Faszination Exoplanet - Universität Bern

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Faszination Exoplanet - Universität Bern
Von Brigit Bucher

                                    Faszination
                                     Exoplanet
                                   Kevin Heng, Christophe Lovis und Sascha Quanz erforschen
                              weitentfernte Planeten in anderen Sonnensystemen. Unter anderem
                                sind sie auf der Suche nach Leben. Dabei wandeln sie immer an
                              der Grenze des Machbaren. Eine Begegnung mit drei Projektleitern
                                                     aus dem NFS PlanetS.

                         1995 entdeckten die beiden Schweizer          also sogenannte terrestrische Planeten wie
                         Astronomen Michel Mayor und Didier            die Erde sind, oder aus Gasen wie Saturn
                         Queloz von der Universität Genf den ersten    und Jupiter oder ob sie sogar komplett von
                         Exoplaneten: 51 Pegasi b umkreist seinen      tiefen Ozeanen bedeckt sind. Dies wiederum
                         sonnenähnlichen Stern in 60 Lichtjahren       ist ein entscheidender Schritt, um zu
                         Entfernung von unserer Erde. Für diese        bestimmen, ob auf einem Planeten lebens-
                         bahnbrechende Leistung wurden die beiden      freundliche Bedingungen herrschen.
                         2019 mit dem Nobelpreis für Physik                Die drei Projektleiter Kevin Heng,
                         aus­gezeichnet, und ein regelrechtes Jagd-    Christophe Lovis und Sascha Quanz sind
                         fieber nach Exoplaneten – also Planeten       überzeugt: Innerhalb der nächsten Jahr-
                         ausserhalb unseres Sonnensystems – setzte     zehnte werden da draussen im All Anzei-
                         ein. Entdeckt wurden bislang rund 4400        chen von Leben, sogenannte Biosignaturen,
                         solcher Exoplaneten, unter anderem von        gefunden werden – wenn wir es denn
                         Weltraumteleskopen wie KEPLER und TESS        richtig anstellen. Ihr Optimismus stützt sich
                         mit der Transitmethode (siehe Infografik      auf folgende Schätzungen: Etwa ein Drittel
                         Seite 29).                                    aller Sterne in unserer Milchstrasse wird von
                            Inzwischen geht es nicht mehr nur um       terrestrischen Exoplaneten umkreist, die
                         die Entdeckung, sondern auch um die           sich in der sogenannten habitablen Zone
                         Charakterisierung von Exoplaneten. Anhand     befinden, wo es weder zu heiss noch zu kalt
                         der Daten von Teleskopen auf der Erde und     ist und Wasser in flüssiger Form existieren
                         im Weltraum können der Radius und die         kann – eine Grundvoraussetzung für Leben,
                         Masse von Exoplaneten bestimmt werden,        wie wir es kennen. Alleine in unserer Milch-
                         daraus lässt sich die Dichte ableiten. So     strasse kommt man so insgesamt auf mehr
                         erhält man wichtige Informationen über        als 30 Milliarden Orte, wo Leben entstanden
                         diese Planeten – zum Beispiel, ob sie über-   sein könnte. Und unsere Galaxie ist nur eine
                         wiegend aus Gesteinen und Eisen bestehen,     von Milliarden Galaxien im Universum.

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Faszination Exoplanet - Universität Bern
Das Extremely Large Telescope (ELT), an dessen Instrumentierung auch
dar NFS PlanetS beteiligt ist, wird mit seinem 39-Meter-Spiegel das grösste
                        «Auge in den Himmel» sein.

                                 Schwerpunkt                                  UniPress   180/2021   27
Faszination Exoplanet - Universität Bern
So lassen sich Exoplaneten entdecken

                                Stern

                                                                Doppler-Verfahren

                                                                Umkreist ein Planet einen Stern, so spürt nicht nur der Planet
                                                                die Gravitationskraft des Sterns, sondern der Stern spürt auch
                                                                die Gravitationskraft des Planeten und wird seinerseits auf eine
                                                                Umlaufbahn um den gemeinsamen Schwerpunkt gezwungen.
                                          Exoplanet
                                                                Wenn der Stern sich auf dieser Bahn auf die Betrachtenden
                                                                zubewegt, verschiebt sich sein Licht zu kürzeren Wellenlängen in
                                                                Richtung Blau. Entfernt sich der Stern, wird sein Licht röter.
                                                                Aus dieser periodischen Verschiebung kann auf die Existenz eines
                                                                Planeten geschlossen und seine Masse abgeschätzt werden.

