GEMEINSCHAFTSGÄRTEN - WER MACHT MIT? - WIE FLÄCHENEIGENTÜMER*INNEN, UNTERSTÜTZER*INNEN UND GÄRTNER*INNEN ZUSAMMENKOMMEN - COPROGRÜN
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Foto: RVR / Luisa Gehnen www.rvr.ruhr Gemeinschaftsgärten – wer macht mit? Wie Flächeneigentümer*innen, Unterstützer*innen und Gärtner*innen zusammenkommen CoProGrün
Broschüre Gemeinschaftsgärten CoProGrün Gemeinschaftsgärten – Wer macht mit? Einleitung 1 Zielsetzung der Broschüre 1 Wer macht mit? Wie sich Akteur*innen für einen Gemeinschaftsgarten gewinnen lassen 5 Akteur*innen ermitteln: Wie finde ich mögliche Mitmacher*innen? 7 Methode: Austausch mit Schlüsselpersonen 7 Methode: Internetrecherche 8 Methode: Datenbasierte Akteursanalyse 9 Akteur*innen anwerben: Wie gewinne ich potenzielle Gärtner*innen? 9 Methode: Provokante Gegenteils-Bilder 10 Methode: Temporäres Leitsystem 10 Methode: Bepflanzte Irritationen 10 Methode: Naschwanderungen im städtischen Raum 10 Methode: Tag des grünen Daumens (thematische Veranstaltung) 10 Methode: Pflanzentauschbörse 11 Methode: Spielerische Intervention und Urban Games 11 Methode: Persönliche Ansprache 11 Methode: Bewerbung über Print- und Onlinemedien 12 Methode: Informations- und Mitmachstand 12 Akteur*innen aktivieren: Wie werden Interessierte zu Mitwirkenden? 14 Methode: Bilateraler Workshop zwischen Flächeneigentümer*innen und Gärtner*innen 14 Methode: Regelwerk mit Rechten und Pflichten entwickeln 16 Methode: Mitmachworkshop zur Entwicklung eines Gartenkonzepts 17 Schlussfolgerungen und Empfehlungen aus dem Modellvorhaben CoProGrün 21 Belastbare Kommunikationsstrukturen schaffen 21 Zentrale Ansprechstellen einsetzen 21 Kooperation zwischen Flächeneigentümer*innen, Anrainer*innen und Interessierten verbessern 22 Flächenverfügbarkeit verbessern 23 Potenzialflächenkataster anlegen 23 Langfristige Nutzungsperspektiven ermöglichen 23 Bestehen des Projektes sichern 23 Vergütung der Projektkoordination ermöglichen 23 Nachbar*innen, Anrainer*innen und aktuelle Nutzer*innen frühzeitig in die Projektentstehung einbinden 23 Zusammenarbeit durch gemeinsame Erarbeitung von Regeln und Inhalten verbessern 23 Quellenverzeichnis 25 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? i
Einleitung Im Jahr 1996 entstand mit dem Interkulturellen Garten Göttingen der erste bekannte Gemein- schaftsgarten in Deutschland. Seitdem entwi- ■ Gesellschaftliche Teilhabe und Kommu- ckelt sich die Urban Gardening Bewegung in nikation erhöhen, der Bundesrepublik rasant und erfreut sich bis heute kontinuierlich steigender Beliebtheit. Al- ■ Engagement und Sensibilisierung für lein die Stiftung anstiftung&ertomis listet in ihrer den öffentlichen Raum fördern, Datenbank zum April 2020 bereits 708 urbane Gärten in Groß- und Mittelstädten deutsch- ■ Das Mikroklima verbessern und landweit (anstiftung.de). Straßen und Plätze begrünen. Urban Gardening hat längst auch in der Metro- ■ Umweltbildung unterstützen. pole Ruhr Fuß gefasst. Die Region ist der fünft größte Ballungsraum Europas und erstreckt ■ (Brach-)Flächen inklusive ihrer unmit- sich über eine Fläche von über 4.400 Quadrat- telbaren Umgebung aufwerten und kilometern zwischen Ruhr, Emscher und Lippe. diese attraktiv machen Das soziale Netzwerk der Gemeinschaftsgär- ten in Nordrhein-Westfalen „UrbaneOasen.de“ ■ und nicht zuletzt Kosten für grünpfle- zählt über 50 Gartenprojekte mit einer Vielzahl gerische Maßnahmen einsparen. an Themen und Formen: Seniorengärten, inter- kulturelle und internationale Gärten, Nachbar- schaftsgärten, Mädchengärten, Flüchtlingsgär- Inhaltlich setzen sich Urban Gardening Projek- Auseinandersetzungen ten, Schul- und Kitagärten, Stadtteilgärten oder te mit vielen Themen auseinander: Mit ökolo- Gemeinschaftsgartenparzellen in Kleingarten- gischen, wie der Aufzucht alter Sorten, Biodi- Thematische anlagen, aber auch Projekte der solidarischen versität und Nachhaltigkeit, aber auch sozialen Landwirtschaft. und kommunalpolitischen, wie Fragen zur Mit- wirkung in der Quartiersentwicklung oder der Der Großteil der Urban Gardening Projekte wird Bedeutung des öffentlichen Raumes für die von Bürger*innen initiiert. Doch zunehmend Nachbarschaft. werden Gemeinschaftsgärten auch als Projekte von Kommunen, wie bei der Stadt Essen als Grüne Hauptstadt, oder durch private Woh- Zielsetzung der Broschüre nungsunternehmen angestoßen, wie durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEBAG Die Urban Gardening Bewegung wird bereits in Duisburg. Auch Stadtverwaltungen und Poli- seit mehreren Jahren wissenschaftlich begleitet tik erkennen die Potenziale der Gemeinschafts- und untersucht. Mehrere Studien beschäftigen gärten und unterstützen die Bewegung. So sich intensiv mit der Entstehung, den Poten- entwickelte beispielsweise die Stadt Bottrop zialen und der Vorgehensweise bei der Pro- ein Potenzialflächenkataster und die Grüne jektentwicklung von Gemeinschaftsgärten. Zu Fraktion Dortmund Innenstadt-West initiierte ein nennen wäre hier exemplarisch: Urban Gardening Projekt. Die geplante Inter- nationalen Gartenausstellung (IGA) Metropole ■ Gemeinschaftsgärten im Quartier. Ruhr 2027 widmet sich in der Ausstellungse- Handlungsleitfaden für Kommunen, heraus- bene „Mein Garten“ dem bürgerschaftlichen gegeben vom Bundesministerium für Um- Engagement, indem sie Vereine und Privatiniti- welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ativen einlädt, ihre nachbarschaftlichen Grünini- (2015) tiativen zu präsentieren. ■ Gemeinsam Gärtnern in der Stadt Das große Interesse an dieser Form des städti- Praxisbeispiele aus Nordrhein-Westfalen, schen Gärtnerns liegt sicherlich an den vielzähli- herausgegeben vom Ministerium für Klima- gen positiven Effekten sowohl aus ökologischer, schutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und ökonomischer als auch sozialer Perspektive. Verbraucherschutz des Landes Nord- Gemeinschaftsgärten können: rhein-Westfalen (2016) Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 1
