Friede Springer verschenkt eine Milliarde - Ver.di

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Friede Springer verschenkt eine Milliarde - Ver.di
Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Friede Springer verschenkt
eine Milliarde
Quartalsbericht zur deutschen Medienwirtschaft Juli bis September 2020
Teil 2: Konzernübersichten
Von Gert Hautsch
                                                                                                        22. Oktober 2020

Die Corona-Pandemie wird nach Einschätzung von Marktbeobachtern die Macht-
                                                                                                              Die Pandemie
verhältnisse auf den globalen und vielen nationalen Medienmärkten verschieben,                                sorgt dafür, dass
und zwar zugunsten der führenden US-amerikanischen Digitalkonzerne. Die                                       die US-Digital-
GAFA (Google, Apple, Facebook, Amazon) konnten schon im vergangenen Jahr                                      konzerne noch
ihre Marktanteile ausbauen, im ersten Halbjahr 2020 erst recht.                                               mächtiger wer-
                                                                                                              den.
Facebook beispielsweise hat im zweiten Quartal und im Juli 2020 seinen Werbe-
umsatz um gut zehn Prozent gesteigert. Amazon hat im gleichen Zeitraum den
Umsatz um 41 Prozent nach oben geschraubt. Nur Google musste bei den Wer-
beerlösen ein Minus von acht Prozent hinnehmen – Analysten hatten aber
Schlimmeres erwartet. Inzwischen sei man wieder auf Expansionskurs, versichert
der Konzern. Apple hat fürs zweite Quartal 2020 ein Wachstum beim Umsatz von
elf Prozent und beim Gewinn von 18 Prozent gemeldet.
Die globalen digitalen Werbeausgaben werden 2020 vermutlich um zwei Prozent
schrumpfen. Das schätzt die Agenturgruppe Zenith in ihrem „Advertising Expen-
diture Forecast“ (Juli 2020). Wenn gleichzeitig die GAFA ihre Erlöse steigern, be-
deutet das wachsende Marktanteile. Das Duo Google-Facebook hat schon 2019
rund 60 Prozent der globalen digitalen Werbeeinnahmen auf sich gezogen, 2020
dürften es noch deutlich mehr werden. Das besagen Schätzungen des Marktfor-
schungsinstituts E-Marketer.
In Deutschland entwickelt sich die Lage ähnlich. Die Organisation der Media-
agenturen OMG schätzt, dass die gesamte digitale Werbung 2020 um drei Pro-
zent zunehmen wird. Google und Facebook werden hingegen im mittleren bis
oberen einstelligen Bereich wachsen, Amazon um etwa zehn Prozent. Der Anteil
dieser drei zusammen soll erstmals über 30 Prozent liegen (2019: 28 Prozent).

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Bertelsmann SE & Co. KGaA
Der größte deutsche Medienkonzern hat das erste Halbjahr 2020 vergleichswei-
se gut überstanden. Trotz der pandemiebedingten Geschäftseinbrüche, insbe-                                        Bei Bertelsmann
sondere bei den Werbeerlösen, ist der Gesamtumsatz nur um 8,9 Prozent ge-                                         ist der Nettopro-
sunken, organisch – d. h. um Sondereinflüsse bereinigt – waren es minus 7,9                                       fit nur leicht ge-
Prozent. Beim Profit sieht es unterschiedlich aus: Der Gewinn vor Zinsen,                                         sunken – und das
                                                                                                                  ist ja die Haupt-
Steuern und Abschreibungen (EBITDA) schrumpfte um fast ein Viertel, der Kon-
                                                                                                                  sache.
zerngewinn hingegen blieb nahezu gleich. Letzteres wurde in der Berichterstat-
tung der Medien wohlwollend hervorgehoben. Konzernchef Thomas Rabe führte
das auf Bertelsmanns „breites Konzernportfolio und den hohen Anteil digitaler
Geschäftsmodelle“ zurück. „Die Rückgänge bei den Werbeerlösen konnten ins-
besondere durch die gut laufenden Buchverlage, das Musikgeschäft, die Arvato-
Dienstleistungsgeschäfte und das Bildungsgeschäft, aber auch durch aktives
Kosten- und Cashflow-Management zu einem beträchtlichen Teil ausgeglichen
werden.“

