From print to pixel - Selbstdarstellung: Von Normen bis Empowerment
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from print to pixel Arbeitsblätter für Schüler_innen Selbstdarstellung: Von Normen bis Empowerment fotomuseum winterthur
SCREENLEIN, SCREENLEIN IN DER HAND… Doppellektion 01 1. Die «Klischeekeule» > Versuche in einem Satz aufzuschreiben, was aus deiner Sicht ein Klischee ist: Tarik und Hengameh spielen ausnahmsweise «die Klischeekeule». Könnt ihr das auch? Ergänzt folgende Satzanfänge durch zwei Gedanken, die euch spontan in den Sinn kommen: Schlanke Menschen sind … … Dicke Menschen sind … … Tariks Genderkrise: Papperlapapp und Schabernack mit Hengameh (dbate), Videostill, 11.06.2015, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=_7iig48OMZ4 from print to pixel Selbstdarstellung 2 /16
Schaut euch nun gemeinsam diesen Video-Ausschnitt aus Tariks Genderkrise, einem YouTube-Format rund um das Nachdenken über das Thema Gender. Moderator Tarik Tesfu (links) unterhält sich mit Hengameh Yaghoobifarah (rechts) in dieser Folge über Klischees, Normen und Körperideale und Hengamehs Erfahrungen. Habt ihr ähnliche Vorstellungen notiert? 2. Mehr als ein Schnappschuss! Mit unseren Smartphones und den sozialen Plattformen gibt es heute jede Menge neue Möglichkeiten der Selbstdarstellung. Gemeinsam hinterfragen wir, ob Selbstdarstellung im Netz das reinste Kinderspiel oder vielleicht doch ein Kunststück ist. > Was fällt euch zum Stichwort «Selbstdarstellung» im Netz ein? > Sammelt gemeinsam wichtige Begriffe rund um das Thema! from print to pixel Selbstdarstellung 3 /16
3. Ist das nicht Jacke wie Hose? Packen wir noch einmal die Klischeekeule aus und schauen sie uns genauer an: Stellt euch vor, ihr geht in einen Modeladen – wonach sind Kleider dort meist geordnet? Wenn nicht gerade nach Alter oder Einkommen. Genau – nach dem Geschlecht! Heisst das also, dass nur Männer Hosen tragen können, oder bauchfrei nur für Frauen gilt? Welche Kleidungstücke können Personen tragen, die sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zuordnen? > Schaut euch die folgende Illustration von Challis Colors genauer an und diskutiert, inwiefern Kleidung und Vorstellungen von Gender/Geschlecht zusammenhängen – achtet dabei auch auf den Text im Bild und die Hashtags: «Clothes & Shoes Have No Gender» (Kleidung & Schuhe haben kein Geschlecht), Bild: Challis Colors (@challiscolors), Instagram-Post, 13. Dezember 2020, Quelle: https:// www.instagram.com/p/CIv8vtuhU9H/ from print to pixel Selbstdarstellung 4 /16
> Schaut euch nun das folgende Bild genauer an und diskutiert, inwiefern durch Kleidung Normen hinterfragt und/oder verändert werden können: Der Schauspieler und Regisseur Billy Porter trug bei den Academy Awards 2019 ein Smoking-Kleid, mit dem er seine persönliche Auffassung von Kleidung und Geschlechternormen zum Ausdruck bringt. Foto: Richard Shotwell/AP, NTB, CC-BY-NC-4.0 Quelle: https://ndla.no/subject:43/topic:1:194386/topic:1:194937/ resource:1:190133? / https://bilder.ntb.no/r/preview/editorial/c6r5LXbM5hI from print to pixel Selbstdarstellung 5 /16
4. Das Spiel mit der Perfektion Spieler_innen von Project Makeover zeigen in Videoaufzeichnungen wie dieser, wie ein Spiel erfolgreich gelöst werden kann. Screenshot: Project Makeover Episode 6 Walkthrough, Ara Trendy Games, 24.12.2020. Quelle: https://www.youtube.com/channel/UCLg5jYXC2sURHkqdG85le7Q Kennt ihr das Styling-Spiel Project Makeover? Ziel dieses Spiels ist das Umstyling einer Person (rechts im Bild) durch eine neue Frisur, Make-Up, Kleidung und die Umgestaltung eines Zimmers durch eine neue Einrichtung. Es gibt ein Team aus Expert_innen (links im Bild), das Tipps gibt und die Spieler_innen wählen die Optionen aus. Dafür müssen sie in einem Puzzle immer wieder Münzen oder