"Vorgaben aus dem sekundären Unionsrecht für Infrastruktur-und Großbauvorhaben am Beispiel eines Outlet-Centers" - JKU ePUB

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Eingereicht von
                                        Andreas Johannes Kroh

„Vorgaben aus dem sekundären
                                        Angefertigt am
                                        Institut Europarecht

Unionsrecht                             Beurteiler
für Infrastruktur-und Großbauvorhaben   Univ.-Prof. Dr.
                                        Franz Leidenmühler
am Beispiel eines Outlet-Centers“       Juli 2020

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Rechtswissenschaften
im Diplomstudium

Rechtswissenschaften
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich
oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Wien, 07.07.2020

Andreas Johannes Kroh
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.................................................................................................................................... 1
2. Die Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie .........................................................................3
   2.1. Das Wesen einer Richtlinie................................................................................................3
   2.2. Zweck und Entwicklung mit besonderem Augenmerk auf Österreich...........................4
      2.2.1. Die erste Änderung ......................................................................................................4
      2.2.2. Zweite Änderung .......................................................................................................... 5
      2.2.3. Entstehung der Richtlinie 2011/92/EU ..........................................................................6
   2.3. Das UVP-Verfahren ............................................................................................................6
      2.3.1. Einleitung...................................................................................................................... 6
      2.3.2. Anwendungsbereich......................................................................................................7
      2.3.3. Überblick über das „normale“ UVP-Verfahren ..............................................................9
            2.3.3.1. Einleitung des Verfahrens .................................................................................................... 9
            2.3.3.2. Das Umweltverträglichkeitsgutachten.................................................................................10
            2.3.3.3. Mündliche Verhandlung .................................................................................................... 10
            2.3.3.4. Entscheidung ..................................................................................................................... 10
            2.3.3.5. Abnahmeprüfung ................................................................................................................ 11
            2.3.3.6. Nachkontrolle ..................................................................................................................... 11
3. Das UVP-Verfahren am Beispiel eines Outlet Centers...........................................................12
   3.1. Das vereinfachte Verfahren .............................................................................................12
   3.2. Das UVP-Verfahren am Beispiel DOC Parndorf .............................................................13
      3.2.1. Vereinfachtes Verfahren in Phase 5............................................................................13
      3.2.2. Der Prüfkatalog und Untersuchungsrahmen ...............................................................14
            3.2.2.1. Das Schutzgut Mensch ...................................................................................................... 14
            3.2.2.2. Auswirkungen von Lärm auf die menschliche Gesundheit .................................................15
            3.2.2.3. Berücksichtigung des Verkehrslärms im UVP-Verfahren des DOC Parndorf......................16
4. Die Fauna-Flora Habitatrichtlinie RL92/43/EWG ...................................................................18
   4.1. Allgemeines zur Richtlinie...............................................................................................18
      4.1.1. Umsetzung der Richtlinie in Österreich ......................................................................19
      4.1.2. Die Vogelschutzrichtlinie .............................................................................................20
            4.1.2.1. Umsetzung in Österreich.................................................................................................... 21
            4.1.2.2. Verträglichkeitsprüfung ...................................................................................................... 22
            4.1.2.3. Anwendungsbereich .......................................................................................................... 22
   4.2. Berücksichtigung der FFH-Richtlinie (und Vogelschutzrichtlinie) im UVP-Verfahren 23
      4.2.1. Berücksichtigung der Richtlinien am Beispiel des Outlet-Centers Parndorf ................24
5. Beteiligung der Öffentlichkeit am Verfahren .........................................................................24
   5.1. Die Aarhus Konvention ...................................................................................................25
      5.1.1. Die drei Säulen der Aarhus-Konvention ......................................................................25
      5.1.2. Die Begriffe „Öffentlichkeit“ und „betroffene Öffentlichkeit“..........................................26
   5.2. Das DOC Remscheid und die Bürgerinitiative ...............................................................28
      5.2.1. Umweltprüfung nach dem (deutschen) Baugesetzbuch..............................................28
      5.2.2. Allgemeines zur Öffentlichkeitsbeteiligung an der Umweltprüfung in Deutschland .....29
      5.2.3. Bürgerinitiative Lennep ...............................................................................................31
6 Schlusswort............................................................................................................................... 34
Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 35
1. Einleitung

Unabhängig davon, ob die Sonne strahlt oder es in Strömen regnet, die Menschen lieben es. Das
Auto kostenlos abgestellt und vom Shoppingfieber gepackt, eilen sie von Geschäft zu Geschäft
und versuchen bei Gucci, Prada & Co ein Schnäppchen zu ergattern. An jeder Ecke warten mobile
Kaffeebars, um den müden Kunden mit einem Coffee-to-go wieder zu alten Kräften zu verhelfen,
und wer hungrig ist, muss nicht lange suchen und kann zwischen den verschiedensten
kulinarischen Angeboten wählen. Auch Eltern und deren Kinder sollen in den vollen Genuss eines
abwechslungsreichen Shoppingtages kommen. Je nach Belieben können sich Kinder in eigens
eingerichteten Spielräumen unter Aufsicht austoben oder doch an einem öffentlichen Spielplatz
ablenken. Die individuellen Wünsche von Groß und Klein werden nach bestem Wissen und
Gewissen unter einem „Dach“ vereint, bzw in einem beschränkten Areal umgesetzt. Jeder Gast
soll seinen Nachhauseweg mit einem Lächeln im Gesicht antreten.

Die Rede ist von einem Designer Outlet Center (im Folgenden auch „DOC“ oder Factory Outlet
Center genannt).

Das Modell eines Factory Outlet Centers entstand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in
den USA und konnte mittlerweile auch in Europa Fuß fassen. Ein Factory Outlet Center definiert
sich als eine Ansammlung verschiedener Markenanbieter, welche in eigens gemieteten
Ladeneinheiten eine Auswahl erheblich preisgesenkter Produkte im Herstellerdirektverkauf an den
Konsumenten veräußern1.
Auch in Österreich gibt es mittlerweile zwei dieser DOCs, nämlich das Designer Outlet Salzburg
und das Designer Outlet Parndorf, welches sich mittlerweile zum größten Designer Outlet Center
in Mitteleuropa entwickelt hat.
Im Vergleich zum Vorjahr wurde im DOC Parndorf im Geschäftsjahr 2018/2019 ein Umsatzplus
von 9,3 % erzielt und 6,1 Millionen Besucher fanden den Weg in den Shopping-Tempel. 2 Diese
beeindruckenden Zahlen geben Grund zur Annahme, dass das Geschäftsmodell DOC auch in
Zukunft europaweit eine wichtige Rolle spielen wird.

In den folgenden Seiten möchte ich insbesondere darauf eingehen, welchen sekundärrechtlichen
Vorgaben der Bau eines derartigen Outlet Centers unterliegt.
Aufgrund der hohen Anzahl in Frage kommender Rechtsakte habe ich mich dazu entschieden, ein
besonderes Augenmerk auf die Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie und das auf ihr beruhende
Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren zu legen. Dabei wird auf den Zweck und die Entwicklung
dieser Richtlinie insbesondere in Österreich eingegangen und ein kurzer Einblick in die
unterschiedlichen Verfahrensarten gewährt.

