Fokusthemen zum Klima-schutz im Gebäudebereich - dena-GEBÄUDEREPORT 2021 - Kapitel Ziele und politische Rahmen
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dena GEBÄUDE REPORT 2021 dena-GEBÄUDEREPORT 2021 Fokusthemen zum Klima- schutz im Gebäudebereich Kapitel Ziele und politische Rahmen- bedingungen
Inhalt Impressum Herausgeber : Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) Chausseestraße 128 a, 10115 Berlin Tel.: + 49 (0)30 66 777-0 Fax: + 49 (0)30 66 777-699 Ziele und politische www.dena.de Rahmenbedingungen Bildnachweis: Titelbild – GettyImages/Guido Mieth; GettyImages: S. 4, 05 Einordnung des T hemas 13 – Westend 61, S. 8 – Travel Motion; Alle anderen Bilder 06 Europäische und internationale Verpflichtungen Copyright: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) 10 Nationale Ziele, Umsetzungss trategien Redaktion: und Maßnahmen Thomas Bründlinger, dena Heike Marcinek, dena Christina Stahl, dena Christian Stolte, dena Konzeption und Gestaltung: Heimrich & Hannot GmbH dena-GEBÄUDEREPORT 2021 Stand: Den gesamten dena-Gebäudereport 2021: 05/2021 Fokusthemen zum Klimaschutz im Gebäudebereich mit den Kapiteln: Bitte zitieren als: Deutsche Energie-Agentur (dena, 2021): dena-Gebäudereport 2021 – Fokusthemen - Zahlen, Daten, Fakten zum Klimaschutz im Gebäudebereich - Ziele und politische Rahmenbedingungen Diese Veröffentlichung des Projekts „dena-Gebäudereport - Green Finance im Gebäudesektor 2021: Fokusthemen zum Klimaschutz im Gebäudebereich“ - Wärme und Kälte erfolgt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft - Ressourcen im Bauwesen und Energie. Die dena unterstützt die Bundesregierung in verschiedenen Vorhaben bei der Umsetzung der energie- und klimapolitischen Ziele. finden Sie online unter: www.dena.de/gebaeudereport2021 gebaeudereport@dena.de twitter.com/dena_news dena.de
dena GEBÄUDE REPORT 2021 Ziele und politische Rahmenbedingungen Was Sie hier lesen: Der Gebäudesektor ist von zentraler Bedeutung, um die klimapolitischen Ziele der EU und Deutschlands zu errei- chen. Für die Transformation hin zu einem klimaneutralen Gebäudebestand erfolgen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene wichtige Weichenstellungen. Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über zentrale na- tionale Zielsetzungen, Umsetzungsstrategien und Maßnahmen sowie politische Rahmenbedingungen auf EU-Ebene. Der Schwerpunkt des Textes liegt dabei auf den Zusammenhängen und der Erläuterung grundsätzlicher Ansätze.
