Gastrointestinale Tumore bei der Katze - Laboklin

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Gastrointestinale Tumore bei der Katze - Laboklin
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 Ausgabe 2/2020                                                                                    aktuell
 Gastrointestinale Tumore bei der Katze

 Die Ursache für intestinale Symptome wie                        Dabei muss je nach Lage des Falles unter
 Inappetenz, Erbrechen, Abmagerung und                           Berücksichtigung der Klinik und funktioneller
 Durchfall bei Katzen können neben Ent-                          Aspekte (Darmpassage) abgewogen wer-
 zündungen des Magendarmtraktes (Gastri-                         den, ob Biopsien entnommen oder die kom-
 tiden und Enteritiden) und extraintestinalen                    plette Umfangsvermehrung entfernt werden
 Erkrankungen (z. B.: Pankreatitis, Neph-                        soll. Eine zytologische Untersuchung ist hin-
 ropathien) auch Darmtumore sein (Abbil-                         sichtlich der diagnostischen Aussagekraft
 dung 1). Zur diagnostischen Aufarbeitung in                     gegenüber der Histologie unterlegen und
 solchen Fällen, insbesondere hinsicht-                          wird bei solchen Fragestellungen nicht emp-
 lich der Lokalisation, dem Ursprungsorgan                       fohlen.
 und der Ausdehnung der intraabdominalen
 Masse, sind bildgebende Untersuchun-                            Selbst in Fällen in denen intra operationem
 gen oder auch eine Laparatomie hilfreich.                       ein intraluminaler bzw. intraläsionaler Fremd-
 Letztere ermöglicht eine gleichzeitige Ent-                     körper gefunden wird, ist eine Histologie
 nahme von Proben zur histologischen Unter-                      dringend angeraten, da Neoplasien und
 suchung und weiterführenden Diagnostik.                         intestinale Fremdkörper bei Katzen gelegent­
                                                                 lich gleichzeitig vorkommen können.

                                                                 Die histologische Untersuchung ermöglicht
                                                                 außerdem die Bestimmung der Tumorart
                                                                 und Dignität. Es wird angeraten gleichzeitig
                                                                 Proben von den regionalen Lymphknoten
                                                                 zu entnehmen (auch wenn diese sich mak-
                                                                 roskopisch unverändert darstellen), um eine
                                                                 Lymphknotenbeteiligung histologisch abzu-
                                                                 klären. Je nach klinischen Befunden kann
 Abbildung 1: Masse des Dünndarms (Jejunum) bei einer
                                                                 zusätzlich eine Untersuchung von Leber-
 11jährigen, weiblich-kastrierten Katze (histologisch            biopsien sinnvoll sein.
 intestinales Lymphom).

 Eine Unterscheidung von entzündlichen und                       Im Rahmen einer eigenen Studie wurden
 neoplastischen Prozessen ist makrosko-                          Proben von insgesamt 1411 Fällen aus dem
 pisch allein nicht möglich. Intestinale Neo-                    felinen Gastrointestinaltrakt ausgewertet, die
 plasien können als solitäre, gut umschriebe-                    von 2013 bis 2017 zur histologischen Unter-
 ne Umfangsvermehrungen oder als diffuse,                        suchung zu Laboklin eingesandt wurden.
 schlecht abgrenzbare Verdickungen der                           Eingeschlossen wurden nur Fälle bei denen
 Darmwand vorkommen. Insbesondere bei                            Rasse, Alter, Geschlecht des Patienten und
 Katzen treten auch Entzündungsprozesse                          die Entnahmelokalisation bekannt waren.
 bzw. nicht-neoplastische Läsionen auf, die                      Bei 20,8 % der eingesandten Proben fanden
 als noduläre Massen erscheinen (z. B. die                       sich Darmtumore (293 Fälle). Die Verteilung
 feline, eosinophile, gastrointestinale, sklero-                 der Tumorarten ist in Abbildung 2 dargestellt.
 sierende Fibroplasie). Eine histologische
 Unter­suchung ist zur Diagnosestellung des-
 halb zwingend erforderlich.