Diamanten gewinnen. Ihr wisst nun so einiges zum Thema Normen und Schönheitsideale – jetzt seit ihr für diese Aufgabe Medienexpert_innen und unterzieht das Spiel einem Test: Welche Vorstellungen und Werte werden hier vermittelt? Beantwortet dazu folgende Fragen: > Gibt es Figuren, die von der Norm abweichen? Wenn ja, wie werden sie zu Beginn dargestellt? (positiv/negativ) > Um welche Themen geht es in dem Spiel? (Drei Stichworte) > Hat die Hauptfigur Schwächen/Stärken und was davon überwiegt? > Welche Schwächen fallen euch auf? > Kann die zentrale Figur eigenständig handeln? > Gibt es eine Aufgabe, die nicht darin besteht, eine_n Gegner_in zu töten oder eine Frau zu ‹retten›? > Fällt euch noch etwas auf? from print to pixel Selbstdarstellung 6 /16
Wertet euren Test aus und notiert euer Urteil in 3–4 Sätzen! 5. Aufgabe: Die Macht des Zeigens Fragen zu Algorithmen tauchen in Zusammenhang mit digitalen Themen ständig auf. Was sie mit dem Thema Selbstdarstellung zu tun haben, ergründet ihr in diesem Abschnitt. > Was ist ein Algorithmus? Kreuze an (Mehrfachantworten): 0 Ein Algorithmus ist eine genau Reihe von Anweisungen, die nach festgelegten Regeln bestimmte Aufgaben Schritt für Schritt ausführt. 0 Algorithmus ist eine Computer-Software. 0 Algorithmus leitet sich vom Namen des persischen Universalgelehrten Muhammad al-Chwarizmi, der im 9. Jahrhundert n. Chr. lebte, ab und wurde erstmals von der Mathematikerin Ada Lovelace Mitte des 19. Jahrhunderts aufgeschrieben. 0 Algorithmen werden nicht von Menschen programmiert. 0 Algorithmen sind immer ‹neutral› und können nicht diskriminieren. 0 Ein Algorithmus definiert die Schritte, nach denen ein Computerprogramm oder eine Software Aufgaben ausführt. from print to pixel Selbstdarstellung 7 /16
> Schaut euch diese Illustration von Lena Deser an, die sie auf Instagram geteilt hat: Instagram-Algorithmus, Bild: Lena Deser (@lena.deser), Instagram-Post, 26.07.2020 Lest euch die Fragen durch, schaut das Bild noch einmal genauer an und beantwortet diese Fragen: 1. Was ist mit dem Satz «Um in deinem Feed zu erscheinen, muss ich Haut zeigen» gemeint? 2. Inwiefern ist es problematisch, welche Art von Bildern hier sichtbarer gemacht werden? 3. Welche Auswirkungen kann dieser Algorithmus und damit auch das, was wir in unseren Feeds sehen, auf die Bilder haben, die wir selbst von uns machen? Oder von anderen sehen? 4. Fallen euch weitere ähnliche Beispiele der visuellen Diskriminierung ein? 6. Abschlussnotiz In dieser Doppellektion habt ihr euch mit komplizierten und hochaktuellen Fragen rund um das Thema Selbstdarstellung im Netz beschäftigt. Manches war euch vielleicht bekannt, anderes war wiederum neu. Jetzt ist es Zeit für eine persönliche Abschlussnotiz: > Was habe ich über das Thema gelernt? > Was finde ich besonders wichtig? from print to pixel Selbstdarstellung 8 /16
SICHTVERHÄLTNISSE Doppellektion 02 Einstiegsfrage: > Was fällt euch bezogen auf den Titel «Sichtverhältnisse» aus der letzten Doppellektion 01 («Screenlein, Screenlein in der Hand...») ein? 1. Dem Blick auf der Spur Lest euch den Kurztext zur Funktionsweise von Eye- bzw. Gaze-Tracking sorgfältig durch. Was verrät die Technologie über unser Sehen? Notiert dazu zwei Stichpunkte und überlegt euch ein Anwendungsbeispiel, bei dem Eye-/Gaze-Tracking bereits eingesetzt wird. Participant wearing mobile eye tracker/Person mit einem mobilen Eye-Tracker, Bild: Lauren Ingram/Penn State, CC BY-NC-ND 2.0, Quelle: https://www.flickr.com/photos/ pennstatelive/16639533986 Bereits Ende des 18. Jahrhunderts gab es erste Versuche den menschlichen Blick aufzuzeichnen und 1908 baute Edmund Huey das erste Gerät dafür – eine mit Zeiger versehene Kontaktlinse. Heute ermöglichen Eye-Tracking-Geräte und -Software es, unsere Blicke nachzuvollziehen und die Blickbewegung zu erfassen. Dazu wird Infrarotlicht auf die Augen projiziert, dort reflektiert, dann von einer Kamera erfasst und durch Algorithmen ausgewertet. Im Englischen wird zwischen «Eye Tracking» und «Gaze Tracking» unterschieden, also dem Erfassen der Augenbewegung (Fixierung, Blinzeln, Pupillenveränderung) vs. Blickbewegung. Erstes umfasst nur die Vermessung der from print to pixel Selbstdarstellung 9 /16