Kapitel 02/05 Ziele und politische Rahmenbedingungen 5 01 inordnung E des Themas EDer internationale Gebäudebestand wird sich bis 2050 verdoppeln. EBis 2060 wird alle fünf Tage das Äquivalent von Paris an Boden fläche hinzugefügt. EIn Deutschland entfallen auf den Gebäudebereich etwa 35 Prozent Aspekte der Kühlung noch einen relativ des Endenergieverbrauchs, dieser geringen Anteil haben. Heizung und Küh- Sektor v erursacht zudem etwa lung erfolgen gegenwärtig zu ca. 75 Prozent 30 Prozent der CO2-Emissionen. aus fossilen Brennstoffen. Der Bereich der Kühlung wird im Gebäudebereich voraus- sichtlich stark an Bedeutung gewinnen.* Die Dekarbonisierung des Gebäude- und Bausektors ist von entscheidender Bedeu- Die genannten Zahlen für den Energie- tung, um die europäischen und internati- verbrauch von Gebäuden in Europa las- onalen Klimaziele und Verpflichtungen zu sen sich auch auf Deutschland übertra- erreichen. International ist dieser Sektor gen. 839 TWh Endenergie wurden 2018 für fast 40 Prozent der energie- und pro- in Wohn- und Nichtwohngebäuden ver- zessbedingten Emissionen verantwort- braucht (Raumwärme, Warmwasser, Be- lich und wird durch die prognostizierte leuchtung und Klimakälte). Davon entfal- Verdopplung des Gebäudebestands bis len ca. zwei Drittel auf Wohn- und ein Drit- Unsere Autorin: 2050 noch mehr an Bedeutung gewinnen. tel auf Nichtwohngebäude. Zwar sind die Emissionen im Gebäudebereich seit 1990 In Europa ist der Gebäudebereich ebenfalls zurückgegangen, allerdings ist seit ca. für etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs einem Jahrzehnt eine Stagnation festzu- und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen stellen, auch die Sanierungsrate steht seit verantwortlich – und stellt somit den größ- längerer Zeit bei nur rund einem Prozent. ten europäischen Energieverbraucher dar. Derzeit sind etwa 35 Prozent der Gebäude Um das Ziel eines klimaneutralen Gebäu- Sonja Leidner ist in der dena u. a. für in den EU-Mitgliedstaaten über 50 Jahre alt, debestandes bis 2050 zu erreichen, ist politische Prozesse mit ca. 75 Prozent der bestehenden Häuser es notwendig, die Sanierungsgeschwin- dem Fokus Gebäude auf EU-Ebene zuständig werden als energieineffizient eingestuft. digkeit und -tiefe auf nationaler und eu- und arbeitet zudem für Zudem wird geschätzt, dass ca. 80 Pro- ropäischer Ebene zu erhöhen. Die Euro- die Allianz für Gebäude- Energie-Effizienz sowie zent der heutigen Gebäude auch im Jahr päische Kommission hat dazu Ende 2020 die Deutsch-Französische 2050 noch in Benutzung sein werden. ihre Renovierungsstrategie veröffentlicht, Energieplattform. Deutschland hat 2019 mit dem Klimapa- In den Haushalten der europäischen Mit- ket und dem Klimaschutzprogramm einen gliedstaaten entfallen allein auf die Bereiche wichtigen Schritt in diese Richtung ge- * Mehr Informationen im Kapitel Heizung und Warmwasseraufbereitung fast macht und zahlreiche Maßnahmen auch „Wärme und Kälte“, Gebäude- 80 Prozent des Energieverbrauchs, wobei für den Gebäudesektor beschlossen. report 2021
6 dena-Gebäudereport 02 Europäische und internationale Verpflichtungen Die Pariser Klimakonferenz Das Übereinkommen von Paris ist die erste umfassende und rechtsverbindliche welt- weite Klimaschutzvereinbarung und wurde im Dezember 2015 auf der Pariser Kli- makonferenz (COP21) geschlossen. Mit dem Abkommen haben sich die Mitgliedstaa- ten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) dazu verpflichtet, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich unter 2 °C und möglichst unter 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Die EU und ihre Mitgliedstaaten zählen zu den fast 190 Vertragsparteien. Die Vertragsstaa- ten haben Zusagen über national festgelegte Beiträge (Nationally Determined Contribu- tions, NDCs) getroffen, mit denen in Summe das globale Ziel des Pariser Abkommens