Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg

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Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Gesellschaftlicher Wandel
  und die Situation von
Kindern und Jugendlichen
  im Land Brandenburg
Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“
                  28.09.2018

   Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und   Prof. Dr. habil. Dietmar Sturzbecher
               Jugendforschung e.V. an der             Tel.: +49 (0)172 - 39 35 249
                   Universität Potsdam                 E-Mail: dietmar@sturzbecher.de
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen in Freiheit
                                                     - Erziehung im Wandel -
•   Seit über 50 Jahren werden Erziehungsstile und ihre Wirkungen systematisch erforscht (Baumrind, 1967):
     Es gibt autoritäre, nachgiebige, vernachlässigende und autoritative Erziehungsstile.
     Autoritative Eltern (damals ca. 10 %) sind berechenbar, akzeptierend, emotional zugewandt, klar strukturierend, fordernd und
      fördernd sowie flexibel kontrollierend.
     Autoritativ erzogene Kinder haben ein (überdurchschnittlich) hohes Selbstwert- und Selbstwirksamkeitsgefühl, vielfältige
      soziale Kompetenzen, eine ausgeprägte moralische und prosoziale Haltung sowie ein hohes schulisches Leistungsniveau.
•   Das Verhältnis zwischen Erziehungspersonen und Kindern hat sich in letzter Zeit gewandelt:
     vom Befehlen zum Verhandeln, von der Unterordnung zur Beteiligung, von der Erziehung zur Beziehung („Kinderrechte“).
•   Die „Kosten“ des Wandels zu mehr Freiheit in der Erziehung für Erziehungspersonen:
     höherer zeitlicher Aufwand für Aushandlungsprozesse, hohe sozio-kognitive und kommunikative Anforderungen beim
      Argumentieren, mehr Geduld und Selbstbeherrschung sowie das Aushalten von Kompromissen, Unsicherheit und Stress.

     Meine Eltern lassen mich selbst entscheiden…   1996             2017

                    Stimmt völlig                    43,2             55,8
                   Stimmt teilweise                  45,0             35,5
                    Stimmt kaum                      8,0              6,3

                    Stimmt nicht                     3,0              2,5

     Beim Erziehungsverhalten finden wir Liberalisierungs- und Polarisierungseffekte!

                                                    Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                    2/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen in Freiheit
                              - Kindliches Steuerungsverhalten und elterliche Restriktion -
•   Erziehen wird schwieriger:
     Pauls & Johann (1984) sowie 15 Jahre später Hermens & Tismer (2000) haben das Steuerungsverhalten 8- bis 12-Jähriger
      gegenüber ihren Eltern analysiert; die Analyseergebnisse kann man in der Zeitreihe betrachten.
     Problematische Steuerungsformen (Bestrafungen, Wutanfälle, Vorwürfe, Ignorieren) traten in der Folgeuntersuchung weitaus
      häufiger auf als 1984.
     Es traten im Jahr 2000 neuartige Steuerungsformen auf (z. B. „Eltern austricksen“ und „Ausweichen auf andere“).
•   Seit 1999 ist der Anteil der Jugendlichen, die noch nie körperliche Gewalt durch die Eltern oder
    Lebenspartner der Eltern erfahren haben, stetig gestiegen; es zeigen sich aber Polarisierungseffekte.

                                               Wurden Sie schon einmal von den unten genannten Personen geschlagen?
                                             Nie                      Selten                 Manchmal              Oft
                                      2010         2017        2010            2017     2010        2017    2010         2017

                  Leiblicher Vater    77,9         79,3        16,4            14,3      4,3        4,0     1,4          2,4

                  Leibliche Mutter    77,4         77,9        17,2            15,8      4,1        3,8     1,3          2,5

                  Lebenspartner/-in
                                      81,5         94,0        13,1            3,5       4,5        1,4     0,9          1,1
                  der Mutter
                  Lebenspartner/-in
                                      96,8         97,9         1,6            1,0       1,6        0,7     0,0          0,5
                  des Vaters