Augenaktivitäten und zweites schliesst auch die Analyse dieser Messung ein. Ziel ist die Wiedergabe des Blickverlaufs, also der Interaktion mit der gesehenen Umgebung. Dabei kann das Auge eine reale Umgebung oder einen Bildschirm betrachten. > Welche Aspekte unseres Sehens können durch Eye-/Gaze-Tracking erfasst werden? 2. Blick in Bewegung Diese Installation von Ana Teresa Vicente trägt den Titel Wandering Gaze und wurde 2020 im Fotomuseum Winterthur ausgestellt. Die Künstlerin setzt hier unter anderem die Technologie des Eye-Tracking ein. Schaut euch die folgende Videodokumentation an und macht aufmerksam Notizen dazu, was passiert, nachdem die Person, die Fotografie durch den Sucher betrachtet hat: Ana Teresa Vicente, Wandering Gaze, 2018, SITUATION #196, SITUATIONS/The Right to Look, Ausstellungsansicht Fotomuseum Winterthur, 2020 © Philipp Ottendörfer from print to pixel Selbstdarstellung 10 /16
> Eure Beobachtungen: Diskutiert nun folgende Fragen, um zu verstehen, auf was die Künstlerin mit Wandering Gaze anspielt und macht euch stichpunktartig Notizen: > Welche Gefühle löst das Werk bei euch aus? > Würdet ihr selbst auch durch den Sucher schauen? Warum ja/nein? > Was hat das Werk mit Voyeurismus zu tun? > Können Blicke im übertragenen Sinne wehtun? from print to pixel Selbstdarstellung 11 /16
3. Gesehen werden und sehen Lest euch zunächst diesen Text durch, bevor ihr das Selbstporträt näher betrachtet und einige Fragen dazu vertieft. Ich sehe mich, wie du mich siehst – oder nicht? Die Unterscheidung zwischen Fremdbild (wie andere mich sehen) und Selbstbild (wie ich mich sehe) ist nicht gerade einfach nachzuvollziehen. Eine Person kann nach aussen hin ‹perfekt› wirken und sich selbst ‹unsicher› fühlen. Dabei beeinflussen Normen und Stereotype die gesellschaftlichen Vorstellungen davon, was gerade als ‹normal›, ‹schön› oder ‹trendy› gilt. Die Fotografie wird als Mittel zur Dokumentation oder Vermarktung solcher Trends eingesetzt, beispielsweise in der Modefotografie, aber auch, um die gegenwärtigen Sichtverhältnisse zu hinterfragen. Ob im Netz oder in der Kunst – vor allem hier begegnen uns immer wieder mutige und witzige Selfies oder experimentelle, ungewohnte Selbstporträts. Claude Cahun, Selbstporträt, ca. 1928, Silbergelatine-Abzug, 30 x 23,8 cm, Bildausschnitt. Quelle: https://www.theparisreview.org/blog/2015/12/09/invisible-adventure/ Die Fotografiegeschichte zeigt, dass bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Künstler_ innen die Kamera für das Spiel mit dem Thema Geschlechtsidentität nutzten – also das Gefühl und Wissen über das eigene Geschlecht (z. B. weiblich, trans, männlich, nicht- binär). Von der Dokumentarfotografie über Fotomontagen bis hin zu inszenierten Selbstporträts gibt es zahlreiche Beispiele. Lucy Schwob ist 1894 in Nantes (Frankreich) geboren und war später unter verschiedenen Namen in der Kunst und Literatur tätig – zum Beispiel als Claude Cahun in fotografischen Werken wie diesem. Cahun nutzte die from print to pixel Selbstdarstellung 12 /16
