Gemeinderecht für Praktiker - Haidvogl RATGEBER

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Gemeinderecht für Praktiker - Haidvogl RATGEBER
RATGEBER

Haidvogl

Gemeinderecht
für Praktiker
verständlich erklärt

                       recht.verständlich
MANZ RATGEBER

Gemeinderecht für Praktiker
Gemeinderecht
 für Praktiker
      verständlich erklärt

  Alles, was Politik und Verwaltung
 über Gemeinderecht wissen sollten

                von
          Martin Haidvogl
Zitiervorschlag: Haidvogl, Gemeinderecht für Praktiker (2013)

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie
  der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
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 Sämtliche Angaben in diesem Ratgeber erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung
ohne Gewähr; eine Haftung der Autoren sowie des Verlages ist ausgeschlossen.

                           ISBN 978-3-214-03810-6

   © 2013 MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien
                          Telefon: (01) 531 61-0
                         E-Mail: verlag@MANZ.at
                              www.MANZ.at
          Datenkonvertierung und Satzherstellung: Anita Frühwirth
             Coverbild und Karrikaturen: Kateryna Wendlinger
                       Druck: Prime Rate Kft., Budapest
VORWORT

In  den  zwei  Jahrzehnten  meiner  kommunalen  Tätigkeit  musste  ich  immer  
wieder  feststellen,  dass  eine  einfache  und  übersichtliche  Darstellung  des  
Gemeinderechts,  die  auch  für  Laien  lesbar  ist,  leider  fehlt.  Es  gibt  großar-­
tige  Werke,  die  über  hunderte  von  Seiten  alle  Fragen  der  Gemeindeorga-­
nisation  umfassend  behandeln.  Und  es  gibt  unzählige  Aufsätze  und  Bei-­
träge   in   einschlägigen   Zeitschriften,   die   sich   mit   kommunalen   Themen  
detailliert   auseinandersetzen.   Eine   echte   „Einführung   in   das   Gemeinde-­
recht“,   also   einen   kurzen   Überblick   für   Politiker,   Gemeindebedienstete  
XQGLQWHUHVVLHUWH%UJHU¿QGHWPDQDEHUQLFKW
Wie  ist  das  bei  einer  Materie,  die  so  viele  Menschen  betrifft,  möglich?  Die  
Antwort  liegt  wohl  in  einer  Besonderheit  des  Gemeinderechts:  Die  Ge-­
meindevorschriften  sind  als  Landesrecht  nicht  nur  in  den  neun  Bundeslän-­
dern   unterschiedlich,   es   gibt   darüber   hinaus   auch   noch   für   viele   Städte  
eigene  Stadtrechte.  Insgesamt  existieren  damit  in  Österreich  über  zwanzig  
verschiedene  „Gemeinderechte“,  die  zum  Teil  stark  voneinander  abwei-­
chen.  Generell  gültige  Aussagen  sind  daher  nur  schwer  zu  machen.  Kratzt  
PDQDXFKQXUDQGHU2EHUÀlFKHPVVWHVFKRQHLQ9HUZHLVDXIGLHYLHOHQ
oft  sehr  unterschiedlichen  Regelungen  in  den  Bundesländern  und  Statu-­
tarstädten  erfolgen.
Ich  bin  aus  folgenden  Gründen  überzeugt,  dass  es  trotz  dieser  Schwierig-­
keiten  möglich  und  auch  sinnvoll  ist,  einen  Überblick  über  das  Gemeinde-­
recht  zu  geben:
    1.   Die   Bundesverfassung   regelt   einheitlich   die   Grundzüge   des   Ge-­
          PHLQGHUHFKWV XQG ELHWHW HLQH DXVJH]HLFKQHWH %DVLV IU GDV 9HU-­
          ständnis  jeder  Gemeindeordnung.  Die  für  die  jeweilige  Gemeinde  
          geltenden  Regelungen  können  heute  ohnehin  einfach  und  schnell  
          über  das  Internet  nachgelesen  werden.  
    2.   Konkrete  Rechtsprobleme  lösen  auch  Juristen  nicht,  ohne  Gesetz-­
          bücher  zur  Hand  zu  nehmen.  Das  bleibt  also  Niemandem  erspart.  
          Mit   einem   Basiswissen   um   die   Grundsätze   des   Gemeinderechts  
          ¿QGHWPDQVLFKDEHULQGHQ*HPHLQGHRUGQXQJHQXQG6WDGWUHFKWHQ
          viel  besser  zurecht.  
                                                                                          5
Vorwort

  3.   Auch  Spezialregelungen  können  mit  einem  Grundverständnis  des  
         jeweiligen  Rechtsgebiets  besser  interpretiert  werden.  Umgekehrt  
         WUHWHQGLHJU|‰WHQ0LVVYHUVWlQGQLVVHLPPHUGDQQDXIZHQQ9RU-­
         schriften  ohne  dieses  Wissen  aus  ihrem  Zusammenhang  gerissen  
         werden.
Selbstverständlich  kann  ein  Praxishandbuch  auf  viele  Details  nicht  einge-­
hen.   Der   Ratgeber   soll   für   die   kommunale   Praxis   taugen,   übersichtlich  
und  verständlich  sein  –  das  geht  nur  mit  einem  gewissen  „Mut  zur  Lücke“.  
Ob  ich  dabei  zu  weit  gegangen  bin  oder  noch  mutiger  hätte  sein  müssen,  
werden  mir  hoffentlich  Ihre  Rückmeldungen  sagen.  

                                                                   Martin  Haidvogl  

P.S.:  Zu  Recht  wird  heute  eine  geschlechtersensible  Schreibweise  einge-­
fordert.  Ich  habe  auch  in  diesem  „Ratgeber“  versucht,  dieser  Forderung  
nachzukommen.  Leider  musste  ich  feststellen,  dass  die  ohnehin  schwieri-­
ge   Übung,   komplexe   Sachverhalte   kompakt   und   lesbar   darzustellen,   so  
nicht   erreichbar   ist.   Ich   habe   daher   ausnahmsweise   in   diesem   Ratgeber  
davon  Abstand  genommen.  