er- reicht werden soll. Die einzelnen Mitglieder der EU haben keinen eigenen nationalen NDC eingereicht – ihre Anteile finden sich im gemeinsamen Beitrag der Europäischen Union wie- der. Die EU hat entsprechende Vorschriften und Ansätze in ihren europäischen Energie- und Klimarahmen eingebettet, um Fortschritte in den Mitgliedstaaten gemäß den internationa- len Verpflichtungen zu erzielen. Nach dem Pariser Abkommen müssen die Vertragsstaaten ihre neuen oder aktualisierten NDCs alle fünf Jahre (z. B. 2020, 2025, 2030) einreichen, um die Ambitionen im Laufe der Zeit zu verstärken und die Lücke zur Erreichung des globalen Ziels zu schließen. „Der europäische Grüne Deal ist unsere neue Wachstumsstrategie. Er wird es uns ermöglichen, die Emissionen zu senken und gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen.“ Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission
Kapitel 02/05 Ziele und politische Rahmenbedingungen 7 Der europäische Energie- und Klimarahmen 2030 EU-Ziele 2030 Legislativpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ Im Vorfeld der Pariser Klimakonferenz haben die Mitgliedstaaten 2014 den EU- Mit dem Legislativpaket „Saubere Ener- Klima- und Energierahmen 2030 beschlos- gie für alle Europäer“ hat die EU ihre ener- sen. Der Rahmen baut auf dem Klima- und gie- und klimapolitische Rahmensetzung Energiepaket 20201 auf und legt politische für den Zeitraum 2021–2030 weiterentwi- Ziele für den Zeitraum 2021 bis 2030 fest: ckelt. Das Paket umfasst mehrere Richtli- nien und Verordnungen in den Bereichen ED ie Treibhausgasemissionen sollen ge- Governance der Energieunion, erneuerba- genüber dem Niveau des Jahres 1990 re Energien (RED II), Gesamtenergieeffizi- um 40 Prozent verringert werden. enz von Gebäuden (EPBD), Energieeffizienz (EED) und Strommarktdesign. In diesem Zu- ED er Anteil der erneuerbaren Energien am sammenhang wurden die EU-2030-Ziele für Gesamtenergieverbrauch soll auf 27 Pro- erneuerbare Energie und Energieeffizienz zent steigen. Eine Anpassung der Zielvor- in 2018 erhöht und mit Maßnahmen hinter- gaben auf 32 Prozent erfolgte in 2018. legt. Die letzten Aspekte des Pakets wurden vor der Europawahl 2019 verabschiedet. E D ie Energieeffizienz soll auf 27 Prozent erhöht werden. Die Erhöhung der Zielvor- Neben den neuen Zielsetzungen für Ener- gaben auf 32,5 Prozent erfolgte in 2018. gieeffizienz und erneuerbare Energien in EED und RED II hat die EU auch einen neuen Diese Überprüfung und teilweise Erhöhung Governance-Rahmen verabschiedet, nach der EU-Ziele 2030 fand im Rahmen des Le- dem die Mitgliedstaaten jeweils für den Zeit- gislativpakets „Saubere Energie für alle raum 2012–2030 integrierte nationale Ener- Europäer“ statt. Die EU-Kommission hat gie- und Klimapläne (NECP) erstellen müs- dieses Legislativpaket 2016 als Entwurf im sen. Die Mitgliedstaaten melden in den NECPs sogenannten „Winterpaket“ vorgestellt. ihren jeweiligen Beitrag zu den EU-Zielen und legen dar, mit welchen Strategien und Im Zuge des Green Deals erfolgt ab Maßnahmen diese erreicht werden sollen. 2020 eine weitere Verschärfung der eu- Damit sind die NECPs das zentrale Instru- ropäischen Zielvorgaben 2030. ment, um die EU-2030-Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz umzusetzen. 1 D as Klima- und Energiepaket 2020 beinhaltet folgende Ziele: ES enkung der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent (gegenüber dem Stand von 1990) E 2 0 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen EV erbesserung der Energieeffizienz um 20 Prozent