                                        Beobachtungen von der Erde aus                  nannten Biosignaturen von Molekülen,
                                        Christophe Lovis, Senior Lecturer an der        die mit Leben assoziiert werden wie Wasser,
                                        Universität Genf, setzt auf Teleskope           Sauerstoff oder Methan.
                                        auf der Erde, um die Atmosphären von                Lovis verwendet für seine Forschung
                                        Exoplaneten zu erforschen. Im Rahmen des        Daten von Instrumenten wie HARPS und
                                        NFS PlanetS leitet er das Projekt «Exoplanet    ESPRESSO. Mit der Entdeckung des ersten
                                        atmospheres at high spectral resolution».       Exoplaneten mittels dem Doppler-Verfahren
                                        Wenn ein Exoplanet vor seinem Stern vor-­       (siehe Infografik oben) hatte sich die Astro-
                                        beizieht, dringt das Licht des Sterns durch     nomieabteilung der Universität Genf an der
                                        die Atmosphäre des Planeten, bevor es von       Weltspitze auf diesem Gebiet positioniert.
                                        einem Teleskop aufgefangen wird. In der         Michel Mayor hatte den Spektrografen
                                        Atmosphäre des Exoplaneten befinden sich        ELODIE entwickelt, mit dem er und Didier
                                        Moleküle und Atome, die einen Teil des          Queloz den ersten Exoplaneten um einen
                                        Lichts absorbieren. Man spricht von den         sonnenähnlichen Stern entdeckten. Es
                                        Fingerabdrücken, die diese Moleküle und         folgten 2003 unter Leitung der Universität
Illustration des Tele­skopen-
Schwarms der LIFE-Mission.              Atome im Licht des Sterns hinterlassen.         Genf und mit Beteiligung der Universität
Infrarotlicht wird von vier             «Mit empfindlichen Spektrografen analy-         Bern der Bau und die Installation des Spektro-
frei fliegenden Teleskopen              sieren wir diese Finger­abdrücke, um die        grafen HARPS auf dem 3,6-Meter-Teleskop
aufgenommen und zu einem                Zusammensetzung der Atmosphäre eines            der Europäischen Südsternwarte ESO in
in ihrer Mitte fliegenden
                                        Exoplaneten zu bestimmen», wie Lovis            La Silla in Chile. Inzwischen wurde HARPS in
Instrument weitergeleitet
und dort kombiniert.                    erklärt. Besonders interessant sind die soge-   der Präzision von ESPRESSO übertroffen,
                                                                                        einem weiteren Spektrografen, der eben-
www.life-space-mission.com                                                              falls in Genf gebaut und auf dem Very
                                                                                        Large Telescope (VLT) Observatorium, dem
                                                                                        Flaggschiff der ESO in Paranal in der chile-
                                                                                        nischen Atacama-Wüste, installiert wurde.
                                                                                            Christophe Lovis ist der sogenannte
                                                                                        Instrument Scientist von ESPRESSO und in
                                                                                        dieser Funktion verantwortlich für die
                                                                                        wissenschaftliche Leistung und Datenverar-
                                                                                        beitung des Spektrografen. «Es ist natürlich
                                                                                        toll, dass ich Beobachtungen und Daten
                                                                                        von Instrumenten verwenden kann, die wir
                                                                                        hier in Genf gebaut haben und an denen
                                                                                        ich beteiligt bin», so Lovis. Und bereits tüftelt
                                                                                        er an einem nächsten Instrument: «RISTRETTO
                                                                                        wird die Technik der hochauflösenden
                                                                                        Spektrografie kombinieren mit einem adap-
                                                                                        tiven optischen System – eine Weltneuheit,

28   UniPress 180/2021                                  Schwerpunkt
Faszination Exoplanet - Universität Bern
Transitmethode

Zieht ein Planet vor seinem Stern vorbei, schwächt er dessen
Licht ab, was zu einem Einbruch in der Lichtkurve des Sterns führt.
Dadurch lässt sich der Radius des Planeten berechnen und mit
bereits vorhandenen Daten zur Masse auch die Dichte bestimmen.