                                                   Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                      3/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen in Freiheit
                                    - Beispiele für Überforderungssymptome und Risiken -

•   Die Beurteilung von Erziehungsverhalten verändert sich dynamisch (z. B. durch Gewaltächtung,
    Kinderrechtsdiskussion), weist ein immer breiteres Spektrum auf und polarisiert sich zunehmend:

     Beschwerden über Kita-Personal*        Fälle in 2012       Fälle in 2015

     Zerren/Schlagen                             4                   22

     Einsperren                                  1                   10

     Unangemessenes Erziehungsverhalten
                                                 1                    6
     (z. B. Strafsitzen)

     Zwang beim Essen                            0                    5

     Zwang beim Schlafen                         0                    8

     Brüllen/Beleidigen                          0                   15

•   Die Einschätzung, ob ein Verhalten als „Aggression“ anzusehen ist, hängt von der Schädigungsabsicht,
    von den Folgen und von kulturell determinierten sozio-moralischen Bewertungen ab:
     In interkulturellen Kontexten muss ein sozialer Konsens zum Gewaltverständnis ausgehandelt werden!
     Die Anzeigebereitschaft bei Gewalttaten ist deutlich höher, wenn der Täter einer anderen ethnischen Gruppe
       angehört (soziale Kategorisierung, „illusorische Korrelation“).                       *Quelle: Kleine Anfrage Nummer 1705

                                                     Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                4/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen in Vielfalt
                                 - Kinder mit Migrationshintergrund in Brandenburg -

•   Der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
    ist in den letzten Jahren leicht angestiegen, liegt allerdings immer
    noch auf einem relativ geringen Niveau:
     Der Anteil der ausländischen Schüler an allgemeinbildenden Schulen beträgt im
      Schuljahr 2017/18 rund 5 % (2011/12: 1,44 %; Amt für Statistik Berlin-
      Brandenburg, 2018).
     Im Vergleich: 35,5 % der Schüler an allgemeinbildenden Schulen haben in
      Deutschland einen Migrationshintergrund (Mikrozensus, 2017).
•   Können Schulen ein integrativer und protektiver Faktor sein?
     Voraussetzungen:       Hohe     soziale   Lehrqualität,    Schülerkern    mit
      Durchschnittsintelligenz und „normalem“ sozialen Hintergrund (Maughan, 1989)
•   Kann man Fremdenfeindlichkeit durch Kontakt reduzieren?
    In einer Metastudie (Pettigrew & Troop, 2000) zeigte sich, dass dies nur
    unter bestimmten Bedingungen möglich ist:
       Gruppen müssen in der Kontaktsituation den gleichen Status haben.
       Kooperatives Arbeiten für ein gemeinsames Ziel muss angeboten werden.
       Mitglieder der beiden Gruppen müssen sich persönlich näher kennen lernen.
       Kontakte müssen durch Autoritäten und Regeln flankiert werden.

                                                Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“   5/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen in Vielfalt
                                                           - Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus -
                         Ausländerfeindliche Aussagen werden …                                                                  Rechtsextreme Aussagen werden ...
                    70                                                                                                     70
                         2005                                                                                                   2005                                                           60,2
                    60                                                                                                     60
                                                                                                                                                                                        52,7
                         2010                                                                                                   2010                                                                  50,2
                    50                                                                        45,7 46,1                    50
                         2017                                                          38,9
                                                                                                                                2017

                                                                                                                 Prozent
          Prozent

                    40                                           33,9
                                                                                                                           40                                      34,1          34,1
                                                                        32,0
                                                                               28,5
                    30                                                                                                     30                                             26,4

                                             19,1
                    20                              16,4 17,0                                                              20                               13,4
                                                                                                                                                10,4 10,5
                          8,1         8,4
                    10          5,9                                                                                        10
                                                                                                                                 2,8 2,9 2,3

                    0                                                                                                       0
                          … völlig          … tendenziell       … tendenziell            … völlig                                … völlig      … tendenziell … tendenziell               … völlig
                         befürwortet.       befürwortet.         abgelehnt.             abgelehnt.                              befürwortet.   befürwortet.   abgelehnt.                abgelehnt.

