Frauen verlieren doppelt durch die Coronakrise Eltern an der Grenze der Belastbarkeit
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Ausgabe Frauen verlieren doppelt durch die Coronakrise Juni 2020 Eltern an der Grenze der Belastbarkeit Frauen stehen in vorderster Reihe, wenn es darum geht, die Krise, in der wir uns seit Viele Frauen sind zu Hause geblieben, ins Monaten befinden, zu bewältigen. Mit 75 % Homeoffice gegangen, haben ihre Arbeits- arbeiten überwiegend Frauen in den soge- zeit reduziert oder waren bzw. sind in Kurz- nannten systemrelevanten Berufen. In der arbeit. Pflege, dem Handel, dem Sozial- und Erzie- hungsdienst und dem Dienstleistungssektor. Mehr als 50% der Frauen, die in systemrele- Als Krankenschwestern, Ärzt*innen und Rei- vanten Berufen tätig sind, arbeiten in Teil- nigungspersonal übernehmen sie die ge- zeit. Viele Frauen, auch in anderen Berufen, sundheitliche Versorgung und die Pflege. Im sind während und auf Grund der Corona- Einzelhandel sind es Verkäufer*innen und Krise in Teilzeit gegangen. Die ersten Stu- Kassierer*innen, die dafür sorgen, dass es dien zeigen, dass es mehrheitlich die Mütter uns an Nichts fehlt. Die Erzieher*innen küm- sind, die Maßnahmen zur Bewältigung der mern sich um die Kinder derer, die in sys- durch die Krise entstandenen familiären temrelevanten Berufen arbeiten und darum Herausforderungen umgesetzt haben. - nicht nur in der Krise - unverzichtbar sind. Und dennoch werden diese Berufe als typi- Das hat auch langfristig weitreichende Fol- sche Frauenberufe schlecht bezahlt. Sorge- gen, wie negative Auswirkungen auf die be- arbeit ist in der Hauptsache weiblich und ist rufliche Verlaufsbiographie von Frauen, die gesellschaftlich wenig anerkannt. Karrierechancen und durch Teilzeit und Kurzarbeit auch auf die Rente. Ein „DANKE“ reicht nicht aus! Wissenschaftliche Studien prognostizieren schon jetzt einen Rückschritt für die Frauen Politiker*innen und die Bürgerinnen und um 30 Jahre. Bürger unseres Landes bringen Dankbarkeit und Anerkennung durch öffentlichen Beifall Das ist eine alarmierende Einschätzung! zum Ausdruck. Das alleine und „nur“ auf die Krise bezogen, reicht aber nicht aus. Wir werden unseren Kampf für Gleichbe- rechtigung und gleiche Teilhabe von Frauen Impressum ver.di fordert seit langem eine Aufwertung und Männern unbeirrt fortsetzen. Vereinte der in der Krise als systemrelevant einge- Dienstleistungs- gewerkschaft stuften Berufe durch angemessene Bezah- Paula-Thiede-Ufer-10, lung und gute Arbeitsbedingungen, die die 10179 Berlin, V.i.S.d.P. Karin Schwendler Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Bearbeitung: Daniela von Wan- partnerschaftliche Teilung der Familien- und toch-Rekowski Sorgearbeit ermöglichen.
Nicht nur in der Corona Krise zeigt sich wie- In der Corona Krise erscheinen längst über- der einmal deutlich – Minijobber*innen wunden geglaubte Rollenklischees wieder werden als Beschäftige 2. Klasse behandelt. Das Gleiche gilt für pflegende Angehörige, In der Debatte fasst völlig vergessen ist die die sich wegen der Schließung von Tages- große Gruppe der Minijobber*innen. Mi- pflegeeinrichtungen um Angehörige küm- nijobs finden sich vor allem im Dienstleis- mern müssen und dadurch ihrer Erwerbsar- tungsbereich und auch in der Pflege. Wen beit deutlich eingeschränkt haben und von wundert es, dass weit mehr als 50 % der Mi- finanziellen Einbußen bedroht sind. nijobs von Frauen ausgeführt werden. Viele sind auf den Minijob angewiesen, um über- Die „alten“ Geschlechterungleichheiten haupt ihre Lebenshaltungskosten finanzie- werden sichtbar wie durch ein Brennglas. ren zu können. In der Corona Krise trifft es diese Frauen besonders hart. Von einem Tag Männer in produzierenden Berufe verdie- auf den anderen sind viele dieser Jobs weg- nen mehr als Frauen in systemrelevanten gefallen oder es wurde auf Kurzarbeit umge- Berufen. In unserer Gesellschaft wird die stellt. Die Minijobber*innen gingen leer aus, Produktion von Gütern höher gewertet als sie verloren