6
Der Autor
Mag.  Martin  Haidvogl  ist  seit  1993  bei  der  Landeshauptstadt  Graz  als  Ju-­
rist  beschäftigt  und  in  unterschiedlichen  Funktionen  mit  Fragen  des  Ge-­
meinderechts  befasst.  Seit  2001  ist  er  als  Magistratsdirektor  für  die  Lei-­
tung  des  inneren  Dienstes  des  Magistrats  verantwortlich.  Sein  Hauptanlie-­
gen   ist   die   laufende   Modernisierung   der   Stadtverwaltung,   insbesondere  
DXFKGXUFKGLH9HUHLQIDFKXQJYRQ9HUZDOWXQJVDEOlXIHQ

                                                                                  7
INHALT
VORWORT  ........................................................................................      5

GEMEINDERECHT – EINFÜHRUNG  ..............................................    17
I.       Historische  Entwicklung  .......................................................    17
II.      Gemeindeverfassung  und  Gemeinderecht  ...........................    18
III.   Gemeindegesetze,  Stadtstatuten  und  mehr  .........................    19

RECHTLICHE STELLUNG DER GEMEINDE  .................................    22
I.       Gebietskörperschaft  mit  dem  Recht  auf  Selbstverwaltung     22
II.      Verwaltungssprengel  .............................................................    23
III.   Selbständiger  Wirtschaftskörper  .........................................    24
IV.   Städte  mit  eigenem  Statut  .....................................................    25
V.       Interessenvertretung  der  Gemeinden  und  Städte  ...............    26

NAME UND HOHEITSZEICHEN DER GEMEINDE  ......................    27
I.       Name  der  Gemeinde  ..............................................................    27
II.      Wappen,  Farben,  Siegel  ........................................................    28

GEMEINDEGEBIET  ..........................................................................    30

ZWISCHEN AUTONOMIE UND AUFTRAGSARBEIT:
DIE WIRKUNGSBEREICHE DER GEMEINDE  .............................    32
I.         Der  eigene  Wirkungsbereich  –    das  weite  Feld  der    
         Selbstverwaltung  ....................................................................    33
II.        Der  übertragene  Wirkungsbereich  –  im  Auftrag    
         von  Bund  und  Land  ...............................................................    37

                                                                                                       9
Inhaltsverzeichnis

ORGANE DER GEMEINDE  .............................................................    41

ZUSTÄNDIGKEITS- ODER KOMPETENZVERTEILUNG  .............    44
I.        Prüfverfahren  für  die  Suche  nach  dem  zuständigen    
        Organ  ......................................................................................    45
II.       Übertragung  von  Zuständigkeiten  innerhalb    
        der  Gemeinde  .........................................................................          48
          A.   Mandat  .............................................................................      48
          B.   Delegation  ........................................................................       49
          & 'HYROXWLRQ±9HUIJXQJHQLQGULQJHQGHQ)lOOHQ  ............                                 50
          D.   Aufgabenübertragung  auf  eine  staatliche  Behörde  ..........                            51

DER GEMEINDERAT  .......................................................................    53
I.      Aufgaben  .................................................................................    53
II.     Vorsitz  und  Einberufung  ......................................................    54
III.   Öffentlichkeit  der  Sitzungen  .................................................    55
IV.   Vorberatung  der  Anträge  an  den  Gemeinderat  .................    57
V.      Beschlüsse  des  Gemeinderats  ................................................    58
VI.   Gemeinderatswahlen  .............................................................    59

DER GEMEINDEVORSTAND (STADTRAT, STADTSENAT)  .......    62
I.      Aufgaben  .................................................................................    62
II.     Zusammensetzung  und  Wahl  ...............................................    63

DER BÜRGERMEISTER   .................................................................    67
I.      Aufgaben  .................................................................................       68
        A.   Außenvertretung  und  Fertigung  von  Urkunden  ...............                              68
        % 9RUVWDQGGHV*HPHLQGHDPWVE]Z0DJLVWUDWV  .................                                  70
        C.   Durchführung  der  Beschlüsse  von  Kollegialorganen  ......                                 70
        D.   Hemmung  der  Durchführung  von  Beschlüssen  ...............                                71
        E.   Sonstige  Befugnisse  des  Bürgermeisters  .........................                         72
II.     Übertragung  von  Aufgaben  ..................................................    75

10
Inhaltsverzeichnis

III.   Wahl  des  Bürgermeisters  ......................................................    75
       A.   Direktwahl  des  Bürgermeisters  ........................................    75
       B.   Wahl  durch  den  Gemeinderat  ..........................................    76
IV.   Abberufung  des  Bürgermeisters  ..........................................    77

DAS GEMEINDEAMT (STADTAMT, DER MAGISTRAT)  ............    78

PRINZIPIEN DES ORGANHANDELNS  .........................................    80
I.       Weisung    .................................................................................    80
II.      Befangenheit  ...........................................................................    81
III.   Amtsverschwiegenheit  ...........................................................    83
,9 $XVNXQIWVSÀLFKW  .....................................................................    85

DIE GEMEINDE ALS BEHÖRDE  ....................................................    86
I.       Hoheits-­  und  Privatwirtschaftsverwaltung  .........................    86
         A.   Unterscheidungsmerkmale  ..............................................    86
         B.   Bedeutung  der  Unterscheidung  ........................................    87
II.      Prinzip  der  Gesetzesbindung    ...............................................    88
III.   Verordnung    ...........................................................................        89
       A.   Kundmachung  ..................................................................             90
       B.   Durchführungsverordnungen  ...........................................                      93
       & 2UWVSROL]HLOLFKH9HURUGQXQJHQ  ........................................                      94
       ' 9HURUGQXQJVSUIXQJ  ........................................................                 99
IV.   Bescheid  ..................................................................................      100
      A.   Merkmale  des  Bescheids  .................................................                  101
      B.   Arten  des  Bescheids  .........................................................             102
      & 9HUZDOWXQJVYHUIDKUHQ  ......................................................                  102
      D.   Anfechtung  von  Bescheiden  der  Gemeinde  ....................                             103
      E.   Wirksamkeit  des  Bescheids  .............................................                   106
      F.   Instanzen  der  Gemeinde  im  eigenen  Wirkungsbereich  ...                                  107
      * (QWVFKHLGXQJVSÀLFKW  ........................................................                 109
      H.   Aufhebung  von  rechtskräftigen  Bescheiden  ....................                            110
      F.   Aufhebung  durch  die  Aufsichtsbehörde  ..........................                          112