•   Ausländerfeindliche Einstellungen sind seit 1999 erstmals wieder leicht angestiegen:
     Mädchen stimmen inzwischen nahezu gleich häufig ausländerfeindlichen Aussagen zu wie Jungen.
     Der Anteil der 12- bis 14-Jährigen, die ausländerfeindliche Aussagen völlig oder tendenziell befürworten, hat sich beinahe
      verdoppelt (2010: 17,2 %; 2017: 30,0 %).
•   Die Anfälligkeit für rechtsextreme Einstellungen ist erstmals wieder leicht angestiegen:
     Die Hälfte der Jugendlichen (50,2 %) lehnt rechtsextreme Aussagen völlig ab (2010: 60,2 %).
     12- bis 14-Jährige (23,0 %) stimmen rechtsextremen Aussagen deutlich häufiger zu als 15- bis 17-Jährige (11,5 %) und
      Jugendliche ab 18 Jahren (11,0 %).

                                                                                      Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                                                6/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen in Vielfalt
                                                 - Beispiele für Überforderungssymptome und Risiken -

•   Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund haben an deutschen Schulen im internationalen
    Vergleich schlechtere Chancen (OECD, 2015):
     Fähigkeiten und Ressourcen von Kindern aus Einwandererfamilien werden seitens
      der Lehrenden von der Grundschule bis zum Studium systematisch unterschätzt.
     Gilt dies auch für die Kita? (5-Jährige haben ein vollentwickeltes
      Tüchtigkeitskonzept)
     Menschen (mit Migrationshintergrund) verinnerlichen Benachteiligungs- und
      Abwertungserfahrungen; diese wiederum beeinträchtigen ihre Lernmotivation, ihre
      Leistungsfähigkeit und ihren Bildungserfolg.

•   Was ist beim Kampf gegen Vorurteile zu beachten?
     Lange Zeit ging man davon aus, dass ein Vorurteil „falsches Denken“ ist, das auf
      einer zu starken Generalisierung beruht (Allport, 1971).
     Heute befasst man sich mit den Funktionen von Vorurteilen und ihrem Nutzen für
      den Einzelnen:
         kognitive Funktion: Komplexitätsreduktion und Orientierungshilfe,
            soziale Funktion: Statuserwerb ohne Aufwand („Minimal Group Paradigma“) und
            emotionale Funktion: Sündenbockfindung.
    Quelle: OECD (2015). Bildung auf einen Blick, Ländernotiz.

                                                                 Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“   7/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen mit Medien
                                     - Medienbesitz und Mediennutzung im Wandel -

•   Der Medienbesitz hat bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen:
     Fast alle 12- bis 19-Jährigen (1998: 8 %, 2008: 95 %, 2017: 97 %; JIM-Studien) und gut die Hälfte der 6- bis 13-Jährigen
      (KIM-Studien) besitzen ein Handy bzw. Smartphone.
     Die Mediennutzung gewinnt in immer früherem Alter an Bedeutung (KIM-Studien).

    Und welche dieser Geräte, die es bei Ihnen zu       3 bis 5         8 bis 9         12 bis 13
    Hause gibt, darf Ihr Kind benutzen? (in %)          Jahre           Jahre            Jahre                  *
    PC/Laptop                                             18               66                 88
    Tablet                                                25               40                 52
    Smartphone                                            21               36                 83