■ Soziale Aktivierung zum gemeinschaftlichen Die Methoden wurden im Zuge des For- Gärtnern. Ein Leitfaden für die partizipative schungsprojektes „Co-produzierte Grünzüge Förderung von Gemeinschaftsgärten in Städ- als nachhaltige, kommunale Infrastruktur“ – ten und Quartieren; von Maximilian Schmies kurz: CoProGrün– zusammengetragen, wei- und Marcel Hunecke, herausgeben von der terentwickelt und in Modellprojekten erprobt. Stadt Bottrop (2016) Das Projekt war eine Kooperation des RVR mit dem Verein „die Urbanisten“, dem Fachbereich ■ Die neuen Gartenstädte: Urbane Gärten, Agrarwirtschaft der FH Südwestfalen und der Gemeinschaftsgärten und Urban Gardening Landwirtschaftskammer NRW. Die Koordinati- in Stadt- und Freiraumplanung. Internatio- on übernahm der Fachbereich Landschaftsar- nale Best Practice Beispiele für kommunale chitektur der RWTH Aachen University. Ziel war Strategien im Umgang mit Urbanen Gärten. es zu erforschen, wie Wissenschaftler*innen, Arbeitspapier von Ella von der Haide (2014) Bürger*innen und Unternehmer*innen Grün- züge attraktiv gestalten, bewirtschaften und ■ Potentialflächen für Gemeinschaftsgärten: Ein langfristig erhalten können. Die Kooperation Leitfaden zur Unterstützung von Gemein- dieser Akteur*innen soll gleichzeitig Formen der schaftsgarteninitiativen, herausgegeben vom Co-Produktion darstellen – ein Begriff, der auf Regionalverband Ruhr (2014) Elinor Ostrom zurückgeht, einer US-amerikani- schen Professorin für Politikwissenschaft, die ■ Urbane Gärten für Mensch und Natur. als führende Forscherin im Bereich der Um- Übersicht und Bibliographie von Kristina weltökonomie galt. Dietrich, herausgeben vom Bundesinstitut für Naturschutz (2014) Danach kann von Co-Produktion gesprochen werden, wenn die beteiligten Akteur*innen Die Studien enthalten zudem Handlungsemp- nicht als reine Konsument*innen auftreten, Co-Produktion fehlungen, vor allem für öffentliche Träger, die bereitgestellte Leistungen nicht durch den Definition und informieren darüber, wie diese die Urban Staat oder die Kommune in Anspruch neh- Gardening Bewegung beim Aufbau neuer und men oder eines Anbieters einkaufen, sondern beim Erhalt bestehender Projekte unterstützen selbst über die Art und Qualität dieser Leis- können. tungen bestimmen und an deren Erbringung mitarbeiten (Ostrom 1996:1073). Im Vordergrund dieser Broschüre steht die Frage, wie Menschen angesprochen Als Untersuchungsraum des Forschungspro- und eingebunden werden können, um jektes wurde der Grünzug Östliches Emscher- Gemeinschaftsgartenprojekte zu unter- tal des Emscher Landschaftsparks gewählt. stützen. Die Broschüre stellt dabei konkrete Er umfasst die Grün- und Freiflächen von Methoden vor, mit denen sich Handlungsemp- Dortmund bis Castrop-Rauxel und Waltrop, im fehlungen umsetzen lassen. Dadurch lässt sich näheren und weiteren Umfeld rechts und links auch untersuchen, wie einzelne Handlungs- der Emscher und ihrer Zuflüsse. empfehlungen noch präzisiert und verbessert werden können. Die hier vorgestellten Vorgehensweisen und Praxisbeispiele sind spezifisch für bzw. mit den Mitmachenden aus dem Untersuchungsraum in der Metropolregion Ruhr erarbeitet worden. Dennoch sind die angewandten Methoden übertragbar und in - evtl. leicht abgeänder- ter und ortsangepasster Form bundesweit anwendbar. 2 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
Wer macht mit? Wie sich Akteur*innen für einen Gemeinschaftsgarten gewinnen lassen Vorüberlegungen Gemeinschaftsgärten sind Orte im öffentlichen Raum einer Stadt, die gemeinschaftlich, freiwil- lig und in den meisten Fällen ehrenamtlich von Privatpersonen bewirtschaftet werden. Die Ori- entierung am Gemeinwohl sowie die Offenheit In dieser Broschüre gehen wir vorwiegend von und Zugänglichkeit sind Grundprinzipien dieser Fall 2 aus, das heißt, davon, dass eine Fläche Projekte. bereits nutzbar ist oder zumindest der Projektort feststeht. Jetzt müssen Akteur*innen gewonnen Damit ein Gemeinschaftsgarten entstehen werden, die einen Gemeinschaftsgarten starten kann, sind zwei zentrale Ressourcen unabding- und betreiben wollen. Dabei ist es wichtig, sich bar: Die Menschen, die das Projekt entwickeln folgende grundlegende Dinge zu verdeutlichen: und betreiben, und die Fläche, auf der der Garten wachsen und gedeihen kann. Bei der Abb. 2: Skizze der möglichen Ausgangssituation beim Start Gründung eines Gartenprojektes sind dement- eines Gemeinschaftsgartens (Eigene Darstellung nach sprechend drei Ausgangssituationen mögliich: Kemper/Weltring 2015, S. 12) # ! " FALL 1 FALL 2 FALL 3 AKTIVE GRUPPE FLÄCHE BRAUCHT VERMITTLUNG AUF DER SUCHE AKTIVE GRUPPE ZWISCHEN GRUPPE NACH FLÄCHE UND FLÄCHE Fall 1 Flächen gesucht: Der Gemeinschafts- Vor der inhaltlichen Ausarbeitung des Projektes Rahmenbedingungen garten entsteht auf Initiative einer Gruppe von ist es ratsam, mit Projektträger*in und Fläche- Privatpersonen, die auf der Suche nach einer neigentümer*in den Handlungsrahmen zu klä- ren (siehe S.14). So lassen sich die Grenzen klären geeigneten nutzbaren Fläche sind. des Machbaren frühzeitig stecken und die Fall 2 Mitmachende gesucht: Der Gemein- Mitwirkung der Teilnehmer*innen wird konstruk- schaftsgarten entsteht auf Initiative einer Kom- tiver. Dies beugt einer Frustration über unreali- mune, sozialen Einrichtung oder eines Woh- sierbare Vorstellungen vor. Ausgangssituationen nungsunternehmens. Sie stellen eine Fläche zur Verfügung, auf die der Gemeinschaftsgarten Gemeinschaftsgärten werden maßgeblich von entstehen soll. Hier geht es vornehmlich darum, den Gärtner*innen entwickelt. Minutiös festge- aktiv Mitwirkende zu gewinnen. Die Suche nach legte Vorhaben sind deshalb nicht zielführend. Die Aktiven müssen möglichst von Anfang an Gemeinschaftsgärten Gärtner*innen kann auch eine Rolle spielen, Beteiligungsprojekte wenn das Projekt bereits läuft. die Möglichkeit haben mitzumachen, zu inter- venieren und zu steuern. Deshalb sollten zent- Fall 3 Kontakte gesucht: In einigen Fällen rale Aufgaben im Projekt frühzeitig an sie über- sind sind sowohl interessierte Akteur*innen als auch geben werden. Dies ist entscheidend für die eine Projektfläche vorhanden, jedoch fehlt die Langfristigkeit der Projekte. Damit haben die Verbindung zwischen Interessierten und Anbie- Mitwirkenden die Möglichkeit, sich zu identifi- tenden. Hier gilt es, beide Seiten zusammen- zieren, Eigeninitiative zu zeigen und Verantwor- zubringen und zwischen ihren Vorstellungen, tung zu übernehmen. Andererseits erfordert Ansprüchen und Bedenken zu vermitteln. ein solches Vorgehen vor allem von planerisch Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 5