                                                                                       Helligkeit
                                                                                                                 Zeit

die uns die noch präzisere Charakterisierung    schicken, die in Formation fliegen und              Funkeln der Sterne kommt durch Turbu-
von Exoplaneten ermöglichen soll», wie          die so «zusammengeschaltet» werden, dass            lenzen in der Erdatmosphäre zustande,
Lovis begeistert erzählt. Lovis ist auch der    das Signal eines Sterns ausgeblendet wird,          die die Genauigkeit der Himmelsbeobach-
Schweizer Vertreter im Wissenschaftsteam        damit das Signal eines seiner Planeten              tungen stören.» Moderne Teleskope mit
für HIRES, einem hochmodernen Spektro-          überhaupt lesbar wird. Selbstbewusst sagt           adaptiven Optiksystemen können diese
grafen für das Extremely Large Telescope        Quanz: «LIFE ist komplementär zu dem,               Störungen korrigieren. «In einem neuen
(ELT) der ESO, das 2025 seinen Betrieb          was die NASA mit ihrem Wissenschaftspro-            Ansatz analysieren wir anhand der Historie
aufnehmen soll.                                 gramm verfolgt, und bietet sogar wissen-            von vielen Nächten, in denen Messungen
                                                schaftliche Vorteile.»                              gemacht wurden, wie sich die Turbulenzen
Ein Schwarm von Teleskopen                         Quanz arbeitet mit bestehenden Tele-             entwickeln, und trainieren die Systeme
im Weltraum                                     skopen, auch um zu verstehen, wo die                mit Algorithmen, immer besser zu werden.»
Sascha Quanz, Professor für Exoplaneten         Grenzen bei den heutigen Beobachtungs-              Quanz ist zudem wie sein Kollege Christophe
und Habitabiliät an der ETH Zürich, leitet im   techniken sind. Er entwickelt unter anderem         Lovis aus Genf auf dem Gebiet der Instru-
NFS PlanetS die Projekte «Direct imaging of     Algorithmen, mit denen bestehende,                  mentenentwicklung aktiv: «Wir sind unter
forming and mature planetary systems»           bodengebundene Instrumente aus dem                  anderem involviert bei der Instrumentie-
und «Observational signatures of habitabi-      Bereich der adaptiven Optik verbessert              rung des VLT und des ELT. Dies ist eines der
lity». Sein Ziel ist visionär: «Wir wollen      werden können. Quanz erklärt: «Das                  Resultate des NFS PlanetS. So wird METIS,
direkte Bilder von Exoplaneten machen.»                                                             ein Instrument der ersten Generation für
Erreichen will er dies mit der Weltraummis-                                                         das ELT, von einem Konsortium gebaut, zu
sion LIFE, die er unter anderem der Europä-                                                         dem die ETH Zürich in Zusammenarbeit mit
ischen Weltraumorganisation ESA vorge-                                                              PlanetS gehört.» Wichtig für die Entwick-
schlagen hat für ihr Wissenschaftsprogramm                                                          lung von solchen neuen Instrumenten sind
für die Jahre 2035 bis 2050. LIFE soll eine                                                         Modelle und Simulationen von Atmosphären
grosse Anzahl erdähnlicher Planeten im                                                              von Exoplaneten, wie Quanz ausführt:
Detail charakterisieren und sie auf Spuren                                                          «Wir arbeiten damit, um zu verstehen, wie
von Leben untersuchen, indem die ther-                                                              wir die Instrumente zukünftig designen
mische Strahlung der Planeten gemessen                                                              müssen, damit sie das messen, was wir
wird. Dafür muss das Teleskop jedoch gross                                                          wollen.»
genug sein, um überhaupt das Signal des         «Mein Lieblings­-
Planeten und das viel stärkere Signal des                                                           Die revolutionäre Datenplattform
Sterns voneinander trennen zu können.           exo­planet wird der sein,                           Kevin Heng, Direktor des Center for Space
    Auf der Erde kommen momentan                                                                    and Habitability CSH an der Universität
Teleskope zum Einsatz, die Spiegel bis zu       auf dem wir Hinweise                                Bern, ist ein Meister der Simulationen und
zehn Metern haben. Das ELT wird einen                                                               Modelle zu den Atmosphären von Exopla-
39-Meter-Spiegel haben. «Ein Teleskop von       auf mögliches Leben                                 neten. Im Rahmen des NFS PlanetS leitet
dieser Grösse hat in einer Rakete leider                                                            er das Projekt «Theory and simulation of
keinen Platz», erklärt der ETH-Professor        finden.»                                            exoplanetary atmospheres». «Mich interes-
lachend. Quanz will deswegen einen                                                                  sieren besonders theoretische Fragen und
Schwarm von fünf Teleskopen ins All             Sascha Quanz                                        die Datenanalyse», sagt Heng. Die Expertise

