Unruhe bei Cochrane Ist die Kritik am aktuellen Review zur HPV-Impfung berechtigt? - Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin eV
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ru n et b zrw ike r k Aus dem Netzwerk Evidenzbasierte Medizin Unruhe bei Cochrane Ist die Kritik am aktuellen Review zur HPV-Impfung berechtigt? D Von ingrid Mühlhauser im Auftrag des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V. (www.ebm-netzwerk.de) Der Cochrane-Review zur HPV-Impfung Auf 241 Druckseiten präsentieren die Autoren des Cochrane-Reviews Analysen zur Wirksamkeit und Sicherheit der HPV Impfung zur Prävention des Zer- vixkarzinoms und den potentiellen Vorstufen (CIN2+). Eingeschlossen wurden insgesamt 26 randomisiert- kontrollierte Studien (RCTs) mit 73.428 Teilnehmerinnen zum Vergleich der Impfung mit „Placebo“. Dieses war entweder das Adjuvans des Impfstoffs oder eine He- patitisimpfung. Untersucht wurden der tetravalente Impfstoff Gardasil® (gegen HPV 9, 11, 16, 18) der Firma Die Wissenschaftler des internationalen Netzwerks Sanofi-Pasteur sowie der bivalente (gegen HPV 16 und Cochrane haben sich bisher große Verdienste erworben. 18) Cervarix® der Firma GlaxoSmithKline. Die Studi- Sie erstellen unter Anwendung hoher methodischer enteilnehmerinnen waren bei Impfung überwiegend Standards systematische Übersichtsstudien (systematic zwischen 15 und 26 Jahre alt. Bis auf eine Studie wurden reviews) zur Bewertung von medizinischen Maßnah- alle Studien von den Impfherstellerfirmen finanziert. men. Die Reviews gehen weltweit in Leitlinien ein und Die Studien waren mit maximal 8 Jahren Beobach- sind Grundlage für medizinische Entscheidungen. tungszeit nicht lange genug, um die Wirksamkeit der Im September 2018 wurde nun einer der prominen- Impfung auf Gebärmutterhalskrebs zu beurteilen. Der testen Wissenschaftler und Gründungsmitglied der Cochrane-Review belegt jedoch mit hoher Verlässlich- Cochrane Collaboration sowie Leiter des Nordic Cochra- keit die Wirksamkeit der Impfung auf Krebsvorstufen, ne Zentrums in Kopenhagen, Peter C. Gøtzsche, aus die sich allerdings zum Teil auch ohne Behandlung wie- Cochrane ausgeschlossen. Die seit Jahren geführte Aus- der zurückbilden können. Bei Mädchen/Frauen, die bei einandersetzung um die Unabhängigkeit der Cochrane- Impfung negativ auf Hochrisiko-HPV getestet hatten, Autoren und die Kommerzialisierung von Cochrane reduzierten sich CIN2+ Diagnosen von 164 auf 2/10.000, eskalierte offenbar auch an der Kritik der Kopenhagener RR 0,01 (0 bis 0,05), und die schwerwiegenderen Dyspla- Gruppe am kürzlich publizierten Cochrane-Review zur sien CIN3+ von 70 auf 0/10.000, RR 0,01 (0,00 bis 0,10). HPV Impfung (1). Gestützt wird diese Kritik von Tom Für die Gesamtgruppe – unabhängig vom HPV- Jefferson vom Centre for Evidence Based Medicine in DNA-Status bei Impfung – kam es zu einer Abnahme Oxford, UK. Das EbM-Netzwerk hat eine Stellungnahme aller CIN2+ von 559 auf 391/10.000, RR 0,70 (0,58 bis zu diesen Ereignissen veröffentlicht (siehe Kasten). 0,85); das RR für CIN3+ betrug für den bivalenten 30 | KV H - J o u r n a L 11/2018