1 Vgl Wengler, Auswirkungen des Internet-Handels auf Shopping-Center (2005, Dissertation), 26.
2 Vgl https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190410_OTS0140/wachstum-gegen-den-trend-
erfolgreiches-geschaeftsjahr-im-mcarthurglen-designer-outlet-parndorf-bild vom 10. April 2019, (21.10.2019).

                                                                                                       Seite 1
Zusätzlich werde ich als Beispiel aus der Praxis punktuell auf die durchgeführte
Umweltverträglichkeitsprüfung anlässlich der Bauphase 5 des Designer Outlets Parndorf Bezug
nehmen. In diesem Zusammenhang werden auch die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und
Vogelschutzrichtlinie in Grundzügen behandelt.

Im Anschluss werde ich aufgrund der Aktualität des Themas auch auf die Möglichkeit der
Öffentlichkeitsbeteiligung an der Umweltprüfung nach dem deutschen Baugesetzbuch, dies
insbesondere am Beispiel des Designer Outlets Remscheid, eingehen.

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2. Die Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie

2.1. Das Wesen einer Richtlinie

Jede Richtlinie hat ihre Rechtsgrundlage in Art 288 AEUV. Sie entspringt dem ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren und entsteht durch ihre Annahme durch das Europäische Parlament und
den Rat (oder aufgrund ihrer Annahme durch den Rat alleine im besonderen
Gesetzgebungsverfahren).

Gemäß Art 288 AEUV ist „die Richtlinie [..] für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird,
hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die
Wahl der Form und der Mittel“.

Richtlinien haben also grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung - die in ihnen enthaltenen
Vorgaben müssen zuerst in nationales Recht umgesetzt werden, dies binnen einer gesetzten Frist.
Die Wahl der Umsetzungsmittel bleibt den mitgliedstaatlichen Gesetzgebern überlassen.
Richtlinien dienen daher primär der Rechtsangleichung und nicht der Rechtsvereinheitlichung3.

In Ausnahmefällen kann eine Richtlinie auch unmittelbar zur Anwendung kommen.
Damit dies eintritt müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein:
      die Richtlinie ist nicht oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden;
      die Bestimmungen der Richtlinie sind bedingungsunabhängig und hinreichend genau;
      Einzelpersonen werden durch die Bestimmungen der Richtlinie Rechte übertragen4.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt so ist nach ständiger „Rechtsprechung des EuGH 5 [..] jedes im
Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaates
verpflichtet, [...] das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die
Rechte, die es dem einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise
entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, gleichgültig ob sie früher oder später als
das Unionsrecht ergangen ist, aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt“.6

Sieht man also in dieser vertikalen Direktwirkung, dh in der unmittelbaren Anwendung von
Richtlinien im Verhältnis Bürger und Staat, kein Problem, so geht die stRsp 7 davon aus, „dass die
unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien nicht gegenüber Privaten,Verpflichtungen begründen
kann.“8 Somit wird die horizontale Direktwirkungwirkung abgelehnt.

3 Vgl Duttge, Landesbericht Deutschland, in: Deutsch/Duttge/Schreiber/Spickhoff/Taupitz (Hrsg), Die
Implementierung der GCP-Richtlinie und ihre Ausstrahlungswirkungen (2011), 81.
4 Vgl EuGH 04.12.1974 Rs C-41/74, Van Duyn/Home Office, ECLI:EU:C:1974:133 (Rz 13/14).
5 Vgl Ebd (Rz 15).
6 Vgl VwGH 05.11.2015, Ro 2014/06/0078.
7 EuGH 05.04.1979 Rs C-148/78, Strafverfahren gegen Tullio Ratti, ECLI:EU:C:1979:110 (Rz 46).
8 Leidenmühler, Unmittelbare Wirkung und Vorrang des Unionsrechts, in: Herzig (Hrsg), Jahrbuch
Europarecht (2017) 17ff (20).

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2.2. Zweck und Entwicklung mit besonderem Augenmerk auf Österreich

Schon in den Aktionsprogrammen (1973, 1977, 1983) „der Europäischen Gemeinschaft für den
Umweltschutz“9, wurde auf das „Vorsorgerprinzip“ verwiesen. Umweltbelastungen sollte nun
präventiv entgegengewirkt werden und nicht erst deren Auswirkungen bekämpft werden. 10 Diese
Programme waren auch Anlass ein Verfahren ins Leben zu rufen, welches vor der Realisierung
von Projekten deren mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt abschätzen sollte.
Erst nach der Beurteilung seiner Umweltauswirkungen als nicht erheblich sollte ein Vorhaben
genehmigt werden11.

So kam es, dass im Jahre 1985 die Richtlinie 85/337/EWG 12, die erste UVP-Richtlinie, von der
damaligen Europäischen Gemeinschaft erlassen wurde.
Mit dieser Richtlinie war der Grundstein für ein einheitliches Umweltverträglich-
keitsprüfungsverfahren (im Folgenden „UVP-Verfahren“) geschaffen. Da es in den einzelnen
Ländern zu diesem Zeitpunkt bereits Rechtsvorschriften zur Umweltverträglichkeits-prüfung gab,
diese aber sehr unterschiedlich waren, galt die RL 85/337/EWG primär deren Vereinheitlichung13.

Der Prüfungsumfang der UVP wurde in Art 3 der Richtlinie definiert. Demnach „identifiziert,
beschreibt und bewertet“ sie „die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf
[...] Mensch, Fauna, und Flora, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft“ (sowie die
Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren) und die Auswirkungen auf Sachgüter und das
kulturelle Erbe.

Neben diesen inhaltlichen Vorgaben wurden in der ersten UVP-Richtlinie auch verfahrensmäßige
Vorgaben, wie die Behördenbeteiligung oder die Information der Öffentlichkeit, festgelegt.

Die Umsetzung dieser Richtlinie erfolgte in Österreich durch das UVP-G 1993.

2.2.1. Die erste Änderung

Die erste Änderung erfuhr die Stammfassung der UVP-Richtlinie durch die Richtlinie 97/11/EG14,
mit der Art 3 leicht abgeändert wurde.
Gemäß ihrem Artikel 1 Z 5 waren nun auch die Wechselwirkungen zwischen allen in Art 3
aufgezählten Faktoren „festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten“ 15, was eine Ausweitung
des Anwendungsbereichs der UVP zur Folge hatte. Neben den UVP-pflichtigen Vorhaben im

9 Baumgartner/Petek, UVP-G 2000 (2010), 21.
10 Vgl Ebd.
11 Vgl Erwägungsgrund 6 der UVP-RL 85/337/EWG, ABl 1985 L 175, 40.
12 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei
bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl 1985 L 175, 40-48.
13 Vgl https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/uvp-richtlinie/8506, (19.02.2020).
14 Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3 März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl 1997 L 73, 5-15.
15 § 1 Abs 1 Z 1 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.