Wirtschaftszahlen des Bertelsmann-Konzerns im ersten Halbjahr (in Millionen Euro)
                                                 2018          2019           2020         2020/19 (%)
Außenumsatz                                     8.237          8.612         7.848            - 8,9
- RTL-Group (Fernsehen)                         3.046          3.173         2.652          - 16,4
- Arvato (Technik, Dienstleistungen)            2.002          2.049         2.095           + 2,2
- Penguin Random House (Bücher)                 1.482          1.650         1.627            - 1,4
- Gruner+Jahr (Presse)                            701            677           524          - 22,6
- Printing Group (Druck)                          768            766           650          - 15,1
- BMG (Musik)                                     241            269           282           + 4,8
- Education Group (Bildung)                       111            168           158            - 6,0
- Investments1                                      5              6             6              0,0
- Corporate Center/Konsolidierung               - 119          - 146         - 145                -
EBITDA (operational)                            1.120          1.336         1.029         - 23,0
- RTL-Group (Fernsehen)                           643            665           382         - 42,6
- Arvato (Technik, Dienstleistungen)              175            263           305         + 16,0
- Penguin Random House (Bücher)                   171            227           209           - 7,9
- Gruner+Jahr (Presse)                              51             62            28        - 54,8
- Printing Group (Druck)                            28             30            19        - 36,7
- BMG (Musik)                                       42             49            49            0,0
- Education Group (Bildung)                         10             41            40          - 2,4
- Investments1                                      45             -9            23              -
- Corporate Center/Konsolidierung                 - 49           - 44          - 20              -
EBIT (um Sondereinflüsse bereinigt)              769            824            805           - 2,3
Konzerngewinn                                    501            502            488           - 2,9
Investitionen                                    497            612          1.139         + 86,1
Nettofinanzschulden                            3.932          3.983          3.392         - 14,8
Beschäftigte                                 120.807        125.931        126.398          + 0,4
1   Die Geschäftsentwicklung von Bertelsmann Investments wird im Wesentlichen auf der Basis des EBIT ermittelt.
Quelle: Pressemitteilung der Bertelsmann SE & Co. KG a. A., 29. 8. 2019 und 1. 9. 2020;
Halbjahresfinanzbericht 2020, S. 12 f.