Fotografie, um die vielen Facetten von Geschlecht zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu erkunden. Die sehr persönlichen Fotografien wurden erst viel später entdeckt. Sie setzte in ihrem surrealistischen Werk die Kamera ein, um stereotype Vorstellungen von Körpern zu hinterfragen. Cahun sprach sich für das Recht aus, dass Menschen sich ausdrücken und verhalten sollen, wie sie es selbst möchten. «Männlich, weiblich? Das kommt auf die Situation an. Neutrum ist das einzige Geschlecht, das mir immer entspricht», schrieb Cahun 1930. Lies die Fragen durch, schaue dir die Fotografie noch einmal genauer an und überlege dir Antworten: > Was ist dir auf den ersten Blick als «ungewöhnlich» in diesem Porträt aufgefallen? > Was könnten mögliche Gründe dafür sein, dass viele Bilder von Cahun zunächst geheim geblieben sind? > Welche Mittel der Selbstinszenierung nutzt Cahun für dieses Porträt? Nenne 3–6 Stichpunkte. > Für Cahun ist Identität wie eine Maske. Der Spiegel verstärkt diese Aussage, was ist ‹authentisch›, was ‹inszeniert›? Welche heutigen Darstellungsmittel fallen dir ein, mit der analogen Schwarz-Weiss Fotografie nicht umsetzbar waren? > Inwiefern ist die Gesellschaft auch ein Spiegel, in dem wir uns sehen? > Denkst du, das Rollenspiel von Cahun ist heute noch aktuell? from print to pixel Selbstdarstellung 13 /16
4. Zeit für Memes! Claude Cahuns Bilder sind lange Zeit unbekannt gewesen – vielleicht weil sie zu persönlich waren oder aus Sorge vor Verurteilung, denn nach den offenen 1920er Jahren spitzte sich das politische Klima in Europa bis zum zweiten Weltkrieg zu und die Situation war für Cahun lebensbedrohlich. Gleichzeitig wurde in dieser Zeit das Fernsehen gerade erst entwickelt und die Technik des Internets erst Jahrzehnte später ein Thema. Mittel der bildlichen Selbstdarstellung beschränkten sich vor allem auf die Kunst. Wie sieht dies aktuell aus? Soziale Medien bieten Raum für das Teilen starker Bilder und selbstbewusster Haltungen – jenseits veralteter Normen von Körper und Geschlecht. Bilder aus dem Artikel Bye, Bye Normen, Hello Empowerment! von Maria Rutschke. Fotos (von links): Dejana Gfeller, Model: Jo DyKing, 2020 © Jovana Hitz / Jo DyKing | Brandy Butler, Instagram- Post, 15.07.2020 © Brandy Butler | Hengameh Yaghoobifarah (@habibitus), Selfie im Restaurantflur, Instagram-Post, 11.01.2019 © Hengameh Yaghoobifarah Die heutige Fotografie und unser vernetztes Bild – das im Internet zirkuliert, mit Likes oder Kommentaren versehen wird und mit dem wir letztlich kommunizieren – spielen beim Thema Selbstdarstellung eine besondere Rolle. Wir treffen ständig (un)bewusste Entscheidungen darüber, wie wir uns in sozialen Medien darstellen oder wem wir folgen – als Inspiration oder aus Bewunderung. Über die Reaktionen auf unsere eigenen Bilder und auf Posts anderer Personen haben wir allerdings wenig Kontrolle. Allerdings bietet das Netz auch eigene Mittel, um sich selbstbewusst, humorvoll oder kritisch gegenüber respektlosen Kommentaren und Hate Speech zu äussern, zum Beispiel mit Hilfe von Memes! from print to pixel Selbstdarstellung 14 /16
Meme-Beispiele: Success Kid (links), Buff Doge vs. Cheems (rechts), 2021, Vorlage: https://imgflip.com/memegenerator from print to pixel Selbstdarstellung 15 /16
Jetzt seid ihr dran und gestaltet in Gruppen eure eigenen Memes: > Reflektiert in Gruppen die Doppellektion(en) und wählt einen Aspekt aus, den ihr spannend findet, der euch brennend interessiert oder euch gesellschaftlich relevant erscheint. Schreibt euer Stichwort auf! > Welchen Charakter soll euer Meme haben? > Informativ? > Aktivistisch & empowernd? > Experimentell? > Humorvoll? > Sucht nun mit Hilfe eines Meme-Generators (zum Beispiel https://www.iloveimg.com/ de/meme-generator) das passende Bild aus oder recherchiert ein passende(s) Bild(er) im Netz. > Überlegt euch einen kurzen, überzeugenden Text und platziert diesen im Bild. Abschlusspräsentation: > Zeigt einander eure Memes und tauscht euch darüber aus, was ihr aus den Übungen mitgenommen habt. from print to pixel Selbstdarstellung 16 /16
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