N etzwerk Stellungnahme des EbM-Netzwerks zur aktuellen Diskussion um Cochrane Der Ausschluss Peter Gøtzsches aus der Cochrane Collaboration hat in der EbM- und Cochrane-Community eine breite Diskussion ausgelöst. I n der letzten Woche hat das Leitungsgremium (Governing Board) eines seiner Gründungs- einiger Cochrane-Mitglieder und ihrer Arbeiten – zuletzt am Cochra- ne Review zur Wirksamkeit der aktuellen Ereignisse waren. Es spricht viel dafür, dass es sich um eine Führungskrise im internatio- mitglieder der Collaboration, Peter HPV-Impfung – den Ausschlag nalen Leitungsgremium handelt. Gøtzsche vom Nordic Cochrane gegeben hat. In der Folge traten Das Netzwerk für Evidenzbasierte Center in Kopenhagen, aus dem vier weitere Board Mitglieder, Medizin appelliert an die Verant- Leitungsgremium entlassen und Gerald Gartlehner, David Hammer- wortlichen von Cochrane, alle aus der Collaboration ausgeschlos- stein, Joerg Meerpohl und Nancy Vorgänge transparent aufzuklären, sen. Als Begründung findet sich auf Santesso, von ihren Posten im damit Cochrane nicht diskreditiert der Webseite von Cochrane „fort- internationalen Leitungsgremium und der Konflikt nicht instrumen- gesetztes schlechtes Benehmen, zurück. Sie erklären, dass sie das talisiert werden kann. Cochrane ist welches nicht mit den Prinzipien Vorgehen des Boards in der Causa das Referenzzentrum für metho- und der Steuerung von Cochra- Gøtzsche für unverhältnismäßig disch hochwertige Evidenzsynthe- ne vereinbar sei…“ („It is about a halten – insbesondere vor dem sen. Cochrane muss unabhängige long-term pattern of behaviour Hintergrund der Werte und Prin- Informationen generieren, die frei that we say is totally, and utterly, zipien, für die Cochrane seit seiner von wirtschaftlichen Interessen at variance with the principles Gründung steht: der Meinungs- sind. Wenn begründete Zweifel an and governance of the Cochrane und Perspektivenvielfalt. Zum der Redlichkeit, Aufrichtigkeit und Collaboration. This is about integri- jetzigen Zeitpunkt ist es schwer zu Unabhängigkeit von Cochrane und ty, accountability and leadership.“). entscheiden, welchen Ausschlag seinen Produkten bestehen, müs- Im Hintergrund steht die Vermu- Fakten, Strategieüberlegungen sen diese vollständig aufgeklärt tung, dass Peter Gøtzsches wieder- oder auch persönliche Befindlich- und ggf. präventive Maßnahmen holte Kritik an der Industrienähe keiten hatten und Grund für die eingesetzt werden. Impfstoff 0,55 (0,43 bis 0,71), für den tetravalenten Die unerwünschten Wirkungen werden als ver- 0,81 (0,69 bis 0,96). gleichbar zu „Placebo“ berichtet. Bei der Subgruppe Für Frauen, die erst im Alter zwischen 24 und 45 Jahre der älteren Frauen waren jedoch Todesfälle unter den geimpft wurden, konnte hingegen keine Wirksamkeit Geimpften häufiger, bei einer insgesamt niedrigen der Impfung nachgewiesen werden. Mortalität in beiden Studiengruppen. Die Todesursa- ➞ 11/2018 KV H - J o u r n a l | 31
n etzwerk ➞ chen wurden von den Cochrane-Autoren nicht auf die Review zur HPV-Impfung nicht vorliegt.Denn einerseits Impfung zurückgeführt. fehlen Studien, die die HPV-Impfung mit einem wah- ren Placebo oder Nichtimpfen verglichen hätten. Zum Die wesentlichen Kritikpunkte anderen sind nicht alle notwendigen Informationen für eine Gesamtbeurteilung von unerwünschten Wirkungen Auswahl der Kontrollintervention erhoben, veröffentlicht oder frei zugänglich. In jedem Die HPV-Impfung gehört zu den am besten untersuch- Fall sollten bzw. müssen zur Beurteilung der Sicherheit ten Impfungen, während es zu vielen anderen Imp- auch andere Quellen berücksichtigt werden als bisher fungen keine klinisch relevanten RCTs gibt. Trotzdem in Cochrane-Reviews üblich. Dies können auch Daten bleiben Fragen offen. aus RCTs sein, die nicht die primäre Fragestellung des Ein Hauptkritikpunkt ist die Auswahl der Kontroll- Reviews adressieren. Der Cochrane Review zur HPV-Imp- intervention. Ein Adjuvans oder eine Hepatitisimpfung fung fokussiert auf publizierte Daten. In den eingeschlos- sind keine Placebos im