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Die RTL-Gruppe, die ein Drittel des Umsatzes und 37 Prozent des EBITDA im                               Die RTL-
Konzern abliefert, hat stärker unter der Pandemie gelitten. Ihr Umsatz ist im ers-                      Gruppe hat
ten Halbjahr 2020 um 16,4 Prozent gesunken, das EBITDA um 42,6 Prozent. Der                             deutlich weniger
                                                                                                        Profit geliefert.
Nettoprofit erreichte mit 156 Millionen Euro sogar nur ein gutes Drittel des Vor-
jahreswerts. Im zweiten Quartal 2020 ist der RTL-Umsatz um 28,3 Prozent ge-
sunken. Dafür werden hauptsächlich die Werbeverluste von rund 40 Prozent auf-
grund der Pandemie verantwortlich gemacht.
Abgemildert wurden die RTL-Verluste durch Erfolge beim Videostreaming. Die
beiden kostenpflichtigen Angebote „TV Now“ in Deutschland und „Videoland“ in
Holland sind um 45 Prozent gewachsen und meldeten 1,77 Millionen Abonnen-
ten (plus 45 Prozent), das werbefinanzierte „6play“ in Frankreich zählte 17 Millio-
nen Nutzer (plus 6,3 Prozent).
Noch stärker als bei RTL ist das Geschäft bei der Pressetochter Gruner+Jahr ge-                         G+J ist stark
schrumpft. Der Umsatz lag hier im ersten Halbjahr 2020 um knapp ein Viertel un-                         geschrumpft –
ter dem Vorjahreswert, das EBITDA sogar um mehr als die Hälfte. Dabei spielt                            nicht nur wegen
der Verkauf der Motorpresse Stuttgart im vergangenen Jahr eine erhebliche Rol-                          Corona.
le. Auch die eingebrochene Werbekonjunktur seit dem Frühjahr 2020 wird als Ur-
sache genannt.
Bertelsmann hat trotz der Pandemie im dritten Quartal 2020 Firmen und Beteili-
gungen gekauft bzw. verkauft. Folgende Vorgänge sind bekannt geworden:
   Die Kölner RTL Studios haben den Leipziger Fernsehproduzenten 99pro                                 Portfolio-
    media übernommen.                                                                                   Veränderungen
                                                                                                        im ersten Halb-
   Der Fonds Bertelsmann Digital Media Investments hat sich am New Yorker                              jahr 2020
    Digitalvermarkter Tenovos beteiligt.
   Die RTL-US-Tochter SpotX, die digitale Videoinhalte vermarktet, hat sich am
    US-Startup Springserve beteiligt. Diese Firma „ist auf die Monetarisierung
    von Werbung in den Bereichen Over-the-Top-TV und Connected TV speziali-
    siert“.
   G+J wird seine Versuchsküche samt Fotostudio schließen. Stattdessen wer-
    den zusammen mit der Hamburger Unternehmen Foodboom die Blueberry
    Food Studios als Gemeinschaftsfirma gegründet. Dort sollen zehn Leute ar-
    beiten, dafür werden aber 15 Stellen bei G+J liquidiert.
   Der Fernsehsender „Super RTL“ (Bertelmann/Disney je 50 Prozent) hat seine
    Tochterfirma Scoyo GmbH an die holländische Firma Futurewhiz verkauft.
Die deutsche Verlagsgruppe Random House hat ihre relative Selbständigkeit ver-                          Die deutsche
loren. Bei der Fusion der Bertelsmann-Tochter Random House und der Pearson-                             Buchgruppe heißt
Tochter Penguin Books 2013 war vom Bundeskartellamt (BKA) zur Auflage ge-                               jetzt Penguin
macht worden, dass die deutsche Sparte aus dem neuen Konzern Penguin Ran-                               Random House.
dom House herausgelöst und separat geführt wird. Das ist mit der Komplettüber-
nahme durch Bertelsmann im Juli 2020 hinfällig geworden. Das Unternehmen in
München heißt jetzt Penguin Random House Verlagsgruppe.
Bei der RTL Group hat sich der Finanzinvestor Silchester International 5,01 Pro-                        RTL hat einen
                                                                                                        neuen Großak-
zent der Anteile zusammengekauft und ist damit zum zweitstärksten Aktionär                              tionär.
geworden. Bertelsmann hält 76,3 Prozent. Damit kann die Finanzgruppe Einfluss
auf die Geschäftspolitik bei RTL nehmen.

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Bei Gruner+Jahr verdichten sich die Hinweise darauf, dass demnächst Zentralre-                                G+J bereitet of-
daktionen für bestimmte „Communities of Interest“ (etwa Wirtschaft, Mode, Es-                                 fenbar Zentral-
sen) eingerichtet werden. Denkbar sei es sogar, z. B. aktuelle Themen bei                                     redaktionen vor.
„stern.de“ von der „RTL“-Redaktion zu beziehen – oder umgekehrt. Zentralredak-
tionen haben das Ziel, Arbeitsplätze zu streichen. Immerhin wird es mit solchen
Veränderungen wohl erst im kommenden Jahr etwas werden. Bis Ende 2020 gilt
eine Arbeitsplatzgarantie für den Standort Hamburg, die mit dem Betriebsrat bei
der Einführung der Kurzarbeit im Frühsommer vereinbart worden ist.
                                                                                                              Personalabbau in
Wo auf jeden Fall Personal reduziert werden wird, ist die Konzernzentrale in Gü-                              der Konzernzen-
tersloh. Sie soll bis Mitte 2021 zu so genannten Corporate Centers umgebaut                                   trale
werden. „Im Zuge der Fokussierung der künftigen Aufgaben des Corporate Cen-
ter werden wir um eine Reduzierung der Personalkosten nicht umhinkommen“,
ließ Thomas Rabe Mitte September 2020 wissen. Die Rede ist von rund 100 Ar-
beitsplätzen.

