FANATISMUS TOLERANZ ISLAM - UND IM HADAYATULLAH HÜBSCH

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HADAYATULLAH HÜBSCH

FANATISMUS
   UND
 TOLERANZ
    IM
  ISLAM

  VERLAG DER ISLAM
Die Irrwege der Fundamentalisten

Der Islam versteht sich als vollendete und voll-
endende Religion. Der letzte Teil eines Verses,
der dem Propheten Muhammad, Friede sei auf
ihm, offenbart worden war, lautet:
 »Heute habe Ich (d.h. Gott) eure Glaubenslehre
 für euch vollendet und Meine Gnade an euch er-
 füllt und euch den Islam zum Bekenntnis
 gewählt.« (5:4)

Islam heißt, wörtlich übersetzt, »Frieden finden
durch Ergebung in den Willen Gottes«. In diesem
Sinne sind alle Religionen »Islam«, auch wenn
sie anders genannt wurden und werden. so sagt
der Qur-ân:
 »Wahrlich die Religion vor Allah ist Islam. Und
 die, denen das Buch gegeben ward, wurden un-
 eins, erst nachdem das Wissen zu ihnen gekom-
 men war, aus gegenseitigem Neid. Und wer die
 Zeichen Allahs leugnet – dann, wahrlich, ist Allah
 schnell im Abrechnen.« (3:20)

Somit lehrt der Islam, dass es durch den unsicht-
baren Schöpfer, den Einen Gott, immer wieder
Weisung an die Menschen gegeben hat, die durch
Propheten vermittelt wurde. Einige dieser Pro-
pheten erhielten wörtliche Offenbarungen in
Form eines Buches, zum Beispiel die Thora oder
den Qur-ân, andere standen zwar in Kommunika-
tion mit Gott und übermittelten Seine Gebote, sie
standen hingegen in der Nachfolge gesetzgebender
oder Buch übermittelnder Propheten.
  Der Qur-ân lehrt, dass seine Anhänger, die
Muslime, an alle Propheten und alle Bücher zu
glauben haben. So heißt es:
 Dieser Gesandte glaubt an das, was zu ihm herab-
 gesandt wurde von seinem Herrn, und (also) die
 Gläubigen: sie alle glauben an Allah, und an Seine
 Engel, und an Seine Bücher, und an Seine Gesand-
 ten (und sprechen): »Wir machen keinen Unter-
 schied zwischen Seinen Gesandten«; und sie sa-
 gen: »Wir hören, und wir gehorchen. Uns Deine
 Vergebung, O unser Herr! und zu Dir ist die Heim-
 kehr.« (2:286)

Dadurch, dass durch die Gesetzeskraft des Qur-ân
der Muslim gehalten ist, die Wahrheit nicht nur
des Propheten Muhammad zu akzeptieren, ist der
Islam per se eine tolerante Religion. Diese Tole-
ranz wird erweitert, indem es programmatisch
in der zweiten Sura heißt:
 »In Glaubensdingen darf es keinen Zwang geben.«
 (2:257)

Oder, dies ausführend:
Und sprich: »Die Wahrheit ist es von eurem
 Herrn: darum lass den gläubig sein, der will, und
 den ungläubig sein, der will.« (18:30)

Zur Erläuterung heißt es:
 »Und hätte dein Herr Seinen Willen erzwungen,
 wahrlich alle, die auf der Erde sind, würden
 geglaubt haben insgesamt. Willst du also die Men-
 schen dazu zwingen, dass sie Gläubige werden?«
 (10:100)

Spätestens hier werden Zweifel aufkommen an
dem, was der Qur-ân theoretisch fordert und was
die sogenannten Muslime von heute in den soge-
nannten islamischen Ländern praktizieren. Denn
wenn auch der Qur-ân in allen Einzelheiten den
von den Vereinten Nationen verabschiedeten
Menschenrechten nicht nachsteht und die dort
zugrunde gelegten Gesetze akzeptiert, ja, sie vor
1400 Jahren bereits festgelegt hat, so ist die
Realität dieser Humanität entgegengesetzt. Übri-
gens hat SI R ZAFRULL AH K HAN, einst Präsident des
Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, in sei-
nem Buch »Islam and Human Rights« minutiös
die Charta der Menschenrechte mit den Geboten
des Islam verglichen und Übereinstimmung fest-
gestellt.
Der »Fundamentalismus«

Das Phänomen des sogenannten Fundamentalis-
mus, mit all seinem erschreckenden Fanatismus,
kann sich somit nicht auf den Qur-ân berufen, es
sei denn, man interpretiert ihn engstirnig oder
lässt entscheidende Passagen unbeachtet.
  Das aber macht ja gerade einen Fanatismus aus:
Von einer Teilwahrheit begeistert, unterschlägt
man verblendet im Hochgefühl der eigenen Un-
fehlbarkeit alles, was dem eigenen Stolz zuwi-
derläuft. Stolz ist aber gerade jener Faktor, mit
dem der Qur-ân den Teufel markiert (2:35).

