GEMEINSAM DIGITAL Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege - Bundesministerium für Gesundheit

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GEMEINSAM DIGITAL Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege - Bundesministerium für Gesundheit
März 2023

                                      1

GEMEINSAM
DIGITAL
Digitalisierungsstrategie für
das Gesundheitswesen und die Pflege
Darum eine
­Digitalisierungsstrategie
 für das Gesundheitswesen
 und die Pflege
NIEDRIGERE                     WENIGER DOKU-
STERBLICHKEIT                  MENTATIONSAUFWAND

Herzinsuffizienz ist der       90 Prozent der Pflegekräfte
­häufigste Grund für statio-   fühlen sich durch Bürokratie
 näre Klinikaufenthalte        belastet

Telemonitoring reduziert       Elektronische Dokumenta-
die Rehospitalisierungs-        tion erleichtert die Arbeit
und Sterblichkeitsrate bei      und spart Zeit, etwa wenn
Patientinnen und Patienten      vernetzte Monitoringsysteme
mit Herzinsuffizienz.          ­Vitalparameter dokumen-
                                tieren.

FEHLMEDIKATION                 KOMPLIKATIONEN
REDUZIEREN                     FRÜHER ERKENNEN

30–40 Prozent der Menschen,    Zu hoher Blutzucker und
die älter als 65 Jahre sind,   Blutdruck können die Nieren
nehmen täglich mindestens      schädigen
vier Arzneimittel ein; ab
75 Jahren nimmt jeder Dritte   Digitalisierung trägt dazu
mindestens acht Arzneimittel   bei, die Gefahr von Nieren-
ein                            schäden bei Diabetikerinnen
                               und Diabetikern früher zu
Daten der ePA können die       erkennen.
automatisierte Prüfung der
Arzneimitteltherapiesicher-
heit unterstützen und zur
Erkennung von Medikations-
risiken beitragen.
Abbildung 1: Beispiele für den Mehrwert der Digitalisierung
                              für Versicherte und Leistungserbringer

 RISIKEN SCHNELLER            MINIMIERUNG VON
­E RKENNEN                    STRAHLENBELASTUNG

Bei etwa 5 von 100 Frauen      Interventionell tätige
wird während der Schwanger-   ­Kardiologinnen und
schaft Gestationsdiabetes      ­Kardiologen haben durch
festgestellt                    hohe Strahlenbelastung
                                ein erhöhtes Krebsrisiko
Durch Digitalisierung kann
Schwangerschaftsdiabetes      Robotergestützte Koronar-
zum Wohle von Mutter und      interventionssysteme kön-
Kind auf Basis vorhandener    nen die Strahlenbelastung
Daten früher behandelt        während der Operation
­werden.                      für die Kardiologin oder
                              den Kardiologen um 95,2
                              Prozent reduzieren.

ENTLASTUNG VON                MEHR ZEIT FÜR
PFLEGENDEN AN-                PATIENTINNEN UND
UND ZUGEHÖRIGEN               PATIENTEN
78 Prozent der pflegenden     55 Prozent der Logopädie-
An- und Zugehörigen von        praxen mit therapeutischen
Menschen mit Demenz sind       Mitarbeiterinnen und
zeitlich und physisch über-   ­Mitarbeitern klagen über
fordert                        Fachkräftemangel

Digitale Anwendungen          Dank Zeitersparnis durch
können zu Hause bei Unter-    Teletherapie lassen sich
haltungs-, Überwachungs-      mehr Patientinnen und
und Erinnerungsaufgaben       ­Patienten versorgen.
unterstützen.
Auf einen Blick –
­Kernvorhaben der Strategie
Wir entwickeln die Telematikinfrastruktur (TI)
und insbesondere die elektronische Patien-
tenakte (ePA) zur individuellen Gesundheits-
plattform der Versicherten weiter. Um die
„ePA für alle“ zu ermöglichen, führen wir ein
Opt-out-Prinzip ein. Das bedeutet: Jeder
Versicherte, der nicht widerspricht, erhält
­zukünftig eine ePA.

„Bis zum Jahr 2025 sollen 80 Prozent der ge-
setzlich Versicherten über eine elektronische
Patientenakte (ePA) verfügen.“

                                                  Wir intensivieren die digitale Transformation
                                                  und die dringend notwendige Entlastung in
                                                  der Pflege. Zu diesem Zweck wird ein Kom-
Wir bauen die Telemedizin aus, um einen           petenzzentrum Digitalisierung und Pflege
niedrigschwelligen Zugang zu Versorgung zu        eingerichtet und die flächendeckende Etablie-
ermöglichen. Zu diesem Zweck führen wir           rung einer digital unterstützten, interopera-
die durch Fachpersonal assistierte Telemedizin    blen Pflegedokumentation vorangetrieben.
ein, die zum Beispiel in Apotheken und
­Gesundheitskiosken in Anspruch genommen
werden kann. Außerdem heben wir die
30-Prozent-Limitierung für telemedizinische
Leistungen auf.

„Bis 2026 gibt es in mindestens 60 Prozent
der hausärztlich unterversorgten Regionen
eine Anlaufstelle für assistierte Telemedizin.“
5

Wir stellen die digitale Transformation von
­Versorgungsprozessen statt einer reinen
Elektrifizierung von Dokumenten in den Mit-
telpunkt. In diesem Sinne sollen indikations-
bezogene, d
          ­ igital unterstützte und integrierte
Versorgungspfade („digitalisierte Disease-
Management-Programme“ – dDMP) etabliert
werden. Außerdem werden Informationen
über sichere digitale Kommunikationskanäle
unter Nutzung der TI ausgetauscht.
                                                  Wir entwickeln die gematik zu einer Digitalen
„Im Jahr 2026 erfolgen 80 Prozent der Kom-        Gesundheitsagentur weiter. Die Nutzerori-
munikationsvorgänge im Gesundheits- und           entierung wird in der Digitalagentur zukünftig
Pflegewesen papierlos.“                           an erster Stelle stehen: Dazu erhält sie die
                                                  ­Verantwortung für die Digitalisierung von
                                                  Ende-zu-Ende-Prozessen sowie den Auftrag,
                                                  umfassende Vorgaben zur Interoperabilität
                                                  verbindlich festzulegen. Das positive Nutzer-
                                                  erlebnis von TI-Anwendungen wird zum
                                                  ­Zulassungskriterium. Außerdem stärken wir
                                                  ihre Eigenständigkeit durch eine umfassende
                                                  Neuaufstellung der Governance.

Wir stärken die Forschungsdatenlandschaft
mit Gesundheits- und Pflegedaten, indem wir
die derzeitigen Datensilos durch die sukzessive
Einführung eines Forschungspseudonyms
verknüpfbar machen. Wir eröffnen den Zugang
für jede dem Patienten- und Gemeinwohl
­dienende Forschung.

„Bis Ende des Jahres 2026 werden mindestens
300 Forschungsvorhaben unter Nutzung
von Daten aus dem Forschungsdatenzentrum
durchgeführt beziehungsweise initiiert.“
Vorwort

VORWORT

          Liebe Leserin, lieber Leser,
          die Digitalisierung bietet für die Gesundheits- und Pflegeversorgung ein enormes
          Potenzial, das wir bislang noch zu wenig nutzen. Deshalb ist sie ein zentrales
          Thema dieser Legislaturperiode. Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass Digitali-
          sierung konkret erlebbare Mehrwerte bietet, die eine erfolgreiche Transformation
          ermöglichen: In dieser Zeit hat sich beispielsweise die Zahl der Videosprech-
          stunden vervielfacht. Die Pflegeberatung wurde digitalisiert. Mit der Corona-
          Warn-App (CWA) und dem digitalen Impfzertifikat haben viele Menschen zum
          ersten Mal eine gesundheitsbezogene digitale Anwendung auf ihrem Smart-
          phone ­genutzt.

