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„Alte Post“ | Modau Für mehr Leben im Dorf: Neuer Wohnraum in der Ortsmitte Eine Initiative des Netzwerks Innenentwicklung der Lokalen Aktionsgruppe Darmstadt-Dieburg im Auftrag des Landkreises Darmstadt-Dieburg www.ladadi.de
Neues Wohnen in der Mitte – die Möglichkeiten erkennen Innenentwicklung: Was bedeutet das für unseren Ort? So manche kleine Ortschaft im Landkreis Darmstadt- Dieburg kennt diese Situation: Neu gebaut wird nur noch in den ausgewiesenen Baugebieten am Ortsrand, dort wohnen dann meist Zugezogene. Im Ort selbst stehen dagegen immer mehr Gebäude leer, manche verfallen sogar – und der Ortskern verliert an Bedeutung. Der land- wirtschaftliche Strukturwandel verursacht zusätzlich leer- stehende Hofstellen, weiterer ungenutzter Raum. Häufig werden auch Baulücken über Jahrzehnte vorgehalten. Dazu kommt der demografische Wandel, also die allge- meine Überalterung der Gesellschaft, und so leben im Ort ohnehin überwiegend ältere Menschen. In einigen Ortschaften wird bereits sichtbar, wohin das führen kann: Erst schließt der Einzelhandel, weil der Umsatz nicht mehr reicht. Dann sind immer weniger Men- schen zu Fuß im Ort unterwegs. Und schließlich gibt es irgendwann auch keinen Treffpunkt mehr, an dem die Leute zusammenkommen können. Dabei ist gerade das Zusammenkommen sehr wertvoll für die Identität einer Gemeinde. Es gibt also viele gute Gründe dafür, die Ortsmitten leben- dig zu erhalten. Deshalb braucht es Innenentwicklung – Im Ortskern | Ober-Ramstadt die bauliche Entwicklung im Ortskern – um Platz zu schaf- fen für junge Familien, für neues Leben mitten im Ort. 2 Foto: Patrick Liste Innenentwicklung schafft neuen Wohnraum im Liebe Bewohnerinnen Leerstand – fördert damit den Zuzug von jungen Menschen und hält so den Ort lebendig! und Bewohner des Landkreises Darmstadt- Dieburg, Innenentwicklung stärkt den Ortskern und wirkt un- die vorliegende Broschüre informiert über nötigem Flächenverbrauch entgegen. Sie ist ökologisch das Thema Innenentwicklung – worum geht und ökonomisch sinnvoll. Die Lokale Aktionsgruppe und es, was braucht es und warum ist das eigent- der Landkreis Darmstadt-Dieburg haben deshalb 2015 lich so wichtig für uns alle? Bitte nehmen Sie die Initiative Innenentwicklung gestartet und möchten sich ein paar Minuten Zeit zum Lesen und mit dieser Broschüre Ihre ersten Fragen beantworten: tragen Sie das Thema anschließend gerne Welche Möglichkeiten bietet die Innenentwicklung? weiter, sprechen Sie mit Ihren Nachbarn und Welche Bedenken und Bedürfnisse hatten Betroffene Bekannten und lassen Sie uns gemeinsam und was ist daraus geworden? Wo gibt es kompetente alles tun, um unsere schönen Ortschaften im Beratung und welche finanzielle Förderung ist möglich? Landkreis in ihrer Wohn- und Lebensqualität Dazu nennen wir Ansprechpersonen bei Ihnen vor Ort, zu erhalten und zu verbessern. Kontaktangebote und Hinweise auf weiterführende Informationen. Mit freundlichen Grüßen, Landrat Klaus Peter Schellhaas 3
Bauwillige Bauen im Ortskern – Pro und Contra für Bauwillige Wünsche und Ängste: Ein Faktencheck Der Bedarf an Wohnraum ist vorhanden. Und trotzdem stehen in vielen Orten Gebäude und Grundstücke leer, manche bereits seit Jahren. Aber gerade die jungen Familien, die frischen Wind in den Ortskern bringen würden, bauen meist lieber in den ausgewiesenen Neubau- gebieten. Warum ist das so? Und: Hat das Umbauen oder Bauen in der Mitte nicht auch viele Vorteile? “ „Die Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde war super: Es fand sich immer schnell eine gute Lösung, trotz Eine durchaus begründete Sorge ren, und die Fachleute kennen darü- der vielen Auflagen bei so beim Bauen im Bestand sind mögli- ber hinaus alle Fördermöglichkeiten. einem Projekt.