Freiheitsindex Österreich 2018 - AUTOMATION AND THE EUROPEAN LABOR MARKET - NEOS Lab
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FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 20181 Freiheitsindex Österreich AUTOMATION AND THE 2018 EUROPEAN LABOR MARKET
2 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Design: Andreas Pohancenik (wirsindattraktiv.com) Freiheitsindex Österreich 2018 Herausgegeben von NEOS LAB Druck: Printpool, 2019 (c) 2019 NEOS + SORA
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 20181 Freiheitsindex Österreich 2018 Autor_innen: Janine Heinz / Günther Ogris Wien, Dezember 2018
2 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 20183 Vorwort Freiheit ist ein hohes gesellschaftliches Gut und gleichzeitig oftmals schwer fassbar und abstrakt, da es keine absolute Freiheit gibt. Freiheit, individuell wie gesellschaftlich, müssen wir täglich reflektieren, definieren sowie im jeweiligen Kontext neu ausverhandeln. Den Rahmen, den wir uns hierfür geben, bilden die liberale Demokratie, die Verfassung und die Menschenrechte. Obwohl Freiheit im Alltag immer wieder neu ausverhandelt werden muss, haben wir uns unverrückbare Freiheiten wie z.B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit bzw. die Freiheit von physischer Gewalt gegeben. Freiheit und individuelle Selbstentfaltung bilden die Grundlage aller westlich-demokratischen Gesellschaften. Damit dies im Zusammenleben funktioniert, müssen wir einander in unserer Individualität verstehen und darauf aufbauend ein gemeinsames Bild von Freiheit entwickeln. Dann gilt es, im Alltag dafür einzustehen und bei der Durchsetzung individueller- und gesellschaftlicher Freiheitsrechte mitzuwirken. Dieser Prozess ist nicht selbstverständlich. Er wird nicht zuletzt durch autoritäre Grundeinstellungen, die oftmals in Ohnmachtsgefühlen bzw. nicht erlebten Freiheitsrechten wurzeln, konterkariert. Auch bedrohen dysfunktionale politische Prozesse oder Narrative, die in Konkurrenz zur Freiheit (Diskurs: Sicherheit versus Freiheit) gesetzt werden, ohne darüberhinausgehende Lösungswege aufzuzeigen, die Verwirklichung von Frei(heits)räumen. Die Auswirkungen nicht erlebter und empfundener Freiheit sind vielfältig. Beispielsweise zeigt sich, dass autoritäre Grundeinstellungen maßgebliche Trennlinien für das Brexit Abstimmungsverhalten waren. Das Ziel des Freiheitsindex ist es demnach, jene Parameter, die Freiheit maßgeblich definieren, sie bedrohen, beziehungsweise in einem kontinuierlichen Ausverhandlungsprozess stehen, zu messen und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen im zeitlichen Verlauf darzustellen. Der Freiheitsindex dient somit sowohl als „Frühwarnsystem“ zur Sicherung von Freiheit und liberaler Demokratie, als auch als Maßstab, wie gut es uns gelingt, individuelle und gesellschaftliche Freiheitsrechte kontinuierlich neu zu verhandeln und zu verwirklichen. Birgit Allerstorfer Dieter Feierabend Direktorin Wissenschaftlicher Leiter
4 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Inhalt VORWORT3 EINLEITUNG 6 1 METHODISCHE VORGEHENSWEISE 7 2 THEORETISCHER HINTERGRUND: WAS IST FREIHEIT? 9 3 W IE STEHT ES UM DAS FREIHEITS EMPFINDEN DER MENSCHEN IN ÖSTERREICH? 11 3.1 EBENE 1: FREIHEITSGEFÜHL 12 3.2 EBENE 2: FREIHEITSLIEBE 18 3.3 EBENE 3: EU-GRUNDFREIHEITEN 25 4 ZENTRALE ERGEBNISSE FREIHEITSINDEX 2018: DREI KENNZAHLEN IM VERGLEICH 27 QUELLEN 29 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 30
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 20185 Daten zur Untersuchung Thema: Einstufung der Freiheit in Österreich Auftraggeber_in: NEOS Lab Beauftragtes Institut: SORA Institute for Social Research and Consulting, Wien Wissenschaftliche Leitung: Janine Heinz, MSSc. Autor_innen: Janine Heinz, MSSc. Günther Ogris, MA Erhebungsgebiet: Österreich Grundgesamtheit: Menschen ab 16 Jahren mit Wohnsitz in Österreich Stichprobenumfang: .153 (=Split: 1079) darunter n=300 Menschen im Alter von 16 bis 26 Stichprobendesign/-ziehung: Geschichtete Zufallsauswahl Art der Befragung: Methodenmix CATI (Telefonbefragung) und CAWI (Online) Befragungszeitraum: 30. August bis 8. Oktober 2018 Gewichtung: Nach Geschlecht, Alter und Einwohner_ innenzahl
6 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Einleitung Gemeinsam geteilte demokratische Grundhaltungen sind eine zentrale Ressource für ein funktionierendes Zusammenleben und der Grundstein für eine freie Gesellschaft. Aus historischer Perspektive sind demokratische Entwicklungen stets mit Freiheit verknüpft. Bereits Rousseau hatte mit seinem Entwurf eines Gesellschaftsvertrags die Vision, Freiheit durch die Zusicherung von gleichen Rechten zu garantieren.1 Der dieses Jahr stattfindende 100. Jahrestag der Gründung der Ersten Republik bietet eine außerordentliche Gelegenheit, um den Zustand der Demokratie in Österreich zu untersuchen. SORA führt daher seit März 2018 das Projekt „Österreichischer Demokratie Monitor“ durch. Um der engen Verflechtung von Demokratie und Freiheit gerecht zu werden, wurden zusätzliche Fragen an den Demokratie Monitor angehängt. Sie geben Aufschluss darüber, wie es die Österreicher_innen mit der Freiheit halten. Das vorliegende Forschungsprojekt soll aufzeigen, wie stark das Freiheitsempfinden der Bevölkerung Österreichs ausgeprägt ist und wie die Österreicher_innen und Österreicher einzelne Aspekte der Freiheit beurteilen. Angelehnt an die Studien des Stuart Mill Instituts in Deutschland2 wurde ein eigenständiger Freiheitsindex für Österreich entwickelt. Die Erhebung fand im Rahmen des ersten Österreichischen Demokratie Monitors statt, er umfasst dabei insgesamt 2.153 Befragte. Die Datenerhebung wurde von August bis Oktober 2018 durchgeführt, die Interviews fanden telefonisch (CATI) und Online (CAWI) statt. Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 18 Minuten. Der vorliegende Bericht beinhaltet die Ergebnisse des zusätzlichen, dreiminütigen Fragebogens und gibt Aufschluss über: • Das individuelle Freiheitsgefühl der Österreicher_innen • Wie die Menschen in Österreich verschiedene Aspekte der Freiheit beurteilen • D ie Einstellung der Österreicher_innen gegenüber den EU-Grundfreiheiten Ausgehend von diesen Ergebnissen wurden drei Kennzahlen entwickelt. Sie geben durch einen Indexwert wieder, wie stark die jeweiligen Dimensionen in der Gesellschaft ausgeprägt sind und ermöglichen es, Veränderungen in den Folgeerhebungen sichtbar zu machen. Der Bericht bietet zu Beginn einen kurzen Überblick über die Methodik sowie den theoretischen Hintergrund des Freiheitsbegriffs. Darauf aufbauend werden die Kennzahlen der drei unterschiedlichen Ebenen im Freiheitsindex und ihre Zusammensetzung dargestellt, bevor am Ende des Berichts eine Zusammenfassung der Ergebnisse erfolgt und die drei Kennzahlen miteinander verglichen werden. 