8 dena-Gebäudereport Energieeffizienzrichtlinie Erneuerbare-Energien-Richtlinie Gebäuderichtlinie Inhalte u. a.: Inhalte u. a.: Inhalte u. a.: ■ EU-Energieeffizienzziel 2030 ■ EU-Ziel 2030 für erneuerbare ■ Verpflichtende Erstellung von langfris- ■ Sanierungsrate für Gebäude der Energien tigen Renovierungsstrategien (LTRS) Zentralregierungen ■ Mindestmaß an erneuerbaren ■ Einführung Niedrigstenenergiehaus- ■ Verpflichtende Energieeinsparung Energien für Neubauten und teilweise Standard (nzeb) und Energieausweis der Mitgliedstaaten bis 2030 für Sanierungen ■ Aufbau von Ladeinfrastruktur ■ Verpflichtende Durchführung ■ Vorgaben zur Wärme- und Kältever- im Neubau und im Bestand regelmäßiger Energieaudits in sorgung aus erneuerbaren Energien ■ Kostenoptimale großen Unternehmen ■ Abbau bestehender Barrieren für Mindestanforderungen ■ … Prosumenten ■ … ■ … Vorzeitige Novellierung der Richtlinien durch den Green Deal bzw. die Renovierungswelle ab 2020 B Abb. 1: Zentrale EU-Richtlinien Die EU-Kommission wertet die Berichte hinsichtlich der gemeldeten Zielbeiträ- für den Gebäudesektor, Quelle: ge aus und überprüft die Umsetzung der dargelegten Maßnahmen – bei unzurei- eigene Darstellung chender Erfüllung der EU-2030-Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz kann die EU Nachbesserungen auf europäischer bzw. nationaler Ebene fordern. Das EU-2030-Ziel zur Treibhausgasminderung wird umgesetzt durch das Europäische Emissionshandelssystem (EU-EHS) sowie die EU-Lastenteilung. Durch die Vorschriften zur Lastenteilung werden für jeden Mitgliedstaat in den Sektoren außerhalb des Euro- päischen Emissionshandels (vor allem Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft) verbindli- che Minderungsziele bzw. Emissionsbudgets als Beiträge zum EU-2030-Klimaziel festge- legt. Emittiert ein Land mehr als das zugewiesene Budget erlaubt, müssen die zusätzli- chen Emissionen z. B. durch Zukäufe aus anderen Mitgliedstaaten kompensiert werden.
Kapitel 02/05 Ziele und politische Rahmenbedingungen 9 Der „Green Deal“ der EU-Kommission E das europäische „Klimaschutzgesetz“ zur rechtlichen Verankerung der geplan- Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula ten Treibhausgasneutralität bis 2050 von der Leyen hat Ende 2019 ihre Pläne für einen „Europäischen Grünen Deal“ vor dem E die Anhebung des Klimaziels für Europäischen Parlament vorgestellt. Die 2030 auf mindestens 55 Prozent Kommissionsmitteilung beschreibt den Grünen Deal als „neue Wachstumsstrategie, E die Initiierung einer „Renovie- mit der die EU zu einer fairen und wohlha- rungswelle“ für den Bausektor benden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfä- E die Anpassung relevanter Anforde- higen Wirtschaft werden soll, in der im Jahr rungen und EU-Richtlinien zur Errei- 2050 keine Netto-Treibhausgasemissio- chung des angehobenen Klimaziels nen mehr freigesetzt werden und das Wirt- 2030 (z. B. Erneuerbare-Energien-Richt- 55 % schaftswachstum von der Ressourcennut- linie RED II, Energieeffizienzrichtli- zung abgekoppelt ist“. nie EED, Gebäuderichtlinie EPBD) Der Green Deal beinhaltet einen Zeitplan E Überarbeitung des EU-Emissions- und ein umfangreiches Maßnahmenpa- handelssystems (EU-EHS) und ge- ket. Inhaltlich erstrecken sich die Vor- gebenenfalls Ausweitung auf die Das Klimaziel 2030 für die Verringerung der haben über alle Wirtschaftssektoren: Sektoren Gebäude und Verkehr Treibhausgasemissionen soll Energie, Gebäude, Industrie, Landwirt- auf mindestens 55 Prozent schaft, Verkehr und den Bereich nachhal- E der Aktionsplan für die KreislaufwirtschaftA angehoben werden. tiges Finanzwesen. Die einzelnen Maß- nahmen werden mit dem Europäischen E der EU Action Plan: Financing Parlament und den Regierungen der EU- Sustainable GrowthB Mitgliedsländer in konkrete Vorhaben überführt. Zentrale Ansätze sind u. a.: C Abb. 2: Zentrale Meilensteine bei der Weiterentwicklung A ehr Informationen im Kapitel „Ressourcen“, M des europäischen Energie- Gebäudereport 2021 B Mehr Informationen im Kapitel „Green Finance“, und Klimarahmens 2030, Quelle: Gebäudereport 2021 eigene Darstellung Erhöhung der 2030-Ziele und Europawahl Bewertung u. a. der Politischer Prozess Anpassung der EU-Regulierungen NECPs und LTRS der zur Erhöhung der Mitgliedstaaten 2030-Ziele Governance Anpassung EU- Regulierungen an die EPBD Green-Deal-Ziele: EPBD RED II Veröffentlichung EED Vorstellung des EU-Renovierungs- RED II Green Deals inkl. welle Klimaneutralität 2050 und Erhöhung der 2030-Ziele Strommarkt- design EED … 2016 2019 2020 2021