“ che Zusatzkosten, die auftauchen Denn die Nachhaltigkeitsstrategien Michael Kreutzer, Neutsch können. Klar, bei einem alten Haus der Bundesregierung und der hessi- weiß man nie so genau, was einen schen Landesregierung schreiben erwartet, und die gesetzlichen Anfor- unter anderem eine Reduzierung des derungen sind in manchen Bereichen Flächenverbrauchs vor – und in die- eine Herausforderung – Stichwort sem Zusammenhang gibt es Pro- Brandschutz, Denkmalschutz oder gramme vom Bund und vom Land Stellplatzordnung. Sich hier allein Hessen zur Wiederbelebung von zurechtzufinden, kann anstrengend alten Ortskernen: Wer hier neuen sein. Genau aus diesem Grund gibt es Wohnraum schafft, kann häufig auch viele Beratungsangebote, teils finanzielle Unterstützung bekom- sogar kostenfrei. Mit Hilfe der Profis men. Näheres finden Sie auf den Sei- lassen sich unangenehme Überra- ten 18 und 19. schungen auf ein Minimum reduzie- 4
Moderner Anbau | Dieburg „Platz gewinnen durch Anbauten – das geht auch mitten im Ort. Gewachsener Garten inklusive.“ Manuela Schade, Dorf- und Regionalentwicklung Info Für andere Bauwillige sind Helligkeit Andere Bauwillige fürchten, sich in der Ortsmitte als ein- oder Quadratmeter ein wichtiger zige Neue unter Alteingesessenen alleine zu fühlen und Kann das gut gehen? Punkt. Sie denken, dass sie im Orts- glauben, dass die Gemeinschaft in einem Neubaugebiet Experten fragen! kern nicht genug Raum für sich fin- ihnen mehr sozialen Anschluss und emotionale Unter- Alle Kontakte auf Seite 16/17 den, dass enge Gassen und Nachbar- stützung garantiert. Der Ortskern hat aber vieles zu bieten Wird das zu teuer? gebäude keinen lichtdurchfluteten – zum Beispiel bereits gewachsene Strukturen, kurze Wohnraum erlauben oder dass sie Wege zu Geschäften oder Einrichtungen und natürlich Förderungen nutzen! Die Dorf- und Regionalent- hier aus Platzgründen auf einen auch Nachbarschaft, die sich am Ort auskennt. Und vor wicklung berät Sie: Außenbereich verzichten müssten. allem: Nachbarschaft, die sich freut, dass neues Leben in 06151 881-2110 Aber längst gibt es viele tolle Beispie- der Ortsmitte einkehrt. le, wie sich auch mittendrin alle Wün- Reicht uns der Platz? sche verwirklichen lassen. Wer sich Beispiele anschauen! nicht vorstellen kann, dass Vorhan- Wir vermitteln für Sie: denes mit neuen Ideen zusammen- „Für unsere Kinder ist es großartig, im Grünen 06151 881-2110 geht, findet Inspirationen in dieser aufzuwachsen – und wir lieben es auch. Die Wer gibt uns die Chance? Broschüre. Menschen hier sind weltoffener als in der Kontakte knüpfen! Stadt.“ https://ladadi.kip.net Sandra Oehlschläger, Neutsch 5
Grundstücksbesitzer Gebäude abzugeben – Pro und Contra für Grundstücksbesitzer Wünsche und Ängste: Ein Faktencheck Neuen Wohnraum ermöglichen, indem man Teile des eigenen Grundstücks verkauft? Unter den Alteingesessenen im Ort gibt es häufig Vorbehalte – denn wer weiß schon, wie sich neue Nachbar*innen in die örtlichen Strukturen einfügen werden. Aber schön wäre es ja schon, wenn nebenan im Hof wieder Leben einzieht, oder? Veränderung hat immer verschiede- ser Broschüre überwiegt die positive ne Aspekte: Manchmal muss man Erfahrung mit der neuen Nachbar- sich von liebgewordenen Gewohn- schaft; Kontakt und Austausch wer- heiten trennen, manchmal gewinnt den als wertvoll und bereichernd man etwas schönes Neues dazu – erlebt. Und auch in der Gardinenfra- und häufig passiert eben beides ge fand sich bisher immer eine gleichzeitig. Lösung. Viele Eigentümer*innen scheuen sich davor, alte Gebäude oder Teile ihres Grundstücks abzugeben, damit dort neuer Wohnraum entstehen kann. „Es gibt schon viele gelungene Beispiele von “ Denn dann werden dort fremde Men- schen einziehen, mit denen man sich Scheunenausbauten hier bei uns im Landkreis vielleicht die Einfahrt oder den Hof – und wir erleben immer wieder, wie sehr sich teilt. Menschen, die als Nachbar*in- auch die Vorbesitzer und die Nachbarn darüber nen auf jeden Fall Teil des eigenen freuen.“ Lebens werden – will man das noch Ursula Richter, Dorf- und Regionalentwicklung auf die alten Tage? Diese Sorgen sind natürlich nachvollziehbar. Aber nach den Auskünften der Expert*innen im Landkreis und den Beispielen in die- 6