1 Rousseau 1977 [1767], S. 17 f. 2 Vgl. Ackermann 2017.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 20187 1 Methodische Vorgehensweise Im Rahmen des Demokratie Monitors wurde zwischen August und Oktober 2018 eine repräsentative Erhebung unter 2.153 Menschen ab 16 Jahren mit Wohnsitz in Österreich durchgeführt. Der Freiheitsindex wurde in Form eines dreiminütigen, zusätzlichen Fragebogens erhoben. Dazu wurde im Vorfeld in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber ein standardisiertes Messinstrument (Fragebogen) entwickelt. Organisation und Durchführung der Erhebung Die Erhebung fand sowohl telefonisch als auch online statt – 54% der Befragten wurden telefonisch interviewt, 46% nahmen online an der Befragung teil. Die telefonischen Interviews wurden mittels CATI-Technologie durchgeführt. Dabei wird der Fragebogen so programmiert, dass die Interviewer_innen optimal bei der präzisen und korrekten Interviewdurchführung unterstützt werden. Zusätzlich wurde mittels CAWI-Verfahren gearbeitet, das die Durchführung der Erhebung auch online ermöglicht. Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 18 Minuten. Stichprobe Die Stichprobe entspricht einer vorab nach Gemeindegröße geschichteten Zufalls auswahl von Personen. Damit sind die einzelnen Gemeinden (in Wien: Bezirke) proportional zu ihrer Einwohnerzahl in der Stichprobe repräsentiert. Die Teilnehmer_innen an der Online-Erhebung wurden telefonisch und damit offline rekrutiert. Dies ist aufwändig, gewährleistet jedoch die Repräsentativität der Stichprobe3. Datenprüfung Im Anschluss an die Erhebung wurden die Daten einer Qualitätsprüfung unterzogen. Dazu wurden im Besonderen Plausibilitätstests und eine Analyse der fehlenden Werte durchgeführt. Gewichtung Um repräsentative Ergebnisse zu erzielen, muss für jede Person in der Grund gesamtheit die gleiche Wahrscheinlichkeit gelten, für die Stichprobeausgewählt zu werden. Die Bereitschaft zur Teilnahme variiert jedoch in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen.4 Diese unterschiedliche Teilnahmebereitschaft kann durch eine Gewichtung der Daten ausgeglichen werden. Diese Gewichtung erfolgt, um die Verteilungen gewisser Merkmale in der Stichprobe an die Verteilung in der Grundgesamtheit – der österreichischen Bevölkerung – anzupassen. Die vorliegenden Daten wurden nach den Kriterien Geschlecht, Alter, Bildung, Erwerbsstatus und dem Urbanisierungsgrad gewichtet. 3 Vgl. Baur & Florian 2009. 4 Vgl. Schräpler 2000.
8 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Indexbildung und Faktorenanalysen Die Indexbildung erfolgte auf der Basis von Faktorenanalysen, Reliabilitätsanalysen sowie konstruktvalidierenden Berechnungen. Faktorenanalysen analysieren die Zusammenhangsmuster von ausgewählten Variablen und identifizieren Variablen- gruppen, innerhalb derer sämtliche Variablen ähnliche Informationen erfassen. Analytisch repräsentiert jede Gruppe ein nicht direkt erhobenes, jedoch über die Summe der Variablen erfasstes, übergeordnetes Konstrukt5. 5 Vgl. Backhaus et al. 2008, Bortz & Döring 2006.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 20189 2 Theoretischer Hintergrund: Was ist Freiheit? In der abendländischen Tradition ist der Begriff Freiheit stark mit dem der Hand- lungsfreiheit verbunden. Das Handeln einer Person gilt als frei, wenn es dem Willen dieser Person entspricht. Die Handlungsfreiheit kann von äußeren Umständen wie Zwang beschränkt oder aufgehoben werden. Sie kann aber auch von inneren – in der handelnden Person selbst liegenden – Umständen, wie etwa einer körperlichen Lähmung oder einer psychischen Erkrankung, beeinträchtigt werden. Ideengeschichtlich kann zwischen vielen unterschiedlichen Dimensionen von Freiheit differenziert werden, zum Beispiel: • Freiheiten von Individuen und die Freiheit eines Kollektivs • Persönliche Freiheit, souveräne Freiheit und bürgerliche Freiheit • Positive (Freiheit zu) und Negative Freiheit (Freiheit von) Die letzte Dimension ist auf Isaiah Berlin zurückzuführen und stellt in der wissen- schaftlichen Auseinandersetzung die gängigste Unterscheidung dar. In seinen philosophischen Überlegungen ordnete er die Handlungsfreiheit und den Zwang in einen theoretischen Rahmen ein: „Negative liberty is the absence of obstacles, barriers or constraints. One has negative liberty to the extent that actions are available to one in this negative sense. Positive liberty is the possibility of acting — or the fact of acting — in such a way as to take control of one‘s life and realize one‘s fundamental purposes. While negative liberty is usually attributed to indi-vidual agents, positive liberty is sometimes attributed to collectivities, or to individuals considered primarily as members of given collectivities. …”6 Die positive Freiheit kann demzufolge auch als „Freiheit zu“, also als Handlungs- freiheit verstanden werden, die negative Freiheit als „Freiheit von“ – beispielsweise von Zwängen. Doch wie kann Freiheit erlangt und erlernt werden? Auf diese Frage liefert der Fähigkeitenansatz von Amartya Sen eine passende Antwort: Um eine Funktion wie beispielsweise „mobil sein“ zu erreichen, muss das Individuum sowohl bestimmte Güter oder Ressourcen zur Verfügung haben (wie z.B. ein Fahrrad), als auch befähigt sein, diese Güter zu nutzen (also Radfahren zu können). Überträgt man das auf die Freiheit, so gibt es Grundvoraussetzungen, welche Freiheit ermöglichen.7 Gesellschaftliches Wohlergehen hängt demzufolge wesentlich von der Freiheit ab, sich für eine gewisse Lebensweise entscheiden zu können. In der Tradition der Freiheitsforschung und -politik stellt die Bildung das zentrale Mittel zur Verwirklichung von Freiheit dar. Sucht man in der österreichischen Verfassung nach dem Begriff Freiheit, so taucht dieser nicht nur in Zusammenhang mit freien Wahlen und der freien demokratischen Gesellschaft auf, sondern auch in Bezug auf Bildung: 6 https://plato.stanford.edu/entries/liberty-positive-negative 7 Vgl. Graf 2013, S. 24ff.