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Anhang I der Stammfassung, die von 9 auf 21 aufgestockt wurden, erfuhr auch Anhang II eine
Ergänzung um neue Vorhaben. Darüber hinaus wurde auch ein neuer Anhang III hinzugefügt.16

Hauptgrund für die RL-Änderung war die mangelnde Harmonisierung des UVP-Verfahrens in den
einzelnen Ländern aufgrund der zu extensiven Richtlinie und der Espoo-Konvention, welcher die
EU selbst beigetreten ist17. Die Richtlinie 97/11/EG sah jedoch nicht vor, wie und wann das
Ergebnis der UVP im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen wäre. Zudem wurde der
Rechtsschutz den Mitgliedstaaten überlassen, was mit dem Ziel der einheitlichen Anwendung und
effektiven Umsetzung der Richtlinie im Widerspruch stand18.

Die UVP-Änderungsrichtlinie aus 1997 wurde in Österreich durch die UVP-G-Novelle 200019 in
nationales Recht umgesetzt und hatte eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des UVP-G zur
Folge20.

2.2.2. Zweite Änderung

Aufgrund der Aarhus-Konvention erfolgte im Jahre 200321 die zweite Änderung der Stammfassung.
Durch sie wurde Art 10a eingefügt, der die Mitgliedstaaten verpflichtete, der „betroffenen
Öffentlichkeit“ den Zugang zu Gericht zu ermöglichen um das UVP-Verfahren überprüfen zu lassen
oder Rechtsverletzungen geltend zu machen. Von diesem Recht waren nun auch
Umweltorganisationen erfasst, was zu einer zusätzlichen Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung
an deartigen Verfahren führte. Die neue Bestimmung sollte zu einer Harmonisierung des
Gerichtszugangs führen. Generell wurde der Handlungsspielraum der Öffentlichkeit im UVP-
Verfahren durch die Aarhus-Konvention erweitert. Die Umsetzung der Änderungsrichtlinie 2003
fand in Österreich im Jahr 200422 durch die Novelle zum UVP-G 2000 statt.

Da in meiner Diplomarbeit die „Beteiligung der Öffentlichkeit an unmweltbezogenen
Entscheidungsverfahren“ ein eigenes Kapitel darstellt, werde ich erst im Zuge dessen näher auf
die Aarhus-Konvention eingehen.

16 Vgl Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 6. UVP-Bericht an
den Nationalrat (2015), 9.
17 Vgl Stellungnahme 95/C 210/12 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der
Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten
Projekten, ABl 1995
C 210, 78.
18 Vgl Lohse, Rechtsangleichungsprozesse in der Europäischen Union (2017), 199.
19 BGBl I Nr 89/2000.
20 Vgl Fn 16.
21 Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die
Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und
zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die
Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl 2003 L 156, 17-25.
22 BGBl I Nr 153/2004.

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2.2.3. Entstehung der Richtlinie 2011/92/EU

Als im Jahre 200923 eine weitere Änderung folgte, sah man sich zwei Jahre später aus
Übersichtlichkeitsgründen gezwungen, eine neue UVP-Richtlinie zu kodifizieren.
So kam es, dass die RL 2011/92/EU24 entstand. Sie ist nach wie vor in Kraft und enthält nicht nur
die Stammfassung sondern auch alle durch die Änderungsrichtlinien enthaltene Änderungen, die
oben kurz beschrieben sind.

Diese Richtlinie erfuhr im Jahr 2014 25 die letzte Änderung. Die Änderungsrichtlinie 2014/52/EU
dient der Beschleunigung und der Vereinfachung des Verfahrens. Ihr Artikel 3 wurde zudem um
„biologische Vielfalt“ ergänzt, was zusätzliche Prüfbereiche schuf. Die Umweltverträglichkeit sollte
nun gemeinsam mit anderen Umweltprüfungen unter Heranziehung der Fauna-Flora-Habitat-
sowie der Vogelschutzrichtlinie in einem Verfahren abgewickelt werden.26
Die UVP-Richtlinie 2011/92/EU (geändert durch die Richtlinie 2014/52/EU) wurde in Österreich
durch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 zu letzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2018
umgesetzt.

2.3. Das UVP-Verfahren

2.3.1. Einleitung

Der Umweltschutz ist in der Europäischen Union von größter Bedeutung. Dies lässt sich dadurch
schon erkennen, dass sich Bestimmungen sowohl im EUV als auch im AEUV befinden.

Besonders hervorheben möchte ich den Artikel 191 AEUV, da auf diesen auch in den in Erwägung
stehenden Gründen der Richtlinie 2011/92/EU hingewiesen wird 27. In diesem steckt die
europäische Union die folgenden Ziele ab, die sie durch ihre Umweltpolitik erreichen möchte:
      die „Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;
      Schutz der menschlichen Gesundheit;
      umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;
      Förderungen von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder
       globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels.“

23 Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die
geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates sowie
der Richtlinie 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und 2008/1/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, ABl 2009 L 140, 114-135.
24 Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl 2012 L 26, 1-21.
25 Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der
Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten
Projekten, ABl 2014 L 124, 1-18.
26 Vgl https://www.bmnt.gv.at/umwelt/betriebl_umweltschutz_uvp/uvp/AllgemeineszurUVP.html,
(19.02.2020).
27 Vgl Erwägungsgrund 2 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU, ABl 2012 L 26, 1.

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Diese Zielsetzungen der Europäischen Union wurden durch § 1 UVP-G 2000, welcher den
Prüfungsumfang der Umweltverträglichkeitsprüfung definiert, berücksichtigt und in nationales
Recht umgesetzt.

2.3.2. Anwendungsbereich

Die UVP stellt ein unverzichtbares und gut strukturiertes Verfahren dar, dessen Aufgabe es ist, die
Auswirkungen, die ein Vorhaben auf Mensch und Umwelt haben kann, „festzustellen, zu
beschreiben und zu bewerten“28.

Dabei ist zwischen direkten (sogenannten „unmittelbaren“) und indirekten (sogenannten
„mittelbaren“) Auswirkungen zu unterscheiden.

Eine unmittelbare Auswirkung wirkt direkt vom Vorhaben auf die Schutzgüter des §1 Abs1 Z1 lit a-d
UVP-G 2000 ein. Als Beispiel kann hier etwa „der Flächenverbrauch durch Versiegelung oder die
Emission von Schadstoffen aus einer Produktionsanlage, die die Immissionskonzentration eines
Schadstoffes erhöhen und damit Menschen, Tiere oder Pflanzen belasten“29 genannt werden.
Davon sind mittelbare Auswirkungen zu unterscheiden. Diese stammen zwar nicht direkt von der
Anlage selbst, treten aber als Folgewirkung des Vorhabens auf. Hier kann als Beispiel etwa der
Zufahrtsverkehr aufgrund des Baus der Anlage oder aufgrund des Betriebs nach Fertigstellung der
Anlage, angegeben werden.
§ 2 Abs 2 UVP-G 2000 beschreibt ein Vorhaben als „die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger
Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und
sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen“.
Diese Definition lässt einen äußerst extensiven Auslegungsspielraum zu, der durch die in Anhang
1 aufgelisteten Vorhaben eingeschränkt wird.