                                                                                                        11
Inhaltsverzeichnis

GEMEINDEWIRTSCHAFT  ...............................................................    115
I.       Gemeindeeigentum  ................................................................    116
II.      Darlehen,  Haftungen  und  andere  Finanzgeschäfte  ............    117
III.   Wirtschaftliche  Unternehmen  ..............................................                    119
       A.   Regiebetriebe  ...................................................................         119
       B.   Eigenbetriebe  ...................................................................         119
       C.   Ausgegliederte  Unternehmen  ..........................................                    122

GEMEINDEHAUSHALT   ..................................................................    124
I.       Budgetbeschluss  .....................................................................    125
II.      Grundsätze  der  Budgetierung  und  Gebarung    ...................                           126
         A.   Sparsamkeit,  Wirtschaftlichkeit  und  Zweckmäßigkeit  ....                              126
         B.   Einjährigkeit  ....................................................................      127
         & 9ROOVWlQGLJNHLW  .................................................................        127
         D.   Bruttoprinzip  ....................................................................      128
         E.   Klarheit  und  Wahrheit  .....................................................           128
         F.   Bindung  an  den  Zweck  und  die  Höhe  der    
             9RUDQVFKODJVDQVlW]H  .......................................................            129
         G.   Gesamtbedeckung  ............................................................            130
         H.   Außerordentliche  Gebarung  .............................................                130
         I.   Anordnungsbefugnis  ........................................................             130
III.   Rechnungsabschluss  ..............................................................    131

FINANZIERUNG DER GEMEINDEAUFGABEN  ............................    132
I.       Prinzip  der  eigenen  Kostentragung  .....................................    132
II.      Finanzausgleich  ......................................................................    132
III.   Ertragsanteile  der  Gemeinden  ..............................................    135
IV.   Ausschließliche  Gemeindeabgaben  ......................................                         137
      A.   Kommunalsteuer  ..............................................................              139
      B.   Grundsteuer  ......................................................................         140
      C.   Interessentenbeiträge    ......................................................             140
      D.   Benützungsgebühren  ........................................................                141
      E.   Gemeindeverwaltungsabgaben  ........................................                        141

12
Inhaltsverzeichnis

GEBARUNGSPRÜFUNG  .................................................................    143
I.       Prüfung  durch  den  Rechnungshof  .......................................    143
         A.   Prüfbefugnis  .....................................................................    143
         % 9HUIDKUHQ  .........................................................................    145
II.      Prüfung  durch  die  Landesrechnungshöfe  ...........................    145
III.   Gebarungsprüfung  im  Rahmen  der  Gemeindeaufsicht  .....    146
IV.   Kontrolleinrichtungen  der  Gemeinden  ................................                         147
      A.   Prüfungs-­  oder  Kontrollausschuss  ...................................                   147
      B.   Kontrollamt,  Stadtrechnungshof  ......................................                    148
      C.   Prüfbefugnis  .....................................................................        149

GEMEINDEAUFSICHT  .....................................................................    150
I.       Zuständigkeit  zur  Aufsicht  ...................................................    150
II.      Grundsätze  der  Gemeindeaufsicht  .......................................    152
III.   Instrumente  der  Gemeindeaufsicht  ......................................                     153
       A.   Allgemeines  Informations-­  und  Prüfungsrecht  ................                         153
       B.   Prüfung  der  Gebarung  ......................................................            153
       & 3UIXQJYRQ9HURUGQXQJHQ  .............................................                    153
       D.   Aufhebung  von  Bescheiden  .............................................                 155
       E.   Prüfung  von  Beschlüssen  und  sonstigen  Maßnahmen  .....                               156
       F.   Ersatzvornahme  ...............................................................           157
       G.   Genehmigungsvorbehalte  ................................................                  158
       + $XÀ|VXQJGHV*HPHLQGHUDWV  ...........................................                     160
       I.   Amtsverlust    .....................................................................      161
       J.   Ordnungsstrafen  ...............................................................          162
       K.   Einberufung  von  Sitzungen  .............................................                162
IV.   Rechtsschutz  gegen  Maßnahmen  der  Gemeindeaufsicht  ...    163

VOLKSANWALTSCHAFT  ................................................................    165

VERANTWORTLICHKEIT DER GEMEINDE UND
IHRER ORGANE  ..............................................................................    167
I.       Politische  Verantwortlichkeit  ...............................................    167
II.        Strafgerichtliche  Verantwortlichkeit  von    
         Gemeindeorganen  ..................................................................    168
                                                                                                      13
Inhaltsverzeichnis

         A.     Amtsmissbrauch,  Untreue  ................................................                  169
         B.     Bestechlichkeit    ................................................................         171
         &    9RUWHLOVDQQDKPH9RUWHLOVDQQDKPH]XU%HHLQÀXVVXQJ  
                („Anfüttern“),  verbotene  Intervention  .............................                      172
         '    9HUOHW]XQJGHV$PWVJHKHLPQLVVHV  ..................................                         173
         E.     Falsche  Beurkundung  und  Beglaubigung  im  Amt  ...........                               174
III.   Strafgerichtliche  Verantwortlichkeit  der  Gemeinde    .........    175
IV.   Verantwortlichkeit  für  Verwaltungsübertretungen  ...........    176
9     9HUSÀLFKWXQJ]XP6FKDGHQHUVDW].......................................    177
        A.   Ersatz  von  Schäden  durch  Akte  der    
             Hoheits  verwaltung:  Amtshaftung  und  Organhaftung    .....    178
        B.   Ersatz  von  Schäden  in  der  Privatwirtschafts  verwaltung  .    179

VOLKS- UND BÜRGERRECHTE IN DER GEMEINDE  .................    182
I.      Gemeindeversammlungen  (Bürgerversammlung)  .............    183
II.     Gemeindevolksbegehren  (Bürgerbegehren,    
          