10 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 „Jeder Jugendliche soll seiner Entwicklung und seinem Bildungsweg entsprechend zu selbständigem Urteil und sozialem Verständnis geführt werden, dem politischen, religiösen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein sowie befähigt werden, am Kultur- und Wirtschaftsleben Österreichs, Europas und der Welt teilzunehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken.“8 Der vorliegende Freiheitsindex umfasst daher neben der Ebene der Freiheitsliebe, welche auf den theoretischen Vorüberlegungen aufbaut, auch die subjektive Erfahrung von Freiheit. Dazu wurde, angelehnt an den deutschen Freiheitsindex, eine grundlegende Einschätzung von Freiheit erfasst: ABBILDUNG 1: FREIHEIT IN DER LEBENSGESTALTUNG 33 % 13% wenig stimme gar nicht zu Die einen sind oben und die anderen unten, egal wie sehr man sich anstrengt. 34% ziemlich 19% stimme sehr zu 23 % wenig 6% stimme gar Jeder ist seines Glückes Schmied. nicht zu Wer sich anstrengt, kann es auch zu etwas bringen. 39% ziemlich 33% stimme sehr zu Frage im Wortlaut: „Stimmen Sie folgenden Aussagen sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht zu?“ Die erste Frage misst, wie deterministisch die Menschen in Österreich ihr Leben wahrnehmen – die negative Freiheit, also die Freiheit von äußeren Zwängen, ist folglich nicht gewährleistet. Über 50% haben den Eindruck, dass ihre Anstrengungen vergeblich sind und ihnen der gesellschaftliche Aufstieg verwehrt bleibt. Gleichzeitig sind mehr als zwei Drittel der Österreicher_innen der Ansicht, dass sie es durch Anstrengung zu etwas bringen können. Sie sind davon überzeugt, selbst-wirksam zu handeln. Die Einschätzung der positiven Freiheit ist demzufolge hoch. 8 Bundes-Verfassungsgesetz, Art. 1, Abs. 5a: http://www.ris.bka.gv.at/NormDokument. xe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138&Artikel=14&Paragraf=&Anlage =&Uebergangsrecht=&ShowPrintPreview=True
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201811 3 Wie steht es um das Freiheitsempfinden der Menschen in Österreich? Um den unterschiedlichen Dimensionen von Freiheit gerecht zu werden und lang- fristig Entwicklungen nachvollziehen zu können, werden im Freiheitsindex drei Ebenen unterschieden (s. Abbildung 2). Die erste Ebene wird als Freiheitsgefühl bezeichnet. Sie gibt Aufschluss darüber, wie frei sich die Menschen in Österreich fühlen, wie ihre Freiheitserfahrung in der Kindheit war und ob Ohnmachtsgefühle, welche die Freiheit einschränken, vorhanden sind. Die zweite Ebene, die als Freiheitsliebe bezeichnet wird, beinhaltet Einstellungen gegenüber verschiedenen Aspekten der Freiheit. Darin werden die unterschiedlichen Dimensionen der positiven und negativen Freiheit berücksichtigt. Der österreichische Freiheitsindex legt damit einen Schwerpunkt auf jene Konzepte, die für das Funktionieren einer Demokratie von wesentlicher Bedeutung sind. Die dritte Ebene befasst sich mit den Einstellungen gegenüber den EU-Grundfreiheiten. Sie bildet den ersten Schwerpunkt im Freiheitsindex, der jährlich wechseln soll. ABBILDUNG ABBILDUNG 2: DIE 2: DREI DIE EBENEN DREI EBENEN IM FREIHEITSINDEX IM FREIHEITSINDEX EBENE EBENE 3 3 Einstellungen Einstellungen gegenüber gegenüber den EU-Grundfreiheiten den EU-Grundfreiheiten EU-Grundfreiheiten EU-Grundfreiheiten EBENE EBENE 2 2 Freiheitsliebe Freiheitsliebe – Einstellungen – Einstellungen gegenüber gegenüber politischen politischen Freiheiten Freiheiten Freiheit Freiheit zu undzuFreiheit und Freiheit von von EBENE EBENE 1 1 Freiheitsgefühl Freiheitsgefühl Freiheitsgefühl Freiheitsgefühl und -erfahrung, und -erfahrung, Ohnmacht Ohnmacht Die folgenden Kapitel beschreiben jede Ebene und ihre Teildimensionen. Zudem legt der Bericht in zwei kurzen Exkursen wichtige deskriptive Ergebnisse offen, die nicht in der Indexbildung berücksichtigt wurden.
12 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 3.1 E bene 1: Freiheitsgefühl Der folgende Abschnitt befasst sich mit der Frage, wie frei sich die Menschen in Österreich fühlen. Diese erste Ebene des Freiheitsgefühls besteht aus drei Teildimensionen: dem subjektiven Freiheitsgefühl, der Freiheitserfahrung in der Kindheit sowie einer letzten Teildimension, der Ohnmachtserfahrung. Das subjektive Freiheitsgefühl setzt sich wiederum aus drei unterschiedlichen Items zusammen: Dem individuellen Freiheitsgefühl (s. Abbildung 3), der Freiheit der österreichischen Demokratie (s. Abbildung 4) und dem Vertrauen in die Politik sowie in die eigene Selbstwirksamkeit (s. Abbildung 5). Im weiteren Verlauf werden diese drei Teil- dimensionen und ihre Zusammensetzung dargestellt. Der Großteil der Menschen in Österreich fühlt sich frei, wie Abbildung 3 aufzeigt: Mehr als drei Viertel fühlen sich frei oder eher frei. Hingegen gibt es in Österreich ABBILDUNG 3: TEILDIMENSION I 14%, ITEM die sich (eher) unfrei fühlen. I: INDIVIDUELLES FREIHEITSGEFÜHL ABBILDUNG 3: TEILDIMENSION I INDIVIDUELLES ITEM I: INDIVIDUELLES FREIHEITSGEFÜHL FREIHHEITSGEFÜHL (in%) INDIVIDUELLES FREIHHEITSGEFÜHL (in%) 54 frei 54 frei 22 eher frei 22 10 weder noch 4 eher frei eher unfrei 10 10 weder noch unfrei 4 eher unfrei 10 Frage im Wortlaut: „Wie empfinden Sie Ihr gegenwärtiges Leben, fühlen Sie sich freiunfrei oder unfrei? Bitte stufen Sie Ihr Empfinden auf einer Skala von 0 für unfrei bis 10 für frei ein“. Die Freiheit der österreichischen Demokratie betrachtet die Bevölkerung etwas skeptischer: 51% sind der Ansicht, dass sie eher frei ist, ein Drittel sieht die Demokratie in Österreich weder frei noch unfrei.9 9 A nm.: Die unterschiedlichen Skalen ergeben sich aus methodischen Vorab-Überlegungen. Um eine Vergleichbarkeit mit dem deutschen Freiheitsindex zu gewährleisten, wurde den Menschen in Österreich zur Einschätzung ihrer persönlichen Freiheit die gleiche Skala wie in Deutschland vorgelegt. Die Frage zur Freiheit der Demokratie stammt aus einer Fragenbatterie des Demokratie Monitors, in dem unterschiedliche Attribute der Demokratie abgefragt wurden.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201813 ABBILDUNG 4: TEILDIMENSION I ITEM II: DEMOKRATIE IN ÖSTERREICH FREI/UNFREI ABBILDUNG 4: TEILDIMENSION I ITEM II: DEMOKRATIE IN ÖSTERREICH FREI/UNFREI DEMOKRATIE IN ÖSTERREICH FREI/UNFREI (in%) DEMOKRATIE IN ÖSTERREICH FREI/UNFREI (in%) 51 frei 51 frei 33 weder noch 33 16 weder noch unfrei ABBILDUNG ABBILDUNG Frage im Wortlaut: 5:„Was TEILDIMENSION 5: TEILDIMENSION meinen Sie, ist dieI Demokratie I 16 unfrei in Österreich eher frei oder unfrei?“ ITEMITEM III - III VERTRAUEN - VERTRAUEN IN DIE IN DIEPOLITIK POLITIK UND UND SELBSTWIRKSAMKEIT SELBSTWIRKSAMKEIT Die letzte Komponente dieser Teildimension bildet das Vertrauen in die Politik sowie in die eigene Selbstwirksamkeit (s. Abbildung 5). Die Analyse zeigt, dass jene ABBILDUNG 5: TEILDIMENSION I Menschen, deren Vertrauen ITEM III - VERTRAUEN IN DIEinPOLITIK die Politik UND eher gering ist, auch wenig Vertrauen in SELBSTWIRKSAMKEIT die eigene Selbstwirksamkeit haben. 