          Die vorliegende Strategie bietet allen Akteuren im Gesundheits- und Pflege-
          wesen sowohl einen handlungsleitenden Kompass mit der Perspektive 2030
          als auch konkrete Orientierung für das Hier und Jetzt. Vor diesem Hintergrund
          formuliert sie kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für drei Handlungs-
          felder. Außerdem hilft sie uns als Gesellschaft, die mehrwertstiftende Nutzung
          von Gesundheits- und Pflegedaten sowie Anforderungen an Datenschutz be-
          ziehungsweise -sicherheit in eine angemessene Balance zu bringen.
7

Drei Beispiele:

ƒ Welche Versorgung jemand bekommt, wird noch zu oft vom Zufall beein-
   flusst. Gäbe es mehr digital unterstützte Versorgungspfade, die Patientinnen
   und Patienten Orientierungshilfe bieten, könnte Versorgung noch passge-
   nauer und qualitativ hochwertiger erfolgen. Deshalb werden wir zum Beispiel
   in ländlichen Regionen durch Telemedizin und zusätzliche digital unter-
   stützte Versorgungspfade (digitalisierte Disease-Management-Programme –
   dDMP) einen besseren Zugang zu hochwertiger Versorgung schaffen.
ƒ Die Nutzung von Gesundheits- und Pflegedaten ermöglicht wesentliche
   Verbesserungen in Versorgung und Forschung. Deshalb holen wir die
   ­Gesundheits- und Pflegedaten aus den Silos und schaffen durch Verknüpfung
   der Daten einen neuen Gesundheitsdatenraum zu Forschungszwecken.
ƒ Die ePA wird zur digitalen Gesundheitsplattform weiterentwickelt. Als
   ­zentrale Anwendung vernetzt sie alle relevanten Akteure im Versorgungs-
   alltag. Wir sorgen dafür, dass damit ein optimaler Informationsfluss zwischen
   den verschiedenen Leistungserbringern und den Betroffenen erreicht wird
   und innovative Technologien wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz oder
   digitale Zwillinge sicher eingesetzt werden können.

Diese Strategie wurde mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern aus der
Ärzte- sowie Apothekerschaft und dem Pflegewesen, von Patientinnen und
­Patienten, pflegebedürftigen Menschen, Kranken- und Pflegeversicherungen
beziehungsweise weiteren Kostenträgern, der Wissenschaft und der industriel-
len Gesundheitswirtschaft entwickelt. Bei der Strategie handelt es sich nicht
­allein um ein Vorhaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG); sie ist
Richtschnur für eine gemeinsame Kraftanstrengung aller. In diesem Sinne:
­Packen wir es an!

Ihr

Prof. Dr. Karl Lauterbach
Bundesminister für Gesundheit
INHALT

Vorwort		                                                               6

Abbildungen                                                             9

1. Unsere Vision und unser Zielbild                                    10

2. Strategische Handlungsfelder                                        18

2.1   Etablierung personenzentrierter und digital unterstützter
      sektoren- und professionsübergreifender Versorgungsprozesse      19

2.2   Generierung und Nutzung ­qualitativ hochwertiger Daten
      für eine bessere Versorgung und Forschung                        23

2.3   Nutzenorientierte Technologien und ­Anwendungen                  28

3. Digital ­kompetente und souveräne ­Bürgerinnen und ­Bürger          32

4. Regulatorische ­Rahmenbedingungen                                   34

5. Governance, Akteure und Rollen                                      36

6. Transformationsansatz                                               38

Partizipativer Prozess zur Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie   41

Quellenverzeichnis                                                     42

Abkürzungsverzeichnis                                                  43

Impressum                                                              44
9

ABBILDUNGEN

Abbildung 1:	Beispiele für den Mehrwert der Digitalisierung
                    für Versicherte und Leistungserbringer

Abbildung 2:	Vision 2030: Auf den Menschen ausgerichtetes digitales Ökosystem
                    für das Gesundheits- und Pflegewesen

Abbildung 3:	Zielbild der Digitalisierungsstrategie für das ­Gesundheitswesen und die Pflege

Abbildung 4:	Mögliche Veränderungen von Versorgungsprozessen durch Digitalisierung

Abbildung 5:	Qualitätskriterien für Daten

Abbildung 6:	Partizipativer Prozess zur Erarbeitung der Strategie

Sprachlicher Hinweis:
Grundsätzlich werden durchgängig feminine und maskuline
­Formen (zum Beispiel „Patientinnen und Patienten“) verwendet.
 Für eine ­bessere Lesbarkeit wird bei Begriffen wie „Akteure“ und
 „Leistungserbringer“ der maskuline Plural genutzt, der sich auf alle
 Geschlechter bezieht.
1.   Unsere Vision
     und unser Zielbild
11

             Die Digitalisierung in der Gesundheits- und Pflegever-
             sorgung ermöglicht ein gesünderes und längeres Leben
             für alle. Die medizinische Versorgung und Pflege werden
             besser und effizienter.

Für die Verbesserung unserer Gesundheits- und Pflegever-             ­ esundheitsökosystem Hand in Hand und tauschen im
                                                                     G
sorgung ist die Digitalisierung essenziell. Sie ermöglicht           Versorgungsprozess relevante Gesundheitsinformationen
unter den richtigen Rahmenbedingungen eine bessere                   aus. Die digitale Vernetzung geht einher mit einer zu-
Qualität in Prävention, Diagnostik, medizinisch-pflegerischer        nehmenden institutionellen Vernetzung der verschiede-
Versorgung sowie Therapie und Betreuung. Sie erlaubt                 nen Akteure in Gesundheitswesen und Pflege, so dass
eine zeitlich flexiblere und geografisch unabhängige und             partnerschaftliche Zusammenarbeit über Versorgungs-
flächendeckende Gesundheits- und Pflegeversorgung und                bereiche und Professionen hinweg entstehen kann.
entlastet das medizinisch-pflegerische Personal in der           ƒ    Das Gesundheits- und Pflegesystem wird im Sinne eines
täglichen Arbeit.                                                    lernenden Systems unter aktiver Nutzung von Versor-
                                                                     gungsdaten so weiterentwickelt, dass die Potenziale
Im Zusammenspiel mit der Digitalstrategie der Bundesre-              der Digitalisierung optimal genutzt werden. Dabei ist
 gierung gibt die Digitalisierungsstrategie für das Gesund-          neben der bestmöglichen Behandlung und Nachsorge
 heitswesen und die Pflege der digitalen Transformation eine         die präventive Erhaltung von Gesundheit und Vermei-
 klare Richtung. Sie formuliert die Vision einer zukunftsfähi-       dung von Pflegebedürftigkeit von zentraler Bedeutung.
 gen, widerstandsfähigen, nachhaltigen und digital unter-        ƒ   Versicherte können auf verständliche Gesundheitsin-
 stützten Gesundheits- und Pflegeversorgung und setzt die            formationen zugreifen und somit besser Krankheiten
 Leitplanken, um dieses Ziel zu erreichen. Die Strategie dient       und Krankheitsfolgen vermeiden und informierte Ent-
 allen Akteuren als transparenter Leitfaden. Sie enthält             scheidungen zu Behandlungen treffen.
 überprüfbare Ziele und wird regelmäßig evaluiert und fort-      ƒ   Gesundheits- und Pflegedaten von Versicherten sollen
 geschrieben.                                                        zu gesundheitspolitischen Steuerungs- und Forschungs-
 Mit der digitalen Transformation in der Gesundheits- und            zwecken genutzt werden können und somit der weiteren
 Pflegeversorgung werden wir einen Beitrag zu einem                  Verbesserung der Versorgung dienen.
­gesunden, guten und langen Leben für alle Bürgerinnen           ƒ   Innovative und sichere Technologien können schnell
 und Bürger leisten. Dabei nehmen wir auch die europäische           und flächendeckend Nutzen in der und für die Gesund-
 Dimension einer grenzüberschreitenden Versorgung in                 heits- und Pflegeversorgung entfalten. Versorgungs-
 den Blick.                                                          und Verwaltungsprozesse sowie dazugehörige Strukturen
 Ziel ist ein am Menschen ausgerichtetes Gesundheits- und            werden entsprechend den digitalen Möglichkeiten
 Pflegewesen, das digitale und analoge Elemente bestmöglich          ­weiterentwickelt.
 vereint:                                                        ƒ    Der Versorgungsprozess soll für die Versicherten und
                                                                      die Gesundheits- und Sozialberufe nahtlos ausgestaltet
ƒ   Seine Akteure sind eng vernetzt und interagieren über             werden. Die relevanten Daten und Informationen stehen
    nutzenstiftende digitale Technologien und Anwendungen.            zur Verfügung und schaffen so Mehrwerte für die Ver-
    Leistungserbringer, Kranken- und Pflegeversicherungen             sorgung.
    beziehungsweise weitere Kostenträger und ­industrielle
    Gesundheitswirtschaft arbeiten in einem digitalen
Vision 2030: Digitales
Gesundheitsökosystem
Abbildung 2: Vision 2030: Auf den ­Menschen
ausgerichtetes digitales Ökosystem für das
Gesundheits- und Pflegewesen
Die Digitalisierung soll zugleich einen Beitrag zu mehr           Je nach Situation nehmen Menschen in diesem Zusammen-
­ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit           hang unterschiedliche Rollen ein: als Gesunde, Kranke
  in der Gesundheits- und Pflegeversorgung leisten.               oder pflegebedürftige Menschen, An- und Zugehörige, aber
  Mit der Digitalisierungsstrategie schaffen wir die Grundlage    auch als Vertreterinnen und Vertreter von Gesundheits-
  für eine konsequent auf den Menschen ausgerichtete,             und ­Sozialberufen wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte,
 ­digital unterstützte Gesundheits- und Pflegeversorgung,         Pflegekräfte oder Hebammen.
  die konkrete Mehrwerte bietet. Die Stärkung der digitalen
  Gesundheitskompetenz aller Beteiligten ist dabei eine           Im Einzelnen verfolgt die Strategie folgende übergeordnete
  wichtige Voraussetzung für die Nutzung digitaler Angebote.      Ziele:

                          KONSEQUENTE AUSRICHTUNG AUF MENSCHEN, PATIENTEN-
                          SOUVERÄNITÄT UND BEGEISTERUNG

                          Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt, indem wir

                          ƒ   die Digitalisierung nutzen, um einen gleichwertigen, flächen‑­
                              deckenden, diskriminierungsfreien und bezahlbaren Zugang zur
                              ­Gesundheits- und Pflegeversorgung für alle zu schaffen.
                          ƒ    Gesundheits- und Pflegedaten als Grundlage einer schnellen und
                               passgenauen Leistungserbringung verfügbar machen und diese
                               auch unmittelbar Versicherten zur Verfügung stellen, damit Versi-
                               cherte im Rahmen der Behandlung selbstbestimmt informierte
                               ­Entscheidungen treffen können. Dies ist ein wesentlicher Beitrag
                                zur Stärkung der Patientensouveränität.
                          ƒ     durch Digitalisierung in allen Versorgungssituationen bestmögliche
                                Versorgung anbieten, die sich an den Bedürfnissen des Einzelnen
                                orientiert, um auch Teilhabe für alle zu ermöglichen.
                          ƒ     durch Digitalisierung bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen
                                 für Beschäftigte im Gesundheitswesen und der Pflege schaffen, das
                                 Personal spürbar entlasten und ihm dadurch mehr Zeit für die
                                ­Versorgung geben. Damit leisten wir auch einen Beitrag zur Steigerung
                                 der Attraktivität von Gesundheits- und Sozialberufen.
                          ƒ      durch eine nutzenorientierte Ausrichtung der digitalen Transformation
                                 für die handelnden Akteure spürbare Mehrwerte ermöglichen und
                                 so den Weg für mehr Akzeptanz und Begeisterung ebnen.
15

           96%
             (N=394)                   Das wichtigste Ziel der ­Digitalisierungsstrategie ist
                                       die konsequente Ausrichtung der digital ­unterstützten
                                       Versorgung auf den Menschen. 96 Prozent der Teil-
                                        nehmenden an der Online-Befragung im Rahmen der
                                       ­Strategieerarbeitung halten dies für relevant.

VERBESSERUNG DER VERSORGUNGSQUALITÄT

Die Digitalisierungsstrategie leistet einen wichtigen Beitrag zur
­Verbesserung der Versorgungsqualität, indem

ƒ   Diagnostik, Behandlung, Versorgung und Pflege durch konsequente
    Datennutzung, digital optimierte Prozesse und den bedarfsgerechten
    Einsatz von digitalen Anwendungen verbessert werden.
ƒ   Krankheiten, Krankheitsfolgen oder (ein höherer Grad an) Pflege-
     bedürftigkeit früher erkannt oder durch zeitnahe Intervention weit-
     gehend vermieden werden.
ƒ    flächendeckend die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und
    bedarfsgerechten Versorgung unterstützt wird – in der Stadt und
    auf dem Land.
ƒ    mögliche allgemeine und individuelle Gesundheits- und Pflegerisiken
    schneller identifiziert und zeitnah zielgerichtete Maßnahmen
    ­ergriffen werden können, beispielsweise bei der zielgerichteten Be-
     handlung von Krankheiten wie Krebs oder der Bekämpfung von
     Pandemien.
ƒ    Versorgungsdaten stärker für die Forschung zur Verfügung gestellt
     und genutzt werden, um Prävention sowie Gesundheits- und Pflege-
     versorgung und Nachsorge zu verbessern.
Für 94 Prozent der Teilnehmenden an der Online-
                                                                                 Befragung ist es wichtig, dass die Digitalisierungs-
                                                                                 strategie zu einer höheren ­Ergebnisqualität in der
                                                                                 Versorgung führt.

                                                                                 94%
                                                                                                                  (N=395)

                                          STEIGERUNG VON WIRTSCHAFTLICHKEIT UND EFFIZIENZ

                                          Digitalisierung kann Gesundheits- und Pflegeversorgung wirtschaftlicher und
                                          ­effizienter machen, indem

                                          ƒ   auf der Grundlage von qualitativ hochwertigen Gesundheits- und Pflegedaten
                                              effizientere, passgenaue und integrierte Versorgungsangebote und -pfade
                                              ­entwickelt werden.
                                          ƒ    Krankheiten oder Krankheitsfolgen oder (ein höherer Grad an) Pflegebedürftigkeit
                                               und damit verbundene Kosten vermieden werden.
                                          ƒ    sie hilft, das medizinisch-pflegerische Personal im Arbeitsalltag zu entlasten
                                              und damit bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen.
                                          ƒ    medienbruchfreie Verwaltungsprozesse durch Automatisierung und den Zugriff
                                               auf relevante Daten sowie durch sektorenübergreifende Vernetzung vereinfacht
(N=394)                                        und beschleunigt werden.

85%
Mehr als 85 Prozent der Teilnehmenden
                                          Um diese Ziele zu erreichen, haben wir drei zentrale und gleichbedeutende
                                          ­Handlungsfelder für die Gestaltung der digitalen Transformation im Gesundheits-
                                           und Pflegewesen identifiziert:

an der Online-Befragung sehen mehr        1. Etablierung personenzentrierter und digital unterstützter sektoren- und
Wirtschaftlichkeit und Effizienz in der      ­professionsübergreifender Versorgungsprozesse
Gesundheitsversorgung als ­relevantes
                                          2. Generierung und Nutzung qualitativ hochwertiger Daten für eine bessere
Ziel der Digitalisierungsstrategie.
                                              ­Versorgung und Forschung
                                          3. Einsatz von nutzenorientierten Technologien und Anwendungen

                                          Diese Handlungsfelder beschreiben wir genauer in Kapitel 2. Voraussetzung für das
                                          Erreichen der Ziele und die Umsetzung der Maßnahmen in den Handlungsfeldern
                                          sind außerdem

                                          ƒ     eine Verbesserung der Patientensouveränität, die ein informiertes, selbstbestimmtes
                                              Handeln und Entscheiden aller Versicherten sowie der An- und Zugehörigen
                                              ­ermöglicht und ebenfalls die Anforderungen der Leistungserbringer berücksichtigt.
                                          ƒ    geeignete regulatorische Rahmenbedingungen.
                                          ƒ    eine transparente und klare Verteilung von Rollen und Verantwortlichkeiten
                                               ­sowie die Schaffung einer entsprechenden Governance für die Umsetzung der
                                                Strategie.
                                          ƒ     ein stringentes Umsetzungsmanagement, das alle relevanten Akteure miteinbe-
                                              zieht.