        Bürgerinitiativen)  ..................................................................    184
III.   Gemeindevolksbefragungen  (Bürgerbefragungen)  ............    185
IV.     Gemeindevolksabstimmungen  (Bürgerabstimmungen,  
      Volksentscheide)  ....................................................................    187

ZUSAMMENARBEIT VON GEMEINDEN  ......................................    189
I.      Privatrechtliche  Kooperationsvereinbarungen  ...................    189
II.     Verwaltungsgemeinschaften  .................................................    190
III.   Gemeindeverband  ..................................................................    191
       A.   Freiwillige  Gemeindeverbände  ........................................    192
       B.   Zwangsverbände  ..............................................................    194

ANHANG
WICHTIGE GESETZE  .......................................................................    197
I.      Bund  ........................................................................................      197
        $ %XQGHV9HUIDVVXQJVJHVHW] %9*   .................................                              197
        % $UW%9*(Fassung  1.  1.  2014)  .............................                            197
        C.   Weitere  Bundes(verfassungs)gesetze    .............................                           199
14
Inhaltsverzeichnis

II.     Land  ........................................................................................      200
        A.   Burgenland  .......................................................................            200
        B.   Kärnten  ............................................................................          201
        C.   Niederösterreich  ...............................................................              201
        D.   Oberösterreich  ..................................................................             201
        E.   Salzburg  ...........................................................................          201
        F.   Steiermark  ........................................................................           202
        G.   Tirol  .................................................................................       202
        + 9RUDUOEHUJ  ........................................................................            202
        I.   Wien  .................................................................................        202

LITERATUR UND NACHSCHLAGEWERKE  ..................................    203
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS  .......................................................    205
STICHWORTVERZEICHNIS  ...........................................................    207

                                                                                                            15
GEMEINDERECHT – EINFÜHRUNG
I. Historische Entwicklung
Die  Gemeindeselbstverwaltung  blickt  auf  eine  lange  –  und  beweg-­
te  –  Geschichte  zurück,  die  bis  auf  die  Reichsverfassung  für  das  
Kaisertum   Österreich   vom   4.  3.   1849   zurückgeht.   Auf   dieser  
Grundlage   wurde   das   Provisorische   Gemeindegesetz   1849   mit  
dem   berühmten   Artikel   I   erlassen:   „Die   Grundfeste   des   freien  
Staates   ist   die   freie   Gemeinde“.   Schon   damals   war   vorgesehen,  
dass  die  Gemeinde  neben  den  vom  Staat  übertragenen  Aufgaben  
auch  einen  eigenen  („natürlichen“)  Wirkungskreis  hat.  
Nach  Rückschlägen  im  Zuge  des  Neoabsolutismus  wurde  mit  dem  
Reichsgemeindegesetz   vom   5.  3.   1862   ein   weiterer   wichtiger  
Eckpfeiler  für  das  heutige  Gemeinderecht  eingeschlagen.  Die  dort  
festgelegten   Grundsätze   der   Gemeindeselbstverwaltung   waren  
durch  Gesetze  der  Landtage  weiter  auszuführen,  sodass  die  Land-­
tage  in  den  Folgejahren  die  ersten  Gemeindeordnungen  und  Ge-­
meindewahlordnungen  beschlossen.
Nach  dem  Ende  der  Monarchie  dauerte  es  lange,  bis  die  Gemein-­
deselbstverwaltung  wieder  auf  festem  verfassungsrechtlichen  Bo-­
den   stand.   Erst   mit   der   Gemeindeverfassungsnovelle   1962   ge-­
ODQJGHU'XUFKEUXFKPLWGHU9HUDQNHUXQJGHU*UXQGVlW]HGHV*H-­
meinderechts   in   den   Artikeln   115   bis   120   des   Bundes-­  
9HUIDVVXQJVJHVHW]HV %9* 0LW:LUNXQJYRPQDK-­
men  in  der  Folge  die  Länder  die  notwendigen  Anpassungen  bzw.  
Neufassungen  der  Gemeindeordnungen  und  Stadtrechte  vor.

                                                                           17
Gemeinderecht – Einführung

II. Gemeindeverfassung und
Gemeinderecht
7URW] ]DKOUHLFKHU $QSDVVXQJHQ XQG 1HXHUXQJHQ ¿QGHQ VLFK ELV
heute  die  grundlegenden  verfassungsrechtlichen  Vorgaben  für  
Gemeinden  in  den  Artikeln  115  –  119a  B-­VG.  Diese  Regelungen  
bilden  die  „Gemeindeverfassung“.  Sie  sind  das  Fundament,  auf  
dem  alle  weiteren  Gemeindevorschriften  aufbauen.  
,P:HVHQWOLFKHQGH¿QLHUHQVLHDXFKZDVKHXWHXQWHUGHPBegriff  
„Gemeinderecht“  verstanden  wird,  nämlich  alle  Regelungen  über
   Q    die  rechtliche  Stellung  der  Gemeinde,
   Q    die  Aufgaben  der  Gemeinde,
   Q    ihre  Organe  (z.B.  Gemeinderat,  Bürgermeister),
   Q   GLH $PWV E]Z *HVFKlIWVIKUXQJ VRZLH GHU 9HUP|JHQV
        und  Haushaltswirtschaft,
   Q   GLH +RKHLWVDNWH 9HURUGQXQJHQ XQG %HVFKHLGH  GHU *H-­
        meinde,
   Q    die  Gemeindezusammenarbeit,
   Q    die  direkte  Demokratie,  
   Q    und  die  Aufsicht  über  die  Gemeinde.
Alles  in  allem  geht  es  also  beim  Gemeinderecht  um  die  Organisa-­
tion  der  Gemeindeaufgaben.  
Die  einzelnen  von  den  Gemeinden  zu  betreuenden  Fachbereiche  
XQGGLHGD]XJHK|ULJHQIDFKVSH]L¿VFKHQ*HVHW]H VRJÄ0DWHULHQ-­
gesetze“  wie  z.B.  Raumordnungsgesetze  oder  Baugesetze)  zählen  
nicht  zum  Gemeinderecht.  