41 % 41 % 31%31% ziemlich ziemlich wenig wenig ABBILDUNG Ich Ich vertraue 5: TEILDIMENSION vertraue darauf, darauf, dassdass die dieIPolitik Politik ITEM die dieIIIHerausforderungen - VERTRAUEN INunserer Herausforderungen DIE POLITIK unserer UND SELBSTWIRKSAMKEIT ZeitZeit lösen lösen kann.kann. 31% 41 % ziemlich wenig Ich vertraue darauf, dass die Politik die Herausforderungen unserer Zeit lösen kann. 31% 41 % wenig ziemlich 17% 17% Ich vertraue darauf, dass die Politik stimme stimme gar gar die Herausforderungen unserer Zeit 11%11% nicht nicht zu zu lösen kann. stimme stimme sehrsehr zu zu 17% stimme gar 11% nicht zu stimme sehr zu 17% stimme gar 11%23 % 23 % nicht zu wenig wenig stimme sehr zu 6%6% stimme stimme gar gar Jeder Jeder ist seines ist seines Glückes Glückes Schmied. Schmied. nicht nicht zu zu WerWer sichsich anstrengt, anstrengt, kann kann es auch es auch zu zu 23 % etwas etwas bringen. bringen. wenig 6% stimme gar Jeder ist seines Glückes Schmied. nicht zu Wer sich anstrengt, kann es auch zu 23 % etwas bringen. wenig 6% 39% 39% stimme gar Jeder ist seines Glückes Schmied. ziemlich ziemlich nicht zu Wer sich anstrengt, kann es auch zu 33% 33% etwas bringen. stimme stimme sehrsehr zu zu 39% Frage im Wortlaut: „Stimmen Sie folgenden Aussagen sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht zu?“ ziemlich 33% stimme sehr Diese beiden Fragen bilden mit dem subjektiven Freiheitsgefühl und zu der Einschätzung der demokratischen Freiheit in Österreich die39% erste Teildimension des subjektiven Freiheitsgefühls ab. ziemlich 33% stimme sehr zu
14 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Die zweite Teildimension besteht aus der Freiheitserfahrung in der Kindheit, (s. Abbildung 6). Die Teilnahme an und Funktionsweise von demokratischen Prozessen wird im Zuge der Sozialisation eingeübt. Die Möglichkeit mitzubestimmen wird in dieser Konzeption als Erfahrung von Freiheit eingeordnet und zeigt, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Österreich als Kind zumindest gelegentlich in Entscheidungen mit einbezogen wurde. ABBILDUNG 6: TEILDIMENSION II – BETEILIGUNG AN ENTSCHEIDUNGEN ALS KIND ABBILDUNG 6: TEILDIMENSION II – BETEILIGUNG AN ENTSCHEIDUNGEN ALS KIND oft nie oft nie 27 zu Hause 21 14 in der Schule 15 zu Hause in der Schule 23 34 26 38 50% 50% gelegentlich selten 100% gelegentlich selten 100% Frage im Wortlaut: „Wie war das bei Ihnen als Kind? Konnten Sie da zu Hause / in der Schule oft, gelegentlich, selten oder nie mitbestimmen - also z.B. Vorschläge einbringen oder sich an Entscheidungen beteiligen?“ Ein zentrales Ergebnis des Demokratie Monitors 2018 zeigt, dass über die Generationen hinweg ein Demokratisierungsschub feststellbar ist: Während unter den Angehörigen der Kriegs- bzw. Nachkriegsgeneration noch 28% zumindest gelegentlich im Schulumfeld mitbestimmen durften, sind es in der jüngsten Generation (bis 22 Jahre) bereits 65%. Die dritte Teildimension des Freiheitsgefühls umfasst Ohnmachtsgefühle. Die Wahrnehmung eines Zustands fehlender Normen und Werte wird in der Sozialwissenschaft, ausgehend von Emile Durkheim, auch als Anomie bezeichnet. Sie ist für die Analyse von Freiheit von Bedeutung, da Ohnmacht ein starker Prädiktor für autoritäre Einstellungsmuster ist und damit auch für die Bereitschaft, Freiheiten einzuschränken.10 Über die Hälfte der Menschen in Österreich empfindet Ohnmacht, wobei der Großteil der Bevölkerung vor allem von Unsicherheit betroffen ist: Fast zwei Drittel finden, dass man häufig nicht mehr weiß, wonach man sich richten soll. 10 Vgl. Herrmann 2001 oder Spier 2010.
ABBILDUNG 7: TEILDIMENSION III – OHNMACHTSERFAHRUNG FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201815 ABBILDUNG 7: TEILDIMENSION III – OHNMACHTSERFAHRUNG ABBILDUNG ABBILDUNG7: 7: TEILDIMENSION TEILDIMENSION III III – OHNMACHTSERFAHRUNG – OHNMACHTSERFAHRUNG 33 % 13% stimme gar ABBILDUNG 7: TEILDIMENSION III – OHNMACHTSERFAHRUNG wenig 33 % 13% nicht zu stimme gar Die einen sind oben, die anderen unten. wenig 3333 %% 13% 13% zu nicht stimme stimmegargar Die einen sind oben, die anderen unten. wenig wenig nicht nicht zuzu Die Die einen einen sind sind oben, oben, die die anderen anderen unten. unten. 33 % 13% stimme gar wenig nicht zu Die einen sind oben, die anderen unten. 34% ziemlich 34% 19% stimme sehr zu ziemlich 19% 34% 34% stimme sehr zu ziemlich ziemlich 19% 19% stimme stimme sehr sehr zuzu 26 % 34% wenig 26 % ziemlich 19% 8% wenig stimme gar Alles ist heute so unsicher und wechselt so 2626 %% 8% stimme sehr zu nicht zu wenig wenig stimme gar schnell, Alles ist dass heuteman häufig nicht so unsicher und mehr weiß, wechselt so 8% 8% nicht zu wonach dassman man sich richten soll. mehr weiß, stimme stimmegargar schnell, häufig nicht Alles Alles istist heute heutesoso unsicher unsicherund undwechselt wechselt soso 26 % nicht nicht zuzu wonach man sich richten soll. schnell, schnell,dass dass man man häufig häufig nicht nicht mehr mehr weiß, weiß, wenig 8% wonach wonach man mansich sich richten richten soll. soll. stimme gar Alles ist heute so unsicher und wechselt so nicht zu schnell, dass man häufig nicht mehr weiß, 40% wonach man sich richten soll. ziemlich 40% 25% ziemlich stimme sehr zu 40% 40% 25% ziemlich ziemlich stimme sehr zu 25% 25% stimme stimme sehr sehr zuzu 40% 15% 28 % ziemlich wenig 25% stimme 15% gar 28 % nicht zu stimmestimme sehr zu gar Die Mächtigen der Welt verschwören sich, um wenig 15%15% 2828 %% nicht zu Menschen wie mich Die Mächtigen klein der Welt zu halten sich, um verschwören stimme stimme gar gar wenig wenig nicht nicht zuzu Menschen wie mich klein zu halten Die Die Mächtigen Mächtigen der der Welt Weltverschwören verschwören sich, sich, umum Menschen Menschenwie wie mich michklein klein zuzu halten halten 15% 28 % stimme gar wenig nicht zu Die Mächtigen der Welt verschwören sich, um Menschen wie mich klein zu halten 30% ziemlich 30% 26% stimme sehr zu 30% ziemlich 30% 26% stimme sehr zu ziemlich ziemlich Frage im Wortlaut: „Stimmen Sie folgenden Aussagen sehr, ziemlich, 26% wenig oder gar nicht26% zu?“ stimme stimmesehr sehr zuzu 30% der einen Vergleich über Auf Basis dieser Dimensionen wurde ein Index gebildet, ziemlich auf einer26% einen längeren Zeitraum hinweg ermöglicht. Die Kennzahl Skala zwischen null und zehn gibt darüber Aufschluss, wie frei sich die Menschen instimme sehr zu Österreich fühlen. Zehn Punkte auf der Skala drücken aus, dass unter allen Menschen in Österreich das subjektive Freiheitsgefühl sehr stark ausgeprägt ist, alle viel in der Schule und zu Hause mitbestimmen durften und niemand Ohnmachtsgefühle empfindet. An diesem Ende der Skala befindet sich 1% der Menschen in Österreich. Umgekehrt bedeutet ein Wert von null Punkten, dass sich alle unfrei fühlen, keine Möglichkeit zur Mitbestimmung erhielten und das Ohnmachtsgefühl sehr stark ausgeprägt ist. Für 2018 erreicht dieser Index einen Wert von 5,6. Welche Gruppen fühlen sich besonders frei, welche besonders unfrei? Diese Frage kann unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Demokratie Monitors beantwortet werden. Der Demokratie Monitor konnte in Hinblick auf grundlegende demokratische Einstellungen drei unterschiedliche Einstellungsgruppen identifizieren (s. Abbildung 8): Die Demokrat_innen, jene mit autoritären bzw. illiberalen Demokratievorstellungen und die Autokrat_innen.