Ihre Rechtsgrundlage hat die Umweltverträglichkeitsprüfung im UVP-G 2000.

Das UVP-G regelt welche Vorhaben einer UVP zu unterziehen sind und unterscheidet dabei
zwischen einem „normalen“ und einem „vereinfachten Verfahren“.
Gemäß § 3Abs 1 S 1 sind jene „Vorhaben die in Anhang 1 angeführt sind [...]“, grundsätzlich einer
UVP nach den Vorschriften des „normalen Verfahrens“ zu unterziehen. Der zweite Satz des § 3
nennt hingegen jene Vorhaben bei denen grundsätzlich „das vereinfachte Verfahren“ anzuwenden
ist und nimmt dabei auf „Spalte 2 und 3 des Anhanges 1“ im UVP-G Bezug.
„Grundsätzlich“ bedeutet aber, dass es Ausnahmen gibt. Das „normale Verfahren“ ist daher nicht
automatisch auf Vorhaben des Anhangs 1 anzuwenden, sondern nur auf Vorhaben der Spalte 1. In
dieser Spalte sind zum Teil Schwellenwerte30 angegeben. Werden diese erreicht, ist eine UVP
durchzuführen31.

28 Vgl Fn 15.
29 Vgl Fn 9, 46.
30 Größen- oder Leistungswerte ab denen ein Vorhaben UVP-pflichtig wird.
31 Vgl Gassner/Winkelbrandt/Bernotat, UVP und strategische Umweltprüfung (2010), 8 (24).

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Anderes gilt beispielsweise bei Vorhaben, die verwirklicht werden sollen, um radioaktive Stoffe
herzustellen. Alleine durch diesen Vorgang wird unabhängig von Schwellenwerten von erheblichen
Umweltauswirkungen ausgegangen, sodass Vorhaben dieser Art von vornherein einer UVP-
Prüfung zu unterziehen sind.

Sind Vorhaben in Spalte 2 aufgelistet, bedeutet das ebenfalls nicht, dass zwingend eine
Umweltverträglichkeitsprüfung in Form eines „vereinfachten Verfahrens“ durchgeführt werden
muss. Auch in Spalte 2 des Anhangs 1 sind Schwellenwerte für bestimmte Vorhaben aufgelistet.
Nur    wenn     diese     Werte     erreicht werden,   unterliegt  das    Vorhaben    einer
Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht.

Im Anwendungsbereich etwas spezifischer zeigt sich Spalte 3. Im Anhang 1 steht geschrieben,
dass hier jene Vorhaben angeführt sind, „die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der
UVP-Pflicht unterliegen.“
Zu berücksichtigen ist, dass im Zusammenhang mit Spalte 3 des 1 Anhangs zusätzlich Anhang 2
herangezogen werden muss, welcher schutzwürdige Gebiete definiert32. Auch hier dürfen die
angegebenen Schwellenwerte nicht unbeachtet bleiben.

Die schutzwürdigen Gebiete des Anhang 2 gliedern sich in fünf unterschiedliche Kategorien,
nämlich Kategorie A,B,C,D und E33.

      Kategorie A bezeichnet besondere Schutzgebiete, welche sich zB aus „Bannwäldern gem.
       § 27 ForstG“ oder Nationalparks zusammensetzen.
      Kategorie B steht für Alpinregionen, sie nimmt Bezug auf die Kampfzone des Waldes34
      Kategorie C weist „Wasserschutz- und Schongebiete“35 als schutzwürdige Gebiete aus.
      Kategorie D bezeichnet Gebiete, „in denen die Immissionsgrenzwerte des Immissions-
       schutzgesetzes-Luft [...] wiederholt oder auf längere Zeit überschritten werden“.36
      Zu guter Letzt werden durch Kategorie E Siedlungsgebiete, bzw. Gebiete in deren
       Nahebereich als schutzwürdige Gebiete erfasst.

Soll ein Vorhaben in einem dieser Gebiete realisiert werden und wird das Erreichen der
Mindestschwellen gemäß Spalte 3 vermutet, so hat eine Einzelfallprüfung des Projekts zu erfolgen.
Kommt diese zum Ergebnis, dass mit einer deutlichen Beeinträchtigung der schutzwürdigen
Gebiete zu rechnen ist, wird das Vorhaben UVP-pflichtig und es ist ein „vereinfachtes Verfahren“
durchzuführen.37

32 Vgl Anhang 1 Abs 4 des UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
33 Vgl Anhang 2 des UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
34 Vgl § 2 ForstG 1975, idF BGBl I Nr 56/2016.
35 Vgl §§ 34,35 und 37 WRG 1959, idF BGBl I Nr 73/2018.
36 Vgl § 3 Abs 10 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
37 Vgl Anhang 1 Abs 3 des UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.

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2.3.3. Überblick über das „normale“ UVP-Verfahren

Das „normale“ UVP-Verfahren ist, wie bereits erwähnt, auf Vorhaben anzuwenden, die sich in
Anhang 1 Spalte 1 des UVP-G 2000 befinden und wenn notwendig das Erreichen der
Mindestschwellenwerte vermutet wird. Es unterscheidet sich in wenigen Punkten vom
vereinfachten Verfahren, auf das ich im Kapitel 3.1. eingehen werde. Um den vorgegebenen
Rahmen dieser Diplomarbeit nicht zu sprengen, wird die Öffentlichkeitsbeteiligung bei einem UVP-
Verfahren hier nicht näher konkretisiert. Auch an dieser Stelle muss ich auf Kapitel 5 dieser Arbeit
verweisen.

2.3.3.1. Einleitung des Verfahrens

Möchte der/die Projektwerber/in ein Vorhaben verwirklichen, welches gemäß § 3 UVP-G einen
„Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung“ bildet und sich in Spalte 1 des 1 Anhanges
wiederfindet, so hat er/sie „bei der Behörde einen Genehmigungsantrag“38 einzureichen, welcher
auch schon die Umweltverträglichkeitserklärung – kurz „UVE“ - beeinhaltet39.
Die für das Verfahren zuständige Behörde ist die jeweilige Landesregierung, die aufgrund der
Verfahrenskonzentration alle für das entsprechende Projekt einschlägigen Materiengesetze,
unabhängig ob Bundes- oder Landesverwaltung, zu berücksichtigen hat40.

Die UVE wird von dem/der Projektwerber/in selbst erstellt. Sie gewährleistet detaillierte Angaben
und Informationen über das Projekt, welche die Behörde benötigt um eine Prüfung der
Umweltverträglichkeit durchzuführen41. Die hierfür erforderlichen Angaben sind in § 6 UVP-G 2000
aufgelistet. Neben der „Beschreibung des Vorhabens nach Standort, Art und Umfang“ muss der/die
Projektwerber/in auch dartun warum er /sie sich für die gewählte Umsetzung des Projekts
entschieden hat.
Dazu ist noch eine Ist-Zustandsbeschreibung zu machen, d.h. eine „Beschreibung der
voraussichtlich vom Vorhaben erheblich beeinträchtigten Umwelt“. 42 Zusätzlich muss der/die
Projektwerber/in Angaben über mögliche negative Umweltauswirkungen im Zuge des Vorhabens
machen und Maßnahmen vorschlagen, wie man diese vermeiden bzw. ihnen bestmöglich
entgegenwirken könnte.
Ist die UVE für die zuständige Landesregierung mangelhaft, so erteilt diese dem Projektwerber/der
Projektwerberin einen Verbesserungsauftrag und fehlende Angaben sind nachzuholen43.