•   Auch die Mediennutzung – und hierbei insbesondere die Onlinenutzung – hat sich drastisch verändert:
     1998: 12 % der 12- bis 19-Jährigen nutzen das Internet länger als 120 min. täglich.
     2017: die durchschnittliche tägliche Onlinenutzung (Mo-Fr; Selbsteinschätzung) beträgt derzeit 221 min.
•   Medien erfüllen für Kinder und Jugendliche zunehmend vielfältige Funktionen:
     soziale Funktion (z. B. Medieninhalte als Gesprächsstoff, Partnersuche); Prestigefunktion (Medienwissen als
      „Expertenwissen“; street credibility); Zeitstrukturierungsfunktion; Identifikationsfunktion (z. B. „Impression
      Management“); affektive Funktion (z. B. Entspannung, Gefühle ausleben); expressive Funktion (z. B. Abgrenzung gegen
      Erwachsene und andere Jugendgruppen); „Eskapismus“ (Mediennutzung als Rückzugsmöglichkeit) und nicht zuletzt die
      edukative Funktion (z. B. Medien als Lehr-Lernmittel)

                                                    Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                  8/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Aufwachsen mit Medien
                               - Beispiele für Überforderungssymptome und Risiken -

•   Was hat die Medialisierung verändert? Einige Zitate:
     Mediennutzer verfügen fast unbeschränkt über das Wissen der Welt.
     Die Weltgesellschaft synchronisiert sich in der Gegenwart; die
      Koordinationszeit ist fast auf den Moment verkürzt (Luhmann, 1975).
     Was wir über unsere Welt und die Gesellschaft wissen, wissen wir durch die
      Massenmedien. Andererseits wissen wir so viel über die Massenmedien,
      dass wir diesen Quellen nicht trauen können. Man wird alles Wissen mit dem
      Vorzeichen des Bezweifelbaren versehen und trotzdem darauf aufbauen
      müssen (Luhmann, 1995).
•   Die unmittelbare synchrone Verbreitung von Informationen über aktuelle Ereignisse und die hohe
    Mobilisierbarkeit von Interessengruppen führen zur Überforderung (z. B. Fall „Chemnitz“).
•   Das Internet wird verstärkt und effizient zur Meinungsmanipulation genutzt:
     Einsatz von Algorithmen, Automatisierung und menschlicher Kuration zur gezielten Verbreitung irreführender Informationen
      über soziale Netzwerke (z. B. Beeinflussung von politischen Entscheidungen und Wahlen).
•   Kinder und Jugendliche nutzen das Internet, ohne dass Eltern wissen bzw. einschätzen können, was sie
    genau machen:
     z. B. Verbreitung von Fotos, Verletzung der Persönlichkeitsrechte, Cybermobbing, Gewaltspiele, Nazi-Propaganda,…
•   Hält die Medienerziehung in der Familie, in der Kita, in der Schule… mit der Medialisierung Schritt?

                                                Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                   9/21
Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg
Gesund leben
                                              - Gesund leben und Substanzmittelgebrauch -

                                                                                                                 Gesund leben                 1993   2010   2017
•   Die Wertorientierung „Gesund leben“ hat in den letzten Jahren                                                Stimmt völlig                58,2   59,8   73,1
    einen starken Bedeutungszuwachs erfahren:                                                                    Stimmt teilweise             36,5   33,6   22,2
     Für fast drei Viertel der brandenburgischen Jugendlichen ist „Gesund                                       Stimmt kaum                   4,7   5,6    4,1
      leben“ 2017 ein sehr bedeutsames Ziel.
                                                                                                                 Stimmt nicht                  0,6   1,0    0,6

•   Der Anteil rauchender und Alkohol konsumierender Jugendlichen ist gesunken.

                               Rauchen Sie?                                                              Trinken Sie Alkohol?
                 80                                                                      80
                                                                   2010                       2010                                67,4
                 70                                                                      70
                                                                   2017                       2017
                 60                                                                      60                                                 53,2
                 50                                                                      50
       Prozent

                                                                               Prozent
                 40                                                                      40
                 30   26,9
                                                                                         30
                 20            15,7             15,3                                     20
                                                          12,1
                                                                                                      9,0      8,0
                 10                                                                      10
                  0                                                                       0
                      Ja, regelmäßig.          Ja, gelegentlich.                                     Ja, regelmäßig.             Ja, gelegentlich.