18
III. Gemeindegesetze, Stadtstatuten und mehr

III. Gemeindegesetze, Stadtstatuten
und mehr
Die  Gemeindeverfassung  regelt  nicht  nur  die  Prinzipien  des  Ge-­
meinderechts.   Sie   stellt   auch   klar,   dass   die   detaillierte   Regelung  
der   Gemeindeorganisation   nicht   bundesweit   einheitlich   erfolgen  
soll,  sondern  –  wie  schon  seit  1862  –  den  Ländern  überlassen  wird.  
Alle   Bundesländer   haben   daher   eigene   Gemeindegesetze   („Ge-­
meindeordnungen“),   die   die   Gemeindeorganisation   genauer   re-­
geln.  
Diese   Gemeindegesetze   gelten   allerdings   nicht   für   alle   Gemein-­
den:  15  Städte  Österreichs  haben  aufgrund  ihrer  besonderen  Be-­
deutung  ein  eigenes  Stadtrecht  („Stadtstatut“),  das  ihre  Organi-­
sation  gesondert  regelt.  
Die  Stadtrechte  dieser  „Städte  mit  eigenem  Statut“  („Statutarstäd-­
te“)  sind  wie  die  Gemeindeordnungen  Landesgesetze,  die  sich  an  
den   Rahmen   zu   halten   haben,   den   die   Gemeindeverfassung   vor-­
gibt.   Da   dieser   Rahmen   sehr   weit   gesteckt   ist,   hat   sich   das   Ge-­
meinderecht   dennoch   in   seiner   150jährigen   Geschichte   je   nach  
Land   bzw.   Statutarstadt   im   Detail   recht   eigenständig   entwickelt.  
Eine  Ausnahme  bildet  Niederösterreich:  Dort  haben  die  vier  Statu-­
tarstädte  ein  gemeinsames  Stadtrechtsorganisationsgesetz.  Die  zu-­
sätzlich   bestehenden   Stadtrechte   (z.B.   St.   Pöltner   Stadtrecht)   re-­
geln  nur  mehr  die  wirklich  stadttypischen  Merkmale  (wie  z.B.  das  
Stadtwappen  oder  die  Zahl  der  Gemeinderatsmitglieder).

                                                                                  19
Gemeinderecht – Einführung

                                                                            5
                                                          8                         1
                                                                            4
                                                     10
                                                               9   7
                                                                                        2
                                                                                6           3
                                      11

                   12
                                                                       15

                                                14            13

Abbildung 1: Die Statutarstädte Österreichs
1    Wien                                  9     Steyr
2    Eisenstadt                            10    Wels
3    Rust                                  11    Salzburg
4    St. Pölten                            12    Innsbruck
5    Krems                                 13    Klagenfurt
6    Wr. Neustadt                          14    Villach
7    Waidhofen a.d. Ybbs                   15    Graz
8    Linz

Damit  aber  nicht  genug:  In  manchen  Bundesländern  (z.B.  in  der  
6WHLHUPDUN ¿QGHQVLFKDXFKHLJHQH*HVHW]HVZHUNHIUGLH2UJD-­
QLVDWLRQ YRQ *HPHLQGHYHUElQGHQ VRZLH IU GLH Ä9RONVUHFKWH³
also  der  Mitbestimmungsrechte  der  Gemeindemitglieder.
Schließlich   ist   auch   noch   die   Aufsicht   des   Bundes   über   die   Ge-­
meinden  in  einem  eigenen  Bundes-­Gemeindeaufsichtsgesetz  gere-­
gelt.
Alle  diese  Rechtsvorschriften  sind  gemeint,  wenn  in  diesem  Rat-­
geber  ganz  allgemein  von  den  „Gemeinderechten“  die  Rede  ist.  

20
III. Gemeindegesetze, Stadtstatuten und mehr

TIPP

Am einfachsten finden Sie Gesetze im Rechtsinformationssys-
tem des Bundes unter der Internetadresse www.ris.bka.gv.at.
Wählen Sie zwischen „Bundesrecht“ und „Landesrecht“. Gehen
Sie beim Bundesrecht auf „Bundesrecht konsolidiert“, beim Lan-
desrecht auf das gewünschte Bundesland. In der Suchmaske
muss nun im Feld „Titel, Abkürzung“ nur mehr der Titel des ge-
suchten Gesetzes eingegeben werden. Die korrekten Titel der
wichtigsten Gesetze rund ums Gemeinderecht sind im Anhang
angegeben.
Zum Teil wird als Suchergebnis nicht der Link zum ganzen Ge-
setz angezeigt, sondern mehrere Links zu allen einzelnen Para-
grafen des Gesetzes. Klicken Sie in diesem Fall auf einen Para-
grafen und in der folgenden Ansicht auf „gesamte Rechtsvorschrift
zum heutigen Tag anzeigen“.

                                                                 21
RECHTLICHE STELLUNG DER
GEMEINDE
Wie  vielfältig  die  Aufgaben  der  Gemeinde  sind,  zeigt  sich  daran,  
dass  die  Bundesverfassung  der  Gemeinde  gleich  mehrere  Funktio-­
nen  zugeordnet  hat.  Die  Gemeinde  ist  demnach
  Q     Gebietskörperschaft  mit  dem  Recht  auf  Selbstverwaltung,
  Q    9HUZDOWXQJVVSUHQJHOXQG
  Q     selbständiger  Wirtschaftskörper.