                                          Diese Punkte beschreiben wir in den Kapiteln 3 bis 6. Abbildung 3 zeigt die Elemente
                                          der Digitalisierungsstrategie im Überblick.
„Die Digitalisierung in der Gesundheits- und Pflegeversorgung ermöglicht ein
            gesünderes und längeres Leben für alle. Die medizinische Versorgung und Pflege
            werden besser und effizienter.“

            Konsequente Ausrichtung auf                Verbesserung der               Steigerung von
            Menschen, Patientensouveränität            Versorgungsqualität            Wirtschaftlichkeit
            und Begeisterung                                                          und Effizienz

 PERSONENZENTRIERTE VERSORGUNGSPROZESSE                               QUALITATIV HOCHWERTIGE DATEN

 Gleichberechtigte digitale                                                            Bedarfsgerecht, einfach
 und analoge Versorgung                                                                  und sicher verfügbar

 Nutzerzentrierte digitale                                                       Strukturiert und interoperabel
 Versorgung und Verwaltung
                                                                                   Verknüpfbar für Versorgung
 Digitale Transformations-                                                                     und Forschung
 und Gesundheitskompetenz

 Zukunftssichere Vernetzung                                                                   ePA als digitale
 mittels TI                                                                              Gesundheitsplattform

                                                                                       Innovationswettbewerb
                                Menschenzentriertes digitales
                                  Gesundheitsökosystem

                         NUTZENORIENTIERTE TECHNOLOGIEN UND ANWENDUNGEN

REGULATORISCHE                       Planungs- und                                        Finanzierung und
                                                              Wettbewerb
RAHMENBEDINGUNGEN                   Rechtssicherheit                                         Vergütung

GOVERNANCE, AKTEURE,               Neue Modelle der         Klare Rollen und
                                                                                       Kooperative Umsetzung
ROLLEN                             Zusammenarbeit         Verantwortlichkeiten

TRANSFORMATIONS-                   Transparente                                         Information, Kommu-
                                                           Fortschrittsmessung
ANSATZ                           Umsetzungsplanung                                    nikation und Partizipation

Abbildung 3: Zielbild der Digitalisierungsstrategie
für das Gesundheitswesen und die Pflege
Strategische
     Handlungsfelder

2.
19

Für eine gelungene digitale Transformation in der Gesund-
heits- und Pflegeversorgung bedarf es konkreter Neuaus-
                                                                 2.1    Etablierung personenzentrierter
                                                                 und digital unterstützter sektoren- und
richtungen bei Versorgungsprozessen, der Generierung
und Nutzung von Gesundheits- und Pflegedaten sowie des           professionsübergreifender Versorgungs‑
Einsatzes innovativer digitaler Technologien und Anwen-          prozesse
dungen. In diesem Kapitel werden für diese Handlungs-
felder Ziele, strategische Leitlinien und kurz-, mittel- sowie
langfristige Maßnahmen formuliert. Diese sollen allen            I. EINORDNUNG UND ZIELSTELLUNG
­Akteuren im Gesundheitswesen und in der Pflege als hand-
lungsleitende Orientierung dienen. Darüber hinaus verleihen      Durch die stärkere Nutzung digitaler Möglichkeiten werden
sie der Gestaltung der digitalen Transformation eine be-         Versorgungs- und Verwaltungsprozesse im Gesundheits-
greifbare Grundausrichtung.                                      wesen und in der Pflege verbessert und grundsätzlich neu
                                                                 ausgerichtet. Ziel der Digitalisierungsstrategie ist es vor
                                                                 diesem Hintergrund, bedarfsorientierte, effiziente Prozesse
                                                                 zu etablieren, die eine optimale digitale Unterstützung
                                                                 ­gewährleisten. Damit gute neue Verfahren nicht an den
                                                                  Rahmenbedingungen scheitern, werden wir geeignete
                                                                  ­Mechanismen für die Transformation von Prozessen entwi-
                                                                 ckeln.
Mögliche Formen der
                  ­Prozessveränderung durch
                   ­Digitalisierung
                                                         BEISPIELE

                   BEDARFSORIENTIERTE ETABLIERUNG ­      ƒ   Austausch des Papierversands durch
                   VOLLSTÄNDIG DIGITALER PROZESSE            elektronische Kommunikation
                  ­ANSTELLE ­ANALOGER VERFAHREN          ƒ   Durchführung einer bisher analogen
                                                             ­medizinischen Versorgung in digitaler
                                                              Form (zum Beispiel durch Telemedizin)

                                                         BEISPIELE
                   WEGFALLEN EINZELNER PROZESS-          ƒ   Fokussierung von Kontrollbesuchen in
                   SCHRITTE, WEIL SIE DURCH                  der Arztpraxis auf die konkrete Diagnostik
                  ­DIGITALISIERUNG ÜBERFLÜSSIG               und Versorgung, da gesundheitsrelevante
                   WERDEN                                    Daten eigenständig und von zu Hause
                                                             aus, unterstützt durch Wearables, selbst
                                                             erfasst werden können

                                                         BEISPIELE
                  HINZUKOMMEN NEUER PROZESS‑­            ƒ   Entstehen vieler neuer Prozesse des
                  SCHRITTE BEI NEUEN TECHNOLOGIEN            selbstgesteuerten Gesundheitsmanage-
                  ODER DATEN                                 ments im häuslichen Bereich
                                                         ƒ   Telemonitoring chronisch kranker oder
                                                             pflegebedürftiger Menschen

                                                         BEISPIELE
                   GRUNDLEGENDE VERÄNDERUNG              ƒ   Lotsen- und Orientierungsangebote für
                   DER PROZESSE, WEIL DIE DIGITALISIE-       Bürgerinnen und Bürger
                   RUNG NEUE VERSORGUNGSANSÄTZE          ƒ   Virtuelle Fallkonferenzen oder virtuelle
                  ­ERMÖGLICHT                                Zusammenarbeit bei einer Operation
                                                         ƒ   Übergreifende Ressourcen- und Auslas-
                                                             tungssteuerung der Leistungserbringer

                                                         BEISPIELE
                  UNTERSTÜTZUNG LEITLINIEN‑­             ƒ   Automatisierte Empfehlungen von
                  BASIERTER ­VERSORGUNGSPROZESSE             ­Maßnahmen auf Basis medizinischer und
                                                              Pflegediagnosen
                                                         ƒ    Digitale Abbildung und Unterstützung
                                                              leitliniengerechter Versorgungspfade

Abbildung 4: Mögliche Veränderungen von
­Versorgungsprozessen durch Digitalisierung
21

Vor diesem Hintergrund setzen wir uns insbesondere                    implementiert werden, um digital unterstützte Versor-
die folgenden Ziele:                                                  gung auch grenzüberschreitend und zwischen Versor-
                                                                      gungsbereichen zu ermöglichen und um Doppelstruktu-
1. Digital unterstützte und rein analoge Versorgungspro-              ren abzubauen.
      zesse sollen zunächst gleichberechtigt zum Einsatz          ƒ   Bei der Implementierung muss Wissen bei allen Betrof-
      kommen, wenn sie gleichermaßen geeignet sind und                fenen mittels umfassender Gesundheitskommunikati-
      gleichwertige Ergebnisse generieren. Doppelversor-              onsmaßnahmen aufgebaut werden. Besonders relevant
      gung soll konsequent vermieden werden. Dabei soll das           sind verlässliche Informationen über die Vorteile der
      Prinzip der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden.           Digitalisierung sowie über die eigenverantwortliche
2. Versorgungs- und Verwaltungsprozesse werden digita-                Nutzung dieser Möglichkeiten. Dabei sollte die digitale
   lisiert. Versicherte sollen in allen Lebenssituationen             Gesundheitskompetenz von Bürgerinnen und Bürgern
   von digital unterstützten Versorgungs- und Verwaltungs-            ebenso gesteigert werden wie die der Leistungserbringer.
   prozessen profitieren können, auch dann, wenn die              ƒ   Prozesse sollen weiterentwickelt und bei Bedarf neu
   ­individuelle Digitalkompetenz eingeschränkt ist. Für              gestaltet werden, um die Potenziale der Digitalisierung
    Versicherte mit besonderen Bedürfnissen werden                    dadurch besser zu nutzen, damit auch der zugrundelie-
    ­angemessene Regelungen geschaffen.                               gende Prozess im Sinne der Betroffenen insgesamt davon
3. Versorgungsprozesse sollen aus der Perspektive derje-              profitiert. Wenn durch Digitalisierung eine Änderung
      nigen gedacht werden, die versorgt werden. Gleichzeitig         bekannter Prozesse für die Beteiligten beziehungsweise
      müssen die Bedarfe der Leistungserbringer (Stichworte           in der Versorgung einen Mehrwert bringt, soll sie um-
      Nutzerfreundlichkeit und Informationssicherheit) be-            gesetzt werden. Eine bloße Übertragung analoger Pro-
      rücksichtigt werden. Digital unterstützte Prozesse sollen       zesse oder Formulare in elektronische Form reicht
      unter Einbeziehung beider Gruppen entwickelt werden.            nicht aus.
4. Damit digitale Lösungen optimal genutzt werden können,
     wird die digitale Gesundheitskompetenz sowie die
     ­digitale Transformationskompetenz aller Beteiligten
      gestärkt und es werden dafür erforderliche Angebote
      geschaffen.
                                                                  Beispiele für die Transformation von Prozessen:
                                                                  ƒ Sektorenübergreifendes Medikationsmanagement un-
II. STRATEGISCHE LEITLINIEN                                          ter Nutzung von E-Rezept, ePA und einer einheitlichen
                                                                     Kennzeichnung für eine höhere Arzneimitteltherapie-
Um diese Transformation im Sinne der Betroffenen zu                  sicherheit und Reduzierung von Arbeitsaufwänden.
­gestalten, werden wir Digitalisierungsmaßnahmen im Ge-           ƒ Lotsen- und Suchfunktionen für Versicherte zur Über-
 sundheits- und Pflegewesen an den folgenden Leitlinien              sicht über freie Behandlungs- und Betreuungskapazitä-
 ausrichten:                                                         ten und erleichterte Nutzung von Versorgungsleistungen.
 ƒ Bestehende Prozesse werden auf ihr Digitalisierungs-           ƒ Hybride Versorgungsprozesse, bei denen digitale Ge-
    potenzial überprüft und gegebenenfalls angepasst.                sundheits- und Pflegeanwendungen (DiGA/DiPA) Teil
    Im Transformationsmanagement spielt insbesondere                 einer leitlinienorientierten Versorgung und mit analo-
    die Praxisperspektive eine wichtige Rolle. Darüber               gen Interventionen verzahnt sind.
    ­hinaus werden verfügbare Ressourcen und Kapazitäten          ƒ Daten- und KI-basierte Identifizierung von Gesund-
     berücksichtigt und priorisiert.                                 heitsrisiken und automatischer Vorschlag an Versicherte
 ƒ Für die Gestaltung der digitalen Transformation sollen            und gegebenenfalls Hausärztin/-arzt zur Vorstellung in
     einheitliche Mechanismen entwickelt und                         der Praxis.
LEGENDE