ursprünglichen Sinn. Dazu wäre senen RCTs wurden unerwünschte Wirkungen aber beispielsweise die Injektion einer physiologischen lediglich für wenige Wochen nach Impfung systematisch Kochsalzlösung besser geeignet. Dem Adjuvans selbst dokumentiert. Auch komplexe Syndrome, die mit der werden nämlich unerwünschte Wirkungen zugeschrie- HPV-Impfung in Verbindung gebracht wurden, wie das ben. Das Adjuvans verstärkt unmittelbare und lokale „postural orthostatic tachycardia syndrome (POTS)“ und Reaktionen der Impfung. Inwieweit das Adjuvans auch das „complex regional pain syndrome (CRPS)“, sind auf für seltene neurologische Reaktionen verantwortlich diese Weise nicht zu bewerten. Zudem wurden Daten ist, lässt sich nicht beurteilen. Es kann lediglich fest- der Pharmafirmen und der Zulassungsbehörden nicht gestellt werden, dass zwischen HPV-Impfung und systematisch ausgewertet. Dies ist insgesamt und bisher „Impfung“ mit Adjuvans bzw. einer anderen Impfung auch in Cochrane-Reviews unüblich (2). vergleichbare Nebenwirkungen berichtet werden. Während der letzten Jahre wurde von unterschied- Wobei für den bivalenten Impfstoff im Vergleich zum lichen Wissenschaftsgruppen, auch aus dem IQWIG, tetravalenten offenbar stärkere Reaktionen auftreten. immer wieder darauf hingewiesen, dass Daten in Dies wird Besonderheiten des Adjuvans in diesem Impf- publizierten Manuskripten unvollständig sind und stoff zugeschrieben. Auch die insgesamt anscheinend Dokumentationen der Pharmafirmen und der Zu- etwas stärkere Wirksamkeit des bivalenten Impfstoffs lassungsstudien bei der EMA (European Medicine auf Krebsvorstufen wird auf das stärkere Adjuvans Agency) nur teilweise und nicht ohne erhebliche zurückgeführt. Hürden einsehbar sind. Gøtzsche selbst war entschei- Das Adjuvans ist somit kein inerter oder harmloser dend daran beteiligt, dass die Daten bei der EMA Zusatz. Die Kritik der dänischen Cochrane-Gruppe ist besser nutzbar werden. In einer aktuellen Publikation daher insofern gerechtfertigt, als die Bezeichnung „Ver- im BMJ, dem britischen Ärztejournal, erläutert er mit gleich zu Placebo“ für die HPV-Impfstudien irreführend seinen Mitstreitern die Schwierigkeiten, die weiterhin und nicht angemessen ist. An einem Cochrane-Review für Wissenschaftler bestehen, wenn sie Daten bei der zu den Wirkungen von Adjuvantien in Impfstoffen wird EMA abfragen wollen (2). derzeit gearbeitet. Ein wenig vertrauenserweckendes Beispiel für die Intransparenz ist in diesem Kontext eine Meldung von Unerwünschte Wirkungen unvollständig berichtet Ende September im BMJ (3). Demnach sind im Rah- Auch ein weiterer Kritikpunkt ist nicht auszuräumen, men eines Gerichtsverfahrens in Irland plötzlich bisher nämlich dass ein vollständiges Bild zu den uner- unbekannte Daten zu unerwünschten Wirkungen des wünschten Wirkungen der Impfung mit dem Cochrane- Schweinegrippeimpfstoffs Pandemrix® aufgetaucht. Der 32 | KV H - J o u r n a L 11/2018
N etzwerk Welche Vor- und Nachteile hat die Früherkennung? Impfstoff ist nicht mehr im Markt, aber die Unterlagen Vo r t e i l e : Die folgenden Tabellen zeigen Hochrech- zeigen, dass es vor 10 Jahren, als weltweit zur Massen- nungen, wie viele Frauen mit und ohne Früherkennung an impfung gegen die Schweinegrippe aufgerufen wurde, Gebärmutterhalskrebs erkranken oder sterben. Die Zahlen der Spalte „mit Früherkennung“ gelten für Frauen, die erhebliche Unterschiede in ernsthaften Nebenwirkun- zwischen 20 und 30 mit der Früherkennung beginnen und gen zwischen 3 verfügbaren Impfstoffen dokumentiert ihr Leben lang regelmäßig teilnehmen. Die Zahlen