  Durch was aber wird dieser Stolz, der sich zum
Größenwahn steigern kann, hervorgerufen? Er
entsteht aus einem Gefühl der Minderwertigkeit,
aus einem Gefühl der Ungeduld und einem Gefühl
falschen Wissens. Ihm mangelt es an der Demut,
der Geduld und der Einsicht in die tatsächlichen
Zusammenhänge, Qualitäten, die einen wahrhaf-
tigen Muslim auszeichnen.
  Es sind soziale, ökonomische und kulturelle
Mängel, an denen die Mehrheit der islamischen
Gemeinschaft, der »Umma«, leidet. Kompensiert
werden diese Mängel durch einen ungerechtfer-
tigten Anspruch auf eine Führungsrolle in der
Welt, die der Qur-ân den Muslimen, so sie es nur
begriffen, zugesteht, indem er sagt:
 »Ihr seid das beste Volk, hervorgebracht zum
 Wohl der Menschheit, ihr gebietet das Gute und
 verwehrt das Böse und glaubt an Allah.« (3:111)

  Es ist verständlich, dass im Glauben an solch
ein Diktum Verhaltensweisen entstehen können,
die zu Unterdrückung und Zwang, von allem aber
zunächst einmal zur Selbstverherrlichung füh-
ren. Die sogenannten Fundamentalisten meinen
ja, sie würden sich an die Gebote des Qur-ân
halten und demzufolge das Recht für sich in An-
spruch nehmen dürfen, anderen ihre Meinung als
für alle verbindlich ziemlich handfest nahe-
bringen zu müssen.
 Sie sind zudem ja geleitet von einem Missions-
auftrag, der dem Islam innewohnt, wenn die
Muslime im Qur-ân aufgefordert werden:
 Und was ist euch, dass ihr nicht kämpfet für Al-
 lahs Sache und für die der Schwachen – Männer,
 Frauen und Kinder –, die sprechen: »Unser Herr,
 führe uns heraus aus dieser Stadt, deren Bewoh-
 ner Bedrücker sind, und gib uns von Dir einen Be-
 schützer, und gib uns von Dir einen Helfer?« Die
 da glauben, kämpfen für Allahs Sache, und die
 nicht glauben, kämpfen für die Sache des Bösen.
 Kämpft darum wider die Freunde Satans! Denn ge-
wiss, Satans    Feldherrenkunst    ist   schwach.
 (4:67,77)

  Bedauerlicherweise werden dieser und ähnliche
Verse von den Fundamentalisten als Rechtferti-
gung von Gewalt verstanden. Sie missachten dabei
die grundlegenden Hinweise für die Verbreitung
und Einsetzung des Islam, die zum Beispiel in
dem folgenden Vers ausgeführt werden:
 »Rufe auf zum Weg deines Herrn mit Weisheit und
 schöner Ermahnung, und streite mit ihnen auf die
 beste Art.« (16:126)

         Den Verstand gebrauchen

  An vielen Stellen des Qur-ân heißt es überdies,
dass der Muslim überlegen und nachdenken soll.
Überhaupt wird vom Qur-ân dem Verstand eine
wesentliche Rolle im Leben des Gläubigen zuge-
rechnet. So heißt es programmatisch:
 »Niemand steht es zu, zu glauben, es sei denn mit
 Allahs Erlaubnis. Er sendet (Seinen) Zorn über
 jene, die ihre Vernunft nicht gebrauchen mögen.«
 (10: 101)

 Dies bedeutet, dass mit Hilfe des Verstandes der
Mensch zu der Annahme gelangen kann, dass ein
Gott existiert, dass er Beweise dafür sammeln
kann. Indes ist der Zustand des Glaubens ein Ge-
schenk, etwas, das nicht aufgrund menschlicher
Anstrengung allein erlangt werden kann.