arbeitenden Akteur*innen wie Kommunen oder Aktive Mitwirkende für einen Gemeinschafts- Unternehmen ein erhöhtes Maß an Flexibilität garten zu gewinnen, gelingt in drei Schritten: und Offenheit. Schritt 1: Potenzielle Akteur*innen Die Mitarbeit in einem Gemeinschaftsgarten ermitteln; bedeutet, unabhängig davon, wie groß die Schritt 2: Deren Interesse wecken; Motivation der Aktiven ist, eines: Aufwand. Die Schritt 3: Interessierte zum Mitwirken Mitmachenden bringen – je nach Kapazitäten aktivieren. und Bereitschaft – vor allem ihr Interesse, Abb.4: Drei Schritte zur Aktivierung von Mitwirkenden ihre Arbeitskraft und ihre Fähigkeiten mit in (Quelle: eigene Darstellung) das Projekt. Die Gestaltung und Erhaltung Engagement Nutzen und eines Gemeinschaftsgartens erfordern zeitli- che Ressourcen und kommunikative Eigen- schaften sowie teilweise auch eine finanzielle Beteiligung. Die Interessierten werden sich folglich in einem solchen Projekt nur engagie- ren, wenn sie darin einen Mehrwert für sich Für jeden Schritt gibt es Methoden, die in den erkennen. folgenden Kapiteln vorgestellt werden. Dabei Der Schlüssel zum Erfolg ist also, Interessier- ist es im Allgemeinen ratsam, die Methoden ten zu verdeutlichen, was das Projekt ihnen mit lokalen Expert*innen vor Ort (siehe S.7) nutzt und welche entscheidende Bedeutung auf die Rahmenbedingungen zuzuschneiden. sie für das Projekt haben. Output Input Ein Gemeinschaftsgarten bietet seinen Der Beitrag der Nutzer*innen für den Nutzer*innen: Gemeinschaftsgarten: Gemüse & Kräuter für den Eigenbedarf Gärtnern produzieren (in geringem Maße) Natur in der Stadt erfahren Organisatorische Unterstützung Vernetzung und Austausch mit anderen Weitere Akteur*innen durch eigenes Netzwerk Personen, Gruppen, Institutionen aktivieren Sponsor*innen oder Fördermittelgeber*innen Gemeinschaftsgefühl akquirieren Klimatische und soziale Verbesserung des nachbarschaftlichen Umfelds Aufwertung des Wohnumfelds Umweltbildung Sinnhafte Freizeitbeschäftigung Abb.3: Output und Input aktiver Gärtner*innen in einem Gemeinschaftsgarten (Quelle: Eigene Darstellung) Quelle: Die Urbanisten 2016 6 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
Akteur*innen ermitteln: Wie finde ich mögliche Mitmacher*innen? Im Zentrum eines Gemeinschaftsgartens künftigen Mitwirkenden zielgerichtet analysiert, stehen die Menschen, die sich darin enga- angesprochen und aktiviert werden können. gieren. Sie entwickeln den Garten, bauen ihn Zudem wissen Raumagent*innen von indivi- auf und betreiben ihn, sie pflanzen und säen, duellen Hindernissen oder weiteren Kontakten pflegen und ernten. In der ausgeprägtesten vor Ort, was den Entwicklungsprozess stark Form nach Rosol (2006, S.3) ist ein urbaner vereinfacht. Lokale Netzwerke sprechen dabei Garten zuvorderst ein Gemeinschaftsprojekt vor allem die Nachbarschaft und die unmittel- im öffentlichen Raum, an dem sowohl Einzel- bare Umgebung an –für sie ist der Bezug zum personen jeden Alters und jeder Herkunft als Garten über den direkten räumlichen Kontext Abb. 5: Kennenlerntreffen zur auch Gruppen und Institutionen teilnehmen gegeben. Daneben gibt es thematische Netz- Entwicklung des Westgartens können. Im Fokus stehen hierbei vor allem werke wie Kleingärten, BUND oder NABU, die in Dortmund, das von den diejenigen, die in der Nähe der Projektfläche aufgrund ihrer Aktivitäten und Inhalte mit den Urbanisten moderiert wurde. wohnen oder ihren Standort haben. Denn urbanen Gärten in Verbindung stehen. (Quelle: die Urbanisten, 2016) um die Teilnahme im Garten gut in den Alltag einbinden zu können, ist eine rasche Erreich- barkeit klar von Vorteil, vor allem, wenn in der heißen Sommerphase täglich gegossen werden muss. Die Nähe spielt auch einen ausschlaggebenden Faktor bei der Einbin- dung von sozialen Einrichtungen wie Kitas oder Schulen. Für sie ist die Anreise organisa- torisch anspruchsvoll. Ein weiter Weg schließt ihre regelmäßige Teilnahme somit oftmals aus. Bevor also die passende Methode zur Identifi- zierung der relevanten Akteur*innen für das ge- plante Gemeinschaftsgartenprojekt ausgewählt Im Zuge des Projektes CoProGrün wurden 47 wird, sollten die Initiator*innen vorab einige qualitative Interviews mit Expert*innen durchge- Fragen beantworten. Die Antworten können führt, von denen 21 einen Bezug zum Thema den Kreis der potenziellen Mitwirkenden grund- Urban Gardening hatten. Um dem Ansatz der legend einschränken: Co-Produktion gerecht zu werden, spiegelten die Interviewpartner*innen alle gesellschaftlich ■ Wie offen zugänglich soll der Garten relevanten Bereiche wider: sein? Ist er nutzbar für alle Interessier- ten oder nur für bestimmte Personen? • Politik, • Verwaltung, • Wirtschaft, Wenn ja, für welche? • Zivilgesellschaft, • Daseinsgrundfunktionen (Wohnen, Arbeiten, Bildung, Sich-versorgen, Experteninterviews ■ Gibt es bereits einen thematischen Praxisbeispiel Konsum und Kultur) in CoProGrün Fokus, durch den bestimmte Zielgrup- pen vorab für das Projekt definiert sind? Ihre Relevanz ergab sich einerseits aus ihrem Sind dadurch andere Gruppen ausge- räumlichen Bezug: schlossen? • Flächenbesitz, • Standort, • produktive und konsumptive Nutzung Methode: Austausch mit Schlüsselpersonen Lokale Schlüsselpersonen und ihre Netzwerke Andererseits aus ihrer potenziellen Rolle für Ur- sind wichtig, um potenzielle Mitwirkende zu ban-Gardening-Projekte: identifizieren. Sie werden auch als Multiplika- • Aktive, • Flächenanbieter*innen, tor*innen oder Raumagent*innen bezeichnet. • Unterstützende, • Multiplikatoren*innen Methoden Es sind Vor-Ort-Expert*innen, die oftmals über Die Suche nach konkreten Interviewpartner*in- themenbezogenes Fachwissen verfügen und nen verlief zunächst durch bekannte Schlüssel- in der lokalen Szene gut integriert sind. Sie be- personen und nach dem Schneeballprinzip, in- sitzen wertvolle Kenntnisse über die Akteur*in- dem Interviewte Hinweise auf weitere relevante nen in einem Handlungsraum, sodass die zu- Akteur*innen gaben. Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 7