Ein weiteres Argument gegen neuen Wohnraum auf dem alten Grund- stück ist oft die Erbfrage: Das sollen doch alles mal die Enkelkinder bekommen, was bleibt dann für sie? Vielen Menschen ist es unangenehm, über diese Themen zu sprechen – dabei könnte es für alle von Vorteil sein, wenn die Dinge geregelt sind. Und als Eigentümer*innen gewinnt Info man durch einen Verkauf auch neuen Spielraum für die Zukunft, zum Bei- spiel für einen Umbau zum barriere- freien Wohnraum. „Eine erfolgreiche Sanierung im Bestand, das bedeutet: Moderner Wohnkomfort mit histori- schem Ambiente. Die meisten sind da mit ganz „Durch die historisch gewach- Wie könnte das aussehen? viel Leidenschaft für das Alte dabei.“ senen Strukturen im Ortskern Beispiele anschauen! Monika Hutter, entsteht eine Wohlfühlqualität, Wir vermitteln für Sie: Dorf- und Regionalentwicklung die man in keinem Neubauge- 06151 881-2110 biet findet.“ Was heißt das in Zahlen? Liane Mannhardt, Denkmalschutz Marktpreise kennen! Ein paar Dinge gibt es aber doch zu https://ladadi.kip.net bedenken. Wenn landwirtschaftliche Gebäude vom Betriebsvermögen ins Alles gut und schön, aber wer hat schon Lust auf den gan- Und wenn ich selbst baue? Privatvermögen überführt werden – zen Lärm und Dreck einer Baustelle? Und das über Mona- Förderungen nutzen! wenn also beispielsweise die alte te oder sogar Jahre! Hier braucht es natürlich ein wenig Lassen Sie sich beraten: Scheune an Bauwillige verkauft wird Geduld und Fantasie – damit einen die Vorfreude durch 06151 881-2110 – dann sind in der Regel Steuern fäl- die Bauphase trägt. Aber wenn dann endlich alles fertig lig. Hier sollte man in Ruhe gegen- ist, wird man mächtig belohnt. Meist freuen sich auch alle rechnen, was sich durch Umbau oder anderen mit, denn Innenentwicklung bedeutet erfah- Sanierung an Gewinn erzielen lässt. rungsgemäß eine Aufwertung für den gesamten Ort. 7
Innenentwicklung fördern – Mensch und Umwelt profitieren davon Alle an einen Tisch: Gemeinsam gute Lösungen entwickeln Warum setzt sich das Netzwerk Innenentwicklung im Landkreis Darmstadt-Dieburg so intensiv dafür ein, dass freie Grundstücke und Leerstände im Ort genutzt werden? Weil neuer Wohn- raum in der Ortsmitte wichtig ist für einen lebendigen Ortskern – und damit automatisch auch ein Anliegen von Landkreis und Gemeinde. Das Bauen im Bestand ist allerdings komplexer als auf der Was außerdem zählt: grünen Wiese. Deshalb unterstützen Kreis und Gemeinde • Bauen im Bestand reduziert den Flächenverbrauch – die Maßnahmen der Innenentwicklung mit Beratung und das ist ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll. Und wird das Land Hessen, teils auch der Bund, mit finanzieller För- deshalb mittlerweile auch per Gesetz von den Kommu- derung. Dazu gehört auch ein Standort-Management: nen mit Vorrang gefordert. Gemeinsam mit den Menschen, die den Ortskern nutzen, • Weniger Flächenverbrauch bedeutet außerdem: Der dort Eigentum besitzen oder dort bauen wollen, helfen Ort kann seine Ressourcen schützen und schöne Land- die Mitarbeitenden Ihrer Gemeinde dabei, passgenaue schaften erhalten – davon profitieren auch die nach- Lösungen zu finden und Probleme auszuräumen. folgenden Generationen. • Beim Bauen im Ort können bereits vorhandene Infra- Jedes Bauvorhaben im Ort ist ein weiterer Baustein für strukturen genutzt werden – anders als in Neubauge- den Erhalt lebendiger Ortsmitten! bieten. Kurz gesagt: Es wird ein wichtiger Beitrag zur nachhalti- • Innenentwicklung stärkt den Ortskern und erhält ihn gen Ortsentwicklung geleistet! als wichtigen Ort für Treffpunkte und Angebote für alle. • Neuer Wohnraum im Ortskern sorgt dafür, dass neues Leben einzieht. • Das steigert die Wohn- und Lebensqualität für alle Ortsansässigen. 8