ihren Job. Denn einen Anspruch die Sorge und Pflege unserer Kinder und An- auf Kurzarbeit haben nur sozialversiche- gehörigen. Und so nehmen die längst über- rungspflichtige Arbeitnehmer*innen. holt geglaubten Strukturen in der Krise an Fahrt auf. Minijobs gehören endlich umgewandelt in Die Frau als „Fürsorgerin“ und der Mann als sozialversicherungspflichtige Beschäfti- „Versorger“. gung! Kitas und Schulen wieder in den Normalbe- Frauen stehen in dieser Zeit nochmal ver- trieb überführen stärkt vor doppelten Belastungen. Zu Hause müssen sie sich um die Kinder kümmern, sie Unsere Kinder sind unsere Zukunft! Wie betreuen und beschulen. Gleichzeitig soll im aber ist dann zu erklären, dass das Hochfah- Homeoffice der Job erledigt werden und ren des wirtschaftlichen Lebens viel schnel- ganz nebenbei ist da auch noch das „biss- ler geschieht als die Öffnung der Schulen chen" Haushalt. und Kitas? Befragungen zeigen, dass die zusätzliche Auch wenn es in der Krise zahlreiche Unter- Sorgearbeit in Familien mit Mutter und Va- stützungen und Entlastungen für Eltern und ter in den allermeisten Fällen von den Alleinerziehende gibt, für deren Verbesse- Frauen übernommen wird. Und sie sind es rungen sich ver.di gegenüber der Politik ein- auch, die schon vor Corona das 1,5-fache an gesetzt hat. Sorgearbeit gegenüber ihren Partnern ge- leistet haben. Der Druck, die Kinder wieder in den Normal- betrieb in Kitas und Schulen zu bringen, Für die 1,5 Mio. Alleinerziehenden – von de- nimmt ständig zu. Und das sowohl von den nen rund 90 Prozent Frauen sind – ist die Kindern als auch von den betreuenden El- Bewältigung der Herausforderungen schlicht tern, die immer mehr an ihre Grenzen sto- nicht leistbar. ßen.
Bei allem verständlichen Wunsch nach Un- o die Abschaffung der Sonderreglungen terstützung, Normalität und dem Wissen, für geringfügige Beschäftigung. dass Kinder mit Gleichaltrigen spielen und bolzen müssen, die Schulkinder ein Recht Gute Arbeit für alle – Solidarität statt Pola- auf Bildung haben, das dringend wieder ein- risierung. gelöst werden muss, bedarf es auch eines Weitblicks und guter umsetzbarer Konzepte, Die Corona Krise hat die Welt verändert. Sie wie die stufenweise Überführung in „Nor- hat gezeigt, wie schnell politisch Verant- mal“ gelingen kann, ohne die Gesundheit wortliche handeln können, um Gesetze und der Erzieher*innen und Lehrer*innen, aber Verordnungen völlig neu zu erlassen, zu ver- auch die der Kinder und Familien zu gefähr- ändern und anzupassen. den. Jetzt ist es endlich an der Zeit, auch die Ar- beits- und Lebensbedingungen der Men- Kitas und Schulen öffnen mit Augenmaß. schen in unserem Land zu verändern, hin zu: Mit guten Standards für Hygienemaßnah- o einer eigenständigen Existenzsicherung men, Abstandsregelungen und Gesundheits- für Frau und Mann schutz für die Beschäftigten und die Kinder o Aufwertung von systemrelevanten Be- und Familien. Hierzu braucht es Austausch, rufen Zusammenarbeit und Phantasie. o Arbeitszeitgestaltung, die eine Verein- barkeit von Leben und Arbeiten für alle Wann, wenn nicht jetzt? zulässt… Sonderzahlungen und Dankesworte reichen nicht aus! Mit euch gemeinsam wollen wir als ver.di Mehr dazu auf unserer Webseite: weiter an der Verbesserung der Arbeits- und kurzelinks.de/y4rf Lebensbedingungen aller Geschlechter ar- beiten! Darum fordern wir u.a., Werde auch du Mitglied und gestalte mit: o die Aufwertung der Berufe in der mitgliedwerden.verdi.de/beitritt/verdi Pflege und dem Gesundheitswesen, der Erziehung und im Einzelhandel endlich umzusetzen und durch ordent- liche Tarifbindung deutliche Einkom- menserhöhungen zu sichern, o Rahmenbedingungen für Gute Arbeit und Arbeitszeiten, die es Müttern und Vätern ermöglicht, Vereinbarkeit zu le- ben und Sorgearbeit gerecht zu teilen, Steuer-, Sozial- und Familienleistungen so aufeinander abzustimmen, dass sie zu einer tatsächlichen finanziellen Ver- besserung für Frauen, insbesondere für Alleinerziehende führen,
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