Gebäudebezogene Nutzung von Abwasserwärme - Berliner ...
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Aus Ideen Projekte machen Das Berliner NetzwerkE bringt Energiedienstleister, Techno- logieunternehmen, aber auch Großanwender von Energie und Einrichtungen der Wissenschaft aus Berlin zu den Themen Erneuerbare Energie und Energieeffizienz an einen Tisch. Die Plattform nutzt die unterschiedlichen Kompetenzen der Netzwerkpartner, um innovative Technologien bekannt zu machen und weiterzuentwickeln, neue Arbeitsplätze zu erschließen und damit den Energiestandort Berlin zu stärken. Ziel der Netzwerkarbeit ist es, durch den Austausch von Erfahrungen gemeinsame Projektideen zu identifizieren und diese konkret umzusetzen. Zu diesem Zweck werden inner- halb des Netzwerks vielfältige Möglichkeiten zur Förderung und Anwendung innovativer Energietechnologien aufgezeigt. In konkreten Projekten sollen innovative Lösungen zur Anwen- dung kommen. Themenschwerpunkte des Netzwerks liegen im Bereich Gebäudeleittechnik, Kraft-Wärme-(Kälte-)Kopp- lung, Solarthermie, Geothermie, städtische Windenergie nutzung sowie Abwärme- und Biomassenutzung. Das Berliner NetzwerkE wird mit finanziellen Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt- schaftsstruktur“ unterstützt. Das Berliner NetzwerkE • entwickelt Berliner Konzepte, Produkte und Dienstleistun- gen durch die Arbeit im Netzwerk weiter, • startet konkrete Projekte mit innovativen Technologien und unterstützt auf diese Weise deren Anwendung und Vermarktung, • zeigt den Partnerunternehmen Wege auf, Energie einzu- sparen, und • ist ein offenes Netzwerk. Berliner NetzwerkE
3 Vorwort Klimaschutzziele verwirklichen! Einsparpotenziale durch Abwasser wärmenutzung realisieren Bis zum Jahr 2020 wollen wir in Berlin Wer eine umweltfreundliche und nachhaltige als unseren Beitrag zum Klima- Energieversorgung sicherstellen will, der schutz 4,3 Millionen Tonnen CO2 steht insbesondere in urbanen Ballungs- weniger ausstoßen als noch im gebieten vor einer großen Herausfor- Jahr 1990. Das ist eine Redu- derung. Maßnahmen zur effizienten zierung um 40 Prozent. Als Energienutzung oder zum Einsatz Berliner Senat sind wir davon erneuerbarer Energien sind im Gebäu- überzeugt, dass wir dieses debestand ungleich komplizierter als ambitionierte Ziel nur erreichen im Neubau. Während im Neubau von können, wenn wir auch auf unter- Anfang an neue Technologien im Rah- schiedliche Technologien setzen. men eines Gesamtskonzeptes Verwendung Gerade in einer Stadt, die komplexe finden, müssen im Bestand die vorhandenen Anforderungen an die Energieversorgung stellt, brauchen wir Strukturen berücksichtigt werden. Jedes Gebäude ist maßgeschneiderte Lösungen für ein breites Spektrum von anders. Daher ist es wichtig, für jedes Gebäude den richti- Anwendungen. gen Lösungsansatz für die Absenkung von Energieverbrauch, Energiekosten und CO2-Ausstoß zu finden. Eine nachhaltige und dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren Energien gewinnt dabei immer weiter an Berlin verfügt über einen Bestand von rund 1,9 Millionen Bedeutung. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft hat es sich Wohnungen in 310.000 Gebäuden. Die Neubauquote liegt zur Aufgabe gemacht, das in Berlin vorhandene Potenzial – bei unter einem Prozent pro Jahr. Gemeinsam suchen das dazu gehören vor allem die vielen zukunftsorientierten Unter- Land Berlin und die im Berliner NetzwerkE zusammenge- nehmen und die breite Forschungslandschaft – noch besser schlossenen Partner nach Wegen, Einsparpotenziale in zu nutzen. Das von uns unterstützte Berliner NetzwerkE ist Bestandsgebäuden zu verwirklichen. Eine Möglichkeit ist die ein wichtiger Baustein, um Kompetenzen zu bündeln. Es hat Nutzung von Abwasserwärme. Mit Wärmetauschern und sich zum Ziel gesetzt, innovative Zukunftstechnologien bis Wärmepumpen kann die im Abwasser gespeicherte Energie zur Praxisreife weiterzuentwickeln und Leuchtturmprojekte genutzt und der Einsatz fossiler Energieträger reduziert wer- umzusetzen. 15 Berliner Unternehmen haben sich zusam- den. Die gewonnene Energie dient zum Beispiel zum Heizen mengetan. Sie tauschen Erfahrungen aus und verabreden oder zur Warmwasserbereitung. untereinander gemeinsame Projekte zur effizienten Energie- nutzung und zum Einsatz erneuerbarer Energien. Die vorliegende Broschüre beschreibt einen Weg, wie das Land Berlin seine Klimaziele erreichen kann. Neben einer Die vorliegende Broschüre porträtiert mit der gebäudeinte- kurzen Einführung in das Thema zeigen wir auf, um welche grierten Abwasserwärmenutzung einen Weg, Energie auf Wärmemengen es sich handelt und welche Technologien intelligente Weise zu gewinnen. auf dem Markt sind, um diese Wärme – zumindest teilweise – wieder nutzbar zu machen. Außerdem befasst sich die Viele solcher Beispiele können Berlin insgesamt voranbringen Broschüre mit praktischen Beispielen und zeigt Erfahrungen und die Stadt zu einem Vorbild in Deutschland und darüber mit der Technologie auf. hinaus werden lassen. Michael Geißler Almuth Nehring-Venus Geschäftsführer der Berliner Energieagentur GmbH Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen Vorwort
4 Inhalt Berliner NetzwerkE 2 Vorwort 3 Abwasserwärmenutzung allgemein 5 Wärmequellen im Vergleich 6 Temperaturbereiche verschiedener Wärmequellen 6 Temperaturverläufe im Abwasser eines Wohnhochhauses 7 Wärmeübertrager im Gebäude 10 Halbschalen-Absorber 10 Druckrohrwärmeübertrager 11 AquaCond 11 Flexibler Wärmeübertrager 12 Wärmeübertrager mit offener Strömung 12 FEKA-Modul 13 Aqua-Re-Energie-Trichter® 13 Wärmeübertrager für Einzelduschen 14 Pufferspeicher und Wärmepumpen 15 Notwendigkeit und Dimensionierung 15 Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin 16 Pilotanlage in einem Wohnhochhaus (HOWOGE) 16 Wärmerückgewinnung im Mehrfamilienhaus 18 Betriebshof mit Abwasserwärmerückgewinnung (BSR) 20 Quellen 22 Impressum / Notizen 23 Inhalt