10 dena-Gebäudereport 03 Nationale Ziele, Umsetzungsstrategien und Maßnahmen Meilensteine für Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäudesektor seit 2010 Deutschland hat beim Klimaschutz über viele Jahrzehnte eine Vorreiterrolle übernommen, auch im Gebäudebereich. Bereits 1977 trat die erste Wärme- schutzverordnung (WSchVO) mit Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden in Kraft. Seitdem wurden die ordnungsrechtlichen Vorgaben und damit die Energieeffizienz von Gebäuden kontinuierlich erhöht. C Abb. 3: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in allen Der nachfolgende historische Abriss zeigt die Entwicklung der Sektoren (Deutschland), Quelle: politischen Programme auf Bundesebene seit 2010. UBA 2021 1.400 1.249 1.200 1.121 Emissionen (Mio. t CO2-Äquivalente) Emissionen (Mio. t CO2-Äquivalente) 1.043 1.000 942 940 917 923 901 904 908 892 856 810 800 739 600 400 200 0 1990 1995 2000 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Energiewirtschaft Landwirtschaft Verkehr Abfall und Sonstige Gebäude Industrie
Kapitel 02/05 Ziele und politische Rahmenbedingungen 11 Energiekonzept der Bundesregierung Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) / Energieeffizienzstrategie Auf nationaler Ebene hat die Bundesregie- Gebäude (ESG) rung 2010 mit dem Energiekonzept ehrgei- zige Ziele für den Klimaschutz festgelegt. Im Dezember 2014 hat die Bundesregierung Ziel der Bundesregierung ist ein nahezu kli- den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz maneutraler Gebäudebestand bis 2050. Um (NAPE) beschlossen, der die Ziele, Ins- dieses Ziel zu erreichen, sollten der Wärme- trumente und Zuständigkeiten im Bereich bedarf bis 2020 um 20 Prozent und der Pri- der Energieeffizienz zusammenführt und märenergiebedarf bis 2050 um 80 Prozent diese, neben dem Ausbau der erneuerbaren sinken. Die Sanierungsrate soll bis 2020 von Energien, als zweite Säule der Energiewende 1 auf 2 Prozent verdoppelt werden. hervorhebt. Die Maßnahmen beinhalten z. B. den Ausbau der Energieberatung vor Nach dem Reaktorunfall in Fukushima folg- Ort und die Aufstockung des CO2-Gebäude- te 2011 das sogenannte Energiepaket. Darin sanierungsprogramms. enthalten ist auch ein Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von energetischen Innerhalb des NAPE wurde 2015 mit der „Ener- Sanierungsmaßnahmen. Dieser scheiterte gieeffizienzstrategie Gebäude“ (ESG) eine Ge- aber danach mehrfach im politischen Pro- samtstrategie für die zu erzielende Energie- zess und ist erst mit dem Klimaschutzpro- einsparung und den Ausbau der erneuerbaren gramm der Bundesregierung 2019 umge- Energien in diesem Sektor entwickelt. Diese setzt worden. beinhaltete u. a. die Energieberatung für Kom- munen, die Weiterentwicklung des Einspar- In ihrer Koalitionsvereinbarung von Dezem- rechts, gebäudeindividuelle Sanierungsfahr- ber 2013 haben CDU/CSU und SPD insbe- pläne sowie die Aufstockung der Förderpro- sondere das langfristige Ziel bekräftigt, die gramme in diesem Bereich. Emissionen bis 2050 um 80–95 Prozent zu senken, sowie auch das nächste Etappen- Grünbuch Energieeffizienz ziel festgelegt: Bis zum Jahr 2020 sollten die Emissionen um mindestens 40 Prozent ge- Im August 2016 hat das Bundesministerium genüber 1990 gemindert werden. für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Grün- buch Energieeffizienz veröffentlicht. Mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 / Grünbuch legt das BMWi Thesen und Analy- Klimaschutzplan 2050 sen zu den zentralen