  Die Fundamentalisten nun berufen sich eher auf
eine bedingungslose, blinde Nachfolge, etwa im
Sinne des vorhin zitierten Verses:
 »Wir hören, und wir gehorchen.« (2:286)

  Da ist kein Raum für Zweifel, der als ketze-
risch begriffen wird. Da versagt natürlich auch
jede Idee einer Aufklärung, die ja den Menschen
zur Mündigkeit kraft seines Denkens führen
sollte. Indes ist »Glauben« nicht ein starrer Zu-
stand, er bewegt sich auf vielen Ebenen, es kann
schwachen und starken Glauben geben, das ent-
spricht dem menschlichen Naturell. Der Qur-ân
wäre unnötig, wenn Gott gewollt hätte, dass auf-
grund einer einmaligen Mitteilung bedingungslos
geglaubt würde. Der Qur-ân sagt dazu:
 »Und den Qur-ân haben wir in Abschnitten offen-
 bart, damit du ihn den Menschen stückweise vor-
 tragen mögest, und Wir sandten ihn nach und nach
 hinab.« (17:107)

Erklärt wird dieses Prinzip wie folgt:
 Und jene, die ungläubig sind, sprechen: »Warum
 ist ihm der Qur-ân nicht auf einmal herabgesandt
worden?« Dies, damit Wir dein Herz dadurch
 stärken möchten, und Wir haben seine Anordnung
 recht gut gemacht. Sie legen dir keinen Einwand
 vor, ohne dass Wir dir die Wahrheit und die
 schönste Erklärung brächten. (25:33-34)

  Für die Fundamentalisten zählen indes nicht das
geduldige Überprüfen, das intellektuelle Nach-
denken, sondern der Vollzug eines Gesetzes, eines
Befehls. Ihre Struktur ist die einer autoritären
Macht. Ihre Sinngebung vollzieht sich in der
Nachfolge, die keinen Widerspruch duldet. Das
alles aber ist der Praxis, der Sunna des Prophe-
ten Muhammad (Friede sei auf ihm) fremd. Der
Qur-ân bringt ein ganz anderes Element zum
Vorschein. Er sagt:
 »Es geschieht um Allahs Barmherzigkeit willen,
 dass Du zu ihnen milde bist; und wärest du
 schroff, hartherzig gewesen, sie wären gewiss
 rings um dich zerstoben. So verzeih ihnen und er-
 bitte Vergebung für sie; und ziehe sie zu Rate in
 Sachen der Verwaltung, wenn du aber dich ent-
 schieden hast, dann setze dein Vertrauen auf Al-
 lah. Allah liebt die Vertrauenden.« (3:160)

Und weiter:
 Sprich: »Liebt ihr Allah, so folget mit; (dann)
 wird Allah euch lieben und euch eure Fehler
verzeihen;  denn    Allah   ist   allverzeihend,
 barmherzig.« (3:32)

           Liebe und Verständnis

   Das ausschlaggebende Moment ist die Liebe, die
der Prophet für Gott hegte, und die ihn Liebe und
Barmherzigkeit für die Mitmenschen empfinden
ließ. Liebe aber setzt voraus, dass man Verständ-
nis für die menschliche Natur hat, was nicht
heißt, dass man alle Übertretungen und Fehler
übersehen soll. Für den Fall, dass Vorbild und
Ermahnung nichts fruchten, hat der Qur-ân den
Liebesentzug vorgesehen, nicht aber den Hass und
die Verfolgung.
 Sprich: »Gehorchet Allah und dem Gesandten«;
 doch wenn sie sich abkehren, dann (bedenke),
 dass Allah die Ungläubigen nicht liebt. (3:33)

  Für den Fundamentalisten ist der nicht-lie-
benswerte Ungläubige jener, der ihm nicht ge-
horsam ist. Er vergisst dabei, dass es so etwas
wie Lernprozesse gibt, die vom Qur-ân atte-
stierte und beschriebene Natur des Menschen,
und dass es das Ziel des Propheten und seiner Ge-
folgsleute nicht sein kann, abzuschrecken von der
Lehre Allahs, sondern, wie zitiert mit Weisheit
zu ihr aufzurufen. So erklärt der Qur-ân:
»Höret auf euren Herrn, bevor ein Tag kommt,
 den niemand gegen Allah verwehren kann. An je-
 nem Tag wird es für euch keine Zuflucht geben,
 noch gibt es für euch irgendwelche Möglichkeit
 des Leugnens. Kehren sie sich jedoch ab, so haben
 Wir dich nicht als Wächter über sie entsandt. Dei-
 ne Pflicht ist nur die Verkündigung. Wenn Wir dem
 Menschen Unsere Barmherzigkeit zu kosten ge-
 ben, so freut er sich über sie. Doch wenn sie ein
 Unheil trifft um dessentwillen, was ihre Hände
 vorausgesandt, siehe, dann ist der Mensch un-
 dankbar.« (42:48-49)