5 Abwasserwärmenutzung allgemein Das Abwasser trägt, genau wie die Abluft, Energie aus dem Innerhalb des Gebäudes kann die Abwasserwärme noch Gebäude. Je nach Massenstrom und Temperaturniveau kann vor der Einleitung des Abwassers in das öffentliche Kanali- sich hier ein „Energieleck“ befinden, das zwingend Abhilfe sationsnetz zurückgewonnen werden. erforderlich macht. Bei der Belüftung ist es bereits die Regel, eine Wärmerückgewinnung für den das Haus verlassenden Vorteile Nachteile Luftstrom einzuplanen. Jetzt rückt auch das Abwasser als bisher nahezu ungenutzte Energiequelle immer mehr in den • relativ hohe Temperaturen • geringe Abwassermengen des Abwassers • große tageszeitliche Fokus des öffentlichen Interesses. • Nähe zur Wärmenutzungs • Schwankungen anlage • evtl. störende Inhaltsstoffe In der Praxis lässt sich die Wärmerückgewinnung aus Abwas- • netzunabhängiger Betrieb ser in Bezug auf den Ort der Energieentnahme in drei Katego- (Betreiber = Verbraucher) rien unterteilen (vgl. Abbildung 1): Im Gebäude selbst, in der Kanalisation oder auf bzw. nach der Kläranlage [Mue 2005, S. 24; DWA 2009, S. 14]. In der Kanalisation kann die Abwasserwärme in größeren Abwasserkanälen oder Abwasser-Druckleitungen gewonnen werden. Rückgewinnung Vorteile Nachteile im Gebäude • Temperaturen auf relativ kon- • Temperaturen geringer als im (aus Rohabwasser) stantem Niveau oberhalb von Gebäude Umweltwärme • Abhängigkeit von den Netz- • ausreichend und stetig vor betreibern handene Abwassermengen • Einbauten im (öffentlichen) • Kombinationsmöglichkeiten Abwasserkanal notwendig von großen Verbrauchern mit nahe gelegenen Abwasser- kanälen Rückgewinnung im Am Standort Kläranlage erfolgt die Abwasserwärme- Abwasserkanal rückgewinnung in der Regel aus gereinigtem Abwasser im (aus Rohabwasser) Ablauf der Kläranlage. Vorteile Nachteile • Wärmeentnahme einfacher • Temperaturen geringer als im (gereinigtes Abwasser) Gebäude • großes Wärmeangebot • große Entfernungen zwischen • keine Beeinflussung der Wärmeerzeugung und Abwasserreinigung • Wärmeabnehmern • Abwasserabkühlung günstig • Abhängigkeit vom für Gewässer Anlagenbetreiber Rückgewinnung in der Kläranlage (aus gereinigtem Gemäß Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwas- Rohabwasser) ser und Abfall e. V. umfasst das theoretische Abwasserwär- mepotenzial die Beheizung von 10 % aller Gebäude [DWA, 2009]. Abbildung 1: Orte der Energieentnahme aus Abwasser [Mue 2005] Abwasserwärmenutzung allgemein
6 Wärmequellen im Vergleich Abwasserwärme kann durch den Einsatz von Wärmepumpen Temperaturbereiche verschiedener Wärme- nutzbar gemacht werden, um auf diese Weise Primärenergie quellen bei der Wärmebereitstellung einzusparen. Dabei wird unter Einsatz von Strom oder Gas als Hilfsenergie die Temperatur Der Temperatur als wichtigem Kriterium wird besondere auf ein nutzbares Niveau angehoben. Man spricht hier von Aufmerksamkeit gewidmet. In der folgenden Tabelle sind der Nutzung von Niedertemperaturwärme. Die Wärme kann Temperaturbereiche verschiedener Wärmequellen, die für z. B. zur Gebäudeheizung oder zur Trinkwarmwasserberei- die Wärmeversorgung mittels Wärmepumpe genutzt wer- tung genutzt werden. In vielen Fällen wird auch lediglich den, im Vergleich dargestellt. eine Vorerwärmung realisiert. Das Abwasser muss sich hier dem Vergleich mit anderen (Niedertemperatur-)Wärme- quellen stellen. Bekannt ist die Nutzung natürlicher Wärme- Wärmequellen (in der Heizperiode) quellen wie Erdreich, Grund- und Oberflächenwasser sowie Bereich Temp. (°C) Umgebungsluft. horizontal indirekt –5 bis +15 Ein wichtiges Vergleichskriterium solcher Wärmequellen ist Erdreich vertikal indirekt –2 bis +10 das Temperaturniveau. Je geringer die Differenz zwischen Ausgangstemperatur und der benötigten Temperatur, desto Energiepfahl –2 bis +10 weniger Hilfsenergie muss von der Wärmepumpe aufge- Grabenkollektor wendet werden. Grundwasser +8 bis +15 Um hohe Erträge aus den Wärmequellen zu erwirtschaften, Binnen- und Wasser –2 bis +15 ist insbesondere die Verfügbarkeit zu berücksichtigen. Dazu Fließgewässer gehören die Speicherfähigkeit bzw. die Wärmekapazität und Meerwasser +5 bis +8 die Gleichzeitigkeit von Wärmeangebot und Wärmebedarf. in 25 m Tiefe Außerdem müssen auch die Erschließung der Wärmequelle Außenluft –25 bis +15 und die Wartung des Systems dem Vergleich standhalten. Hier können evtl. Schwierigkeiten chemischer oder physi- im Gebäude +15 bis +25 kalischer Art Kosten bei der Umsetzung verursachen (z. B. (Wohnhaus) Luftverschmutzungen, Altlasten, Salze, spezifische Gegeben- Kanalisation/ Abwasser +10 bis +15 heiten der Erdschichten). Und nicht zuletzt sollten auch die Kläranlage ökologischen Nebenwirkungen der Systeme bei der Herstel- industrielles bis 60 lung und im Betrieb verglichen werden. Abwasser Tabelle 1: Temperaturen verschiedener Wärmequellen erweitert nach [BAU 2007] Kriterien für Wärmequellen nach [Joos 2004] • Temperaturniveau Es wird deutlich, dass Abwasser in der Regel das ganze • Verfügbarkeit (Wärmespeicherfähigkeit, Regeneration, Jahr hindurch über ein relativ konstantes Mindesttempe- Übereinstimmung von Wärmebedarf und -angebot) raturniveau verfügt. Daher stellt es eine sinnvolle und in • Erschließungskosten (Aufwand, Platzbedarf, Betracht zu ziehende Option für eine effiziente Wärmege- Verbrauchernähe) winnung dar [DWA 2009, S. 16]. Selbst bei steigendem • Wartungsaufwand Wärmebedarf im Winter hat Abwasser – verglichen mit den • stoffliche Schwierigkeiten oben genannten natürlichen Wärmequellen – relativ hohe • ökologische Auswirkungen Temperaturen zu bieten. Im Hinblick auf die energetische Nutzung von Abwasser kann grundsätzlich zwischen industriellen und häuslichen Abwässern unterschieden werden. Aufgrund der Anteile an Prozess- oder auch Warmwasser weist Abwasser eine ver- hältnismäßig hohe Temperatur auf. Auch im Winter liegen die Temperaturen des Abwassers in der Regel zwischen 10 °C und 15 °C in den Kanalisationsrohren oder in der Kläranlage [DWA 2009, S. 3]. Industrielle Abwässer können Wärmequellen im Vergleich Temperaturbereiche verschiedener Wärmequellen
