FAQ NATO-"Resolute Support"-Mission Afghanistan: Verlängerung des Mandats bis Ende Januar 2022
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FAQ NATO-„Resolute Support“-Mission Afghanistan: Verlängerung des Mandats bis Ende Januar 2022 1. Was wird beschlossen und warum? Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung vom 24.02.2021 beschlossen, dass die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz „Resolute Support“ vorerst bis zum 31. Januar 2022 fortgesetzt werden soll. Die Aufgaben der Bundeswehr und die personelle Obergrenze bleiben im Mandat gleich. Ein entsprechender Antrag wurde dem Deutschen Bundestag zugeleitet und muss bis zum Ende des laufenden Mandats, Ende März 2021, beschlossen werden. Die Namentliche Abstimmung ist für die Sitzungswoche 22.-25.03.2021 vorgesehen. Der Einsatz der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr soll weiterhin der Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Afghanistan dienen. Die internationale militärische Unterstützung ist gerade in der aktuellen innenpolitischen Situation ein wichtiger Faktor, um dem innerafghanischen Friedensprozess die nötige Zeit und den nötigen Raum zu geben. Gleichzeitig übt die fortgesetzte internationale Truppenpräsenz weiter Druck auf die Taliban aus, um sie an die Verhandlungen weiter zu binden und ernsthafte Fortschritte in dem fragilen Friedensprozess zu befördern. Die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten vor Ort hat dabei besondere Priorität. Mit der Verlängerung des Einsatzes unterstreicht Deutschland, dass es zu der Verantwortung steht, die es für die Menschen in Afghanistan übernommen hat. Gleichzeitig leistet Deutschland weiterhin seine wichtige Aufgabe als Rahmennation im Norden des Landes, indem es für die Truppenkontingente von Verbündeten und Partnern zentrale Fähigkeiten zur Verfügung stellt. Deutschland verfolgt das Ziel eines in der Allianz abgestimmten, geordneten Abzugs aus Afghanistan sobald die Situation in Afghanistan dies erlaubt, wobei die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte bestmöglich bewahrt werden sollen. Oberstes Ziel bleibt, dass von Afghanistan keine internationale Bedrohung mehr ausgeht. Dies ist seit nunmehr zwei Jahrzehnten gewährleistet. Wir wollen gewährleisten, dass Afghanistan dies zukünftig in eigener Verantwortung dauerhaft gewährleisten kann. Seite 1 von 5
2. Was bleibt nach wie vor das deutsche Interesse? Welche Perspektive sehen wir? Ein hinreichend stabiles Afghanistan, von dem keine Gefahr durch Terrorgruppen ausgeht, bleibt neben der weiteren Unterstützung einer legitimen und stabilen Staatlichkeit sowie nachhaltiger wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen, auch als Beitrag zu Bleibeperspektiven und in Vorbeugung weiterer irregulärer Migration, ein wesentliches deutsches Interesse. Dafür engagiert sich Deutschland in besonderem Maße als zweitgrößter bilateraler Geber, als derzeit zweitgrößter Truppensteller bei Resolute Support sowie als Rahmennation für unsere Verbündeten und Partner im Norden des Landes. Deutschland plant, sein diplomatisches, ziviles und militärisches Engagement in Abstimmung mit ihren Partnern fortzusetzen. Eine Verlängerung des bestehenden Bundestagesmandats bis 31. Januar 2022 unter Beibehaltung der Obergrenze gibt dem neu gewählten Deutschen Bundestag und der neuen Bundesregierung die notwendige Zeit, sich zum Ende des Jahres und im Lichte der Entwicklungen mit dem Einsatz in Afghanistan zu beschäftigen und diesen gfs. weiter anzupassen oder gar gänzlich zu beenden. 