Methode: Vor-Ort-Begehung Hilfreiche Informationen über Netzwerke finden Sie hier: Eine Vor-Ort-Begehung liefert wichtige Infor- mationen über die möglichen Mitwirkenden • Anstiftung: Netzwerk der urbanen Gärten in im Projekt. Wer wohnt hier? Wer arbeitet hier? Deutschland (https://anstiftung.de) Welche Einrichtungen gibt es rund um den Gemeinschaftsgarten? Viele Siedlungen verfü- • UrbaneOasen.de: Soziales Netzwerk für gen nur über wenig freie Grünflächen, die zum Urban Gardening Projekte, vorwiegend aus Anbau oder Bepflanzen genutzt werden können. Nordrhein-Westfalen (https://www.urbaneoa- Andere weisen zwar Grünflächen auf, hier ist sen.de/) jedoch die gärtnerische Nutzung durch den oder die Vermieter*in eingeschränkt oder nicht stadtbezogene Netzwerke in: erlaubt. Vor allem, wenn die Bewohner*innen keine eigenen Gärten oder Balkone haben, kann o Berlin (https://www.berlin.de/gemein- ein potenzielles Interesse an der Mitwirkung in schaftsgaertnern/) einem Gemeinschaftsgarten bestehen. Gesprä- che auf der Straße liefern zusätzlich interessante o Bonn (https://bonnimwandel.de/gartnern- Erkenntnisse über das Viertel und seine Men- in-bonn/) schen und haben den Vorteil, über das Projekt und die Mitmachmöglichkeit zu informieren. o Bottrop (http://www.gemeinsinnschafftgar- ten.de/die-gaerten) Methode: Internetrecherche o Chemnitz (http://sprossachse.org/wp/) Viele Informationen finden sich auch im Internet. Hier lassen sich relativ schnell und einfach die o Essen (https://gemeinschaftsgartenessen. passenden Ansprechpartner*innen wie Woh- wordpress.com) nungsunternehmen oder auch bestehende Gemeinschaftsgärten oder ähnliche Projekte o Frankfurt (https://frankfurter-beete.de/) im Umfeld finden. Zudem gibt es bereits Web- seiten, die als lokale, regionale oder deutsch- o Freiburg (http://ttfreiburg.de/mitmachen/ landweite Netzwerke fungieren. Sie bieten urbanes-gaertnern/) Ansprechstellen und Tipps zu Fördermöglich- keiten sowie praktische Anleitungen für den o Köln (https://gemeinschaftsgaerten-koeln.de/), Gartenaufbau. Viele stadtbezogenen Netzwerke laufen über bürgerschaftliche Initiativen, wie o Nürnberg und Fürth (https://www.nuernberg. beispielsweise die transition-town-Bewegung, de/internet/agenda21/urban_gardening.html) Vereine, wie die Urbanisten oder gemeinnützige Stiftungen, wie die Anstiftung. Daneben finden o Potsdam (http://transition-potsdam.de/), sich aber auch Informationen und Ansprech- stellen zu Gemeinschaftsgärten, die von einzel- o Osnabrück (https://www.osnabrueck.de/ nen Städten bzw. deren Abteilungen, wie das urbangardening/), Stadtplanungsamt oder Gesellschaften, wie die Wirtschaftsförderung, bereitgestellt werden. o Stuttgart (https://www.stuttgart.de/urbane- gaerten) o Wuppertal (https://www.wuppertals-urba- ne-gaerten.de/). Der Dortmunder Verein „die Urbanisten“ hat die breit aufgestellte Urban-Gardening-Onlineplattform Gemeinschaftsgärten Internetplattform für UrbaneOasen.de entwickelt, die die Gemeinschaftsgärten und ihre Bewegung, Vielfalt, Formen UrbaneOasen.de im Ruhrgebiet Praxisbeispiel: und positiven Auswirkungen in Nordrhein-Westfalen darstellt. User*innen können sich hier über Neuigkeiten, Termine, Projekte, Ansprechpartner*innen und Flächen informieren, andere Städte- und Themennetzwerke kennenlernen und selbst Inhalte beitragen. Kommentarfunktionen und Foren ermöglichen einen Austausch auf vielen Ebenen. Die Plattform ist wie die Gemeinschaftsgärten als Beteiligungsprojekt gedacht. 8 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
Methode: Datenbasierte Akteursanalyse Emotionaler Ansatz: Methoden, die durch Emotionen aktivieren und die Zielgruppe Zu Projektbeginn sind manchmal die Strukturen auf der Gefühlsebene ansprechen: vor Ort noch unklar. In solchen Fällen lassen Sie zeigen spielerisch eine machbare Verän- sich mögliche lokale Partner*innen auch mithilfe derung des Raumes und die Möglichkeit zum einer datenbasierten Akteursanalyse finden. Eine Mitmachen auf, ohne dies zu erzwingen. Die räumliche Analyse mithilfe eines Geoinformati- Nachrichten sind leicht zu verstehen und er- onssystems (GIS) kann dabei helfen, potenzielle möglichen eine spontane Auseinandersetzung, Mitmachende, wie beispielsweise Kindergärten, ohne großes Lesen oder Informationsflut. Visu- Schulen oder Kleingärten, zu analysieren und elle Irritationen provozieren beispielsweise dazu, kartografisch darzustellen. den eigenen Lebensraum anders zu sehen Ebenfalls denkbar ist es, Daten über ausge- und sich Gedanken zur Gestaltung zu machen. wählte Flächen einzuholen. Gibt es Altlasten Diese Form der Ansprache funktioniert vor allem oder andere wissenswerte Informationen zu dann, wenn sie ohne besondere Kenntnisse der einer Fläche, die eventuell Auswirkungen auf die Empfänger*innen angenommen werden kann. Konzeption des Gemeinschaftsgartens haben? Sie dient daher als Einstieg. Mithilfe solcher Informationen können Hinder- nisse bereits zu Projektbeginn erkannt und Informativer Ansatz: Methoden, die durch ausgeräumt werden. Diese Daten sind meistens reine Informationen aktivieren, sprechen im Besitz der Kommunen, die deshalb in dieser die Zielgruppe auf der sachlich-fakti- Phase eine Schlüsselrolle für die Projektentwick- schen Ebene an. lung spielen. Mit gezielten Informationen und Wissen ver- weisen sie auf Möglichkeiten zum Mitmachen, Im Zuge des Projektes CoProGrün konnte auf Potenziale, Hindernisse und bieten Lösungsvor- geobasierte Daten des Regionalverbands Ruhr schläge sowie Best-Practice-Beispiele an. zurückgegriffen werden. Die Urbanisten verar- beiteten diese in Form von Tabellen und geoba- GIS-Analyse in Die meisten Interessierten kommen mit Mo- Praxisbeispiel: sierten Dateien mit den Standorten von Wohn- CoProGrün gebäuden, sozialen Einrichtungen und den tivation und dem Wunsch zu handeln zu sol- Interviewpartner*innen. Während der gesamten chen Veranstaltungen. Der Mehrwert für ihre Teilnahme am geplanten Urban Gardening Projektzeit war es möglich, auf diesen Datensatz Projekt sollte für sie klar und greifbar sein. zurückzugreifen und Akteur*innen zu identifizie- ren, die aufgrund ihrer Nähe zur Projektfläche re- Das Projekt sollte deshalb spätestens ein levant waren. Dies vereinfachte die zielgerichtete bis zwei Monate nach der Werbekampagne Ansprache deutlich. starten. Im Nachgang zu der öffentlichen Be- kanntmachung ist also durch die Initiieren- den sicherzustellen, dass eine schnelle und Akteur*innen anwerben: Wie gewinne ich zeitnahe Umsetzung mit allen Beteiligten er- folgen kann. potenzielle Gärtner*innen? Nachdem in einem ersten Schritt mögliche Inte- Im Folgenden werden einige Methoden der ressierte ausgemacht wurden, gilt es nun, diese beiden Ansätze vorgestellt, um Mitmachende zu konkret anzusprechen und einzuladen, sich an gewinnen: dem Gemeinschaftsgartenprojekt zu beteiligen. Dabei können potenzielle Gärtner*innen auf ver- (1) Beispiele für den Emotionalen Ansatz schiedene Arten für ein Urban Gardening Projekt gewonnen werden. Die Methoden unterschei- Bei den folgenden Methoden des emotionalen den sich in Intensität und Form der Ansprache. Ansatzes ist zu beachten, dass diese nicht Am sinnvollsten ist es, sie zu kombinieren, um zwingend informative Elemente zum geplanten möglichst viele Menschen anzusprechen und Projekt beinhalten, sondern als reine positive zu den geplanten Veranstaltungen einzuladen. Irritation funktionieren. In diesen Fällen müssen Allgemein lassen sich bei den Methoden zur andere ergänzende „informative“ Methoden Aktivierung von potenziellen Akteur*innen zwei genutzt werden, um auf die Möglichkeit zum Ansätze erkennen: Mitmachen im Projekt hinzuweisen. Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 9