                                                               Schwerpunkt                                              UniPress   180/2021   29
Künstlerische Darstellung von
drei Super-Erden, die ein
europäisches Team mit dem
HARPS-Spektrografen am          des Professors für Astrophysik und seiner         bekannt sind, zusammengetragen und auf
3,6-Meter-Teleskop der ESO in   Forschungsgruppe ist weltweit gefragt,            Anregung von Heng wurden diese nun
La Silla, Chile, nach fünf­     wenn es beispielsweise um Atmosphären-            auf DACE von Ségransan und seinem Team
jähriger Beobachtungszeit
                                chemie oder um Zirkulations- und Klima-           zugänglich gemacht: «Wenn man beispiel-
entdeckt hat.
                                modelle zu Exoplaneten geht. So sind die          weise nach Wasser auf einem Exoplaneten
                                Berner Forschenden etwa Teil des «Alien           sucht, kann man nun also seine Daten mit
                                Earths»-Projekts der NASA unter der Leitung       DACE nach dem Muster des Moleküls durch-
                                der Universität Arizona, einem interdiszi­        suchen», erklärt Heng, und man merkt, wie
                                plinären Forschungsprojekt zur Biologie           stolz er auf diese Errungenschaft ist.
                                und Biochemie der frühen Erde und poten-             Heng sagt, dass eine der wichtigsten
                                ziell lebensfreundlicher Planeten.                Fragen auf dem Gebiet der Exoplanetenfor-
                                   Heng erzählt von DACE (Data Analysis           schung sei, ob die Moleküle in den Atmo-
                                Center for Exoplanets), einer Daten-              sphären durch geochemische oder bioche-
                                Plattform des NFS PlanetS, die unter der          mische Prozesse entstanden sind. «Kürzlich
                                Leitung von Damien Ségransan von der              war die Aufregung gross, als berichtet
                                Universität Genf laufend ausgebaut wird.          wurde, dass bei der Venus Monophosphan
                                DACE dient der Visualisierung, dem                gefunden wurde, ein Molekül, das mit
                                Austausch und der Analyse von Daten zu            Leben in Verbindung gebracht wird. Neben
                                Exoplaneten. Es ist die einzige derartige         der Frage, ob man tatsächlich Monophos-
                                Plattform weltweit, die für Forschende frei       phan gefunden hat, geht es nun eben
                                zugänglich ist. Sie umfasst eine breite Palette   genau um diese Frage, nämlich ob das Vor-
                                von Beobachtungsdaten von verschiedenen           kommen auf Prozesse zurückgeführt
                                Teleskopen und theoretischen Daten und            werden kann, die mit Leben in Verbindung
                                stellt Werkzeug bereit, um diese zu analy-        stehen.» Und genau diese Frage stellt sich
                                sieren und zu vergleichen. Anschaulich            auch bei Daten von Exoplaneten: Wenn
«Mein Lieblings­-               erklärt Heng eines der Anwendungsge-              man ein Molekül entdeckt, muss man sich
                                biete: «Wir haben ja nicht die Möglichkeit,       fragen, ob es geochemisch oder bioche-
exo­planet ist                  Proben bei Exoplaneten einzusammeln.              misch bedingt ist.
                                Was wir jedoch tun können, ist, beispiels-
Proxima b – ein wahrer          weise die Daten von Spektrografen nach            Interdisziplinäre Zusammenarbeit
                                Fingerabdrücken bestimmter Moleküle zu            Im NFS PlanetS finden all die klugen Köpfe
Glückstreffer.»                 durchsuchen.» Während fünf Jahren hat             zusammen. Die Frage nach Leben und nach
                                Simon Grimm vom CSH sämtliche dieser              der potenziellen Bewohnbarkeit von
Christophe Lovis                Muster, die aus wissenschaftlichen Studien        Planeten kann nur interdisziplinär beant-