ProSiebenSat.1 Media SE
Die Pandemie hat, wie erwartet, voll auf die Geschäftsentwicklung der ProSie-                                 P7S1 erleidet ei-
benSat.1-Gruppe durchgeschlagen. Im zweiten Quartal 2020 ist der Umsatz um                                    nen Umsatz-
25 Prozent, organisch um 26 Prozent gesunken. Gelitten haben die Sparten En-                                  rückgang.
tertainment (im wesentlichen Fernsehen) wegen der Werbeeinschränkungen und
die Red Arrow Studios (Programmproduktion) wegen abgesagter bzw. verscho-
bener Projekte. Die NuCom Group, bei der diverse Onlineportale gebündelt sind,
konnte ihren Umsatz hingegen steigern.
Auch die Bilanz für das erste Halbjahr 2020 fällt eher trübe aus: Die Erlöse lagen
zwar nur 12,2 Prozent niedriger als 2019, das EBITDA ging aber um mehr als die
Hälfte zurück, und unterm Strich (Nettoergebnis) blieb ein Verlust von 30 Millio-
nen Euro.

Wirtschaftszahlen der ProSiebenSat.1 Media SE im ersten Halbjahr (in Millionen Euro)
                                     2018          2019         2020       2020/19 (%)
Außenumsatz                         1.794         1.860         1.634      - 12,2
- Seven One Entertainment           1.288         1.180           961      - 18,6
- Red Arrow Studios                   239           319           236      - 26,0
- NuCom Group                         328           397           437      + 10,1
Betriebsergebnis (EBITDA)             363           384           166      - 56,8
Bereinigtes EBITDA                    459           403           180      - 55,3
- Seven One Entertainment             417           375           155      - 58,7
- Red Arrow Studios                    13            17             9      - 47,1
- NuCom Group                          29            36            28      - 22,2
Nettoergebnis nach Anteilen
anderer Gesellschafter                153           215           - 30           -
Nettofinanzschulden (30. 6.)        2.199         2.514         2.353        - 6,4
Quelle: Pressemitteilungen der ProSiebenSat.1 Media SE vom 31. 7. 2020 und 7. 8. 2019

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Selbstverständlich sieht der neue Vorstandsvorsitzende Rainer Beaujean Licht
am Ende des Tunnels: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Kern-
märkten Deutschland, Österreich und Schweiz würden sich allmählich aufhellen.
Auch auf dem Werbemarkt zeigten sich positive Tendenzen. Für den Juli 2020
gab es ein Minus bei den Werbeerlösen von 20 Prozent, für August und Septem-
ber nur noch minus zehn Prozent. Die Verluste im ersten Halbjahr seien aber bis
zum Jahresende nicht auszugleichen.
Als Erfolg wird ein Deal in den USA gewertet. Die Kuppelplattform Parship
Group, die zu 53 Prozent P7S1 und zu 43 Prozent General Atlantic gehört, hat                            Die Kuppelplatt-
die Übernahme des US-Konkurrenten The Meet Group abgeschlossen. Damit                                   form Parship ist
entsteht ein neues Unternehmen, das mit über einer Milliarde Euro bewertet wird                         gewachsen und
(Proforma-Umsatz im ersten Halbjahr 2020: 246 Millionen Euro). Dem Geschäft                             wurde ausgeglie-
                                                                                                        dert.
war die Ausgliederung von Parship aus der P7S1-Sparte NuCom Group und die
Neuformierung unter dem Namen ParshipMeet Group vorausgegangen. Dadurch
wird ein Verkauf erleichtert, der vermutlich ansteht, sobald sich die Rahmenbe-
dingungen dafür verbessert haben.
Rainer Beaujean hat in einem Interview („Handelsblatt“ vom 30. 9. 2020) versi-
chert, dass er keinen verschärften Sparkurs fahren, wohl aber „Beteiligungen ab-
seits des Kerngeschäfts“ verkaufen wolle. („Was aufs Kerngeschäft einzahlt, be-
halten wir. Der Rest kommt ins Schaufenster oder wird auch mal geschlossen.“)
Die Strategie seines Vorgängers Thomas Ebeling, verstärkt auf elektronischen
Handel zu setzen, will er korrigieren. Beim Kerngeschäft Entertainment gab er
ein „Bekenntnis zum deutschsprachigen Raum“ ab.