beispielhaft Eigentümerfamilie | Modau Auf den nächsten Seiten finden Sie tolle Beispiele für Innenentwicklung: Bau-Projekte im Landkreis Darmstadt-Dieburg – in den drei Kategorien Sanierung, Umnutzung und Rückbau | Neubau. An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an alle Bauherrinnen und Bauherren, die hier ihre Geschichte erzählen und deren Häuser und Wohnungen wir für diese Broschüre fotografieren durften! Sanierung Umnutzung Rückbau | Neubau Arztpraxis und mehr im „Alten Rathaus“ | Hergershausen Mehrgenerationenwohnen | Habitzheim Hofreite | Nieder-Klingen 9
Vorher: 2018 Beispielhaft: Sanierung im Ortskern von Lengfeld/Otzberg Hier wurde eine kleine Hofreite komplett saniert – in zwei Schritten: Beim Kauf im Jahr 1999 renovierten die Eigentümer mit viel Aufwand das Gebäudeinnere. 2020 kam dann auch das Schindeln in schön: Äußere zu neuem Glanz, dank einer engagierten Vom Entlein zum Schwan Architektin und ihrer Fachkenntnisse. Wie alt das Haus im Neuweg 13 ist, weiß keiner so genau, denn Pläne existieren nicht zu diesem Gebäude. Das sollte den gebürtigen Lengfelder Gerd Arnold und seine Frau Gaby aber nicht schrecken: Sie kauften das Grund- stück samt Haus 1999 und renovierten das Innere fast zwei Jahre lang mit viel Engagement. Dass das Wohnhaus nun, rund 20 Jahre später, auch von außen richtig saniert werden konnte, haben die Arnolds einer erfahrenen Architektin zu verdanken – denn die hatte sie auf Förderungen aufmerk- sam gemacht, mit „Ich habe mich eigentlich denen eine Sanierung kaum kümmern müssen, alles im Ortskern unterstützt lief reibungslos. Und auf der wird. Baustelle wurde viel gelacht.“ Gerd Arnold, Lengfeld Tatsächlich war die Fas- sade des Hauses zu die- sem Zeitpunkt kein besonderes Schmuckstück: Die Schin- deln schon sehr abgenutzt, der schöne Sandstein am Sockel damals noch unter schadhaftem Putz versteckt. Mit Hilfe der Architektin gingen die Arnolds das Baupro- jekt an, die Fachfrau machte sich dabei unentbehrlich, stellte die Anträge, führte die Bauaufsicht und vermittelte die Handwerksbetriebe. 10 Nachher: 2021
„Früher war unser Haus das hässliche Entlein in der Straße – und schauen Sie es jetzt an!“ “ Info Gerd Arnold Früher Mit dem Ergebnis ist das Paar hochzufrieden. Am meisten erbaut vor 1900, Wohngebäude Eindruck auf Außenstehende machen sicherlich die neu- Zur Haustür geht´s jetzt über 12 neue Stufen, en Schindeln und der freigelegte Sandstein am Sockel des samt neuem Podest und neuem Handlauf. Hauses. Schon während der Bauarbeiten gab es dafür viel Heute positive Resonanz aus dem Ort, auch von Passant*innen. Einfamilienhaus mit rund 82 qm Wohnfläche Die neuen Schindeln kamen erst mal ohne Farbe an die Wand, üblicherweise verarbeitet man sie in Natur, nur mit Holzschutz behandelt. Anschließend ging der Haus- Besonderheiten herr selbst ans Werk: Gemeinsam mit Freunden wurden hochwertiger Wohnraum auf kleiner Fläche alle Schindeln an der Fassade gestrichen, in zwei Durch- gängen. Der neue Anblick diente bereits mehrfach als Paradebeispiel – immer mal wieder schickt der verant- Förderung durch Dorf- wortliche Handwerker jetzt interessierte Kund*innen und Regionalentwicklung für: vorbei, damit sie schauen, ob das tolle helle Grau der Sanierung Wohnhaus, Neben- Schindeln auch für ihr Objekt der richtige Farbton wäre. gebäude und Tor Und der schöne alte Sandstein-Sockel kann jetzt endlich wieder imponieren, nachdem er jahrzehntelang unter Putz verborgen lag. Zur Nachbarseite hin sind es noch die Original- Holzläden, von den Eigentümern selbst auf- gearbeitet. Auf der Hofseite war es allerdings nötig, neue Holzläden anfertigen zu lassen. 11