Ist der Genehmigungsantrag zusammen mit der UVE eingebracht worden, so sind Ausfertigungen
dieser der Standortgemeinde des Vorhabens zu übermitteln. Das UVP-Verfahren gilt ab diesem
Zeitpunkt als eingeleitet. Die Gemeinde muss dafür sorgen, dass die bei ihr eingegangenen

38 § 5 Abs 1 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
39 Vgl Ebd.
40 Vgl Schmidlechner, Demokratie und öffentliche Verwaltung in Österreich (2015, Bachelorarbeit), 39.
41 Vgl Hilberg, Umweltgeologie (2015), 218.
42 § 6 Abs 1 Z 3 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
43 Vgl § 5 Abs 2 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.

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Unterlagen für mindestens 6 Wochen der Öffentlichkeit zugänglich sind, ebenso die
Landesregierung. Die Kundmachung hat gemäß §9 Abs 3 UVP-G 2000 sowohl im Internet , als
auch „in einer im Bundesland weit verbreiteten Tageszeitung“ und einer regelmäßig in der
betroffenen Gemeinde erscheindenden Zeitung zu erfolgen.

2.3.3.2. Das Umweltverträglichkeitsgutachten

Die Verfahrenskonzentration hat unter anderem zur Folge, dass die Landesregierung
Sachverständige mit der Begutachtung des geplanten Projekts betraut, da sie selbst oft nicht über
die nötigen Fachkenntnisse verfügt.
Zur Beurteilung potenzieller Umweltauswirkungen des Vorhabens, werden sowohl die UVE, als
auch alle von dem/der Projektwerber/in bei der Landesregierung eingebrachten Gutachten als
Grundlage herangezogen.
Diese werden von den Sachverständigen durch das Umweltverträglichkeitsgutachten bewertet.
Wird in der UVE oder in anderen zum Vorhaben ergangenen Gutachten auf mögliche
Auswirkungen auf die Umwelt nicht ausreichend eingegangen, so kann das
Umweltverträglichkeitsgutachten neben der Bewertung der Auswirkungen auch der Ergänzung der
eingebrachten Unterlagen dienen.44

2.3.3.3. Mündliche Verhandlung

Unabhängig davon ob ein „normales“ oder ein „vereinfachtes UVP-Verfahren“ durchzuführen ist, im
UVP-G 2000 ist vorgesehen, dass eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Diese ist gemäß
§ 16 Abs 1 UVP-G 2000 „durch Anschlag in der Gemeinde kundzumachen“.
Ziel ist es das Vorhaben unter Grundlage aller anzuwendenden Materiengesetze zu besprechen
und den Parteien des Verfahrens soll die Möglichkeit eingeräumt werden ihre Interessen zu
vertreten45.

Nehmen an dieser nur Personen teil, die bekannt sind, so sind diese persönlich zu Verhandlung zu
laden46 und das Zustellgesetz kommt zur Anwendung.
Handelt es sich jedoch um ein Großverfahren, welches gemäß Art 44a AVG dann vorliegt wenn
„mehr als 100 Personen beteiligt“ sind, so kann die mündliche Verhandlung von der Behörde durch
Edikt anberaumt werden. Eine Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde
bleibt aber auch hier verpflichtend.

2.3.3.4. Entscheidung

Die Behörde hat gemäß § 7 Abs 2 UVP-G 2000 spätestens 9 Monate nach Antragstellung mittels
Bescheid zu entscheiden, ob sie das Vorhaben genehmigt oder nicht. Wenn in den
Verwaltungsvorschriften nicht schon vorgesehen, hat die UVP-Behörde die zusätzlichen

44 Vgl § 12 Abs 3 Z 1 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
45 Vgl https://www.umweltbundesamt.at/verfahrensablauf/, (21.02.2020).
46 Vgl § 41 Abs 1 AVG, idF BGBl I Nr 58/2018.

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Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 Abs 2 UVP-G 2000 zu überprüfen. Sieht die Behörde mit
der Genehmigung des Vorhabens eine Gefährdung für die Umwelt, wird sie den Antrag des/der
Projektwerber/in ablehnen47.

Kann jedoch mit Auflagen bzw. Projektmodifikationen dem Ziel, die Umwelt nicht
unverhältnismäßigen Belastungen auszusetzen, entsprochen werden, so wird sie das Vorhaben
genehmigen. Der Genehmigungsbescheid ist mindestens 8 Wochen zur öffentlichen
Einsichtnahme aufzulegen, dies sowohl bei der entscheidenden Behörde, als auch in der
Standortgemeinde 48. Zum Abschluss des Verfahrens folgt neben einer Abnahmeprüfung noch eine
Nachkontrolle.

2.3.3.5. Abnahmeprüfung

Ist das Vorhaben genehmigt und anschließend fertiggestellt worden, so hat dies der/die
Projektwerber/in der Behörde anzuzeigen. Die Behörde hat zu prüfen, ob das fertiggestellte Projekt
der zuvor ergangenen Genehmigung entspricht und darüber erneut einen Bescheid
(„Abnahmebescheid“) zu erlassen49. Werden bei der Abnahmeprüfung Abweichungen vom
Genehmigungsbescheid festgestellt, so wird mit dem Abnahmbescheid aufgetragen, die
festgestellten Abweichungen zu beseitigen50.

2.3.3.6. Nachkontrolle

Ist der Abnahmebescheid in Rechtskraft erwachsen, endet die Zuständigkeit der Landesregierung.
Damit geht die Zuständigkeit auf jene Behörden über, welche nach den angewendeten
Materiengesetzen ursprünglich zuständig gewesen wären51.
Diese Behörden haben nach Fertigstellung des Vorhabens zwischen 3 und (längstenfalls) 5 Jahren
Zeit, eine Nachkontrolle durchzuführen.
Bei der Nachkontrolle, welche bei einem vereinfachten Verfahren nicht durchgeführt wird, wird
geprüft, „ob der Genehmigungsbescheid eingehalten wird und ob die Annahmen und Prognosen
der Umweltverträglichkeitsprüfung mit den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die
Umwelt übereinstimmen“.52

47 Vgl § 17 Abs 5 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
48 Vgl § 17 Abs 7 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
49 Vgl § 20 Abs 2 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
50 Vgl § 20 Abs 4 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
51 Vgl Fn 9, 218-219.
52 § 22 Abs 1 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.

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3. Das UVP-Verfahren am Beispiel eines Outlet Centers

„Einkaufszentren sind Gebäude und Gebäudekomplexe mit Verkaufs- und Ausstellungsräumen
von Handels- und Gewerbebetrieben samt den damit in Zusammenhang stehenden
Dienstleistungs- und Freizeiteinrichtungen, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und
eine betriebsorganisatorische oder funktionelle Einheit bilden“.53

Da es sich bei einem Outlet Center um eine spezielle Art eines Einkaufszentrums handelt, werden
bei einer Umwelverträglichkeitsprüfung die Bestimmungen für Einkaufszentren herangezogen.