3. Wie wird der militärische Beitrag Deutschlands ausgerichtet? Der militärische Beitrag Deutschlands wird so ausgerichtet, dass dem innerafghanischen Friedensprozess und dem damit verbundenen politischen Prozess weiterhin der nötige Raum gegeben wird und Deutschland seiner Verantwortung als Rahmennation im Norden im Einklang mit der gemeinsam in der NATO festgelegten Strategie weiter nachkommen kann. Gleichzeitig geht es darum, auf mögliche Anpassungen von Resolute Support reagieren zu können, die sich im Zuge des US-Review-Prozesses im Laufe der kommenden Monate ergeben können. Die NATO hält sich vor diesem Hintergrund offen, ihre Präsenz auch über den 30. April 2021 hinaus fortzusetzen. Zugleich wird ein Abzug zum Datum 30. April immer unwahrscheinlicher. Die fortbestehende Obergrenze von 1.300 Soldatinnen und Soldaten garantiert die dafür notwendige Flexibilität. Die deutschen Fähigkeiten stehen auch unseren Partnern weiterhin zur Verfügung. 4. Wo steht der innerafghanische Prozess, den die internationale Unterstützung möglich gemacht hat? Seit 2002 ist Deutschland gemeinsam mit seinen Verbündeten in der NATO und weiteren internationalen Partnern in Afghanistan engagiert, um sicherzustellen, dass von dort nicht erneut eine Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands und seiner Verbündeten ausgehen kann. Auf diesem sowohl von Fortschritten als auch Seite 2 von 5
von schmerzhaften Verlusten und Rückschlägen geprägten Weg ist deutlich geworden, dass nur eine innerafghanische Verhandlungslösung und in der Folge eine afghanisch festgelegte Staatsstruktur nachhaltig Frieden und Stabilität für das Land und die Region bringen kann. Mit dem vernetzten Ansatz von zivilen und militärischen Maßnahmen konnte Deutschland gemeinsam mit internationalen Partnern und Organisationen seit 2001 wichtige Beiträge zur Stabilisierung Afghanistans leisten: • In Afghanistan gibt es heute vielfältige Medien und freie politische Debatten. • Das Pro-Kopf-Einkommen ist deutlich gestiegen (von ca. 180 USD auf ca. 500 USD in 2019). • Ebenso ist die Lebenserwartung deutlich gestiegen (von ca. 56 auf ca. 65 Jahre). • Der Zugang zu Bildung, insb. für Mädchen, hat sich enorm verbessert (von ca. 770.000 Grundschülern auf 6,5 Mio. in 2018). • Die gesellschaftliche Stellung von Frauen wurde wesentlich verbessert. • Der Zugang zu Gesundheitsdiensten hat sich verbessert. • Die Müttersterblichkeit ist stark gesunken (von ca. 1.500 Fällen pro 100.000 Geburten auf ca. 640 Fälle in 2017). • Die Ausbildung und Beratung afghanischer Sicherheitskräfte hat deren eigenständige Fähigkeit zur Abwehr militanter und terroristischer Gefahren schrittweise gestärkt. Zu den Afghan National Defence and Security Forces (ANDSF) zählen u.a. die Kräfte der Afghan National Army (ANA), der Afghan National Police (ANP) und des Geheimdienstes National Directorate for Security (NDS) mit einer Gesamtstärke von knapp über 300.000 Männern und Frauen. • Das deutsche bilaterale Polizeiprojekt hat seit 2002 insgesamt mehr als 100.000 afghanische Polizistinnen und Polizisten aus- oder fortgebildet. Deutschland unterstützt ferner maßgeblich die Friedensverhandlungen zwischen Vertretern der Afghanischen Republik und der Taliban, die seit September 2020 in Doha stattfinden, u.a. in maßgeblicher Faszilitatorenrolle mit Norwegen. 5. Warum wird die internationale Militärpräsenz weiter gebraucht? Die Friedensverhandlungen bleiben in hohem Maße fragil und werden von einem anhaltend hohen Gewaltniveau von Seiten der Taliban in Afghanistan überschattet. Die Gewalt richtete sich zuletzt vermehrt gegen die afghanischen nationalen Sicherheits- und Verteidigungskräfte sowie gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger/-aktivisten. Darum sind die Voraussetzungen für einen vollständigen, verantwortungsvollen Abzug zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben. Für Fortschritte im Friedensprozess bedarf es auch weiterhin der Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft, auch um den Seite 3 von 5