7 durchschnittliche Jahrestemperaturen von 40 °C erreichen [Hei We 2006, S. 4]. Das Schweizer Bundesamt für Energie Systematik der Typkategorien spricht von Temperaturen in Industrieabwässern von bis zu Werktag W Sonntag So 60 °C [Kunz 2008, S. 33]. Sommer (T > 15 °C) SW SSo Zu Abwassertemperaturen in Hausanschlussleitungen gibt es Übergang (5 °C ≤ T ≤ 15 °C) ÜW ÜSo wenige Erfahrungen. Die Temperaturen liegen sicher deutlich höher als in der kommunalen Kanalisation. Nachteilig können Winter (T < 5 °C) WW WSo sich die geringeren Durchflussmengen und deren größere Schwankungen auswirken. Um Anhaltspunkte für Potenziale Tabelle 2: Systematik der Typkategorien für Abwasser-Temperaturganglinien aus Wohnhäusern zu gewinnen, wurden die Abwassertem- peraturen eines Wohnhochhauses in Berlin ausgewertet. mit einer Bandweite von jeweils 20 Messzeitpunkten gebildet. In beiden Abwassersammelleitungen des betrachteten Objektes ergaben sich sehr ähnliche Verläufe, sodass hier Temperaturverläufe im Abwasser eines nur die Abwassertemperaturen eines der beiden Häuser mit Wohnhochhauses etwa 160 Wohneinheiten und einem mittleren Abwasserauf- kommen von etwa 28 m³ pro Tag dargestellt werden.2 Die In einem Doppelhochhaus der Berliner Wohnungsbaugesell- folgenden zwei Diagramme zeigen die Tages-Temperatur- schaft HOWOGE mit ca. 300 Wohneinheiten in Berlin-Hohen- ganglinien für Werktage und Sonntage zu den verschiedenen schönhausen wird seit Dezember 2008 von der HOWOGE Jahreszeiten. Wärme GmbH eine Abwasserwärmenutzungsanlage betrie- ben. Aus zwei Abwassersammelleitungen wird Wärme 30 Werktage zurückgewonnen und mittels einer Wärmepumpe (8 kW) zur 28 Trinkwasservorwärmung nutzbar gemacht. 26 24 Temperatur [K] Zur Bewertung der Anlage werden verschiedene Messwerte 22 kontinuierlich erfasst, unter anderem auch die Abwassertem- 20 peraturen. Die Temperatur wird jeweils im Zu- und Ablauf 18 20 Per. Gleitender Durchschnitt (So_We_50) der beiden Abwassersammelleitungen mittels Schleppfühler 16 20 Per. Gleitender Durchschnitt (Üb_We_50) gemessen. Im Folgenden werden für die Erstellung repräsen- 20 Per. Gleitender Durchschnitt 14 tativer Temperaturganglinien nur die Abwassertemperaturen (Wi_We_50) 12 des Zulaufs, d. h. vor der Wärmeentnahme, über den Betrach- 00:00 02:24 04:48 07:12 09:36 12:00 14:24 16:48 19:12 21:36 00:00 tungszeitraum vom 21.02.2009 bis 20.02.2010 genutzt. Uhrzeit Abbildung 2: Temperaturganglinien der Typkategorien SW, ÜW und WW Die Temperaturganglinien wurden nach den Kriterien Werk- tag und Sonntag sowie Übergangs-, Sommer- und Winter- zeit in insgesamt sechs Kategorien unterteilt. Die ermittelten 30 Sonntage Temperaturganglinien repräsentieren dabei den typischen 28 Verlauf der Abwassertemperaturen aller Tage der jeweili- 26 gen Typkategorie. In der Tabelle 1 ist die Systematik der 24 Temperatur [K] zugrunde gelegten Typkategorien1 dargestellt. 22 20 Für die Ermittlung der Tages-Temperaturganglinien wurde 18 20 Per. Gleitender Durchschnitt (So_So_50) zunächst für die jeweilige Typkategorie der Mittelwert der 16 20 Per. Gleitender Durchschnitt (Üb_So_50) Abwassertemperaturen zu jedem Messzeitpunkt aller zuge- 20 Per. Gleitender Durchschnitt 14 ordneten Tage gebildet. In der Regel wird pro Minute ein (Wi_So_50) 12 Messwert erfasst, sodass pro Tag 1.440 Messzeitpunkte 00:00 02:24 04:48 07:12 09:36 12:00 14:24 16:48 19:12 21:36 00:00 bzw. Temperaturmesswerte vorliegen. Nach der Ermittlung Uhrzeit der Temperaturmittelwerte wurde der gleitende Durchschnitt Abbildung 3: Temperaturganglinien der Typkategorien SSo, ÜSo und WSo 1 Eine Typkategorie bezeichnet eine nach festgelegten Kriterien zusammengehörige Art von Tagen (VDI 4655, S. 6). Die Unterteilung in die verschiedenen Jahreszeiten wurde mittels der Außenluft-Tagesmitteltemperatur vorgenommen. Für die Einteilung nach Werk- und Sonntagen wurde die kalendarische Zuordnung aus dem Betrachtungszeitraum herangezogen. Dabei gelten auch alle gesetzlichen Feiertage als Sonntage. 2 In dem zweiten Haus sind etwa 135 Wohneinheiten mit einem mittleren Abwasseraufkommen von etwa 24 m³ pro Tag vorhanden. Temperaturverläufe im Abwasser eines Wohnhochhauses Wärmequellen im Vergleich
8 Beim Vergleich der Temperaturganglinien der unterschied- Im folgenden Diagramm ist die Jahresdauerlinie der Abwas- lichen Typkategorien wird deutlich, dass sich während der sertemperaturen dargestellt. verschiedenen Jahreszeiten über einen Tag hinweg sehr ähnliche Verläufe ergeben. Als jahreszeitlich spezifische 45 45 Jahresdauerlinie AW-Temperaturen Ausprägung kann lediglich das Temperaturniveau in den Vor- 40 dergrund gestellt werden. An Werktagen sind die Abwas- 40 sertemperaturen im Sommer um durchschnittlich etwa 2,5 K AW-Temperatur [K] 35 bzw. 3,5 K höher als in der Übergangs- bzw. Winterzeit. An 30 Sonntagen ergibt sich ein Temperaturunterschied von etwa 25 1,5 K bzw. 3 K zwischen Sommer und Übergangszeit bzw. 20 Winter. Dieser deutliche Temperaturunterschied ist in erster 15 Linie auf die jahreszeitspezifische Trinkwassertemperatur 10 5 zurückzuführen. Diese wirkt sich auch auf die Abwassertem- 0 peratur aus, zumal sie sich aus etwa einem Drittel Warm- 0 730 1460 2190 2920 3650 4380 5110 5840 6570 7300 8030 8760 trinkwasser und zwei Drittel Kalttrinkwasser zusammensetzt. Anzahl der Stunden pro Jahr [h] Über die ermittelten Temperaturganglinien kann allgemein Abbildung 5: Jahresdauerlinie der Abwassertemperaturen abgeleitet werden, dass nachts die niedrigsten Abwasser- temperaturen vorliegen, während vormittags die Tempera- Anhand dieser Jahresdauerlinie ist ein stabiler Temperaturbe- turen rapide ansteigen, nachmittags wieder leicht abflachen reich zwischen 12 °C und 35 °C zu erkennen. Etwa 97 % der und abends ihren durchschnittlich höchsten Wert erreichen. Zeit liegen die Abwassertemperaturen bei mindestens 15 °C und etwa 75 % des ganzen Jahres bei mindestens 20 °C. Der Temperaturverlauf an Werktagen unterscheidet sich vom Verlauf an Sonntagen insbesondere durch die Verschiebung Volumenstrom der tageszeitlichen Schwankungen. Dies ist im folgenden Um eine Aussage über die zur Verfügung stehende Leistung Diagramm deutlich zu erkennen, das die Temperaturganglinien zu treffen, ist im Zusammenhang mit der Temperatur noch von Werktagen und Sonntagen im Sommer wiedergibt. der Volumenstrom wichtig. Dieser wurde nur kumulativ erfasst (durchschnittlich 28 m³/Tag bei 160 Wohneinheiten). 