30   UniPress 180/2021                           Schwerpunkt
«Man muss sich daran gewöhnen, zu schei-
                                                                                                      tern. Eine nützliche Erkenntnis, für die
                                                                                                      ich aber einige Jahre gebraucht habe, war:
                                                                                                      Man muss lernen, schnell zu scheitern. Es
                                                                                                      gibt immer eine Lektion oder eine kostbare
                                                                                                      Erfahrung, die man dabei macht. Wenn
                                                                                                      man also scheitert, warum nicht schneller
                                                                                                      scheitern?»
                                                  «Super-Erden, auch
                                                                                                      Die Forscher und ihre Lieblinge
                                                  Mini-Neptune genannt,                               Dieses Jahr soll nach einiger Verzögerung
                                                                                                      das James Webb Space Telescope JWST
                                                  gehören zu meinen                                   seine Suche nach Exoplaneten antreten. Die
                                                                                                      drei Exoplanetenforscher sehen dem Start
                                                  Lieblingsexoplaneten.»                              und den Möglichkeiten, die das JWST bieten
                                                                                                      wird, mit grosser Spannung entgegen.
                                                  Kevin Heng                                          Haben sie denn bereits jetzt einen Lieblings-
                                                                                                      exoplaneten? Christophe Lovis: «Für mich
                                                                                                      ist das ganz klar Proxima b bei Proxima
                                                                                                      Centauri, dem Stern, der unserer Sonne am
                                                                                                      nächsten ist.» Es handelt sich bei Proxima b
                                                                                                      um einen terrestrischen Planeten, der erst
                                                                                                      noch in der habitablen Zone ist. «Ein wahrer
                                                                                                      Glückstreffer», wie Lovis sagt, «denn dies
                                                                                                      eröffnet spannende Möglichkeiten für uns,
                                                                                                      ihn zu studieren. Wäre das System weiter
                                                                                                      von uns entfernt, wären der Stern und der
                                                                                                      Planet aus unserer Sicht näher beieinander
                                                                                                      und weniger gut beobachtbar.»
                                                                                                          Heng sagt: «Natürlich sind die erdähn-
                                                                                                      lichen Planeten interessant wegen möglichen
wortet werden, wie Sascha Quanz sagt:             Quanz einschliesst.» Es werden formelle             Biosignaturen, die man dort finden könnte.»
«Die Fragen nach dem Ursprung des                 Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit           Unser Sonnensystem habe uns glauben