                                                              Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                          10/21
Gesund leben
                                           - Beispiele für Überforderungssymptome und Risiken -

•    Tendenzen aus den KiGGS-Studien                                      im    Vergleichszeitraum
     2003/2006 vs. 2014/2017:
      Der Anteil an Rauchern ist stark gesunken.
      Der durchschnittliche Obst- und Gemüseverzehr ist gestiegen.
      Der tägliche Konsum zuckerhaltiger Getränke hat sich deutlich verringert.
      Es gibt keinen Anstieg der Übergewichts- und Adipositasprävalenzen. …

•    Diese Tendenzen sowie die Gesundheit von Kindern und
     Jugendlichen sind immer noch stark vom sozio-ökonomischen
     Status der Eltern abhängig!

•    Die Langzeiteffekte von Frühförderprogrammen und ihr
     volkswirtschaftlicher Nutzen resultieren aus der Verbindung von
     Bildungsförderung mit Elternpartizipation, Familienförderung,
     Gesundheitsfürsorge und Ernährungsberatung:
      Effekte sind eine geringere Gesundheitsgefährdung, bessere Schul-
       leistungen, eine gute sozio-emotionale Persönlichkeitsentwicklung sowie eine
       geringere spätere Kriminalitätsgefährdung und Sozialhilfeabhängigkeit

Quelle: Head Start-Evaluation; Barnett & Escobar, 1987; Zigler & Styfco, 1993

                                                                  Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“   11/21
Wertorientierungen
                            Wie bedeutsam ist jedes der unten genannten Ziele für Ihr persönliches Leben?
                                                                                                                    2,32
          Aktiv am politischen Leben teilnehmen                                                                 2,22
                                                                                                                           2,45

                                                                                                                                                               3,43
                             Für andere da sein                                                                                                                  3,48
                                                                                                                                                                   3,54

                                                                                                                                                           3,42
                          Eine Familie gründen                                                                                                                 3,51
                                                                                                                                                              3,49

                                                                                                                                                                  3,53
                           Das Leben genießen                                                                                                                     3,53
                                                                                                                                                                  3,54

                                                                                                                                   2,76
           Ohne Anstrengungen angenehm leben                                                                                      2,73
                                                                                                                                       2,85

                                                                                                                                                                      3,65
                   Eine erfüllende Arbeit haben                                                                                                                       3,65
                                                                                                                                                                      3,64

                                                                                                                                                        3,31
                            Viel Geld verdienen                                                                                                      3,23
                                                                                                                                              3,01

                                                                                                                                                             3,47
                      Materiell abgesichert sein                                                                                                          3,38
                                                                                                                                                       3,31

                                                   0          0,5            1            1,5           2             2,5                3                 3,5               4
                   2005     2010      2017 (Mittelwerte einer Skala von „1“ = „Überhaupt nicht bedeutsam“, „2“ = „Kaum bedeutsam“, „3“ = „Bedeutsam“, „4“ =
                                             „Sehr bedeutsam“)

•   Politisches Engagement hat einen starken Bedeutungszuwachs erfahren.
•   Die Bedeutsamkeit materieller Wertorientierungen ist rückläufig.

                                                              Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                                            12/21
Soziale Lehrqualität und Schulstress

                                          Soziale Lehrqualität                                                                       Schulstress / Schulangst
                                                                                                                    50
                                                                                               2005                                                                              2010
                  60                         56,7 57,8                                                                                                    43,5
                                                         54,8
                                                                                               2010                                                                              2017
                                                                                                                    40                                           38,8
                  50
                                                                                               2017                                              35,0

                  40                                                                                                                                                    28,7
                                                                                                                    30

                                                                                                          Prozent
        Prozent

                                   31,2
                                                                                                                                          23,5
                  30
                                                                 21,6                                               20                                                         17,2
                  20   18,0 18,6                                        17,7

                                                                               11,4
                                                                                                                               9,0
                  10                                                                                                10
                                                                                             5,9
                                                                                       3,8         2,7                   4,3
                   0
                                                                                                                     0
                          Hoch               Eher hoch           Eher niedrig           Niedrig
                                                                                                                          Hoch           Eher hoch       Eher niedrig    Niedrig

•   Die „Soziale Lehrqualität“ (u. a. Binnendifferenzierung,                                                                         soziale        Responsivität,      Gerechtigkeit,
    Notentransparenz) ist deutlich angestiegen.
•   Der Schulstress / die Schulangst ist stark gestiegen. Gleichzeitig haben die Jugendlichen mehrheitlich
    Spaß in der Schule: „Hoch“/„Eher hoch“: 92,8 % (2010: 93,6 %).