30 Eine Verteilung des Volumenstroms auf die verschiedenen Werktag und Sonntag 28 Tageszeiten kann annäherungsweise über die Temperaturdif- 26 ferenz vor und nach dem Wärmeübertrager bestimmt wer- 24 den. Ist die Temperaturdifferenz groß, weist das auf einen Temperatur [K] 22 kleinen Volumenstrom hin, da eine kleine Masse Wasser 20 schneller abkühlt als eine große Masse Wasser, der die glei- 18 che Menge Wärme entzogen wird. 20 Per. Gleitender Durchschnitt 16 (So_So_50) 20 Per. Gleitender Durchschnitt Im folgenden Diagramm sind die Abwassertemperaturen der 14 (So_We_50) Kategorie WW und die entsprechende Abwasserabkühlung 12 00:00 02:24 04:48 07:12 09:36 12:00 14:24 16:48 19:12 21:36 00:00 nach der Wärmeentnahme dargestellt. Die durchschnittliche Uhrzeit Abkühlung des Abwassers beträgt etwa 2 K. Es ist auch ein Abbildung 4: Temperaturganglinien der Typkategorien SW und SSo Zusammenhang der Temperaturdifferenz mit dem Tempe- raturniveau des Abwassers erkennbar, das sich analog zu Während an Werktagen die vormittäglichen Höchsttempera- dessen Verlauf verhält. Zu Tageszeiten, in denen niedrige turen zwischen 7 Uhr und 8 Uhr erreicht werden, stellt sich Abwassertemperaturen herrschen, liegen größere Tempe- dieser Vormittags-Peak an Sonntagen erst zwischen 9 Uhr raturdifferenzen (also geringere Volumenströme) vor als zu und 12 Uhr ein. Abends verhalten sich die Schwankungen Zeiten mit hohen Abwassertemperaturen. wieder sehr ähnlich. Insgesamt wurden stark schwankende Abwassertempera- turen im Bereich zwischen 8 °C und 52 °C festgestellt. Dabei sind die Extremtemperaturen absolute Einzelfälle. Die mitt- lere Abwassertemperatur liegt im Sommer bei etwa 24 °C, in der Übergangszeit bei etwa 21,5 °C, im Winter bei etwa 20,5 °C und über das ganze Jahr betrachtet bei etwa 22 °C. Wärmequellen im Vergleich Temperaturverläufe im Abwasser eines Wohnhochhauses
9 30 Die für die Wärmerückgewinnung zur Verfügung stehende Winter Werktag Energie setzt sich aus der schon im Trinkwasser vorhande- Temperatur [K] / Abwasserkühlung [K] 28 26 nen Wärme (Temperaturniveau ca. 10 °C) und aus der für 24 die Erhitzung des warmen Trinkwassers zugeführten Wärme 22 zusammen. Da jedoch keine Abkühlung unter 10 °C erfolgt, 20 beziehen sich die Angaben des Wirkungsgrads für die 18 20 Per. Gleitender Durchschnitt (Wi_We_50_∆T) Wärmerückgewinnung in der Regel nur auf die zugeführte 16 20 Per. Gleitender Durchschnitt Wärmemenge. (Wi_We_50) 14 Aufgrund der gesamten gezapften Warmwassermenge im 12 00:00 02:24 04:48 07:12 09:36 12:00 14:24 16:48 19:12 21:36 00:00 betrachteten Hochhaus ergibt sich ein durchschnittlicher Uhrzeit Warmwasserbedarf (60 °C) von 55 Litern je Wohneinheit Abbildung 6: Abwassertemperaturen und Abkühlung des Abwassers (WE). Das entspricht einer täglichen Wärmemenge von durch den Wärmetauscher der Kategorie WW im Vergleich ca. 3 kWh/WE. Der Rückgewinnungswirkungsgrad ist abhängig vom Volumenstrom und der Verweildauer (bzw. Das folgende Diagramm zeigt die Abkühlung durch den der Wärmeübertragerlänge) sowie von der Wärmeleitfähig- Wärmeübertrager über den Tagesverlauf etwas genauer und keit des Wärmeübertragers. Deshalb wird bei den Systemen stellt auch die Streubreite der zugrunde liegenden Werte dar. in der Regel nur ein Wirkungsgrad angegeben, wenn die Randbedingungen klar sind. Ansonsten müssen den tech- 4,0 nischen Datenblättern die Wärmeübertragereigenschaften ΔT Winter Werktag 3,5 entnommen werden. 3,0 Temperaturdifferenz [K] 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 Uhrzeit Abbildung 7: Temperaturdifferenz vor und nach dem Wärmeübertrager Fazit der Temperaturmessungen ist, dass sich sehr kons- tante Temperaturwerte ergeben. In diesem Fall (160 Wohn- einheiten) ergibt sich tagsüber ein relativ gleichmäßiger Abwasservolumenstrom. Nachts ist zwischen 0 Uhr und 5 Uhr ein stark reduzierter Volumenstrom zu erkennen. Messungen in einem Wohnhausabfluss eines weiteren Gebäudes mit 20 Wohneinheiten zeigen sehr ähnliche Verläufe mit etwas größeren Schwankungsbreiten. Hier wurden bisher keine statistischen Auswertungen vorge- nommen, sodass auf diese Messungen hier nicht weiter eingegangen wird. Bei der Auswahl des Wärmeübertragersystems für den speziellen Fall sollte insbesondere die Konstanz des Volu- menstroms berücksichtigt werden. Hier bieten verschiedene Modelle die Möglichkeit, durch Zwischenspeicherung auch die Energie aus Abwasser mit stark schwankenden Volu- menströmen zu nutzen. Temperaturverläufe im Abwasser eines Wohnhochhauses Wärmequellen im Vergleich
10 Wärmeübertrager im Gebäude In diesem Kapitel werden verschiedene Systeme vorge- Den Doppelmantelwärmeübertrager gibt es bisher für stellt, um im Bereich vor der öffentlichen Kanalisation – also Abwasserrohre mit einer Nennweite von DN 150. Er kann an „gebäudebezogen“ – dem Abwasser Wärme zu entziehen. bestehenden Anlagen ohne eine Öffnung der Abwasserrohre montiert werden. Das Abwassersystem kann aber auch Die nachfolgende Vorstellung von Wärmeübertragertypen ist für den Einsatz des Wärmeübertragers optimiert werden, das Ergebnis einer Recherche. Sie stellt keine Empfehlung indem z. B. der untere Abschnitt gebündelter Fallrohrleitun- dar und erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. gen durch ein Register mit horizontalen Leitungen ersetzt wird. Insbesondere bei einer bevorstehenden Sanierung des Abwasserentsorgungssystems in einem Gebäude können Bei einigen Wärmeübertragern werden Grau- und die Abwasserleitungen an dieses Wärmeübertragungssys- Schwarzwasser getrennt betrachtet, deshalb hier eine tem bestmöglich angepasst werden. kurze Begriffserklärung: • Grauwasser: fäkalienfreie Haushaltsabwässer (Dusche, Bad, Waschbecken, Waschmaschine) – in der Regel ohne Küchenabwässer, da dort oft höhere Belastungen vorkommen • Schwarzwasser: Toilettenabwasser Halbschalen-Absorber Der Doppelmantelwärmeübertrager („Halbschalen-Absorber“) aus Kupfer wird von außen an (bestehende) Abwasser- sammelleitungen (SML-Gussrohr) angebracht. Die Wär- meübertragerelemente haben jeweils eine Länge von 1 m. Die Abwasserleitungen werden mit je zweien der speziell Foto 1: Wärmeübertragungsregister zum Einsatz in Sammelleitungen gefertigten Halbschalen-Absorber mittels Wärmeleitpaste und Rohrschellen außen bündig umhüllt, um einen größt- Der hier vorgestellte Absorber sowie das Register wurden möglichen Wärmeentzug zu erzielen. Auf diese Weise kann von der PEWO Energietechnik GmbH zusammen mit dem auch die Kondensationswärme des in der Abwasserleitung Ingenieurbüro Lang entwickelt. verdunsteten Abwassers genutzt werden. Weiterhin wird durch die Leitfähigkeit der SML-Gussrohre die Wärme über die ganze Oberfläche der Rohre bereitgestellt. Um Wärme- verluste am Doppelmantelwärmeübertrager zu verringern, gehören angepasste, Wasser abweisende Dämmelemente aus PUR-Schaum zu dem System. Wärmedurchgang durch Rohrwand Kondensat Luft Verdunstung Wärmeübergang Abwasser Wärmedurchgang durch Rohrwand Abbildung 8: Wärmeaustauschprozess im Abwasserrohr [Buri und Kobel 2005] Wärmeübertrager im Gebäude Halbschalen-Absorber