Axel Springer SE
Der Springer-Konzern hat für das laufende Jahr noch keine Geschäftszahlen                               Springer nennt
veröffentlicht; der Rückzug von der Börse macht’s möglich. Stattdessen hat er mit                       keine Geschäfts-
                                                                                                        zahlen mehr.
einem Coup an der Konzernspitze für Aufsehen in den Fachmedien gesorgt – al-
lerdings nur dort; in der breiteren Öffentlichkeit fand der Vorgang ein erstaunlich
leises Echo. Friede Springer (78), die Witwe des Verlagsgründers Axel Springer,
teilte am 24. September 2020 mit, wie sie sich bei der Nachfolge in ihrer Funktion
als Verlegerin vorstellt und wie sie sich entschieden hat.
Der Auserwählte heißt Mathias Döpfner und ist bislang Vorstandsvorsitzender. Er                         Friede Springer
hat von Frau Springer 4,1 Prozent Konzernaktien für 276 Millionen Euro gekauft;                         hat Mathias
2,8 Prozent gehörten ihm schon vorher. Das war’s aber noch nicht: Zusätzlich                            Döpfner zu ihrem
bekam Döpfner von seiner Gönnerin ein Aktienpaket im Umfang von 15 Prozent                              Nachfolger ge-
geschenkt. Diese großzügige Gabe ist rund eine Milliarde Euro wert. Döpfners                            macht.
Kapitalanteil liegt danach bei 21,9 Prozent.
Für solche Transaktionen sind eigentlich hohe Einkommens- und Schenkungs-                               Mit verwegenen
steuern fällig. Dazu haben die Dame und der Herr aber keine Lust. Frau Springer                         Tricks drücken
                                                                                                        sich die beiden
hatte deshalb eine Woche vor dem Verkauf besagte 4,1 Prozent an ihre Friede-                            um die eigentlich
Springer-Stiftung übertragen. Die ist als gemeinnützig anerkannt und muss we-                           fälligen Steuern.
der Schenkungs- noch Einkommensteuer zahlen. Döpfner hat seine Anteile for-
mal von der Stiftung gekauft, der Fiskus geht leer aus.
Bei ihm selbst war es etwas komplizierter. Da die Schenkung außerhalb der Fa-
milie geschah, wäre der höchste Steuersatz von 50 Prozent fällig. Nur ein kleiner