I. Gebietskörperschaft mit dem Recht
auf Selbstverwaltung
Gebietskörperschaften   sind   Körperschaften   des   öffentlichen  
Rechts   mit   räumlich   abgegrenzter   Zuständigkeit.   Bund,   Länder  
und  Gemeinden  unterscheiden  sich  damit  
  Q     von   Körperschaften   des   privaten   Rechts ZLH 9HUHLQHQ
        oder  Aktiengesellschaften,  die  nicht  mit  staatlichen,  hoheit-­
        lichen  Befugnissen  ausgestattet  sind,  einerseits  und  
  Q     von  Personalkörperschaften  öffentlichen  Rechts  wie  z.B.  
        Kammern  oder  der  Hochschülerschaft,  die  nicht  räumlich,  
        sondern   durch   spezielle   persönliche   Merkmale   ihrer   Mit-­
        glieder  bestimmt  sind,  andererseits.
Das  Selbstverwaltungsrecht  der  Gemeinde  (=  Gemeindeautono-­
mie)  besagt,  dass  die  Gemeinde  alle  Angelegenheiten  ihres  eige-­
nen  Wirkungsbereichs  eigenverantwortlich  regeln  darf.  Das  Ge-­
PHLQGHYRON ZlKOW LQ IUHLHU :DKO VHLQH 9HUWUHWHU HV VLQG NHLQH
Weisungen   von   außen   an   die   Gemeinde   erlaubt   und   auch   keine  
5HFKWVPLWWHODQ9HUZDOWXQJVRUJDQHDX‰HUKDOEGHU*HPHLQGH'D
das  Recht  auf  Selbstverwaltung  verfassungsrechtlich  garantiert  ist,  
NDQQHVGLH*HPHLQGHQRWIDOOVDXFKYRUGHP9HUIDVVXQJVJHULFKWV-­
hof  verteidigen  und  durchsetzten.  
22
II. Verwaltungssprengel

Da  der  eigene  Wirkungsbereich  der  Gemeinde  nicht  nur  so  wich-­
tige   hoheitliche   Bereiche   wie   das   Baurecht   und   das   Dienstrecht,  
VRQGHUQDXFKGLHJHVDPWH3ULYDWZLUWVFKDIWVYHUZDOWXQJ ]%9HU-­
träge,  Subventionen,  Bauhof)  umfasst,  kommt  dem  Selbstverwal-­
tungsrecht  in  der  Praxis  sehr  große  Bedeutung  zu.  Das  soll  aber  
nicht   darüber   hinweg   täuschen,   dass   es   zwei   ganz   wesentliche  
Einschränkungen  der  Selbstverwaltung  gibt:
   Q     Im  eigenen  Wirkungsbereich  üben  der  Bund  und  das  Land  
         die  Aufsicht  über  die  Gemeinde  aus.  Dabei  sind  keine  un-­
         PLWWHOEDUHQ (LQJULIIH GXUFK :HLVXQJHQ YRUJHVHKHQ 9LHOH
         Entscheidungen  der  Gemeinde  brauchen  aber  z.B.  eine  Ge-­
         nehmigung  der  Aufsichtsbehörde,  auch  Kontrollen  sind  je-­
         derzeit  möglich,  ebenso  Sanktionen  bei  Gesetzesverstößen.
   Q    ,P%HK|UGHQYHUIDKUHQLVW]ZDUNHLQ5HFKWVPLWWHODQ9HU-­
         waltungsorgane   außerhalb   der   Gemeinde   zulässig.   Dafür  
         gibt  es  gegen  Bescheide  der  Gemeinde  aber  die  Möglich-­
         NHLWHLQHU%HVFKZHUGHDQGLH9HUZDOWXQJVJHULFKWHGHU/lQ-­
         der.  Auch  wenn  es  sich  dabei  um  unabhängige  Gerichte  –  
         DOVRQLFKWXP9HUZDOWXQJVEHK|UGHQ±KDQGHOWlQGHUWGDV
         im  Endeffekt  nichts  daran,  dass  trotz  Selbstverwaltung  eine  
         externe  RechtskontrolleVWDWW¿QGHW
%LV(QGHJLEWHVDXFKYLHOIDFKGLH0|JOLFKNHLWGHUÄ9RUVWHO-­
lung“  an  die  Aufsichtsbehörde,  auf  die  hier  aber  angesichts  der  un-­
mittelbar   bevorstehenden   Abschaffung   nicht   mehr   eingegangen  
wird.

II. Verwaltungssprengel
-HGH*HPHLQGHLVWDXFK9HUZDOWXQJVVSUHQJHO'DVKHL‰WGHU6WDDW
(Bund  und  Länder)  kann  sich  der  Gemeindestrukturen  bedienen,  
um  dort  behördliche  Aufgaben  erledigen  zu  lassen.  Man  spricht  in  
diesem   Zusammenhang   vom   übertragenen   Wirkungsbereich  
der  Gemeinde.  In  diesen  Fällen  fungiert  die  Gemeinde  als  unterste  
(EHQHGHUVWDDWOLFKHQ9HUZDOWXQJ=XPEHUWUDJHQHQ:LUNXQJV-­
                                                                             23
Rechtliche Stellung der Gemeinde

bereich  zählt  z.B.  das  Meldewesen  oder  die  Führung  von  Gebur-­
ten-­,  Ehe-­  und  Sterbebuch  als  Personenstandsbehörde.