entsprechenden Verhandlungsdruck auf die Taliban aufrecht zu erhalten. Die internationale Militärpräsenz ist dabei ein wichtiger Faktor, der der afghanischen Regierung bei den Verhandlungen den nötigen Rückhalt gibt. Zudem unterzieht die neue US-Regierung aktuell das USA-Taliban Abkommen einer Überprüfung, weil das von den Taliban ausgehende Gewaltniveau in Afghanistan inakzeptabel hoch ist und die Beziehungen der Taliban zu Al-Qaida – verantwortlich für den internationalen Terrorismus und die Anschläge vom 11. September 2001 – nicht glaubhaft abgebrochen wurden. 6. Im US-Taliban-Abkommen ist von einem Abzug bis 30. April 2021 die Rede – was geschieht danach? Die Bundesregierung geht – ebenso wie unsere NATO-Partner - für den Fall des möglichen Verbleibs in Afghanistan über den 30. April 2021 hinaus von einer deutlich erhöhten Gefährdungslage für unsere Soldatinnen und Soldaten aus. Daher hält die Bundeswehr gemeinsam mit den Partnern entsprechende Fähigkeiten im Rahmen der nationalen Rückfallpositionen und des nationalen Risiko- und Krisenmanagements vor. Die Vorwarnzeiten für Verstärkungskräfte aus der Heimat werden verkürzt. Zusätzliches, zum Schutz geeignetes Material muss gfs. nach Afghanistan verbracht werden. Die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten hat weiterhin höchste Priorität. Die Bundesregierung setzt sich in der NATO für die Fortsetzung eines lageabhängigen Politikansatzes („conditions-based“) ein, der weitere Truppenreduktionen mit der Lage vor Ort (signifikante Gewaltreduzierungen und das nachgewiesene Ende einer institutionalisierten Zusammenarbeit der Taliban mit Al-Qaida) und Entwicklungen im politischen Prozess verknüpft. Die fortgesetzte Präsenz der USA bleibt die unbedingte Voraussetzung für einen solchen Ansatz und den weiteren Verbleib deutscher Kräfte. Die Bundesregierung ist hierzu mit der neuen US-Regierung im engen und vertrauensvollen Austausch und auf alle auch kurzfristigen Lageänderungen vorbereitet. Das umfasst auch eine Veränderung der deutschen Präsenz innerhalb des gültigen Operationsplans Resolute Support der NATO bis hin zu einem geordneten Abzug bei einer Beendigung der Mission. 7. Was konkret ist der Auftrag der deutschen Streitkräfte? Hauptauftrag ist weiterhin die Ausbildung und Beratung des 209. und des 217. Korps der afghanischen Armee an den Standorten in Masar-e Scharif und Kundus. Deutschland wird dabei als Rahmennation in der Nordregion Afghanistans von 14 weiteren Nationen (u.a. Niederlande, Großbritannien, Belgien, Schweden, Türkei, Estland, Litauen, Lettland) unterstützt. Seite 4 von 5
Neben diesem Ausbildungs- und Beratungsauftrag übernimmt die Bundeswehr eine wichtige Rolle in der Umsetzung der „Afghan National Defence and Security Forces Roadmap“ und ist mit der Verbesserung der Führungskultur und Führungsfähigkeit, der nachhaltigen Stärkung der Ausbildungsorganisation der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte am Standort Kabul und der Ausbildung und Beratung der Spezialkräfte des afghanischen Innenministeriums in wesentlichen Tätigkeitsfeldern aktiv. Seite 5 von 5
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