                             LABOKLIN LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG
Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971-72020 • Fax: 0971-68546 • E-Mail: info@laboklin.com • www.laboklin.com
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 FELINE GASTROINTESTINALE NEOPLASIEN                       Eine histologische Untersuchung ist für
        Sarkome
                  Mastzelltumore                           die Diagnostik dieser Tumore von großer
                       3%
           4%                                              Bedeutung. Die diagnostische Aussagekraft
     Karzinome                                             hängt dabei aber stark von der Entnahme
        18%
                                                           repräsentativer und qualitativ adäquater
                                                           Proben ab. Insbesondere kleinzellige, gut
                                                           differenzierte, gastrointestinale Lymphome
                                                           können in endoskopisch entnommenen
                                                           Schleimhautbiopsien nicht immer klar von
                                        Lymphome
                                                           chronischen Entzündungsprozessen abge­
                                           75%             grenzt werden. Deshalb wird die Unter­
                                                           suchung transmuraler Proben empfohlen,
Abbildung 2: Häufigkeit der Tumorarten im Magendarmtrakt   die auch eine Infiltration tieferer Gewebe-
von Katzen (eigene Ergebnisse, n= 293)
                                                           schichten erkennen lässt, was bei endos-
                                                           kopisch gewonnenen Schleimhautbiopsien
Hinsichtlich der Altersverteilung wurde die                nicht der Fall ist.
Mehrzahl der gastrointestinalen Lymphome
                                                           Mittels histologischer Untersuchung er-
etwa gleich verteilt bei mittelalten (6 bis 10
                                                           folgt darüber hinaus auch die Bestimmung
Jahre) und alten (älter als 10 Jahre) Katzen
                                                           der Wuchsform (nodulär/follikulär, diffus),
diagnostiziert, während andere Tumorarten
                                                           der Tumorzellmorphologie (kleinzellig, in-
häufiger bei Patienten über 10 Jahren auf-
                                                           termediärzellig oder großzellig) sowie des
traten. Rassedispositionen ließen sich in der
                                                           Mitoseindex. Es existieren in der Literatur
eigenen Studie nicht ableiten. In der Literatur
                                                           für intestinale Lymphome unterschiedliche
sind in einigen Untersuchungen Siamkatzen
                                                           Klassifikationen und Nomenklaturen sowie
überrepräsentiert.
                                                           mehrere Gradingsysteme, die histologische
Gastrointestinale Lymphome stellen den                     Merkmale wie Zellmorphologie und Mito-
größten Anteil der Neoplasien im Verdau-                   seindex berücksichtigen. Die Verwendung
                                                           der Gradingsysteme ist in den Studien je-
ungstrakt von Katzen dar. Im eigenen Unter­
                                                           doch uneinheitlich. Anatomische Lokalisa-
suchungsgut waren 75% der gastrointes-
                                                           tion sowie histologische Wuchsform und
tinalen Tumore Lymphome. Eine große,
                                                           Zellmorphologie haben jedoch im Kontext
epidemiologische, retrospektive Studie aus
                                                           mit der immunhistologischen Bestimmung
den USA wertete klinische Fälle von felinen
                                                           des Zellursprungs (B- oder T-Zelllymphom,
Dünn- und Dickdarmtumoren aus, die über
                                                           Abbildung 3) prognostische Relevanz.
40 Jahre in einer veterinärmedizinischen
Datenbank gesammelt wurden (Rissetto et
al. 2011). Der Anteil von Lymphomen in die-
ser Studie (Rissetto et al. 2011) war mit 47%
deutlich geringer. Als Ursachen für diesen
Unterschied sind modernere, sensitivere, di-
agnostische Möglichkeiten, der Einfluss der
FeLV-Impfung und unterschiedliche Studien-
populationen zu diskutieren.