    Die »Fundamentalisten« gegen die
               Toleranz

  Wir sehen, dass die Wesenszüge der Fundamen-
talisten in fundamentalem Widerspruch zur Leh-
re des Qur-ân stehen. Ihre Haltung ist die von
Buchstabengläubigen, die sich auf einzelne Beob-
achtungen, die sie in der Lehre Muhammads ge-
macht haben, stützen, ohne das gesamte Gedan-
kengebäude, die gesamte Lehre, die vollständige
Offenbarung verstanden zu haben. Dass sie mit
dieser verstümmelten Glaubensvorstellung nur
begrenzt Erfolg haben, vor allem aber unter In-
tellektuellen keinen Erfolg haben, treibt sie zum
Hass, zur Intoleranz, zur Zementierung ihrer
falschen Ideen. In Wirklichkeit ist all ihre Macht
nur Ausdruck einer Glaubenskrise, einer Sinn-
krise.
  Wie das? Nun, ihr Glaube gründet auf einer In-
terpretation des Qur-ân, der ihnen und ihren
Machtgelüsten entgegenkommt. Ihr Glaube ver-
neint jedoch die Möglichkeit, dass Allah nach dem
Qur-ân Offenbarung sendet, daher Kommunikati-
on mit den Menschen unterhält. Sie halten das Tor
der Offenbarung für geschlossen. Ihr Gebet wird
daher zum bloßen Ritual, ihre Verrichtung der
vom Gläubigen verlangten Gottesdienste ist
schierer Selbstbetrug. Sie glauben zwar, dass
Allah durch den Qur-ân Seine Weisung vermit-
telt, dass der Qur-ân das ungeschaffene Wort
Gottes ist, lehnen es jedoch ab, eine Wandlung
seines Verständnisses als möglich zu akzeptieren.
  Der Qur-ân ist für sie daher ein starres Buch.
Es ist eindimensional. Es enthält Regeln, aber
kein Leben, das mit den Zeitläufen geht und der
Natur des Menschen und seinen unterschiedlichen
Bedürfnissen Rechnung trägt. Da sie theologisch
argumentieren, mit dem Propheten Muhammad,
Friede sei auf ihm, sei die Mitteilung Gottes an
die Menschen quasi abgeschlossen, entgeht ihnen
der Sinn des Glaubens, nämlich die Kommunika-
tion des Menschen mit Gott und die Kommunikati-
on Gottes mit den Menschen gleichermaßen als
existent zu akzeptieren.
 Für sie gibt es zwar die Kommunikation des
Menschen mit Gott, daher, dass der Gläubige Gott
anspricht, ein Zwiegespräch, von dem die isla-
mische Mystik, von den Fundamentalisten immer
verfolgt, kündet, lehnt sie als Häresie ab. Dabei
sagt doch der Qur-ân:
 »Keinem Menschen steht es zu, dass Allah zu ihm
 sprechen sollte, außer durch Offenbarung oder
 hinter einem Schleier oder indem Er einen Boten
 schickt, zu offenbaren auf Sein Geheiß, was Ihm
 gefällt. Er ist erhaben, allweise.« (45:52)

   Und die Tatsache, dass Gott sehr wohl auf Gebete
antworten kann, wie sie in folgendem Koranvers
belegt wird, ist ihnen ebenso eine Ungeheuer-
lichkeit wie die Vorstellung, Toleranz als die An-
erkennung des anderen Glaubensweges, was den
Weg des Gewissens einschließt (2:257), anzuer-
kennen.
 Euer Herr spricht: »Betet zu mir, Ich will euer
 Gebet erhören.« (40:61)

Ferner:
 Und wenn Deine Diener dich nach Mir fragen
 (sprich): »Ich bin nahe. Ich antworte dem Gebet
 des Bittenden, wenn er zu Mir betet. So sollten
sie auf Mich hören und an Mich glauben, auf dass
 sie den rechten Weg wandeln mögen.« (2:187)