Vorher: 2018 Beispielhaft: Umnutzung im Ortskern von Waschenbach/Mühltal Eine alte Scheune wird zum Einfamilienhaus – jetzt wohnt es sich ganz modern im Bruchstein- Altes Gemäuer – gebäude, mit viel Licht und Luft. Und mit vielen wiederverwendeten Baumaterialien, die vom modernes Leben Eigentümerpaar teils in Handarbeit aufbereitet wurden. Mitten in Waschenbach, einem Ortsteil von Mühltal, hat das Ehepaar Burkhart und Fröde ein neues Zuhause gefunden: Das alte Bruchsteingebäude wurde bereits um 1820 erbaut, erst als Scheune und Ziegenstall genutzt, später dann als Lager eines Bauunternehmens. Heute wohnen Dr. Beate Burkhart und Felix Fröde hier auf 135 Quadratmetern, plus Holz-Terrasse und gepflastertem Hof mit Nebengebäude. Nach Waschenbach kamen die beiden eher zufällig – das leerstehende Gebäude mit seinen Möglichkeiten, etwas ganz Eigenes zu schaffen, reizte sie. Im Spätsommer 2018 begann das Entkernen, Trocknen, Abtragen, schon Ende 2019 wurde eingezogen, seit 2021 ist auch der Außen- bereich fertig. Und obwohl sie vorher viele Jahre in Los Angeles gelebt hatten, waren sie vom Dorfleben sofort überzeugt. Dass ihre Grundidee so gut funktioniert – diese Kombina- tion aus Alt und Neu – macht die beiden besonders froh. Zum Beispiel die moderne Stahltreppe und die zweihun- dert Jahre alten Bruchsteine: Es passt perfekt zusammen. „Am Anfang haben sich alle gewundert, was wir uns da antun. Und jetzt freuen sie sich mit uns über das tolle Ergebnis.“ Felix Fröde, Waschenbach 12 Nachher: 2021
„Lieben Dank an unsere tollen Nachbarn, die unsere Baumaßnah- men so geduldig ertragen haben!“ “ Info Felix Fröde Früher Überhaupt war es ein Anliegen, die alten Baumaterialien erbaut um 1800, Scheune mit Ziegenstall wiederzuverwenden und so kamen auch Balken aus der Die Stahltreppe, das verbindende Element – alten Scheune, Ziegelsteine aus dem alten Giebel und aus 8 mm gekantetem Stahlblech konstruiert. sogar Pflastersteine aus Otzberg zum Einsatz. Das war Heute zwar aufwändig und mit viel Handarbeit verbunden, seit 2019 Einfamilienhaus doch das Ergebnis belohnt. mit 135 qm Wohnfläche plus Terrasse und Hof mit Natürlich gab es einige Herausforderungen zu meistern. Nebengebäude Eine davon war die Grenzbebauung auf zwei Seiten bei einem kleinen Hof. Eine andere die hohe Feuchtigkeit im Besonderheiten Mauerwerk, die es nötig machte, das Gebäude erst einmal Photovoltaik-Anlage auf der trockenzulegen und die Bruchsteine anschließend kom- Rückseite des Gebäude, plett neu zu verfugen. Luftwärme-Pumpe als Heizung, Wiederverwendung Wertvolle Unterstützung kam dabei von allen Seiten: alter Baumaterialien Vom Statiker und vom lokalen Bauhandwerker, die ihre Ideen eingebracht haben, mit erfahrenem Auge und Lie- be zum Detail. Von der zuständigen Beraterin des Land- Förderung durch Dorf- kreises, die sich interessiert gekümmert hat und flexibel und Regionalentwicklung für: Umbau der historischen auf die unweigerlichen Planänderungen reagierte. Und Scheune zu Wohnzwecken, auch von den Waschenbachern, bei denen zum Beispiel Wiedererrichtung des orts- die originalen Holzbalken, Bruch- und Ziegelsteine zwi- typischen Nebengebäudes, Einzeln aufbereitet und wiederverwendet: Die schengelagert werden durften, weil der eigene Hof Umgestaltung der orts- Pflastersteine im Hof stammen von einer alten typischen Freifläche mit dafür zu klein war. Otzberger Straße. Mauern und Tor 13