    Die Umsetzung der kurzfristigen
    Maßnahmen beginnt bereits
    im Jahr 2023. Für die Mitte der
    2020er Jahre schließen sich
    ­mittelfristige Vorhaben an, die
     durch langfristige Maßnahmen
     (ab Ende der 2020er Jahre)
     ergänzt werden.

III. MASSNAHMEN                                                  Mittelfristig

Kurzfristig                                                      ƒ   Es werden sukzessive weitere digital unterstützte
                                                                     ­Versorgungsprozesse entwickelt und schrittweise aus-
ƒ   Wir konzipieren exemplarische, digital unterstützte              gerollt. Im Jahr 2026 erfolgen 80 Prozent der Kommu-
    Versorgungsprozesse (Start mit Disease-Management-               nikationsvorgänge im Gesundheits- und Pflegewesen
    Programmen – DMP) mit integralen digitalen Bestand-              papierlos.
    teilen wie Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)           ƒ    Für die Routinebehandlung komplexer Krankheitsbilder
    oder elektronischer Patientenakte (ePA).                          werden die relevanten Kerninformationen aus der ePA
ƒ      Im zweiten Quartal 2023 wird ein Messenger-Dienst für          in Form von bedarfsgerecht erstellten „Teilansichten“
    die Kommunikation zwischen Leistungserbringern,                   (zum Beispiel Diabetes- oder Onkologieansicht) verfügbar
    im Jahr 2024 ein Dienst für die Kommunikation zwischen            gemacht.
    Leistungserbringern und Versicherten etabliert.              ƒ      Der Messenger wird um strukturierte Messenger-Dienste
ƒ      Wir planen ein digital unterstütztes Medikationsmanage-        ergänzt (zum Beispiel Bestellung von Folgerezepten).
       ment: Bis Ende 2025 haben 80 Prozent der ePA-Nutzen-      ƒ    Über das E-Rezept werden Daten für die ePA und den
       den mit mindestens einem Arzneimittel eine digitale            elektronischen Medikationsplan (eMP) bereitgestellt.
       Medikationsübersicht.                                     ƒ    Wir streben an, dass 60 Prozent der im Rahmen des
ƒ   Telemedizinische Leistungen machen wir für die Versi-             Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD)
       cherten niedrigschwellig verfügbar. Dabei werden               durch den Bund geförderten Gesundheitsämter ihre
       die Inanspruchnahme und Durchführung durch nicht-              ­digitale Reife bis zum dritten Quartal 2026 in mindestens
       ärztliches Gesundheitsfachpersonal, zum Beispiel in             drei Kategorien um mindestens zwei Stufen verbessern
       Apotheken und Gesundheitskiosken, unterstützt. Bis              (entsprechend Reifegradmodell Gesundheitsämter).
       2026 gibt es in mindestens 60 Prozent der hausärztlich    ƒ      Wir streben an, dass 50 Prozent aller im Rahmen des
       unterversorgten Regionen eine Anlaufstelle für assis-           Krankenhauszukunftsfonds geförderten Krankenhäuser
       tierte Telemedizin.                                             bis zum Jahresende 2025 den digitalen Reifegrad in min-
ƒ   Für die bessere Nutzbarkeit der Möglichkeiten der                  destens zwei Kategorien um mindestens zwei Stufen
    ­Digitalisierung in der Langzeitpflege wird ein Kompetenz-         ­verbessern (entsprechend Reifegradmodell DigitalRadar).
       zentrum Digitalisierung und Pflege zur Identifizierung    ƒ      Die Nutzung von elektronischen Echtzeitmeldeverfahren
       und Verbreitung der Potenziale zur Verbesserung und              durch alle meldepflichtigen Einrichtungen und Gesund-
       Stärkung der pflegerischen Versorgung für Betroffene             heitsbehörden (ÖGD) wird verpflichtend eingeführt.
       und Pflegende aufgebaut. Zudem werden Fördermög-          ƒ      Wir wirken auf die Etablierung geeigneter digitaler
       lichkeiten für Pflegeeinrichtungen zur Umsetzung digi-           Fort- und Weiterbildungsangebote sowie Austausch-
       taler Möglichkeiten ausgebaut.                                   räume insbesondere für Leistungserbringer hin. Bei
ƒ    Um die Suche nach passgenauen pflegerischen Versor-                Ausbildungsreformen im Bereich der Gesundheitsberufe
    gungs- sowie flankierenden Unterstützungs- und                      wird der Erwerb von Digitalkompetenzen weiterhin
     ­Beratungsangeboten zu vereinfachen, wird ein entspre-             fortlaufend berücksichtigt.
    chendes Informationsportal zu Pflege- und Betreuungs-
    angeboten für pflegebedürftige Menschen, Pflegeper-          Langfristig
    sonen, An- und Zugehörige und vergleichbar
    Nahestehende, Mitarbeitende in Sozialdiensten in             ƒ   Die Gesundheits- und Pflegeversorgung basiert zuneh-
    Krankenhäusern sowie in Beratungseinrichtungen                   mend auf digitalen Daten und erfolgt individuell
      ­aufgebaut und betrieben.                                      ­zugeschnitten. Basierend auf bevölkerungsweiten Daten-
                                                                     analysen werden personalisierte Präventionsangebote
                                                                     unterbreitet.
96%
                                                                                                                              23
                            (N=448)

96 Prozent der Teilnehmenden der Online-Befragung
bewerten das Handlungsfeld „Prozesse“ als sehr oder
eher relevant.

Beim Thema Prozesse sehen die Befragten eine b
                                             ­ essere
Koordination von Versorgung und eine Stärkung der
professionsübergreifenden Zusammenarbeit als größtes
Potenzial der Digitalisierung. (N=447)

        Vorschlag aus dem Fachforum ­„Versorgungsprozesse im            lassen, das dieses Risiko auf einfache und unkomplizierte
        Gesundheitswesen und in der Pflege“:                            Weise minimieren soll. Bewegungssensoren erkennen,
        digital unterstützte Versorgungsprozesse für chronische         wenn sich eine Person im Bett aufsetzt. Auf diesen Reiz hin
        Erkrankungen wie Diabetes oder koronare Herzkrankheit           wird ein Nachtlicht eingeschaltet. Eine andere Anwendung
                                                                        der Sensoren ist die Weitergabe der Information, wenn das
        Die Versorgung insbesondere von chronisch Erkrankten soll       Zimmer verlassen wird. Dies kann im Fall von an Demenz
        durch digital transformierte Versorgungsprozesse verbes-        erkrankten Menschen besonders hilfreich sein. Wenn diese
        sert werden, das heißt, im Ergebnis sollen messbar patienten-   ihre Zimmer im Seniorenheim unbemerkt verlassen, laufen
        relevante Endpunkte, zum Beispiel längere Lebensdauer,          sie Gefahr, sich zu verirren und zu verletzen. Pflegerinnen
        ­weniger Nebenwirkungen oder eine höhere Lebensqualität         und Pfleger werden über ein Signal in Echtzeit informiert
         erreicht werden. Als Voraussetzung dafür müssen Versor-        und können so den Betroffenen unmittelbar helfen.
         gungsprozesse patientenzentriert weiterentwickelt bezie-
         hungsweise bei Bedarf neu gestaltet und Angebote aus den