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Freibetrag von 20.000 Euro könnte geltend gemacht werden. Ausnahmeregeln
für Betriebsvermögen greifen nicht, wenn es um weniger als 25 Prozent des Un-
ternehmens geht. Aber für reiche Leute finden sich fast immer Um- und Auswe-
ge. Das Zauberwort heißt Pool-Verträge. Friede Springer hat Mathias Döpfner
nicht nur 15 Prozent ihrer Aktien geschenkt, sondern ihm auch das Stimmrecht                                 Döpfner müsste
für ihre verbleibenden Anteile von 22,5 Prozent eingeräumt. Der Manager kont-                                500 Millionen
rolliert damit mehr als 44 Prozent und kommt über die 25-Prozent-Schwelle. Und                               Euro zahlen – tut
deshalb kann er eine „Verschonungsbedarfsprüfung“ beantragen. Wenn sein Pri-                                 er aber nicht.
vatvermögen kleiner ist als der fällige Steuerbetrag, kann dieser erlassen wer-
den. So wird es wohl kommen, da sind sich alle Beobachter einig.
Ein ähnlicher Trick hat schon vor acht Jahren funktioniert. Im August 2012 ver-
schenkte die Verlegerin ein Aktienpaket von 2,8 Prozent im Wert von 73 Millio-
nen Euro an Mathias Döpfner. Auch dafür musste er kaum Schenkungssteuer
bezahlen, wie der Deutsche Steuerberaterverband damals vermutete. Genaues
weiß man nicht, denn es gilt ja das heilige Steuergeheimnis.

Die neuen Besitzverhältnisse bei der Axel Springer SE sehen so aus (Anteile in Prozent):
       KKR                                48,6
       Friede Springer1                   22,5
       Mathias Döpfner                    21,9
       Axel Sven Springer                  5,0
       Ariane Melanie Springer             1,0
       Friede Springer Stiftung            1,0
       1 Die Stimmrechte sind an Mathias Döpfner übertragen

Die Auguren in der Fachpresse suchten nach Positivem und wurden fündig. Ma-
thias Döpfner könnte mögliche Steuervergünstigungen nur behalten, wenn er in
den kommenden fünf Jahren keine wesentlichen Unternehmensteile verkauft
oder im großen Stil Stellen streicht. Für die Belegschaft müsse das beruhigend
sein, meint man.
Döpfner habe zudem mit Friede Springer vertraglich vereinbart, dass sie einver-                              Ob das „publizis-
nehmlich abstimmen. Damit wolle sie das „publizistische Erbe“ gesichert sehen,                               tische Erbe“ gesi-
insbesondere den Bestand der hochdefizitären „Welt“ als gedruckte Zeitung. Ob                                chert bleibt, sei
diese Hoffnung trägt, darf allerdings bezweifelt werden, denn da gibt es ja noch                             dahingestellt.
einen anderen Mitspieler: Der Finanzinvestor KKR hat sich in den vergangenen
Monaten Aktien von knapp unter 50 Prozent zusammengekauft und kontrolliert
mehr Kapital als Mathias Döpfner. Bei den Anteilen der Axel-Springer-Enkel
(sechs Prozent) besitzt er ein Vorkaufsrecht. Finanzinvestoren sind ihren Kapi-
talgebern hohe Renditen schuldig und pflegen für Mätzchen wie ein publizisti-
sches Erbe wenig Verständnis zu zeigen. Der Druck auf den neuen Verleger
Döpfner, den Konzern auf Kosteneffizienz zu trimmen, dürfte steigen.
Dabei spielt die Corona-Pandemie die Rolle eines Beschleunigers. Das Rubri-
kengeschäft („Classifieds Media“) war bislang das renditestärkste Geschäftsfeld
im Konzern. Diese Plattformen stehen nun unter Druck, weil die Perspektiven für
die Geschäfte von Immobilien-, Job- und Autobörsen unsicher sind. Döpfner woll-
te eigentlich diese Sparte durch milliardenschwere Zukäufe stärken, ist aber
schon zweimal gescheitert (bei Scout 24 und Ebay). Auch die Übernahme der
Nachrichtenagentur Reuters hat sich offenbar zerschlagen.