Stand: 2019 Beispielhaft: Rückbau/Neubau im Ortskern von Neutsch/Modautal Aus einer denkmalgeschützten Hofreite ent- stehen zwei Wohngebäude – und dabei kom- Wie in alten Zeiten: men nur natürliche und ökologische Materialien zum Einsatz. Zwei Familien stemmen das Projekt Natürliche Materialien gemeinsam, mit viel Eigenleistung und viel und Bauweise Unterstützung der Behörden. Entdeckt wurde die alte Hofreite – beziehungsweise das, was von ihr noch übrig war – von Sandra Oehlschläger bei einem Besuch in Neutsch. Sie war begeistert vom Poten- zial des Geländes, sah aber auch den nötigen Aufwand und hatte daher die Idee, sich mit einer zweiten Familie zusammenzutun. Gemeinsam konnte man das Anwesen 2019 kaufen, erklärtes Ziel war dabei eine ökologische und ortstypische Bauweise. Seit April 2021 leben Sandra Oehlschläger und Florian Kantz mit ihren Kindern dort, wo früher das Haupthaus stand – das vorgesetzte originale Fachwerk zeigt nach außen die ursprüngliche dorfprägende Fassade, aber die Substanz ist komplett neu. Ebenso im ehemaligen „Unsere Ansprechpartnerin Nebengebäude, in dem für das Förderprogramm war früher Stallungen und immer für uns da und hat uns Wirtschaftsräume unter- großartig beraten. Wir sind gebracht waren: Hier wirklich dankbar für diese wohnen seit Dezember kompetente Betreuung.“ 2020 Elisabeth Wagner Michael Kreutzer, Neutsch und Michael Kreutzer samt Kindern in einem modern ausgestalteten Haus – und die alte Natursteinmau- er zeugt von der jahrhundertelangen Geschichte. 14 Stand 2021
„Schon am Abend nach dem Einzug haben wir uns gefühlt, als hätten wir nie woanders gewohnt.“ “ Info Sandra Oehlschläger, Neutsch Früher Der Innenausbau beider Gebäude erfolgte nach ökologi- erbaut um 1810, Hofreite schen Kriterien, es wurde beispielsweise mit Lehmputz Gestaltet mit natürlichen Materialien und und Kalkputz gearbeitet, ganz wie früher. Auch der Holz- großem persönlichen Einsatz. fußboden entstand in alter Bauweise: Anstatt mit Estrich, Heute wie es heute üblich ist, erstellte man eine Holzbalkenun- Wohnfläche von 180 qm terkonstruktion, gedämmt mit Hanf. Nicht nur baubiolo- im Haupthaus und gisch, sondern auch optisch sollte der ursprüngliche Cha- 100 qm Einliegerwohnung rakter beibehalten werden und das wird überall sichtbar plus 230 qm im Neben- – angefangen bei den Fliesen bis hin zur Haustüre. gebäude, viel Außenfläche So gut gelungen ist das Ganze dank kompetenter Unter- stützung der Denkmalschutzbehörde, die bei der orts- Besonderheiten typischen Gestaltung beriet. Oder ihren Spielraum nutzte gemeinschaftliches Projekt und zum Beispiel Schleppgauben genehmigte, um im von zwei Familien, Innenaus- Nebengebäude mehr Licht zu schaffen. Genau wie die bau komplett ökologisch Beraterin für das Förderprogramm Dorfentwicklung, die das Projekt mit viel Interesse und großer Flexibilität betreute, zeitlich wie inhaltlich. Förderung durch Dorf- Das ganze Dorf freut sich heute, wie wohnlich und und Regionalentwicklung ansehnlich das denkmalgeschützte Objekt geworden ist. für: Ausbau Wohnhaus und Gestaltung Hoffläche Ohnehin sind die Neuen mit offenen Armen aufgenom- in denkmalgeschützter men worden, Nachbar*innen kamen schon in der Bau- Gesamtanlage, Wieder- phase mit eingelegten Gurken und auch mal eben mit errichtung Torhaus Laut Gutachten wurde das Holz dieses Balkens dem Traktor, wenn es aussah, als würde Hilfe gebraucht. 1808/1809 geschlagen – hier lebt also über 200 Jahre Geschichte. 15