16 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 ABBILDUNG 8: DREI AUSPRÄGUNGEN IN DEN GRUNDLEGENDEN EINSTELLUNGEN GEGENÜBER DER DEMOKRATIE Demokrat_innen 62 4 34 50% autoritäre Autokrat_innen Demokrat_innen 100% 4% der Bevölkerung in Österreich können den Autokrat_innen zugeordnet werden. Sie befürworten eine Diktatur, an deren Spitze ein starker Führer steht, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss und lehnen die Demokratie ab. Der Großteil der Österreicher_innen jedoch gehört der Gruppe der Demokrat_innen an. Sie sprechen sich klar gegen eine Diktatur und für die Demokratie aus. Zudem lehnen sie jegliche Einschränkungen von Rechten der Opposition, der Unabhängigkeit der Gerichte und Medien sowie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit ab. Trotz dieser positiven Entwicklung kann jedoch circa ein Drittel der Österreicher_ innen als autoritäre bzw. illiberale Demokrat_innen bezeichnet werden. Sie betrachten die Demokratie zwar als beste Staatsform und lehnen eine Diktatur ab, befürworten aber gleichzeitig Einschränkungen in mindestens einem der oben genannten Bereiche. Zugleich fühlen sich die autoritären Demokrat_innen und die Autokrat_innen weniger frei (s. Abbildung 9). Eines der zentralen Ergebnisse des österreichischen Demokratie Monitors ist, dass mangelnde Ressourcen die Zufriedenheit mit der Demokratie senken. Das zeigt sich auch in Bezug auf das Freiheitsempfinden: Der Indexwert jener Menschen, welche die eigene finanzielle Absicherung als sehr schlecht empfinden, weicht um einen Punkt vom Durchschnittswert aller Österreicher_innen ab. Im Umkehrschluss fühlen sich jene Menschen freier, deren finanzielle Zukunft gesichert ist, die einen höheren Schulabschluss haben und der Gruppe der Demokrat_innen angehören. Der Anteil derer, die sich besonders frei fühlen, ist demnach unter jenen Menschen in Österreich höher, die Matura haben, finanziell gut abgesichert sind und demokratische Haltungen verinnerlicht haben. Autoritäre Tendenzen in der Gesellschaft fördern demzufolge die Ohnmachtsgefühle in der Bevölkerung und dämpfen das Freiheitsgefühl.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201817 ABBILDUNG ABBILDUNG 9: WER 9: WER FÜHLT FÜHLT SICH SICH FREI? FREI? FREIHEITSGEFÜHL FREIHEITSGEFÜHL NIEDRIG NIEDRIG HOCH HOCH AbAb 4545 mit mit Matura Matura Finanzielle Finanzielle Absicherung Absicherung sehr sehr gut gut Demokrat_innen Demokrat_innen BisBis 4444 ohne ohne Matura Matura autoritäre autoritäre Demokrat_innen Demokrat_innen Autokrat_innen Autokrat_innen Finanzielle Finanzielle Absicherung Absicherung Gesamt: Gesamt: 5,60 5,60 sehr sehr schlecht schlecht 4,5 4,5 55 5,5 5,5 66 6,5 6,5
18 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 3.2 Ebene 2: Freiheitsliebe Die Ebene der Freiheitsliebe umfasst vor allem Einstellungsmuster gegenüber der Demokratie als Garant für Freiheit. Sie besteht aus fünf Teildimensionen. Die erste Teildimension umfasst die Freiheit zur Beteiligung und kann demzufolge in theoretischer Hinsicht der positiven Freiheit zugeordnet werden. Die Freiheit sich zu beteiligen hat einen hohen Stellenwert in Österreich, wie Abbildung 10 zeigt. Die Fragen stammen aus dem Demokratie Monitor und beschreiben jene Elemente, die aus Sicht der Bevölkerung eine Demokratie ausmachen. Bürger__innen- und Menschen rechte sind für die Menschen in Österreich zentrale Merkmale für eine Demokratie. Darüber hinaus stellen das rechtsstaatliche Prinzip, die Möglichkeit zur Beteiligung und der Austausch mit anderen Menschen ebenfalls wesentliche Kriterien dar. ABBILDUNG 10: TEILDIMENSION I: FREIHEIT ZUR BETEILIGUNG ABBILDUNG 10: TEILDIMENSION I: FREIHEIT ZUR BETEILIGUNG Die Rechte für Minderheiten sind gewährleistet Die Rechte für Minderheiten sind gewährleistet 89 Die Macht des Staates ist aufgeteilt Es existieren Bürger- Menschen mit unter- Die Macht des Staates und Menschenrechte 95 92 schiedlichen Meinungen ist aufgeteilt reden miteinander Es existieren Bürger- Menschen mit unter- und Menschenrechte schiedlichen Meinungen 25% reden miteinander 25% 75% 94 92 75% Alle Bürger_innen sind Alle Bürger_innen können vor dem Gesetz gleich sich beteiligen Alle Bürger_innen sind Alle Bürger_innen können vorim Frage dem Gesetz Wortlaut: gleich „Was macht für Sie eine Demokratie aus?“ sich beteiligen Der Demokratie Monitor hat gezeigt, dass die Bevölkerung ein umfassendes Verständnis von Demokratie hat – dies trifft auch auf die Auffassung von Freiheit zu. Die Sicherung der Freiheit durch Grundrechte stellt die zweite Teildimension der Ebene Freiheitsliebe dar und erhält ähnlich hohe Zustimmungswerte (s. Abbildung 11). Die Grundrechte sichern aus Sicht der Bevölkerung Demokratie und damit Freiheit. Dies erfolgt vor allem durch die Gewaltenteilung, die Garantie freier und geheimer Wahlen und die Zusicherung sozialer Absicherung.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201819 ABBILDUNG 11: TEILDIMENSION II: FREIHEIT DURCH GRUNDRECHTE Der Staat mischt sich möglichst wenig ein 81 Die Macht des Staates Der Staat schafft ist aufgeteilt 93 88 sozialen Ausgleich 25% 75% 93 92 Einzelne sind vor Willkür freie und geheime des Staates geschützt Wahlen Frage im Wortlaut: „Was macht für Sie eine Demokratie aus?“ Die Teildimensionen I und II bilden die theoretische Dimension der positiven Freiheit ab. Um diese zu erreichen, braucht es die Befähigung zur Freiheit. Wem gestehen die Menschen in Österreich mehr, wem weniger Freiheit zu? Diese Frage wird anhand der dritten Teildimension – der Freiheit für Abhängige – beantwortet. Besonders für kleine Unternehmen wünscht sich die Bevölkerung einen Ausbau der Freiheit. Auch Arbeitnehmer_innen wird mehr Freiheit zugestanden, für Mieter_innen soll aus Sicht der Mehrheit der Österreicher_innen alles so bleiben wie es ist (s. Abbildung 12). ABBILDUNG 12: TEILDIMENSION III – FREIHEIT FÜR ABHÄNGIGE ABBILDUNG 12: TEILDIMENSION III – FREIHEIT FÜR ABHÄNGIGE 100% strengere Regeln gleich bleiben 100% strengere Regeln mehr gleichFreiheiten bleiben 80 mehr Freiheiten 80 60 59 52 46 60 59 52 46 40 35 34 48 40 35 34 48 20 13 7 20 13 6 7 0 6 Kleine 0 Mieter_innen Arbeitnehmer_innen Unternehmen Kleine Mieter_innen Arbeitnehmer_innen Unternehmen Frage im Wortlaut: „Braucht es für folgende Gruppen strengere Regeln, mehr Freiheiten oder soll alles so bleiben wie es ist?“