                                                                                      Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                           13/21
Entscheidende Einflussfaktoren auf die Schulmotivation

•      Das unerlaubte Fernbleiben vom Unterricht ist stark rückläufig: 72,5 % (2010: 59,1 %) der Schüler haben
       2017 noch „nie“ tageweise bzw. 61,4 % (2010: 49,1 %) noch „nie“ stundenweise den Unterricht
       „geschwänzt“.
•      39,3 % der Jugendlichen bringen für das Schulschwänzen anderer Schüler Verständnis auf (2010: 43,4 %).

      Tab. 2: Hierarchische Regressionsmodell zu Einflussfaktoren auf die Schulmotivation:
              Persönlichkeit, Familie, Schule
                                          ric    ß        p      Varianzaufklärung: 34.4 %
                                                                                                                                  R = .590
      Ausgangswert: Schulunlust 1999                                     .47             .31            .000            F (4, 628) = 297.39; p = .01
      Externale Kontrollüberzeugung                                      .47             .30            .000
      Elterliche Vernachlässigung                                        .31             .13            .000
      Soziale Lehrqualität                                              -.23             .11            .001

•      Die Bildungsambitionen Jugendlicher stehen auch im Zusammenhang mit ihren Wahrnehmungen der
       Trends beim ökonomischen und sozialen Wandel in der Gesellschaft (Flanagan, 1990).

    Quelle:   Sturzbecher, D. (2002). Jugendtrends in Ostdeutschland: Bildung, Freizeit, Politik, Risiken. Opladen: Leske + Budrich.

                                                                                  Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                              14/21
Lebenszufriedenheit
•   Die Jugendlichen in Brandenburg sind mit ihrer Lebenssituation (z. B. Wohnen, Freunde, Schule)
    „Zufrieden“ (56,1 %) bzw. „Eher zufrieden“ (31,5 %).
•   Insbesondere die Zufriedenheit mit der finanziellen Situation und den Freizeitmöglichkeiten ist in den
    letzten 12 Jahren gestiegen:
     Finanzielle Situation – „Zufrieden“ / „Eher zufrieden“: 79,3 % (2005: 61,5 %; 2010: 63,8 %)
     Freizeitmöglichkeiten – „Zufrieden“ / „Eher zufrieden“: 81,3 % (2005: 73,3 %; 2010: 78,4 %)

                                         Finanzielle Situation                                                                              Freizeitmöglichkeiten
                 50                                                                                                      50               48,2
                                  46,1                                                         2005                                                                                                   2005
                                                                                               2010                           39,0 39,8
                                                                                                                                                                                                      2010
                                                                                                                                                          38,6
                 40                                                                                                      40                                                                           2017
                                                   34,8
                                                          33,2
                                                                                               2017                                                34,3          33,1
                                            32,6
                      28,9 29,0
       Prozent

                 30                                              27,2                                                    30

                                                                                                               Prozent
                                                                        24,4
                                                                                                                                                                        21,4
                 20                                                                                                      20                                                    17,8
                                                                               14,9                                                                                                   16,1
                                                                                       11,3 11,7
                 10                                                                                5,8                   10                                                                   5,3
                                                                                                                                                                                                    3,9 2,7

                  0                                                                                                       0
                      Zufrieden            Eher zufrieden Eher unzufrieden            Unzufrieden                             Zufrieden          Eher zufrieden            Eher              Unzufrieden
                                                                                                                                                                        unzufrieden