11 Druckrohrwärmeübertrager AquaCond Speziell für Prozessabwässer aus der Industrie gibt es einen Das Gerät AquaCond dient der Wärmerückgewinnung aus Druckrohrwärmeübertrager. Der aus einer sehr wärmeleitfä- Abwässern beispielsweise aus Schwimmbädern, Wäsche- higen (25 – 29 W/mK) Edelstahllegierung bestehende Wär- reien, Großküchen etc. Das zuvor von groben Verunreini- meübertrager steht z. Z. für Abwasserrohre mit Nennweiten gungen gefilterte Abwasser durchläuft in diesem Gerät von DN 200 bis DN 2000 zur Verfügung. einen zweistufigen Prozess: Zunächst durchströmt es einen Doppelrohrwärmeübertrager aus einer korrosionsbeständigen Kupfer-Nickel-Legierung, in dem es einen Großteil der Wärme direkt an das Frischwasser abgibt. Im nächsten Schritt wird dem Abwasser über die integrierte Wärmepumpe zusätzliche Wärme entzogen, wobei ein Einfrieren des Abwassers durch die integrierte Regelung verhindert wird. Die im zweiten Schritt gewonnene Wärme wird durch die Wärmepumpe auf das gewünschte Temperaturniveau gebracht und dient der weiteren Erwärmung des Frischwassers. Bei schmutzbelas- tetem Abwasser verfügt die Wärmerückgewinnungsanlage über eine zusätzliche automatische Reinigung. Hierzu wer- den sogenannte Reinigungskörper verwendet, die in regel- mäßigen Abständen mittels Umkehrung der Strömungsrich- tung des Abwassers durch die Wärmeübertrager gedrückt werden (vgl. Abbildung 9). So werden Ablagerungen an der Wärmeübertrageroberfläche auf der Abwasserseite mithilfe der Reinigungskörper entfernt und damit eine Verminderung der Wärmeübertragerleistung aufgrund von Verschmutzun- gen auf dessen Oberflächen gering gehalten. Betriebszustände Reinigungsphase Foto 2: Abwasserdruckrohrwärmeübertrager Abwasser 31 °C Abwasser 31 °C Hier wird die benötigte Länge des Druckrohres durch den Kondensator Warmwasser 35 °C Kondensator Wärmeübertrager ersetzt. In der Doppelwand des Druck- rohrwärmeübertragers kann nun Wasser im Gegenstrom die Reinigungs- Reinigungs- Wärme des Abwassers aufnehmen. Beispielsweise wird körper körper die Wärme von 40 °C warmem Prozessabwasser aus der Kompressor Autoindustrie durch den Wärmeübertrager für den weiteren Rekuperator Rekuperator Einsatz zurückgewonnen. Durchfluss- Durchfluss- mengen- mengen- regulierung Frischwasser regulierung Der hier beschriebene und abgebildete Wärmeübertrager 10 °C wurde von der Firma Rabtherm entwickelt. Verdampfer Verdampfer Abwasser 31 °C Abwasser 0 °C Abbildung 9: Funktionsschema des AquaCond mit Reinigungsphase 3 Für die Integration des Wärmeübertragers finden Sie noch ein Einsatzbeispiel weiter unten. Das hier vorgestellte Gerät wurde von der Firma menerga [men 2010] entwickelt. 3 aus http://katalogi.menerga.lv/Menerga_Tehniskie_Katalogi/Notekudenu_siltuma_atgusanas_iekartas/43-Tips_AquaCond/Menerga_AquaCond_Type-43_Techn_Kat_DE.pdf Druckrohrwärmeübertrager / AquaCond Wärmeübertrager im Gebäude
12 Flexibler Wärmeübertrager Der flexible Wärmeübertrager wurde insbesondere für stark Warm- wasser verunreinigte, feststoffbelastete und aggressive Medien bzw. Abwässer entwickelt. Die Wärmeübertragungsele- mente kann man sich wie lang gestreckte Wasserpflanzen Speicher in Fließgewässern vorstellen. So können sie sich den Strö- mungsverhältnissen anpassen, großen Verunreinigungen Kalt- ausweichen und Verstopfungserscheinungen entgegen- wasser wirken sowie die Bildung von Belägen hemmen. Sie sind einseitig fixiert – an diesem Punkt ist auch der Vor- und Rücklaufverteiler angebracht. Bei den Abwässern können Abwasser Speicher Verunreinigungen durch Feststoffe, Kristalle oder Fasern bis hin zur Gülle vorliegen, wie es in der Regel in industriellen Abbildung 11: Schaltungsbeispiel flexibler Wärmeübertrager [Cal 2009] und landwirtschaftlichen Produktionsprozessen der Fall ist. Wärmeübertrager mit offener Strömung Eintritt Heiz- oder Kühlwasser Austritt Heiz- oder Kühlwasser Die offenen Wärmeübertrager zeichnen sich dadurch aus, Eintritt Abwasser mit Feststoffen oder Kristallen dass das Abwasser auf freier Oberfläche über eine Wärme- Austritt Abwasser mit übertragerplatte strömt und die Wärme an die darunter ver- Feststoffen oder Kristallen laufenden Frischwasserleitungen abgibt. Die Anlagen sind in der Regel aus rostfreiem Edelstahl. Die Bauweise begünstigt Verwirbelungen zur Optimierung des Wärmeübergangs und zur Selbstreinigung der Fließrinne. Auch grobe Verun- reinigungen des Abwassers durch Fasern, Flusen (z. B. bei Wäschereien, Fabriken), Kleinstpartikel oder größere mecha- nische Teile (z. B. Obstkerne beim Maischen in der Destille- rie) sollen kein Hindernis sein. Wenn sich dennoch einmal Ablagerungen innerhalb des Wärmeübertragers bilden, kann während des laufenden Betriebes gereinigt werden. Abbildung 10: Prinzipskizze des flexiblen Wärmeübertragers [Cal 2009] Von der Firma Fercher sind offene Wärmeübertrager sowohl Der flexible Wärmeübertrager hat aufgrund der eingesetzten für einzelne Duschen erhältlich wie auch für Industrieanlagen Werkstoffe (z. B. Polyethylen oder Polyvinylidenfluorid) eine mit stündlichen Abwasserdurchflüssen von bis zu 120 m³ hohe Beständigkeit gegenüber aggressiven und korrosions- [Fer 2010]. fördernden Medien. Die relativ geringe Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffrohre wird durch viele dünnwandige Rohre mit kleinem Außen- durchmesser kompensiert. Die sich daraus ergebende große Wärmeübertragungsfläche ermöglicht dem Wärmeübertra- ger eine relativ hohe Entzugsleistung. Für die Wartung gibt es die Möglichkeit der einfachen Demon- tage des flexiblen Rohrbündels, um eine Reinigung mit Druck- wasser, Dampf oder auf chemische Weise durchzuführen. Durch das Pendeln der frei beweglichen Kunststoffübertragungs- elemente ergibt sich jedoch auch ein Selbstreinigungseffekt. Der hier vorgestellte flexible Wärmeübertrager wurde vom Ingenieurbüro Lang (Berlin) entwickelt und wird von der Foto 3: Schmutzwas- Firma Calorplast [Cal 2009] hergestellt. serwärmeübertrager Wärmeübertrager im Gebäude Flexibler Wärmeübertrager / Wärmeübertrager mit offener Strömung