  Die Fundamentalisten hingegen verstehen weder
die Philosophie des Gebets, wiewohl sie beten,
noch die Natur des Menschen, wiewohl sie vom
Qur-ân ermahnt werden:
 »So richte dein Antlitz auf den Glauben wie ein
 Aufrechter (und folge) der Natur, die Allah ge-
 schaffen - worin Er die Menschheit erschaffen
 hat. Es gibt kein Ändern an Allahs Schöpfung. Das
 ist der beständige Glaube. Allein, die meisten
 Menschen wissen es nicht.« (30:31)

            »Jihaad« des Qur-ân

  Wer die Natur des Menschen nicht versteht,
muss zwangsläufig zu ihrem Unterdrücker wer-
den.
  Kein Wunder, dass der Fundamentalismus Ge-
walttätigkeit auf seine Fahnen geschrieben hat,
und dass er eine Konzeption des Jihaad vertritt,
die mit Gewalt verbunden ist.
  »Jihaad« ist das arabische Wort im Qur-ân,
das im Westen gemeinhin, falsch, mit »Heiliger
Krieg« übersetzt wird, das im eigentlichen Sinne
aber »Streben« bedeutet.
  Der Prophet Muhammad (Friede sei auf ihm)
hat dabei drei Arten von Jihaad unterschieden:
  Den großen (Jihaad Akbar), das heißt der
Kampf gegen schlechte Eigenschaften und falsche
Leidenschaften im Gläubigen. Der Qur-ân emp-
fiehlt eine Reihe von Maßnahmen, damit das Herz
des Gläubigen geläutert wird (74:5). Zum Bei-
spiel:
 »Nie könnt ihr zur vollkommenen Rechtschaffen-
 heit gelangen, solange ihr nicht spendet von dem,
 was ihr liebt.« (3:93)

  In einer Fülle von Versen zeigt der Qur-ân, was
der Mensch tun soll, um in einen Zustand zu ge-
langen, der »beruhigte Seele« (89:28) genannt
wird, nachdem der Menschen den Zustand der
»sich selbst anklagenden Seele« (75:3) und den
der »zum Bösen anstachelnden Seele« (12:54)
überwunden hat.
  Nach diesem großen Jihaad zur Läuterung der
Seele gibt es des mittleren Jihaad (Jihaad
Kabir), in dem der Gläubige mit dem Wort und
der Predigt für die Sache des Islam eintritt.
 »So gehorche nicht den Ungläubigen, sondern ei-
 fere mit ihm (dem Qur-ân) wider sie in großem
 Eifer.« (25:53)

  (Die Worte »in großem Eifer« lauten im Ara-
bischen: Jihaad Kabir.)
Der kleine Jihaad (Jihaad Saghir) bedeutet,
sich mit Waffengewalt einer Aggression wehren
und dann, wenn die Glaubensfreiheit bedroht ist,
notfalls mit Waffengewalt für die Glaubensfrei-
heit zu kämpfen. Der Qur-ân sagt:
 »Und bekämpfet sie, bis die Verfolgung aufgehört
 hat und der Glaube an Allah (frei) ist. Wenn sie
 jedoch ablassen, dann (wisset), dass keine Feind-
 schaft erlaubt ist, außer wider die Ungerech-
 ten.« (2:194)

  Die Verfolgung in diesem Zusammenhang steht
für die fehlende Glaubensfreiheit. Ganz deutlich
macht der Qur-ân, dass nur ein Verteidigungs-
krieg erlaubt ist:
 Erlaubnis (sich zu verteidigen) ist denen gegeben,
 die bekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah
 - und Allah hat fürwahr die Macht, ihnen zu hel-
 fen -, jenen, die schuldlos aus ihren Häusern ver-
 trieben wurden, nur weil sie sprachen: »Unser
 Herr ist Allah«. (22:40-41)
  Mithin gibt es für die zahllosen in letzter Zeit
geäußerten Aufrufe zum »Heiligen Krieg« sei-
tens des Qur-ân keine Rechtfertigung.
Islam für Frieden

Der Islam ist eine Religion der Schönheit, des
Friedens und der Liebe. Gott sagt im Qur-ân:
 »Meine Barmherzigkeit umfasst jedes Ding.«
 (7:157)