                                                                        2.2
         Bereichen ambulante, stationäre, pflegerische und digitale
         Versorgung kombiniert werden. Durch niedrigschwellige
         Angebote wird die oder der chronisch Erkrankte begleitet               Generierung und Nutzung
         und durch den Versorgungspfad geleitet. Patientinnen und
                                                                        ­qualitativ hochwertiger Daten für eine
         Patienten erhalten automatisiert Informationen und Erinne-
         rungen, zum Beispiel zu Rezepten, Arzneimitteln oder            bessere Versorgung und Forschung
         ­Terminen. Bei kurzfristigen Rückfragen können Leistungs-
        erbringer via Messenger kontaktiert werden, ohne dass ein       I. EINORDNUNG UND ZIELSTELLUNG
        Praxisbesuch notwendig ist. Ein Netzwerk aus ambulanten
        und stationären Leistungserbringern begleitet die Versi-        Durch neue Behandlungsmöglichkeiten und Technologien
        cherten und trifft gemeinsam Entscheidungen für weitere         wurden in den vergangenen Jahren große Mengen an Ge-
        Behandlungen, zum Beispiel in Form eines Telekonsils.           sundheits- und Pflegedaten in der Versorgung generiert.
                                                                        Digitale Anwendungen sollen diese Daten besser nutzbar
                                                                        machen, um personalisierte Entscheidungen in der Versor-
                                                                        gung treffen zu können, die Patientensicherheit zu erhöhen,
        Konkrete Beispiele zeigen, dass es geht:                        Menschen besser zu informieren, eine datenbasierte Ge-
        Mit kleinen Veränderungen kann der Alltag von Pflegenden        sundheitspolitik voranzutreiben und in der Forschung neue
        sowie Pflegebedürftigen einfacher und risikofreier gestaltet    Erkenntnisse für eine bessere Versorgung gewinnen zu
        werden.                                                         können. Neue Forschungsergebnisse sollen wiederum im
                                                                        Sinne eines lernenden Systems möglichst schnell Eingang
        In einem Seniorenheim stehen Pflegekräfte oft vor der           in die Versorgung finden. Mit der Digitalisierungsstrategie
        ­Herausforderung, Seniorinnen und Senioren, die sturzge-        werden auch die Grundlagen geschaffen, um das deutsche
        fährdet sind, nachts nicht allein aufstehen zu lassen. Bis      Gesundheits- und Pflegewesen an den entstehenden
        diese den Lichtschalter erreicht haben, um das WC aufzu-        ­Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) anzuschließen
        suchen, können sie bereits gestolpert sein und sich verletzt     und die medizinische Versorgung und Forschung auch
        haben. Ein Seniorenheim hat hierfür ein System entwickeln        über Grenzen hinweg zu erleichtern.
Im Handlungsfeld Daten setzen wir uns insbesondere die             Anwendung zu stärken, zum Beispiel durch die Anwen-
folgenden Ziele:                                                   dung von KI zur Unterstützung der Früherkennung von
                                                                   Krankheiten oder durch die frühzeitige Identifizierung
1. Wir wollen die Qualität der Gesundheits- und Pflegeda-          von Komplikationen im Krankheits- und Pflegeverlauf,
     ten, die in der Versorgung generiert werden, sukzessive       im Sinne einer personalisierten Medizin und Pflege.
     verbessern und besser nutzbar machen.
2. Wir ermöglichen einen unmittelbaren und sicheren
   ­Zugang der Versicherten zu ihren persönlichen Gesund-      II. STRATEGISCHE LEITLINIEN
   heits- und Pflegedaten sowie eine niedrigschwellige
   Nutzung, um die individuelle Versorgung zu unterstützen     Um diese Ziele zu erreichen, werden wir unser Handeln
   und zu verbessern. Dies umfasst auch das Recht der          an den folgenden Leitlinien ausrichten:
   Versicherten, ihre individuellen Daten unkompliziert –
   auch mithilfe Dritter – einsehen zu können.                 ƒ   Die Akzeptanz von und das Bewusstsein für Gesund-
3. Jede und jeder erhält die Möglichkeit, souverän und                 heitsdatennutzung sowie die Datenkompetenz bei Ärz-
    barrierefrei über die Nutzung der eigenen Behandlungs-,            tinnen und Ärzten sowie weiteren Leistungserbringern
    Gesundheits- und Pflegedaten zu entscheiden. Hierbei               und bei den Versicherten sollen gestärkt werden.
    wird auch eine informierte Entscheidung gegen die          ƒ   Wir setzen uns für eine einheitliche Auslegung des
    Nutzung, zum Beispiel im Zusammenhang mit der ePA,             ­nationalen und europäischen Datenschutzrechts im
    ermöglicht und gleichzeitig über die Folgen der Nicht-          Gesundheitswesen ein und orientieren uns an in
    nutzung informiert.                                             ­EU-Staaten implementierten guten Praktiken. Bei der
4. Wir stellen die Verfügbarkeit und Verknüpfbarkeit von             Datennutzung sowie mit Blick auf Belange des Daten-
    Daten aus unterschiedlichen Quellen sicher. Dazu zählen          schutzes und der Datensicherheit streben wir im Sinne
    unter anderem Abrechnungsdaten, Versorgungsdaten                 eines ermöglichenden Datenschutzes eine Balance
    aus der ePA sowie Studien-, Genom- und/oder Register-            ­zwischen verschiedenen Interessenlagen an und setzen
    daten. Damit fördern wir zum Beispiel den Erkenntnis-             uns für eine einheitliche Ausgestaltung und Anwendung
    gewinn zur ­Bekämpfung von Gesundheitsgefahren wie                des Datenschutzrechts ein. Dies schließt eine Abwägung
    Pandemien, ermöglichen präventives und prädiktives                zwischen der Schutzverantwortung des Staates gegen-
    Handeln durch personalisierte Medizin und heben die               über seinen Bürgerinnen und Bürgern einerseits und
    Forschungsdatenlandschaft auf eine neue Stufe. Hier-              der Selbstverantwortung beziehungsweise Souveränität
    durch werden die Patientensicherheit und Behandlungs-             des Einzelnen andererseits ein.
    qualität sowie die Effizienz des Ressourceneinsatzes im    ƒ   Alle Versicherten erhalten eine ePA, die sie ein Leben
    Gesundheits- und Pflegewesen und im Öffentlichen                  lang begleitet. Die freiwillige Nutzung ist durch eine
    Gesundheitsdienst gesteigert. Indem wir sowohl für die            Widerspruchslösung (Opt-out) sichergestellt. Bei der
    öffentliche als auch für die private Forschung einen              Versorgung wird auf die darin enthaltenen Gesundheits-
    ­sicheren Datenzugriff ermöglichen, stärken wir Deutsch-          und Pflegedaten zugegriffen, relevante Daten werden
   lands Rolle als führenden Wissenschafts- und Wirt-                 aufwandsarm im Rahmen der Versorgung eingestellt
   schaftsstandort.                                                   und, soweit kein Opt-out vorliegt, für Forschungszwecke
5. Wir fördern die Bereitstellung repräsentativer Daten               über das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ
     für die Forschung sowie die Entwicklung und Nutzung              Gesundheit) datenschutzkonform zugänglich gemacht.
     datenbasierter Technologien, um Versorgungs- und          ƒ      Die ePA wird für die Versicherten zur zentralen Platt-
     Verwaltungsprozesse im Gesundheits- und Pflegewesen           form für ihre Gesundheitsversorgung. Sie erhalten
     zielgerichteter zu unterstützen und die Orientierung             ­Kontextinformationen zu ihren persönlichen Daten,
     am Menschen bei Forschung, Entwicklung und                        etwa Erläuterungen zu Diagnosen und Behandlungs‑
25