13 FEKA-Modul Aqua-Re-Energie-Trichter® Das FEKA-System besteht aus Wärmepumpe, Steuerung Auch der für häusliche oder industrielle Abwässer ent- und Filter/Wärmtauscher (FEKA-Modul). Hier findet der wickelte Aqua-Re-Energie-Trichter staut das Abwasser Wärmeaustausch nicht direkt im Abflussrohr statt, sondern zunächst auf, um den Wärmeübergang zu ermöglichen. Das in einem zwischengeschalteten Behälter. Der Rohrbündel- Abwasser gelangt über einen Zulauf in einen Trichter. Hier Wärmeübertrager wird in einen speziell errichteten Schacht findet mittels eines Außenwandwärmeübertragers der Wär- eingebaut, in dem das Abwasser gesammelt wird. Vor meaustausch durch Direktverdampfung statt. der Zuleitung in den Schacht wird das Abwasser zunächst gefiltert. Dabei werden Fäkal- sowie grobe Schmutzstoffe Die Trichterform erzielt beim Abwasserdurchfluss einen zurückgehalten und in regelmäßigen Reinigungszyklen mit- Selbstreinigungseffekt. Mittels Sog- und Strudelwirkung tels einer Spülpumpe direkt in die Kanalisation befördert beim Öffnen des Auslassventils werden Verschmutzungen [FEKA 2009]. Um Verstopfungen des Grobfilters zu vermei- mitgerissen, sodass keine oder nur geringe Ablagerungen den, findet täglich eine automatische Rückspülung statt an den steilen Wänden des Trichters zurückbleiben. Bei [Pil 2007, S. 11]. Über den Schacht, in dem das Wasser sehr starken Verschmutzungen des Abwassers kommen ein des Gebäudekomplexes gesammelt wird, findet mittels Grobteilefilter im Schmutzwasserzulauf und ein im Trichter des Wärmeübertragers die Wärmeentnahme statt. Nach integrierter Rotationsdüsenstock (integraler Reinigungsme- der Wärmeabgabe beginnt die Ableitung des Abwassers chanismus) zum Einsatz. Der Trichter wird in Abhängigkeit in die Kanalisation. Zur Erzielung eines optimalen Wärme- von den anfallenden Abwassermengen größer oder kleiner übergangs wird der Schacht stets bis zu einem bestimmten dimensioniert. Niveau (Überlauf) mit Abwasser befüllt. Zudem besteht der eingesetzte Wärmeübertrager aus einem speziellen Well- Der Aqua-Re-Energie-Trichter ist sowohl in Wohnhäusern als rohr, das auch bei Verunreinigung bzw. Biofilmbildung einen auch in gewerblichen oder industriellen Betrieben mit hohem guten Wärmeübergang zulässt [Wan 2009, S. 12]. Wasserverbrauch und stark verschmutztem Abwasser ein- setzbar. Einsatzgebiete für den Wärmeübertrager sind beispielsweise Schwimmbäder, Seniorenheime, Krankenhäuser, Hotels Die folgende Abbildung zeigt ein Grobschema für den Einbau sowie Wohnsiedlungen. des Aqua-Re-Energie-Trichters. Wärmerückgewinnung aus Abwasser mit Aqua-Re-Energie-Trichter 10 8 1 2 Aqua-Re-Energie-Trichter Wärmepumpe Heizkörper oder 5 Wärmespeicher 11 12 3 6 9 4 7 Pumpe Wärmetauscher Hubkolben- 1 Niveaubirne Wasserstand minimal 7 Abwasserschacht verdichter Kühlmittel Wasser 2 Niveaubirne Wasserstand zu hoch 8 Be- und Entlüftung Ventil Sole/Wasser 3 Spülpumpe 9 Wärmetauscher Abwasser 4 Kommunikationsrohr 10 Soleleitung zur FEKA-Wärmepumpe Abbildung 13: Aqua-Re-Energie-Trichter [DeTec 2009] 5 Überlaufleitung 11 Abwasser Zulauf 6 Temperaturfühler 12 Abwasser zur Kanalisation Der Aqua-Re-Energie-Trichter ist ein Produkt der Firma DeTec Abbildung 12: Schema des FEKA-Moduls mit integriertem Filter und GmbH. Wärmeübertrager im Abwasserschacht [FEKA 2009] Die hier gezeigte Anlage stammt von der Firma FEKA Ener- giesysteme AG. FEKA-Modul / Aqua-Re-Energie-Trichter® Wärmeübertrager im Gebäude
14 Wärmeübertrager für Einzelduschen Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Wärmeübertrager in der Duschwanne zu installieren. Dies setzt den Ersatz der Die wohl kleinste Form der Abwasserwärmenutzung kann Duschwanne voraus. für eine einzelne Dusche installiert werden. Neben dem oben vorgestellten offenen Wärmeübertrager werden dazu noch zwei weitere Wärmeübertragerarten angeboten. Die Wär- meübertrager geben die Wärme direkt wieder an das Dusch- wasser ab, indem sie es der Kaltwasserseite der Misch- batterie zuführen. Der Hersteller empfiehlt, das erwärmte Wasser sowohl der Dusche wie auch dem Heizkesselvorlauf zuzuführen. Hier wird im Einzelfall die Leitungsführung aus- 23 °C schlaggebend für die Entscheidung sein. Für Duschen in oberen Stockwerken kann zu diesem Zweck 40 °C ein Doppelrohrwärmeübertrager einen Teil des Fallrohrs für das Duschabwasser ersetzen. Dafür müssen Schwarz- und 65 °C Grauwasserrohre getrennt werden. 37 °C 23 °C Duschwanne 10 °C Abbildung 14: Fließschema Abwasserwärmerückgewinnung an einem Einzelverbraucher [Firma Hei-Tech] Abwasser Wärmetauscher Syfon Kaltwasser vorerwärmtes Leitungswasser Foto 4: Doppelrohrwärmeübertrager für Grauwasser Abbildung 15: Wärmerückgewinnung in der Duschwanne [Firma Hei-Tech] Die beiden hier vorgestellten Modelle stammen von der niederländischen Firma Hei-tech B.V., die einen Rückgewin- nungswirkungsgrad von 50 % dafür angibt [Hei 2010]. Das ist in diesem Fall möglich, da der Volumenstrom annähernd bekannt ist. Wärmeübertrager im Gebäude Wärmeübertrager für Einzelduschen
15 Pufferspeicher und Wärmepumpen Notwendigkeit und Dimensionierung Um die tatsächliche primärenergetische Relevanz gegen- über anderen Systemen zu ermitteln, sollte eine Bilanz des Pufferspeicher Primärenergiebedarfs und der CO2-Emissionsmengen erstellt Um die zeitliche Abhängigkeit von Wärmeerzeugung und werden. Hierzu können der Primärenergiefaktor und das CO2- Wärmebedarf zu entkoppeln, können Pufferspeicher ein- Äquivalent herangezogen werden. gesetzt werden. Damit kann der wirtschaftliche Betrieb einer Wärmepumpenanlage wesentlich verbessert werden [Dubbel 2007, S. 80]. Pufferspeicher können in das Heiznetz Primärenergiefaktor eingebunden werden und insbesondere bei Schwachlast Faktor CO2-Äquivalent Energieträger sicherstellen, dass die notwendigen Mindestlaufzeiten der [kWhPrim/kWhEnd] [g/kWhEnd] Wärmepumpe erzielt werden. Temporär auftretende Leis- Erdgas 1,1 0,234 tungsschwankungen können folglich durch den Einsatz eines Pufferspeichers abgefangen werden. Die Wärmepumpe kann Flüssiggas 1,1 0,2773 stets mit voller Leistung gefahren werden, da sie durch den Speicher von der Wärmenutzungsanlage entkoppelt werden Biogas 0 0,0576 kann. Heizöl 1,1 0,313 Der Betrieb des Pufferspeichers kann mit einer Stufenladung Strommix Deutschland 2,7 0,649 oder einer Schichtladung erfolgen. Quelle: Primärenergiefaktoren nach EnEV 2009 / CO2-Äquivalent nach GEMIS 4.5 • Bei einer Stufenladung wird der Speicherinhalt mehrmals Tabelle 3: Primärenergiefaktoren und CO2-Äquivalente umgewälzt, bis die gewünschte Entladetemperatur im Speicher erreicht wird. • Bei einer Schichtladung mit geregelter Vorlauftemperatur wird die Ladung ab Ladebeginn auf dem gewünschten Temperaturniveau für die Entladung gehalten. Nachteilig bei der Einbindung eines Pufferspeichers sind die zusätzlichen Investitionskosten sowie der höhere Stromver- brauch für den Pumpbedarf. Wärmepumpen Die vorgestellten Wärmeübertragersysteme werden in der Regel in Kombination mit Wärmepumpen genutzt. Alternativ könnten sie auch der reinen Vorwärmung des in der Folge konventionell erhitzten Wassers dienen. Wärmepumpen in Kombination mit sinnvoll gewählten Wärmequellen bieten die Möglichkeit, den konventionellen Energiebedarf für die Raumwärme sowie die Trinkwasser erwärmung entscheidend zu verringern. Beim Einsatz einer Elektrowärmepumpe muss jedoch der Aspekt einer effizi- enten Stromerzeugung in Kraftwerken in Betracht gezogen werden. Bei gasbetriebenen Wärmepumpen sollte neben dem Vergleich des Gasverbrauchs zu alternativen Kessel- systemen noch die Pumpenleistung zur Durchströmung des Wärmeübertragers beachtet werden. Hierzu wird ein Ver- gleich über die Jahresarbeitszahl (JAZ) 4 vorgenommen. 