20 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Die Faktorenanalyse konnte diese Gruppen eindeutig einer Dimension zuordnen. Ergänzend dazu liefert die deskriptive Analyse die Antwort darauf, wessen Freiheit die Menschen in Österreich einschränken wollen. Im Freiheitsindex wurde erhoben, welche Gruppen aus Sicht der Bevölkerung strenger reguliert werden sollen und wem mehr Freiheit zugestanden wird. Dabei können anhand der Faktorenanalyse zwei Gruppen identifiziert werden: Die soeben bereits aufgezeigten „Abhängigen“ und die Gruppe der „Unabhängigen“, welche reiche Menschen, Arbeitgeber_innen, Vermieter_innen und internationale Konzerne umfasst. Für sie wünscht sich der Großteil der Menschen in Österreich strengere Regeln. So wollen drei Viertel vor allem die Regeln für internationale Konzerne veschärfen. ABBILDUNG 13: TEILDIMENSION III ABBILDUNG 13: TEILDIMENSION III ITEM III – STRENGERE REGELN ODER MEHR FREIHEIT ITEM III – STRENGERE REGELN ODER MEHR FREIHEIT strengere Regeln strengere Regeln 100% gleich bleiben 100% gleich bleiben mehr Freiheiten mehr Freiheiten 8080 72 72 59 59 6060 52 52 53 52 48 48 52 53 48 46 48 44 46 43 44 43 43 43 43 43 4040 33 35 34 33 35 34 22 22 2020 15 13 15 13 13 9 13 7 4 6 9 5 7 4 6 5 00 Re Rei Ar Arb Ar Arb Ar Arb Ve Ver M Mie In Inte Kl Kle ic ch be ei be ei be ei rm mi ie te te rn ei in he e t t its sg t its sn ter _ir rn a ne e M its sl o e n e ie ete _ n a t i UnUnt M e lo se g e b e h te r_ in n t i o en ns se be er hm m r_ in ne en on na te ern in n al le sc ch he en r_ _in in n er er_ ne en n e K rn e eh hm n e _i nni n K o n en n nn e on z n m e en n ze er en n rn ne e Frage im Wortlaut: „Braucht es für folgende Gruppen strengere Regeln, mehr Freiheiten oder soll alles so bleiben wie es ist?“ Die in Abbildung 13 dargestellten Items wurden im Freiheitsindex erhoben, sind aber nicht Teil der zweiten Kennzahl. Zwar konnte zusätzlich zur Dimension der Abhängigen auch jene der Unabhängigen identifiziert werden, jedoch fordert der Großteil der Menschen (wie Abbildung 13 zeigt) für letztere Einschränkungen der Freiheit in Form von strengeren Regeln. Die Kennzahl für die Freiheitsliebe würde entsprechend stark nach unten gedrückt. Zudem ließen sich Veränderungen in den Einstellungen gegenüber den anderen Teildimensionen über die Jahre hinweg voraussichtlich nur schwer in der Kennzahl abbilden, da in den Einstellungen gegenüber Abhängigen weniger Veränderungen zu erwarten sind. Die Kennzahl zur Messung der Freiheitsliebe enthält demzufolge nur jene Items, die in Abbildung 12 dargestellt sind.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201821 Wie werden Menschen zur Freiheit befähigt und im Sinne der österreichischen Verfassung zur Freiheitsliebe erzogen? Mit 97% Zustimmung ist der Großteil der Menschen in Österreich der Ansicht, dass jedes Kind eine Chance auf gute Bildung haben sollte, ebenso befürworten über 90% mehr Entscheidungsfreiheit für Schulen. Mehr als drei Viertel der Österreicher_innen sind der Ansicht, dass sich freie Bildung dadurch auszeichnet, dass sie kostenlos ist. ABBILDUNG 14: TEILDIMENSION IV – FREIHEIT DURCH BILDUNG 2% wenig 15 % ziemlich Jedes Kind sollte Chance auf gute Bildung haben. 82% stimme sehr zu 36% ziemlich 8% Schulen sollen mehr selbst wenig entscheiden dürfen. 2% stimme gar nicht zu 55% stimme sehr zu 35% ziemlich Freie Bildung ist kostenlos. 17 % wenig 41% 6% stimme sehr zu stimme gar nicht zu Frage im Wortlaut: „Stimmen Sie folgenden Aussagen sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht zu?“ Die freie Bildung hat demzufolge einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung und stellt eine Grundlage zur Verwirklichung von Freiheit dar. Die fünfte und letzte Teildimension der zweiten Ebene beschäftigt sich damit, inwiefern die Menschen in Österreich dazu bereit sind, die Freiheit im Gegenzug für die Sicherheit aufzugeben. Dazu wurde die Stichprobe in zwei Hälften geteilt und die Methode des Framings herangezogen. In der sprachlichen Kommunikation werden stets sogenannte Frames verwendet, sie setzen das Gesagte in einen Bezugs-rahmen und erzeugen Bilder. Frames verknüpfen gehörte oder gelesene Worte mit unseren
22 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Erfahrungen über die Welt und sind dabei stets eng mit Werten verknüpft und folglich nicht neutral.11 Im Zusammenhang mit Freiheit und Sicherheit konkurrieren zwei unterschiedliche Frames miteinander: Allen Befragten wurden die gleichen Items zur Demonstrations freiheit, der Überwachung von Telefongesprächen und Internetkommunikation, der Videoüberwachung im öffentlichen Raum sowie der Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgelegt, jedoch wurden ihnen unterschiedliche Fragen gestellt. Die Frage, die an Split A gestellt wurde, lautete: „Angenommen, die Regierung kündigt Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit an: Stimmen Sie diesen sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht zu?“ Die andere Hälfte wurde nach ihrer Bereitschaft zur Einschränkung unter dem Frame der Freiheit gefragt: „Angenommen, die Regierung kündigt Maßnahmen zur Einschränkung der Freiheit an: Stimmen Sie diesen sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht zu?“. Die Framingeffekte sind vor allem bei der Einschränkung des Demonstrationsrechts sichtbar: 5% mehr Menschen stimmen einer Einschränkung dieses Grundrechts zu, wenn diese mit dem Argument der Sicherheit legitimiert wird. Bei den beiden ABBILDUNG Überwachungsitems 15: TEILDIMENSION bestehen V –ABBILDUNG FREIHEIT 15: Unterschiede TEILDIMENSION VS. SICHERHEIT im Ausmaß von VS. SICHERHEIT V – FREIHEIT 2%, wohingegen die Meinungsfreiheit unter beiden ABBILDUNG 15: TEILDIMENSION V – FREIHEIT VS. SICHERHEIT Frames nicht verhandelbar ist: rund 90% lehnen jegliche Einschränkung dieser ab (s. Abbildung 15). stimme sehr zu stimme sehr zu sehr zu zu stimme ziemlich ABBILDUNG 15: TEILDIMENSION V stimme ziemlich – FREIHEIT zu VS. SICHERHEIT ABBILDUNG 15:nicht stimme eher TEILDIMENSION ziemlich zuzu V – FREIHEIT VS. SICHERHEIT stimme eher nicht zu ehernicht stimme gar nichtzu zu stimme sehr zu stimme gar nicht zu stimme stimme weiß garsehr nicht nichtzu zu stimme weiß nicht ziemlich zu weiß nicht stimme ziemlich zu stimme eher nicht zu stimme