    optionen sowie für sie relevante Erinnerungen und
    medizinische Hinweise. Außerdem sollen Daten aus
    Behandlungssituationen oder der Nutzung von digitalen
    Gesundheits- und Pflegeanwendungen (DiGA/DiPA)
    automatisiert in die ePA übertragen und anschließend
    zu Forschungszwecken nutzbar gemacht werden können.                                             Strukturiert
ƒ            Für Leistungserbringer wird die ePA zum essenziellen
             Bestandteil des Versorgungsprozesses. Sie enthält
    ­verlässliche Informationen und unterstützt bei der
     ­Versorgung, indem zum Beispiel relevante Daten her-                                        GESUNDHEITS-
    vorgehoben und gezielt abgerufen werden können.                             Fair                 UND               Maschinenlesbar
                                                                                                 PFLEGEDATEN
ƒ            Zum Wohle der Patientinnen und Patienten wird die
             Genommedizin als eine wissensgenerierende Versor-
             gungsform mit dem Modellvorhaben Genomsequen-
      zierung nach § 64e SGB V gestärkt. Daten sollen
      ­möglichst einfach und barrierefrei handhabbar und
       ­idealerweise in Echtzeit weiterverwendbar sein. Die
        maximale Aufbewahrungszeit von Daten wird nicht
        ­begrenzt, wenn eine längere Aufbewahrung in medizi-                            Zeitnah                    Automatisch
                                                                                       vorliegend                   übertragen
    nisch-pflegerischer Hinsicht sinnvoll und/oder für
    die Forschung erforderlich ist. Dabei wird kontinuierlich
    die Verfügbarkeit von strukturierten Daten im Versor-              Abbildung 5:
    gungsprozess ausgebaut.                                            ­Qualitätskriterien für Daten
ƒ            Die Verfügbarkeit von strukturierten, den FAIR1-Prinzi-
             pien entsprechenden Gesundheits- und Pflegedaten
             zur Nutzung in der ePA sowie für systemische Verbes-
             serungen durch die Forschung wird gewährleistet.              werden abgebaut. Die Daten werden ­zweckbezogen und
ƒ            Es werden nachhaltige Strukturen für medizinische             bedarfsgerecht über sichere Verarbeitungsumgebungen
         ­Register zur besseren Verfügbarkeit von Registerdaten            zugänglich gemacht.
          für Versorgung und Forschung sowie Vernetzung mit            ƒ    Bei der Definition von Datensätzen und Datenmodellen
          anderen Daten gefördert. Bestehende Initiativen zu                werden einheitliche medizinisch-pflegerische, bürokra-
          ­spezifischen krankheits- und versorgungsbezogenen                tiearme Dokumentationsanforderungen beachtet.
           medizinischen Registern, zum Beispiel Errichtung des            ­Doppeldokumentation wird vermieden.
           Implantateregisters Deutschland (IRD), werden fort-         ƒ    Wir ermöglichen die Schaffung von Test- und Trainings-
           geführt.                                                         datensätzen für Algorithmen (zum Beispiel KI), damit
ƒ            Dateninfrastrukturen werden durch verbindliche Inter-         diese diskriminierungsfrei auf die jeweiligen Zielgruppen
             operabilitätsvorgaben unter Nutzung international             angewandt werden können. Mögliche Anwendungsbe-
           ­anerkannter Standards harmonisiert und vernetzt. Daten         reiche sind die Interpretation von medizinischen Bildern
            aus der Versorgung, aus Registern und Studien werden           (zum Beispiel Röntgen, CT), die Beobachtung des
            über eine vernetzte Gesundheitsdateninfrastruktur              menschlichen Körpers oder physiologischer Vorgänge
            ­zusammengeführt, die übergreifende Analysen möglich           zur Krankheitsfrüherkennung und -überwachung, Nach-
             macht. Dabei wird für Transparenz über die Aufbe-             sorge von operativen Eingriffen, Erkennung ähnlicher
             wahrungsorte von Daten gesorgt und Doppelstrukturen           komplexer Fälle in großen Datensätzen (insbesondere

1 FAIR = Findable, Accessible, Interoperable, Reusable
bei genomischen Daten und in der personalisierten           ƒ   Wir werden ein Recht auf Interoperabilität und Daten-
    ­Medizin) oder das Aufdecken epidemiologischer Risiken          portabilität gesetzlich verankern und in der ­Praxis
     (zum Beispiel Entstehung und Entwicklung von Pande-            schrittweise umsetzen.
     mien).                                                     ƒ   Wir priorisieren die Umsetzung von Medizinischen
ƒ    Alle Leistungserbringer und die von ihnen beauftragten         ­Informationsobjekten (MIO), die einen hohen Versor-
     Softwareanbieter stellen Daten in einheitlicher,               gungsnutzen für einen großen Bevölkerungsanteil
     ­strukturierter und interoperabler Form unter Nutzung           ­(beispielsweise Medikationsdaten) generieren, und
      international anerkannter Standards und nationaler              schaffen somit die Grundlage für eine harmonisierte
      Spezifikationen bereit. Dies gilt auch für alle übrigen         Verfügbarkeit und Nutzbarkeit in der Fläche. Kurz- und
      Institutionen, die Gesundheits- und Pflegedaten gene-           mittelfristig sollen DMP-Datensätze als MIOs entwickelt
      rieren.                                                         und etabliert werden (vgl. Handlungsfeld Prozesse).
ƒ     Wir stellen die Anschlussfähigkeit an Vorhaben anderer    ƒ     Wir wollen einen Paradigmenwechsel zugunsten der
      Ressorts (zum Beispiel Datenstrategie der Bundesregie-          Ermöglichung des Datenzugangs über sichere Verarbei-
      rung) und innerhalb Europas sicher (primäre und sekun-          tungsumgebungen für konkret festgelegte Nutzungs-
      däre Datennutzung im EHDS).                                     zwecke, insbesondere zur wissenschaftlichen medizini-
                                                                      schen Forschung, als datenzugriffsberechtigende
                                                                      Kriterien initiieren.
III. MASSNAHMEN                                                 ƒ     Wir stärken dabei auch die Möglichkeiten der Kranken-
                                                                      und Pflegeversicherungen beziehungsweise weiteren
Kurzfristig                                                           Kostenträger sowie Kassenärztlichen Vereinigungen,
                                                                      vorhandene Gesundheits- und Pflegedaten im Interes-
ƒ   Wir stärken die Forschungsdatenlandschaft durch die               se der Versicherten zur Ermittlung von regionalen Ver-
    sukzessive Einführung eines Forschungspseudonyms                  sorgungsbedarfen und -defiziten sowie zur Gestaltung
    in gesundheitsbezogenen Registern und Routine- und                einer bedarfsorientierten Versorgung und für begleitende
    Studiendaten, um Gesundheits- und Pflegedaten zu                  Forschung weiterzuverwenden.
    Forschungszwecken verknüpfen zu können. Das For-            ƒ     Durch die Weiterentwicklung der federführenden Daten-
    schungspseudonym soll mittelfristig auch die Verknüp-             schutzaufsicht wird eine einheitliche Datenschutzauf-
    fung mit ePA-Daten ermöglichen.                                   sichtspraxis im Gesundheits- und Pflegewesen mit dem
ƒ   Für die Verbesserung der Öffentlichen Gesundheit und              Ziel gefördert, Datennutzung zu Versorgungs- und For-
    der Public-Health-Forschung wird ein Bundesinstitut               schungszwecken sicher und anwendbar zu gestalten.
    für Öffentliche Gesundheit errichtet. Dieses soll Zugang    ƒ     Wir streben an, die digitale Dokumentation zum Standard
    zu den für die öffentliche Gesundheit relevanten Daten            in der Pflege (SGB XI) zu machen. Des Weiteren prüfen
    aus den verschiedenen, miteinander verknüpften Daten-             wir, wie die Interoperabilität von Pflegedokumentationen
    quellen erhalten und somit einen wichtigen Beitrag                erhöht werden kann (syntaktisch und semantisch inter-
    zu einer datenbasierten gesundheitspolitischen Entschei-          operable Datenformate) und welche Voraussetzungen
    dungsfindung leisten.                                             (zum Beispiel einheitliche Pflegeterminologien bezie-
ƒ    Wir sorgen für einheitliche und transparente Zuständig-          hungsweise -klassifikationssysteme) dafür gegebenen-
     keiten und Rollenverteilungen mit Blick auf Interope-            falls geschaffen werden müssen.
     rabilitätsthemen im Gesundheitswesen und in der Pflege.    ƒ     Wir ermöglichen die Genommedizin als eine wissens-
     Es findet eine Abkehr von system- beziehungsweise                generierende Versorgungsform innerhalb des Modell-
     sektorenspezifischen Einzelregelungen im Bereich                 vorhabens Genomsequenzierung nach § 64e SGB V
    ­Interoperabilität/Standardisierung statt.                        zum Wohle der Patientinnen und Patienten zunächst
                                                                      mit onkologischen und seltenen Erkrankungen und
27

                                                                                        93%
                                                                                                                      (N=450)