Er steht für das friedfertige Miteinander-Wett-
eifern:
 »Und wetteifert miteinander im Trachten nach
 der Vergebung eures Herrn und einem Paradies,
 dessen Preis Himmel und Erde sind, bereitet für
 die Gottesfürchtigen - die da spenden im Über-
 fluss und Mangel, die den Zorn unterdrücken und
 den Mitmenschen vergeben; und Allah liebt, die
 Gutes tun, und die, so sie eine Untat begehen oder
 wider sich selbst sündigen, Allahs gedenken und
 um Verzeihung flehen für ihre Sünden - und wer
 kann Sünden vergeben außer Allah? - und die
 nicht wissentlich beharren in ihrem Tun.«
 (3:134-136)

  Die Fundamentalisten, gefangen in Unwissen
und falschem Stolz, sind in der Zwickmühle. Sie
erkennen die schädlichen Einflüsse des westli-
chen Libertinismus, der schrankenlosen Freizü-
gigkeit, der Überschätzung des Denkens und der
Unfähigkeit, ein Leben in spirituellem Sinne,
jenseits eines Konsumismus zu führen. Sie sind
indes unfähig, im Gegensatz dazu mehr zu bieten
als strenge Regeln, deren Sinn mangels entspre-
chenden Verständnisses innerhalb der Drohung
bleibt, widrigenfalls weltliche und himmlische
Strafe erleiden zu müssen. Sie spielen sich als
Richter auf, bleiben dabei aber im abseits der
qur-ânischen Prophezeiung, dass Gott immer Der
Sprechende bleibt und dass Gott den Muslime im-
mer von Sich aus Führung angedeihen lassen,
wird, so die Menschen es nur verstünden. Der
Qur-ân sagt:
 »O Kinder Adams, wenn zu euch Gesandte kom-
 men, aus eurer Mitte, die euch Meine Zeichen
 verkünden - wer dann gottesfürchtig ist, und gute
 Werke tut, keine Furcht soll über sie kommen,
 noch sollen sie trauern. Die aber, die Unsere Zei-
 chen verwerfen und sich mit Verachtung von ih-
 nen abwenden, die sollen die Bewohner des Feuers
 sein; darin sollen sie bleiben.« (7:36-37)

  Die Fundamentalisten sind sich einig in der Ab-
lehnung und Bekämpfung des friedlichen Mahdis
des Islam, HAZRAT M I R ZA GHULAM AHM AD , dem Be-
gründer der Ahmadiyya Muslim Bewegung. Seine
aufklärende Koraninterpretation für unsere Zeit
wird von ihnen verworfen. Indes erscheinen sie
somit wie jene, auf die der folgende Koranvers
anspielt:
 Wehe darum denen, die das Buch schreiben mit ih-
 ren eigenen Händen und dann sprechen: »Dies ist
 von Allah«, dass sie dafür einen armseligen
 Preis nehmen möchten! Wehe ihnen also um
 dessentwillen, was ihre Hände geschrieben, und
 wehe ihnen um dessentwillen, was sie verdienen.
 (2:80)

     Ergänzende Bemerkungen der Redaktion

  Im letzten oben zitierten Koranvers bedeuten
die Worte »das Buch schreiben« – bezogen auf
die sogenannten Fundamentalisten von heute –,
dass sie das Wort Gottes falsch interpretieren,
um ihre Thesen zu erhärten.
  Der auf Seite 9 zitierte Koranvers (3:111) hat
eine Definition des »besten Volkes« zum Inhalt.
Allein das Muslim-Sein eines Volkes macht es
nicht zum »besten Volk« des Qur-ân, solange es
die Voraussetzung nicht erfüllt, »zum Wohl der
Menschheit« hervorgebracht zu sein. In den er-
sten Jahrhunderten des Islam standen die Musli-
me der Menschheit zu Diensten; sie arbeiteten
für ihr Wohl, sodass die ganze Menschheit von
ihrer Herrschaft profitierte. Muslimische Städte
wurden zu Zentren der Gelehrsamkeit, wo an den
Universitäten die Wissenschaften blühten. Aber
dann setzte der Niedergang ein und die Muslime
büßten allmählich ihren Stand als das »beste
Volk« ein. Dieser Koranvers ist ein ständiger
Mahner und erinnert die Muslime an den Zweck
ihres Daseins: »Zum Wohle der Menschheit«.

   © Verlag Der Islam, 1997
   ISBN 3-921458-83-8
   http://www.ahmadiyya.de/shop.html

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