eher nicht zu 5 nicht stimme gar 3 4 zu 5 8 stimme gar 5 nicht 3 4 zu weiß nicht 14 5 354 8 5 8 weiß nicht 14 14 14 14 14 Einschränkung Überwachung 5 3 4 der Meinungs- Einschränkung 5 3 4 von Telefon- Überwachung 5 8 freiheit der Meinungs- gesprächen von Telefon- Einschränkung 5 8 Überwachung 48 freiheit 14 48 gesprächen der Meinungs- 24 14 von Telefon- 14 freiheit 14 gesprächen 24 48 74 24 74 Einschränkung Überwachung Einschränkung der Meinungs- Überwachung von Telefon- der freiheit Meinungs- 74 von Telefon- gesprächen freiheit 48 gesprächen 7 9 48 4 24 12 24 7 9 4 74 13 12 74 13 35 7 9 4 Einschränkung Videoüber- 35 12 des 19 wachung Einschränkung Demonstrations- des 19 Videoüber- öffentlicher wachung 13 rechts Plätze 47 Demonstrations- 23 öffentlicher 35 47 7 rechts 9 Plätze 4 7 9 23 Einschränkung 12 4 Videoüber- des 12 19 wachung 13 30 Demonstrations- öffentlicher 13 rechts 30 47 35 Plätze 23 35 Einschränkung Anm.: beide Frames zusammengefasst. Frage im Wortlaut: „Angenommen, die Videoüber- Einschränkung Bundesregierung kündigt Videoüber- des 19 wachung folgende Maßnahme zur des Demonstrations- 19 Erhöhung der Sicherheit/Einschränkung der Freiheit an:wachung Stim-men Sie dieser sehr, öffentlicher ziemlich, wenigDemonstrations- oder gar nicht zu?“, rechts öffentlicher Plätze 30 47 rechts 23 Plätze 47 23 11 Vgl. Herrmann 2001 oder Spier 2010. 30 30
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201823 Die fünfte Teildimension der Ebene der Freiheitsliebe zeigt zudem, dass die Video- überwachung öffentlicher Plätze die meiste Zustimmung erfährt: fast zwei Drittel der Menschen in Österreich befürworten diese. Wie es letztendlich um die Freiheitsliebe der Bevölkerung steht, wird wiederum anhand eines Werts ausgedrückt, der sich auf einer Skala zwischen null und zehn befindet. Ein Wert von 10 Punkten wird erreicht, wenn bei allen Menschen in Österreich hohe Zustimmung in Bezug auf die fünf Teildimensionen gegeben ist: • D as gleiche Recht auf Beteiligung ist stark ausgeprägt • Die Freiheit der Grundrechte hat einen sehr hohen Stellenwert • D er Wunsch nach Ausbau der Rechte für Abhängige ist vorhanden • D ie Freiheit der Bildung nimmt einen hohen Stellenwert ein und • Die Freiheit wiegt stärker als die Sicherheit Insgesamt trifft dies auf 12% der Bevölkerung zu, diese erreichen 9 oder 10 Punkte auf der Skala. Im Umkehrschluss entsprechen null Punkte auf der Skala: • D as gleiche Recht auf Beteiligung und die Freiheit der Grundrechte stoßen auf Ablehnung • E s liegt ein Wunsch nach dem Abbau der Rechte für Abhängige vor • Die Freiheit der Bildung ist allen unwichtig • Sicherheit wird der Freiheit vorgezogen
24 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Insgesamt erreicht der Index zur Freiheitsliebe einen Wert von 7,0 (s. Abbildung 16). Damit liegt der Wert über dem Sicherheitsgefühl. Die Freiheitsliebe wird aber deutlich vom Sicherheitsgefühl gedämpft. Betrachtet man, wessen Freiheitsliebe besonders gering ist, wird deutlich, dass es wiederum die Autokrat_innen und autoritären Demokrat_innen sind, die Freiheit einschränken möchten. Die verfügbaren Ressourcen wirken sich auf die Haltung gegenüber verschiedenen Aspekten von (demokratischer) Freiheit aus: Diejenigen, deren Einkommen nicht oder nur kaum ausreicht, weisen geringere Werte in Bezug auf die Freiheitsliebe auf. Jene Menschen in Österreich, die das Gefühl haben, dass ihre Freiheit durch eine sozioökonomische Schlechterstellung eingeschränkt wird, stehen der Freiheit insgesamt weniger positiv gegenüber. Dahingegen finden sich unter den Demokrat_innen besonders viele freiheitsliebende Menschen: ABBILDUNG ABBILDUNG 16.IST 16. WER WER IST FREIHEITSLIEBEND? FREIHEITSLIEBEND? FREIHEITSLIEBE FREIHEITSLIEBE NIEDRIG NIEDRIG HOCH HOCH Demokrat_innen Demokrat_innen Ab 45 Ab mit45 mit Matura Matura Einkommen Einkommen reicht reicht aus aus Einkommen Einkommen reicht reicht kaum kaum Bis 44Bis ohne44Matura ohne Matura autoritäre autoritäre Demokrat_innen Demokrat_innen Autokrat_innen Autokrat_innen Gesamt:Gesamt: 7 7 6 6 6,5 6,5 7 7 7,5 7,5 8 8
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201825 3.3 Ebene 3: EU-Grundfreiheiten Der österreichische Freiheitsindex hat sich zum Ziel gesetzt, jedes Jahr ein Schwerpunktthema zu behandeln. In Anbetracht der im Jahr 2019 anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament wurde im Jahr 2018 die Akzeptanz der EU-Grundfreiheiten untersucht. Sie bilden die dritte Ebene im österreichischen Freiheitsindex 2018. Die EU-Grundfreiheiten umfassen die Freiheit der Waren, des Kapitals, der Dienstleistungen und des Personenverkehrs.12 Die Warenfreiheit garantiert, dass auf Waren, die in der EU produziert wurden, keine Zölle erhoben werden können. Wie Abbildung 17 zeigt, beurteilen 81% der Menschen in Österreich diese als Vorteil. Die Möglichkeit, ohne Visum innerhalb der EU reisen zu können, wird von mehr als drei Viertel der Österreicher_innen als vorteilhaft empfunden, auch die ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit wird mehrheitlich als Vorteil gewertet. Alle Grundfreiheiten der EU werden demnach überwiegend positiv gesehen, wenn auch die nicht 17: ABBILDUNG vorhandenen Grenzkontrollen von rund einem Drittel der Menschen EU-GRUNDFREIHEITEN in Österreich als Nachteil bewertet werden. ABBILDUNG ABBILDUNG 17: 17: EU-GRUNDFREIHEITEN EU-GRUNDFREIHEITEN von Nachteil ABBILDUNG 17: EU-GRUNDFREIHEITEN weder noch vonvon Nachteil Nachteil von Vorteil vonweder Nachteil noch weder noch weiß nicht/keine Angabe weder von noch Vorteil von Vorteil vonweiß Vorteil nicht/keine Angabe weiß nicht/keine Angabe 4 8Angabe weiß nicht/keine 4 14 6 44 88 44 14 14 7 4 8 66 4 14 6 kein Visum 7 keine Zölle 7 für Waren zum Reisen aus der keine EU Zölle inkein der EU nötig Visum 7 keine fürZölle Waren kein zumVisum Reisen füraus Waren zum in derReisen kein Visum EU nötig keine Zölle der EU aus der EU inzum der EU nötig Reisen für Waren aus der EU in der EU nötig 81 76 81 76 81 76 81 76 4 4 21 4 4 4 4 33 21 4 4 andere EU- 21 keine Grenz- 33 21 Bürger_innen kontrollen 33 arbeiten in andere EU- Österreich 15 innerhalb der EU keine Grenz- 33 Bürger_innen andere EU- arbeiten in kontrollen keine Grenz- Bürger_innen andere EU- Österreich 15 innerhalb der EU kontrollen keine Grenz- arbeiten in Bürger_innen 11 Österreich arbeiten in 15 innerhalb der EU kontrollen 60 Österreich 15 53der EU innerhalb 11 60 53 11 Frage im Wortlaut: „Angenommen, die Bundesregierung kündigt folgende Maßnahme zur Erhöhung11 der 60 Sicherheit/Einschränkung der Freiheit an: Stimmen Sie dieser sehr, ziemlich, 53 wenig o-der gar nicht zu?“ 60 53 12 Vgl. https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/99/Seite.991117.html