III. Selbständiger Wirtschaftskörper
Die  in  der  Praxis  bedeutendste  Funktion  der  Gemeinde  ist  die  als  
selbständiger   Wirtschaftskörper.   Die   Gemeinde   kann   wie   jeder  
3ULYDWHDXFKDP:LUWVFKDIWVOHEHQWHLOQHKPHQPLWLKUHP9HUP|-­
gen  wirtschaften  und  Unternehmen  betreiben.
Die   unschätzbaren   Leistungen   der   Gemeinden   im   Bereich   der  
  Daseinsvorsorge  wären  anders  auch  gar  nicht  denkbar.  Kinder-­
krippen   und   Kindergärten,   Wasser-­   und   Energieversorgung,   öf-­
IHQWOLFKHU9HUNHKU.UDQNHQKlXVHU3ÀHJHKHLPH%HVWDWWXQJXQG
vieles   mehr   wird   heute   wie   selbstverständlich   angeboten.   Diese  
Aufgaben  im  Rahmen  der  Privatwirtschaftsverwaltung  können  
von   der   Gemeinde   selbst,   durch   eigene   Unternehmen   der   Ge-­
PHLQGHRGHUDXFKGXUFKYHUWUDJOLFKYHUSÀLFKWHWHRGHUVXEYHQWLR-­
nierte  Einrichtungen  erbracht  werden.  Es  steht  der  Gemeinde  aber  
auch  frei,  manche  Leistungen  gar  nicht  anzubieten.  Nur  in  Aus-­
nahmefällen   sehen   Landesgesetze   vor,   dass   Gemeinden   für   be-­
stimmte   Infrastruktureinrichtungen   wie   einen   Rettungsdienst,  
eine   Feuerwehr   oder   eine   Kanalisation   zu   sorgen   haben.   Selbst  
dann  müssen  die  Gemeinden  diese  Einrichtungen  allerdings  nicht  
selbst  führen.
Diese   Freiheiten   der   Gemeinde   im   Wirtschaftsleben   bedeuten  
  freilich   nicht,   dass   die   Gemeinde   ihre   Finanzen   ohne   jegliche  
  Einschränkungen   regeln   darf.   Sie   hat   zum   Einen   ihren   Haushalt  
QDFK GHQ 9RUJDEHQ GHU )LQDQ]YHUIDVVXQJ XQG GDPLW QDFK GHQ
  Buchungsregeln  der  sog.  „Kameralistik“)  zu  führen,  zum  Anderen  
bestehen  auch  hier  eine  Reihe  von  Aufsichtsrechten  des  Landes.  
Das  beginnt  bei  umfassenden  Prüfrechten  und  geht  bis  zum  Recht  
der   Aufsichtsbehörde,   wichtige   Geschäfte   zu   genehmigen.   Im  
9RUGHUJUXQG VWHKW GDEHL GLH ZLUWVFKDIWOLFKH /HLVWXQJVIlKLJNHLW
der  Gemeinden  auch  für  die  Zukunft  sicherzustellen.  
24
IV. Städte mit eigenem Statut

Diesen  Einschränkungen  der  Gemeindeautonomie  steht  allerdings  
DXFKHLQJDQ]HUKHEOLFKHU9RUWHLOJHJHQEHU*HPHLQGHQVLQGEH-­
rechtigt,  im  Rahmen  der  Finanzverfassung  Abgaben  vorzuschrei-­
ben  und  einzuheben.  

IV. Städte mit eigenem Statut
Gemeinden  mit  mindestens  20.000  Einwohnern  ist  auf  ihren  An-­
trag  ein  eigenes  Statut  zu  verleihen,  wenn  dadurch  Landesinteres-­
sen  nicht  verletzt  werden.  Stadtstatute  sind  wie  Gemeindeordnun-­
gen   Landesgesetze,   die   allerdings   passgenau   für   die   jeweilige  
Stadt  und  ihre  Anforderungen  das  Stadtrecht  regeln.  Dafür  haben  
Statutarstädte  auch  einen  Tribut  zu  leisten:  Sie  haben  neben  den  
Aufgaben   der   Gemeindeverwaltung   auch   die   Aufgaben   der   Be-­
zirksverwaltung  zu  erledigen.  Eine  Stadt  mit  eigenem  Statut  ist  
somit  nicht  nur  Gemeinde,  sondern  auch  wie  eine  Bezirkshaupt-­
mannschaft  Bezirksverwaltungsbehörde.  

  ACHTUNG!

  Im Gegensatz zu Bezirkshauptmannschaften sind die Statutar-
  städte nicht für die Sicherheitsverwaltung, also die Polizei, zu-
  ständig. In den Statutarstädten (und in allen Städten, in denen
  bis zur Polizeireform Bundespolizeidirektionen eingerichtet wa-
  ren) übernehmen die jeweiligen Landespolizeidirektionen auch
  die Sicherheitsaufgaben. Statutarstädten sind somit keine Poli-
  zeikommanden unterstellt.

                                                                         25
Rechtliche Stellung der Gemeinde

V. Interessenvertretung der Gemeinden
und Städte
In   der   Bundesverfassung   ist   ausdrücklich   vorgesehen,   dass   der  
Österreichische  Gemeindebund  und  der  Österreichische  Städ-­
tebund   die   Interessen   der   Gemeinden   und   Städte   zu   vertreten  
  haben.
$OVRI¿]LHOOHU,QWHUHVVHQYHUWUHWXQJVLQGGHQEHLGHQ%QGHQYLHO-­
fach  besondere  Rechte  eingeräumt,  z.B.
    Q   6WHOOXQJQDKPHUHFKW]X9RUKDEHQLP5DKPHQGHU(XURSlL-­
         schen  Union,
    Q   9RUVFKODJVUHFKWIU0LWJOLHGHUGHVHXURSlLVFKHQ$XVVFKXV-­
         ses  der  Regionen,  oder
    Q   5HFKW]XP$EVFKOXVVYRQ9HUHLQEDUXQJHQEHUHLQHQ.RQ-­
         sultationsmechanismus   und   Stabilitätspakt   inklusive   der  
         QRWZHQGLJHQ 'XUFKVHW]XQJVUHFKWH EHLP 9HUIDVVXQJVJH-­
         richtshof.
Diese  besondere  rechtliche  Stellung  der  beiden  Bünde  ist  insofern  
EHPHUNHQVZHUWDOVHVVLFKXPGDEHLXP9HUHLQHRKQH=ZDQJVPLW-­
gliedschaft  handelt.  Praktisch  gehört  allerdings  jede  Gemeinde  zu-­
mindest  einem  der  beiden  Bünde  an.