                                                                                         der Teilnehmenden an der Online-Befragung
    evaluieren den Nutzen für die Versorgung. Wir prüfen                                 bewerten Datenmodelle und ­Interoperabilität
    den Anschluss an relevante Register, die ePA, an euro-                               als zweitwichtigstes Handlungsfeld für die
                                                                                         ­Strategie.
    päische Initiativen (1+ Million Genomes/Genomic Data
    Infrastructure) sowie an den Europäischen Gesundheits-                               86 Prozent der Teilnehmenden an der Online-
    datenraum (EHDS).                                                                    Befragung sind der Meinung, dass ein schneller
ƒ   Der Vollbetrieb des Implantateregisters Deutschland                                  und sicherer Austausch von Patientendaten die
    wird zunächst für Brustimplantate aufgenommen.                                       Gesundheits- und Pflegeversorgung qualitativ
                                                                                         besser und nutzenorientierter macht. (N=441)

Mittelfristig

ƒ      Wir etablieren eine nationale Zugangsstelle für Gesund-
       heitsdaten als Anlaufstelle für Akteure aus der Forschung
       oder dem Public-Health-Bereich, die eine Verknüpfung
       von Gesundheits- und Pflegedaten aus verschiedenen
       Quellen (ePA, Routinedaten, Studiendaten etc.) ermög-
       licht.                                                             anlassbezogen zusammengeführt und mit anderen Da-
ƒ   Bis Ende des Jahres 2026 werden mindestens 300 For-                   ten über eine gemeinsame Plattform verknüpft und
    schungsvorhaben unter Nutzung von Daten aus dem                       zugänglich gemacht werden. Dabei wird für Transpa-
    Forschungsdatenzentrum durchgeführt beziehungsweise                   renz über die Aufbewahrungsorte von Daten gesorgt
    initiiert.                                                            und Doppelstrukturen werden abgebaut.
ƒ   Wir streben eine schrittweise Annäherung an das Ideal-            ƒ   Nach erfolgreicher Evaluation des Modellvorhabens
    bild einer Echtzeitverfügbarkeit von Gesundheits-                     Genomsequenzierung nach § 64e SGB V ermöglichen
    und Pflegedaten an. Zudem zielen wir darauf ab, dass                  wir dessen Verstetigung in der Regelversorgung und
    ausgewählte Routinedaten aus der vertragsärztlichen                   prüfen dessen Ausweitung auf weitere Indikationen
    ­Versorgung in strukturiertem Format mindestens                       und Datensätze für die personalisierte Medizin. Des
     ­monatlich sowohl in die ePA wie in das FDZ übermittelt              Weiteren stellen wir damit eine Anbindung an nationale
      werden. Für die Leistungserbringer werden passende                  und europäische Dateninfrastrukturen sicher.
      Fristen festgelegt.                                             ƒ   Der Betrieb des Implantateregisters Deutschland (IRD)
ƒ     Wir treiben die Harmonisierung und Standardisierung                 wird auf Endoprothesen und Aortenklappen ausgeweitet.
      von IT-Infrastrukturen und die flächendeckende Erhö-
      hung des digitalen Reifegrads von Gesundheits- und              Langfristig
      Pflegeeinrichtungen voran – insbesondere auch bei den
      Leistungserbringern, die bislang nicht im Fokus der             ƒ    Um für Versorgung und Forschung über Grenzen inner-
      ­Digitalisierungsaktivitäten lagen (zum Beispiel Heilmittel).       halb Europas hinweg den Zugang zu Gesundheits-
ƒ      Wir schaffen Regeln für eine sichere Nutzung von Ge-               und Pflegedaten zu ermöglichen, wird die technische
    sundheits- und Pflegedaten für das Testen und Trainieren              und organisatorische Infrastruktur aufgebaut.
    von KI. Dabei werden der europäische Rechtsrahmen                 ƒ   Mit dem Modellvorhaben Genomsequenzierung nach
    sowie einschlägige nationale, europäische und interna-                § 64e SGB V wird eine nachhaltige Struktur für die
    tionale Initiativen berücksichtigt.                                   ­personalisierte Medizin geschaffen, unter anderem zur
ƒ      In einer ersten Stufe wird ein Teil der Krebsregisterdaten          Nutzung von unterschiedlichen Omics-Datensätzen in
       der Länder bundesweit beim Zentrum für Krebsregister-               der Versorgung und Forschung.
       daten am Robert-Koch-Institut zusammengeführt. In              ƒ    Der Betrieb des IRD wird auf weitere Implantattypen
       einer zweiten Stufe sollen alle Krebsregisterdaten                  ausgeweitet.
Von internationalen Beispielen lernen:
 Der Zugriff auf relevante Gesundheitsdaten an einem
                                                                 2.3    Nutzenorientierte Technologien
                                                                 und ­Anwendungen
 ­zentralen Ort für alle Bürgerinnen und Bürger und
­Leistungserbringer verbessert die Versorgungsqualität           I. EINORDNUNG UND ZIELSTELLUNG
 und trägt zu besseren Forschungsergebnissen bei.
 Finnland speichert seit 20 Jahren die medizinischen Daten       Die Zahl digitaler Anwendungen wächst auch in der
 aller Bürgerinnen und Bürger in einem zentralen Portal          ­Gesundheits- und Pflegeversorgung stetig. Um deren
 (Kanta). Die Versicherten können sich jederzeit und von          ­Integration in den Versorgungsalltag voranzubringen,
  ­jedem Ort aus passwortgeschützt in das Portal einloggen.        ­setzen wir uns insbesondere die folgenden Ziele:
   Über das Portal können Berechtigungen und Befunde                1. Die ePA wird kontinuierlich zu einer Plattform weiter-
   ­eingesehen, bei Bedarf Rezepte bestellt und eigene Daten,           entwickelt, auf der strukturierte Daten zusammenfließen,
    wie die von Fitness-Trackern, hochgeladen werden. Leis-             um diese für Mehrwertdienste (zum Beispiel Wechsel-
    tungserbringer können mit der Berechtigung der Patien-              wirkungs-Check bei Arzneimitteln) nutzen zu können.
    tinnen und Patienten schnell und einfach die relevanten         2. Die Telematikinfrastruktur (TI) und ihre Anwendungen
    Gesundheitsdaten einsehen. Dadurch ist eine bessere und             werden als grundlegende Infrastruktur für digital unter-
    zielgerichtete medizinische Versorgung möglich. Die im              stützte Versorgung- und Kommunikationsprozesse
    finnischen Gesundheitssystem tätigen Leistungserbringer             im Gesundheits- und Pflegewesen kontinuierlich weiter-
    sind verpflichtet, die Datenbank zu nutzen. Die sekundäre           entwickelt. Digitale Anwendungen sind über die TI so
    Datennutzung ist über ein Opt-out-Verfahren geregelt;               miteinander vernetzt, dass Daten strukturiert, sicher
    ­Patientinnen und Patienten können jederzeit der Weiter-            und zeitnah sowie fach-, einrichtungs- und sektoren-
 verwendung ihrer Daten zu Forschungszwecken wider-                     übergreifend ausgetauscht werden können.
 sprechen. Die bereitgestellten Daten werden für verschie-          3. Nachweislich nutzenstiftende und effizienzsteigernde
 denste Studien verwendet, zum Beispiel zur besseren                    digitale Innovationen werden identifiziert. Es werden
 Krebs- und Diabetesbehandlung.                                         die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen,
                                                                        ­damit diese Anwendungen zügig in die Gesundheits-
                                                                         und Pflegeversorgung gelangen können.
                                                                    4. Die Akzeptanz digitaler Anwendungen bei den Nutze-
                                                                         rinnen und Nutzern wird durch Transparenz und eine
                                                                        frühzeitige Einbindung und Partizipation gestärkt.

                                                                 Der Einsatz innovativer Technologien folgt stets dem An-
                                                                 spruch, die Ziele der Digitalisierungsstrategie zu verfolgen,
KI hilft bei der sprachlichen Frühdiagnostik von                 das heißt zu einem längeren, gesünderen Leben beizutragen,
­neurodegenerativen Erkrankungen.                                die Versorgung menschenzentrierter auszurichten und die
KI kann schnell und effizient eine große Menge an Sprach-        Stabilisierung der Finanzen im Gesundheits- und Pflege-
daten verarbeiten. Dabei werden die melodischen Aspekte          wesen zu unterstützen.
von Sprache mitberücksichtigt. Veränderungen können hier
als eine Art digitaler Biomarker verwendet werden, ­anhand
dessen die KI krankheitsbedingte Veränderungen im Sprach-
bild erkennt. KI kann schon in einem sehr frühen Stadium
Auffälligkeiten feststellen – und zwar auf einer Ebene,
die für das menschliche Gehör ohne technisches Zubehör
nie erkennbar wäre.2

2 KI-Sprachtest soll Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen
   ­erleichtern – DER PRIVATARZT DIGITAL (der-privatarzt.de)
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