werden wurden. Pandemrix® wurde wie der bivalente HPV- jeweils für Frauen mit und ohne HPV-Impfung dargestellt, Impfstoff Cervarix® von der Firma GlaxoSmithKline da geimpfte Frauen ein deutlich geringeres Erkrankungs- risiko haben. bereitgestellt. Da es eine Knappheit an Schweinegrippe-Virenma- Ni c h t g e g e n h p v g e i m p f t terial gab, wurden Impfstoffe produziert, die weniger Virenmaterial aber dafür mehr Adjuvans zur Unter- Wie viele ohne Früh- mit Früh- stützung der Immunantwort beinhalteten. Das Produk- von 1.000 Frauen … erkennung erkennung tionsverfahren könnte auch zu einer Verstärkung der … erkranken 30 weniger unerwünschten Effekte geführt haben. Da offensichtlich an Gebärmutterhalskrebs? als 1 keine ausreichend kontrollierten Daten zu den damali- … sterben 12 weniger an Gebärmutterhalskrebs als 1 gen Ereignissen verfügbar sind, bleiben kausale Zusam- menhänge letztlich ungeklärt. Beunruhigender ist, dass diese Erkenntnisse damals nicht öffentlich wurden und gegen hpv geimpft die verantwortlichen Behörden nicht reagiert haben. Wie viele ohne Früh- mit Früh- von 1.000 Frauen … erkennung erkennung Offene Fragen … erkranken 10 weniger Die Wirksamkeit der HPV-Impfung auf klinisch re- an Gebärmutterhalskrebs? als 1 levante Krebsvorstufen ist belegt. Das Gesamtbild … sterben 4 weniger der publizierten Daten gibt keine Hinweise, dass die an Gebärmutterhalskrebs als 1 HPV-Impfung stärkere Nebenwirkungen hat als andere Impfungen (z.B. 4). n a c h t e i l e : Wer regelmäßig an Früherkennungsun- Unsicherheiten bleiben. Die Studien wurden bei Mäd- tersuchungen teilnimmt, muss damit rechnen, dass auch chen und Frauen ab 15 Jahre durchgeführt. Die Impfung Dysplasien entdeckt werden, die nie gefährlich geworden wären. Deshalb werden immer wieder auch harmlose Ver- wird nun aber ab dem 9. Lebensjahr empfohlen. Der änderungen durch eine Operation am Gebärmutterhals Impfschutz soll dadurch nicht beeinträchtigt sein. Direkte (Konisation) behandelt. Solche „Überbehandlungen“ las- Vergleiche der beiden Impfstoffe zu klinisch relevanten sen sich bei der Früherkennung nicht generell vermeiden, Endpunkten und Nebenwirkungen liegen nicht vor. denn es lässt sich nicht vorhersagen, aus welchen Dysplasi- en sich Krebs entwickelt und aus welchen nicht. Der tetravalente Impfstoff, der im Cochrane-Review untersucht wurde, wird nun durch den 9-valenten Nach Hochrechnungen müssen Gardasil 9® abgelöst. Gardasil 9® soll auf die wich- • etwa 110 bis 120 von 1000 nicht gegen HPV geimpfte tigen HPV 16 und 18 vergleichbar wirksam sein wie Frauen mit einer Konisation rechnen. • etwa 40 von 1000 gegen HPV geimpfte Frauen mit einer der tetravalente Impfstoff, jedoch wirksamer auf die Konisation rechnen. Gesamtheit der Krebsvorstufen. Belege für diese An- nahme stehen aus. Quelle: „Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung. Das Angebot der gesetzlichen Die Impfung wird von der STIKO nun auch für Krankenversicherung. Eine Entscheidungshilfe für Frauen zwischen 20 und 34 Jah- Jungen empfohlen. Damit soll unter anderem auch die ren.“ (www.gesundheitsinformation.de/gebaermutterhalskrebs-frueherkennung- und-vorsorge.2109.de) Herdenimmunität verbessert werden. Die bereits ➞ 11/2018 KV H - J o u r n a l | 33