Die    Mehrzahl      der gastrointestinalen
Lymphome der Katze kommen im Dünndarm
vor (69% in der eigenen Studie, 59% bei
Rissetto et al. 2011).                                     Abbildung 3: Immunhistologisches Bild eines
                                                           T-Zelllymphoms, CD3-Immunhistologie, 40x Vergrößerung.
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 Eine molekularbiologische Bestimmung                            tens 4 cm vom palpablen Tumorrand in alle
 der Lymphozytenklonalität (PARR) ist als                        Richtungen.
 zusätzliche Diagnostik prinzipiell möglich,                     Laut Literatur besteht eine Metastasierung
 gestaltet sich jedoch aufgrund der beste-                       in die regionären Lymphknoten oder die
 henden Limitationen insbesondere bei der                        Bauchhöhle bei felinen, intestinalen Karzino-
 Katze schwierig (Schädigung der DNA durch                       men in den meisten Fällen bereits zum Zeit-
 Fixation und Paraffineinbettung, Inhibitoren,                   punkt der Erstdiagnose.
 hoher Prozent­ satz von falsch negativen
 Ergebnissen v.a. bei Katzen).                                   In den untersuchten Fällen der eigenen Stu-
                                                                 die war nur bei 40 % Lymphknotengewebe in
 Im Verdauungstrakt von Katzen kommen                            den Proben enthalten. Bei etwa der Hälfte wa-
 sowohl T- als auch B-Zelllymphome vor. Im                       ren Metastasen festzustellen (Abbildung 4).
 Dünndarm werden am häufigsten kleinzellige                      Eine Entnahme der Lymphknotenge­        webe
 T-Zelllymphome der Mukosa und transmu-                          wird dringend angeraten. Die Prognose für
 rale, großzellige T-Zelllymphome gefunden,                      intestinale Karzinome bei Katzen ist insge-
 wobei ersteren eine längere Überlebenszeit                      samt ungünstig. Es werden variable Über­
 zugeschrieben wird. Großzellige B-Zelllym-                      lebenszeiten von mehreren Wochen bis
 phome kommen bei der Katze v.a. im Magen                        Jahren berichtet.
 und im Bereich des ileocaecalen Übergangs
 vor und sind prognostisch ungünstiger.

 Die zweithäufigste Neoplasie im Magen-
 darmtrakt von Katzen sind intestinale
 Karzinome. Während in den eigenen Unter­
 suchungen in 18 % der Fälle Karzinome
 diagnostiziert wurden, war der Anteil die-
 ses Tumortyps in einer anderen Studie mit
 32 % deutlich höher (Rissetto et al. 2011).
 Etwa zwei Drittel der felinen Karzinome fan-
 den sich in unserer Untersuchung im Dick-                       Abbildung 4: Lymphknotenmetastase eines tubulären, intes-
 darm oder am ileocaecalen Übergang. Ein                         tinalen Karzinoms bei einer Katze.
 Drittel der Karzinome war im Dünndarm
 lokalisiert und nur ein Karzinom wurde im                       Sarkome fanden sich in 4 % der hier unter-
 Magen gefunden.                                                 suchten Tumorfälle und waren damit häufi-
                                                                 ger als in einer anderen Studie (1 % bei Ris-
 Histologisch zeigen feline Darmkarzinome                        setto et al. 2011). Die Sarkome kamen in
 unterschiedliche Wuchsformen (beispiels-                        unserer Untersuchung gleich verteilt in
 weise tubulär, solide, muzinös, skirrhös), die                  Dünn- und Dickdarm vor. Da in der Standard­
 jedoch keine prognostische Relevanz haben                       übersichtsfärbung die genaue Differenzie-
 sollen.                                                         rung des Zellursprunges bei diesen Tumoren
                                                                 nicht möglich ist, wird eine zusätzliche Im-
 In unseren Untersuchungen waren nur bei                         munhistologie empfohlen. Unter Verwen-
 19% der Fälle die Resektatränder (late-                         dung verschiedener Marker können so Leio­
 ral und serosal/mesenterial) sicher frei von                    myosarkome, gastrointestinale stromale
 Tumorzellen. Eine neuere Studie (Morrice                        Tumore (GISTs ausgehend von den Cajal-
 et al. 2019) empfiehlt für die Entfernung von                   zellen), neurogene Sarkome ausgehend von
 nicht-lymphozytären Tumoren im Darmtrakt                        Schwannzellen und Fibrosarkome differen-
 von Katzen einen Abstand von mindes-                            ziert werden.