Handlungsfeldern für die Stärkung der Energieeffizienz vor und stellt Das Bundeskabinett hat am 3. Dezem- Fragen zur weiteren Entwicklung. Gleichzei- ber 2014 das Aktionsprogramm Klima- tig startete mit dem Grünbuch ein breit ange- schutz 2020 beschlossen. Damit sollte si- legter Konsultations- und Diskussionsprozess chergestellt werden, dass Deutschland über politische Positionen und Maßnahmen. seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert. Auf dieser Basis hat das Bundeskabinett 2019 30 % die Energieeffizienzstrategie 2050 (Eff-STRA) Aufbauend auf dem Aktionsprogramm verabschiedet. Die Strategie soll die Weichen hat die Bundesregierung 2016 einen natio- für eine weitere Stärkung der Energieeffizi- nalen Klimaschutzplan 2050 beschlossen, enz in Deutschland stellen. Mit der Eff-STRA der die Zwischenziele für das Jahr 2030 legte die Bundesregierung erstmals ein Ener- zur Erreichung des Langfristziels 2050 be- gieeffizienzziel für 2030 fest. Das Ziel sieht die Das Energieeffizienzziel für inhaltet. Für das Jahr 2050 haben sich so- Senkung des Primärenergieverbrauchs um 2030 sieht die Senkung des wohl die EU als auch die Bundesregierung 30 Prozent gegenüber 2008 vor. Die Strategie Primärenergieverbrauchs um 30 Prozent gegenüber das Ziel gesetzt, die Treibhausgase um bündelt eine Vielzahl wirksamer Effizienzmaß- 2008 vor. bis zu 95 Prozent gegenüber 1990 zu sen- nahmen für die Dekade 2021–2030 im neuen ken. Bis 2030 sieht die Bundesregierung Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz 2.0 dazu eine Minderung der Treibhausgase (NAPE 2.0). Außerdem wurde mit der Strate- um ca. 55 Prozent gegenüber 1990 vor. gie ein breit angelegter Stakeholderprozess „Roadmap Energieeffizienz 2050“ gestartet, um mit wichtigen Stakeholdern Wege zur Hal- bierung des Primärenergieverbrauchs bis 2050
12 dena-Gebäudereport 300 280 257 250 200 186 182 177 172 175 168 163 Mio. t CO2 150 158 150 145 154 149 139 134 145 128 140 123 118 113 117 112 108 103 106 99 101 95 100 94 89 84 80 75 70 70 68 67 66 65 64 50 63 61 60 59 58 0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Gebäude Industrie Verkehr Landwirtschaft Energiewirtschaft B Abb. 4: Sektorziele und Jahres- zu analysieren und die dafür erforderlichen Klimaschutzgesetz und emissionsmengen bis 2030, Quelle: BMU 2020 Maßnahmen und Instrumente zu entwickeln. Klimaschutzprogramm Gesetzliche Rahmenbedingungen (EnEV, GEG) Klimaschutzgesetz Die beschlossenen Eckpunkte wurden Das 2019 beschlossene Klimaschutzgesetz durch diverse Gesetzes- und Verordnungs- (KSG) schreibt erstmals gesetzlich verbind- entwürfe und verschiedene Förderpro- liche Klimaziele (nach dem Quellprinzip) gramme umgesetzt. Konkrete Maßnahmen mit jährlich sinkenden Treibhausgasbud- im Gebäudebereich waren u. a. die Novel- gets für die Sektoren Verkehr, Energie, In- lierungen der Energieeinsparverordnung dustrie, Gebäude, Landwirtschaft sowie Ab- (EnEV) aus den Jahren 2009 und 2014. Im fallwirtschaft vor. Zweck dieses Gesetzes Bereich der erneuerbaren Energien zu nen- ist es, die Erfüllung der nationalen Klima- nen sind das Erneuerbare-Energien-Wär- schutzziele sowie die Einhaltung der euro- megesetz (EEWärmeG) und die Novelle des päischen Zielvorgaben zu gewährleisten. Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Das KSG etabliert ein festes Regelwerk, Seit dem 01.11.2020 gilt das Gebäudeenergie- das sofort greift, sollte sich herausstel- gesetz (GEG), das die EnEV ersetzt. Es inte- len, dass die vorliegenden Maßnahmen griert EEWärmeG und EEG und schafft noch nicht ausreichen, um die Klimazie- damit ein einheitliches Gesetz für die le zu erreichen. In diesem Falle müss- energetischen Anforderungen an Neu- ten Sofortprogramme erarbeitet wer- bauten und an Bestandsgebäude sowie den, um wieder auf Zielkurs zu kommen. an den Einsatz erneuerbarer Energi- en zur Wärme- und Kälteversorgung.