Methode: Provokante Gegenteils-Bilder Methode: Bepflanzte Irritationen Das Bild zeigt einen kahlen, leblosen und kaum Schon von weitem ist zu erkennen, dass der genutzten Parkplatz ohne Aufenthaltsqualität, graue, seit Jahren mit Graffiti-Tags verunstaltete der Titel „Erlebnisgarten“ liest sich wie ein Ver- Stromkasten anders aussieht. Plötzlich stehen sehen, so gegensätzlich ist er. Oder ist doch dort blühende Blumen. „Wer hat die hier abge- etwas dran? Ist ein Garten vielleicht sogar hier stellt? Und warum? Aber schön sind sie schon!“ möglich? Zumindest ein Busch oder Baum wäre Temporäre Objekte brechen bekannte Perspek- doch schön? Provokante Bilder können Reali- tiven auf, irritieren im positiven Sinne und zeigen, täten aufzeigen, die auf den ersten Blick nicht dass bereits mit kleinen Dingen unattraktive und vorstellbar sind. Sie erzeugen Aufmerksamkeit, ignorierte Räume verschönert werden können. wecken Interesse und vermitteln die Botschaft: Sie weisen damit spielerisch und subtil darauf „Nichts ist unmöglich!“. Im Internet oder vor Ort hin, dass ein Ort schon mit kleinen Mitteln ver- als Plakat angebracht fördern sie einen Denkan- schönert werden kann. stoß und eine (erste) kreative Auseinanderset- zung mit dem Raum. Methode: Naschwanderungen im städtischen Raum Methode: Temporäres Leitsystem Auch im urbanen Raum wachsen Obst, Gemü- se und Kräuter. Auf dieser geführten Naschwan- derung erfahren die Teilnehmenden, wie pro- duktiv die Natur in der eigenen Nachbarschaft sein kann und erweitern ihre alltägliche Perspek- tive auf den urbanen Raum. Kräuterwanderun- gen werden bereits in vielen deutschen Städten zumeist von privaten Anbietern oder Naturschut- zorganisationen angeboten, z.B. in Hamburg, Dresden, Dinslaken oder im Ruhrgebiet. Methode: Tag des grünen Daumens (thematische Veranstaltung) Abb. 6: Temporärer Leitsystem (Quelle: Florieren-Online) Mit Hilfe von zeitweise aufgestellten Schildern oder Sprühgraffiti wird visuell auf die zukünftige Projektfläche hingewiesen. Spielerisch können interessierte Vorbeikommende mit dieser inno- vativen Wegeführung zum Projektort gebracht werden, wodurch sie sich mit dem Raum aus- einandersetzen und dieser so ins Bewusstsein gerückt wird. Mögliche Motive können Informa- tionen, Pfeile oder gärtnerische Elemente sein, evtl. auch das Logo des Projektes, soweit es bereits existiert. Kurze Slogans wie „Mach mit: Abb. 7: Tag des grünen Daumens (Quelle: die Urbanisten) Hier kann was passieren!“ oder „Hier entsteht ein Mitmach-Paradies!“ bleiben abstrakt genug, Mit Nachbarn, Institutionen und Vereinen vor um eine Erwartungshaltung und Spannung zu Ort wird gemeinschaftlich öffentlichkeitswirksam generieren, weisen aber gleichzeitig auf Teilnah- eine unattraktive Fläche verschönert. Dazu brin- memöglichkeiten hin. gen die Teilnehmenden Pflanzen mit, die einge- pflanzt werden. Lokale und regionale Erzeuger oder bspw. Baumärkte können als Sponsoren 10 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
und Sachspender dazu gewonnen werden. (2) Beispiele für den Informativen Ansatz Diese Aktion zeigt, wie rasch das Aussehen eines Ortes positiv geändert werden kann, Folgende gängige Methoden eigen sich beson- wenn gemeinsam angepackt wird. Nebenbei ders, um konkrete Inhalte und Sachinformati- kommen Menschen in Kontakt, tauschen sich onen zielgerichtet an ausgewählte Personen- aus, vernetzen sich und stärken das Gemein- gruppen zu vermitteln: schafts- und Verantwortungsgefühl für den gemeinsamen öffentlichen Lebensraum. Eine Methode: Persönliche Ansprache Fotodokumentation der Aktion erlaubt es, den Vorher-Nachher-Effekt noch besser zu erken- Die zentralen Säulen für den Erfolg eines Ge- nen. meinschaftsprojekts wie der urbane Garten sind der soziale Zusammenhalt zwischen den Mitwir- Methode: Pflanzentauschbörse kenden und eine konstruktive Zusammenarbeit. Der direkte Kontakt ist während des gesamten Auf einer Pflanzentauschbörse werden kosten- Projektes wichtig, um sich kennenzulernen, frei Samen, Saatgut und Pflanzen getauscht. abzustimmen, Entscheidungen vorzubereiten, Praktische Erfahrungen und Probleme werden Unstimmigkeiten zu klären und eine Gemein- diskutiert und neue Kontakte geknüpft. Findet schaft zu schaffen. Ein Besuch vor Ort ist eine eine solche Börse auf der zukünftigen Projektflä- gute Möglichkeit, die Menschen in der Nähe der che statt, kann diese optimal der Öffentlichkeit Projektfläche anzusprechen. Allerdings besitzt als Ort des geplanten Gartenprojekts präsentiert die Methode der persönlichen Ansprache eine werden. Evtl. wird in einer gemeinschaftlichen geringe Reichweite und ist sehr aufwendig. Pflanzaktion bereits ein erstes Beet erschaffen. Deshalb spielen Gespräche mit Raumagent*in- Die Veranstaltung ermöglicht es, bereits erste nen und lokalen Netzwerken eine besondere Mitmachende zu akquirieren und sich kennen- Rolle. zulernen. Im Modellprojekt "Garten für alle" im Sozialen Methode: Spielerische Intervention und Zentrum Dortmund wurden die potenziellen Mit- Urban Games wirkenden direkt angesprochen, um sie über den geplanten Gemeinschaftsgarten zu informieren Sollten im größeren Stil mehrere Flächen ge- und ihr Interesse am Mitmachen zugewinnen. staltet werden, so bietet sich die Entwicklung Die gemeinnützige Einrichtung bietet betreute von spielerischen Interventionen an, um auf Seniorenwohnungen, eine Beratungsstelle für urbane Möglichkeitsräume (z.B. Brachen) in den Jugendliche und Erziehungs-, Familien- und Städten aufmerksam zu machen. So könnten Schwangerschaftsfragen sowie eine Drogenbe- beispielsweise Schnitzeljagden oder Street Art ratungsstelle an einem anderen Standort. Der Bingos durch Quartiere entwickelt und in Grup- Gemeinschaftsgarten sollte in die vorhandene pen gespielt werden: Anhand von Bildern müs- Grünfläche der Einrichtung integriert werden. Ziel- im Sozialen Zentrum Dortmund sen Orte gefunden werden und als Aufgaben gruppe