4 JAZ = Die Jahresarbeitszahl errechnet sich nach der VDI 4650 aus dem Verhältnis der abgegebenen Nutzwärme pro Jahr bezogen auf die eingesetzte elektrische Energie für den Antrieb des Verdichters und der Hilfsantriebe [VDI 4650, S. 5]. Bei 75 % abgegebener Nutzwärme und 25 % eingesetzter elektrischer Energie ergibt sich beispielsweise eine JAZ von 4. Notwendigkeit und Dimensionierung Pufferspeicher und Wärmepumpen
16 Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin Foto 5: Doppelhochhaus in der Seefelder Str. 48/50 Pilotanlage in einem Wohnhochhaus mit Halbschalen-Absorbern umhüllt (Funktionsbeschreibung (HOWOGE) siehe oben). Seit Dezember 2008 betreibt die HOWOGE Wärme GmbH Eine Wärmepumpe mit einer Heizleistung von 8 kW erwärmt eine gebäudeintegrierte Abwasserwärmenutzungsanlage im das Trinkwasser im Teilstrom auf 30 ºC. Der Teilstrom ist als Doppelhochhaus der HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft Bypass im Hauptstrang des Kaltwasserzulaufs zur Warm- mbH in der Seefelder Str. 48/50 in Berlin-Hohenschönhau- wasserbereitung realisiert worden, um einen geringeren sen. Das 1984 errichtete Gebäude mit 294 Wohnungen hat Volumenstrom für die entsprechend ausgelegte Wärmepum- einen Abwasseranfall von etwa 52 m³ pro Tag. penanlage zu erzielen. Im Rahmen dieses Pilotprojektes wurde untersucht, ob ein Das erwärmte Wasser wird dem Hauptstrom zugeführt, bevor Wärmepumpeneinsatz in Verbindung mit einer Abwärmenut- dieser von der vorhandenen konventionellen Trinkwasser- zung aus häuslichem Abwasser im Bereich des Wohnungs- Erwärmungsanlage auf die erforderliche Temperatur von 60 ºC baus nicht nur ökologisch sinnvoll ist, sondern auch positive erwärmt wird. wirtschaftliche Effekte bringt. Die Auswertung der Anlage bringt Erkenntnisse für eine optimale Auslegung sowie Funktionsschema Anpassung künftig zu errichtender Anlagen. Über einen Zwischenkreislauf wird die dem Abwasser ent- zogene Wärme an den Verdampfer der Wärmepumpe abge- Einbindung geben. Derzeit wird im Zwischenkreislauf als Arbeitsmedium Die Wärmeentnahme erfolgt an den beiden Abwassersam- ein Glykolwassergemisch eingesetzt. Dieses nimmt mittels melleitungen, in denen die 18 Fallleitungen des Hauses der oben beschriebenen Wärmeübertrager die Wärme des zusammenlaufen. Sie befinden sich freihängend in je einem Abwassers auf und leitet diese über gedämmte Rohrleitun- Kanal unterhalb der Hausflure zu den Gebäudeausgängen. gen (Kupfer, DN 25) zum Verdampfer des Wärmepumpen- Hier sind jeweils 4 m der SML-Gussrohr-Sammelleitungen moduls. Um die Abwassersammelleitungen bautechnisch Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin Pilotanlage in einem Wohnhochhaus (HOWOGE)
17 bzw. den Rohrquerschnitt nicht zu beeinflussen, wurde (Vorwärmungskreislauf) nachts um 2 Uhr für etwa eine die Idee eines außen anliegenden Wärmeübertragers ver- Stunde thermisch entkeimt. wirklicht. Dadurch wird eine Beeinträchtigung des Abwas- serabflusses während der Montage und des Betriebs der Monitoring und Visualisierung Anlage vermieden. Zu Zwecken der Übertragung und Dokumentation der Mess- werte ist die Anlage mit einer Gebäudeleittechnik ausge- stattet. Die erfassten Messwerte können jederzeit online abgerufen werden. Für die Bewohner der beiden Hochhäuser 60 °C ist zum Zweck der Visualisierung im Eingangsbereich eine Trinkwasser- Tafel angebracht. Sie veranschaulicht die Wärmerückgewin- vorwärmer Trinkkaltwasser nung aus dem Abwasser der beiden Gebäude durch Angabe 55 °C Trinkwasser- vom Hauptanschluss der Temperaturen in den beiden Abwassersammelleitungen Zirkulation (60 °C) vom speicher Trinkwasserspeicher und der durchschnittlichen Anzahl der Wohnungen, die im 35 °C Moment der Messung jeweils aktuell durch die bereitge- stellte Wärmemenge mit Warmwasser versorgt werden. Abwasser- Derzeit wird eine Jahresarbeitszahl von 4,15 erreicht. eintritt SW8 Ökologisch betrachtet kann bei der Kombination mit einem Gasbrennwertkessel eine Einsparung von über 10 % sowohl 20 °C primärenergetisch als auch hinsichtlich der CO2-Emissionen Pufferspeicher Wärmepumpenanlage Abwasser- Abwasser- erzielt werden. Die wirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass Absorberanlage austritt bei den momentanen Energiepreisen die Kostenparität noch Abbildung 16: Grobschema Abwasserwärmenutzung der HOWOGE knapp verfehlt wird. Wärme GmbH [Lang] Als Steuergröße für die Regelung der Wärmepumpe dient die Temperatur des verdampferseitigen Solekreislaufs (Zwei- Punkt-Regelung). Wird eine Temperatur in Höhe von 2 °C erreicht, so wird die Wärmepumpe abgeschaltet, während der Solekreislauf weiterhin umgewälzt wird. Bei einer Tem- peratur des Solekreislaufs von 9 °C schaltet die Wärme- pumpe wieder ein. Auf der kalten Seite bzw. im Zwischenkreislauf ist die Ein- bindung eines Pufferspeichers überflüssig, da ein relativ ste- tiges Abwasservorkommen vorhanden ist. Puffernd wirken u. a. die Abwassergussrohre (SML), die Wärme speichern. Hinzu kommen die Absorber sowie die hohe Anzahl der Abflussleitungen in den Gebäuden, die durch ihre Längen für einen stetigen Abwasserdurchfluss sorgen. Aufgrund des kontinuierlichen Abwasseranfalls kann eine hohe jährliche Laufzeit der Wärmepumpe gewährleistet werden. Im Gegensatz dazu ist auf der warmen Seite ein Pufferspei- cher mit einem Volumen von 500 Litern im Einsatz. Dieser findet in den Zeiten Verwendung, in denen kein Warmwas- serbedarf vorhanden ist. Da das Trinkwasser nur auf 30 °C vorgewärmt wird, erfolgt als Maßnahme zur Vermeidung des Legionellenwachstums im 24-Stunden-Takt eine Aufheizung auf 60 °C. Dabei wer- den der Wärmeübertrager und die Verbindungsleitungen Pilotanlage in einem Wohnhochhaus (HOWOGE) Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin
18 Abbildung 17: Anlagenschema der Abwasserwärmenutzungsanlage in der Ernst-Ludwig-Heim-Straße in Berlin-Buch [Planungsbüro Barthel] Wärmerückgewinnung im Mehrfamilienhaus erfolgt dabei nicht in der gebündelten Abwasserleitung, son- dern direkt im Trichter. Die mittlere Abwassertemperatur Wie bereits erläutert, wurde das System „Aqua-Re-Energie- beträgt zwischen 20 und 25 °C vor und zwischen 5 und 10 °C Trichter“ für die Wärmerückgewinnung (WRG) aus Abwas- nach der Wärmeübertragung. ser im großen Maßstab, beispielsweise in der Industrie, entwickelt. Im Jahr 2009 wurde dieses System erstmals Die aus dem Abwasser gewonnene Wärmeenergie wird in kleinerem Maßstab im Wohnungsbaubereich eingesetzt. durch eine Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau Die Erste Wohnungsgenossenschaft Berlin-Pankow eG gebracht und zur Vorerwärmung des Trinkwassers auf etwa (EWG) startete ein Pilotprojekt zur Wärmerückgewinnung 40 °C genutzt. Die Wärmepumpe hat eine Heizleistung von aus häuslichem Abwasser zur Unterstützung der Trink- 7 kW thermisch bei einer elektrischen Anschlussleistung von wassererwärmung in der Ernst-Ludwig-Heim-Straße in 1,55 kW. Sie ist in einem Bypass an der Hauptleitung des Berlin-Buch. Bei diesem Standort handelt es sich um einen Kaltwasserzulaufs zur Warmwasserbereitung eingebunden. Mehrfamilien-Gebäudekomplex mit 120 Wohneinheiten. Aus Das Trinkwasser wird nach der Vorerwärmung durch die bautechnischen Gründen sind nur 20 Wohnungen an das Wärmepumpe der konventionellen Trinkwassererwärmungs- WRG-System angeschlossen. Der Warmwasserverbrauch anlage zugeführt und mittels Fernwärme weiter erwärmt. beträgt durchschnittlich 40 bis 45 Liter und der Kaltwasser- bedarf 95 bis 100 Liter pro Tag und Wohnung. Somit stehen Funktionsschema für die Wärmerückgewinnung zwischen 2.700 und 2.900 Wie bereits im Abschnitt über die Wärmeübertrager erläu- Liter Abwasser pro Tag zur Verfügung. tert, verfügt dieses System über keinen Zwischenkreislauf. Das Kältemittel der Wärmepumpe wird von dem Abwasser Einbindung direkt verdampft. Es wurden insgesamt vier Abwassersammelleitungen der jeweils fünfgeschossigen Wohnhäuser zusammengeführt, Das von der Wärmepumpe mit 40 °C abgegebene Warm- um das aus 20 Wohnungen stammende Abwasser dem wasser wird in einem 500-Liter-Pufferspeicher zwischen- Trichter zuzuleiten. Eine Temperaturmessung des Abwassers gespeichert. Der Speicher gibt die thermische Energie über Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin Wärmerückgewinnung im Mehrfamilienhaus
19 einen Plattenwärmeübertrager mit einer Leistung von 100 kW an das vorzuwärmende Trinkwasser ab. Für die tempera- turabhängig geschaltete Umwälzung sorgt eine Hocheffizi- enzpumpe. Das vorgewärmte Trinkwasser wird zur Nacherwärmung auf die erforderlichen 60 °C dem Warmwassermodul der Fernheizstation zugeleitet. Zur Abdeckung von Spitzenlasten stehen 1.500 Liter Pufferspeicher zur Verfügung. Da die Trinkwasservorwärmung im Durchfluss erfolgt und damit kein zusätzliches, niedrig temperiertes Speichervolu- men vorliegt, können die hygienischen Bedingungen für die Warmwasserbereitung gewährleistet werden. Zur Verhin- Foto 7: Isolierter Aqua-Re-Energie-Trichter und Wärmepumpe derung des Legionellenwachstums wird sowohl ganztägig eine Sollwert-Warmwasservorlauftemperatur von 60 °C gefahren als auch die Trinkwarmwasserspeicher auf diesem Warme Seite der WP Niveau gehalten. Zusätzlich zu den bereits erläuterten Reinigungseffekten des Trichters erfolgt nach jeder Entleerung eine Innenreinigung mittels Fächerdüse. Zusätzlich zur regulären, temperaturge- steuerten Entleerung ist eine Zwangsentleerung program- miert, die das Abwasser ablässt, wenn in 24 Stunden keine reguläre Abflussfreigabe stattfand. Foto 8: Pufferspeicher und Plattenwärmeübertrager im Heizkreislauf der Wärmepumpe Die Anlage wurde am 18.05.2009 in Betrieb genommen. Laut Anlagenbetreiber liegt die momentan erreichte Jahres- arbeitszahl etwa bei 3. Foto 6: Zuleitung der gebündelten Abwassersammelleitung in den Aqua-Re-Energie-Trichter Wärmerückgewinnung im Mehrfamilienhaus Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin
20 Abbildung 18: Anlagenschema der Abwasserwärmenutzungsanlage [Immobilienmanagement BSR] Betriebshof mit Abwasserwärmerückgewin- wasser wird gefiltert, bevor es in einem 10 m3 großen, nung (BSR) doppelwandigen und gedämmten Kunststoffbehälter zwi- schengespeichert wird. Die mittlere Abwassertemperatur Der Müllabfuhr-Betriebshof der BSR in der Gradestraße im Behälter beträgt etwa 28 °C. Nach der Hauptduschzeit wurde infolge einer Zusammenlegung mehrerer Standorte im wird die Abwasserwärmepumpe in Betrieb gesetzt, um dem Jahr 2001 errichtet. An diesem Standort sind ca. 400 Mitar- Grauwasser Wärme zu entziehen und diese für die Frisch- beiter beschäftigt. 250 bis 320 dieser Mitarbeiter duschen wasservorwärmung nutzbar zu machen. Hierzu wird das im zu Stoßzeiten zwischen 13 und 14 Uhr. Ca. 20 Mitarbeiter Behälter zwischengespeicherte Abwasser über einen weite- duschen um 22 Uhr. Aufgrund des großen Aufkommens an ren Filter der Wärmerückgewinnung zugeleitet. Duschabwasser wurde bei der Errichtung des Betriebshofes die Idee einer Wärmerückgewinnungsanlage aus Grauwasser Wärmeübertrager und Wärmepumpe sind hier in einem zur Trinkwasservorerwärmung umgesetzt. Bei dem installierten Gerät integriert. Es wurde vom Hersteller speziell für Abwas- System handelt es sich um eine aus der Schwimmbadtech- ser entwickelt. nik bereits bekannte und erprobte Technik. Dafür wird das Duschabwasser getrennt erfasst und erst nach der Wärme- Die Wärmeübertragung der Abwasserwärme auf das Trink- rückgewinnung in den allgemeinen Abwasserkanal eingeleitet. wasser resultiert aus einer Kombination des Wärmeüber- tragers und der Wärmepumpe. Zunächst durchströmt das Einbindung Abwasser den Wärmeübertrager, bevor es in den Direktver- Als Wärmequelle für die Wärmepumpenanlage dient das dampfer der Wärmepumpe gelangt. In entgegengesetzter Grauwasser aus den Duschräumen. Das erfasste Dusch- Richtung durchfließt das zu erwärmende Trinkwasser ebenso Beispiele der gebäudebezogenen Abwasserwärmenutzung in Berlin Betriebshof mit Abwasserwärmerückgewinnung (BSR)
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