� Bauwillige Konkrete Schritte planen – mit professioneller Beratung und Unterstützung Fragen kostet nichts: Die Fachleute im Rathaus und im Landratsamt helfen Sie sind interessiert am Bauen im Ortskern? Oder bereit, ein Gebäude oder ein Grundstück zur Verfügung zu stellen? Dann haben Sie sicher viele Fragen. Bitte wenden Sie sich direkt in Ihrer Stadt oder Gemeinde an die Mitarbeiter*innen der Abteilung Bauen – sie sind Ihre ersten Anlaufstellen, vermitteln Kontakte und kennen die Möglichkeiten. Sie möchten bauen? So finden Sie Hier finden Sie weitere Unterstützung: den passenden Ort im Ort: Grundsätzlich können Sie sich immer an die zuständigen Personen in Ihrer In unseren Gemeinden gibt es ein Gemeinde, in den Fachstellen des Landkreises und beim Regionalmanage- Potenzialflächenkataster für das Bau- ment wenden – dort berät man Sie gerne! en im Ortskern. Sämtliche Baulücken, zusätzlich bebaubaren Grundstücke Hilfreich sind auch Leitfäden in Bauherren-Handbüchern: Sie zeigen die typi- und Leerstände sind dort digital schen Phasen eines Bauvorhabens und vermitteln so einen ersten Überblick erfasst. Aufgrund des Datenschutzes von dem, was auf Sie zukommt. Zum Beispiel: „Mehr wissen heißt weniger sind diese Infos nicht öffentlich Ärger“ unter zugänglich, aber: Die Fachabteilung www.diearchitekten.org Bauen in Ihrer Gemeinde hat den www.sanierungsleitfaden-bw.de (Leitfaden Gebäudesanierung) Überblick, wo und wie gebaut wer- den darf und was dabei zu berück- Sobald Sie konkreter wissen, was Sie bauen oder sanieren möchten, wenden sichtigen ist. Lassen Sie sich beraten! Sie sich an die Bauaufsicht des Landkreises, hier lässt sich klären, was nach Konkrete Angebote gibt es außer- dem Baurecht möglich ist: dem im sogenannten Kommunalen Immobilienportal (KIP): Bauaufsicht: https://ladadi.kip.net Standort Kreishaus Darmstadt 06151 881-2341 bauaufsicht@ladadi.de www.ladadi.de/bauen-umwelt/bauaufsicht 16
Grundstücksbesitzer Sie überlegen, Ihr Grundstück anzubieten? So treffen Sie die richtige Entscheidung: Klären Sie für sich, wo und wie sie künftig wohnen möchten: Ist auch auf lange Sicht mit Haus und Garten alles zu schaffen oder wäre weniger Platz eigentlich besser? Gibt es im Ort eine barrierefreie Wohnung, die Sie später mal beziehen könnten oder ist es sinnvoll im eigenen Haus umzubauen? Wie steht die Familie dazu und wie macht es ihr Freundeskreis? Die Fachabteilungen Bauen und Soziales in Ihrem Rathaus informieren Sie gern über die Möglichkeiten im Ort. Falls Sie auch offen sind für andere Wohnformen, zum Beispiel Gemeinschaft- liches Wohnen, finden Sie hier Infos und Austausch: Baurechtliche Vorgaben für das je- Netzwerk Runder Tisch Anders Wohnen beim Regionalmanagement: weilige Grundstück lassen sich auch Standort Kreishaus Dieburg digital abrufen und in einer Karte dar- 06071 881-2067 stellen: Schauen Sie im BürgerGIS, regionalmanagement@darmstadt-dieburg.de dem geographischen Informations- www.wohnprojekte-portal.de system des Landkreises Darmstadt- www.wohnungsanpassung-bag.de Dieburg unter „Bauen, Umwelt“. www.ladadi.de/bauen-umwelt Wenn Sie selbst bauen, kaufen, barrierefrei (um)bauen möchten – das ist Ihre (Klicken Sie hier auf den Button "BürgerGIS") Anlaufstelle für Fragen rund um Wohnungsbauförderung und Modernisie- rung: Ob ein Gebäude als Kulturdenkmal oder als Teil einer Gesamtanlage Wohnbauförderungsstelle: (Ensembleschutz) unter Denkmal- Standort Kreishaus Dieburg schutz steht, erfahren Sie bei der Fach- 06151 881-1140 abteilung für Denkmalschutz des wohnbaufoerderung@ladadi.de Landkreises. Die Fachabteilung beant- wortet Fragen rund um den Denkmal- Hier finden Sie weitere Unterstützung: schutz und berät zu Sanierungsmaß- Wenn Sie Ihr Grundstück oder Ihr Haus verkaufen möchten, dann informieren nahmen und Fördermöglichkeiten. Sie die Fachabteilung Bauen in Ihrem Rathaus – dort werden alle Angebote in eine digitale Übersicht aufgenommen und mit den Gesuchen von Bauwilligen Denkmalschutz: zusammengebracht. Nutzen Sie auch das sogenannte Kommunale Immo- Standort Kreishaus Darmstadt bilienportal (KIP) für Angebote im Ort: 06151 881-2331 https://ladadi.kip.net denkmalschutz@ladadi.de 17