Zunächst gilt es herauszufinden ob ein Einkausfzentrum überhaupt einer UVP-Pflicht unterliegt
und wenn ja, welcher.

Tätigt man einen Blick in Anhang 1 des UVP-G 2000 so lässt sich erkennen, dass nach Spalte 2 Z
19, „Einkaufszentren mit einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 10 ha oder mindestens
1000 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge“ einem „vereinfachten Verfahren“ zu unterziehen sind.

3.1. Das vereinfachte Verfahren

Das „vereinfachte Verfahren“ unterscheidet sich zwar nur in wenigen Punkten vom „normalen
Verfahren“, diese lassen jedoch einen flexibleren Gestaltungsablauf zu.

Die Einleitung des „vereinfachten Verfahrens“ unterscheidet sich nicht von der des ordentlichen
Verfahrens; auch hier muss der/die Projektwerber/in bei der zuständigen Landesregierung einen
Genehmigungsantrag, inklusive UVE, einbringen54. Die zuständige Landesregierung hat daraufhin
wieder Sachverständige zu bestellen, welche nun aber gemäß § 24d UVP-G 2000 „eine
zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen“ vornehmen. Als Grundlage für diese
Bewertung dienen wiederum die UVE und andere für das UVP-Verfahren wichtige – vom/von
Projektwerber/der Projektwerberin eingereichte - Unterlagen, welche eine Darstellung der Umwelt
und voraussichtliche Auswirkungen durch die Errichtung und Betrieb des Vorhabens enthalten55.

Ist die Bewertung von Seiten der Sachverständigen abgeschlossen, so ist diese den Beteiligten
des Verfahrens zu übermitteln und eine mündliche Verhandlung nach § 16 UVP-G 2000
anzuberaumen. Anschließend hat die Landesregierung mittels Bescheid festzustellen, ob das
Vorhaben genehmigt wird.
Anders als im „normalen“ Verfahren hat die Behörde im vereinfachten Verfahren gem § 7 Abs 3
UVP-G      2000     spätestens    6    Monate     nach    Antragstellung    durch    den/die
Projektwerber/Projektwerberin zu entscheiden. Wird das Projekt genehmigt, findet zwar eine
Abnahmeprüfung wie im ersten Teil bereits beschrieben statt, eine Nachkontrolle kommt im
vereinfachten Genehmigungsverfahren jedoch nicht zur Anwendung.
53 Anhang 1 Fn 4 des UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
54 Vgl § 5 Abs 1 UVP-G 2000, idF BGBl I Nr 80/2018.
55 Vgl § 24d UVP-G 2000, idF BGBl I 80/2018.

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3.2. Das UVP-Verfahren am Beispiel DOC Parndorf

Um ein Outlet Center zu errichten, bedarf es nicht nur eines finanzstarken Bauherren, sondern
auch einer genauen Analyse des möglichen Standorts. Die Lage ist das wichtigste Gut, ist sie doch
maßgeblich dafür, ob das errichtete Projekt von Kunden angenommen wird oder nach
Fertigstellung einer Geisterstadt gleicht.

Was eine gute Lage bewirkt, ist sehr gut am Designer Outlet Parndorf zu sehen. Direkt neben der
A4 liegend, haben Kunden aus Wien nur eine 30 minütige (und aus Bratislava gar nur eine 25
minütige) Autofahrt auf sich zu nehmen. Aufgrund des regen Andrangs sowohl aus Wien, als auch
aus dem Osten, hat sich das Designer Outlet Parndorf nach insgesamt 5 Bauphasen zum größten
Outlet Center in Mitteleuropa entwickelt. Bevor es seine aktuelle Größe erreichen konnte, wurde
das Vorhaben jedoch einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen um somit mögliche
Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu eruieren.

Im Folgenden werde ich auf die Umweltverträglichkeitsprüfung, insb i.Z.m. Bauphase 5 des
Designer Outlet Parndorf eingehen.

3.2.1. Vereinfachtes Verfahren in Phase 5

Phase 5 bezeichnet die 5. Ausbaustufe und somit die aktuellste Erweiterung des Designer Outlets.
Diese Bauphase des DOC Parndorf wurde einem UVP-Verfahren in Form eines vereinfachten
Verfahrens unterzogen56, da durch das geplante Vorhaben einer der bereits oben genannten
Schwellenwerte überschritten wurde. Durch diese Bauphase wurde das Outlet um zusätzliche
5.956 m² bebaute Fläche57 und 1.203 Abstellplätze58 für Kraftfahrzeuge erweitert. Zwar erreichte
das Outlet Center mit seiner Gesamtfläche nicht den Schwellenwert von 10ha, jedoch wurde
alleine durch die Parkplatzerweiterung der Schwellenwert von 1.000 Stellplätzen überschritten.
Insgesamt stehen den Besucher/innen des Einkaufzentrums 2.867 Abstellplätze59 zur Verfügung.
Aufgrund der Stellplatzzahl war von erheblichen Umweltauswirkungen auszugehen; Dies nicht nur
durch die Errichtung selbst, sondern auch durch die mit dem anschließenden Betrieb des
Zentrums einhergehende erhöhte Nutzung des Areals. Die Outlet Center Parndorf GmBH war
daher gezwungen, zu Phase 5 einen Antrag gem § 5 UVP-G 2000 bei der burgenländischen
Landesregierung zu stellen, welche wiederum Sachverständige bzw. Gutachter zu bestellen hatte.

56 Vgl Genehmigungsbescheid zur Phase 5“ Designer Outlet Center Parndorf (DOC)“
Umweltverträglichkeitsprüfung
des Amts der Burgenländischen Landesregierung vom 20.02.2015, Zl. 5/G.UVP10014-27-2015, 20.
57 Ebd, 39.
58 Ebd, 2.
59 Ebd, 32.

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3.2.2. Der Prüfkatalog und Untersuchungsrahmen

Wird ein Outlet Center errichtet und ist ein Prüfungsverfahren durchzuführen, haben die
Sachverständigen sodann einen Prüfkatalog zu erstellen, welcher sich mit individuellen
Fragestellungen an die einzelnen Gutachter der jeweiligen Fachbereiche richtet und den
Untersuchungsrahmen enthält.

Der Untersuchungsrahmen steckt die Grenzen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ab. Durch ihn
wird dargestellt, welche Auswirkungen durch das konkrete Vorhaben möglich und dadurch einer
Prüfung zu unterziehen sind.
Um den Untersuchungsrahmen zu erstellen wird § 1 UVP-G 2000 herangezogen, der Artikel 3 der
RL 2011/92/EU in nationales Recht umsetzt.