Kapitel 02/05 Ziele und politische Rahmenbedingungen 13 Klimaschutzprogramm 2030 E Förderung der seriellen Sanierung Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 E Weiterentwicklung von Konzepten für hat die Bundesregierung 2019 ein brei- Energieberatung und Öffentlichkeitsarbeit tes Maßnahmenpaket für alle Ener- giesektoren beschlossen, um die ge- E Stärkung der Vorbildfunktion von Gebäu- setzten Klimaziele zu erreichen. den des Bundes bei Energieeffizienz, Kli- maschutz und nachhaltigem Bauen Für den Gebäudesektor enthält das KSP verschiedene Maßnahmen, die von ver- E Weiterentwicklung stärkter Förderung, mehr Information energetischer Standards und Beratung bis hin zu ordnungsrecht- lichen Ansätzen reichen – hier eine Aus- Die Wirkung des Klimaschutzprogramms wahl wichtiger Punkte aus dem KSP: und des Klimapakets wird ab 2021 von einem Expertenrat jährlich über- EE inführung einer steuerlichen Förderung prüft. Falls die Maßnahmen nicht ausrei- der energetischen Gebäudesanierung chen, um die Ziele zu erreichen, müss- te entsprechend nachgebessert bzw. E Höhere Fördersätze für energe- die Maßnahmen erweitert werden. tische Sanierungen in den beste- henden Förderprogrammen Ergänzend zu den Maßnahmen des Bun- des gibt es noch weitere Programme und EN eue Bundesförderung für ef- Aktivitäten auf Ebene der Bundesländer fiziente Gebäude (BEG) und Kommunen, ebenfalls in den Berei- chen Ordnungsrecht, Förderung und Bera- tung, Information und Kommunikation.
14 dena-Gebäudereport Klimaschutz- Bundesförderung für programm 2030 Klimaschutz- effiziente Gebäude plan 2050 (BEG) Deutschland: um mindestens –55 % Senkung der … Treibhausgas- CO2-Bepreisung in emissionen um 40 % den Sektoren Wärme und Verkehr *Erhöhung des Ziels im Zuge des Green Deals Erneuerbare- Energien- Gesetz (EEG) Energieeffizienz- Steuerliche strategie Förderung der Gebäude (ESG) Wärmenetz- systeme 4.0 energetischen Gebäudesanierung … Deutschland: 30 % Energieeffizienz- strategie 2050 Anteil (EffSTRA) erneuerbare Energien Steigerung der auf 32 % Energieeffizienz um *Erhöhung des Ziels im mindestens 32,5 % Zuge des Green Deals *Erhöhung des Ziels im Zuge des Green Deals Regionale Gebäude- Zusammenarbeit Deutschland: energiegesetz (GEG) 30 % Nationaler Weiterentwicklung Aktionsplan der Kraft-Wärme- Marktanreiz- Energieeffizienz Kopplung (KWK) programm für 2.0 (NAPE) erneuerbare … Energien im Langfristige CO2-Gebäudesanie- Wärmemarkt (MAP) Renovierungs- rungsprogramm strategie (LTRS) des Bundes B Abb. 5: Maßnahmen, Programme 2030-Ziel Deutschland und Initiativen zum Erreichen der 2030-Ziel Europa EU-Ziele 2030 in Deutschland, Quelle: BMWi 2020, eigene Darstellung Maßnahmen in Deutschland zur Zielerreichung