                                                                                      Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                                                 15/21
Gewalterfahrungen
•   An der Schule beobachten die meisten Jugendlichen „Fast nie“ (71,5 %) Gewalt (2005: 73,2 %; 2010: 72,6 %):
     9,2 % der Schüler beobachten mehrmals pro Woche Gewalt (2005: 7,8 %; 2010: 9,3 %).
     An Oberschulen beträgt der entsprechende Wert 17,0 % (2005: 15,6 %; 2010: 20,8 %).
•   Im Freizeitbereich erfahren die Jugendlichen immer weniger Gewalt („Fast nie“: 2010: 49,9 %; 2017: 59,9 %).
•   49,1 % der Jugendlichen sind „absolut gegen jegliche Gewaltaktionen“ (2005: 44,9 %; 2010: 47,3 %).

                                  Wie reagieren Ihre Lehrer im Allgemeinen auf Gewalt in der Schule?
                Sie informieren die Erziehungsberechtigten.
                                                                                                                                                        3,1

                                                                                                                                                                      2005
                                                                                                                                                                3,2
                                            Sie schimpfen.                                                                                                   3,1
                                                                                                                                                       3,0            2010

                                                                                                                                              2,9                     2017
                              Sie bestrafen die Beteiligten.                                                                                   2,9
                                                                                                                                             2,8

                                                                                                                                         2,7
                                    Sie gehen dazwischen.                                                                                  2,8
                                                                                                                                   2,6

                                                                                                           1,6
                                            Sie sehen weg.                                                 1,7
                                                                                                         1,6

                                                               0,0                    1,0                        2,0                             3,0                         4,0
                                                    (Mittelwerte einer Skala von „1“ = „Stimmt nicht“, „2“ = „Stimmt kaum“, „3“ = „Stimmt teilweise“, „4“ = „Stimmt völlig“)

                                                                     Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                                       16/21
Gewaltakzeptanz und Gewalthandeln

                                    Gewaltakzeptanz                                                                     Gewalthandeln
                   50                                                                                  80
                        2010                                                                                 2010
                                                            41,3    41,7                                                                                   68,5
                        2017                         39,4                  40,4                        70    2017
                   40                                                                                                                               61,2
                                                                                                       60
                   30                                                                                  50
         Prozent

                                                                                             Prozent
                                                                                                       40
                   20                                                                                                                 27,9
                                      15,1 15,5                                                        30                                    23,4
                                                                                                       20
                   10
                        3,7                                                                                               8,4   7,0
                              2,8                                                                      10
                                                                                                            2,5   1,1
                    0                                                                                   0
                         Hoch        Eher hoch     Eher niedrig     Niedrig                                   Oft        Manchmal      Selten         Nie

•   Die Gewaltakzeptanz hat sich gegenüber dem Jahr •                                       Der Anteil der Jugendlichen, die sich nie an
    2010 kaum verändert. An den Polen der Skala ist                                         gewalttätigen Aktionen beteiligen, ist deutlich
    eine leichte Abnahme zu verzeichnen:                                                    gestiegen (2010: 61,2 %; 2017: 68,5 %):
     „Niedrig“: 40,4 % (2010: 41,7 %)                                                       Hier wurde seit 1996 ein neuer Höchstwert erreicht.
     „Hoch“: 2,8 % (2010: 3,7 %)
•   Die Gewaltakzeptanz sinkt mit zunehmendem Alter
    (rp = -.11, p < .01).

                                                                   Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                        17/21
Erwartungen an die EU

•   Einstellungen brandenburgischer Jugendlicher gegenüber der EU:
     93,6 % der Jugendlichen äußern, dass Deutschland EU-Mitglied bleiben soll (68,3 % „Sehr wichtig“ / 25,4 % „Eher
      wichtig“).
     Die Verbundenheit mit Europa (65,7 %) ist unter den Jugendlichen annähernd so stark ausgeprägt wie die Verbundenheit
      mit Deutschland (70,4 %) („Stimmt völlig“/„Stimmt teilweise“).
     Jeweils etwa drei Viertel der Jugendlichen sind stolz, Europäer (77,8 %) bzw. Deutsche (75,7 %) zu sein („Stimmt
      völlig“/„Stimmt teilweise“).
                                                Wie wichtig ist Ihnen die Beschäftigung der EU
                                                         mit den folgenden Themen?