                             LABOKLIN LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG
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Leiomyosarkome sind bei Katzen insgesamt         Fazit: Bei raumfordernden Prozessen im
selten, kommen aber häufiger vor als GISTs,      Bauchraum kann es sich um Entzündungen
die nur in Einzelfällen beschrieben sind.        oder Neoplasien des Magendarmtrakts
Größere Untersuchungen zu Überlebens-            handeln, die histologisch differenziert
zeiten gibt es für diese Darmtumore bei Kat-     werden sollten. Lymphome, weit gefolgt von
zen nicht. Auch Hämangiosarkome können           Karzinomen, sind die häufigsten gastro­
im Magendarmtrakt von Katzen vorkommen           intestinalen Neoplasien bei Katzen. Eine
und sind prognostisch ungünstig.                 histologische Untersuchung an adäquatem
                                                 Probenmaterial ist für die Diagnosestellung,
Mastzelltumore machten in der vorliegen-         die Beurteilung der Resektatränder und
den Untersuchung etwa 3% der felinen             regionären Lymphknoten sowie die prog-
intestinalen Neoplasien aus. Dieser Anteil       nostische Einschätzung und die Therapie-
ähnelt den Ergebnissen einer anderen Studie      planung essenziell. Immunhistologische
(4% bei Rissetto et al. 2011). Die Mastzelltu-   Untersuchungen können zur weiteren Diffe-
more in unserer Untersuchung fanden sich         renzierung von gastrointestinalen Lympho-
fast alle im Dünndarm. Nur ein Mastzelltu-       men und Sarkomen sinnvoll sein.
mor war im Magen lokalisiert. Mastzelltumo-
re des Magendarmtaktes sind aggressiver
als feline kutane Mastzelltumore und haben       Literatur:
eine schlechte Prognose mit Überlebenszei-       -	
                                                   Meuten: Tumors in Domestic Animals
ten von wenigen Monaten. Da disseminierte          5th edition. John Willey & Sons Inc.,
Mastzelltumore bei Katzen auftreten können,        2017: 13 Tumors of the Alimentary
sollte auch immer einer Beteiligung von an-        Tract: 507-609.
deren Organen wie Leber, Milz und Mesen-
                                                 -	
                                                   Morrice et al. (2019): Evaluation of the
terium und Lymphknoten abgeklärt werden.
                                                   histopathological extent of neoplastic
                                                   infiltration intestinal tumors in cats. Vet
Polypen, die als nicht-neoplastische
                                                   Med Sci 5(3):307-316.
Läsionen eingestuft werden, fanden sich bei
13 Katzen (0,92 % aller eingesandten Ge­         -	
                                                   Rissetto et al. (2011) Recent trends in
webe). Sie kamen damit in dieser Untersu-          feline intestinal neoplasia: an epidemiolo-
chung ähnlich häufig vor wie zum Beispiel          gic study of 1,129 cases in the veterinary
Sarkome und Mastzelltumore und müssen              medical database from 1964 to 2004.
deshalb als Differentialdiagnose bei gast-         J Am Anim Hosp Assoc 47: 28-36.
rointestinalen Massen Beachtung finden.
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