Lebens, was überhaupt Leben ist, welche           spezifischen wissenschaftlichen Fragen              lassen, dass es nur zwei Arten von Planeten
Spuren es hinterlässt und welche über-            beschäftigen. «So gehen wir zum Beispiel            gäbe: terrestrische Planeten wie die Erde
haupt nachgewiesen werden können auf              der Frage nach, welche Art von Biosigna-            oder den Mars und Gas- oder Eisriesen wie
anderen Planeten – diese Fragen hängen            turen besonders relevant und in naher               Jupiter oder Neptun. «Aber was uns die
unweigerlich zusammen, und man kann sie           Zukunft zugänglich sein werden, also welche         verschiedenen Missionen wie Kepler, TESS
nur beantworten, wenn die Expertisen aus          Art von Molekül bei welchem Planeten mit            oder CHEOPS zeigen, ist, dass es viele
der Astrophysik, Geochemie, Geophysik,            welchem Instrument nachweisbar sein                 Planeten von der Grösse zwischen Erde und
Biologie und Chemie zusammengebracht              könnte», so Lovis weiter.                           Neptun gibt. Von diesen Exoplaneten haben
werden.» Der NFS PlanetS sei die perfekte                                                             wir noch keine Ahnung, wie sie chemisch
Plattform für Exoplanetenforschung, weil          Der lange Atem und das                              aussehen und wie ihre Atmosphären zusam-
man sich gegenseitig optimal ergänze. Für         schnelle Scheitern                                  mengesetzt sind.» Deswegen gehören diese
grosse Projekte wie Missionen im Weltraum         Man braucht einen langen Atem auf dem               Super-Erden, die auch Mini-Neptune
und Instrumente für bodengebundene                Gebiet der Exoplanetenforschung. So kann            genannt werden, zu Hengs Lieblingspla-
Teleskope sind zudem internationale               es beispielsweise Jahrzehnte dauern                 neten.
Konsortien und Teams am Werk, und eine            von der ersten Idee bis zum Bau eines Instru-           Und wie steht es bei Sascha Quanz? «Ich
einzelne Forschungsgruppe oder ein Institut       ments. Ist ihre Arbeit manchmal frustrierend?       habe noch keinen Lieblingsexoplaneten.
allein ist nicht in der Lage, eine führende       Lovis gibt unumwunden zu: «Ja, natürlich,           Es wird der sein, auf dem wir Hinweise auf
Rolle zu übernehmen. «Wenn das Ziel der           es ist immer wieder frustrierend. Das ist ein       mögliches Leben finden.»
Schweiz ist, auch zukünftig international         unvermeidlicher Teil der Wissenschaft.
eine grosse Rolle zu spielen in der Weltraum-     Man muss lernen, damit umzugehen. Der
forschung, kann das nur mit einem natio-          Fortschritt in der Forschung ist nie linear,
nalen Effort passieren. Wir haben innerhalb       es ist immer ein Vor und Zurück.» Beim Bau
des NFS gelernt, zusammenzuarbeiten,              von Instrumenten gebe es immer Verzöge-
sodass wir nach aussen hin gemeinschaftlich       rungen und unvorhergesehene Schwierig-
viel homogener und grösser auftreten              keiten. Sie bauen schliesslich Prototypen,          Kontakte
können als individuell», zeigt sich Quanz         die per Definition noch nie zuvor gebaut            Prof. Dr. Kevin Heng, Universität Bern,
überzeugt. Christophe Lovis erzählt,              wurden. Sie müssen immer bereit sein, zu            kevin.heng@csh.unibe.ch
dass momentan gerade die Phase 3 des NFS          reagieren und eine Alternative zu finden.
                                                                                                      Dr. Christophe Lovis, Université de Genève,
definiert wird, die im Jahr 2022 beginnt:             Auch Kevin Heng sagt, dass Forschung
                                                                                                      christophe.lovis@unige.ch
«Ich werde Teil des Bereichs sein, der sich auf   kein Nine to five-Job sei, bei dem man
das Thema Habitabilität konzentriert und          immer das Gleiche mache. Forschung sei              Prof. Dr. Sascha Quanz, ETHZ,
der die Projekte von Kevin Heng und Sascha        nicht vorhersehbar und strukturiert. Und:           sascha.quanz@phys.ethz.ch
                                                                                                  Bilder S. 26–31: ESO, ESA, ETH Zürich, Allessandro DellaBella, zVg

                                                                 Schwerpunkt                                                        UniPress       180/2021       31
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