Kapitel 02/05 Ziele und politische Rahmenbedingungen 15 04 Ausblick Die nächsten Jahre werden entscheidend dafür sein, ob die in- dem Klimapaket und dem Klimaschutzprogramm 2030 eine ternationale Gemeinschaft, die EU und auch Deutschland die wichtige Rolle. Auf Grundlage des Klimaschutzgesetzes soll ein gesetzten Klimaschutzziele erreichen können. Expertenrat sicherstellen, dass der Zielpfad über alle Sektoren hinweg eingehalten wird, und dazu jährlich an die Bundesre- Die EU-Kommission hat u. a. mit der Verkündung des Green gierung Deals, der Renovierungswelle und dem Ziel der Klimaneutra- berichten. lität bis Mitte des Jahrhunderts ein ambitioniertes Signal aus Brüssel gesendet. Dies wird zu Anpassungen auf europäischer Gleichzeitig wird jetzt schon deutlich, dass es zusätzlicher Maß- und nationaler Ebene führen und eine Weiterentwicklung der nahmen bedarf, um die bisherigen Ziele zu erreichen. Im Dia- bisherigen Ziele, Strategien und Maßnahmen erfordern. logprozess 2050 als einem Element aus der Energieeffizienz- strategie entwickeln daher Stakeholder Maßnahmenideen, die Hierbei spielt die Umsetzung der bereits verankerten Anforde- dazu beitragen können, die Lücke zu schließen. rungen im europäischen Energie- und Klimarahmen 2030 eine zentrale Rolle. Das beinhaltet u. a. die Umsetzung zentraler eu- Die geplante Anpassung der europäischen Ziele und Vorgaben ropäischer Richtlinien in nationales Recht sowie die Erfüllung für 2030 kann diese Dynamik noch verstärken, um fortlaufend der nationalen Sektorenziele, um hohe Kompensationszahlun- die Vorgaben der EU in Deutschland umzusetzen – sowohl im gen zu vermeiden. Bereich gemeinsamer Maßnahmen als auch bei der Weiterent- wicklung der Zielvorgaben. Für die Umsetzung der bisherigen Ziele 2030 spielt auf deut- scher Ebene die schnelle Umsetzung aller Maßnahmen aus Abbildungsverzeichnis Literaturverzeichnis zu Kapitel 02 zu Kapitel 02 Abbildung 1: Zentrale EU-Richtlinien für den Gebäudesektor BMU 2020, Sektorziele und Jahresemissionsmengen. Von https://www.bmu.de/mehrklimaschutz/ abgerufen. Abbildung 2: Zentrale Meilensteine bei der Weiterentwicklung des europäischen Energie- und Klimarahmens 2030 BMWi 2020, Integrierter Nationaler Energie- und Klima- plan Deutschland. Von https://www.bmwi.de/Redaktion/ Abbildung 3: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in DE/Downloads/I/integrierter-nationaler-energie-klimaplan. allen Sektoren (Deutschland) pdf?__blob=publicationFile&v=4 abgerufen. Abbildung 4: Sektorziele und Jahresemissionsmengen bis Europäische Kommission 2019, Kommission von der Leyen 2030 bringt europäischen Grünen Deal auf den Weg. Von https:// ec.europa.eu/germany/news/20191211-green-deal_de Abbildung 5: Maßnahmen, Programme und Initiativen zum Er- abgerufen. reichen der EU-Ziele 2030 in Deutschland UBA 2021, Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland in der Abgrenzung der Sektoren des Klima- schutzgesetzes. Dessau (2020): Umweltbundesamt. Von https://www.umweltbundesamt.de/galerie/entwicklung-der- treibhausgasemissionen-in-2019 abgerufen.
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