26
NAME UND HOHEITSZEICHEN
DER GEMEINDE
I. Name der Gemeinde
Die   Namen   der   Statutarstädte   ergeben   sich   aus   dem   jeweiligen  
Statut   und   könnten   auch   nur   durch   Änderung   des   Statuts,   somit  
durch  Landesgesetz,  verändert  werden.
Für   die   übrigen   Gemeinden   regeln   die   Gemeindeordnungen   die  
Änderungen  der  Namen  von  Gemeinden  und  Ortschaften  und  ge-­
hen  ansonsten  von  den  bisherigen  Namen  aus.  
Namensänderungen  erfolgen  je  nach  Gemeinderecht  durch  
  Q      Beschluss  des  Gemeinderats  mit  Genehmigung  der  Landes-­
         regierung  (z.B.  Steiermark  oder  bei  Kärntner  Ortschaften),
  Q     9HURUGQXQJGHU/DQGHVUHJLHUXQJJUXQGVlW]OLFKDXI$QWUDJ
         der  Gemeinde  (z.B.  bei  Kärntner  Gemeinden)  oder
  Q     /DQGHVJHVHW] ]%9RUDUOEHUJ 
Die  Erhebung  zur  Marktgemeinde  oder  zur  Stadtgemeinde  ist  je  
nach  Land  entweder  Sache  der  Landesregierung  (z.B.  Steiermark)  
oder   des   Landesgesetzgebers   (z.B.   Kärnten).   Die   Bezeichnung  
Markt-­  oder  Stadtgemeinde  ist  eine  Auszeichnung,  mit  der  keine  
EHVRQGHUHQ5HFKWHRGHU3ÀLFKWHQYHUEXQGHQVLQG
In   Stadtgemeinden   heißt   der   Gemeindevorstand   „Stadtrat“,   das  
Gemeindeamt   „Stadtamt“   bzw.   in   Märkten   „Marktgemeinde-­
amt“.  Die  Ortschaften  der  Gemeinde  und  die  Stadtbezirke  der  Sta-­
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vielen   Gemeinde-­   und   Stadtrechten   ist   außerdem      vorgesehen,  
dass   eigens   eingerichtete   Ortsvertreter   (Bezirksvertreter)   Aufga-­
ben  für  die  Ortschaft  (den  Bezirk)  übernehmen.

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Name und Hoheitszeichen der Gemeinde

Der   Name   der   Gemeinde   ist   wie   andere   Namen   auch   geschützt.  
Bei  unbefugtem  Gebrauch  des  Namens  kann  die  Gemeinde  daher  
auf  Unterlassung  oder  Schadenersatz  klagen.

 Bundes-­   Gemeinden   Städte       Markt         Sonstige       Ort-­
 land       gesamt                   gemeinden     Gemeinden      schaften
 Bgld       171            13        66            92             328
 Krnt       132            17        45            70             2.823
 NÖ         573            75        326           172            3.877
 OÖ         444            32        145           267            6.669
 Sbg        119            11        24            84             727
 Stmk       539            35        125           379            2.073
 Tirol      279            11        20            248            672
 Vbg        96             5         11            80             149
 Wien       1              1         –             –              23
 gesamt     2.354          200       762           1.392          17.341

Tabelle 1: Anzahl der österreichischen Gemeinden

Quelle: Homepage des Österreichischen Gemeindebundes,
www.gemeindebund.at, Stand Mai 2013

II. Wappen, Farben, Siegel
Bei   Statutarstädten   sind   die   Hoheitszeichen   der   Stadt   und   ihre  
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geregelt.
Alle   anderen   Gemeinden   bekommen   das   Recht,   ein   Wappen   zu  
führen,  auf  ihren  Antrag  von  der  Landesregierung  verliehen.  Das  
Wappen  muss  für  die  Gemeinde  typisch  sein  und  den  Grundsätzen  
der  Heraldik  (Wappenkunde)  entsprechen.  
Wer   ein   Gemeindewappen   für   gewerbliche   oder   private   Zwecke  
verwenden   will,   braucht   eine   Genehmigung   der   Gemeinde.   Die  
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dar  (ausgenommen  z.B.  in  Graz).
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II. Wappen, Farben, Siegel

Alle   Städte   und   Gemeinden   führen   Siegel.   In   Kärnten   und   der  
Steiermark  zeigen  sie  die  Bezeichnung  (z.B.  „Marktgemeinde“),  
den  Gemeindenamen,  den  politischen  Bezirk  und  –  soweit  vorhan-­
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tige   Urkunden   der   Gemeinde   zu   versehen.   Bescheide   benötigen  
das  Siegel  nicht.  Die  Fälschung  von  Siegeln  ist  mit  gerichtlicher  
Strafe  bedroht.  
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genen  Farben,  Fahnen  und  Flaggen  berechtigt.  

           KÄRNTEN
           In  Kärnten  sind  die  Farben  der  Fahne  in  der  Wappenur-­
           kunde  festzulegen,  das  Wappen  ist  in  die  Fahne  einzuar-­
           beiten.

  HINWEIS

  Beim Lesen von Wappenbeschreibungen ist zu beachten, dass
  „heraldisch links“ rechts ist und umgekehrt. Die Beschreibung
  erfolgt in der Heraldik nämlich aus Sicht des Schildträgers, der
  den Schild, auf dem das Wappen abgebildet ist, vor sich hält.
           Das hier dargestellte Grazer Stadtwappen zeigt somit
           nach der gesetzlichen Beschreibung „einen nach rechts
           schreitenden Panther“.

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RATGEBER

MANZ | Ratgeber geben klare Antworten auf die Rechtsfragen des
Alltags. Einfach und verständlich erklärt mit vielen Beispielen,
Hinweisen & Zusammenfassungen.

AUS DEM INHALT:
X Was ist eine Gemeinde und welche Aufgaben hat sie?
X Welches Gemeindeorgan ist wofür zuständig?
X Was ist eine Verordnung, was ein Bescheid?
X Wie wirtschaftet und finanziert sich eine Gemeinde?
X Wer kontrolliert und beaufsichtigt die Gemeinde?
X Wer haftet in der Gemeinde wofür?
X Direkte Demokratie in der Gemeinde
X Formen der Gemeindezusammenarbeit

Trotz der länderweise unterschiedlichen Rechtslage werden die Themen für
alle Gemeinden Österreichs übersichtlich dargestellt. Dies gelingt ohne ver-
wirrende Paragrafenzitate mit dem Blick eines Praktikers auf das Wesentliche.
Am Beispiel von Kärnten und Steiermark wird Einblick in Detailregelungen
des Gemeinderechts gegeben.

DER AUTOR:
Mag. Martin Haidvogl ist Magistratsdirektor der Landeshauptstadt Graz und
dort seit zwei Jahrzehnten in unterschiedlichen Funktionen mit Fragen des
Gemeinderechts befasst.

                                                    ISBN 978-3-214-03810-6

                                                     9 783214 038106
recht.verständlich
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