Er soll darstellen, welche „unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen“60 durch das Vorhaben
möglich sind und nimmt dabei
       „auf Menschen [...], Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume,
       auf [...] Boden, Wasser, Luft und Klima,
       auf die Landschaft und auf Sach- und Kulturgüter“61
Bezug, „wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind“.62
Da der Untersuchungsrahmen anlässlich der Errichtung und des Betriebs eines Outlet Centers
sehr umfangreich ist - und eine Darstellung aller möglichen unmittelbaren und mittelbaren
Auswirkungen durch das Vorhaben auf die Schutzgüter den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde
- habe ich mich im Rahmen dieses Kapitels auf ein Schutzgut, das Schutzgut Mensch, beschränkt.

3.2.2.1. Das Schutzgut Mensch

Der Bau und der Betrieb eines Outlet Centers kann Menschen auf unterschiedlichste Art und
Weise beeinträchtigen. Beginnend mit den Stemmarbeiten in der Bauphase und dem
unermüdlichen Einsatz von Lastkraftwägen, die Menschen in der Nähe den Schlaf rauben können.
Ist das Vorhaben erst fertiggestellt, herrscht Verkehrschaos und der Verkehrslärm ist nicht zu
überhören. Zusätzliche Abgase verunreinigen die Luft. Überdies kann ein Outlet Center das
Ortschafts- bzw. Landschaftsbild in der Folge maßgeblich dominieren.
Die Möglichkeiten einer Beeinträchtigung scheinen unter Berücksichtigung der betroffenen
Individuen und ihrer jeweiligen subjektiven Wahrnehmungen schier unbegrenzt, weshalb ich hier
beispielhaft auf das wichtigste Gut des Menschen, nämlich seine Gesundheit, und deren
Beeinträchtigung durch Lärm eingehen werde.

60 Vgl Fn 15.
61 Ebd.
62 Ebd.

                                                                                         Seite 14
3.2.2.2. Auswirkungen von Lärm auf die menschliche Gesundheit

Schon dem bedeutenden Mediziner und Nobelpreisträger Robert Koch war Ende des 19
Jahrhunderts klar: „Die Seuche der Zukunft wird der Lärm sein. Die Menschheit wird den Lärm
einmal ebenso erbittert bekämpfen müssen, wie wir heute die Pest und die Cholera“.63
Dieses Zitat hat mir sehr gut gefallen, da es meines Erachtens der Wahrheit entspricht.

Doch was ist Lärm eigentlich? Dies ist eine durchaus schwierige Frage, da Geräusche von jedem
Menschen individuell empfunden werden.

Lärm, der auch als akkustischer Müll bezeichnet wird, stellt einen unerwünschten Schall dar, der
auf Menschen nicht nur belästigend wirken, sondern deren gesundheitliches Wohlbefinden stören,
gefährden oder – im schlimmsten Falle - sogar schädigen kann64.
Während Naturgeräusche tendentiell eher als angenehm empfunden werden, wirken Geräusche,
die durch menschliches Handelnden verursacht wurden, eher belästigend.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass jeder Mensch für sich selbst entscheidet, was Lärm
darstellt65.

Trotz dieser individuellen Auslegungsmöglichkeit stellt der Verkehrslärm für viele Österreicherinnen
und Österreicher einen besonders störenden Faktor dar. Daher spielt auch der Verkehrslärm bei
Errichtung und Betrieb eines Outlet Centers, im vereinfachten UVP-Verfahren keine unwesentliche
Rolle.

Auch der Europäischen Union ist das immer größer werdende Problem des Lärms nicht
entgangen. Im Jahre 200266 wurde daher eine Richtlinie erlassen, welche in ihrem Artikel 1 als Ziel
vorgibt „schädliche Auswirkungen, einschließlich Belästigung, durch Umgebungslärm zu
verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern.“
Darunter fällt auch Lärm, der durch Straßenverkehr verursacht wird.
So wurden durch die Richtlinie beispielsweise neue Einheiten für die Bewertung von
Umgebungslärm eingeführt:

Lden67 (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex): Lärmbelastung innerhalb eines 24h Tages
Lday68 (Taglärmindex): Lärmbelastung während des Tages
Levening69 (Abendlärmindex): Lärmbelastung während des Abends
Lnight70: Lärmbelastung in der Nacht
63 Haebler, Einführung zu den Fachvorträgen, in: VDRI Jahrbuch (1976), 23.
64 Vgl Fn 56, 85.
65 Vgl Geisel, Nur im Weltall ist es wirklich still (2010), 8.
66 Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die
Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, ABl 2002 L 189, 12.
67 Vgl Art 3 lit f der Umgebungslärm-RL 2002/49/EG, ABl 2002 L 189, 14.
68 Vgl Art 3 lit g der Umgebungslärm-RL 2002/49/EG, ABl 2002 L 189, 14.
69 Vgl Art 3 lit h der Umgebungslärm-RL 2002/49/EG, ABl 2002 L 189, 14.
70 Vgl Art 3 lit i der Umgebungslärm-RL 2002/49/EG, ABl 2002 L 189, 14.

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Diese Größen sind auch bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung von Bedeutung, da sie darlegen,
welchen Lärmbelastungen der Mensch, durch das Vorhaben, während des Baus bzw. während des
Betriebs ausgesetzt ist. Sie legen auch fest, ab welcher Lärmbelastung mit negativen
Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen zu rechnen ist und ob mit Auflagen wieder
Lärmbelastungswerte erreicht werden können, welche keine negativen Auswirkungen auf
Menschen mehr haben.

Ist trotz Auflagen das Erreichen nicht gesundheitsgefährdender Werte ausgeschlossen, ist das
Projekt nicht genehmigungsfähig.

Diese Auswirkungen dürfen keinesfalls unterschätzt werden, können sie unser Leben doch
ungemein beeinflussen.
Nehmen wir als Beispiel die wohl wichtigste Erholungsphase des Menschen, den Schlaf. Schon
die kürzesten Schlafstörungen können einen Einfluss auf unser Befinden bis hin zur
Beeinträchtigung unserer Leistungsfähigkeit haben. Chronische Schlafstörungen stellen sogar ein
echtes Gesundheitsrisiko dar71. So steigt beispielsweise das Risiko von Herz-Kreislauf- und
Stoffwechselerkrankungen sowie von Herzinfarkten, Bluthochdruck und Diabetes mellitus
(Zuckerkrankheit). Auch das Immunsystem leidet an mangelndem Schlaf und die
Wahrscheinlichkeit an einem Infekt zu erkranken steigt. Zu guter Letzt ist auch noch die
Depression als psychische Störung zu nennen, an der man als Folge zu wenig Schlafs erkranken
kann72.
Jedoch auch der Lärm untertags kann negative Auswirkungen auf den Menschen haben. So hat
beispielsweise das Umweltbundesamt eine Studie in Berlin durchgeführt, wonach besonders
Männer in lauteren Wohngegenden von über 65 dB, einem 20 bis 30 Prozent höherem Risiko
ausgesetzt sind, einen Herzinfarkt zu erleiden73.