waren die Bewohner*innen, Nutzer*innen Direkte Ansprache Ideen zu den Flächen entwickelt werden. Ziel ist und Klient*innen des Sozialen Zentrums. Die An- Praxisbeispiel: es, die Aufmerksamkeit der Mitmachenden auf sprache erfolgte durch Raumagent*innen, in die- unscheinbare oder unentdeckte Orte zu lenken, sem Fall Betreuende und Gruppenleitende der Menschen ins Gespräch zu bringen und für be- Einrichtung. Dies stellte sich aus zwei Gründen stimmte Thema zu sensibilisieren. Beispiele aus als sehr erfolgreich dar: der Region gibt es aus Essen mit dem „Street. • Die Raumagent*innen kennen die Menschen Bingo Zollverein“ oder mit dem Street Art Bingo aus den Zielgruppen sehr gut und können opti- Unionviertel Dortmund mal einschätzen, welche Personen fit genug für ein Gemeinschaftsgartenprojekt sind. • Zwischen den Raumagent*innen und den Ad- ressierten ist über längere Zeit aufgrund der engen Beziehung und Arbeit miteinander ein Weiterführende Informationen zu dem Praxisbeispiel Soziales Vertrauensverhältnis entstanden. Die Mitarbeit Zentrum Dortmund siehe auch: der Klient*innen der Drogenberatungsstelle ist http://www.coprogruen.de/files/machbarkeitsstudie_luenen. definitiv dem aktiven Mitwirken ihrer Anleiterin pdf zu verdanken. Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 11
Methode: Bewerbung über Print- und Onlinemedien Bei der Bewerbung des Projektes lässt sich Die Ansprache sollte immer zentrale Informa- durch die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit tionen zum geplanten Projekt enthalten. Dazu zusätzlich eine große Reichweite erzielen. gehört, dass es sich um einen Gemeinschafts- Hierzu zählt die Veröffentlichung von Informati- garten handelt, für den aktive Mitmacher onen über das Projektvorhaben über Print- und gesucht werden, an welcher Stelle das Projekt digitale Medien: realisiert werden soll und wie man Teil des Pro- jektes werden kann – beispielsweise mit der • Presse, Einladung zu einem Auftakttreffen. Zusätzlich • Flyer sollten die Kontaktdaten einer Ansprechperson • Poster beigefügt werden, um Vorabfragen zu ermög- • Website, lichen. Zu beachten ist bei dieser Methode • Facebook, außerdem die Wahl der Sprache. Wer fremd- • Instagram, sprachige Menschen gewinnen möchte, sollte • Twitter die Informationen ebenfalls in verschiedenen • E-Mail-Newsletter. Sprachen veröffentlichen. Ansonsten scheitert die Teilnahme bereits vor Projektbeginn an der Die Wahl der passenden Kanäle richtet sich Sprachbarriere. nach den Zielgruppen des Projektes. Wenn Es ist sehr ratsam, die Öffentlichkeitsarbeit mit besonders Senior*innen angesprochen wer- den lokalen Bedingungen vor Ort zu verknüp- den sollen, bietet sich eher ein Flyer oder die fen. So bietet es sich an, auf Veranstaltungen, Presse an, bei Jüngeren digitale Medien. Der die inhaltlich zum Projekt passen, Flyer zu ver- lokalen Presse oder auch lokalen Webseiten (z. teilen. Plakate sollten nach Möglichkeit an viel B. Coolibri Ruhrgebiet) kommt eine besondere frequentierten Stellen im Umfeld angebracht Bedeutung zu, genauso wie Online-Netzwerke werden. In Gesprächen mit Raumagent*innen zum Thema Urban Gardening (siehe S. 8) Die lässt sich gut in Erfahrung bringen, was sich Online-Medien bieten sich zudem dafür an, hierfür anbietet. über die Startphase hinaus über die Entwick- lung des Projektes zu berichten. Methode: Informations- und Mitmachstand Am Informations- und Mitmachstand erfahren Interessierte Wissenswertes rund um das geplante Projekt. In einer Mitmachaktion kön- nen sie gärtnerisch aktiv werden und z. B. vorbereitete Tetra-Paks mit Erde und Samen oder vorgezogenen Pflanzen befüllen, die sie anschließend mit nach Hause nehmen können. Möglich ist auch, die bepflanzten Tetra-Paks an einen Zaun, eine Wand o. ä. anzubringen, wenn der Stand sich bereits am Projektort befindet. So leisten die Teilnehmer*innen ihren ersten Beitrag zum Gartenprojekt und erschaf- fen ein gemeinsames Produkt. Das grüne Quartiersmanagement in Lünen Das Abb. 8: Mehrsprachiger Einladungs- flyer zum Auftakttreffen zur Reaktivierung des Stadtteil- gartens in Deininghausen (Quelle: die Urbanisten, 2019) 12 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
Das grüne Quartiersmanagement in Lünen stellte auf einem Mieterfest des Immobilienunterneh- mens LEG* in unmittelbarer Nähe des angedachten Projektstandortes einen interaktiven Infostand Infostand für den Gemeinschaftsgarten auf. Ein Plakat informierte über den geplanten Gemeinschaftsgarten und andere Möglichkeiten, sich aktiv an der Begrünung der Siedlung zu beteiligen. Auf einem zweiten Plakat konnten Besu- cher*innen ihre Ideen zu Gemeinschaftsgärten in der Siedlung festhalten. Victoriasiedlung Lünen Der Stand bot außerdem die Möglichkeit, sich mit Vertreter*innen der Stadt Lünen und dem grü- Praxisbeispiel: nen Quartiersmanagement, als Initiator*innen des Projektes, auszutauschen und gemeinsam zu diskutieren. Vor allem die Anrainer*innen und aktuellen Nutzer*innen der Projektfläche nutzten diese Möglichkeit, um ihre Bedenken zu formulieren und lokale Begebenheiten auszutauschen. Dies er- möglichte es den Projektinitiator*innen, auch die Skepsis zum Projekt wahrzunehmen. Sie initiierten in der Folge Gespräche mit den Nutzer*innen und Anrainer*innen, um deren Bedenken zu begeg- nen und die Potenziale des Projektes aufzuzeigen. *Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) spielt im Zusammenhang mit dem geplanten Gemeinschaftsgarten in der Victoriasiedlung Lünen eine zentrale Rolle. Als größter Wohnungsanbieter in der Siedlung ist sie ein wesentlicher Part- ner in der Quartiersentwicklung. Die Fläche, auf der der Gemeinschaftsgarten entstehen soll, befindet sich in ihrem Eigentum und ihre Mieter*innen bilden die zentrale Zielgruppe für den Garten. Mehr zu dem Modellprojekt Aufbau eines Gemeinschaftsgarten in der Victoriasiedlung in Lünen erfahren Sie auch unter: http://www.coprogruen.de/files/machbarkeitsstudie_luenen.pdf Abb. 9: Plakatreihe Infostand - Grüne Werkstatt (Quelle: Die Urbanisten e.V., 2019) Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 13