26 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Auch diese Ebene lässt sich in Form einer Kennzahl ausdrücken, die einen Wert zwischen null und zehn annimmt. 38% der Bevölkerung stehen am oberen Ende dieser Skala und bewerten alle Grundfreiheiten als vorteilhaft. Dass alle EU-Grundfreiheiten als Nachteil empfunden werden, trifft auf 5% der Bevölkerung zu. Insgesamt erzielt die Kennzahl dieser Ebene den im Vergleich höchsten Wert von 7,4. Die Demokrat_innen liegen, wie bei den anderen Ebenen, über diesem Durchschnitts wert, ebenso die Österreicher_innen mit Matura und jene, die sozioökonomisch besser gestellt sind (s. Abbildung 18). Die verfügbaren Ressourcen dämpfen auch in diesem Fall die positive Einstellung gegenüber der EU und fördern autoritäre sowie autokratische Kräfte in der Gesellschaft. ABBILDUNG ABBILDUNG 18. WER 18. WER SIEHT SIEHT DIE EU-GRUNDFREIHEITEN DIE EU-GRUNDFREIHEITEN VONVON VORTEIL VORTEIL EU-GRUNDFREIHEITEN EU-GRUNDFREIHEITEN VONVON NACHTEIL NACHTEIL VONVON VORTEIL VORTEIL Demokrat_innen Demokrat_innen Mit Matura Mit Matura Sozioökonomisch Sozioökonomisch besser besser gestellt gestellt Ohne Ohne Matura Matura Sozioökonomisch Sozioökonomisch schlechter schlechter gestellt gestellt Autoritäre Autoritäre Demokrat_innen Demokrat_innen Autokrat_innen Autokrat_innen Gesamt: Gesamt: 7,4 7,4 6 6 6,5 6,5 7 7 7,5 7,5 8 8 8,5 8,5
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201827 4Z entrale Ergebnisse Freiheitsindex 2018: Drei Kennzahlen im Vergleich Der erste österreichische Freiheitsindex liefert einen umfassenden Überblick über mehrere Aspekte von Freiheit und bietet einen Vergleich zwischen den unter schiedlichen Dimensionen von Freiheit. ABBILDUNG 19: DREI KENNZAHLEN IM VERGLEICH Freiheitsgefühl 5,5 7,4 7 EU-Grundfreiheiten Freiheitsliebe 5 10 Das Freiheitsgefühl liegt dabei eindeutig hinter der Freiheitsliebe, während die EU-Grundfreiheiten mit 7,4 den höchsten Indexwert erzielen. Diese Entwicklung ist vor allem auf Gefühle der Ohnmacht und der sozioökonomischen Schlechterstellung zurückzuführen. Wie der Demokratie Monitor deutlich aufzeigt, fördert soziale Ungleichheit antidemokratische Haltungen. Jene, die autoritäre Haltungen vertreten, empfinden einerseits stärker als die anderen Gruppen Ohnmachtsgefühle und fühlen sich dadurch eher unfrei. Zudem sind es die Autoritären, die Freiheit ein-schränken möchten. Ihre Freiheitsliebe ist schwächer ausgeprägt als die der Demokrat_innen. Für sie ist, wie für den Großteil der Menschen in Österreich, Freiheit ein fester Bestandteil der Demokratie, sie wird durch die Grundrechte gesichert und durch Beteiligung gelebt. Die Freiheitsliebe ist in Österreich stark ausgeprägt. Ebenso besteht eine positive Grundstimmung gegenüber den EU-Grundfreiheiten, insbesondere gegenüber jenen, welche in den vergangenen Jahren nicht unter dem Aspekt der Sicherheit politisch breit thematisiert wurden: Die Warenfreiheit wird von den meisten Menschen als vorteilhaft gesehen.
28 FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 2018 Daher liefert der Freiheitsindex vor allem im Zusammenhang mit dem Begriff der Sicherheit Warnsignale. Der Sicherheitsdiskurs dämpft die Freiheitsliebe der Menschen in Österreich und erhöht die Bereitschaft, beispielsweise das Demonstrationsrecht einzuschränken. Auch hier sind es vor allem jene, die sozioökonomisch schlechter gestellt sind, welche der Sicherheit den Vorzug vor der Freiheit gewähren. Dabei sind es besonders diese Menschen, welche die Freiheit brauchen, um einen gerechten Anteil am Wohlstand der Bevölkerung zu erlangen. (Soziale) Integration und insbesondere Bildung bilden demzufolge wichtige Grundlagen der Freiheit.
FREIHEITSINDEX ÖSTERREICH 201829 Quellen Ackermann, Ulrike (2017): Freiheitsindex Deutschland 2017. Frankfurt am Main: Humanities Online. Backhaus, Klaus / Erichson, Bernd / Plinke, Wulff / Weiber, Rolf (2008): Multivariate Analysemethoden. Berlin: Springer. Baur, Nina / Florian, Michael (2009): Stichprobenprobleme bei Online Umfragen. In: Jackob, Nikolaus / Schoen, Harals / Zerback, Thomas (Hrsg.): Sozialforschung im Internet. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 109-129. Bundesverfassungsgesetz (B-VG Teil A – 1930), Art. 14, Abs. 5a. idF BGBl. I Nr. 164/2013. Verfügbar unter: http://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage= Bundesnormen&Gesetzesnum-mer=10000138&Artikel=14&Paragraf=&Anlage=&Ue bergangsrecht=&ShowPrintPreview=True Graf, Gunther. (2011): Der Fähigkeitenansatz im Kontext von verschiedenen In- formationsbasen sozialethischer Theorien. In C. Sedmak (Hrsg.), Der Capability- Approach in sozial-wissenschaftlichen Kontexten. Überlegungen zur Anschlussfä- higkeit eines entwicklungspolitischen Konzepts. Wiesbaden: Springer Fachmedien. S. 11-28. Herrmann, Andrea (2001): Ursachen des Ethnozentrismus in Deutschland. Zwi-schen Gesellschaft und Individuum, Wiesbaden. Hofinger, Christoph / Holzer, Andreas / Oberhuber, Florian / Zandonella, Martina (2017): Neue Rahmen für alte Themen, in: Hofer, Thomas / Tóth, Barbara (Hg.): Wahl 2017, S. 188-199. Lakoff, George (2009): The political mind. A cognitive scientist‘s guide to your brain and its politics, New York. Rousseau, Jean-Jacques (1977): Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts, Zus. mit Eva Pietzcker neu übers. und hrsg. v. Hans Brockard, Stutt- gart: Reclam. Schräpler, Jörg-Peter (2000): Was kann man am Beispiel des SOEP bezüglich Nonresponse lernen? ZUMA-Nachrichten 46, S. 117-149. Verfügbar unter: http:// www.gesis.org/fileadmin/upload/forschung/publikationen/zeitschriften/zuma_ nachrichten/zn_46.pdf Spier, Tim (2010): Modernisierungsverlierer? Die Wählerschaft rechtspopulistischer Parteien in Westeuropa. https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/99/Seite.991117.html https://plato.stanford.edu/entries/liberty-positive-negative
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