3.2.2.3. Berücksichtigung des Verkehrslärms im UVP-Verfahren des DOC Parndorf

Bei der UVP in Phase 5 des Designer Outlet Parndorf bereitete insbesondere der mögliche Betrieb
des erweiterten DOCs Kopfzerbrechen, da man von einem weiteren Kundenanstieg und damit
einhergehend einer Zunahme des Lärms, ausging. Zurecht, wie Presseaussendungen von APA-
OTS, dem stärksten Verbreiter von multimedialen Presseinformationen Österreichs, zu entnehmen
ist.
Grundsätzlich sollte der Mensch tagsüber nur 50 – 55 dB und in der Nacht (22:00-6:00) 40 dB im
Freien ausgesetzt sein74. Um einen erholsamen Schlaf zu garantieren, sollten in den

71 Vgl Fietze, Die übermüdete Gesellschaft (2018), 27.
72 Vgl Jäger, Schlafstörungen, https://www.barmer.de/gesundheit/themenschwerpunkte/schlafen/guter-
schlaf/schlafstoerungen-133776 (25.02.2020).
73 Vgl Stressreaktionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkung/stressreaktionen-herz-kreislauf-
erkrankungen#textpart-3 vom 22.12.2015, (25.02.2020).
74 Vgl Fn 56, 87.

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Räumlichkeiten 30 dB nicht überschritten werden. Werden diese Maße überschritten, können die
oben geschilderten Folgen - und mehr - eintreten.

Aus dem Genehmigungsbescheid zur Phase 5 DOC Parndorf75 kann Folgendes entnommen
werden:
        Um die tatsächliche Lärmbelastung festzustellen, wurden - unter anderem - in Parndorf,
        bei einem Wohngebäude an der B50 (MP1A), sowie im Gemeindegebiet Neusiedl am See
        in einem Wohngebiet nahe der B51 (MP2A), Messgeräte aufgestellt.Die Messungen
        fanden an einem Freitag um 17:00 Uhr bis zum darauffolgenden Samstag um 19:00 Uhr
        statt.
        Für die Beurteilung der Lärmauswirkungen wurden für beide Messpunkte folgende Werte
        herangezogen:
               Lden = 60 dB für Tag-, Abendzeitraum
               Lnight = 50 dB für den Nachtzeitraum
        Da am Messpunkt MP1A die angeführten Werte zu allen Tages und Nachtzeiten
        eingehalten wurden, wird auf diese nicht mehr eingegangen.
        Am Messpunkt MP2A wurden die angeführten Werte dauerhaft überschritten. Selbst in der
        Nacht lagen die Messwerte zwischen 55,5 dB und 63 dB.
        Aufgrund dieser Nachtwerte war offensichtlich, dass am Messpunkt MP2A unabhängig
        vom Betrieb des Outlet Centers und unabhängig von anderen in der Umgebung
        ansässigen      Betriebe,    für   die    dort  lebende    Wohnbevölkerung          eine
        gesundheitsgefährdende Lärmbelastung vorlag.
        Aus umweltmedizinischer Sicht war nun anzunehmen, dass sich durch den Betrieb sowohl
        des Outlet Centers als auch der anderen nahegelegenen Betriebe, die Lärmbelastung,
        nicht nur aufgrund einer Verkehrszunahme, kumulativ erhöhen würde.
        Schlussendlich wurden im Fall des DOC Parndorf keine Auflagen zur Verminderung des
        Verkehrslärms erteilt, da der zuständige Sachverständige zum Ergebnis kam, dass durch
        Phase 5 keine merkbare Erhöhung der Lärmbelästigung für die betroffenen Wohngebiete
        eintreten würde.

Obwohl keine weiteren Auflagen erteilt wurden, wollte ich dieses Beispiel heranziehen, um die
Vielseitigkeit des UVP Verfahrens hervorzuheben.

Natürlich könnte das Ergebnis bei jedem anderen Prüfungsverfahren von dem dargestellten
abweichen und die zuständige Behörde aufgrund einer Gesundheitsgefährdung durch
Verkehrslärm einen negativen Bescheid erlassen - sofern dieser freilich nicht durch Auflagen
entgegengewirkt werden kann.

75 Ebd, 100 - 105.

                                                                                          Seite 17
4. Die Fauna-Flora Habitatrichtlinie RL92/43/EWG

Ein Outlet Center kann riesige Flächen einnehmen, Flächen die in Stadtzentren meist nicht mehr
vorhanden sind. Und falls doch, dann treiben die Kosten dafür die ohnehin teure Realisierung
eines Projekts deutlich in die Höhe.

Daher wird, wenig verwunderlich, bevorzugt auf weitreichende Grünflächen nahe Ballungsräumen
und in unmittelbarer Nähe zu Autobahnen, zurückgegriffen. Das infrastrukturelle „Grundgerüst“
sollte gegeben sein. Während der Investor sich freut, ein für die Realisierung des Projekts
interessantes Grundstück gefunden zu haben, werden der natürliche Lebensraum und die dort
wildlebenden Tiere und Pflanzen gefährdet.

Auch die Europäische Union war sich über den immer schlechter werdenden Zustand der
natürlichen Lebensräume im Gebiet der Mitgliedstaaten bewusst und sah die dort wildlebenden
Tiere und Pflanzen ernstlich bedroht76. Aus diesem Grund wurde die Fauna-Flora Habitatrichtlinie 77
ins Leben gerufen, welche auch beim Bau eines Outlet Centers Bestandteil eines vorhergehenden
UVP-Verfahrens sein und daher eine nicht unwesentliche Rolle spielen kann.

4.1. Allgemeines zur Richtlinie

Die Fauna-Flora Habitatrichtlinie, auch „FFH-Richtlinie“ genannt, wurde am 21.05.1992 erlassen
und hat die „Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie
der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten“ zum Ziel78,
welche mit dem Aufbau eines europaweiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000 erreicht werden soll.
Mit dieser Richtlinie folgte die Europäische Union ihrer Ansicht, dass dem Ziel, gewisse
Lebensräume, Tiere und Pflanzen zu schützen, mit flächendeckendem Naturschutz mehr
entsprochen werden könne, als wenn dieses Thema Angelegenheit eines jeden einzelnen Staates
bleibe.

Den Mitgliedstaaten wird aufgetragen, in ihrem Gebiet sowohl natürliche Lebensräume nach
Anhang I als auch Habitate von Arten die in ihrem Staatsgebiet vorkommen, aber in Anhang II
aufgeführt sind, bekanntzugeben.
Gebiete und Habitate jener Arten, die auf die genannten Anhänge zutreffen und den Kriterien des
Anhang III entsprechen, sind auf eine Liste zu setzen, welche anschließend der europäischen
Kommission übermittelt wird.

Die Kommission führt so dann eine Bewertung der Vorschläge der Mitgliedstaaten durch und
nimmt dabei auf die mittlerweile neun biogeographischen Regionen Bezug, bei denen es sich um
die „alpine, atlantische, boreale, kontinentale, makaronesische, mediterrane, pannonische sowie

76 Vgl Erwägungsgrund 4 der Fauna-Flora-Habitat-RL 92/43/EWG, ABl 1992 L 206, 7.
77 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der
wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl 1992 L 206, 7-50.
78 Art 2 Abs 1 der Fauna-Flora-Habitat-RL 92/43/EWG, ABl 1992 L 206, 9-10.

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