                                            Bekämpfung von Terrorismus                                         79,4                                        16,6

                                                         Schutz der Umwelt                              67,2                                       26,9

                               Verringerung der Folgen des Klimawandels                             61,1                                    30,5

                                   Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit                       53,7                                    37,9

                                                 Stärkung der Demokratie                 43,1                                     44,7

                           Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich                 43,2                                     43,9

                                         Abbau von Fremdenfeindlichkeit                   45,2                                    38,7

                                          Eingliederung von Geflüchteten          31,8                                42,0

                                                                             0           20                    40            60                 80                  100
                                          Sehr wichtig      Eher wichtig                                                                                  Prozent

                                                          Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                                                         18/21
Migrationspläne

•   72,8 % der Jugendlichen können sich vorstellen, in Zukunft ihren Wohnort auf Dauer zu verändern:
     Immer weniger umzugsbereite Jugendliche zieht es in eine Großstadt (2010: 21,2 %; 2017: 17,2 %) oder Millionenstadt
      (2010: 32,8 %; 2017: 21,1 %).
     Die Attraktivität von „Dörfern oder Kleinstädten“ als Wohnort ist hingegen gestiegen (2010: 17,2 %; 2017: 22,1 %).

•   Die meisten Jugendlichen, die aus ihrem Wohnort wegziehen möchten, wollen in Brandenburg bleiben
    (34,4 %):
     17,5 % der umzugsbereiten Jugendlichen wollen nach Berlin.
     31,7 % möchten in eine andere Region Deutschlands ziehen.
     16,4 % möchten in ein anderes Land auf der Welt ziehen.

                                            Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                   19/21
Berufsbezogener Zukunftsoptimismus
•   Der berufsbezogene Zukunftsoptimismus ist in den letzten 12 Jahren angestiegen und befindet sich auf
    dem höchsten Stand seit 1993:
     „Hoch“/„Eher hoch“: 88,8 % (2005: 72,7 %; 2010: 86,9 %)
•   83,2 % der Jugendlichen in Brandenburg erwarten, dass ihr Berufswunsch in Erfüllung geht.

                                            70                                      67,2
                                                                             65,4                                           2005
                                                                      59,4                                                  2010
                                            60
                                                                                                                            2017

                                            50

                                            40
                                  Prozent

                                            30
                                                                                           25,2
                                                        21,5   21,6
                                            20
                                                 13,3                                             12,5
                                                                                                         10,6
                                            10
                                                                                                                2,2
                                                                                                                      0,7   0,6
                                             0
                                                        Hoch           Eher hoch           Eher niedrig           Niedrig

                                                           Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“                                 20/21
Ergebnisse, die Mut machen …

•      Die Attraktivität des Landes Brandenburg als Lebensort und die Zufriedenheit mit der Landespolitik sind
       deutlich gewachsen.
        Aber nur 52,3 % der Jugendlichen sind mit dem Umweltschutz und 47,6 % mit der Eingliederung Geflüchteter zufrieden.
•      Das politische Interesse und die Bedeutung von politischer Partizipation sind deutlich gewachsen; eine
       stärkere Beteiligung am politischen Leben ist von den Jugendlichen beabsichtigt.

•      Brandenburgische Lehrkräfte genießen eine hohe
       Wertschätzung; sie gehen auf die einzelnen Schüler
       ein und gelten als gerecht.

                 Unsere Ausgangspositionen und
                  Herausforderungen sind klar:
                    Machen wir was daraus!

    Die Liste der verwendeten wissenschaftlichen Literatur kann beim Referenten angefordert werden.

                                                                               Dialogforum „Aufwachsen in Brandenburg“         21/21
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