Akteur*innen aktivieren: Wie werden Interessierte zu Mitwirkenden? Für den Erfolg eines Gemeinschaftsgartens ist 1. Nach einer kurzen Begrüßungsphase es wichtig, eine konstruktive Zusammenarbeit werden in einem kurzen Einleitungsvortrag und gegenseitiges Vertrauen unter den Mit- der Projektkontext, Projektträger*innen und wirkenden aufzubauen. Alle Beteiligten sollten Projektinitiator*innen sowie Ablauf und Ziel- ihre Vorstellungen, Wünsche und Motivatio- setzung des Workshops vorgestellt. nen ebenso offen formulieren können wie ihre Bedenken, Ängste, Zweifel und Grenzen – und 2. Im Anschluss zeigen Expert*innen– optima- damit gemeinsam den Handlungsspielraum für lerweise mit viel Bildmaterial – anhand be- das Projekt und die Kooperationen erörtern. stehender Projekte, welche Möglichkeiten Geprägt wird dieser Schritt auch dadurch, und Chancen, aber auch welche Probleme dass Interessierte und Flächeneigentümer*in- und Lösungen es in einem Projekt dieser nen sich austauschen, um den Projektrahmen Art geben kann. und ein gemeinsames Konzept für den Garten zu entwickeln. 3. Im an schließenden Workshopteil diskutieren die Teilnehmer*innen zu konkreten Fragen Methode: oder Problemen. Gemeinsam entwerfen sie Bilateraler Workshop zwischen konstruktive Lösungen und Konzepte zur Flächeneigentümer*innen und Gärt- Entwicklung neuer Urban Gardening Projek- ner*innen te. Als eine erste konkrete Maßnahme Richtung 4. Abschließend werden die Ergebnisse zu- Umsetzung können Kennenlerntreffen in Form sammengefasst vorgetragen. von bilateralen Workshops dienen. In einem solchen Workshop treffen die Projektinitiator*in- 5. Im Anschluss an den Workshop erhalten die nen als Flächensuchende auf kommunale und Teilnehmer*innen eine Dokumentation sowie private Flächeneigentümer*innen. Sie tau- die Teilnehmerliste mit Kontaktdaten für den schen dabei ihre Perspektiven, Anforderungen, weiteren Austausch. Der direkte und regel- Wünsche, Chancen und Risiken, aber auch mäßige Kontakt zwischen beiden Parteien ihre Befürchtungen zu dem Projekt aus. Ziel sollte möglichst von Beginn an gefördert des Workshops ist es zum einen, die Fläche- und während der gesamten Projektlaufzeit neigentümer*innen dazu zu motivieren, ihre beibehalten werden. Flächen dem Projekt zur Verfügung zu stellen. Zum anderen sollen sie die Möglichkeit erhal- Gibt es eine Fläche zur Nutzung, sollten rasch ten, mit den zukünftigen Gärtner*innen Verhal- die unmittelbaren Anrainer*innen und aktuellen tensregeln und Nutzungsmöglichkeiten auszu- Nutzer*innen in einem direkten Gespräch oder tarieren, die für beide Seiten akzeptabel sind. per Briefeinwurf über das geplante Vorhaben informiert werden. Sie sollten immer auch die Der Workshop wird von einer objektiven Per- Kontaktdaten derer erhalten, an die sie ihre son moderiert. Akteur*innen aus bereits aktiven Rückfragen adressieren können. Je früher Gemeinschaftsgartenprojekten bringen ihre diese Akteur*innen ins Boot geholt werden, Erfahrungen und ihr Wissen aus der Praxis desto besser lassen sich Konflikte vermeiden ein. Der bilaterale Workshop könnte wie folgt und eine höhere Akzeptanz für das Projekt in ablaufen: der Nachbarschaft schaffen. Quelle: Die Urbanisten 2016 14 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
Die Urbanisten führten den bilateralen Workshop im März 2018 unter dem Titel „Gemeinschaftsgär- ten: Wie kommen Flächeneigentümer und Garteninteressierte zusammen?“ durch. In Vorträgen wurden drei Projektbeispiele zum Thema Urban Gardening mit unterschiedlichen Schwerpunkten präsentiert, darunter der Heimatgarten Rheinhausen in Duisburg, das Gartenkol- lektiv Stahlwerkstraße in der Dortmunder Nordstadt und der Gemeinschaftsgarten Tante Albert in Wie kommen Flächeneigentümer und Garteninteressierte zusammen?“ Dortmund-Nord. Anhand dieser Beispiele formulierten die Teilnehmer*innen Perspektiven, Anfor- derungen, Bedenken, Rahmenbedingungen, Wünsche und Hürden für Gemeinschaftsgartenpro- jekte. Sie entwickelten eine Liste kritischer Punkte, die zur Bereitstellung eigener Flächen erfüllt sein sollte: Argumente: Lösungen: Bilateraler Workshop „Gemeinschaftsgärten: • Flächeneigentümer*innen und Wohnungs- • Um die Zusammenarbeit zu regeln und Ver- bauunternehmen verlangen eine*n feste*n träge abschließen zu können, sind organisier- Ansprechpartner*in und Verantwortliche*n te Gärtnergruppen als juristische Person von aufseiten der Nutzenden, bevor sie bereit Vorteil. Damit ist rechtlich gesichert, wer im sind, ihre Flächen zur Verfügung zu stellen. Fall von Vandalismus oder bei Projektende Praxisbeispiel: verantwortlich ist. • Gärtner*innen argumentieren, dass es in ih- rem eigenen Interesse sei, die Flächen attrak- • Eine Ansprech- oder Koordinationsstelle tiv zu gestalten. Ihnen sei es zu verdanken, für Gemeinschaftsgärten ist eine wichtige dass vermüllte Brachflächen wieder sinnvoll Grundlage für eine gute Kommunikation zwi- genutzt werden, was ihre Attraktivität sowie schen Initiator*innen und Eigentümer*innen. die ihres näheren Umfeldes deutlich steigere. Hierdurch sind Projekte in der Lage, den Kontakt zwischen Flächeneigentümer*in und • Unklare Zuständigkeiten und fehlende Kon- Gärtner*innen, die Öffentlichkeitsarbeit des takte bei Unternehmen oder Kommunen Projekts, die interne Organisation und auch erschweren den Initiativen die Suche nach die Fördermittelakquise zu bündeln und Kon- einer Fläche maßgeblich. Die Ermittlung der tinuität zu schaffen. Eigentümer*innen (insbesondere bei Flächen in Privatbesitz) ist oftmals sehr kompliziert und zeitaufwendig. Der Workshop führte direkt zum Erfolg: Die Stadt Lünen stellte im Anschluss an den Workshop eine „Grüne Quartiersmanagerin“ in der Victoriasiedlung ein. Zusätzlich ließ sie potenzielle Flächen für einen Gemeinschaftsgarten analysieren, um sie dann als Projektorte zur Verfügung zu stellen. Hieraus entwickelte sich das Modellprojekt Gemeinschaftsgarten Victoriasiedlung Lünen. Mehr zu dem Modellprojekt Aufbau eines Gemeinschaftsgarten in der Victoriasiedlung in Lünen erfahren Sie auch unter: http://www.coprogruen.de/files/machbarkeitsstudie_luenen.pdf Haben sich Interessierte und Mitmachende in Gartengestaltung, sondern auch die Ab- einem Projekt auf einer Fläche zusammenge- sprachen zur Zusammenarbeit innerhalb der funden und sind die Rahmenbedingungen mit Gruppe. Um dabei die Selbstorganisation der den Flächeneigentümer*innen geklärt, beginnt Gemeinschaftsgarteninitiativen zu unterstüt- die eigentliche Arbeit. Das betrifft nicht nur die zen, können folgende Methoden hilfreich sein: Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 15