n etzwerk ➞ publizierten RCTs mit Jungen/Männern wurden im Das IQWIG hat für das geplante neue Screening auf Cochrane Review nicht eingeschlossen. Gebärmutterhalskrebs eine Broschüre für die Zielgruppe Die Auswirkungen der HPV-Impfung auf die Krank- der Frauen ab dem 20. Lebensjahr erstellt (5). Die hieraus heitslast durch genitale Kondylome wird im Cochrane entnommene Tabelle (siehe Seite 33) zeigt einen Aus- Review nicht berücksichtigt. Im Gegensatz zu Cervarix® schnitt zu Nutzen und Schaden von Screening-Optionen schützt Gardasil® und Gardasil 9® gegen die durch die bei gegen HPV-Infektionen geimpften und nicht-geimpf- HPV 9 und 11 verursachten Feigwarzen. ten Frauen. Die Daten sind Schätzwerte und Hochrech- nungen, die jeweils extreme Situationen vergleichen: HPV-Impfung im Kontext der Krebsfrüh- Teilnahme an allen über die Lebenszeit vorgesehenen erkennung Screening-Untersuchungen im Vergleich zu keiner Tes- Auch wenn ein Nachweis auf eine Reduzierung von Ge- tung. Beide Annahmen sind unwahrscheinlich. Getestet bärmutterhalskrebs bisher nicht gezeigt werden konnte, wird auch schon bei Mädchen und außerhalb des Scree- hat doch die Abnahme an potentiellen Krebsvorstufen nings, wenn Frauen wegen Beschwerden den Frauenarzt einen klinisch relevanten Nutzen. Gerade in Deutschland konsultieren. Die Unterschiede zwischen den Gruppen könnte die Impfung das Risiko für unnötige Eingriffe/ dürften daher in der Versorgungsrealität noch deutlich Konisationen an der Gebärmutter und das damit ver- geringer ausfallen als in der IQWIG Broschüre dargestellt. bundene Beunruhigungspotenzial der Frauen reduzie- Eltern/Mädchen und Frauen müssen die Möglichkeit ren. Hierzulande wird im Vergleich zu anderen Ländern haben, Nutzen und Schaden sowohl der Impfung als besonders häufig getestet, jährlicher PAP-Test ab dem 20. auch der Teilnahme an den Früherkennungsuntersu- Lebensjahr, aber auch schon vor dem 20. Lebensjahr, z.B. chungen zu verstehen. Die Dokumentation, dass eine beim Einlösen eines Rezepts für die Anti-Baby-Pille. Das informierte Entscheidung zu diesen präventiven medizi- führt zu unnötigen Verdachtsbefunden und Operationen nischen Eingriffen stattgefunden hat, müsste ein Quali- zur Beseitigung von CIN-Befunden. tätsindikator sein. Frauen, die geimpft sind, bräuchten jedoch keine jährlichen PAP-Tests, insbesondere wenn ein HPV-Test Univ.-Prof. Dr. med. negativ ausfällt. Überdiagnostik und Übertherapie könn- Ingrid Mühlhauser ten durch die HPV-Impfung reduziert werden. Dennoch Universität Hamburg sollen nach dem geplanten neuen Screening-Konzept MIN Fakultät des Gemeinsamen Bundesausschusses auch geimpfte Gesundheitswissenschaften Frauen, selbst dann, wenn sie negativ auf HPV getestet E-Mail: Ingrid_Muehlhauser@ werden, weiterhin engmaschig an den Früherkennungs- uni-hamburg.de untersuchungen teilnehmen. Tel: 040 42838 3988 1 Arbyn M, Xu L, Simoens C, Martin-Hirsch PPL. Prophylactic vaccination against human papillomaviruses to prevent cervical cancer and its precursors. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 5. Art. No.: CD009069. DOI: 10.1002/14651858.CD009069.pub3. 2 Jørgensen L, Doshi P, Gøtzsche P, Jefferson T. Challenges of independent assessment of potential harms of HPV vaccines. BMJ 2018;362:k3694 doi: 10.1136/bmj.k3694 (Published 24 September 2018) 3 Doshi P. Pandemrix vaccine: why was the public not told of early warning signs? BMJ 2018;362:k3948 doi: 10.1136/bmj.k3948 4 Liu EY, Smith LM, Ellis AK. Quadrivalent human papillomavirus vaccination in girls and the risk of autoimmune disorders: the Ontario Grade 8 HPV Vaccine Cohort Study CMAJ 2018 May 28;190:E648-55. doi: 10.1503/cmaj.170871 5 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Einladungsschreiben und Entscheidungshilfen zum Zervixkarzinom-Screening. IQWiG-Berichte – Nr. 548. 2017 34 | KV H - J o u r n a L 11/2018
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