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

ARD und ZDF
Die Beitragseinnahmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben 2019                                    Die Beitragsein-
minimal über denen der vorangegangenen beiden Jahre gelegen. Das hat der                                         nahmen sind seit
                                                                                                                 2016 kaum ge-
ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice in seinem Bericht für das vergange-
                                                                                                                 stiegen und lagen
ne Jahr mitgeteilt. Seit 2016 müssen die Anstalten mit rund acht Milliarden Euro                                 2019 bei 8 Mil-
jährlich auskommen, von denen 5,8 Milliarden an die ARD (Radio und Fernse-                                       liarden Euro.
hen), zwei Milliarden an das ZDF, 230 Millionen an das Deutschlandradio und
152 Millionen an die Landesmedienanstalten gehen. Weil in dieser Zeit die Kos-
ten und Preise deutlich gestiegen sind bedeutet das, dass sich der reale Finanz-
rahmen verkleinert hat.

Erträge der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten (in Milliarden Euro)
2013           7,68
2014           8,17
20151          8,13
2016           7,98
2017           7,97
2018           8,01
2019           8,07
1   Beitragssenkung zum 1. 4. 2015
Quelle: ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice, Jahresbericht 2019, S. 11, sowie frühere

Verteilung der Erträge aus Rundfunkbeiträgen 2019 (in Millionen Euro)
Empfänger                            Gesamt             Darunter
                                                  Landesmedienanstalten
Westdeutscher Rundfunk               1.215,7                31,7
Südwestrundfunk                      1.054,9                27,5
Norddeutscher Rundfunk               1.011,9                26,4
Bayerischer Rundfunk                   956,5                25,0
Mitteldeutscher Rundfunk               612,0                16,0
Rundfunk Berlin-Brandenburg            433,4                11,3
Hessischer Rundfunk                    431,6                11,3
Saarländischer Rundfunk                 68,0                 1,8
Radio Bremen                            45,1                 1,2
ARD gesamt                           5.829,0               152,2
ZDF                                  2.008,6                   -
Deutschlandradio                       230,5                   -
Gesamt                               8.068,1               152,2
Quelle: Beitragsservice a. a. O., S. 11

Die Verwaltungskosten für den Beitragsservice haben sich 2019 auf 174,6 Millio-
nen Euro belaufen und sind gegenüber 2018 um 0,7 Prozent gestiegen. Von den
Gesamterträgen aus dem Rundfunkbeitrag sind somit 2,2 Prozent hierfür abge-
flossen.
Das Gezerre um die Anhebung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Eu-
ro monatlich ging auch im dritten Quartal 2020 weiter (ausführlich QB 2/20-2, S.
7 ff.). Die CDU im Landtag von Sachsen-Anhalt weigert sich weiterhin, dem zu-

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

zustimmen. Sie wird darin von der AfD unterstützt. Die Linkspartei, die lange Zeit
den Eindruck erweckte, sich diesem Anti-Bündnis anschließen zu wollen, gibt                             Die Anhebung
sich neuerdings hinhaltend. Aber auch CDU und AfD allein hätten eine Mehrheit                           des Rundfunkbei-
                                                                                                        trags ist immer
und könnten damit die Beitragserhöhung blockieren. Jüngst kursierte Gerüchte,                           noch nicht gesi-
nach denen sich die CDU womöglich doch für eine Zustimmung entscheiden                                  chert.
könnte.
Eigentlich wären die Landtage an die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung
des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) gebunden; die hatte den Betrag
von 18,36 Euro im Februar 2020 formuliert. Eine Abweichung hiervon ist nur in
begründeten Ausnahmefällen zulässig. Ein solcher liegt nicht vor. Wenn der
Landtag von Sachsen-Anhalt die Zustimmung trotzdem verweigert, müssten ARD
und ZDF vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Dort bekämen sie vermut-
lich Recht, aber ein solcher Schritt wäre trotzdem politisch heikel. Vermutlich
spekulieren die Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks genau hierauf.