Kosten kalkulieren – Fördermöglichkeiten kennen und nutzen Es tut sich was: Fragen Sie nach finanzieller Unterstützung! Das Land Hessen und der Landkreis Darmstadt-Dieburg haben einiges auf den Weg gebracht, um Ortskerne zu stärken: Die Programme zur Dorfentwicklung, Städtebauförderung, kommunale Anreize und Regionalentwicklung bieten aktuell die wichtigsten Fördermöglichkeiten für private Bauinteressierte. Information ist Geld wert! Fragen Förderungen sind teils auch mit be- Sie Ihre Fachabteilung Bauen in der stimmten Anforderungen gekoppelt, An der Modau | Ober-Ramstadt Gemeindeverwaltung, ob die Ge- es wird beispielsweise eine regional- meinde ein Förderschwerpunkt für typische Bauweise und Qualität Dorfentwicklung oder für Städtebau- angestrebt. Die Grundlagen dazu förderung ist. Manche Kommunen finden Sie in der Broschüre Bauen im bieten auch eigene finanzielle An- ländlichen Raum – hier als PDF zur reize für Bauen im Bestand. Ansicht: Oder wenden Sie sich direkt an die www.umweltministerium.hessen.de Fachabteilung für Dorf- und Regional- entwicklung des Landkreises: Hier gibt es umfassende Informationen über Fördermöglichkeiten und darü- „Wir hatten eine hervorragende Ortsmitte | Ober-Klingen ber hinaus betreut und unterstützt Beratung, unsere Ansprechpartnerin man Sie beim Entwickeln Ihrer Ideen war selbst ganz begeistert von und Sie werden fachlich top beraten. unserem Projekt und hat uns mit großem persönlichen Dorf- und Regionalentwicklung: Interesse begleitet.“ Standort Kreishaus Dieburg Felix Fröde, Waschenbach 06151 881-2110 Altes Rathaus | Hergershausen dere@ladadi.de 18
„Unsere Handwerker sind alle hier aus der Nähe – es war uns wichtig, dass die Förderung wieder dort landet, wo sie herkommt.“ Michael Kreutzer, Neutsch Bei Bauvorhaben, die mit Existenzgründung oder Unter- Stichwort Klimaschutz: Das Land Hessen hat vielfältige nehmensentwicklung verknüpft oder für die Öffentlich- Fördermaßnahmen entwickelt, um Energie zu sparen keit zugänglich sind, gibt es in einigen Kommunen des und das Klima zu schonen. Auch für Altbauten kann man Landkreises auch Förderung aus dem LEADER-Programm. finanzielle Unterstützung beantragen – für energetische Die aktuelle Gebietskulisse und Förderkonditionen erfah- Sanierung und Modernisierung oder für Photovoltaikan- ren Sie vom Regionalmanagement Darmstadt-Dieburg. lagen. Beratung zu den aktuellen Programmen erhalten Sie von der Landesenergieagentur Hessen, kurz LEA, und Regionalmanagement Darmstadt-Dieburg: vom Klimamanagement des Landkreises. Standort Kreishaus Dieburg 06071 881-2067 Klimamanagement des Landkreises: regionalmanagement@darmstadt-dieburg.de Standort Kreishaus Dieburg www.region-darmstadt-dieburg.de 06151 881-1016 energie@ladadi.de LEA Hessen : Wiesbaden Beratung und Unterstützung in allen Fragen 0611 95017-8400 finden Sie bei der Fachabteilung Bauen Ihrer lea@lea-hessen.de Kommune und bei den Fachstellen im Landratsamt. www.lea-hessen.de 19
Herausgeber: Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg Fachbereich Wirtschaft, Standort- und Regionalentwicklung Jägertorstr. 207 | 64289 Darmstadt 06151 881-1016 wirtschaft@ladadi.de www.ladadi.de Grafik: 3f design, Darmstadt Text: Blanktext, Darmstadt Fotos: Patrick Liste (Seite 3) | Michael Falk (Seite 5) Historische Scheune | Waschenbach Renate Weber (Seite 14, klein) Christoph Rau, Darmstadt (alle anderen) Gefördert durch Mitfinanziert durch Dieser Code führt Sie direkt zum Europäischer Landwirtschaftsfonds für die das Land Hessen im Rahmen des ELER-Programm des hessischen Entwicklung des ländlichen Raums: Entwicklungsplans für den ländlichen Raum Ministeriums für Umwelt, Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete des Landes Hessen 2014 – 2020 Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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