenskultur (von allen Akteur/innen gelebt und
    verinnerlicht)
    → Führungskräfte als Rollenbilder
•   Flexibilität (Gleitzeit, Homeoffice)
•   Fairness zwischen AN mit Betreuungspflichten und AN ohne Betreuungspflichten
•   Erfolgreiche Kommunikation der Angebote

    Juni 2021                             Insight Austria                                   32
Maßnahmenentwicklung zur Verbesserung der Vereinbarkeit und Förderung Väterkarenz

•   Lebensphasenmodell: Ausdehnung der Reziprozitätsbeziehung über einen längeren
    Zeitraum des Erwerbslebens
•   Stärkung der Vorbildfunktion von Führungskräften: Spitzenmanager in Karenz;
    Berücksichtigung bei der Besetzung von Führungspositionen; direkte Signale von
    Vorgesetzten
•   Vorrang von Eltern in der Urlaubsplanung keine Selbstverständlichkeit, Wertschätzung
    gegenüber Kolleg/innen ohne Kinder bzw. Betreuungspflichten, Stärkung des
    wechselseitigen Verständnis
•   Homeoffice als große Erleichterung für Vereinbarkeit von Familie und Erwerb ->
    Produktivitätssignale aus dem Homeoffice (nach Corona vermutlich kein Thema mehr)
•   Gleiche KBG/Karenzaufteilung als Default: Umverteilung auf Partner/in muss beantragt
    werden (in Schweden bereits implementiert); Ausweitung der Väterquote auf
    arbeitsrechtliche Karenz

     Juni 21                              Insight Austria                                  33
Maßnahmenentwicklung zur Verbesserung der Vereinbarkeit und Förderung Väterkarenz

•   Veranschaulichung der Auswirkungen längerer Erwerbsunterbrechungen und/oder
    Teilzeitperioden auf Karrierechancen und Pensionshöhe (Informationsbriefe,
    Pensionskonto, digitales Amt etc.)
•   Verknüpfung der KBG/Karenzaufteilungsentscheidung mit der Entscheidung über
    Annahme des Pensionssplittings
•   Bilaterale, nicht-bindende Kontrakte im Kontext des Wiedereinstiegsmanagements
    (Erhöhung der Verlässlichkeit für beide Seiten, psychologische Kosten der
    Nichteinhaltung)

     Juni 21                              Insight Austria                            34
Maßnahmenentwicklung zur Verbesserung der Vereinbarkeit und Förderung Väterkarenz

Maßnahmenvorschläge verknüpft mit Forschungsdesigns
•  Präsentation des Kinderbetreuungsgeldes: Bildsprache (traditionelle Geschlechterrollen)
   und Bezeichnung (12+2 vs. 7+7)
•   Untersuchung der Auswirkung der Teamzusammensetzung in Unternehmen
•   Kontakt für komplementäre Betreuung verstärkt bei Vätern
•   Umkehr der Elternkarenz in Bringschuld

     Juni 21                              Insight Austria                                    35
Maßnahmenvorschlag - Umkehr der Elternkarenz in Bringschuld

Durch…
•   Ausweiten der Meldepflicht gegenüber den Arbeitgebern/innen bei der Geburt eines
    Kindes auf beide Elternteile
•   Informieren der Arbeitnehmer/innen über die Möglichkeit der Elternkarenz sowie die
    verfügbaren Modelle der Aufteilung zwischen Vätern und Müttern durch
    Arbeitgeber/innen.

                 „Wir gratulieren Ihnen zur Geburt Ihrer Tochter/Ihres Sohnes. Wir sind gesetzlich verpflichtet,
                  Ihnen folgende Karenzmodelle vorzustellen und Sie aufzufordern, ein für Sie und Ihre Familie
                  passendes Modell auszuwählen. Bitte teilen Sie der Personalabteilung bis spätestens xx mit,
                          welches Modell Sie wählen. Weitere Informationen erhalten Sie im Anhang.“

     Juni 2021                                              Insight Austria                                        36
Das Prinzip eines Feldexperiments

     Juni 21                        Insight Austria   37
Maßnahmenvorschlag / Forschungsdesign

 Präsentation des Kinderbetreuungsgeldes

                            Geschlechterrollenbilder in der Broschüre zum KBG (BMFJ 2017)

https://www.frauen-familien-jugend.bka.gv.at/dam/jcr:4db0df38-2bc9-40fd-ba84-13e890d9d3b4/KBG-
                                                                                                 38
Brosch%C3%BCre%20f%C3%BCr%20Geburten%20ab%201.3.2017%20(Stand%20September%20201.pdf
(Zugriff am 19.12.2018)
Maßnahmenvorschlag / Forschungsdesign
Präsentation des Kinderbetreuungsgeldes

•   Neutrale Darstellung der verschiedenen Bezugsvarianten
•   Kein Hervorheben der Vorteile einer gleichgewichtigen Aufteilung
•   Bezeichnungsform „12 + 2“ setzt Ankerpunkt auf ungleiche Verteilung: 12 Monate der
    Mutter, 2 Monate des Vaters
•   Vorschlag für Optimierung der Darstellungsform des KBGs
    −             „Umgedrehte“ Rollenbilder: Vater mit Kind auf dem Arm und
                  Telefon am Ohr
    −             Veränderung des Ankerpunkts und der Beschreibung des KBGs:
                  „7 + 7“ statt „12 + 2“

        Juni 21                                         Insight Austria                  39
Maßnahmenvorschlag / Forschungsdesign
Präsentation des Kinderbetreuungsgeldes

•   Zufällige Zuteilung zu unterschiedlichen Versuchsbedingungen (Randomisierung bspw.
    auf Ebene der Gynäkolog/innen
•   Messung, inwiefern sich Variante auf Aufteilung des KBGs auswirkt (z.B. basierend auf
    Daten der Krankenkassen)
     Juni 21                              Insight Austria                                   40
Kontakt

                                                          Institut für Höhere Studien
                                                          Kompetenzzentrum für Verhaltensökonomie
                                                          Insight Austria
                                                          Josefstädterstraße 39, 1080 Wien
                                                          https://insight-austria.ihs.ac.at/
                 Dr. Florian Spitzer,                     http://www.ihs.ac.at/
                 spitzer@ihs.ac.at

     Juni 2021                          Insight Austria                                             41
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