Bauer Media Group KG
Der Bauer-Konzern hat im zweiten Quartal 2020 sein Auslandsengagement radi-
kal zurückgefahren. In Australien, Neuseeland, Russland, Polen und Rumänien
wurden die Tochterverlage verkauft, in England sind diverse Zeitschriften – da-
runter das Musikmagazin „Q“ – eingestellt worden (QB 2/20-2, S. 9 f.).
Auch im dritten Quartal 2020 ging der Schrumpfkurs weiter. Die Zeitschrift „Joy“                        Bauer hat „Joy“
                                                                                                        verkauft und will
ist Ende August an den Verlag Ocean Global verkauft worden. Bauer hatte sie
                                                                                                        offenbar den
2012 von der Marquard Media Group erworben. Vor einem Jahr war die komplet-                             Standort Mün-
te Redaktion von München nach Hamburg verlagert worden. Vor diesem Hinter-                              chen schließen.
grund dürften die Belegschaften der „Cosmopolitan“ und „Bravo“ wenig begeistert
davon sein, dass ihre Arbeitsplätze demnächst ebenfalls von der Isar an die Elbe
wandern sollen. Die Münchener Titel „Madame“ und „Monsieur“ sollen verkauft
werden. Damit wäre das Ende des Bauer-Standorts München besiegelt.
Für Zukäufe ist gleichwohl Geld vorhanden. Bauer unterhält in Großbritannien die                        Bauer hat eine
größte private Radiokette und hat diese Anfang Oktober 2020 noch gestärkt. Der                          bislang unabhän-
Hamburger Konzern hat das bislang unabhängige Radio Plymouth übernommen.                                gige Radiokette
                                                                                                        in England ge-
Es war mit keinem anderen Rundfunknetzwerk verbündet und hat sein Pro-
                                                                                                        kauft.
gramm komplett lokal produziert. Damit dürfte nun Schluss sein.

Deutsche Presse-Agentur GmbH
Die Unternehmensgruppe Deutsche Presseagentur, die sich im Besitz von knapp                             DPA mit Um-
180 Medienunternehmen befindet, hat im vergangenen Jahr einen Umsatzzu-                                 satzzuwachs
wachs von 1,9 Prozent auf 142,5 Millionen Euro verbucht. Die Kerngesellschaft
dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH hat ihren Umsatz mit 92,9 Millionen Euro
nahezu stabil gehalten, der Gewinn sank allerdings von 1,5 auf 1,3 Millionen Eu-
ro. Vor dem Hintergrund sinkender Presseauflagen und einer schrumpfenden
Zahl von Verlagen ist dieses Ergebnis beachtlich.

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Gert Hautsch: Quartalsbericht 3/20 zur Medienwirtschaft; Teil 2 Konzernübersichten

Wachsende Bedeutung haben die Tochterunternehmen gewonnen, etwa die dpa
infocom GmbH für Digitalprodukte, die news aktuell GmbH für PR und Kommuni-
kation oder die dpa picture alliance GmbH für visuelle Inhalte.
Die DPA ist die mit Abstand größte Nachrichtenagentur Deutschlands mit Sitz in
Hamburg und der Zentralredaktion in Berlin. Sie ist in etwa hundert Ländern ver-
treten, unterhält in Deutschland 13 Landesdienste und hat rund tausend Beschäf-
tigte. Im Inland steht sie so gut wie konkurrenzlos da, es existieren nur Spezial-
dienste wie EPD, KNA und SID. Die einzige echte Konkurrenz sind die deut-
schen Ableger der ausländischen Nachrichtenagenturen Agence France-Presse
und Thomson Reuters.

Kontakt:                                                                           V. i. S. d. P:
Cornelia Berger                       Dr. Gert Hautsch                             Christoph Schmitz
Bereichsleiterin Medien und           Fachredakteur                                Leiter Fachbereich Medien,
Publizistik beim ver.di-              60318 Frankfurt am Main                      Kunst und Industrie
Bundesvorstand                                                                     Paula-Thiede-Ufer 10
10112 Berlin                                                                       10179 Berlin
E-Mail:
cornelia.berger@verdi.de

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