Methode: Regelwerk mit Rechten und Pflichten entwickeln Wie in anderen gemeinschaftlich betriebenen Inhalte eines Regelwerks: Projekten können auch in einem Gemein- schaftsgarten Unstimmigkeiten und Streitigkei- ■ Welche Nutzungen sind erlaubt, welche ten entstehen und es besteht Bedarf an Ab- nicht? stimmung und Klärung. Für eine gute und faire Zusammenarbeit ist es sinnvoll, ein Regelwerk ■ Wie wird die Teilnahme an regelmäßi- zu entwerfen. Dieses beinhaltet Pflichten und gen gemeinsamen Gartentagen gere- Rechte der Akteur*innen und dient als Hand- gelt? lungsrahmen und Entscheidungsgrundlage für Vorschläge sowie bei Streitfällen. Ein solches ■ Wie werden die Beete zugeteilt? Gibt Regelwerk sollte fertig sein, bevor inhaltliche es ausschließlich gemeinschaftliche Entscheidungen und Aktionen folgen. Alle Mit- Bewirtschaftung oder auch private wirkenden sollten beim Entwurf der Regeln ein- Beete? gebunden sein. Dies wahrt das Mitspracherecht und trägt zur Identifikation mit dem Projekt bei. ■ Wie wird die Ernte verteilt? Ein solches Regelwerk oder Teile davon lassen sich gut in bilaterale Workshops (siehe S. 14) ■ Wie werden allgemeine Aufgaben, vor oder Mitmachworkshops zur Entwicklung eines allem die Pflege der Beete, aufgeteilt? Gartenkonzepts (siehe S. 17) integrieren. ■ Welche Regeln gelten beim Anbau von Das Regelwerk muss kein endgültiges Doku- Pflanzen? ment sein. Es kann kontinuierlich an die aktuel- len Gegebenheiten im Gartenprojekt angepasst ■ Welche Regeln gelten zum Umgang werden – natürlich stets in Absprache mit allen miteinander? Beteiligten. Es ist ratsam, das Regelwerk nur an wirklich wichtigen Stellen strikt zu formulieren ■ Welche Regeln gelten beim Einsatz von und den Teilnehmer*innen kreative Freiheiten Pflanzenschutzmitteln wie Herbiziden zum Ausprobieren zu ermöglichen. So kann ein oder anderen chemischen Substanzen? Urban Gardening Projekt seinen individuellen Welche Folgen hat die Verletzung der und einzigartigen Charakter entwickeln. Regeln? Im Modellprojekt „Reaktivierung des Stadtteilgartens Deininghausen“ erarbeiteten die Beteiligten ein gemeinsames Regelwerk. Sie wollten damit erreichen, dass Nutzung, Pflichten und Aufgaben im Garten klar geregelt waren, um Streitigkeiten darüber zu vermeiden. Sie erarbeiteten gemeinsam drei Punkte: Regelwerk für den reaktivierten Stadtteilgarten Deininghausen 1. Die zur Verfügung stehende Fläche beträgt knapp 400m². Der Garten bietet demnach Platz für maximal 3-4 Familien. Die Anzahl der Gartennutzer*innen sollte dieses Volumen nicht übersteigen. Praxisbeispiel: 2. Die Nutzer*innen und Interessierten sollen bei einem Treffen die Möglichkeit bekommen, sich kennenzulernen. Ein gutes Miteinander ist durch die Nähe und zeitliche Überschneidungen im Garten ausschlaggebend für den Erfolg des Projektes. 3. Die Teilnahme am Stadtteilgarten verpflichtet zu gärtnerischer Arbeit. Allgemeine Pflegearbeiten (z.B. Rasen mähen, Laub harken) werden unter den Aktiven gleichmäßig verteilt. Den Garten lediglich als Treffpunkt zu nutzen, ist nicht erwünscht! Alle müssen sich an der gemeinsamen Gärtnerzeit beteiligen, um das Miteinander im Garten zu stärken. Mehr zu den Praxisbeispielen in Deininghausen siehe auch http://www.coprogruen.de/files/coprogruen_machbarkeitsstudie_deininghausen.pdf: 16 Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit?
Methode: Mitmachworkshop zur Entwicklung eines Gartenkonzepts Ein Mitmachworkshop markiert den öffentlichen Die drei Säulen des Projektes Starttermin des Projektes. Die Teilnehmer*innen erarbeiten das Gestaltungs- und Nutzungs- 1. Säule: Inhalt und Gestalt konzept für ihren zukünftigen Gemeinschafts- garten. Sie lernen den Projektort kennen und Die Teilnehmer*innen setzen sich damit ausein- besprechen, wie der Garten angelegt werden ander, was sie sich in ihrem Garten wünschen soll. Der Workshop findet auf oder in unmit- und was nicht: telbarer Nähe der Gartenfläche statt, damit bei der Entwicklung von Ideen eine konkrete • Nutzungen (z. B. Gärtnern, Entspannen, Auseinandersetzung mit den Begebenheiten Grillen, Diskussionen) möglich ist. Eine Moderation gewährleistet die gleichberechtigte Mitwirkung der Teilnehmer*in- • Elemente (z. B. Kräuterspirale) nen und hält die Ergebnisse fest. Möglich ist, dass die Projektinitiator*innen den Workshop • erlaubte Pflanzen (z. B. Zierpflanzen, leiten. Wenn sie allerdings selbst an dem essbare Pflanzen, nur Bio-Saatgut). Gartenprojekt teilnehmen möchten, sollte auf eine externe Person zurückgegriffen werden. Die Frage ist offen formuliert, damit alle Teil- Diese kann zum Beispiel Mitglied eines beste- nehmer*innen ihre Überlegungen einbringen henden Gemeinschaftsgartens sein oder eine können. Aus den Antworten wird ein Lageplan Ansprechperson der Kommune. erstellt, auf dem die gewünschten und benö- tigten Elemente im Garten positioniert werden. Workshopablauf Mit dem Lageplan geht es von der Planung in die praktische Umsetzung. Zusätzlich kann ein Zu Beginn des Workshops kann ein Bildervor- Pflanzplan entstehen, der festlegt, welche Pflan- trag mit Beispielen aus bestehenden Projekten zen wo wachsen sollen. das Thema Gemeinschaftsgärten greifbar machen. Er erleichtert den Einstieg in den 2. Säule: Zusammenarbeit und kreativen Teil des Workshops. Gemeinschaft Anhand von drei Säulen (siehe unten) wird Die Teilnehmer*innen diskutieren die folgenden anschließend das Projektkonzept entwickelt. In Fragen: einem World-Café werden dazu Fragen disku- tiert und beantwortet. Nach etwa 15 Minuten ■ Für wen ist der Garten? wechseln die Kleingruppen den Tisch, bis sich schließlich alle Teilnehmer*innen mit allen ■ Was bedeutet für uns gemeinschaftli- Fragestellungen auseinandergesetzt haben. ches Gärtnern? Nacheinander bearbeiten sie die drei Säulen. Ziel ist es, konkrete Ergebnisse oder Eck- ■ Was macht unsere Gemeinschaft zu- punkte für die drei Säulen zu entwickeln und sätzlich aus? ein Grundkonzept des Gemeinschaftsgartens zu schaffen. Dies beansprucht Zeit und die ■ Wie wird die Ernte verteilt? ungeteilte Aufmerksamkeit der Teilnehmer*in- nen. Wenn es die Umstände erlauben, ist die ■ Wie sprechen wir uns intern ab? Aufteilung des Workshops auf zwei Termine deswegen durchaus eine gute Idee. Hier geht es um den sozialen Kitt des Garten- projektes. Dabei kann auch ein Regelwerk (sie- Quelle: Die Urbanisten 2016 he S. 16) entstehen, welches die Rechte und Pflichten für alle Mitwirkenden im Garten festhält. Dieses Regelwerk beinhaltet die zentralen Aus- sagen der ersten Säule und gewährleistet ein faires und gutes Miteinander. Gemeinschaftsgärten - Wer macht mit? 17
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